Der FC Augsburg schlägt RB Leipzig 1:0, den Vizemeister des Vorjahres und den ewigen Transfermeister der 2. Liga. Über Nacht residiert unser FCA auf Tabellenplatz 3. Im Klassenkampf gewinnt David gegen Goliath kurzfristig und fühlt sich besonders. Besonders beschwingt. Die Euphorie wächst langsam. Leicht beschwipst von den positiven Gefühlen sind wir Dienstag eingeschlafen. Auch wenn es Samstag gegen Stuttgart direkt weiter geht, möchte ich in den kurzen Moment zwischen den Spielen nutzen, um auf Geschehnisse abseits des Platzes zu blicken. Rund um das Spiel am Dienstag sind viele Dinge passiert, die nicht unter den Tisch fallen sollten. Dinge, die es verdient hätten, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Zumindest wir geben uns Mühe, ihnen diese auch zu schenken.
Zuerst vielleicht ein kurzer Blick zurück. Schon im Heimspiel gegen den 1. FC Köln war die organisierte Fanszene auf unkonventionelle Weise unterwegs. Anstatt mit geschmacklosen und polemischen Spruchbändern gegen den DFB zu hetzen, kopierte man schlicht Zitate aus den unterschiedlichsten Tageszeitungen. Fakten über den DFB, die von intelligenten Menschen recherchiert und aufgeschrieben und nun von weiteren intelligenten Menschen verbreitet wurden.
Fanproteste mit Quellenangaben ❤️ #fcakoe pic.twitter.com/vQJn4wqEF7
— Anke Gröner (@ankegroener) 9. September 2017
Wie sehr wird man sich beim DFB geärgert hat, dass derweil nicht auch noch 1-2 Bengalos gezündet wurden, damit man gegen die Krawallmacher vorgehen kann, möchte man so genau nicht wissen. Denn Fakten und Transparenz mag diese Organisation nun mal so gar nicht. Leider bleibt auf diese Art und Weise bei den klick-heischenden Medien dann schon mal die Berichterstattung etwas aus, da Bilder mit Zitaten leider nicht die gleiche Anziehungskraft ausüben, wie Bilder von vermummten Bengalozündlern, die man als Outlaws darstellen kann. Umso wichtiger war es mir diesen beeindruckenden und durchdachten Protesten einen Platz einzuräumen, der zumindest ein paar hundert Menschen erneut erreichen sollte. Die Legio Augusta flankierte die Choreo mit einem Flyer, der sachliche Kritikpunkte aufwirft und zum Protest gegen den DFB aufruft. Lest euch diesen gerne durch und bildet euch eure eigene Meinung. In der Woche vor der Bundestagswahl soll das noch keinem geschadet haben.
Nun gegen RB Leipzig war die Choreo, die über die Stehblöcke hinweg zu sehen war, erneut eindrucksvoll.
Bei der Kulisse konnte das ja auch nicht anders anfangen, @FCAugsburg! 😉 #Bundesliga #FCARBL #Augsburg #FCA pic.twitter.com/my92vDBI5a
— StadtZeitungAugsburg (@StaZ_Augsburg) 19. September 2017
Mit viel rot-grün-weißer Untermalung wirft die Kurve die legitime Frage auf: „Wo ist der Club bei dem das Herz noch zählt“. Es steht zu vermuten, dass man sich hier direkt vom Leipziger Vereinskonstrukt distanzieren und den Gegensatz aufzeigen wollte. Die Antwort auf die rhetorische Frage wäre gewesen: „Hier ist der Club bei dem das Herz noch zählt“. Derweil fragt man sich manchmal, inwiefern sich der FC Augsburg von RB Leipzig unterscheidet. Auch in Augsburg wird der Profifußball von Investoren regiert. Die Funktion von Klaus Hofmann in diesem Konstrukt, in dem die Fans keinen Platz im Aufsichtsrat der KGaA haben, ist nicht genau definiert. Derweil will auch der FCA über seine Aufsichtsräte die Vermarktung in Asien stärken. Während in Leipzig der Hauptsponsor das gesamte Stadion kauft, ist es in Augsburg nur die Fassade. Diese leuchtet trotzdem nun nach Siegen in einer der Farben des Sponsors und dieser hat durch seine „Wohltätigkeit“ so viel Aufmerksamkeit erfahren, dass die Aktion als wirtschaftlicher Coup und als Marketing Schnäppchen gewertet werden kann. Und wenn in Augsburg der Verein titelt: Augsburg hält zusammen, dann will er damit hauptsächlich andeuten, dass noch ein paar Tickets zu verkaufen sind.
Was uns wirklich von RB Leipzig unterscheidet? Wir trinken Bier aus Flaschen und nicht Limo aus Dosen. Und wenn wir unter dessen Einfluss bereit sind, die Wahrheit zu sagen, dann sprechen wir trotz sportlich bester Lage zu diesem Zeitpunkt der Saison an, dass wir uns über den Fußball hinaus verbessern können. Dass es eine Verantwortung gibt, die wir wahrnehmen wollen. Ein neuer Impuls hierzu, neben dem laufenden Engagement von Andreas Luthe mit In Safe Hands, kam erneut durch die organisierte Fanszene in Gestalt des Zusammenschlusses einiger Fanclubs – der „Szene Fuggerstadt“, die einen AG Soziales gegründet und gegen RB Leipzig vorgestellt hat. Damit will die Szene auf unterschiedlichste Art und Weise Menschen helfen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Der FCA hat es nach dem Spiel gegen Leipzig dann doch geschafft, auf den Zug aufzuspringen und die Meldung zu verbreiten. Eine klare Strategie, wie man sich als Verein über den Fußball hinaus für Stadt und Region stark machen will, ist weiterhin leider nicht erkennbar.
Und so ist es für mich weiterhin diese diffuse, heterogene Gruppe von Menschen, die diesen Club anfeuert und über Dinge nachdenkt, die weit über den Fußball selbst hinausgehen, die mich bewegt, mich soviel mit diesem Verein zu beschäftigen. In dieser Gruppe von Menschen fühle ich mich wohl. Der Fußball ist dabei nur ein Symbol, ein Vorwand, um sich in dieser Gruppe zusammenzufinden. Ohne diese Gruppe wäre mein Verhältnis zu diesem Verein ein anderes. Diese Gruppe ist, was uns von anderen Vereinen unterscheidet. Und bei aller Kritik in der Vergangenheit in manchen Momenten, will ich an dieser Stelle hervorheben, dass diese Gruppe – wie die Mannschaft selbst – in dieser Saison bisher eine großartige Leistung zeigt. Sachliche Kritik in kreativen Protestformen und ein deutlicher Fokus auf Themen abseits des Fußballplatzes, die wir nur verbessern können, wenn wir gemeinsam anpacken. Und so kommt es, dass ich mich vor den Spielen nicht nur frage, mit welcher Aufstellung wir auflaufen, sondern auch, was wieder ausgeheckt wurde. Seid euch bewusst, es gibt viele Menschen, die sich sehr auf eure nächsten Aktionen freuen. Ich bin einer davon. Wäre es nicht schön, wenn wir diese Saison genau so weiterführen bis zum Ende, wie wir sie begonnen haben?
P.S.: Plakate, die eigene Spieler beschimpfen, sind immer noch scheiße und man darf sich hierfür entschuldigen. Schaffen andere ja auch.
P.P.S.: Nachdem wir auch schon länger unseren Teil beitragen und uns über den Fußball hinaus sozial engagieren wollen, kann man bei uns T-Shirts für wohltätige Zwecke kaufen. Es gibt noch T-Shirts die Simon zu Gute kommen (Herren, Damen) und T-Shirts zu Gunsten des bunten Kreises (Herren, Damen). Ab 3 Shirts gibt es mit dem Code 1907 10 Euro Rabatt.
2 Gedanken zu „Was uns wirklich von RB Leipzig unterscheidet“