Diese Tage ist etwas seltenes passiert. Ich habe euch ja schon berichtet, dass ich auf Twitter aktiv bin. Dort hat sich vor kurzem etwas beängstigendes zugetragen. ZDF-Journalistin Nicole Diekmann hatte #Nazisraus getwittert und daraufhin Morddrohungen vom rechten Rand erhalten. Im Anschluss haben sich viele Personen und Organisationen auf Twitter solidarisiert und daraufhin auch #Nazisraus getwittert. Darunter am Folgetag der Aktion auch unser FCA:
Nazis raus! #NazisRaus pic.twitter.com/3hneLpGhB2
— FC Augsburg (@FCAugsburg) 9. Januar 2019
Darunter hatte der FCA zusätzlich erneut ein Video gepostet, was schon etwas älter ist und darauf hingewiesen, dass die Aussagen immer noch aktuell seien.
Aktueller denn je: Der #FCA steht für Vielfalt und Toleranz. Rassismus, Ausgrenzung, Diskriminierung und Hass haben bei uns keinen Platz. AUGSBURG IST BUNT! #NazisRaus pic.twitter.com/M7VlWE3nuI
— FC Augsburg (@FCAugsburg) 9. Januar 2019
Ich habe mich über beide Tweets unglaublich gefreut. Klare Aussagen in diesem Zusammenhang waren in der Vergangenheit leider selten. Man schafft es im Trainingslager diverse Videos zu produzieren, aber zu diesem Thema muss man zwei Jahre zurückblättern. Auch liegt eine andere Kontroverse genau zu diesem Thema noch gar nicht so lange zurück.
Noch vor kurzem die AfD gewähren lassen
Eine Jahreshauptversammlung im Umfeld einer englischen Woche und man könnte als Verein hoffen, dass sich an die Ereignisse niemand mehr lange erinnert. Vor allem, da es eigentlich nur positive Ergebnisse zu berichten gab. Der FC Augsburg ist in einer tollen Verfassung, rein von den wirtschaftlichen Zahlen her betrachtet. Dennoch ist mir diese Jahreshauptversammlung bis jetzt in Erinnerung geblieben. Der FC Augsburg hat es geschafft, dass sich AfD-Politiker in der ersten Reihe der Versammlung sonnen und ich mich in diesem Umfeld immer weniger wohl fühle. Nun hat jemand, der ähnlich wie ich denkt, dies lautstark bemängelt, worauf hin sich der FC Augsburg in Person von Peter Bircks festlegte und kund tat, dass der FC Augsburg ein unpolitischer Verein sei. Johannes Graf hat den Vorfall auf Twitter kurz zusammengefasst:
Die #JHV des #FCA hat ihren ersten Aufreger: Ein Fan beschimpft #AFD-Politiker #Bayerbach, der in der ersten Reihe sitzt, und unterstellt ihm „Hetze“. Die Reaktion des Aufsichtsratsvorsitzenden #Bircks: „Der FCA ist ein unpolitischer Verein“ #FCAJHV pic.twitter.com/UsCBoV7MkF
— Johannes Graf (@JohannesGraf) 18. September 2018
Reaktion mit großer Aussagekraft
Eine Reaktion in dieser Form ist zurückhaltend im Vergleich zu den eindeutigen Reaktionen anderer Vereine. Johannes Graf stellte dies in einem anderen Tweet heraus:
Auf der #JHV von #Eintracht #Frankfurt hat Präsident Fischer Anfang des Jahres gesagt: „Wer die #AfD wählt oder Mitglied ist, passt nicht zur Eintracht.“ So deutlich hat sich #FCA-Präsident #Hofmann nicht positioniert #FCAJHV #Bundesliga
— Johannes Graf (@JohannesGraf) 18. September 2018
Derweil ist die Haltung des FCA aus meiner Sicht äußerst gefährlich. Dies liegt daran, dass eine fehlende klare Abgrenzung dazu führt, dass man annehmen könnte, der FCA stünde auf der Seite der AfD. Die AfD läuft in Chemnitz an der Seite der Rechtsradikalen, äußert klare rechtsradikale Parolen und bedient sich insgesamt der Rhetorik vergangener Zeiten. Wenn es um die Auswahl zwischen demokratischen Parteien ginge, dann würde ich vom FCA auch erwarten, dass er sich unpolitisch verhält. Wenn er in der ersten Reihe prominent AfD-Vertreter im Landtagswahlkampf toleriert, dann hat das mit „unpolitisch“ nichts mehr zu tun. Er bietet einer Partei eine Bühne – nicht das er das mit Markus Söder nicht auch schon gemacht hätte – die weiterhin dabei ist die Grenzen der Verfassung auszutesten.
Der FCA taumelte in die falsche Richtung
Aber spätestens auf der Jahreshauptversammlung ist klar geworden, dass der FCA öffentlich einen Richtungswechsel vollzogen hatte. Der FC Augsburg in Person seiner Vertreter hatte keine Scheu die AfD öffentlich zu verteidigen und deren Ausfälle dadurch zu relativieren. Mit den Tweets in dieser Woche erfolgte nun ein erster Hoffnungsschimmer, dass der Verein nicht komplett haltungslos („unpolitisch“) geworden ist.
Man hätte auch damals schon dem wehrten Herren der AfD schlicht mitteilen können, dass ihm genau bewusst ist, welche Symbolwirkung er in der ersten Reihe ausstrahlt und dass man sich sein Verständnis erhoffe, wenn man ihn darum bitte, sich weiter hinten zu platzieren. Eigentlich gar nicht so schwer. Vielleicht ist dem Verein damals einfach die Kontrolle entglitten und man hat sich einmalig öffentlich blamiert. Ist man jetzt auf dem Weg zurück zu einem Verein der sich aktiv gegen rechts engagiert? Dann ist es mit zwei Tweets nicht getan. Auch ein aktuelles Video wäre mir zu wenig. Die aktive Unterstützung von Initiativen, die sich gegen rechts engagieren und Präsenz von Vereinsvertretern in diesem Umfeld wäre toll. Nachhaltig und langfristig sollte das Ganze auch sein. Man merkt: Ich traue diesen beiden Tweets noch nicht.
Unsere gesellschaftlichen Errungenschaften sind keine Selbstverständlichkeit und müssen nachhaltig mit friedlichem Engagement verteidigt werden. Auch in diesem Zusammenhang war der FCA nun lange sieglos. Es wird Zeit, dass der FCA schnell aktiv seine Rolle in diesem Zusammenhang findet und mit anpackt, ansonsten bleibt er auch in diesem Bereich ein Abstiegskandidat. Es wäre schön, wenn es auch abseits des Platzes in der Rückrunde einen Richtungswechsel gibt. Zumindest in diesem Bereich bin ich seit dieser Woche wieder etwas optimistischer.
Bircks hatte wenig Möglichkeiten und musste schnell reagieren um Ruhe zu bekommen, denn natürlich ist für den Stadtrat vorne reserviert.
Unpolitisch war VB für ihn die schnelle Notlösung.
Ohne nun nach seinem Ableben für den Verein an den Pranger zu stellen finde ich fragwürdig, solange sich unsere Ultras ständig gegen Rechts richten
Die Darstellung hat wenig mit Peter Bircks persönlich zu tun und soll sein Lebenswerk in keinster Weise schmälern. Er hat den Satz nur damals eben gesagt. Die Ultras sind zudem nicht der Verein und das gehört daher auch unterschieden.
Danke Andy, mal wieder hast du meine Gedanken zu dem Thema perfekt ausgedrückt.
Wie schwer sich der FCA mit der klaren Positionierung tut, sieht man m. E. auch daran, dass es mehrere Tage dauerte, bis unsere Aufrufe auf Twitter an den offiziellen Account, sich anderen Vereinen mit #NazisRaus anzuschließen, in diesen Tweets mündete. Da musste offenbar noch Rücksprache gehalten und beratschlagt werden.
Ich wünsche mir, dass der FCA dies zum Anlass genommen hat, eine Strategie für sich gegen Rechtsextremismus auszuarbeiten und dass diese Tweets nur der Anfang waren. Gerade Bundesligavereine mit ihrer großen Reichweite und verbindenden Kraft dürfen laut für die Grundwerte unserer Gesellschaft einstehen. Und der FCA kann hier keine Ausnahme bilden.
Nun habe ich mit der AFD so ganz und gar nichts am Hut. Erwähnst du aber die Errungenschaften unserer Demokratie, so muss ich dich daran erinnern, dass es sich bei der Person, von der du sprichst, und der du hier noch mehr Öffentlichkeit gibst, um einen gewählten Vertreter eben jener demokratischen Grundordnung handelt. Sollte er sich nach hinten setzen müssen, so müsstest du dies wenigstens von allen gewählten Vertretern politischer Parteien verlangen. Ansonsten wäre es mit der vielgepriesenen Demokratie nicht weit her. Auch sollte der FCA sicherlich klare Statements gegen Rassismus abgeben, nicht aber sich in Parteipolitik mischen. Denn wo wären die Grenzen zu ziehen? Oder hältst du die populistischen Aussagen so manch anderer bayerischer Politiker, die aber nicht jener unsäglichen Partei angehören, für nicht ebenso fragwürdig? Nichtsdestotrotz teile ich deine Antipathie mit besagter Organisation und deren Vertretern voll und ganz.
Bernd Müller
Aus aktuellem Anlass sei erwähnt, dass die AfD nun vom Verfassungsschutz offiziell beobachtet wird. Umso dringlicher wäre nun die Stellungnahme des FCA, dass sich der Verein von der rechtsradikalen AfD distanziert. https://www.dw.com/…/hajo-funke-die-afd-ist…/a-40482426