In der ersten Trainingswoche unter dem neuen Trainer Jess Thorup wurde am Mindset gearbeitet. Auch an taktischen Dingen. Aber eben auch am Mindset. In der Pressekonferenz vor dem Spiel war hier von Seiten Jess Thorup zu hören: „Für mich ist wichtig, wie wir auf dem Platz stehen.“ Und damit war nicht die Formation gemeint, sondern die Art und Weise der Umsetzung.
Mit diesen Aussagen und Eindrücken bestätigt sich das erste Bild, das Jess Thorup in seinen ersten Tagen beim FCA abgegeben hat. Der Familienmensch Jess Thorup erschien zu seiner Antrittspressekonferenz im Dreiteiler. Es wurde ersichtlich, dass es hier auch im Außenauftritt des älteren Trainers Thorup deutliche Unterschiede zu Enno Maaßen gibt. Er steht damit auch in einer dänischen Tradition beim FC Augsburg. Mads Pedersen hatte seine Vertragsverlängerung im formalen Zwirn unterschrieben. Beide zeigen auch mit ihrer Kleidungswahl die Wertschätzung gegenüber ihrem Arbeitgeber.
Verbindlichkeit
Jess Thorup wirkt entsprechend in seinen ersten Tagen nicht nur älter als Maaßen sondern strahlt auch auf eine andere Art und Weise Autorität aus. Man kann in jedem Falle erkennen, dass Thorup ein anderer Typ ist. Wenn man nun den Ausführungen von Marinko Jurendic zum Suchprozess folgen mag, so hat sich im Anforderungsprofil wohl herausgebildet, dass eine reifere Persönlichkeit nötig ist, um mit der jungen Mannschaft zu arbeiten. Ob diese Rechnung aufgeht, werden wir alle zusammen beobachten können.
Maaßens Ansatz, der darauf basierte, dass die neue Generation der Spieler eine lockerere Ansprache benötigt, ist am Ende gescheitert. Von den erfahrenen Kräften blieb kaum einer übrig, das junge Team lieferte immer wieder schlechte Halbzeiten ab und machte sich über dumme Fehler selbst Spielverläufe kaputt. Evtl. ist hier auch diese ausstrahlende Verbindlichkeit ein kulturelles Element, das zukünftig positive Effekte erzeugen kann.
Über das Fußballerische hinaus
Die Probleme der Mannschaft gehen dabei über die rein fußballerischen Themen hinaus. Die verkackten ersten Halbzeiten und die monströsen individuellen Fehler sind auf einer rein fußballerischen Ebene nicht erklärbar. Gerade deshalb hatte ich vor Wochen die mentale Entwicklung des Teams thematisiert. Thorup scheint hier anzupacken und nach Lösungen zu suchen.
Ein Fokus von Thorup liegt dann im Spiel gegen Heidenheim auf Mentalität und Einsatz, zu der er auf der ersten Pressekonferenz sagte: „Das kann jeder. Das muss ich von jedem sehen.“ Der Konkurrenzkampf ist eröffnet und auch die mannschaftliche Struktur wird durchgerüttelt. Während Keeper-Spezialisten die Leistungen von Finn Dahmen ansprechend fanden, obwohl er dem Team noch keinen Sieg durch individuelle Glanzparaden festhalten konnte, ist auch auf der Torhüterposition der Konkurrenzkampf angeschürt. Eine Einsatzgarantie für Dahmen gab es vorerst nicht. Einzig Ermedin Demirovic bleibt hier außen vor. Er bleibt vorerst Kapitän und ist durch seine Torgefährlichkeit auch sportlich aus der Mannschaft nicht wegzudenken. Für alle anderen gilt es, sich zu beweisen und zu zeigen, was sie drauf haben.
Neue Chancen
Entsprechend ergibt sich für den FCA die schöne Situation, dass durch den Wechsel nun viele neue Chancen bestehen. Spieler wie Arne Maier oder Niklas Dorsch können wieder hoffen, mehr in den Fokus zu rücken, um sich beweisen zu dürfen. Bei all dem strahlt Thorup eine große Verlässlichkeit aus. Es wird Zeit brauchen, bis sportlich mehr von dem zu sehen ist, was er umsetzen will. Rein von der Herangehensweise ist ein neuer Zeitgeist eingekehrt.
Dabei teile ich die Meinung, dass diese Ernsthaftigkeit jetzt das ist, was die Mannschaft auch braucht. Thorup kann wie ein Stützpfeiler wirken, an dem sich das Team nach und nach aufrichtet. Ernsthaftigkeit ist auch etwas, dass ich bei allen Profis im Hinblick auf ihre Leistungen erwarte, abseits allen Spaßes und aller Lockerheit. Der FCA und das Team ist vielen Menschen wichtig. Es ist schön zu sehen, dass der neue Trainer zumindest mir das Gefühl gibt, dass er hier Ansätze findet um auch über sein Wirken auf die Mannschaft die Leistungen positiv zu beeinflussen. Kurz vor dem Heidenheim-Spiel bin ich optimistisch, dass dieser Ansatz funktionieren kann. Und damit ist nach einem Jahr ohne Auswärtssieg schon viel erreicht und mehr konnte man von Thorup als Fan nicht erwarten.
Wie wahr, wie wahr. Genau eben dieser Einsatz, der Kampfeswille und nicht zu Letzt die Laufbereitschaft gingen von Spiel zu Spiel mehr verloren. Eben das „Mindset“ und dieses wurde anscheinend in nur 5 Tagen resettet.