Tage wie dieser


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Fußballfan zu sein ist – wenn man die starke Zuneigung zu einem Club mit Stadionbesuchen verbindet – eine beschwerliche Angelegenheit. Es ist dem Reisen damit gar nicht so unähnlich. Jeder Besuch eines Spiels kommt einer kleinen Reise gleich. Die Fahrt zu einem Auswärtsspiel, z-B. nach Kiel, ist immer mehr als nur ein kleiner Ausflug. Dies hängt mit mehreren Faktoren zusammen. Einerseits ist da die Distanz, die es zu überwinden gilt. Andererseits wird Fußball weiterhin draußen gespielt und auch die Witterungsbedingungen sind mit einzukalkulieren für den Spieltag im Stadion.

Die Verbindung im Stadion

Wenn man es dann ins Stadion geschafft hat, dann stellt sich oft das Gefühl ein, dass man ein Teil von etwas Größerem ist. Dies verleiht dem Spielbesuch eine spirituelle Note. Es wird gemeinsam gesungen, die ein oder andere Fahne geschwenkt und – gerade auswärts – auch gerne mal eine Fackel gezündet.

In den besten Fällen spielt auf dem Rasen ein Team, dem man anmerkt, dass es selbstbewusst und stolz sich von keinem Gegner etwas gefallen lässt. Ein Team, das weiß, dass es dem Gegner Schwierigkeiten bereiten muss, dass es den extra Meter braucht und jeder Spieler bereit ist, diesen jederzeit zu gehen. Ein Team, das mit Rückschlägen umzugehen weiß. Für das Trotz dazu gehört und Aufgeben keine Option ist, so lange nicht abgepfiffen wurde. Ein Team, das selbst einen Plan für das Spiel hat und mit dem Ball auch etwas anzufangen weiß. Bei dem sowohl die Grätsche als auch der gelegentliche Übersteiger dazu verwendet werden, um das Publikum auf seine Seite zu ziehen und Zeichen zu setzen.

Highlights

Wenn ich aus dieser Sicht auf das abgelaufene Jahr 2024 als FCA-Fans zurückblicke, dann kehrt Milde ein. Milde? Ja, es war wahrlich nicht alles schön. Aber gerade in den letzten Monaten hat die Mannschaft viele gute Spiele zu Hause abgeliefert. Kaum einmal wurde man weder unterhalten noch mitgenommen. Heimsiege gegen Bochum, Gladbach und Dortmund stehen alleine in den letzten Monaten zu Buche. Die Mannschaft hat es oftmals geschafft, vor allem zu Hause, den Fans seriöse Auftritte zu bieten.

Für mich bleibt von 2024 als Fans des FCA vor allem das Positive. Das hat aber vor allem auch damit zu tun, dass ich die richtigen Auswärtsspiele besucht habe. Ich war in Darmstadt, wo ich vor lauter Konfetti und Pyro das erste Tor nicht gesehen habe. Damit begann die Feierei ja aber erst so richtig und dieses Spiel werde ich nicht vergessen. Ich war zum Jahresende auch in Karlsruhe. Da war das Spiel deutlich weniger überzeugend, Pyro gab es auch dort zur Genüge, und die Dramatik hat mich erst um Jahre altern lassen, später aber auch wieder zu Verjüngung beigetragen. Auch dieses Spiel wird in meiner Erinnerung einen festen Platz haben.

Traumatisches

Wer nun aber das Pech hatte, nach Leipzig, Heidenheim oder Kiel gefahren zu sein, dem wird dieses Team ganz schön aufstoßen mit seinen desaströsen Auftritten, die es immer wieder einstreut. Wenn die Mannschaft nach den Spielen nicht mehr ganz bis an den Zaun geht, der Trainer auf der nächsten Pressekonferenz aber trotzdem wieder von den „tollen Fans“ redet.

Jedes Team verliert. Als Fan gehört dies dazu. Die Niederlagen sind dazu da, die Freude über die Siege noch zu vergrößern. Mit Würde und Anstand sind sie zu erleiden. Die Farben des Clubs dabei nicht zu verraten. In diesen Fällen steht am Ende des Tages dann zwar eine Niederlage zu Buche. Man grämt sich aber nicht.

Vergrämt

Gram verfolgt den FCA nun seit dem Auswärtsspiel in Kiel. Der Gram ist erhalten geblieben. Er überlagert die schönen Erlebnisse aus 2024. Eine einzige Niederlage? Nein. Ein würdeloser Auftritt, ein Team ohne Rückgrat, das den Weg an den Zaun nach dem Spiel nicht findet, und Verantwortliche, die trotz wenig überzeugender Spiele, sportlich die große Entwicklung sehen wollten und nun am Ende des Jahres damit konfrontiert werden, dass das sie kein Team aufgebaut haben, dass eine eindeutige sportliche Vision auf dem Rasen verfolgt.

Vieles gibt es in 2025, das ich mir für den FC Augsburg wünsche. Aber am Ende geht es um Fußball. Und im Fußball zählt es auf dem Platz. Es gilt daher nicht übers Kämpfen zu reden, sondern es auf dem Platz zu tun. Es gilt nicht andauernd zu beteuern, dass man das „Offensive Mindset“ sehen konnte. Es muss offensichtlich sein. Und es gilt nicht nur Werte in Ansprachen zu bemühen, sondern sie auf dem Platz sichtbar zu machen. Es braucht nicht Spieler, die die Kurve auffordern, anzufeuern. Am Ende kommt der Jubel von selbst, wenn die Mannschaft sich diesen verdient.

Wir haben in Augsburg genügend schlechten Fußball gesehen, um diesen sofort zu erkennen. Der FCA sollte in der Lage sein, gegen jedes Team der Liga ein enges Spiel zu liefern, wenn nicht mehr. Wenn die Grundtugenden verloren gehen, und das des Öfteren wie vor allem die Auswärtsspiele zeigen, dann kann ich damit offen umgehen und die Verbindung zu den Fans wahren oder den Pflock durch weitere schlechte Spiele und Verklärung immer tiefer treiben. Am Ende muss der FCA für 2025 seinen Mut wiederfinden. Vielleicht auch einen kleinen Touch Wahnsinn. Oder Menschen finden, die bereit sind, über die bekannten Grenzen hinaus zu gehen, denn schon Bertolt Brecht merkte an: „Die Kontinuität bewirkt die Zerstörung“.

Hand in Hand

Als FC Augsburg Fan denkt man über Weihnachten noch lange darüber nach, was im Auswärtsspiel gegen Kiel schief gelaufen ist. Schnell könnte man „vieles“ sagen. Mir geht aber vor allem die Auswechslung von Keven Schlotterbeck nicht mehr aus dem Kopf. Als Schlotti verletzt raus musste, entschied sich Jess Thorup dafür Youngster Henri Koudossou zu bringen und Giannoulis in die 3er Kette zu ziehen. Danach kassierte der FCA direkt ein Gegentor und im Spielverlauf noch vier mehr.

Hätte es Alternativen zu dem Wechsel gegeben? Klar. Mit Noahkai Banks saß ein Innenverteidiger auf der Bank. Er hätte positionsgetreu die Rolle von Schlotterbeck übernehmen können. Auch Robert Gumny, der wieder zurück ist, hat schon in der 3er Kette gespielt. Im Nachhinein hätte es mit Banks nicht schlechter laufen können. Hätte, hätte, Fahrradkette.

Der mentale Zusammenbruch

Ich hatte einmal das große Vergnügen mir von einem professionellen Sportpsychologen den Zusammenbruch der brasilianischen Nationalmannschaft im WM-Halbfinale 2014 erklären zu lassen. Man hat beim FCA gegen Kiel und in den Spielen z.B. gegen Heidenheim den gleichen Verlauf mannschaftspsychologischer Abläufe erkennen können. Wenn Spiele einen solchen Verlauf nehmen, dann geht es nicht mehr darum, dass die Spieler nicht mehr wissen, was sie zu tun hätten. Sie verlieren den mentalen Zugriff aufs Spiel und „ergeben sich“.

Was kann hier in Zukunft helfen? Einerseits kann das Trainerteam auf Spielsituationen vorbereiten, so dass die Spieler auch mit Rückschlägen mental besser umgehen können. Der FCA hat in der Winterpause passenderweise sein Funktionsteam um einen Sportpsychologen erweitert. Anscheinend sah man hier auch Handlungsbedarf. Andererseits kann eine gesunde Mannschaftsstruktur mit gewachsenen Führungsspielern helfen, solche Situationen zu vermeiden. Sie können Kollegen wachrütteln, Impulse geben und einen Zusammenbruch verhindern. Der FCA hat auf jeden Fall Nachholbedarf, was das Vermeiden solcher Zusammenbrüche angeht, nachdem man in einem halben Jahr nun gegen Leipzig, Heidenheim und Kiel auswärts richtig her gespielt wurde.

Verzahnung von Verein und Region

Hier zeichnet sich nun auch eine Diskrepanz zwischen dem sportlichen Bereich und dem Rest des FCA ab. Während sich der Club rund um Präsident Krapf einen abrackert, um wieder mehr Verzahnung mit der Region hinzubekommen, kann man sich mit dem Team auf dem Rasen momentan nur schwer identifizieren. Im Nachgang zum Spiel gegen Kiel war ich selbst Teil von Diskussionen, wo es um mögliche Rückenflocks auf Trikots geht. Welchen Namen würdet ihr euch momentan flocken lassen?

Während es Jahre gab, in denen man sich nur schwer entscheiden konnte, ob man nun Hahn, Baier, Werner, Bobadilla oder Mölders hinten drauf packt, ist die Auswahl an Identifikationsfiguren gering. Jeffrey Gouweleeuw ist seit Jahren im Club und hat sich Respekt verdient. Philipp Tietz ist in seinem zweiten Jahr, übernimmt sichtlich Verantwortung und spielt mit seinen Toren auch sportlich eine wichtige Rolle. Danach wird es dünn. Maxi Bauer wäre vom Typ her einer, sportlich reicht es oft (noch?) nicht ganz. Rexhbecaj, Jakic, und Co. sollen Führungsrollen übernehmen, waren aber z.B. in Kiel diesbezüglich unsichtbar. Und dann fällt die Identifikation schwer.

Verantwortung übernehmen

Und so sieht es ganz danach aus, als ob man sportlich momentan auch daran scheitert, dass man bei den Neuzugängen und Spielern zu wenig Wert auf Charakter und Persönlichkeit gelegt hätte. Und an dieser Stelle mag ich eines betonen: ich behaupte nicht, dass die Spieler nicht gut spielen wollen oder, dass es an Einsatz fehlt. Man hat es meiner Meinung nach versäumt, um einige Kernspieler herum, ein gesundes Mannschaftskonstrukt zu schaffen. Und so wiegt am Ende ein Abgang des Kapitäns Demirovic schwerer, als in anderen Teams. Demirovic war in der vergangenen Saison über seine zugängliche Art ein wichtiger Spieler für den Zusammenhalt des Teams. Auch mit ihm war das Team nicht reich an Führungsspielern. Das Vakuum, das durch seinen Abgang entstand, konnte allerdings nicht gefüllt werden.

Der FCA kommt nicht darum herum, festzustellen, dass er mit dieser Mannschaftsstruktur in der nächsten Zeit Probleme haben wird. Im Gegensatz zum Sommer wird es aber nun Zeit, dieses Thema anzuerkennen und nicht nur wieder wie wild nach sportlicher Qualität von überall her Spieler zu verpflichten, sondern mit einem klaren sportlichen Bild eine Mannschaft aufzubauen. Der Prozess im Sommer glich ja eher eine Dekonstruktion. Das man Neuzugängen schwer erklären kann, wie die sportliche Identität aussieht, wenn man noch nach ihr sucht, macht das Problem nicht kleiner.

Für die Heimat spielen

Derweil ist Identität etwas wichtiges. Neben dem Wertegerüst wird es nach vielen Jahren nun aber auch Zeit sportlich eine klare Richtung zu haben, auch durch Ergebniskrisen hindurch. Ich mag lieber den offensiven Thorup sehen, der ein Spiel gegen Mainz zu Hause verliert anstatt diese Auswärtsbegegnungen gegen Heidenheim oder Kiel, in denen man keinen Mut erkennen kann. Defensive Stabilität passiert doch eben auch, in dem der Gegner selbst defensiv Respekt vor dem FCA haben muss. Davon ist momentan gar nichts zu sehen.

Wenn nun zusätzlich das Ziel ist, dass Verein und Region an einem Strang ziehen, dann muss man den sportlichen Strang schon auch benennen können. Und dann stellt sich die Frage, für was dieses Team steht. In den besten Jahren des FCA war der Zusammenhalt im Team sichtbar. Und auf der Tribüne hat man gesehen, wie sich gegenseitig geholfen und angefeuert wurde. Und dadurch sind Spieler über sich hinaus gewachsen. In dieser Zeit war nicht immer alles leicht. Aber Spieler haben in Augsburg ihre Heimat gefunden und für diese gespielt.

Der Bruch mit den Wiederholungen

Vielleicht ist auch jetzt der Moment, in denen man sich daran erinnert, wie man das erste Halbjahr unter Markus Weinzierl überwunden hat. Man hat einem Trainer mit seiner Philosophie den Rücken gestärkt. Man hat gezielt die Mannschaft verstärkt (André Hahn!). Und Führungsspieler wurden in die Verantwortung genommen und haben sich bewiesen. Vor ein paar Tagen habe ich die Kontinuität hinterfragt. Augsburg hält zusammen, bedeutet aber auch nicht jedes Jahr einen guten Trainer in Frage zu stellen. Nicht immer wieder zu wechseln, ohne zu wissen, warum es danach besser werden sollte.

Aus meiner Sicht sollten wir schleunigst aufhören, immer wieder dem Fehlglauben zu erliegen, dass ein neuer Trainer Besserung bringt. Wir sollten aber auch nicht tolerieren, dass Trainer ihre Philosophie über Bord werfen, wenn es Ihnen passt. In diesem Sinne: Jess, bring verdammt noch mal das Offensive Mindset zurück und hauche den Spielern Selbstbewusstsein ein. Wir haben gesehen, Du kannst es. Der FCA hat bisher 17 Tore geschossen, bis zum Saisonende will ich weitere 30 sehen. Mindestens.

Es gibt keine Situation, in der ich glaube, dass wir damit schlechter fahren als bisher. Und ich bin bereit, den sportlichen Erfolg des FCA darauf zu wetten. Nach all diesen mittelmäßigen Jahren ohne Fortschritt muss sich etwas ändern. Es wird Zeit, dass jemand mit Mut vorangeht. Der Rest folgt dann schon. Hand in Hand in 2025. Heja FCA!

Fehlende sportliche Identität

Wenn man sportlich auf das Jahr 2024 des FC Augsburg zurück blickt, dann ist die sportliche Entwicklung recht erschreckend. Schon zum Ende des Jahres 2023 hat der Club nach seiner sportlichen Identität gesucht (und ich hatte das damals schon thematisiert). Nach dem Weggang von Stefan Reuter, der Neubesetzung der sportlichen Zentrale mit Marinko Jurendic und Heinz Moser und dem Trainerwechsel von Enno Maaßen zu Jess Thorup war es Ende 2023 allerdings noch verzeihlich, dass dieser Prozess nicht abgeschlossen war.

Nun – ungefähr 1 Jahr später – muss man sich bemühen, um Fortschritte zu sehen, die sich in der Leistung des Profiteams widerspiegeln. Nach dem 1:5 in Kiel muss man sogar ganz genau hinschauen. Mir springen dagegen sofort all die Punkte ins Auge, die nicht funktionieren. Auch, weil sich viele Themen immer wieder wiederholen.

Sportliche Ausrichtung

Der FCA in 2024 hat keine stabile sportliche Ausrichtung gefunden. Von „Offensive Mindset“ hat Jess Thorup zu seinen Anfangszeiten geredet. Wir sind an dem Punkt, wo man sich gegen den Tabellenletzten zu Hause ein 1:0 ermauert und Glück hat, dass man einen Elfmeter bekommt. Wie soll dieses Team ganz grundsätzlich auftreten? Es ist ein Mysterium.

Die Sollbruchstelle wird nur noch frappierender durch das „Sexy“-Zitat von Michael Ströll aus dem Sommer. Derweil Ströll einen richtigen Anspruch formuliert hat. Diesen umzusetzen ist die Aufgabe der sportlichen Leitung im Gespann Manager und Trainer. Gerade des Trainers Aufgabe ist es, dass die sportlichen Ansprüche über Grottenfußball hinausgehen. Davon ist momentan wenig zu sehen.

Das richtige Personal

Um sportliche Ansprüche umsetzen zu können, braucht es die passenden Kicker. Nun hat man mit Matsima, Claude-Maurice, Essende und Onyeka im Sommer Qualität verpflichtet. Die Qualität der einzelnen Spieler ist aber nur ein Aspekt, wenn es darum geht, in einer Teamsportart zusammen Leistung zu bringen.

Und hierüber ist nach dem Spiel im Kiel, z.B. hörenswert im Viererkette-Podcast der Augsburger Allgemeinen, ausführlich gesprochen worden. Wer sind die Stützpfeiler dieses Teams, die den anderen Spielern Struktur geben und diese integrieren? Auf der einen Seite gibt es einen alten Kapitän mit Jeffrey Gouweleeuw, der nicht der integrativste Charakter ist. Hinter ihm ist Kristijan Jakic der Vizekapitän, der in dieser Saison mehr nach seiner eigenen Form sucht als nach allem anderen. Eine Aufzählung, wer hier in den letzten Jahren den Verein verlassen hat, hilft nicht. Wer den Einbruch in Kiel gesehen hat, der weiß, dass es hier ein Vakuum gibt. Gestellt hat sich der Presse und den Fans am Ende einzig Philipp Tietz. Zu wenig für ein Team, wo jeder einzelne Spieler nicht nur mit sich selbst beschäftigt sein sollte.

Die Augsburger Werte

Wenn es schlecht läuft, dann zeigt sich der wahre Charakter. So heißt es zumindest. Hier ist dann schon auch löblich zu erwähnen, dass sich Marinko Jurendic direkt und entschieden vor Trainer Thorup gestellt hat. Gerade auch weil der strukturlose Kader aus Einzelspielern eben auch in seinen Verantwortungsbereich fällt. Thorup macht schon was er kann, und muss aber eben auch sportlich an Tietz und Rexhbecaj festhalten, wenn es sportlich bei beiden nicht so läuft, weil er sonst gar keine Struktur mehr in seiner Truppe hat.

Was dann dennoch erschreckt, sind grundsätzliche Verhaltensweisen. Gegen Kiel war die Mannschaft nicht in der Lage, in der zweiten Halbzeit zumindest nochmal einen Versuch zu unternehmen, diesen Teil der Begegnung positiv zu gestalten, auch für die vielen mitgereisten Fans. Da blieben dann auch Grundtugendenden unsichtbar. Unangenehm zu spielen war das für die Kieler nicht. Ganz im Gegenteil hatten sie im zweiten Teil der Begegnung, wo sie den Fuß vom Gas nehmen konnten, nicht mit allzu großem Augsburger Widerstand zu kämpfen.

So wie man sich in der zweiten Hälfte dann verhalten hat, auf dem Ausflug nach Kiel, so lief dann auch die Verabschiedung von den Fans. Und hier muss man auch Jess Thorup in die Pflicht nehmen. Der nette Däne braucht nicht auf jeder Pressekonferenz von „den tollen Fans“ reden, wenn er es zulässt, dass sich sein Team nach einem solchen Auswärtsspiel vor der Kurve drückt. Die Auswärtsfahrer hatten das Team unermüdlich auch in der zweiten Halbzeit unterstützt, nur damit außer Tietz und Bauer keiner aus dem Team es für nötig hielt, sich nach dem Spiel für die Unterstützung zu bedanken. Von Augsburger Werten war dann hier hinten und vorne nichts zu sehen. Und das Römertrikot wurde zu einem Trikot der Schande an diesem Tag.

Grundsätzliches fehlt

In Kiel ist offensichtlich zu Tage getreten, dass es im Augsburger Team an Grundsätzlichem fehlt. Einerseits fehlt die Wertschätzung für Bundesliga-Minuten, auch wenn sie bei großem Rückstand und in schwierigen Situationen kommen. Diese Minuten sollten erst recht die Möglichkeit bieten, zu zeigen, was in einem steckt. Andererseits fehlt die grundsätzliche Übernahme von Verantwortung. Spieler als auch sportlich Verantwortliche müssen sich nach einem solchen Spiel offen der Kritik stellen. Da gibt es nichts schönzureden.

Im November 2023 hatte ich den Begriff des Heimatclubs für Spieler als ein mögliches Zielbild für den FCA eingeworfen. Wenn ich einen Club als meine Heimat sehe, dann verhalte ich mich auf eine andere Art und Weise, als wenn der Club nur eine Durchgangsstation ist. Im Sommer haben sich viele Spieler entschieden, ihre Zukunft woanders zu suchen. In den besten Zeiten des FCA sind Spieler gerne gekommen und auch gerne geblieben. Der Verein hatte zudem ein glückliches Händchen, die Spieler zu halten, die der Mannschaft eine klare Struktur gaben und gewisse Werte durchsetzten. Das war dann auch eine Charakterfrage. Und diese Frage nach Persönlichkeiten und Charakteren sollte von ganz oben in 2025 wieder in den Mittelpunkt des Vereins gestellt werden. Weil sich eben in den schwierigen Zeiten zeigt, ob man eine Identität hat.

Wiederholungen

Man konnte nicht anders, als das Dasein als FCA-Fan über die Feiertage zu verfluchen. Zu tief sitzt der Stachel des 1:5 in Kiel, den das Team von Jess Thorup sich 3 Tage vor Heiligabend im Norden eingefangen hat. Dieses einzelne Spiel. Als solches könnte man es abtun. Andererseits steht das Spiel symbolisch für so viele Spiele des FCA in 2024 und auch davor. Es tut weh, diese Parallelen zu erkennen und zu sehen, dass gewisse Themen immer wieder auftreten. Mittlerweile hat das Jahr 2025 begonnen. Es ist Zeit, sich der Aufarbeitung zu stellen, auch wenn die Themen mehr als nerven. Aber nach Kiel war klar: Schönreden bringt es auch nicht. Also lege ich den Finger in die Wunde. Los geht’s!

Die ersten 15 Minuten

Fangen wir bei Kleinigkeiten an. Es war nun in dieser Saison nicht das erste Mal, dass Keven Schlotterbeck raus musste. Im Spiel gegen Gladbach kam für ihn Chrislain Matsima. Direkt nach Matsimas Einwechlsung, beim nächsten Eckball, war man unorganisiert und kassierte ein Tor. Umstellungen nach Wechseln sind somit schon in anderen Situationen nicht gut für den FCA ausgegangen. Gegen Gladbach reichte es trotzdem zum 2:1 Sieg, weil man danach wieder defensiv stabil stand und die Offensivbemühungen der Borussen wegverteidigt bekam. Gegen Kiel nicht.

Vielleicht wären es aber auch gegen Gladbach mehrere Gegentore geworden, wenn die Auswechslung in einer anderen Spielphase von Statten gegangen wäre. Die Auswechslung gegen Kiel fiel nun in eine Spielphase, in der der FCA in dieser Saison immer wieder Probleme hat. Wir reden natürlich von den ersten 15 Minuten im Spiel. 9 von 32 Gegentoren kassierte der FCA in den ersten 15 Minuten des Spiels in dieser Saison. Das der Ausgleich dann so früh viel, überraschte dann die wenigsten FCA Fans.

Auswärts

Aber was war wirklich schon überraschend in Kiel? In Leipzig hatte man schon hoch auswärts verloren und das ist auch schon anderen Teams passiert. Aber der FCA hat in dieser Hinrunde eben auch gegen Heidenheim auswärts eine unwürdige Klatsche bekommen. Anscheinend gab es keinen hinreichend langanhaltenden Lerneffekt aus dem Heidenheim-Spiel, der dazu geführt hätte, solche Ergebnisse zumindest in der näheren Zukunft zu verhindern. Über 1000 Fans des FCA waren auswärts in Kiel dabei und hatten sich zuvor einlullen lassen von der Hoffnung auf bessere Auswärtsspiele. Nur damit der FCA mal wieder auswärts nicht gewann. Noch nie gelang das diese Saison in der Bundesliga. Und das hat seine Gründe.

Dabei waren ja nicht nur diese Auswärtsauftritte schwierig. Gegen Karlsruhe konnte man sich zuletzt noch rausreden, dass es im Pokal nur ums Weiterkommen geht. Derweil war die zweite Halbzeit genauso lustlos und zum Vergessen wie gegen Kiel. In Freiburg war es nicht viel besser. Und so kommt es, dass man als FCA Fan in dieser Saison noch keinen sehr guten Auswärtsauftritt seines Teams gesehen hat, sei es nur weil man sich wie gegen Frankfurt geschehen, die Bälle mit dem eigenen Arsch ins eigene Tor gelenkt hat.

Defensive Stabilität

Das Spiel ist aber auch bestens geeignet, einen anderen Mythos zu demontieren. Der FCA soll angeblich unter Jess Thorup zu einer defensiv stabilen Mannschaft geworden sein. Dieses Team, das im letzten Monat gegen Kiel 5, zu Hause gegen Leverkusen 2, in Frankfurt 2, in Karlsruhe 2 Gegentore kassierte. Ja zu Hause gegen Bochum spielte man zu 0. Das macht trotzdem im letzten Monat mehr als 2 Gegentore im Schnitt. Dieser FCA war im letzten Monat kein defensiv stabiles Team.

Diese defensive Stabilität war sowieso nur ein Pflaster, das auf sportliche Entwicklung geklebt wurde, die schlichtweg nicht zufriedenstellend verlaufen war. Für die viel gepriesene defensive Stabilität hat man die Offensive vollkommen geopfert. Gegen das schlechteste Team der Liga reichte es zu Hause zu einem Elfmeter-Tor. Gegen Karlsruhe und Schalke war das Ballbesitzspiel der Zweitligisten mindestens ebenbürtig. Der FCA ist sportlich weit weg von dem Ideal, mit dem der Trainer angetreten war.

Wie geht es weiter?

Jess Thorup hatte in seinen ersten Monaten attraktiven und phasenweise erfolgreichen Fußball in Augsburg spielen lassen und für gute Stimmung in der Fuggerstadt gesorgt. Auf schlechte Ergebnisse mit seiner Art Fußball zu spielen („Offensive Mindset“) folgte allerdings nun eine Abkehr von dieser. Wo er vorher noch kommunizierte, er würde keinen Bus parken, tat er dies später. Und stritt es zudem ab.

Auch dies ist eine Wiederholung. Schon unter Enno Maaßen und vorher gab es krass schlechte Auswärtsspiele. Auch Enno Maaßen kam und wollte ein System mit Ballbesitzspiel umsetzen und schwenkte um. Und war dann schnell wieder weg. Beide Trainer sind grundsätzlich sympathisch und gute Typen.

Man muss dann in der jetzigen Situation kein Prophet mehr sein um festzustellen, dass Jess Thorups Zukunftsaussichten in Augsburg zumindest getrübt sind, auch wenn man in der sehr kurzen Winterpause nun von Seiten des Vereins kein Fass aufmachen wollte. Bleiben die Ergebnisse weiter aus, muss der FCA im Frühjahr handeln, auch weil Thorups Spiel nicht mehr attraktiv ist und keine Hoffnung ausstrahlt. Und das ist doch auch der Hauptpunkt. Ich kann mir momentan nicht vorstellen, dass der FCA mit diesem Setup auch in die neue Saison gehen will. Es ist nun an Jess, den Kreis der Wiederholungen zu brechen und zu seiner Art des Fußballs zurückzufinden. Wer den FCA in den letzten Jahren beobachtet, der mag nicht viel Hoffnung haben. Und wahrscheinlich liegt es noch nicht mal in der Hauptsache am Trainer.

Ein bleibender Eindruck?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette bei presse-augsburg.de.

Als Fan des FC Augsburg sind es momentan nicht die schlechtesten Zeiten. Der Club steht mit 16 Punkten aus 13 Partien zwei Wochen vor Weihnachten im Mittelfeld der Tabelle. Ja, man kann noch abrutschen. Das Tabellenbild hat mir aber schon mal mehr Schrecken eingejagt als momentan. Dazu kommt, dass Verlieren momentan beim FCA nicht sehr häufig vorkommt. Gegen die Bayern in der Allianzarena musste man in der zweiten Halbzeit die Flügel strecken. Die Niederlage zuvor war am 19.10. in Freiburg. Ergebnisseitig kann man sich nun nicht beschweren.

In dieser Woche ist zudem etwas passiert, was in Augsburg Seltenheitswert hat. Der FCA ist ins Viertelfinale des DFB-Pokals eingezogen. Glorreich ging es weder zu Hause gegen Schalke noch nun auswärts in Karlsruhe zu. Der FCA hatte sogar einiges an Glück, um in der Nachspielzeit der Verlängerung noch auszugleichen und dann im Elfmeterschießen zu gewinnen. Bei diesem Erlebnis überlagert bei mir als jemand, der im Stadion live im Gästeblock war, die Euphoriewelle und das seelige Gefühl nach dem Ende, den Frust und Ärger über die sportlich ungenügende Leistung.

Zwischen Frust und Zufriedenheit

Dieser Zwischenraum zwischen „Ach, passt schon“ und „Was spielen die eigentlich wieder für einen Scheiß“ ist dann auch das momentane, tägliche Brot des FCA-Fans. Einerseits hat man sich gegen die Bayern gut gehalten, andererseits kam man in der zweiten Halbzeit kaum mehr aus der eigenen Hälfte raus. Einerseits hat man gegen Bochum gewonnen, andererseits war es offensiv sehr mau und man brauchte einen Elfmeter für das einzige Tor. Einerseits hat man gegen Hoffenheim einen Punkt geholt, andererseits war der Gegner nicht in der besten Verfassung und es hätte auch mehr sein dürfen.

Diese Liste ließe sich nun beliebig fortführen. Einerseits haben wir beim FCA schon schlimmere Zeiten erlebt, andererseits hat doch selbst Michael Ströll im Sommer von Sexyness gesprochen. Und hat nicht Jess Thorup immer vom „Offensive Mindset“ gesprochen? Die Erinnerungen verschwimmen schon ein bisschen, und man mag es nicht mehr so ganz glauben, wenn man all die Spiele in der letzten Zeit gesehen hat.

Das Selbstbewusstsein wächst, und bleibt hoffentlich. (Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Die Entwicklung

Derweil ist die sportliche Entwicklung schlüssig, wenn man sie mit ein bisschen Abstand betrachtet. Nach der ersten guten Rumpf-Saison unter Jess Thorup und dem großen personellen Umbruch im Sommer war der Trainer wohl sehr darauf aus, sportlich direkt bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Einzig, defensiv wollte es so gar nicht funktionieren. Heidenheim, Leipzig beides Desaster. Zu Hause gegen Mainz und Bremen Gegentore ohne Ende. Ja, auch in Freiburg sah es nicht gut aus.

Der Fokus rutschte also auf die Defensive. Hinten gut stehen, den Gegner zu Fehlern zwingen. Und man gewann mit dieser Devise gegen Dortmund und Bochum. Punktete gegen Hoffenheim und auswärts in Wolfsburg. Not too bad, wie man heutzutage sagt. Aber abseits aller Pokaleuphorie ja auch recht traurig, was man da so auf dem Rasen beobachten durfte.

Warum habe ich diese Woche nicht nur theoretisch Hoffnung? Weil ich am Samstag in Frankfurt vor Ort war. Und dort war es defensiv gut, als auch offensiv mit Plan. Tietz/Essende wirkten wie ein eingespieltes Sturmduo und legten sich gegenseitig die Bälle auf. Wolf konnte über rechts immer wieder mit nach vorne stoßen. Und man schoss in Frankfurt 2 Tore und konnte beim 2:2 einen Punkt mitnehmen. Verdient, auch weil Labrovic ein Granatenrückhalt im Moment ist (Ja, es war die Woche der Torhüter. Grüße gehen raus an den Elfmeter-Killer Finn Dahmen nach seinem Pokalauftritt. Liebe für euch beide).

Zementieren

Zwei Spiele sind es jetzt noch bis zur Winterpause. Gegen Leverkusen und Kiel. Und die Ausgangslage ist eindeutig. Der FCA muss gegen Leverkusen erneut diesen Mut zeigen, der gegen Frankfurt so viel Spaß gemacht hat. Und -auch wenn Jess Thorup, das vor dem Spiel gegen Kiel wieder klein reden wird – in Kiel auswärts kontrolliert gewinnen. Und damit den positiven Eindruck und die Tendenz zementieren, die ich zumindest in dieser Woche habe. Es geht – gefühlt – voran. Genug? Die nächsten beiden Wochen werden es zeigen.

Einfach unfassbar

Jess Thorup hat nach der englischen Woche gesagt: „Wenn mir das vorher einer versprochen hätte, hätte ich gesagt: Top, das nehme ich und bleibe zu Hause“. Speziell einer seiner Spieler würde hier wohl widersprechen. Er hat erst zum ersten Mal in der Bundesliga von Beginn an gespielt, dann die vollen 120 Minuten im DFB-Pokal gegen Karlsruhe abgerissen und das Tor von Samuel Essende aufgelegt, bevor er auch in Frankfurt erneut starten durfte. Diese Erlebnisse würde Henri Koudossou wahrscheinlich ungern gegen einen imaginären Aufenthalt auf der Couch tauschen. Glücklicherweise hat er mich im Gespräch an seinen Erfahrungen teilhaben lassen. Wer sich beim Lesen nicht mit dem Youngster freut, bei dem läuft etwas verkehrt.

Andy: Wenn Du morgens aufwachst, glaubst Du dann eigentlich direkt, was in der letzten Woche passiert ist, oder muss dich erst jemand zwicken?

Henri: Die Entwicklung der letzten Wochen ist natürlich nicht selbstverständlich. Ich gewöhne mich so langsam daran. Die letzten Wochen sind natürlich wahnsinnig gut für mich gelaufen und ich hätte es mir nicht besser vorstellen können.  

Andy: Nimm uns einmal mit zum Heimspiel gegen Bochum: Wie fühlt sich das an im Tunnel, wenn man vor dem Spiel aufs Feld kommt und starten darf?

Henri: Das ist schon etwas Besonderes. Ich war auch deutlich aufgeregter, als bei den Spielen, bei denen ich von der Bank gekommen bin. Die Vorfreude war riesig und es war perfekt, dass wir auch noch gewonnen haben.

Andy: Wie war insgesamt die Erfahrung rund ums Spiel? Waren viele Leute aus deinem Umfeld im Stadion?

Henri: Das denkt man vielleicht, dass ich besonders viele Tickets bestellt habe. Aber so lief es gar nicht ab. Meine Eltern haben sich das Spiel gemütlich auf der Couch angeschaut und es war ein Freund von mir im Stadion. Bei anderen Spielen waren schon mehr Leute von mir da. Ich war einfach stark darauf fokussiert, sportlich meine Leistung zu bringen, defensiv erstmal gut zu stehen und keine Fehler zu machen. Und das war das Wichtigste für mich.

Andy: Lange darüber nachdenken konntest Du dann nicht, weil es am Mittwoch schon nach Karlsruhe ging. Wie hast Du dieses Spiel empfunden?

Henri: Von den Emotionen her war das einfach unfassbar. Wir wussten, dass es ein ekliges Spiel wird und dann gibt es diesen Spielverlauf, die Führungswechsel und den späten Ausgleich in der 123. Minute als auch das Elfmeterschießen. Danach der Weg von der Mittellinie auf die eigenen Fans zu war mit einer der geilsten Momente meiner bisherigen Karriere. Das ist einfach die Last des Spiels abgefallen. Man freut sich immer, wenn man gewinnt. Aber diese Belohnung nach diesem Kampfspiel und Arbeitssieg war unfassbar.

Andy: Jetzt hast Du gegen Karlsruhe das Tor von Samuel Essende vorbereitet. Ist das nochmal etwas Besonderes?

Henri: Ich war froh, dass ich der Mannschaft auf diesem Weg helfen und auch für mich selbst ein positives Erfolgserlebnis sammeln konnte.

Andy: Wie viele Körner waren dann am Ende der Woche gegen Frankfurt noch im Tank?

Henri: Das war gar nicht so schlimm. Wir haben vor allem auch zwischen den Spielen eine Top-Betreuung mit Physio-Behandlungen, gezielter Ernährung und der Möglichkeit, Kältekammern zu nutzen. Und meine Beine waren dann gar nicht so schwer, wie ich befürchtet hätte, obwohl gerade das Pokalspiel natürlich gezehrt hat.

Andy: Frankfurt ist nochmal eine spezielle Kulisse, ein besserer Gegner. Wie hast Du das wahrgenommen?

Henri: Es war uns schon klar, dass es auch in Frankfurt wieder schwer zu spielen sein wird. Da sind eine Menge Leute gegen dich. Umso wichtiger war es für uns, Akzente nach vorne zu setzen und damit haben wir die Frankfurter vielleicht auch ein bisschen aus ihrem Konzept gebracht. Aber gegen uns ist es auch nie einfach zu spielen.

Andy: Jetzt hast Du die ganze englische Woche links hinten anstatt rechts gespielt. Letzte Saison hast Du auch schon öfters auf der linken Seite gespielt bei Den Haag. Hat Dir das in dieser Situation geholfen?

Henri: In Den Haag habe ich allerdings links in einer Viererkette gespielt, weswegen das nur eingeschränkt vergleichbar war. Aber es hat mir zumindest insoweit geholfen, als dass es nicht komplettes Neuland war auf der anderen Seite zu spielen, obwohl ich mich natürlich rechts wohler fühle. Aber ich würde auch Stürmer oder Innenverteidiger spielen, wenn mich der Trainer da hinstellt.

Andy: Was ist der größte Unterschied für dich, wenn du links spielst?

Henri: Das sind viele kleine Aspekte. Ich kann zum Beispiel ein paar Pässe nur eingeschränkter spielen. Es ist ein bisschen schwieriger für mich auf der linken Seite den Ball direkt vertikal die Linie lang zu spielen. Wenn ich den Ball dann mit rechts spiele, wird er eher abgefangen. Und auch wenn ich ins Dribbling nach innen gehe, muss ich die Bewegung mit dem anderen Bein einleiten. Defensiv ist die Umstellung dahingegen gar nicht so groß. Mit dem Ball ist es dadurch ein bisschen eingeschränkter, wobei ich meinen linken Fuß nicht nur dafür habe, um in den Bus einzusteigen.

Lässt den ein oder anderen Gegenspieler schon mal links liegen: Henri Koudossou. (Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Andy: Ihr spielt ja mittlerweile recht stabil in einem System mit 3er Kette und Dir als Schienenspieler. Ist das für dich einfacher, weil Du gerade defensiv auch Rückendeckung durch einen Innenverteidiger hast?

Henri: Nachlässigkeiten kann man sich trotzdem nicht erlauben. Die Absicherung führt aber dazu, dass man sich etwas sicherer fühlt, wenn man drauf geht. Ich mag das System zudem etwas lieber, weil ich mich mehr offensiv einbringen kann, was meine Stärke ist. Hinterlaufen, flanken und Akzente setzen, liegt mir in diesem System etwas besser.

Andy: Lass uns einmal noch ein paar Schritte zurückgehen, nachdem Du es jetzt aus dem eigenen Nachwuchs in die Bundesliga geschafft hast. Wenn man mit 20 von Pullach nach Augsburg in die U23 wechselt: wie groß ist da der Glaube an die Bundesliga?

Henri: Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich damals aktiv an die Bundesliga gedacht hätte. Ich habe mir einfach vorgenommen, meine Möglichkeit bestmöglich zu nutzen und mich für Höheres zu empfehlen. Dafür wollte ich in der Regionalliga möglichst viele Torbeteiligungen sammeln und herausstechen und das ist mir glücklicherweise gelungen.

Andy: Du hast 2 Jahre Regionalliga gespielt, warst dann eine Saison in Lustenau und eine in Den Haag. Wenn man im Alter von 24 Jahren in die Sommervorbereitung geht, nach zwei Leihen in Augsburg zurück ist, glaubt man da, dass man Mitte Dezember in 11 von 16 Pflichtspielen zum Einsatz gekommen ist?  

Henri: Nein, das habe ich so nicht gedacht. Ich musste ja erstmal zurückkommen und mich einfinden. Für mich war das ja im Sommer auch ein neues Trainerteam. Ich habe dann schon gemerkt, dass mein Spielstil Anklang findet, aber wohin das führt, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Andy: Welche Rolle spielt das Trainerteam an deiner derzeitigen Entwicklung?

Henri: Eine riesige Rolle. Der Trainer gibt mir ja die Anweisungen, wie ich etwas tun sollte. Ich habe in der Vorbereitung nicht überragend gespielt und auch einige Fehler gemacht. Aber ich habe Feedback und Selbstvertrauen bekommen und wollte dann auch etwas zurückgeben.

Andy: Wo hast Du dich sportlich entscheidend verbessert?

Henri: Ich bin aus meiner Sicht im Vergleich zu meiner letzten Saison defensiv deutlich stabiler geworden. Ich sichere die Tiefe besser ab und habe bessere Abstände zu den Innenverteidigern. Zudem habe ich besser gelernt, wann und wie ich mich offensiv einschalten kann.

Andy: Wann wusstest Du, dass es diese Saison in Augsburg was werden könnte?

Henri: Ich habe bis vielleicht zwei Wochen vor Ende des Transferfensters überlegt, wo ich diese Saison spielen will. Aber am Ende hatte ich gute Gespräche mit Trainerteam. Ich wollte es dann auch einfach probieren und meine Chance in Augsburg suchen. Am Ende hätte ich es vielleicht sonst bereut, wenn ich wie in den letzten Jahren den Weg über einen Transfer gesucht hätte. Ich wollte es jetzt dieses Jahr auch einfach wissen. Mir wurde zugesagt, dass ich ans Team herangeführt werde und ich meine Chance bekomme. Und das ist auch genau so eingetreten. Es war definitiv die richtige Entscheidung.

Andy: Da kann man nach der letzten Woche nicht widersprechen. An welchen Aspekten deines Spiels arbeitest Du noch am härtesten?

Henri: Es gibt immer noch etwas zu verbessern. Bälle länger spielen, offensiv Akzente setzen und mich mutiger einbringen.  

Andy: Ich drücke in jedem Fall die Daumen für die nächsten Partien und wünsche alles Gute.

Mut zur Idee

Ich bin immer noch total geflasht von Mittwochabend. Das Erlebnis in Karlsruhe war großartig, zumindest im Auswärtsblock bei totaler Eskalation am Ende eines zermürbenden Abends. Live im Stadion kann man diese Momente nur lieben. Das ist Fußball. Das ist, was ich will.

Jetzt regnet es und ich mache mich nachher auf den Weg ins Waldstadion in Frankfurt. Was braucht es heute gegen eine starke Eintracht: Mut! Ohne Mut kann man die Punkte direkt abgeben. Und Mut kann man auf unterschiedlichen Ebenen haben.

Personal

Die Beine werden bei dem ein oder anderen müde sein am Ende der englischen Woche. Der Kopf vielleicht auch. Jetzt heißt es, die Jungs zu finden, die es heute reißen können. Jess Thorup wechselt eigentlich nicht groß in der Startelf. Aber für heute könnte Mut auch bedeuten, den formstarken Spielern eine Chance zu geben.

Arne Maier gehört nach seinem Ballverlust gegen Karlsruhe für mich nicht dazu. Aber Samuel Essende kann im Sturm den Unterschied machen und sollte wieder beginnen. Evtl. sogar für Philipp Tietz, der dann mit Power von der Bank kommen kann (meine Liebe für Philipp Tietz ist dennoch ungebrochen). Ruben Vargas hat gegen Karlsruhe den Ausgleich gemacht. Wie wäre es für ihn mit einer Chance von Anfang an? Oder mit Mert Kömür, der auch für Wirbel gesorgt hat?

Sportliche Idee

Dann braucht es mindestens eine sportliche Idee, um zu Chancen zu kommen. Es geht nicht um einen Punkt. Es geht darum, einen Weg zu finden, der zum Sieg führen könnte. Ich kann mich an ein Spiel gegen Frankfurt erinnern, bei dem man die Eintracht mit langen Seitenverlagerungen auseinander nehmen konnte. So einen Aufhänger brauchen wir heute auch wieder.

Der FCA ist sportlich zuletzt extrem ausrechenbar gewesen. Es braucht neben defensiver Stabilität auch ein bisschen Flexibilität, um Gegner vor ungekannte Herausforderungen stellen und Schwächen ausnützen zu können. Ja, gegen Bayern sah das in der ersten Halbzeit okay aus. In der zweiten ist man aber gar nicht mehr in Richtung gegnerisches Tor gekommen und hier hat das Team hoffentlich angesetzt. Der FCA muss gefährlich sein. Zumindest in einzelnen Situationen.

Tore, um zu gewinnen

Es kann ein jeder verstehen, warum der Fokus nach dem Saisonstart auf der defensiven Stabilität lag. Um aber auch gegen stärkere Gegner eine Chance haben zu können, muss der FCA sich offensiv Möglichkeiten erspielen. Nicht zu defensiv denken. Angreifen. Nicht spielen, um nicht zu verlieren. Spielen, um zu gewinnen. Spielen, um Tore schießen zu wollen.

Jess Thorup hat immer wieder das „Offensive Mindset“ angesprochen. Offensive passiert vor allem in des Gegners Hälfte. Man arbeitet sich auf des Gegners Tor zu. Daneben muss der FCA dann auch seine Chancen nutzen. Dafür muss er diese aber erstmal haben.

Wenn ich mich nachher gleich in die Kälte bewege, dann will ich das sehen. Ausreden gibt es keine. Die Eintracht hat auch eine englische Woche gespielt und im Pokal sogar deutlich verloren. Jess Thorup ist seit über einem Jahr da. Die Zeit ist jetzt, genau in diesen Spielen. Auf geht’s Augsburg, kämpfen und siegen!

Benin: „Friedlich und chill“

Für Steve Mounié hatte die Länderspielpause wenig mit Pause zu tun. So wenig der Neuzugang aus Frankreich für den FCA in den vergangenen Wochen im Einsatz war, so sehr wird er in seiner Nationalmannschaft gebraucht. Mounié ist nicht nur Nationalspieler seiner Nationalmannschaft, er ist sogar Kapitän. Und seine Nationalmannschaft ist die des Benin.

Selbstverständlich ist das nicht. Er ist mit dem Hintergrund von zwei Kulturen aufgewachsen. Seine Eltern wanderten aus dem Benin nach Frankreich aus, als Mounié 4 Jahre alt war und Mouniés Kindheitsjahre sind geprägt von zwei Zeiteinheiten im Jahr. Denen in Frankreich und denen in Benin. „Das lässt sich ja nicht wegdenken“, erklärt Mounié dazu im Gespräch. „Ich war während des Jahres immer in Frankreich und jeden Sommer ging es dann für einige Monate in die Heimat. Ich habe meine Heimatkultur in dieser Zeit sehr gut kennenlernen können“

Seine erste Erinnerung an den Benin ist dann auch eine, die ganz klar mit der Familie verbunden ist. Mouniés Familie betreibt ein Hotel in Parakou, Mouniés Geburtsstadt. „Hier habe ich schöne Erinnerungen an die Zeit am Pool im Sommer. Dazu ging es teilweise zu wie im Zoo. Es gab wilde Tiere im Hotel wie Krokodile und Wasserhunde.“ An diese Hotelatmosphäre denkt Mounié gerne zurück. Einerseits, weil dort die Familie zusammenkam. Andererseits, weil die vielen Tiere einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.

Wenn Mounié über Heimaterinnerungen spricht dann gehen diese direkt durch den Magen. „Das erste, was mir in den Sinn kommt, ist das Essen. Es ist so unterschiedlich zu europäischem Essen.“ Mounié mag kein scharfes Essen, und im Benin kann sich eine europäische Zunge wirklich dauerhaft verbrennen. 

Benin ist grundsätzlich ein Land, das reich an Wundern der Natur ist. Im Pendjari Nationalpark, den Benin u.a. mit Burkina Faso teilt, kann man viele der großen, bekannten afrikanischen Wildtiere in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten. Momentan ist der Park für Besucher leider nicht zugänglich, weil bedingt durch Dschihadisten die Sicherheit der Besucher nicht gewährleistet werden kann. Neben den Tieren entgehen den Besuchern so momentan auch andere Naturspektakel wie Wasserfälle.

Insgesamt ist Benin ein weitläufiges Land. Auf ein Drittel der Größe Deutschlands kommen gerade einmal ca. 13 Mio. Einwohner. „Die Landschaft ist unvorstellbar schön. Es gibt lange Strandabschnitte, an denen man keine Seele trifft. Wenn man durch Benin fährt, ist überall grüne Natur.“

Was Mounié dabei sehr wichtig ist: „Benin ist ein friedliches Land. Oder hast Du schon mal von Unruhen oder Krieg im Benin gehört?“. Benin ist dabei nicht nur sicher, sondern auch divers. Viele Menschen unterschiedlicher Religionen und Stämme leben friedlich miteinander. Eine dieser Religionen wird in unseren Breitengraden besonders mit Aufmerksamkeit gesegnet, gerade durch Hollywood und die Popkultur. Es geht um Voodoo. Voodoo hat seinen Ursprung in Afrika, u.a. im Benin, bevor es nach Amerika und auch in die Karibik exportiert wurde. Dabei ist Voodoo an sich eine sehr naturverbundene Religionsform, die gerade nicht diesen dunklen Einschlag hat, der die westliche Faszination ausmacht.“Vodoo ist die Religion vieler Menschen im Benin und viele Vorurteile darüber stimmen nicht.“ ist es Mounié wichtig festzuhalten.

Air Mounié wird in Augsburg sehnlichst erwartet. (Photo by Carsten Harz/Getty Images)

Die Verbreitung des Voodoo hat dabei auch einen bedrückenden Hintergrund. Benin diente in seiner Vergangenheit als ein zentraler Umschlagsplatz des Sklavenhandels. Bevor Benin ein Kolonialstaat wurde, hat die Herrscherfamilie den eigenen Reichtum des Landes durch den Sklavenverkauf in die USA vermehrt. In der Hauptstadt Edo erinnert hieran vieles. „Wir versuchen in Benin bewusst hieran zu erinnern, damit sich die Geschichte nicht wiederholen kann. Die Welt muss wissen, was damals passiert ist.“ erklärt Mounié mir hierzu.

Wenn man mit Steve Mounié über den Benin spricht, dann kann man noch mehr lernen. Mouniés Familie gehört einem Stamm an, bei dem sich viel um Pferde dreht, da die Stammesmitglieder in früheren Zeiten berittene Krieger waren. So gibt es jedes Jahr im September ein großes Festival, bei dem in Vorführungen gezeigt wird, was Mensch und Pferd zusammen leisten können. „Da sieht man wahrlich verrückte Dinge auf Pferderücken. Und man kann die Stammeskultur hautnah kennenlernen.“   

Wenn Mounié jetzt nach Benin reist, dann wird auch von ihm erwartet, dass er zusammen mit seinen Mitspielern Großes leistet. „Es ist irgendwie komisch, dass ich an den seltsamsten Orten erkannt werde.“ gibt er zu. „Die Menschen überhäufen uns mit ihren Hoffnungen und wir haben als Mannschaft und ich als Kapitän speziell schon einen großen Druck, die Menschen nicht zu enttäuschen.“ Wenn er selbst in den Benin reist, dann bleibt er meist im Kreise seiner Familie. Seine Eltern sind in den Benin zurückgekehrt. Sein Sohn soll das Land im kommenden Sommer das erste Mal erleben. „Ich habe während der Saison nicht viel Zeit mit der Familie. Dafür nutze ich den Sommer dann intensiv.“

Bis dahin fühlt sich Mounié in Augsburg schon gut angekommen. „Gerade die Herzlichkeit und Lebensfreude der Menschen ist mir besonders positiv aufgefallen, auch auf dem Oktoberfest. Wir wohnen direkt im Stadtzentrum und fühlen uns sehr wohl.“ Augsburg ist eine Stadt in der gleichen Größenkategorie wie Parakou. Auf meine Frage, ob sich beide Städte ähneln muss Mounié lachen: „Nein, da gibt es keinerlei Ähnlichkeit. Das kann man überhaupt nicht vergleichen.“ Wahrscheinlich muss man es erlebt haben, um es zu verstehen. Mounié mit seinen Eindrücken und Erfahrungen ist in jedem Falle eine Bereicherung für den FCA.

Pflichtspiele

Die Partie gegen den FC Bayern hat erneut gezeigt, dass der FC Augsburg im Moment sehr bemüht ist, Ergebnisfußball zu spielen. Über die gesamte Distanz hat es gegen die Bayern nicht gereicht. Über den Ansatz kann man sich streiten. Wenn es schief geht, dann bereitet es niemandem Freude, wenn des Gegners Tor gefühlt durch eigene Angriffsbemühungen überhaupt nicht bedroht war. Man darf sich aber fragen, ob die Partie gegen den FC Bayern eine große Aussagekraft hat.

Aber auch der Blick aufs große Ganze hilft nicht besonders weiter. Insgesamt hat der FC Augsburg eine Partie der letzten 5 gewonnen, was rein ergebnistechnisch Abstiegskampf verheißt. Und so kommt es in den 5 Spielen bis Weihnachten nun darauf an, die nötigen Siege einzufahren. Und ja, dafür muss man zwangsläufig Tore schießen. In diesen Tagen wird auch über den Trainer geredet. Jess Thorup hat nun eine machbare, aber schwere Aufgabe vor sich. Ich hoffe, er findet das „Offensive Mindset“ wieder. Es ist schon fast egal wie. Hier kommen die Spiele, in denen der FCA bis Weihnachten abliefern muss:

Zu Hause gegen Bochum (30.11.)

Bochum ist Letzter in der Tabelle. Bochum hat schon den Trainer gewechselt, aber eher uninspiriert hin zu Dieter Hecking. Bochum ist unangenehm zu spielen, der FC Augsburg muss aber in dieser Saison zeigen, dass er gegen einen Gegner, der klar mit dem Rücken zur Wand steht, zu Hause das Spiel kontrollieren und gewinnen kann. Der Kader des FC Augsburg ist – auch wenn Giannoulis und Schlotterbeck fehlen – dem der Bochumer überlegen. Der FCA hat zu Hause schon zu viele Punkte liegen lassen. Es ist Zeit in diesem Pflichtspiel abzuliefern und Bochum in die Schranken zu weisen.

Hübsch muss es nicht werden, aber effektiv. Der FCA braucht bis Jahresende Ergebnisse. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Im Pokal in Karlsruhe (04.12.)

Karlsruhe ist ein guter Zweitligist, in einer engen Liga. Aber es ist Dezember und der FCA hat das erste Mal seit vielen Jahren eine gute Chance im Pokal zu überwintern. Diese Chance muss das Team von Jess Thorup nutzen. Auch hier gibt es keine Ausreden. Es ist ja jetzt nicht so, dass ich erwarte, dass man die Karlsruher her spielt. Es ist aber schon so, dass der Anspruch ist, hier weiterzukommen. Gegen Schalke hatte man in der zweiten Halbzeit Probleme. Gegen Karlsruhe darf es nun keine Ausreden geben. Weiterkommen ist Pflicht, damit der FCA in 2025 noch von mehr träumen darf.

Auswärts gegen Kiel (21.12.)

Das letzte Spiel des Jahres ist immer besonders wichtig, weil man das Gefühl des letzten Spiels mit ins neue Jahr mitnimmt. Dazu kommt, dass man zwischendurch gegen Frankfurt und Leverkusen ran muss. Und: der FCA muss einfach in diesem Kalenderjahr in der Bundesliga noch auswärts gewinnen. So sehr ich auf die Partie in Frankfurt hoffe, so sehr musss es in Kiel passieren. Der FCA muss gegen den Aufsteiger aus Kiel in Kiel gewinnen und mit einem guten Gefühl ins neue Kalenderjahr gehen.

3 von 5 Partien quasi gewinnen zu müssen, ist die sportliche Realität des FCA hin zum Jahresende 2024. Viel wird über Spielweise und Taktik der Mannschaft gesprochen. Der ein oder andere sieht auch bei Jess Thorup eine Tendenz, die in Augsburg schon Trainer vor ihm ereilt haben: das ansprechende taktische Konzept (Stichwort: „Offensive Mindset“) wurde über Bord geworfen und gegen hilflosen und hässlichen Ergebnisfußball ausgetauscht. Aber warum?

Ich finde: es wird sich nun gegen die „schwächeren“ Gegner zeigen, wie weit die Mannschaft unter Jess Thorup ist. Hier zeigt sich nun, ob der FCA der gestandene Bundesligist ist, der er sein will. In den beiden anderen Partien gegen Leverkusen und Frankfurt ist wohl nicht viel zu holen. Aber auch in diesen Partien kann der FCA Mut beweisen. Mut und „Offensive Mindset“. Und Bonuspunkte sammeln. Und dann schauen wir mal, was uns unter dem Weihnachtsbaum erwartet.

Surprise, Surprise

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Als der FCA im Sommer auf dem Transfermarkt unterwegs war, verpflichtete der Club Spieler, die in Augsburg keiner kannte. Matsima, Onyeka und Claude-Maurice im Speziellen, sorgten neben Samuel Essende für Fragezeichen. Was konnte man von diesen Spielern erwarten? Dazu gab der FCA kaum Geld für seine Neuzugänge aus. So günstig, kann doch niemand gute Spieler verpflichten. Nach ein paar Wochen nun ist klar: Surprise, Surprise, die Jungs können was. Dem FCA ist dabei einiges gut gelungen im Sommer auf dem Transfermarkt, gerade wenn man sich unterschiedliche Merkmale der Spieler anschaut:

Die Erfahrenen

Der FCA hat Spieler dazu geholt, die dem Kader Substanz geben. Ja, es wurde zuletzt unter anderem im sehr hörenswerten FCA-Spezial des Rasenfunks mit Gast Florian Eisele festgestellt, dass der FCA vielleicht im nächsten Sommer nicht direkt erneut die großen Millioneneinnahmen generieren wird. Dies liegt aber an etwas Positiven: der FCA hat im Sommer auch Erfahrung in den Kader dazu geholt.

Das war 1. bitter notwendig. Mit Demirovic, Dorsch, Uduokhai u.a. sind dem FCA eben auch Spieler abhanden gekommen, die schlicht und einfach auch Matchpraxis auf hohem Niveau mitbringen. Diese Erfahrung sorgt für weniger deutliche Ergebnisse und trägt nun auch in der letzten Phase dazu bei, dass die Mannschaft solider liefert (und zuletzt nicht mal mehr in Wolfsburg verloren hat).

In diese Kategorie fallen die Verpflichtungen von Marius Wolf, Dimitrios Giannoulis und Keven Schlotterbeck. Auch Frank Oneyka fällt in diese Kategorie, auch wenn man Frank the Tank nur für eine Saison ausleihen konnte. Für alle Neuzugänge dieser Kategorie hat man kaum etwas bezahlt. Transfererlöse wären topp, sind aber nicht unbedingt notwendig.

Ergänzung in die Breite

Man konnte im Sommer vortrefflich debattieren, ob der FCA einen neuen Keeper braucht. Als Außenstehendem war einem nicht so klar, wie lange Finn Dahmen verletzt sein würde. Mit Tomas Koubek wäre ich ungern als Vertretung in die Saison gestartet, gerade nach den Partien im Saisonabschluss. Nedi Labrovic war damit vornehmlich ein Luxustransfer, eine Investition in die Breite des Kaders. Aber wie sehr hat sich dieser Transfer jetzt schon ausgezahlt? Labrovic hat sich zum sicheren Rückhalt der Mannschaft gemausert und Finn Dahmen wird sich vorerst schwer tun, den Weg zurück in die Mannschaft zu finden.

Auch Steve Mounié packe ich erstmal in diese Kategorie. Mounié hat mit Sicherheit selbst den Anspruch erfahrene Verstärkung zu sein, und wenn die Stürmerform erstmal kickt, dann kann das noch gut passieren. Die Saison ist lang. Momentan hat Philipp Tietz auch die Nase vorne, weil er emotionaler Leader des Teams und eine Pressingmaschine ist. Aber Mounié wird weitere Chancen zweifellos bekommen.

Frank Onyeka ist seit seiner Ankunft in Augsburg im Dauereinsatz. (Photo by Daniel Kopatsch/Getty Images)

Die X-Faktoren

Was für den FCA in der sommertransferperiode unerlässlich war: offensive Unterschiedsspieler zu finden. Demirovic war an sehr vielen Toren letztes Jahr beteiligt und irgendwer musste da in die Bresche springen. Bisher zeigen zwei Offensivspieler dieses Jahr das Potential dazu, hier absolute Verstärkungen zu sein (und nein, Keven Schlotterbeck ist trotz seiner Tore und Vorlagen keiner davon).

Einerseits ist hier Samuel Essende zu nennen, der definitiv weiß, wo das Tor steht. Essende hat Thorups Vertrauen nach seinem Platzverweis gegen Mainz ein bisschen verloren, aber er hat definitiv das Zeug dazu in der Bundesliga 10+ Tore in einer Saison zu machen. Zu gut sind seine fußballerischen Fähigkeiten, seine Athletik und seine Abschlussqualitäten.

In diese Kategorie fällt definitiv auch Alexis Claude-Maurice. ACM kam ablösefrei aus Frankreich, warum weiß niemand so genau. Nach über 100+ Ligaspielen in der Ligue 1 ist die Bundesliga anscheinend die absolut richtige Bühne für ihn. Er kann einiges mit dem Ball, sich Platz verschaffen, aus der Distanz abschließen und hat den FCA eigenfüßig durch den Oktober gezogen. Wenn das kein Unterschiedsspieler ist, wer dann?

Die Talente

Trotzdem hat der FCA nicht vergessen, auch wieder Talente zu holen. Spieler des Spiels gegen Hoffenheim war nämlich Chrislain Matsima, der aus Monaco zum FCA kam. Der Junge ist halt mal einfach französischer Internationaler und dort durch die Jugendmannschaften gelaufen. Sieht man seine Qualität jetzt schon? Aber hallo. Ich glaube, da hat der FCA einen Volltreffer gelandet. Werden wir lange Spaß an ihm haben? Wahrscheinlich nicht, oder aber nur durch Weiterverkaufsbeteiligungen.

In diese Kategorie fällt auch Yusuf Kabadayi. Der Neuzugang aus der Bayern-Jugend, nach einem Abstecher zu Schalke 04, zeigt auch schon, dass die Bundesliga kein zu großer Sprung für ihn ist und konnte auch schon seinen Torriecher unter Beweis stellen. Er bekommt unter Thorup seine Einsätze – genau wie auch Mert Kömür aus dem eigenen Nachwuchs – und wird uns noch weiter positiv überraschen, wenn er das Trainer-Feedback annimmt und geduldig weiterackert. Auch in ihm sehe ich eine wertvolle Verstärkung.

Noch nicht am Ende

Hatte der FCA einen guten Transfersommer? Diese Frage kann zu diesem Zeitpunkt nur mit ja beantwortet werden. Ich hatte ursprünglich versucht, eine TOP5-Liste der Sommertransfers zu erstellen, bin aber daran gescheitert. Zu viele Verpflichtungen finde ich aus den unterschiedlichsten Gründen gut. Ich mag Matsima, ACM, Essende genau wie Schlotterbeck, Labrovic und Giannoulis. Bei Wolf und Mounié aber auch Kabadayi sehe ich noch einiges an Luft nach oben. Und auch Onyeka ist ein guter Transfer gewesen, auch wenn ich ihn jetzt schon gerne fest beim FCA gesehen hätte.

Bei dem riesigen Umbruch im Sommer war klar, dass die Mannschaft eine gewisse Anlaufzeit braucht, bis sie sich findet. Bis sie Selbstvertrauen tanken konnte. Diese Phase, auch mit hässlichen Auswärtsniederlagen, haben wir hoffentlich hinter uns. Dafür steht das Team aber schon recht solide da, ist in der Bundesliga im Mittelfeld platziert und im Pokal weiterhin dabei.

Darf man dezent Hoffnung auf mehr haben? Warum denn nicht. Einerseits muss man festhalten, dass der FCA zu Hause eine Macht ist. Ja, man hat gegen Mainz und Bremen Punkte liegen lassen, aber diese Dummheit ist Vergangenheit. Das Team hat es wohl geschafft, dass die Gegner momentan ungern nach Augsburg reisen. Es wackeln dann auch wieder Trainerstühle in der Republik. Viele Grüße nach Hoffenheim an dieser Stelle.

Mit den hergeschenkten Heimpunkten läge man momentan knapp hinter den Champions League Rängen. Hätte, wenn und aber. Das Team muss sich nun nicht unendlich verbessern, um diese Saison noch für die ein oder andere zusätzliche Überraschung zu sorgen. Thorup hat zuletzt die richtigen Hebel gefunden, in dem er die Defensive gestärkt hat. Wenn jetzt wieder ein Hauch mehr Offensive zurück in den Gameplan findet, dann ist mit dem FCA zu rechnen. Ja, zwischendurch hat der große Umbruch für dezent Sorgenfalten gesorgt. Momentan ist die Richtung für mich klar erkennbar, und wenn der FCA die Länderspielpause nun gut zu nutzen weiß, dann werden wir in den nächsten Monaten noch den ein oder anderen Gegner kalt erwischen.

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