Ein kleiner Vorfall auf der Jahreshauptversammlung und ich denke seitdem darüber nach. An dieser Stelle hatte ich den Vorfall an sich beschrieben und deutlich gemacht, warum der FC Augsburg mit seiner Haltung nicht unpolitisch geblieben ist. Dies war schlicht nicht möglich. Ich habe in diesem Zusammenhang auch über die beiden #Nazisraus Tweets des FC Augsburg geschrieben, die mir ein bisschen Hoffnung machten. Nachhaltig ist das antirassistische und antifaschistische Engagement unseres FCA noch lange nicht. Das Problem ist dabei schon, dass das Problem bisher vom FCA eher verharmlost als Ernst genommen wurde. Nachfolgend würde ich euch gerne erklären, warum ich das so sehe.
Ich werde bei diesem Thema auch nicht müde werden, es immer wieder hervorzuholen und daran zu erinnern. Die alltäglichen Konfrontationen mit Rassismus nehmen momentan zu und das bedrückt und bestürzt auch mich. Dieser Beitrag passt gerade deshalb so gut in die Länderspielpause, weil Länderspiele dazu tendieren, Rassisten eine öffentliche Bühne zu bieten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich vor einer Weile überlegte, spontan das Länderspiel Deutschland gegen Polen in Frankfurt zu besuchen. Schon vor dem Stadion wurde von einigen Fans der Hitlergruß gezeigt. Rassismus trat vollkommen öffentlich auf. Ich ging wieder nach Hause und hatte keinen Bock mehr auf das Spiel. Dré Voigt ging es nun in Wolfsburg gegen Serbien ganz ähnlich. Er hatte auf den Sitzen hinter sich drei Rassisten sitzen und war bestürzt über die schweigende Mehrheit. Er hat das Wort ergriffen und Zivilcourage gezeigt und das sollten wir in diesem Zusammenhang alle.
Aber Rassismus kommt doch im Zusammenhang mit Fußball gar nicht vor, oder? Wir verstehen gar nicht, warum die Schanzer mit einem Sondertrikot aufgelaufen sind. So zumindest könnte man es annehmen, wenn man Klaus Hofmanns Aussagen folgt.
Hofmanns realitätsferne Aussage
Dazu hat Klaus Hofmann auf der Jahreshauptversammlung eine Aussage getätigt, die mir besonders alarmierend scheint. Um diese Aussage geht es:
Deutlicher wird #FCA-Präsident Klaus #Hofmann, der sich allgemein zu diesem Thema äußert: „Ich habe im deutschen Fußball bisher niemanden kennengelernt, der rassistische Gedanken hat. Sowohl der FCA als auch ich werden dafür kämpfen, dass es so bleibt.“ #FCAJHV #Bundesliga
— Johannes Graf (@JohannesGraf) 18. September 2018
Man muss ja heutzutage jedes Wort auf die Goldwaage legen, das man so liest. Herr Hofmann hat noch niemanden kennengelernt im deutschen Fußball, der rassistische Gedanken hat. Herr Hofmann hat ja nicht behauptet, dass es niemanden im deutschen Fußball gäbe, der rassistisch denken oder handeln würde. Er kennt nur solche Menschen nicht. Und signalisiert damit, dass das Problem nicht auftreten und nicht immer weiter wachsen würde.
Und dabei verschließt er die Augen vor einem Problem, dass es in der Fußballlandschaft schon eine ganze Weile gibt. Ronny Blaschke hat hierüber sogar ein Buch geschrieben, das den passenden Titel „Angriff von Rechtsaußen: Wie Neonazis den Fußball missbrauchen“ trägt. Wer das Buch liest, stellt fest, dass der Fußball eine solch große gesellschaftliche Bedeutung hat, dass er gerne von Rassisten genutzt wird, um die in seinem Rahmen ihr Gedankengut verbreiten. Deswegen wünsche ich mir an dieser Stelle ja schon länger, dass der FCA endlich eine deutliche Haltung gegenüber rechts einnimmt.
Der Gegenbeweis: Vorfälle in 2018
Nachdem aber Klaus Hofmann das Problem auch wieder relativiert und klein geredet hat, braucht es vielleicht ein paar plakative Beispiele, was in deutschen Stadien und drum herum so passiert. Soviel Verblendung ist nämlich kaum vorstellbar, nachdem bundesweit über Babelsberg gesprochen wurde und auch Mesut Özil grundsätzlich auf das Thema eingegangen ist. Also hier nur einige Beispiele, alles passiert in 2018, nicht abschließend ohne Prioritisierung (weitere gerne in die Kommentare):
- Cottbus: Ein Mann mit einem Trikot mit Spielernamen Siegheilson wurde im Stadion gesichtet. Geht es noch offensichtlicher?
- Cottbus II: Der Aufstieg wurde unter eindeutigen Umständen u.a. mit Ku Klux Klan Masken gefeiert.
- Leipzig: Nachdem es nicht um Rasenballsport geht, ist es an Klaus Hofmann wohl vorbei gegangen, was bei Lok Leipzig so passiert: Jugendspieler hatten den Hitlergruß gezeigt.
- Chemnitz: Da die rechte Ultragruppierung Kaotic in Chemnitz auch an den Protesten beteiligt war, hat der Berliner AK die Verbände öffentlich aufgefordert, beim Gastspiel des Vereins die Rechtsextremen vom Stadion fernzuhalten.
- Hannover: Die Mainzer Spieler Balogun und Ujah geben an beim Warmmachen von den Heimfans rassistisch beleidigt worden zu sein.
- München: Bei 1860 München hat ein szenebekannter Nazi seine Tattoos auf dem Zaun zur Schau gestellt.
- Mönchengladbach: SS-Fahne taucht auf Foto mit Ultras auf.
- Duisburg: Rechte Hooligans attackieren Duisburger Faninitiative während des Auswärtsspiels in Darmstadt.
Wer sich nun denkt, dass es sich hierbei um eine neue Entwicklung handelt, der irrt. Die Jungle World hat schon für 2017 eine Übersicht über antisemitische Handlungen erstellt, die weitere erschreckende Vorkommnisse enthält.
Zeit für den FC Augsburg zu handeln
Im Gegensatz zur Offensichtlichkeit des Problems kann ich nicht erkennen, wie Klaus Hofmann oder der FC Augsburg sich nachhaltig aktiv gegen rechts betätigen würden. Zwei Tweets in diesem Zusammenhang sind ein minimaler Anfang, für den man sich nun wirklich nicht feiern muss. Dazu man dazu an deutschlandweiten Aktionswochen teilnimmt, ist ja wohl nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit. Es werden dutzendweise witzige Videos im Trainingslager produziert, während sich dieser Verein nicht nachhaltig gegen rechts stellt und aktiv etwas tut. Vielleicht könnte man einen Teil der PR/Social Media Kapazitäten auf dieses Thema lenken und zusätzlich entsprechende Initiativen in der Stadt und Region unterstützen. Es wird Zeit, das Problem anzuerkennen und die Augen als Verein mit entsprechender Verankerung in der Gesellschaft nicht zu verschließen. Alles andere ist genau so armselig, wie die Ausbeute der Mannschaft am Ende der Hinrunde. Aber zumindest sind wir sportlich mittlerweile auf dem Weg der Besserung. Bei einem der wichtigen politischen Kernthemen dieser Zeit verschließt der Verein weiterhin die Augen.
Wer glaubt es würde keine Nazis beim FCA geben, der irrt.
Die Ultras aber, kämpfen an vielen Fronten dagegen.
Klaus Hofmann aber, der schon einige Male an unserem Stammtisch zu Gast war, ist ein grandioser Fan, beschäftigt sich aber nicht viel mit dem Umfeld.
Er verlässt sich in allen Details auf die Mitarbeiter des Vereins.
Wachrütteln ist an jeder Stelle mehr als nötig, denn viele negative Ausdrücke hört man auch auf Augsburger Tribünen!