Feuer ohne Ende

Die Fahrt am letzten Freitag nach Frankfurt war nicht nur durch die dort erlittene Niederlage zum Nachteil des FC Augsburg. Der FC Augsburg wurde im Einzelrichterverfahren nach Anklageerhebung durch den DFB-Kontrollausschuss wegen zwei Fällen eines unsportlichen Verhaltens seiner Anhänger mit zwei Geldstrafen in Gesamthöhe von 31.000 Euro belegt. Hauptsächlich ging es dabei um die Spielunterbrechungen durch das Werfen von Schokomünzen. Mit in die Strafe floss allerdings auch ein: das Zünden einer Rauchbombe im Spiel gegen den Vfl Bochum.

Wenige Themen entzweien die Wohnzimmer und Stadien in Deutschland mit so großer Regelmäßigkeit wie Gespräche über den Einsatz von Pyrotechnik durch Fans im Stadien. Die Argumente sind dabei ausgetauscht und die Positionen stabil eingenommen. Teile der organisierten Fanszenen sehen Pyrotechnik als etwas an, was zum Stadionerlebnis dazugehört. Auch in Augsburg gibt es hier unter den Mitgliedern der Ulrich-Biesinger-Tribüne (UBT e.V.) laut Mario Raffaele keine einheitliche Sichtweise: „Die Ulrich-Biesinger-Tribüne besteht aus einer Vielzahl von Fans und Fanclubs, damit verbunden ist eine Vielzahl an Ansichten. Der UBT e.V. versteht sich als Vertretung unserer Tribüne und damit auch als Vertretung der vielfältigen Ansichten. Entsprechend undogmatisch sieht der UBT e.V. Pyrotechnik als ein Element der Fankultur. Für einige ist es unverzichtbar, für andere ist es verzichtbar, für manche irgendwas zwischendrin.“

Das Abbrennen von Pyrotechnik ist in jedem Fall untersagt. Der Einsatz jedes einzelnen Leucht- und Raubkörpers führt zu einer Strafe durch den Ligaverbund. Ist dieser Kreislauf zu unterbrechen?

Repression führt zu Risiko

Man könnte auf Grund der Frage zu dem Eindruck kommen, dass sich in Bezug auf Pyrotechnik nichts getan hätte. Das stimmt so aber nicht. Prinzipiell haben die Vereine den Widerstand gegen Pyrotechnik aufgegeben. Einerseits lässt sich das „Schmuggeln“ ins Stadion hinein selbst bei den schärfsten Kontrollen wohl nicht verhindern. Zu vielfältig sind die Möglichkeiten, zu groß die Menschenmenge.

Was aber weit wichtiger ist: der Versuch Pyro in der Kurve verhindern zu wollen, führt zu unmittelbaren Risiken. Und so sitzen Fans in manchem Stadion minutenlang vermummt auf dem Zaun, den Brennkörper in der Hand und es versucht sie keiner daran zu hindern ihn zu entzünden. Sauerei, mag der ein oder andere schreien. Andererseits ist das Risiko einfach zu hoch, dass die beteiligten Fans aus Schreck bzw. in Panik die Brennkörper in die Menge werfen könnten, derweil ein kontrolliertes Abbrennen mit keinem großen Risiken verbunden ist. Auch will wohl keiner, dass die Polizei aus solchen Gründen einen Block stürmt, in dem sich auch viele Unbeteiligte aufhalten. Augenmaß ist in diesem Zusammenhang längst eingekehrt.

Angenehm ist anders

Dennoch führt das Abbrennen von Pyrotechnik manchmal zu unangenehmen Effekten. Gerade in Gästeblöcken, in denen die Sitzplätze über den Stehplätzen liegen, als auch im Familienblock neben der Stehplatztribüne gehört etwas Vorausschau auf Seiten der abbrennenden Fans dazu, wenn es um das Abbrennen der Qualmkörper geht. Je nachdem wie der Wind steht und was genau wo gezündet wird, ist es für die Atemwege dann schon auch unangenehm.

Hier läge in der offiziellen Erlaubnis des Abbrennens sogar eine große Chance. Indem man feste Regeln aufstellt und nicht grundsätzlich verbietet. könnten die negativen Effekte eingedämmt werden und jede(r) wüsste schon vor dem Stadionbesuch Bescheid, wo es wie qualmen könnte.

Scheinheiligkeit beenden

Es ist nun den Verantwortlichen die Scheinheiligkeit des Pyroverbots endlich zu beenden. Das Verbot dient im Moment nur dazu, den Kurven erhöhte Regelverstöße anzuhängen, während die Vereine zwar zahlen, aber auch direkt von der besseren Stimmung profitieren, indem sich das Produkt Fußball besser vermarkten lässt. Bei meiner Tochter leuchten die Augen, wenn die Pyro zündet. Der Eventfan ist begeistert.

Auch die Strafen für die Vereine sind dabei mittlerweile absurd, so dass Darmstadt 98 nun den Kampf dagegen aufgenommen hat. Auch aus Hamburg, St. Pauli und Hannover hört man Stimmen, die Kollektivstrafen für den Pyrotechnik beenden wollen. Zusätzlich strebt u.a. der HSV einen Pilotversuch mit legaler Pyrotechnik an. Den FC Augsburg belasten die Strafen in dieser Saison im sechsstelligen Bereich, den die anfangs genannten Urteile waren nicht die ersten. Die Strafen führen definitiv nicht zu einer Abschreckung. Eher im Gegenteil. Sie sind für die ein oder andere Kurve vielleicht sogar eher ein Ansporn, es den Vereinen mal zu zeigen.

Fußballfans als Regelbrecher

Was mich am meisten stört? Die Fußballfans, die mit ihrer Stimmung und Organisation, am meisten zu dem geliebten Ereignis am Samstagnachmittag beitragen, werden durch banale Regelverstöße kriminalisiert. Regeln, bzgl. derer es früher schon Zusagen gab, diese zu ändern. Zusagen, die einfach zurückgenommen wurden. Dennoch ist der UBT e.V. laut Mario Raffaele gerne bereit sich an der Erarbeitung von Lösungen zu beteiligen:

„Lösungen zu erarbeiten ist immer etwas Gutes. Mit der Kampagne „Pyrotechnik legalisieren, Emotionen respektieren“ gab es ab dem Jahr 2010 einen ernstgemeinten Versuch, an dem sich bundesweit nahezu alle Fanszenen beteiligten, genau diese Lösungen zu erarbeiten. Damals bestätigten Gutachten, dass ein rechtlich konformer und sicherer Einsatz von Pyrotechnik möglich ist. Erarbeitete Konzepte, die von Behörden, Feuerwehr und Polizei mitgetragen wurden, lagen vor. Final scheiterte damals – und das gilt leider bis heute – eine vernünftige Lösung an den verkrusteten Strukturen innerhalb des DFB.“

Es ist nicht das erste Mal, das immer wieder der schwarze Peter den Fußballfans zugeschoben wird, obwohl offensichtlich eine Lösungsfindung weiter oben auf Verbandsebene scheitert. Es liegt nun auch an den Vereinen – ähnlich dem Darmstädter Beispiel – den Weg wieder in Richtung Fans zurückzufinden und in den DFB-Gremien Druck zu machen und Mehrheiten zu bilden. Hierbei kann man dem FCA, der sich auf Nachfrage gerade zu diesem Thema nicht öffentlich äußern möchte, nicht vorwerfen, dass er auch im Zusammenhang mit dem Investoreneinstieg, nicht besonnen und geschickt gehandelt hätte. Gerade nach den Debatten über Investoren und Co. böte sich durch eine Legalisierung von Pyrotechnik eine gute Gelegenheit, die Kluft zwischen Fans und Verband vielleicht ein bisschen zu schließen. Nur erkennen mag diese Gelegenheit auf Verbandsseite wohl leider bisher noch keiner.

Autor: Andy

Wohnt und arbeitet in Frankfurt. Denkt dennoch seit vielen Jahren fast immer an den FCA.

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