Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.
Mehr als 3 Wochen sind bei Veröffentlichung dieser Kolumne vergangen, seit Markus Weinzierl nach dem Spiel gegen Greuther Fürth seinen Abschied vom FC Augsburg kommuniziert hatte. Mehr als 3 Wochen in denen alle Anhänger des Vereins gespannt warten, wer denn nun der neue Trainer unseres Herzensvereins wird. Und in denen die Verantwortlichen beschlossen haben, sich gegenüber der Öffentlichkeit anscheinend nicht mehr zu äußern. Wagenburg nannte es die Augsburger Allgemeine. Schier, es fehlt der Angreifer auf die Stellung des FC Augsburg. Und es verschlimmert die Situation noch zusätzlich.
Die Ausgangslage
Als der FC Augsburg in das letzte Bundesligaspiel der Saison gegangen war, hatte der amtsinhabende Cheftrainer des Vereins noch einen Vertrag bis zum 30.06.2022. Dies war allen Beteiligten glasklar. Unter der Überschrift Macht den Karren wieder flott hatte ich im Februar (!) gefordert, dass man endlich auf der Trainerposition eine Entscheidung herbeiführen solle. Das Szenario, in dem wir uns jetzt befinden, konnte selbst ich mir nicht ausmalen.
Vielleicht konnte man den Abgang Weinzierls in der Form nicht hervorsehen. Es musste aber doch den Verantwortlichen bewusst sein, dass Markus Weinzierl sich auch gegen ein weiteres Engagement beim FC Augsburg entscheiden könnte. In jedem Fall müsste sich der Verein laufend damit beschäftigen, welche Trainer im Fall der Fälle einem Set an grundsätzlichen Anforderungen entsprechen und verfügbar sind.
Der laufende Suchprozess
Nun suggeriert der Stand der laufenden Trainersuche (Status: immer noch keiner gefunden), dass die Vorbereitungen hierfür nicht besonders gut gewesen sein können. Die Verantwortlichen würden hier eventuell einwerfen (so sie sich denn äußern würden), dass ein gründliches Vorgehen notwendig sei, um zum bestmöglichen Ergebnis zu kommen. Zeit ist allerdings nun eine begrenzte Ressource. Einerseits entscheiden sich jeden Tag Trainer für andere Vereine und sind somit nicht mehr verfügbar, andererseits ist es basierend auf der Trainerentscheidung notwendig, dem neuen Coach den bestmöglichen Kader für seine Vorstellungen zusammenzubauen.
Insofern ist davon auszugehen, dass umso länger es dauert, umso mehr Kandidaten dem FCA schlicht abgesagt haben. Kandidaten, die der FCA präferiert für den Trainerposten verpflichtet hätte. Dem gründlichen Vorgehen liegt nämlich auch zu Grunde, dass sich die potentiellen Trainer sehr gut anschauen, wie da beim FCA gerade gearbeitet wird und auf was sie sich einlassen. Und wie die meisten Anhänger des Vereins werden sie keine schlüssigen Antworten auf ihre Fragen finden.
Mehr ist mehr
Und insofern ist gerade in der jetzigen Situation die Kommunikationsstrategie des FCA stark zu kritisieren. Der Verein muss selbst festgestellt haben, dass es auf Grund der öffentlichkeitswirksamen Abgänge von Verantwortlichen eine gewisse Unsicherheit im Umfeld gibt. Diese verstärkt sich mit jedem Tag.
Entsprechend wäre es wichtig, die Fans und Mitglieder des Vereins mitzunehmen, aufzuklären und Transparenz zu schaffen. Dies wäre nicht nur für uns als Fans wichtig, um der Entfremdung, die auch durch das Verhalten der Verantwortlichen weiter angefeuert wird, zu begegnen, sondern als Signal an die Trainerkandidaten da draußen, die durch eine offene Kommunikation gewisser Information auch sehen, dass der Verein nicht nur ihnen gegenüber gewisse Versprechungen macht.
Kultur ist nicht nur ein Markenelement
In der Debatte um die aktuellen Verantwortlichen des FCA gibt es zwei Ebenen. Die eine ist die Faktenebene. Der FCA steht wirtschaftlich gut da. Er hat mit Reuter und Ströll zwei langjährige Verantwortliche, die in der Vergangenheit Resultate abgeliefert haben. Und auch der FCA kann sich gewissen Menchanismen des Profifußballgeschäfts nicht entziehen. Dazu kommen und gehen Trainer in der Bundesliga andauernd und die Verweilzeiten beim FCA sind länger als die anderer Bundesligavereine.
Daneben gibt es allerdings gibt es eine weitere, emotionale Ebene. Der FCA hat sich lange Jahre immer wieder als „FCA Familie“ vermarktet. Zwischen dieser kulturellen Darstellung des Wirtschaftsunternehmens und seinem Handeln tut sich eine weiter Kluft auf. Die Mitglieder und Fans müssen vor der Tür warten, während die Verantwortlichen das Vorgehen klären und am Ende alle vor vollendete Tatsachen stellen. Nur, dass es im vorliegenden Fall über die 50+1 Regel sogar einen Kontrollanspruch gibt, in dem der Verein und dessen Mitglieder verpflichtet sind, die Geschehnisse beim FCA zu lenken.
Abseits aller rechtlichen Erfordernisse, ergibt sich gerade jetzt eine Kluft zwischen dem, was der FCA vorgibt zu sein und seinem Handeln. Und nur damit wir uns hier alle klar verstehen: ich meine damit nicht, dass täglich Gerüchte kommentiert werden sollen. Aber eine gewisse grundsätzliche Kommunikation bzgl. Strategie, Plan und Umsetzung ist doch nicht zu viel verlangt. Es kann aber doch bei aller Liebe nicht sein, dass die meiste Aufmerksamkeit in der Kommunikation des Vereins in der jetzigen Situation der Gastropartner der Woche bekommt.
Es muss sich was ändern
Und wenn man dann in diesem Sommer nicht das erste Mal das kommunikative Wirken des FC Augsburg verfolgt, dann lässt sich eine gewisse Frustration nicht vermeiden. Und abseits aller Personaldebatten ist für mich in diesem Zusammenhang klar, dass es nicht einfach so weitergehen kann. Die kommunikative Wagenburg muss brennen. Die Türen müssen aufgestoßen und der Mief der letzten Jahre seinen Weg nach draußen finden.
Ich wünsche mir vom FC Augsburg, dass er gerade in diesen schwierigen Zeiten, versucht seine Fans auf dem Weg, den er geht, mitzunehmen. So offen handelt, wie er sich auch nach außen darstellt. Und vielleicht ist das auch das entscheidende Kriterium, wenn der Verein seine Anforderungen bzgl. der momentan handelnden Verantwortlichen formuliert. Für mich ist es zumindest ein wichtiges.
Ein Gedanke zu „Nieder mit der Wagenburg“