Ihr seid Dosen, wir sind voll

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Es ist aus meiner Sicht seit langem das mit am meisten Spannung erwartete Spiel. Es geht um die Partie gegen RB Leipzig am Freitagabend und die Spannung bezieht sich nicht auf das Geschehen auf dem Rasen. Die Erwartungshaltung an das Spiel auf dem Rasen ist schnell geklärt. Ich erwarte, dass die Mannschaft stabil steht, sich in die Zweikämpfe wirft und Leipzig so gut als möglich Paroli bietet. Auf dieser Basis schauen wir dann einfach, was am Ende dabei herauskommt.

Meine Spannung bezieht sich allerdings auf die Geschehnisse rund ums Stadion. Nachdem was zuletzt in Dortmund passiert ist und nachdem Verhalten einiger Fans gegenüber Georg Teigl in der Hinrunde, hoffe ich, dass unsere Ultras sich nicht bewusst asozial verhalten werden. Zudem bin ich gespannt, wie der FCA insgesamt mit diesem Spiel umgeht. Werden Spruchbänder kontrolliert und evtl. zensiert, um Strafen gegen den Verein zu vermeiden? Vor allem anderen hoffe ich, dass es friedlich bleibt und dass es in keinster Weise zu Zusammenstößen zwischen den Fangruppen kommt. Augsburg Calling geht mal wieder voran und veranstaltet auch gegen Leipzig ein Rahmenprogramm für Heim- und Gästefans.

Derweil bin ich niemand der das Konstrukt RB Leipzig gut heißt oder mit seiner Kritik zurückhaltend ist. RB Leipzig sollte aus diversen Gründen keine Bundesligalizenz erhalten haben. Bei der Durchsetzung der Lizenzauflagen ist die DFL lasch gewesen und hat das Konstrukt durch gewunken. Der Hauptzweck von RB Leipzig ist die Werbung für einen Energiedrink und nicht der Fußballbetrieb. Darin unterscheidet sich RB auch von den Werksclubs in der Liga. Ja, es geht hier um teilweise kleine Unterschiede, aber wo ist die Grenze? Auch ich vertrete die Meinung, dass das Konstrukt RB bewusst über diese Grenze getreten ist. Sie wurden gelassen. Und ja, auch ich erkenne eine gewisse Wagenburgmentalität.

Deshalb wünsche ich mir für das Spiel gegen Leipzig Protest der Augsburger Fans. Lauten, eindrücklichen Protest. Dieser sollte sich dabei allerdings in fairen Grenzen bewegen. Humor wäre auch toll, Hoffenheim hat es vorgemacht. Die Leipziger Fans können nichts dafür, dass ihr Verein ein solche Werbekonstrukt ist. Klar könnten sie sich auch unterklassigen Fußball anschauen. Aber wer will ihnen verwehren, dass sie gerne Bundesliga sehen und erleben wollen. Dazu (und dafür werde ich mir einiges anhören müssen) haben die Leipziger Fans wohl die gleichen Grundsätze, die ich bei mir sehe. Die Leipziger Fans sind eher weniger gewaltbereit und zum Großteil friedlich. Und ich glaube, dass es einige Bemühungen gibt, den Verein aktiv zu supporten und eine entsprechende Fankultur aufzubauen.

Natürlich sind diese Bemühungen von Vereinsseite getrieben. An diesem Punkt sind aus meiner Sicht nun die organisierten Fangruppen anderer Vereine gefordert. Unterhaltet euch darüber, wie ihr euch gegenseitig helfen könnt. Die junge Leipziger Szene könnte von den reichhaltigen Erfahrungen anderer sicher enorm profitieren und wäre dann nicht mehr so abhängig vom Konstrukt RB. Anfeindungen und Hass werden RB und die Fans nur enger zusammenschnüren. Ich glaube nicht, dass schon alle Mittel der Kommunikation erschöpft sind. Vielleicht haben wir einfach bisher nicht das richtige Forum bzw. die richtige Ebene gefunden? Vielleicht bin ich einfach naiv?

Derweil können auch wir in Augsburg noch viel von anderen Vereinen lernen. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten für Fans sind durch unser eigenes Investorenmodell sehr gering. Immerhin jubeln wir unser eigenen Traditionsmarke zu, aber dennoch können auch wir uns immer noch strukturell verbessern. Ich habe mich erst am Freitag über alternative Fanartikel in Hannover aufklären lassen und festgestellt: Es ist nicht schwer auf Menschen zu zu gehen. Dies ist keine Kapitulation, dies ist erst der Anfang.

Autor: Andy

Wohnt und arbeitet in Frankfurt. Denkt dennoch seit vielen Jahren fast immer an den FCA.

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