Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.
Nach der letzten Saison hatte ich mich darüber gefreut, wie viele Einsätze unsere Jugendspieler in der ersten Mannschaft erhalten hatten. 19 Einsätze waren insgesamt für Raphael Framberger, Kevin Danso, Tim Rieder und Julian Günther-Schmidt zusammen gekommen. Dazu machte ich mir Hoffnung, dass sich die Anzahl der Einsätze in dieser Saison noch steigern könnte. Die Jugendspieler hatten in kritischen Partien wertvolle Erfahrung gesammelt. Dies sollte ihnen nun zu Gute kommen. In der Länderspielpause ist ein guter Zeitpunkt, um die Hoffnung auf signifikante Beiträge der eigenen Jugendspieler einem Realitätscheck zu unterwerfen.
Sportlicher Erfolg bisher
Der FC Augsburg steht momentan auf einem Europapokalplatz. Der Saisonstart ist trotz der Auftaktniederlage in Hamburg geglückt. Gegen RB Leipzig konnte man zu Hause gewinnen. Auch gegen Dortmund hätte man fast punkten können. Die gute Ausbeute ist daher nicht auf Fallobst bei den Gegnern zurückzuführen. Vor allem nicht in diesem Jahr der starken Bundesliga, wo uns viele Experten vor der Saison auf den 18. Platz getippt hatten. Der Saisonstart ist überaus respektabel. Die Mannschaft hat abgeliefert und schon 11 Punkte gesammelt. Der Weg zum Klassenerhalt im weiteren Saisonverlauf ist dadurch etwas weniger steinig geworden.
Einsätze der Jugendspieler
Derweil findet der Erfolg ohne die Beteiligung unserer Jugendspieler statt. Anstatt auf die Talente aus Augsburg zu vertrauen, ist Manuel Baum dazu übergegangen, pragmatisch erfahreren Spielern das Vertrauen zu schenken. Tobias Escher wird in einem Interview in der Rosenau Gazette in der kommenden Woche aufzeigen, wo dieser Pragmatismus sich auch taktisch niedergeschlagen hat. Bei den Jugendspielern wurde die genannten Hoffnungen dadurch weitestgehend enttäuscht.
Im Falle von Raphael Framberger kam etwas Verletzungspech dazu, das Framberger über all die Jahre bisher treu geblieben ist. Seinen erhofften Stammplatz auf der Rechtsverteidigerposition hat er somit an Daniel Opare verloren. Es reichte seitdem noch nicht einmal mehr zu einer Kadernominierung. In diesem Fall mag es Pech sein. Wer hätte schon vor der Saison daran geglaubt, dass sich Daniel Opare festspielt. Bei Kevin Danso hat es derweil in dieser Saison noch nicht einmal zu einem Kurzeinsatz gereicht, während er in der Länderspielpause erneut für Österreich auflaufen durfte. Tim Rieder fehlte zuletzt verletzt, fand aber schon für die Englandreise in der Vorbereitung keine Berücksichtigung mehr. Julian Günther-Schmidt wurde an den FC Carl Zeiss Jena verliehen und hat in der dritten Liga schon zwei Tore in fünf Partien erzielt. So bleibt es am Ende an Erik Thommy, um die Hoffnungen für den eigenen Nachwuchs nach seiner Rückkehr hoch zu halten. 3 Kurzeinsätze und 24 Minuten stehen für ihn bisher zu Buche. Eine richtige Chance sieht anders aus.
Kaderverkleinerung notwendig
Immer wieder wurden mögliche Probleme mit dem großen Kader beschworen. Nur langsam werden erste Stimmen der Unzufriedenen vernehmbar. Derweil bleiben die Chancen für die Spieler aus der eigenen Jugend klein, denn sie müssen nicht nur auf den Ausfall einer etablierten Kraft hoffen. Wenn der Moment gekommen ist, müssen sie sich gegen die enorme Konkurrenz im Kader durchsetzen. Das ist ihnen bisher noch nicht geglückt. Auch nicht, als Manuel Baum in der englischen Woche die Aufstellung zumindest auf 2-3 Positionen angepasst hat.
Die Saison ist lang und der FC Augsburg ist bisher von größeren Verletzungsproblemen verschont gelieben. Wir hoffen alle, dass dem so bleibt. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass Verletzugen dazu gehören und auch uns treffen werden. Dazu kommt im Dezember eine erneute englische Woche. Trotzdem scheinen mir die Einsatzmöglichkeiten der Jugendspieler bis zur Winterpause begrenzt. Dies gilt auch für weitere Jugendspieler wie Marco Richter, die sich vorerst in der U23 beweisen müssen. Im Winter heißt es dann erneut, auf eine deutliche Kaderausdünnung zu hoffen, damit sich mehr Chancen für unsere Jugendspieler ergeben. Unabhängig davon, wie viele Stimmen der Unzufriedenheit sich bis dahin zu Wort gemeldet haben und welcher Grad der Unruhe herrscht.
Die Kaderpolitik von Stefan Reuter und das Vorgehen von Manuel Baum in der letzten Saison stehen sich diametral gegenüber. Wenn unser sportlicher Weg in unserer eigenen Jugend ein Fundament haben soll, dann müssen über die Kaderstruktur entsprechende Einsatzmöglichkeiten bestehen. Egal, ob ansonsten mit dem Kader professionell gearbeitet werden kann. Kleinerer Kader, größere Chancen. Zeit an dieser Stelle, der vielzitierten sportlichen Philosophie gerecht zu werden und nicht nur zu reden. Zeit, die Weichen für den Winter zu stellen. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch mal wieder daneben.