Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.
Seit 10 Jahren hatte die Bundesliga keinen anderen Meister mehr als den FC Bayern München oder Borussia Dortmund. Wer das Buch „The Number’s Game“ gelesen hat, der weiß, dass der sportliche Erfolg zu über 80% von den Gehaltsausgaben eines Vereins abhängt. Es gibt hier eine nachgewiesene Abhängigkeit. Wer sich teure Spieler leisten kann, ist erfolgreicher, als der Club, der es nicht kann. Und wundern tun wir uns hierüber schon seit langem nicht mehr. Was man allerdings feststellen kann: früher war das nicht so. In den ersten sieben Jahren ihrer Existenz, gab es in der Bundesliga sieben unterschiedliche Meister. Da kann ein Verein wie der FC Augsburg oder SC Freiburg noch so gut arbeiten. Mehr als ein vereinzelter Euro League Lotteriegewinn bleibt unmöglich.
Der Fußball braucht keine Rettung
Wenn Herr Watzke, seines Zeichens Geschäftsführer von Borussia Dortmund, in diesen Tag sagt: „Es geht um die Rettung des Fußballs“, dann meint er damit vornehmlich die Vormachtstellung seines eigenen Clubs im aktuellen System. Denn als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, da lag auf der Wiese vor unserem Haus immer noch ein Ball mit dem meine Tochter kicken konnte, wann auch immer sie wollte. Der Fußball an sich wird durch die derzeitige Situation nicht verschwinden. Zudem ist die derzeitige Situation nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Wenn ein Club wie Schalke 04 nach wenigen Wochen schon kurz vor der Insolvenz steht, dann liegt das wohl eher an den 200 Mio. EUR Verbindlichkeiten, die trotz abbezahltem Stadion dort schon auf den Büchern lasteten, als an der Krise selbst. Die Krise und der RB Leipzig haben gezeigt, dass die Lizenzierungsbedingungen der DFL eine Farce sind. Also werden gewisse Bedingungen, wie eine Liquiditätsprüfung nunmehr gleich ausgesetzt. Natürlich nur vorübergehend.
Dabei bietet die Situation auch Chancen und diese werden aus ungewohnter Ecke adressiert. DFL-Geschäftsführer Seifert hat den Vorschlag einer Gehaltsobergrenze auf den Tisch gebracht. Eine Gehaltsobergrenze würde den sportlichen Wettbewerb in der Liga deutlich erhöhen und für ausgeglichenere Verhältnisse sorgen. Indem die Verteilung von Fernsehgeldern unabhängig der sportlichen Ergebnisse vorgenommen würde, ginge dies auch grundsätzlich nicht zu Lasten der Spieler. In diesen Situationen würden schlicht die Spieler bei den kleineren Vereinen zukünftig mehr verdienen können. Nachdem die Liga auch für Zuschauer wieder attraktiver würde, gäbe es wahrscheinlich grundsätzlich ein mehr an Einnahmen und damit auch ein Gehaltsplus für die Spieler im Gesamten. Das System funktioniert in den US-Ligen schon seit Ewigkeiten.
Machtstellungen sollen zementiert werden
Die großen Vereine wollen aber natürlich ein „weiter so“ unter allen Umständen und sind hierfür auch bereit, die Prinzipien des deutschen Profifußballs komplett auszuhöhlen. Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München, hat sich nun erst kürzlich dafür ausgesprochen, die 50+1 Regel abzuschaffen. Hierdurch könnten sich viele Vereine retten, ohne dass das System im Gesamten und damit die Vormachtstellung des FC Bayern angegriffen würde. Dem Branchenprimus geht es derweil weiter hervorragend, wo er doch gerade jetzt eine Transferoffensive für den Sommer angekündigt hat.
Die Corona-Krise scheint dabei für einige Verantwortliche der geeignete Vorwand zu sein, auf den sie lange gewartet haben. Sie hängen weiter ihrer Verblendung nach, in der sie sich schon in den letzten Jahren immer mehr von den Fans auf den Rängen entfremdet hatten. Diese Fans können momentan auf den Rängen nicht gegen Änderungen an den Umständen des Ligabetriebs demonstrieren, sondern engagieren sich vielerorts für die Gesellschaft. Es gibt nun eben doch einiges, was gerade wichtiger ist als Profifußball.
Zeit für Aufstand und Wandel
Derweil ist jetzt der Moment, wo wir mit besonderer Achtsamkeit darauf achten müssen, dass uns „der Fußball“ von den Watzkes und Hainers dieser Welt nicht vollends zerstört wird. Die kleinen Vereine sollten eine Koalition bilden, genau wie dies schon vorher von den Fanszenen vorgemacht wurde. Denn jetzt genau ist der Moment gekommen, um für eine gerechtes und chancengleiches System im Profifußball einzustehen, in dem die Vereine weiter das Rückgrat bilden. Es ist Zeit, dass der Fußball wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommt und der wirtschaftliche Wettlauf beendet wird. Damit wir in Augsburg nicht mehr nur von der Meisterschaft träumen sondern auch realistisch Meister werden können. Das Spiel ist kurz davor zu beginnen. Es ist der Moment die eigenen Farben und Visionen zu verteidigen. Es ist der Moment, wo es in Augsburg heißt: „Fäuste hoch“.