Höher, schneller, weiter!?


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Die Corona Pandemie hält das Land weiterhin auf Trab und auch der Fußball ist davon betroffen. Für den Beginn der Rückrunde wurde kurzfristig davon ausgegangen, dass alle Spiele komplett ohne Zuschauer ausgetragen werden. Presse Augsburg berichtete noch am 21.12.2021 unter der Überschrift: „FC Augsburg-Geschäftsführer Michael Ströll: Klub wird vielleicht nicht ohne staatliche Hilfen auskommen“. Man konnte fast glauben, der Verein nage nun am Hungertuch und müsste sich einschränken. Immerhin geht uns allen die Pandemie nach dieser langen Zeit auf die ein oder andere Weise an die Substanz.

Vielleicht rufen wir uns an dieser Stelle kurz ins Gedächtnis, was bisher schon geschah. Wie alle anderen Vereine wurde auch der FC Augsburg im Frühjahr 2020 überraschend von der Corona-Pandemie getroffen. Heiko Herrlich wurde engagiert und war dann erstmal Lockdown-Trainer bevor er zu Zahnpasta- Heiko wurde. Der FCA war schon damals, einer der Clubs, die unter anderem mit dieser Aktion negativ das Bild des Fußballs in der Öffentlichkeit besetzten. In der Zwischenzeit klangen dann auch mal zurückhaltende Töne durch. Michael Ströll sagte in der Augsburger Allgemeinen: „Jeder muss in den vergangenen Monaten festgestellt haben, dass höher, schneller, weiter nicht immer das richtige Mittel und vor allem in Krisenzeiten enorm gefährlich ist.“ Der Club organisierte Impfaktionen und half Bedürftigen.

Schon im letzten Frühjahr waren dennoch viele den Regeln überdrüssig geworden und hielten diese nur noch teilweise ein. Im Speziellen wurde der FC Augsburg wegen eines Jubelfotos von der DFL verwarnt. Und Corona war noch nicht vorbei, da tönte Klaus Hofmann schon: „Wir würden auch ein zweites Corona überstehen“. Die Spieler buchten fleißig ihre Weihnachtsurlaube (vornehmlich nach Dubai, wenn es denn überhaupt weg ging) und kamen nun teilweise mit unschlüssigen Tests oder infiziert zurück. Es darf wohl kritisch gefragt werden, ob diese Reisen in Zeiten der Pandemie und mit der Vorbildrolle, die hochbezahlten Profisportlern automatisch zufällt, unbedingt notwendig waren.

In diesen Zeiten hat sich der FC Augsburg nun entschieden, den 18jährigen Ricardo Pepi für ungefähr 15 Millionen Euro vom FC Dallas zu verpflichten. Die Details der Ablöse bleiben wie immer unter Verschluss, es war allerdings von einer Ratenzahlung zu lesen. Pepi, der ein hochtalentierter Stürmer und Unterschiedsspieler in der Offensive ist, ist vornehmlich eine Wette auf die Zukunft. Er muss sich nun im Winter in Deutschland und in der Bundesliga akklimatisieren. Er ist – vorerst – der teuerste Transfer der FCA-Geschichte und lässt den FCA in eine andere Dimension vorstoßen. Immerhin hatte man den VfL Wolfsburg ausgestochen. Auch Bayer 04 Leverkusen und der FC Bayern München sollen neben Clubs aus der Premier League interessiert gewesen sein. Insgesamt ein Kracher, den Hofmann, Reuter und Ströll da schon zu Anfang des Jahres präsentieren.

Mit der Verpflichtung von Ricardo Pepi stößt der FCA in eine andere Größenordnung vor (Photo by Emilee Chinn/Getty Images)

Wie soll man diesen Transfer nun interpretieren? Die Pepi-Verpflichtung ist absolut „höher, schneller, weiter“. Von außen wurde in den letzten Tagen vielfach hinterfragt, wie der FC Augsburg einen solchen Transfer überhaupt stemmen kann. Nach der Ströllschen wirtschaftlichen Tiefstapelei, ist die Verpflichtung in der Außendarstellung kaum zu verargumentieren. Naja, außer David Blitzer hat den Geldkoffer geöffnet. Aber zu welchen Konditionen und unter welchen Bedingungen? Insgesamt, kann man feststellen, dass der FCA in Zeiten der Omikron-Welle kein Zeichen der wirtschaftlichen Zurückhaltung gesetzt hat. Gerade das Gegenteil. Wenn man nun den Transfer als Zeichen des Optimismus auslegen sollte, dass Corona weiterhin keine allzu weitreichenden wirtschaftlichen Folgen für den Club bedeutet, dann ist die Frage legitim, warum Michael Ströll es im Dezember für notwendig hilft, öffentlich wirtschaftlich tiefzustapeln um Druck auf die Politik auszuüben. Die Außenwirkung war damals schon schwierig und wirkt heute vollkommen deplatziert.

Meine Interpretation der Lage ist, dass der FC Augsburg auf Grund des enormen Potentials des Spielers bereit war, seine eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten neu zu definieren. Die Position des Stürmers ist seit Jahren nur sehr schwer zu besetzen und erfordert immer hohen wirtschaftlichen Aufwand. Im Oktober hatte Klaus Hofmann erst dargestellt, wie positiv sich die Eigenkapitallage des Clubs seit 2014 entwickelt hatte. Dies geht zurück auf die extreme Sparsamkeit in der Fuggerstadt, die vor Corona über Jahre immer zu positiven Ergebnissen geführt hatte. Und so war man in der Vergangenheit schon nicht immer darauf angewiesen, jeden Spieler sofort weiterzuverkaufen (man denke an Philipp Max, der länger als vermutet blieb) und musste nicht immer positive Transferbilanzen vorweisen. Nun setzt man mit der Pepi-Verpflichtung das nächste Duftzeichen und die Konkurrenz wundert sich, wie das in Augsburg passieren konnte.

Die Ursache ist derweil recht eindeutig zu identifizieren: In jedem Fall ist der FCA immer noch voll dabei, im kapitalisierten Wettbewerb des Profifußballs. Wo man in der Öffentlichkeit zuletzt auch mal etwas kritische Töne anklingen ließ, verweigert man sich den Mechanismen des Marktes nachweislich nicht. Auch die Außenwirkung in der jetzigen Zeit wird anscheinend in Kauf genommen. Aber das kommt wohl davon, wenn sich der Verein nachhaltig weiter in der ersten Liga stabilisieren will. Und dann sehen wir doch die Entwicklung und auch den Pepi-Transfer als ein positives Zeichen, dass das dann zumindest gelingt.

Autor: Andy

Wohnt und arbeitet in Frankfurt. Denkt dennoch seit vielen Jahren fast immer an den FCA.

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