Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.
Als der FCA im Sommer auf dem Transfermarkt unterwegs war, verpflichtete der Club Spieler, die in Augsburg keiner kannte. Matsima, Onyeka und Claude-Maurice im Speziellen, sorgten neben Samuel Essende für Fragezeichen. Was konnte man von diesen Spielern erwarten? Dazu gab der FCA kaum Geld für seine Neuzugänge aus. So günstig, kann doch niemand gute Spieler verpflichten. Nach ein paar Wochen nun ist klar: Surprise, Surprise, die Jungs können was. Dem FCA ist dabei einiges gut gelungen im Sommer auf dem Transfermarkt, gerade wenn man sich unterschiedliche Merkmale der Spieler anschaut:
Die Erfahrenen
Der FCA hat Spieler dazu geholt, die dem Kader Substanz geben. Ja, es wurde zuletzt unter anderem im sehr hörenswerten FCA-Spezial des Rasenfunks mit Gast Florian Eisele festgestellt, dass der FCA vielleicht im nächsten Sommer nicht direkt erneut die großen Millioneneinnahmen generieren wird. Dies liegt aber an etwas Positiven: der FCA hat im Sommer auch Erfahrung in den Kader dazu geholt.
Das war 1. bitter notwendig. Mit Demirovic, Dorsch, Uduokhai u.a. sind dem FCA eben auch Spieler abhanden gekommen, die schlicht und einfach auch Matchpraxis auf hohem Niveau mitbringen. Diese Erfahrung sorgt für weniger deutliche Ergebnisse und trägt nun auch in der letzten Phase dazu bei, dass die Mannschaft solider liefert (und zuletzt nicht mal mehr in Wolfsburg verloren hat).
In diese Kategorie fallen die Verpflichtungen von Marius Wolf, Dimitrios Giannoulis und Keven Schlotterbeck. Auch Frank Oneyka fällt in diese Kategorie, auch wenn man Frank the Tank nur für eine Saison ausleihen konnte. Für alle Neuzugänge dieser Kategorie hat man kaum etwas bezahlt. Transfererlöse wären topp, sind aber nicht unbedingt notwendig.
Ergänzung in die Breite
Man konnte im Sommer vortrefflich debattieren, ob der FCA einen neuen Keeper braucht. Als Außenstehendem war einem nicht so klar, wie lange Finn Dahmen verletzt sein würde. Mit Tomas Koubek wäre ich ungern als Vertretung in die Saison gestartet, gerade nach den Partien im Saisonabschluss. Nedi Labrovic war damit vornehmlich ein Luxustransfer, eine Investition in die Breite des Kaders. Aber wie sehr hat sich dieser Transfer jetzt schon ausgezahlt? Labrovic hat sich zum sicheren Rückhalt der Mannschaft gemausert und Finn Dahmen wird sich vorerst schwer tun, den Weg zurück in die Mannschaft zu finden.
Auch Steve Mounié packe ich erstmal in diese Kategorie. Mounié hat mit Sicherheit selbst den Anspruch erfahrene Verstärkung zu sein, und wenn die Stürmerform erstmal kickt, dann kann das noch gut passieren. Die Saison ist lang. Momentan hat Philipp Tietz auch die Nase vorne, weil er emotionaler Leader des Teams und eine Pressingmaschine ist. Aber Mounié wird weitere Chancen zweifellos bekommen.
Die X-Faktoren
Was für den FCA in der sommertransferperiode unerlässlich war: offensive Unterschiedsspieler zu finden. Demirovic war an sehr vielen Toren letztes Jahr beteiligt und irgendwer musste da in die Bresche springen. Bisher zeigen zwei Offensivspieler dieses Jahr das Potential dazu, hier absolute Verstärkungen zu sein (und nein, Keven Schlotterbeck ist trotz seiner Tore und Vorlagen keiner davon).
Einerseits ist hier Samuel Essende zu nennen, der definitiv weiß, wo das Tor steht. Essende hat Thorups Vertrauen nach seinem Platzverweis gegen Mainz ein bisschen verloren, aber er hat definitiv das Zeug dazu in der Bundesliga 10+ Tore in einer Saison zu machen. Zu gut sind seine fußballerischen Fähigkeiten, seine Athletik und seine Abschlussqualitäten.
In diese Kategorie fällt definitiv auch Alexis Claude-Maurice. ACM kam ablösefrei aus Frankreich, warum weiß niemand so genau. Nach über 100+ Ligaspielen in der Ligue 1 ist die Bundesliga anscheinend die absolut richtige Bühne für ihn. Er kann einiges mit dem Ball, sich Platz verschaffen, aus der Distanz abschließen und hat den FCA eigenfüßig durch den Oktober gezogen. Wenn das kein Unterschiedsspieler ist, wer dann?
Die Talente
Trotzdem hat der FCA nicht vergessen, auch wieder Talente zu holen. Spieler des Spiels gegen Hoffenheim war nämlich Chrislain Matsima, der aus Monaco zum FCA kam. Der Junge ist halt mal einfach französischer Internationaler und dort durch die Jugendmannschaften gelaufen. Sieht man seine Qualität jetzt schon? Aber hallo. Ich glaube, da hat der FCA einen Volltreffer gelandet. Werden wir lange Spaß an ihm haben? Wahrscheinlich nicht, oder aber nur durch Weiterverkaufsbeteiligungen.
In diese Kategorie fällt auch Yusuf Kabadayi. Der Neuzugang aus der Bayern-Jugend, nach einem Abstecher zu Schalke 04, zeigt auch schon, dass die Bundesliga kein zu großer Sprung für ihn ist und konnte auch schon seinen Torriecher unter Beweis stellen. Er bekommt unter Thorup seine Einsätze – genau wie auch Mert Kömür aus dem eigenen Nachwuchs – und wird uns noch weiter positiv überraschen, wenn er das Trainer-Feedback annimmt und geduldig weiterackert. Auch in ihm sehe ich eine wertvolle Verstärkung.
Noch nicht am Ende
Hatte der FCA einen guten Transfersommer? Diese Frage kann zu diesem Zeitpunkt nur mit ja beantwortet werden. Ich hatte ursprünglich versucht, eine TOP5-Liste der Sommertransfers zu erstellen, bin aber daran gescheitert. Zu viele Verpflichtungen finde ich aus den unterschiedlichsten Gründen gut. Ich mag Matsima, ACM, Essende genau wie Schlotterbeck, Labrovic und Giannoulis. Bei Wolf und Mounié aber auch Kabadayi sehe ich noch einiges an Luft nach oben. Und auch Onyeka ist ein guter Transfer gewesen, auch wenn ich ihn jetzt schon gerne fest beim FCA gesehen hätte.
Bei dem riesigen Umbruch im Sommer war klar, dass die Mannschaft eine gewisse Anlaufzeit braucht, bis sie sich findet. Bis sie Selbstvertrauen tanken konnte. Diese Phase, auch mit hässlichen Auswärtsniederlagen, haben wir hoffentlich hinter uns. Dafür steht das Team aber schon recht solide da, ist in der Bundesliga im Mittelfeld platziert und im Pokal weiterhin dabei.
Darf man dezent Hoffnung auf mehr haben? Warum denn nicht. Einerseits muss man festhalten, dass der FCA zu Hause eine Macht ist. Ja, man hat gegen Mainz und Bremen Punkte liegen lassen, aber diese Dummheit ist Vergangenheit. Das Team hat es wohl geschafft, dass die Gegner momentan ungern nach Augsburg reisen. Es wackeln dann auch wieder Trainerstühle in der Republik. Viele Grüße nach Hoffenheim an dieser Stelle.
Mit den hergeschenkten Heimpunkten läge man momentan knapp hinter den Champions League Rängen. Hätte, wenn und aber. Das Team muss sich nun nicht unendlich verbessern, um diese Saison noch für die ein oder andere zusätzliche Überraschung zu sorgen. Thorup hat zuletzt die richtigen Hebel gefunden, in dem er die Defensive gestärkt hat. Wenn jetzt wieder ein Hauch mehr Offensive zurück in den Gameplan findet, dann ist mit dem FCA zu rechnen. Ja, zwischendurch hat der große Umbruch für dezent Sorgenfalten gesorgt. Momentan ist die Richtung für mich klar erkennbar, und wenn der FCA die Länderspielpause nun gut zu nutzen weiß, dann werden wir in den nächsten Monaten noch den ein oder anderen Gegner kalt erwischen.