Eine aufschlussreiche Reise

Gut eine Woche verbrachte der FC Augsburg nun im Heimatland des Fußballs und wie das gestrige Spiel gegen den FC Southampton bewies, hat Manuel Baum die Zeit gut genutzt um die Spieler nicht nur taktisch, sondern auch konditionell auf die letzten Härtetests vor dem Bundesligastart am 19. August gegen den Hamburger SV vorzubereiten.

Holprig gegen Middlesbrough

Quasi direkt aus dem Flugzeug auf das Spielfeld, lief am vergangenem Samstag dann die vermeintlich zweite Garde gegen den FC Middlesbrough auf. Natürlich würde Manuel Baum die Mannschaft so nie bezeichnen, jedoch scheint sich im Gesamtkontext des Trainingslagers in England schon eine Tendenz abzuzeichnen.

Einer der beiden Gewinner des eher durchwachsenen Auftritts war am Ende Keeper Andreas Luthe, der bei beiden Gegentoren nichts ausrichten konnte, den ein oder anderen gefährlichen Ball dennoch zu entschärfen wusste. Der andere, hervorzuhebende Spieler des Abends hieß Stafylidis, der zwar nur eine Halbzeit spielte, jedoch seine offensiven Fähigkeiten wieder einmal unter Beweis stellte und den einzigen Treffer für den FCA markierte.

Unruhe um Verhaegh

Holprig ging es auch weiter, als einen Tag nach dem Testspiel gegen Middlesbrough der BILD als erstes auffiel, dass mit Paul Verhaegh der Kapitän des FC Augsburg im Schlussspurt der Vorbereitung fehlte. Schnell stellte sich die Abwesenheit als Sonderurlaub bis zum heutigen Donnerstag heraus und auch, dass Verhaegh den Wunsch ausgesprochen hat, den Verein verlassen zu dürfen.

Nun kann man es halten wie Stephan Urban, der im aktuellen Podcast von ‚Auf die Zirbelnuss‘ dem Verein lediglich einen menschlichen Verlust bescheinigt, sollte Verhaegh tatsächlich – wie kolportiert – nach Wolfsburg ziehen. Damit läge man keineswegs komplett falsch, da die Leistungskurve, sicherlich auch altersgerecht, in der vergangenen Saison nach unten zeigte.

Dennoch: Selbst wenn man adäquaten Ersatz holen sollte, was zum einen beim aktuellen Angebot auf dem Markt und den zugehörigen Preisen durchaus schwierig sein dürfte, zum anderen auch nicht in die diesjährige Transfer- und Vorbereitungspolitik passt, ist Verhaeghs Abgang zu einem direkten Konkurrenten – vielleicht ja wieder um den Klassenerhalt – auch sportlich ein herber Verlust. Einer wie der 33-Jährige kann den sportlichen Unterschied in stürmischen Zeiten ausmachen, ihn nahezu erzwingen – wie Halil Altintop am Ende der vergangenen Saison. Sportlich stand Verhaegh zuletzt sicher nicht für Kreativität und Schnelligkeit, die dem Spiel Baums zugute kämen, aber er stand für Kontinuität, größtenteils Stabilität und ist bis zuletzt eine Identifikationsfigur des Vereins.

Angenommen es käme niemand mehr, der sich mit Framberger um den Stammplatz streiten darf, sollte jeder Fan des FC Augsburg eine Kerze in der Kirche anzünden, einen Baum im Wald pflanzen oder sonstigen Ritualen nachgehen, dass sich Raphael Framberger in der kommenden Spielzeit nicht verletzt. Dass Georg Teigl bis Anfang der Woche bei Vielen wohl ganz oben auf der Streichliste stand (oder immer noch steht), darf wohl unbestritten sein und auch Daniel Opare zeigte bei seinen Auftritten in der Vorbereitung, dass er zwar das Potential besitzt, durchaus auf Bundesliganiveau zu kicken, durch seine Leichtsinnigkeit und die immer wiederkehrenden Fehler aber keine Konstante im System von Manuel Baum sein kann.

Und ob Raphael Framberger selbst schon jetzt seine Bundesligatauglichkeit beweisen kann, ist ebenfalls alles andere als abschließend geklärt. Auch gegen den FC Southampton zeigte er offensiv wieder eine tolle Leistung, die er mit einem Tor kurz vor Schluss krönen durfte. Defensiv wirkt er teilweise fahrig, hat vielleicht noch nicht die nötige Abgebrühtheit.

Luxusproblem im Kasten

Ein ganz anderes Bild zeichnet sich auf der Torwartposition ab, da es so aussieht, als ginge man mit Andreas Luthe, Marwin Hitz und Fabian Giefer, der wohl am Sonntag gegen den PSV Eindhoven im Kasten stehen wird, mit drei tollen Torhütern in die Saison.

Im gestrigen Testspiel unterstrich dabei Marwin Hitz wiedermal seine herausragende Form und auch seine Unabkömmlichkeit für den FC Augsburg. Sollte das Torwartkarussell nicht doch noch angeworfen werden – beispielsweise durch einen Wechsel Hradeckys zu Benfica Lissabon – wäre man gut beraten, nicht auf die Dienste des Schweizers zu verzichten. So gut die Form bei Luthe und Giefer auch sein mögen, einen Hitz auf die Bank oder die Tribüne zu setzen, einzig um Ruhe in der Mannschaft zu haben, wäre grob fahrlässig und kann das Zünglein an der Wage in einer Saison sein, die aufgrund der starken Konkurrenz wohl eine der schwierigsten werden dürfte.

Der brutale Schlegel

Auch offensiv war der Ausflug nach England durchaus aufschlussreich. Das Baum’sche System, statisch ein 4-5-1 und je nach Gegner und Spielsituation fluid irgendwo zwischen 4-2-3-1 und 4-1-4-1, hat sich gefestigt und bewiesen, dass es auch gegen den Vorjahresachten der Premier League überzeugen kann. Automatismen waren zumindest gegen Southampton immer wieder zu erkennen.

Mit Michael Gregoritsch hat man sich zudem einen Spieler geleistet, der als hängende Spitze ideal in dieses System zu passen scheint und endlich auch mal die nötige Abschlusssicherheit und einen „brutalen linken Schlegel“ mitbringt, so dass es durchaus denkbar wäre, dass ein FCA-Stürmer mal wieder mehr als 10 Tore in einer Spielzeit erzielt. Auch Alfred Finnbogason scheint langsam aber sicher wieder zu seiner alten Form zurückzukehren – einzig im Torabschluss besteht Verbesserungsbedarf. Bei Raul Bobadilla wird, wie in den vergangenen Spielzeiten auch, die Tagesform und Laune entscheidend sein. Und selbst wenn er erst in der 70. Minute ins Spiel gebracht wird, weiß man einen durchsetzungsstarken Spieler in den eigenen Reihen zu haben, der ein komplettes Spiel an sich reißen und drehen kann.

Erstaunlich war auch der gestrige Auftritt von Jonathan Schmid und Caiuby. Schmid, in der vergangenen Saison vor allem dadurch aufgefallen, dass er die in ihn gesteckten Erwartungen (qua Transfersumme) offensiv und vor allem defensiv nicht erfüllen konnte, arbeitete nicht nur enorm stark nach hinten mit, sondern fand mit seinen Flanken und Hereingaben auch endlich Abnehmer – unter anderem in Gregoritsch den Torschützen zum 0:2. Bei Caiuby überraschte vor allem die Länge seines Einsatzes: Volle 90 Minuten standen am Ende des Abends neben seinem Namen auf dem Spielberichtsbogen. Nach seiner langen Verletzung durchaus ein gutes Signal, denn nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ war seine Leistung durchweg solide.

Abermals nennenswert war Erik Thommy, der mit seiner Hereingabe bei ruhendem Ball Ja-Cheol Koo beim 0:3 bediente. Thommy bleibt sicher eines der größten Fragezeichen der Vorbereitung: Reicht es für die Bundesliga oder sollte man ihm abermals eine Spitzensaison in einer anderen Liga gönnen, beispielsweise bei Jahn Regensburg?

Wo Licht ist…

Weitere Fragezeichen sind hinter die Namen Takashi Usami und Moritz Leitner zu setzen. Beide werden seit ihrer Verpflichtung kritisch beäugt, großteils nicht zu Unrecht. Bei Usami blitzte in der Vorbereitung immer wieder das Talent durch, was es jedoch auch vergangene Saison schon tat. Berücksichtigt wurde der Japaner dann weder unter Schuster noch unter Baum während der Saison. Was soll nun also passieren mit dem ewigen Talent aus Kyoto – verkaufen, verleihen, ausprobieren ob es doch passt? Antworten auf diese Fragen gab es in England kaum.

Bei Moritz Leitner sehen die Vorzeichen noch schlechter aus. Scheinbar ein Wunschkandidat Baums, konnte er die Erwartungen seit seiner Verpflichtung in der vergangenen Winterpause in keiner Weise erfüllen. Sieht man ihn auf dem Platz und auch im Training, hat man das Gefühl, als fehle ihm die Bindung zu Spiel und zur Mannschaft und als gäbe es kognitive Probleme beim Erfassen der taktischen Vorgaben des Trainerstabs. Talent will man auch ihm nicht absprechen, doch wohin geht hier die Reise? Wie lange braucht man in einem doch recht gewohnten Umfeld, um sich einzugewöhnen?

Ein Fazit

Mit dem PSV Eindhoven steht am kommenden Wochenende der letzte Test einer durchaus positiv zu bewertenden Vorbereitung an. Vor allem die Aufteilung des langen ersten Trainingslagers am Anfang und des kurzen nun zum Schluss, war ein großer Fortschritt zu den vergangenen Jahren. Auch wenn man quer durch die Republik größtenteils auf den Abstiegsrängen gesehen wird, darf man als FCA-Fan durchaus optimistisch in die neue Saison starten, denn die guten Ansätze sind da, die Breite des Kaders liefert eine Sicherheit, die man vergangenes Jahr nicht hatte und mit den Neuzugängen hat man sich sinnvoll punktuell verstärkt. Das Ergebnis gestern sollte zudem zum nötigen Selbstvertrauen beitragen, die Saison mit breiter Brust anzugehen und vielleicht direkt zu Beginn für eine Überraschung zu sorgen. Es besteht doch wohl nicht die Möglichkeit, dass wir zum Auftakt ausnahmsweise gewinnen?

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