Der Pokal ist vorbei und die Bundesligasaison 2023/24 steht vor der Tür. Ach, und wie schön diese Spannung vor dem ersten Spieltag ist, wenn noch alle Träume in Erfüllung gehen können. Kann der FC Augsburg überraschen und mal wieder in Richtung einstellige Tabellenplätze schauen oder dort vielleicht landen? Oder hat uns Didi Hamann dieses Jahr verflucht, indem er uns mal nicht unter den potentiellen Absteigern sieht? Nachfolgend präsentieren wir euch die Saisonprognosen unserer Redaktion.
Eine Übergangssaison
(Andy) Es ist das 13. Jahr Bundesliga. Mit Bochum, Heidenheim und Darmstadt in der Liga, sollte man die Klasse auch weiterhin halten können. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten sind dann doch besser als an mindestens drei anderen Bundesligastandorten. Allzu tiefzustapeln braucht man als FCA-Fan mittlerweile nicht mehr, selbst wenn die sportliche Leitung keinen Rechtsverteidiger verpflichtet hat. Auch sportlich sollte es sich es auszahlen, dass man nun mal wieder eine Saison ohne Trainerwechsel hinter sich hat und an kontinuierlichen Verbesserungen arbeiten kann, anstatt immer nur Löcher zu stopfen. Diese Verbesserungen sind sowohl im sportlichen Bereich mit dem neuen Sportdirektor Marinko Jurendic als auch im Funktionsteam um die Mannschaft herum zu erkennen.
Dennoch fehlt mir die Hoffnung für den absoluten Höhenflug. Einerseits hat man die Mannschaftsstruktur im Sommer ordentlich durchgewirbelt, indem man mit Jeffrey Gouweleeuw nicht verlängern wird und die Mannschaft seit Langem wieder einen neuen Kapitän hat. Andererseits sind auf Kern-Positionen Neuzugänge gekommen, die sich hoffentlich etablieren werden. Die Hoffnungen ruhen nun auf den Neu-Kapitänen Ermedin Demirović, Niklas Dorsch und Elvis Rexhbecaj als auch dem neuen Stammkeeper Finn Dahmen, Abwehrrecke Patric Pfeiffer und Offensivkraft Sven Michel, um nur ein paar zu nennen. Das Gefüge wird sich allerdings finden müssen und das Auftaktprogramm verspricht Schwierigkeiten.
Durch den schwierigen Auftakt gilt es sich nun durchzuarbeiten, Punkte zu sammeln, wo möglich, und sich nicht frustrieren zu lassen, sondern sich intensiv so teuer wie möglich zu verkaufen. Hier wird sich auch zeigen, ob die Arbeit im mentalen Bereich Früchte trägt. Sehen wir die Grundtugenden auf dem Platz? Lässt sich mit etwas Killerinstinkt der ein oder andere Dreier einfahren? Wenn nicht, gilt es zusammenzustehen und in der zweiten Hälfte der Hinrunde die nötigen Punkte einzufahren. Ich glaube, das wird auch dieses Jahr wieder ordentlich enden und der FCA landet auf Rang 13 in der Tabelle.
Alte Schwächen
(Birgit) An dieser Stelle muss ich offen und ehrlich gestehen, dass ich mir mit einer Prognose für diese Saison aktuell sehr schwer tue. Bis zur Pokalpartie gegen die Spielvereinigung Unterhaching hatte ich eigentlich ein recht optimistisches Gefühl. Unsere Neuzugänge Patric Pfeiffer, Sven Michel, Tim Breithaupt und allen voran Finn Dahmen machten allesamt einen vielversprechenden Eindruck. Auch der restliche Kader schien sich in den doch niveauvollen Testspielen ordentlich reinzuwerfen und sich präsentieren zu wollen. Auch hatte ich den Eindruck, dass man ausführlich an den vorhandenen Schwächen der vergangenen Spielzeit gearbeitet hatte.
Kurz: Eigentlich hat nahezu alles gestimmt. Das Team schien sich (zumindest nach außen hin) gefunden zu haben, zeigte auch gegen große Gegner mutige Auftritte und machte großteils wirklich „Bock“, wie auch unser Coach in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Haching mit einem breiten Lächeln im Gesicht sagte. Fehlte eigentlich nur noch die Verpflichtung eines Rechtsverteidigers und ich hätte auf die Frage der Woche mit Freuden „Wir Fans werden eine recht sorglose Saison zu sehen bekommen, an deren Ende wir irgendwo zwischen Platz 11 und 13 landen, ohne aber großartig nach unten schauen zu müssen“ geantwortet. Vorausgesetzt, es wäre die Frage der letzten Woche gewesen.
Leider hat die Pokalpartie meiner Euphorie einen ordentlichen Dämpfer verpasst. Relativ unsanft fiel ich wie auch schon in den letzten Jahren – dort aber immer erst zum Ligaauftakt – von meiner Wolke 23 und landete knallhart auf dem Boden der Realität. Natürlich war es nur ein einziges Spiel, das gegen einen mutig aufspielenden Gegner verloren ging. Doch dieses zeigt, dass die alten Probleme sehr wohl noch vorhanden sind. Nach passablen zehn Minuten ließ der FCA alles vermissen, auf das man als Fan so sehr gehofft hatte. Weder Wille, Biss noch Leidenschaft war auf dem Platz zu erkennen. Von einer Spielidee ganz zu schweigen. Es war, als wäre die Saison 2022/23 erst seit gestern vorbei, denn alle Schwächen waren wieder da: Eine inkonsequente, mutlose Zweikampfführung… Pässe und Flanken landeten überall, nur zu selten beim eigenen Mann… Die Offensive erspielte sich nur wenige gefährliche Chancen und machte diese nicht… Und über die Probleme in der Abwehr muss man eigentlich kaum noch etwas sagen, denn diese werden durch die Sperre von Patric Pfeiffer und die Verletzung von Jeffrey Gouweleeuw auch nicht gerade weniger. Auch wenn Felix Uduokhai seinen Vertrag bis 2025 verlängert hat.
Sicherlich male ich vielleicht gerade den sprichwörtlichen Teufel an die Wand, aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich immer noch den gleichen Optimismus wie vor wenigen Wochen verspüre. Wie also lautet meine Prognose für diese Saison? Schwer zu sagen: Schafft es der FC Augsburg an seinen Problemen zu arbeiten und flickt eventuell noch die eine oder andere Baustelle im Kader, dann könnte es durchaus immer noch ein gutes Ende nehmen. Momentan sehe ich das allerdings noch nicht und ich glaube, dass es auch in diesem Jahr wieder mehr als eng werden wird. Vielleicht noch enger als zuletzt. Und um eines gleich mal vorneweg zu nehmen: Niemand hofft so sehr wie ich selbst, dass ich mich in diesem Punkt irre.
Klassenerhalt im April
(Andi) Ermedin Demirović verkündete nach der vergangene Saison, in der kommenden Spielzeit wolle der FC Augsburg „richtig angreifen“. Konkret: „Vielleicht wollen wir am letzten Tag mal um die Conference League oder den zehnten Platz spielen, was auch immer“, wie der Neu-Kapitän damals dem Kicker sagte. Unmöglich ist das freilich nicht. Dass man sich als Underdog für Europa qualifizieren kann, hat der FCA ja selbst schon bewiesen. Der 1. FC Köln zeigte 2021/22, dass die Quali auch nach einer schwachen Vorsaison möglich ist (der Effzeh rettete sich erst in der Relegation, wurde dann 7.).
Als optimistischer Fan schließe ich das Europa-Revival beziehungsweise eine Top-10-Platzierung nicht aus. Stand Mitte August sehe ich aber noch zu viele Fragezeichen. Kann Enrico Maaßen seine Spielidee endlich nachhaltig implementieren? (Zu oft agierte der FCA zuletzt ideen- und harmlos und ist laut den Basicstatistiken wie Passquote und Zweikampfquote ein Abstiegskanidat) Was macht Mergim Berisha? Und wann verpflichtet der FCA endlich einen Rechtsverteidiger???
Der FCA wird dennoch den Klassenerhalt schaffen. Auch, weil es mal wieder mindestens drei Vereine gibt, die schlechter sind. Ich sehe etwa Heidenheim, Darmstadt, Bochum und den 1. FC Köln hinter Augsburg. Auch andere Klubs sind auf einer Ebene mit den Schwaben. Der FCA wird 12. und sichert sich schon im April den Klassenerhalt.
Das Zünglein an der Waage
(Franzi) Mit ein paar Tagen Abstand zum Pokal-Aus gegen Haching kann ich wieder mit kühlerem Kopf auf die kommende Saison des FC Augsburg schauen. Für mich halten sich, Stand jetzt, Positives und Negatives die Waage, wobei am Ende das sprichwörtliche „Zünglein“ entscheidend sein wird.
Mir gefällt, dass strukturell in den letzten Monaten einiges passiert ist. Mit Jurendic und Moser kommen im sportlichen Bereich (zusätzlich zu Maaßen) zwei, die in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie mit Nachwuchskräften umgehen können. Im Team ist mittlerweile ebenfalls eine Neuordnung vollzogen. Der alte Kapitän, der das Amt drei Jahre lang (aus meiner Sicht mehr oder weniger überzeugend) bekleidete, ist abgelöst und durch Demirović ersetzt worden, der Lust hat und fähig ist, neue Kollegen zu integrieren und das Teamgefüge positiv zu beeinflussen. Dass Uduokhai weiter für uns auf dem Platz stehen wird, ist ein weiterer Lichtblick für unsere alles andere als solide aufgestellte Abwehr. Die Veränderungen haben bei mir – wie wohl bei vielen anderen – große Aufbruchstimmung verbreitet. Was sie ja auch sollten.
Solche Umstrukturierungen brauchen aber Zeit. Ihre Effekte sind eher mittelfristig und nicht immer sofort spürbar. In Haching ist uns das entgegen der geschürten Erwartungen schmerzvoll vor Augen geführt worden. Auch die (nach wie vor bestehenden) Schwachstellen im Kader sind offengelegt worden, die nicht wegzurotieren oder -diskutieren sind. Z.B. ist Engels einfach kein gelernter Außenverteidiger und wird mit seinem kreativen Köpfchen vielmehr im Zentrum bzw. in der Offensive gebraucht! U.a. von solchen Personalentscheidungen wird in dieser Saison einiges abhängen. Nicht nur die Ergebnisse, sondern auch das Standing des Trainers und die Stimmung im Team. Nicht zu vergessen die zwischen Mannschaft und Fans, wie sich ebenfalls am Samstag gezeigt hat.
Wenn wir nicht noch entscheidende Verstärkung für den Kader bekommen, werden wir wohl oder übel (wieder) durch ein Wechselbad der Gefühle gehen und am Ende doch knapp über dem Strich stehen. Dem verflixten 13. Bundesligajahr zum Trotz. Die eingeleiteten Veränderungen machen sich dann bitte einfach ab der darauffolgenden Saison bezahlt.