Nicht so wichtig

Samstag 17:30 Uhr. Das erste Bundesligaspiel des FC Augsburg ist gespielt und bis 17:15 Uhr sah es auch im Ergebnis so aus, als ob der der FCA Bayer 04 Leverkusen ein Bein stellen könnte auf deren Weg zur Herbstmeisterschaft. Am Ende reichte es nicht für einen Punkt, obwohl der FCA die beste Mannschaft des letzten halben Jahres lange erfolgreich daran gehindert hatte, ein Tor zu schießen. Man könnte sich nun lange vom späten Zeitpunkt und dem Ausgang des Spiels frustrieren lassen. Sollte aber keiner machen. Warum?

Eine Reaktion

Auf sportlicher Ebene ist es nicht so wichtig, wie das Spiel im Ergebnis ausging, weil Unentschieden-Spiele überbewertet werden. Für den Ligaverbleib ist es wichtiger, Spiele zu gewinnen. Der FCA hat eben durch den späten Treffer nicht einen Sieg sondern nur ein Remis aus der Hand gegeben. Okay, passiert. Der späte Ausgleich gegen Gladbach in der Hinrunde war hier viel schmerzvoller.

Auf der anderen Seite war es immens wichtig, dass nach dem enttäuschenden Spiel in Stuttgart eine Reaktion erfolgt und sich der FCA nicht direkt vom nächsten Top-Team in der Liga hat her spielen lassen. Dies kann man am Ende des Tages auf jeden Fall bestätigen: der FCA war mitten drin in der Partie und mit ein bisschen mehr Match-Glück (z.B. bei der Tietz-Abseitssituation) geht das anders aus. Mit solchen Performances werden wir diese Saison aber nicht unten rein rutschen. Zumindest wenn das Team auch auswärts ähnliches zeigen kann.

Abseits des Rasens

Klar, Mannschaft und Trainer waren in dieser Woche auf die Partie gegen Leverkusen fokussiert und es wäre schön gewesen, hier positiv im Ergebnis zu überraschen. Abseits davon ist das Sportliche beim FCA in den Hintergrund getreten. Den Verein, Mitarbeiter und ehemalige Kolleg:innen hat in dieser Woche der Verlust von Alexander Edin tief getroffen. Der FC Augsburg hat einen berührenden Nachruf an dieser Stelle veröffentlicht. Zum Gedenken an Edde verstummte die Ulrich-Biesinger-Tribüne zu Beginn der zweiten Halbzeit und zeigte ein großes Banner über die Breite der ganzen Tribüne. Es war berührend.

Wer sich in den letzten 10 Jahren intensiver mit dem FC Augsburg beschäftigt hat, wird irgendwann in Kontakt mit Alexander Edin gekommen sein, entweder in seiner Rolle als Fanbeauftragter oder durch sein sonstiges, vielfältiges Engagement rund um den Verein. Ich habe mit ihm bei Recherchen zu Fan-nahen Themen telefoniert und ihn dabei als positiven und hilfsbereiten Menschen kennengelernt. Eddes Verlust ist sowohl menschlich für seine Familie und Freunde schmerzlich, aber auch der FCA verliert mit ihm eine Person, die mit dem Verein durch dick und dünn gegangen ist und sich auf unterschiedlichste Wege engagiert hat. Ruhe in Frieden, Alexander Edin!

Besinnung aufs Wesentliche

Das Leben hat seinen eigenen Plan und so ist es nun am FCA mit diesem Verlust umzugehen. Einerseits sollte es uns allen wichtig sein, dass Alexander Edins Familie keine wirtschaftlichen Sorgen zu erleiden hat. Ich habe die Hoffnung, dass die FCA-Familie hier den FCA-Wert des Zusammenhalts lebt. Während des Spiels am Samstag wurde Edde hinter der UBT gedacht und Spenden zu Gunsten seiner Familie gesammelt. Ich gehe davon aus, dass die FCA-Familie hier weiter zusammenhält.

Andererseits ist es für uns alle insgesamt vielleicht ein guter Moment, um sich daran zu erinnern, was wirklich wichtig ist. Wir kommen beim Fußball zusammen, treffen unsere Freunde und unser Lieblingsteam spielt gegen die besten Teams aus Deutschland und fordert diese heraus. Philipp Tietz hat es vor kurzem im Interview schön formuliert, auf die Frage, wie 2024 zu einem guten Jahr wird: „Am wichtigsten ist, dass meine Familie gesund bleibt und wir von Verletzungen möglichst verschont bleiben. Und wenn wir dann zufrieden auf das Jahr zurückschauen können, dann haben wir viel erreicht.“. Für Alexander Edins Familie ist schon diese einfache Ziel nicht mehr zu erreichen. Für uns andere ist vielleicht der Moment gekommen, sich selbst an die eigene Nase zu packen.

Laut werden

Die momentane Stimmung in Deutschland wirkt so negativ wie lange nicht. Es wird viel gemotzt. Demonstriert. Es werden Pläne geschmiedet, Menschen aus unserem vielfältigen und bunten Land zu entfernen. Es ist an uns allen selbst, in einzelnen Situationen nicht still hinzunehmen, sondern selbst Position zu beziehen. Auf dem Banner für Edde stand am Samstag: „Omnia Vincit Amor“, was übersetzt heißt „Liebe besiegt alles“. Mehrfach wird in diesen Tagen darauf hingewiesen, dass die schweigende Mitte lauter werden soll. Die Liebe kann nur siegen, wenn man für sie in den Kampf zieht.

Und so will ich diesen Moment nach dem ersten Bundesligaspiel in 2024 nutzen, um klar zu machen, was für mich für den FCA in 2024 wichtig erscheint. Der FCA war zwar in der Vergangenheit ein Verein, der sich um Erinnerungskultur bemüht und Haltung gezeigt, dies aber auch mit einer gewissen Zurückhaltung getan hat. Ich wünsche mir, dass bei den großen gesellschaftlichen Themen der Verein und alle Beteiligten seine Werte laut und kraftvoll vertritt. Es darf in der wwk-Arena keinen Platz für Nazis geben.

Zeit für Impulse

Wenn mich jemand fragt, wie dieses Jahr 2024 für den FCA ein erfolgreiches werden wird, dann geht es mir – wie in diesem ganzen Beitrag – weniger um das Sportliche. Ein weiteres Mal Klassenerhalt bei dem Potential dieses Kaders, sorgt zwar für Freude, aber überschäumen tut da nichts. Der FCA soll helfen, mit einer gewissen Signalwirkung die Lethargie zu durchbrechen, die viele von uns – mich eingeschlossen – befallen hat. Als Max Krapf Präsident des FCAs wurde, ging es wieder vermehrt darum, die Verbindung zu Stadt und Region zu stärken. Es ist für mich die Zeit gekommen, dass der FCA auch – deutlich wahrnehmbar – in Stadt und Region für seine Werte eintritt und gesellschaftliche Impulse gibt. Am Ende geht es um die Menschen, mit denen man zusammen im Stadion sitzt oder steht. Die bleiben und für die gilt es einzutreten.

Um mich an Philipp Tietz Zielsetzung zu orientieren: Der FCA wird als Organisation nicht zufrieden auf das Jahr 2024 zurückschauen können, wenn er in Zeiten, in denen die gesellschaftliche Spaltung vorangetrieben wird, nicht mit den Mitteln, die er zur Verfügung hat, gegen die Spaltung und für die Liebe eingetreten ist. In diesem Sinne: Heja, FCA.

Autor: Andy

Wohnt und arbeitet in Frankfurt. Denkt dennoch seit vielen Jahren fast immer an den FCA.

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