Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette” bei presse-augsburg.de.
Kaum ein Verein in der Bundesliga (ja, die Hertha ist abgestiegen), hat in den letzten 18 Monaten so viel Bewegung auf den Positionen seiner Entscheider gesehen, wie der FC Augsburg. Erst verkündete Präsident Klaus Hofmann kurz vor dem Saisonabschluss 21/22 seinen Rückzug. Kurz danach erklärte Markus Weinzierl nach dem letzten Spiel, das er nicht für ein weiteres Engagement zur Verfügung steht. Der FCA war schlagartig auf der Suche nach zwei führenden Köpfen.
Erste Unruhewelle
Zuerst besetzte man – nach langem Suchprozess und bei ansteigender Ungeduld im Umfeld – die Trainerposition. Enno Maaßen kam von der Dortmunder U23 und sorgte für Aufbruchsstimmung. Er stand für den Wunsch, dass junge Spieler entwickelt werden sollten. Er stand zudem dafür, seinen Teams Ballbesitzfußball näher zu bringen. Und sein Spielansatz sollte sichtbar intensiv sein.
Im Herbst desselben Jahres fand der FCA einen neuen Präsidenten. Kneipenwirt Max Krapf übernahm die Position. Kommunikativ und stark in der Stadt vernetzt ging er nach seiner Ernennung unmittelbar dazu über, Gespräche mit den unterschiedlichsten Beteiligten zu führen, und sorgte in der Folge dafür, dass sich der ein oder andere mehr mitgenommen fühlte. Sportlich waren zudem unter Maaßen erste Erfolge zu verzeichnen. Es hätte Ruhe einkehren können.
Zweite Unruhewelle
Die weitere Entwicklung wurde dann davon getrieben, dass der FCA sich sportlich breiter aufstellen wollte. Es sollte ein Sportdirektor zur Unterstützung von Stefan Reuter kommen, nachdem Krapf im Tagesgeschäft nicht aktiv eingriff gerade im Vergleich zu Klaus Hofmann. Mit Marinko Jurendic fand man zum 01.08. einen neuen Mann für die Aufgabe. Allerdings kristallisierte sich im Prozess heraus, dass Reuter den Moment nutzen wollte, um selbst in den Hintergrund zu treten. Recht bizarr, wenn man bedenkt, dass ihm beim Abgang von Hofmann noch vorgeworfen worden war, in diesem Zuge seine eigene Macht stärken zu wollen.
Der nächste Wechsel wurde unumgänglich, weil Enno Maaßens Team sich selbst immer wieder Beine stellte und Maaßen keine Lösungen mehr fand. Der FCA sah sich gezwungen in der Saison 2023/24, den Wunsch nach Konstanz auf der Trainerposition kurzfristig wieder zu begraben. In der zweiten Länderspielpause im Oktober wurde Maaßen freigestellt und Jess Thorup als neuer Cheftrainer an den Lech geholt.
Gesammelte Abgänge und Visionen
Und wer hätte zu Beginn des Jahres 2022 gedacht, dass nicht einmal 2 Jahre später, weder Stefan Reuter, noch Klaus Hofmann, noch zwei Cheftrainer, die beide den Klassenerhalt gesichert hatten, nicht mehr beim FCA tätig wären. Zusammen mit den gesammelten Abgängen verließen auch viele Ideen und Visionen den Club. Daneben – und das ist ein Thema, welches in Zukunft noch näher betrachten werde – haben auch viele erfahrene Spieler den Club verlassen.
Klaus Hofmann wollte aus dem FCA ein Club formen, der auch international mit Spielern wie Ricardo Pepi für Furore sorgt. Stefan Reuter war ein Verantwortlicher mit ruhiger Hand, der vor allem für Konstanz stand. Die Trainer standen beide für einen aktiven Ansatz in der Spielanlage. Von Enno Maaßen erhoffte man sich, dass er Spieler entwickeln könne, was Weinzierl lieber bleiben ließ.
Wohin geht die Reise?
Gerade sportlich entstand durch die Wechsel kurzfristig ein Vakuum. Sowohl Michael Ströll, der letzte Verantwortliche aus der alten Garde, als auch Max Krapf sind nicht die Fußball-Experten. Krapf hat zu seinen Podcast-Zeiten bei taktischen Analysen immer gerne an die Kollegen übergeben, Ströll hat zwar selbst gespielt, seine Expertise liegt aber v.a. im kaufmännischen Bereich. Mit Jurendic und Heinz Moser hat man zwei dazu geholt, dazu kommt nun mit Jess Thorup ein neuer Trainer. Mit Timon Pauls hat zudem der Chefscout den Club verlassen und wechselte (Trommelwirbel) zur Hertha. Anscheinend steht er auf Unruhe im Umfeld.
Sportlich ist nun die Frage, wie das große Ganze aussehen soll. Krapf hatte in seinen ersten Monaten schon erwähnt, dass er gerne sehen will, dass Spieler auch mit Gewinn verkauft werden. Wirtschaftlich ist der FCA hierauf wohl auch angewiesen, um mit vergleichbaren Clubs auf Augenhöhe zu bleiben. Bei Berisha hat dies auch gleich im Sommer gut funktioniert. Auch bei Ricardo Pepi konnte man den Schaden kurzfristig minimieren und langfristig sogar noch ein bisschen Potential über eine Beteiligung am Weiterverkauf sichern.
Pro „Heimatverein“
Ist aber „Ausbildungsverein“ der richtige Begriff, für das Zielbild beim FCA? Sollen Spieler kommen, um auch wieder zu gehen? Es ist schön, wenn das klappt, aber es sollte nicht das Zielbild sein. Die Spieler sollten gerne in Augsburg ihre „beste“ Zeit haben. Sie sollten sich wohlfühlen und Topleistungen abliefern. Für manchen wird es zu mehr reichen. Andere werden hoffentlich bleiben und sesshaft werden. Es muss auch wieder Fälle wie den von Daniel Baier geben und nicht nur wild der nächste Baba gesucht werden.
Spieler sollten, wenn fit, gerne ihre Karrieren in Augsburg beenden können. Mir ist das zu viel Familien-Marketing und zu wenig Familiengefühl, wenn man sich das im Moment anschaut. Gerade aber das ruhige Umfeld und die Stadt mit ihrer hohen Lebensqualität sollten Spieler anlocken, die nicht den ganz großen Trubel wollen. Wenn ihnen der Club dann eine gewisse Wertschätzung entgegenbringt, die in der Vergangenheit auch immer mal wieder vermisst wurde (Stichwort: Verabschiedungen), dann werden wir auch wieder große Abgänge sehen, aber auch konstante Leistungsträger, die nicht nach mehr suchen. Dann wird auch für den ein oder anderen Spieler der FCA wieder zur Heimat. Und der FCA ist nicht nur für die Menschen auf den Rängen der „Heimatverein“.