Was bleibt vom Theater zwischen Schalke und dem FCA?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de. 

Als der Wechsel von Markus Weinzierl nach Schalke konkreter wurde, war ich schnell dabei zu fordern, dass der FC Augsburg Markus Weinzierl nicht unter Wert abgeben sollte und dieser sehr hoch wäre. Einen zweistelligen Millionenbetrag hatte Klaus Hofmann letztes Jahr selbst aufgerufen, bei mir wurde daraus der 10. Mio. EUR Mann. 10 Mio. EUR wurden es am Ende nicht, aber ganz ohne Gegenleistung hat der FC Augsburg seinen Erfolgstrainer und dessen Team nicht gehen lassen. Weinzierls eigener Wechsel war dabei wohl nur die erste von drei Transaktionen und die Zusammenhänge werden wohl erst durch ein bisschen Abstand deutlich. Nachdem beide Vereine über Wechselmodalitäten Stillschweigen vereinbart haben, betreibe ich etwas gehobene Kaffeesatzleserei. Genau das Richtige für die Sommerpause bis zum ersten Stadionbier der neuen Saison.

Am 17. Juni 2016 hat der FC Augsburg die Verpflichtung von Marvin Friedrich bekannt gegeben. Der 20jährige Innenverteidiger wechselt fest von Schalke 04 zum FC Augsburg und unterschrieb einen Vertrag über 3 Jahre mit Verlängerungsoption. Stefan Reuter hat Friedrich im Rahmen der Verpflichtung wie folgt beschrieben: „Marvin Friedrich ist ein großes Nachwuchstalent, das auch schon in der deutschen U19- bzw. U20-Nationalmannschaft am Ball war. Wir sind sicher, dass Marvin sich in unserer Mannschaft in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird“. Friedrich kam bei Schalke in der letzten Saison sowohl in der Bundesliga als auch in der Europa League auf erste Einsatzminuten.

Ich rieb mir verwundert die Augen. Marvin Friedrich ist ein Spieler, den Vereine wie Schalke 04 normalerweise ausleihen, um ihm Spielpraxis zu verschaffen. Seine Einsätze für die Jugendnationalmannschaften und auch der Profivertrag bei Schalke 04 sind Indikatoren für sein großes Potential. Früher hätten wir einen Spieler dieses Kalibers ausgeliehen. Wir haben ihn aber fest verpflichtet. Nun ist Marvin Friedrich sicher noch nicht so weit wie Mats Hummels, als ihn Dortmund im Alter von 20 Jahren (erst nach einer Leihe) für 4,2 Millionen EUR fest verpflichtete. Wobei die Ablöse damals schon moderat bemessen war. Allerdings hat auch Neven Subotic in 2008 bei seinem Wechsel von Mainz 05 nach Dortmund im Alter von 19 Jahren schon 4,5 Millionen EUR gekostet. Ablösesummen sind seitdem erheblich gestiegen, was durch den Transfer für Jannik Vestergard für geschätzte 11 Mio. EUR von Bremen nach Mönchengladbach in diesem Sommer eindrucksvoll bestätigt wird. Ich glaube trotzdem nicht, dass der FC Augsburg mehrere Millionen für Marvin Friedrich überweisen muss. Dafür ist das Risiko, dass aus Marvin Friedrich ein Knowledge Musona der Innenverteidigung wird, zu groß und das Geld in Augsburg weiterhin nicht im Überfluss vorhanden. Zudem haben wir den Schalkern ja unseren Erfolgstrainer überlassen.

Rückblick: Am 02. Juni hat der FC Augsburg verkündet, dass Markus Weinzierl den FC Augsburg Richtung Schalke verlassen wird. In der Pressekonferenz in diesem Zusammenhang hat Stefan Reuter deutlich betont, dass die vertragliche Regelung mit Schalke 04 nur Markus Weinzierl selbst, allerdings nicht sein Trainerteam umfasst. Der FCA hat im Gegenzug direkt Dirk Schuster samt Trainerteam von Darmstadt 98 verpflichtet. Schalke 04 hat für Markus Weinzierl eine Ablöse bezahlt, die allerdings wohl nicht den ursprünglichen Forderungen des FC Augsburg entsprach. Es ist wohl auch davon auszugehen, dass die Vereine sich zu diesem Zeitpunkt auch schon über den Wechsel der Assistenztrainer von Markus Weinzierl und den Wechsel von Marvin Friedrich zumindest grundsätzlich einig waren. Am 15. Juni hat der FC Augsburg die Öffentlichkeit darüber informiert, dass die Verträge mit Weinzierls Assistenztrainern Wolfgang Beller und Tobias Zellner aufgelöst wurden. Knapp zwei Wochen nach Weinzierls eigenem Wechsel. Wobei davon auszugehen ist, dass Weinzierl seinen eigenen Wechsel mit dem Wechsel seiner Assistenten verknüpft hat. Trainer arbeiten heutzutage meist in festen Teams und Wechsel in den Teams sind im Erfolgsfall selten.

Warum den Wechsel erst jetzt finalisieren und verkünden? Der FC Augsburg musste sich mit Marvin Friedrich einigen und ihn von einem Wechsel überzeugen. Das kann Zeit in Anspruch genommen haben. Zudem hilft die dazwischenliegende Zeit wohl vor allem Schalke 04, um den Zusammenhang beider Transfers nicht allzu deutlich zu machen. Es scheint, als ob Markus Weinzierl der Wunschkandidat auf Schalke war. Für den FC Augsburg gab es keine Gründe, Weinzierl günstig aus seinem Vertrag zu lassen. Am Ende kann man in Augsburg mit dem Ergebnis wohl leben. Ein Trainer, der evtl. mit der sportlichen Ausrichtung in Augsburg nicht mehr ganz zufrieden war, hat den Verein nach 4 Jahren verlassen. Der Verein hat hierfür wohl eine Rekordablöse kassiert und einen hoch veranlagten Spieler fest verpflichten können. Weinzierls Erfolgsdruck auf Schalke wird nicht zusätzlich durch eine immense Ablösesumme erhöht. So oder so ähnlich, ist das Ganze besser gelaufen, als ich zuerst erwartet hätte. Jetzt muss nur noch aus Dirk Schuster unser neuer Erfolgstrainer werden und Marvin Friedrich spätestens in der übernächsten Saison relevante Spielminuten erhalten. Das Fundament ist durch die Verpflichtung wieder etwas breiter geworden.

Autor: Andy

Wohnt und arbeitet in Frankfurt. Denkt dennoch seit vielen Jahren fast immer an den FCA.

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