FC Augsburg – RB Leipzig
(5. Spieltag, 1:0)
Es gibt Partien, die handelt man einfach ab, ohne viel links und rechts zu fabulieren. Hannover gegen Stuttgart beispielsweise. Schnörkellos, schlicht, bieder. Bei anderen Partien holt die Journalistenzunft jedoch weit aus und man könnte ein munteres Bullshit Bingo veranstalten, wenn man so hört, was da gestern vor, während und nach der Partie wieder alles geschrieben wurde. Dosenverein, RudelBums Leipzig, Brauseclub, hahaha. Puppenkiste, Jim Knopf, Baum-Schüler, Abstiegskandidat Nummer Eins, hohoho. Super kreativ.
Halten wir’s wie Christian Lindner (der mit der Kuhkrawatte) und sprechen lieber über Inhalte.
Die Ausgangslage
Der FC Augsburg kehrte aus Frankfurt mit drei Punkten im Gepäck in die für das Flutlichtspiel erstmals beleuchtete WWK Arena auf dem Lechfeld zurück. Die Partie in Hessen wurde zwar verdient, jedoch nicht unbedingt souverän gewonnen. Hätte Frankfurt ein wenig besser seine Chancen genutzt und wären Boateng und Haller (nicht der Helmut) treffsicherer gewesen, hätte man keinen Sieg eingefahren. Aber hätte, hätte, ihr wisst schon…
So stand man nach vier Spieltagen mit 7 Punkten auf dem Tableau und legte den besten Bundesligastart der Vereinsgeschichte hin. Leipzig kam ebenfalls mit 7 Punkten nach Augsburg, allerdings mit zuletzt nur zwei Unentschieden – gegen Monaco in der Champions League und gegen Gladbach in der Bundesliga.
Personell konnte Manuel Baum aus dem Vollen schöpfen, fast zumindest. Framberger hatte immer noch mit Trainingsrückstand zu kämpfen und so war Daniel Opare auf Rechts wieder gesetzt. Leipzig fehlte vor allem Namy Keita, der rot-gesperrte pausieren durfte.
Auf dem Platz führte die Personalsituation, als auch die englische Woche zu einigen Rochaden. Während Hasenhüttl auf rekordverdächtigen neun Positionen gegenüber dem Spiel am Wochenende tauschte, lief der FC Augsburg mit einer auch für Kenner des Baum’schen Systems eher ungewöhnlichen Elf auf. Mit Baier, Khedira, Moravek und Gregoritsch hatte man gleich vier nominelle Zentrumsspieler vorzuweisen. Was zunächst komisch anmutete, entpuppte sich als eine Dreier-/Fünferkette in der Abwehr mit Rani Khedira in der Mitte und eine Art Schalker Kreisel im Mittelfeld, bei der tendenziell Moravek rechts, Caiuby links oder als Hängende Spitze und Baier stets zentral agierten.
Das Ergebnis
Vielleicht war Ralph Hasenhüttl ebenso verwirrt ob der taktischen Anweisungen Manuel Baums wie der Autor dieses Textes. In jedem Fall erwischte der FC Augsburg die Leipziger kalt und hätte schon nach zwei Minuten durch Gregoritsch in Führung gehen können.
Was dem Österreicher mit dem brutalen Schlegel zunächst verwehrt blieb, erfüllte sich dann nur zwei Minuten später. Moravek eroberten den Ball im eigenen Sechszehner und dann ging es schnell. Hinteregger auf Caiuby, der legt zurück auf Baier, dann Finnbogason mit einer sehenswerten Kopfballverlängerung und schon hat man eine 2-gegen-1-Situation bei denen der Gegner nur noch hinterherschauen kann. Das Ergebnis ist bekannt: Tor Gregoritsch, 1:0 FC Augsburg.
In den übrigen 86 Spielminuten wurde es zwar ein wenig defensiver, jedoch stellte man sich nicht nur hinten rein und preschte die Bälle in den mannleeren Raum. Besonders die Chancen von Max (50″) und die tolle Vorarbeit von Opare auf Heller (84″) sind hierbei zu erwähnen.
Nicht unverdient gewinnt der FC Augsburg also am 5. Spieltag gegen RB Leipzig und steht nun mit 10 Zählern vorübergehend auf Rang 3 der Bundesliga. Na das ist doch schon mal was!
Was war gut?
Hervorheben muss man nach diesem Spiel natürlich die Trainer- und Mannschaftsleistung. Der FC Augsburg war perfekt auf seinen Gegner aus Leipzig eingestellt und setzte die Spielidee Baums bis ins letzte Detail um.
Namentlich kann man das vor allem an drei Spielern festmachen: Rani Khedira, Daniel Baier und Alfred Finnbogason.
Khedira zeigte eine phantastische Leistung in seiner Rolle als Sechser und mittlerer Innenverteidiger, überzeugte in den Zweikämpfen und ließ gegen seinen Ex-Verein kaum Chancen zu. Er mag vielleicht nicht die auffällige Aggressivität eines Dominik Kohr haben, dennoch erfüllt er seine Aufgaben bisher mit Bravour. Schnörkellos, unaufgeregt und grundsolide. Wenn das Spiel nicht über ihn aufgebaut wurde, dann war es wieder einmal Daniel Baier, der das Herz des Augsburger Systems darstellte. Mit einer ungeheuren Laufleistung, den meisten Ballkontakten, seinem Ideenreichtum und schnellen Umschaltvermögen ist und bleibt er unverzichtbar. Selbiges gilt auch für Alfred Finnbogason, der nicht nur beim Tor, sondern auch im ganzen Spiel beweist, was Manuel Baum unlängst über ihn sagte: Der Isländer ist wohl einer der spielintelligentesten Akteure der Bundesliga und weiß zu nahezu jeder Zeit wo seine Mitspieler stehen und welche Laufwege sie nehmen. Am Ende des Tages ist das bei einer treffsicheren Mannschaft, wie sie der FC Augsburg in der noch jungen Bundesligasaison ist, mindestens genauso viel wert wie seine eigene Abschlusssicherheit, die er gegen Köln unter Beweis stellte.
Was war schlecht?
Die Stadionwurst? Die Beleuchtung? Die zu wenigen Bezahlkartenaufladstationen? Um ehrlich zu sein, ist es schwer bei einem so schnörkellosen Heimsieg gegen einen Champions League-Teilnehmer das Haar in der Suppe zu finden.
Aber natürlich gab es da noch diese eine, unschöne Szene…
Der Aufreger des Spieltags
Tja, lieber Daniel Baier: Was war das denn?
Ganz Fussballdeutschland diskutiert heute leider nicht den souveränen Bayern-Sieg gegen Schalke oder die überraschende Niederlage von Leipzig auf dem Lechfeld, sondern eine Geste, mit der unser Kapitän seinem Ärger über vermeintliche Kommentierungen einer eher harmlosen Szene seitens Ralph Hasenhüttl Luft machen musste.
Natürlich sollte das Ganze weder das von Baier im nervigsten SKY-Interview der Bundesligageschichte gedeutete „Sei doch mal still!“ bedeuten, noch ein humoristisches „Schüttel‘ deine Red Bull Dose nicht so dolle, sonst spritzt alles raus!“.
Und natürlich versteht jeder, der mal Sport auf Wettkampfbasis gemacht hat, dass es da auch mit Emotionen zugeht. Aber dennoch: Das war unnötig und unprofessionell und eines Kapitäns unwürdig.
Für den FC Augsburg bleibt zu hoffen, dass das Ganze kein Nachspiel hat, denn man muss nicht päpstlicher als der Papst sein um zu wissen, dass es sich dabei schon um eine grobe Unsportlichkeit gehandelt haben könnte, die man mit einer Sperre sanktionieren kann.
Was kommt als nächstes?
Weiter geht’s am Samstag mit dem Schwaben Derby in Stuttgart. Der VfB musste sich gestern Gladbach mit 0:2 geschlagen geben und wird auch noch ein Weilchen auf seinen Kapitän Christian Gentner und eventuell auch noch am Samstag auf Abwehrstabilisator Holger Badstuber verzichten. Mit sechs Punkten startete man jedoch ganz ordentlich in die Saison, sodass es wohl ein spannendes Duell auf Augenhöhe werden dürfte.
Und auf den Business Seats?
Wenn nicht gerade über die kunsthistorische Bedeutung der Fassade der WWK Arena, die Bosna in der selbigen oder Moritz Leitners Hund, der mittlerweile in Augsburg bekannter ist als Moritz Leitner selbst, diskutiert wurde, dann vielleicht über den Rausschmiss von drei Jugendspielern wegen eines Drogendelikts, das diese Woche an die Öffentlichkeit gelang.
Jetzt mag man davon ja halten was man will und natürlich ist der Cannabis-Konsum in Deutschland illegal und als angehender Profisportler sollte man sich mit schädlichen Substanzen ohnehin zurückhalten. Aber muss man solchen jungen Kerls wegen eines Vergehens dieser Größenordnung wirklich die Zukunft verbauen? Derjenige, der ohne Jugendsünde ist, werfe bitte die erste Kuhkrawatte!
Zumal, bei anderen Vereinen geht man mit Rauschmittel auch ein wenig lockerer um…