Die Elf des Jahrzehnts – Rechtsverteidiger

Torhüter und Linksverteidiger – auf diesen Positionen habt ihr (hoffentlich) schon fleißig über eure Favoriten für die Elf des letzten Bundesliga-Jahrzehnts abgestimmt. Wir schwenken in der Abwehrreihe jetzt scharf nach rechts und präsentieren euch unsere Vorauswahl in der Rechtsverteidigung. Dabei ging es uns nicht immer um Höchstleistungen, sondern auch um Herz und Haltung. Aber seht selbst! Und gebt eure Stimme ab – für euren Rechtsverteidiger des Jahrzehnts.

Dominik Reinhardt

Schon der Vater von Dominik Reinhardt, Alois, war Profifußballer. Bei Leverkusen, Nürnberg, den Münchner Bayern und bei der A-Nationalmannschaft. So zog es auch den Sohn über die Jugend von Bayer(n) 1999 zum Club. Dort wurde er nicht nur eine Zeit lang vom Vater trainiert, sondern feierte im Mai 2003 auch sein Erstligadebüt. Gegen Leverkusen. Seine Geburtsstadt, seinen Erstverein. In den Folgejahren etablierte er sich beim FCN zur absoluten Stammkraft auf der rechten Abwehrseite.

2009, als Reinhardt nurmehr Ersatzmann war, schlug die Stunde unseres (damals noch zweitklassigen) FCA. Zur Verstärkung der Abwehr um Uwe Möhrle und Co. schnappte man sich den Rechtsverteidiger leihweise für ein Jahr, das mit dem DFB-Pokal-Halbfinale und der Relegation in die Vereinsgeschichte eingehen sollte. Mit seinen 37 Einsätzen, fast alle über 90 Minuten, hatte Reinhardt entscheidenden Anteil daran. Umso bitterer, dass er im Relegationsrückspiel gegen seinen Ex-Verein wegen einer Knieverletzung nach nicht einmal zehn Minuten vom Feld musste… 

Dominik Reinhardt, wie er über die rechte Außenbahn düst. (Foto: Claus Bergmann via imago)

Zwar hatte sich der FCA Reinhardts Dienste schon zuvor fest gesichert. Aber das in der Relegation ramponierte Knie beeinträchtigte ihn in der Folge so stark, dass er in der Aufstiegssaison 2010/11 kaum zum Zug kam. Auch in den Erstligajahren musste der sympathische Rechtsverteidiger immer wieder verletzungsbedingte Rückschläge hinnehmen, bis sein Profivertrag 2015 nach nur 21 Erstligaeinsätzen für den FCA nicht mehr verlängert wurde. Doch er kickte einfach für die Augsburger Reserve weiter, die er bis 2017 als spielender Co-Trainer und bis 2018 sogar als Cheftrainer betreute.

Auch nach seinem Rücktritt hält der heute 36-Jährige unserem FCA als Co- und Techniktrainer der U16 weiter die Treue. Zudem verstärkt er das Kreisligateam seiner Wahlheimat, den SV Thierhaupten, im Landkreis Augsburg als Spieler. Ganz ohne Allüren sagt er: „Fußball ist Fußball! Egal, ob Bundesliga oder Kreisliga. Es soll Spaß machen“. Und genau wegen dieser Haltung und seiner mittlerweile fast 12-jährigen FCA-Verbundenheit hat Dominik Reinhardt unserer Meinung nach einen Platz in unserer Auswahl mehr als verdient.

Johnny Schmid

Mit so vielen Jahren beim FC Augsburg kann Jonathan „Johnny“ Schmid nicht dienen. Dafür aber mit mindestens einem bärenstarken. Der gebürtige Straßburger kam im August 2016 nach einer Saison bei der TSG Hoffenheim zu uns an den Lech. Zuvor hatte er die Jugendmannschaften des SC Freiburg bis in die höchste Spielklasse durchlaufen und sich dort zum Publikumsliebling und „Fußballgott“ aufgeschwungen.

Nach Augsburg kam der flexibel einsetzbare Schmid für 5,3 Mio eigentlich als Mann fürs rechte (offensive) Mittelfeld. Wegen kürzerer Verletzungspausen und weil er vor allem auf Rechtsaußen öfter der Konkurrenz weichen musste, kam er erst nicht immer zum Einsatz. Doch spätestens mit dem Ruck auf die Rechtsverteidigerposition, die nach einer Verletzung von Raphael Framberger und der Suspendierung von Daniel Opare 2018 vakant geworden war, spielte sich der Sohn einer Französin und eines Österreichers mit seiner kämpferischen und taktisch klugen Spielweise als Stammspieler auch in unsere Herzen.    

Ganz besonders im Gedächtnis geblieben sind uns natürlich Johnnys Zauber-Freistöße. Zum Genießen gibt’s hier gleich drei:

Johnny Schmids Zauber-Freistöße 2018/19 (Quelle: youtube.com)

So kam er in seinen drei Saisons für den FCA insgesamt auf 81 Einsätze, 10 Torvorlagen und 4 Tore. Bevor es ihn zur Saison 2019/20 vorzeitig wieder zurück zu seinem Jugendverein nach Freiburg zog. Wie bei all seinen Wechseln spielte für den heute 30-Jährigen seine Familie, die nach wie vor im Elsass lebt, eine wichtige Rolle:

„Mein Sohn kommt in den nächsten Monaten in die Schule. Daher haben wir uns als Familie entschlossen, uns wieder Richtung Heimat zu orientieren.“

Johnny Schmid über seine Rückkehr zum SCF (AZ vom 31.5.2019)

Dagegen gibt es natürlich rein gar nichts einzuwenden und macht Familienmensch Johnny nochmal eine Nummer sympathischer.

Paul Verhaegh

Zu Paul Verhaegh, unserem niederländischen Bollwerk auf der rechten Abwehrseite und langjährigen Kapitän, muss man eigentlich nicht viel schreiben. Allein seine insgesamt 207 Einsätze für den FCA, davon 156 in sechs Jahren Oberhaus, sprechen für sich. Damit kommt Verhaegh auf die viertmeisten Einsätze, die ein Spieler für Rot-Grün-Weiß je absolviert hat. Seine Qualitäten als sicherer Elfmeterschütze sind unbestritten. Von seinen insgesamt 19 Bundesligatreffern erzielte er allein 17 vom Punkt. Nur zwei gingen daneben, u.a. gegen Manuel Neuer, sodass der Niederländer hier die Vereinsstatistik anführt.

Der hat (mal wieder) gesessen! Der Kapitän nach verwandeltem Strafstoß on fire. (Foto: imago)

Konstanz, Führungsstärke und Ballsicherheit sind Stärken, die das Spiel des langjährigen Rechtsverteidigers ebenfalls auszeichneten. Spielverlagerung.de kommt noch auf weitere, oft weniger beachtete Eigenschaften, die „Berserker-Paule“, wie sie ihn nannten, zu einem ihrer Lieblinge machten. „Verhaegh ist vor allem ein sehr moderner Aufbauspieler, von denen es in dieser Form auf dem Außenverteidiger-Position tatsächlich nur wenige gibt.“ Neben seiner Aufbaustärke rechnen sie ihm auch seine Durchschlagskraft in der Offensive, seine diagonalen Züge in den Halbraum und seine wohldosierten, technisch herausragenden Hereingaben hoch an. Da kann man nur uneingeschränkt zustimmen.

Umso schmerzlicher für uns Fans war da natürlich sein Abschied nach Wolfsburg 2017:

„Ich hatte in Augsburg sieben wunderschöne Jahre vom ersten bis zum letzten Tag. Jetzt war die Chance da, für zwei Jahre nach Wolfsburg zu wechseln. Es war keine einfache Entscheidung, weil ich mir hier einiges aufgebaut habe. Augsburg bleibt für mich immer ein spezieller Ort.“

Paul Verhaegh am Tag seines Abschieds (Kicker vom 6.8.2017)

Auch den heute 37-Jährigen dürfte es nicht weniger geschmerzt haben, dass es die Corona-Pandemie war, die ihm letztes Jahr quasi unfreiwillig das Karriereende beschert hatte. Nach zwei Jahren VW-Stadt war er 2019 zu Twente Enschede in sein Heimatland zurückgekehrt, um dort noch eine Weile weiterzuspielen. Doch nach anfänglichem Verletzungspech und dem coronabedingten Abbruch der Erendivisie ließ Verhaegh seinen Vertrag Ende Juni 2020 schließlich ohne großes Aufsehen auslaufen. Seitdem ist er als Co-Trainer in der 2. Niederländischen Liga tätig, beim FC Den Bosch in der Nähe seines Geburtsorts.

Raphael Framberger

Unser „Frambo“ ist ein waschechter Augschburger Jung‘, 1995 geboren im Josefinum. 2004 kam er zur Jugend des FCA und durchlief ab da alle Nachwuchsmannschaften, bis er 2013 zum Profikader stieß. Zuvor vielfach bei der zweiten Mannschaft in der Regionalliga im Einsatz, feierte Framberger sein Bundesligadebüt am 28.1.2017 in Wolfsburg.

Damals musste er kurzfristig für den grippekranken Verhaegh einspringen und durfte gleich von Beginn an ran. Erst lief es gar nicht gut für den damals 21-Jährigen. Nach dessen Foul und fälliger Freistoßflanke stand es schon nach vier Minuten 0:1. Doch Frami bügelte seinen Fehler später wieder aus, indem er Dominik Kohr mit einer Traumflanke zum 2:1-Siegtreffer bediente. Völlig zurecht wurde der Debütant schließlich auch zum Man of the Match gekürt:

Frami – Man of the Match bei seinem Bundesliga-Debüt am 28.1.2017 (Foto: Twitter)

Weitere drei Torvorlagen (alle 2020) in bisher 58 BL-Einsätzen sollten folgen und unterstreichen, welch wertvolle Impulse Framberger auch fürs Augsburger Offensivspiel setzen kann. In Sachen Schnelligkeit macht „Speedy Frami“ ohnehin niemand was vor. In dieser Saison landete er mit einer Höchstgeschwindigkeit von 34.48 km/h auf Platz drei der schnellsten Augsburger.

Doch womit Frami in seinen mittlerweile fast 17 Jahren beim FCA am meisten zu kämpfen hatte, sind seine vielen und schweren Verletzungen. 2013: OP am Sprunggelenk. 2015: OP am rechten Außenmeniskus. 2016: Kreuzbandriss im linken Knie. 2017: Meniskusverletzung. 2018: komplizierte Bänderverletzung. 2019: wieder Kreuzbandriss, wieder im linken Knie. Und Anfang dieses Jahres schließlich noch ein Muskelfaserriss, der ihn fast zwei Monate außer Gefecht setzte. Die Liste füllt locker mehrere (Fußballer-)Leben, dabei ist der gebürtige Augsburger erst 25.

Trotzdem kämpfte er sich immer wieder zurück. Durch unzählige Rehas, zurück ins Team und auf den Platz. Er hat unseren allergrößten Respekt und endlich viele verletzungsfreie Monate und Jahre verdient!

„Ich war geschockt, als ich von der Diagnose erfahren habe, dass das Kreuzband erneut gerissen ist. […] [Aber] ich kenne das weitere Vorgehen mit Operation und anschließender Reha ja bereits. Ich werde den Kopf hochnehmen und mich auch durch diese Phase zurückkämpfen.“

Kämpfernatur Frami über seinen zweiten Kreuzbandriss (Transfermarkt vom 23.1.2019)

Die Qual der Wahl

Bei diesen vier Jungs will ich es auch belassen. Denn ich bin der Meinung, dass alle, die sonst noch in Frage kommen, irgendwie auf der gleichen Stufe stehen. Und daher will/kann ich niemanden davon besonders herausgreifen. Da wären z.B. Nachwuchstalent Simon Asta, der ebenfalls dauerverletzungsgeplagte Ronny Philp, der schon erwähnte Daniel Opare, den Österreicher Georg Teigl, die Legende Stephan Lichtsteiner, Leihgabe Tin Jedvaj oder der Neuzugang Robert Gumny. Sie alle hatten über kürzer oder länger, als Stamm- oder Ersatzkraft, für die erste oder zweite Mannschaft oder mit mehr oder weniger durchschlagendem Erfolg auf der Rechtsverteidigerposition Anteil an den letzten 10 Jahren Bundesliga.

Abstimmung

Jetzt aber wieder zurück zu den vier Nominierten: Wählt aus ihnen euren Favoriten und gebt ihm eure Stimme. Ihr habt eine Woche lang Zeit. Also:

Wer ist für euch der Rechtsverteidiger des Jahrzehnts?

  • Paul Verhaegh (89%, 114 Votes)
  • Raphael Framberger (5%, 6 Votes)
  • Johnny Schmid (4%, 5 Votes)
  • Dominik Reinhardt (2%, 3 Votes)

Total Voters: 128

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Autor: Franzi

Gebürtige Allgäuerin. Hält nach 6 Augsburger Jahren jetzt aus der Mitte Bayerns die Fahne für Schwaben und den FCA hoch.

5 Gedanken zu „Die Elf des Jahrzehnts – Rechtsverteidiger“

  1. Bis jetzt absolut der Beste Außenverteidige den wir je hatten. Leider konnte er nach keinem Abgang nicht mehr seine starke Spielweise so fortsetzen und hatte auch mit seinen Verletzungen zu tun. PS: Wo ist hier Max geblieben?

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