Der FC Augsburg und seine Haltung zu 50+1

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Am 22. März fand bei der Deutschen Fußballliga (DFL) eine Diskussion zur Zukunft der 50+1 Regel statt. Diese Regel stellt sicher, dass die Vereine eine Stimmmehrheit von mind. 50+1 Prozent behalten, auch wenn Sie mehr Anteile als 50% an den ausgegliederten Kapitalgesellschaften verkaufen. Grundsätzlich wird durch die Regel sichergestellt, dass Vereine nicht von Investoren übernommen  und bestimmt werden können. Es verhindert nicht, dass sich Vereine in auswegslose Situationen manövrieren, wie dies u.a. der TSV 1860 München geschafft hat. Ausnahmen von der 50+1 Regel gibt es seit vielen Jahren. Grundsätzliche Ausnahmen sind Bayer 04 Leverkusen und der VfL Wolfsburg, die beide als Werksmannschaften grundsätzlich den Unternehmen und nicht Vereinsmitgliedern gehören. Eine weitere Ausnahmeregel setzt voraus, dass sich ein Investor über Jahrzehnte erheblich für seinen Verein engagiert hat. Dietmar Hopp genießt diese Ausnahme in Hoffenheim, wo er die Mehrheit der Stimmrechte am Verein mittlerweile hält.

Darüber hinaus gibt es praktische Möglichkeiten, die Regelung zu umgehen. Das Konstrukt in Leipzig hat einen Weg gefunden, indem es die Mitgliedschaft beim Verein stark begrenzt. Auch beim FC Augsburg gibt es keinen Entscheidungsträger des Vereins,  der bei der KGaA beteiligt wäre und nicht selbst investiert hätte. Faktisch ist nur Klaus Hofmann von Vereinsseite in der Profiabteilung involviert und hält zugleich mit seinem Konsortium die Mehrheit der Anteile an der KGaA. Im Folgenden soll es nicht über den grundsätzlichen Sinn und Unsinn der 50+1 Regel gehen. Allerdings hat sich der FC Augsburg rund um das Treffen bei der DFL und auch schon früher zur 50+1 Regel geäußert. Die Haltung der Entscheidungsträger des FCA will ich gerne näher betrachten, denn diese wirft zumindest Fragen auf.

Was sagen die Verantwortlichen?

Finanz-Geschäftsführer Michael Ströll sagte der „Augsburger Allgemeinen“ im Vorfeld zur Diskussion bei der DFL: „Wenn es Ausnahmeregeln gibt, dann müssen die auch für alle gelten oder es gibt für niemanden eine Ausnahmeregelung.“ Ströll verlautbarte in diesem Zusammenhang zusätzlich: „Der FCA will Chancengleichheit am besten im Rahmen von 50+1. Alle sollen mit den gleichen Bandagen kämpfen und mit den gleichen Voraussetzungen in Konkurrenz treten.“ Ob er dies auch für die bestehenden Ausnahmen, also die Werksclubs und die TSG Hoffenheim, so verstehen würde, ließ sich an dieser Stelle nicht nachlesen. Allerdings scheint es doch sehr unwahrscheinlich, dass die bestehenden Ausnahmeregelungen von Regeländerungen bzgl. der 50+1 Regel negativ betroffen sein könnten.

Klaus Hofmann hatte sich in einem kicker-Interview, welches am 29.01.2018 erschien, ähnlich und sogar noch deutlicher geäußert. In dem Interview hatte er die Ausnahmeregelungen bzgl. 50+1 alle für schädlich erklärt. Auf Nachfrage bestätigte er, dass er damit auch die Werksclubs und die TSG Hoffenheim meine. Klaus Hofmann hat sich in diesem Zusammenhang auch deutlich zu seiner zukünftigen Vorstellung der 50+1 Regel geäußert. Seine Aussage damals war: „Ich habe Sympathie dafür, dass jeder Verein die Diskussion selbst führen kann, ob er 50+1 haben will oder nicht.“ Nun mal ganz ehrlich: Wer glaubt, dass bei einer Diskussion der 50+1 Regel die bestehenden Ausnahmefälle wegfallen werden, der ist einfach nur naiv. Um daher Chancengleichheit zu gewährleisten, soll die 50+1 Regel nicht mehr für alle (mit Ausnahmen) obligatorisch sein? Das ist zumindest die Auffassung, die von Klaus Hofmann so vertreten wurde. Dies kommt einer Abschaffung der 50+1 Regel gleich. Ist dies allerdings im Interesse des Vereins?

Warum kann der Verein kein Interesse an dieser Haltung haben?

Der Verein FC Augsburg kann nur ein geringes Interesse an dieser Haltung haben. Die Lockerung der 50+1 Regel wird meist deshalb gefordert, damit neue Investoren gefunden werden können, die nur durch das Zugeständnis einer Stimmmehrheit an Bord kommen. Der FC Augsburg e.V. hat allerdings schon alle Anteile (99%) an der KGaA verkauft. Durch einen weiteren Anteilsverkauf kann daher kein zusätzliches Kapital generiert werden. Davon ab bleibt das Mittel einer Kapitalerhöhung, um neue Anteile ausgeben zu können. Dieses Mittel stünde jetzt schon zur Verfügung und so lange die Investorengruppe weiterhin eine solche Menge an Anteilen hält, würde ein Neuinvestor  so schnell auch bei einer Kapitalerhöhung keine Stimmmehrheit erlangen, insofern dies möglich wäre. Eine Öffnung von 50+1 ist dafür daher nicht notwendig, außer die Investoren um Klaus Hofmann wollen die Mehrheit der Anteile abgeben und haben daher vor, den Verein in fremde Hände zu geben.

Daneben würde eine Öffnung der Regel bedeuten, dass sich die Lage von Vereinen verbessert, die selbst noch über viele Anteile an ihren Profigesellschaften verfügen. Sie haben dann, durch die offizielle Möglichkeit auch die Stimmmehrheit abzugeben, ein wirkliches Pfund in der Hand. Der FCA würde sich daher durch eine Öffnung der Regel relativ verschlechtern.

Was steckt dann hinter dieser Haltung?

In welchem Interesse äußern sich die beiden Herren dann? Bei Michael Ströll ist die Antwort recht einfach. Er ist Angestellter der KGaA und vertritt die Meinung seines Dienstherren. In diesem Zusammenhang ist er dem Aufsichtsrat zur Rechenschaft verpflichtet. Ein Blick genügt und es fällt auf, dass im Aufsichtsrat keine Vereinsvertreter sitzen sondern nur Vertreter des Investorenkonsortiums. Der Verein soll zwar die Stimmmehrheit haben, aber in der Strukutur sieht man das nicht. Und auch bei Klaus Hofmann scheint die Meinung des Investors den Blick zu trüben. Nachdem für mich keine offenkundigen Gründe ersichtlich sind, warum der Verein eine Öffnung der Regel für positiv erachten sollte, scheint Klaus Hofmann in diesem Zusammenhang seine eigenen Investoreninteressen durch den FCA zu vertreten.

Eine Öffnung der 50+1 Regel könnte dazu führen, dass die bestehenden Investoren auch ganz offiziell die Stimmmehrheit übernehmen könnten. Das diese Agenda auch ganz offen so vertreten wird, verwundert mich zumindest ein bisschen. Die Interessen der Mitglieder, die ihn zum Präsidenten des Vereins gewählt haben, scheinen Klaus Hofmann dabei egal zu sein. Ob wir uns das alle bei seinem Dienstantritt vorgestellt haben, als er – wie er das immer gerne tut – als Fanvertreter aufgetreten ist? Ich befürchte mittlerweile ein Szenario zwischen Dietmar Hopp und Martin Kind, wobei von beiden nicht bekannt wäre, dass sie eine Loge bei einem Ligakonkurrenten zerlegt hätten. Bombige Aussichten auf die achte Bundesligasaison.

Autor: Andy

Wohnt und arbeitet in Frankfurt. Denkt dennoch seit vielen Jahren fast immer an den FCA.

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