Jetzt kommt es darauf an

5 Spiele hat der FC Augsburg nach der Winterpause gespielt und 5 Punkte geholt. Was erstmal nicht nach einer riesen Ausbeute klingt, ist angesichts der Gegner genau im Erwartungshorizont. Ein einfaches Spiel war nicht dabei. Platz 11 nach 21 Spielen mit 23 geholten Punkten sind beachtlich. Wenn man den missglückten Start in die Betrachtung einbezieht, ist die sportliche Positionierung stark.

Wohin jetzt?

Man kommt nicht umhin sich zu fragen, was das mit dem FC Augsburg in dieser Saison noch wird. Ich habe Trainer Jess Thorup auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Mainz direkt zu dem Ziel des Teams basierend auf dieser Ausgangssituation gefragt. Es schien, als ob er mit der Frage so nicht gerechnet hätte. Man will weiter von Spiel zu Spiel schauen. Nun als erstes gegen Mainz auswärts gewinnen.

Ich habe darauf hin nachgefragt, ob er nicht befürchtet, dass es auf Grund der tabellarischen Situation zu einem Druckabfall kommen könnte. Jess Thorup stellte darauf hin klar, dass intern sehr wohl ambitionierte Ziele vorhanden wären und jeder Spieler wüsste, worum es insgesamt geht. Also: Intern gibt es sehr wohl einen klar formulierten Anspruch und eine Zielsetzung für die Saison. Nur nach außen kommunizieren wird man diese nicht, um sich keinen zusätzlichen Druck zu machen. Und so wie wir Jess Thorup kennengelernt haben, geht der Blich intern sicher nicht nach unten.

Wer nach oben will…

… der muss auswärts gegen Mainz gewinnen. Ich gehe sogar noch weiter. Es muss dem FCA gelingen, gegen Mainz nicht nur zu gewinnen, sondern den Mainzern ihr Spiel aufzuzwingen. Intensiv, im Pressing und Abschluss. Das bedeutet auch, dass sich der FCA endlich mal keine Aussetzer in der Defensive z.B. bei Standardsituationen erlauben darf.

Wenn es nach oben gehen soll, gilt es die letzten Unsicherheiten z.B. bei Finn Dahmen und den hohen Bällen abzustellen. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Es ist seit einer ganzen Weile erstmal wieder ein richtungsweisendes Spiel. Darmstadt war heimstark, eklig. Mainz hat zwar jetzt einen neuen Trainer, aber die Zeit war kurz und die Tabelle spricht für sich. Es kann keine Ausreden geben.

Das beste Team

Jess Thorup ist dabei ein Trainer, der – obwohl er immer wieder die Bedeutung des Konkurrenzkampfs in der Mannschaft für die Entwicklung der Spieler betont – grundsätzlich seiner Stammelf vertraut. Er hat im Zuge der Pressekonferenz hier auch betont, dass es nicht darum geht, einzelnen Spielern Minuten aus pädagogischen Gründen zu geben, sondern das beste Team auf dem Rasen zu haben. Man mag sich fragen, ob das beste Team gegen Leipzig auch das beste Team gegen Mainz ist. Die Gegner verfolgen unterschiedliche Ansätze und vielleicht ist nicht mehr das gleiche Personal das passende?

In jedem Fall wird es für Jess Thorup entscheidend sein, ein Team auf den Rasen zu schicken, dass auch in der ersten Halbzeit auswärts die Oberhand gewinnen und in Führung gehen kann. Gerade auswärts war die Herangehensweise dann doch eher abwartend in den letzten Spielen und man ist grundsätzlich immer in Rückstand geraten. Mit oder ohne Wechsel in der Aufstellung: das gilt es zu ändern.

Euphoriewelle am Start?

Lieber niedrige Erwartungen setzen und diese dann übertreffen. Da bin ich ja gerne dabei. Ab einem gewissen Punkt wird Tiefstapelei aber nicht mehr glaubwürdig sein. Ich hoffe, der FCA kommt sehr schnell an diesen Punkt. Ich blicke schon seit einiger Zeit sehr positiv auf die sportliche Entwicklung unter Jess Thorup und wenn der FCA jetzt, in den Spielen gegen potentiell schwächere Gegner, weiter fleißig Punkte sammelt, wird die Saison sich vielleicht sowieso verselbstständigen. Endlich mal kein Abstiegskampf. Endlich mal genießen und feiern.

Heute gegen Mainz wird sich zeigen, ob dieses Team in der Lage ist, seine Hausaufgaben zu erledigen. Ich bin schon seit Tagen angespannter als sonst. Ja, es ist nur ein Spiel. Ein Spiel, das wie kaum eines interessant ist, um zu sehen, ob wir uns selbst etwas vorgemacht haben. Oder, ob wir träumen dürfen.

Auf dem Weg zur Stabilität

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Wenn man auf den FC Augsburg schaut, dann war es in den letzten Jahren immer so, dass irgendetwas war, was den nachhaltigen sportlichen Erfolg verhinderte. Über viele Jahre lief es nicht gut. Es kumulierte, bis letztes Jahr das Team auf Schützenhilfe angewiesen war, um die Klasse zu halten. Trainer kamen, Trainer gingen. Leistungsträger sahen ihre Zukunft bei anderen Clubs. Eine allgemeine Unzufriedenheit war an allen Ecken zu erkennen, nur zu beheben wusste sie lange keiner.

Momentan ist das anders. Ja, man kann an manchen Stellen weiter konstruktiv Kritik üben (wie ich es ja regelmäßig mit Blick auf die Durchlässigkeit vom NLZ zu den Profis tue). Was will man an den im Tagesgeschäft beheimateten Themen groß kritisieren? Dass man gegen heimstarke Bochumer nur 1:1 gespielt hat? Um was es jetzt geht: Stabilisierung. Der FCA muss jetzt zeigen, dass er regelmäßig sportlich überzeugen kann, damit endlich Ruhe einkehrt. Die Voraussetzungen hierfür sind besser denn je.

Beste Voraussetzungen

Ich hatte gefordert, dass der Kader im Winter einen Umbau braucht. Von mir war klar formuliert, dass der FCA mindestens 6 Spieler abgeben soll. Dazu rechnete ich mit 1-2 qualitativ hochwertigen Neuzugängen. Marinko Jurendic legten hier Punktlandungen hin. Sieben Spieler, die in der Hinrunde kaum bis keine Rolle gespielt hatten, verließen den Verein für immer oder zumindest für die Rückrunde. Mit Jakic und Pep Biel kamen zwei Neuzugänge, die beide schon zeigen durften was sie können.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle auch, dass der FCA keinen Leistungsträger abgegeben hat. Ruben Vargas, der mit der Fiorentina in Verbindung gebracht wurde, blieb schlussendlich, nachdem man immer wieder von unterschiedlichen Angeboten lesen konnte. Und bei den Top-Leistungsträgern wie Ermedin Demirovic kamen noch nicht einmal Gerüchte auf. Mit Jeff Gouweleeuw konnte man einen Dauerbrenner der Hinrunde und eine Stütze des Teams sogar für mindestens eine zusätzliche Saison binden. Arbeit für alle zusammen bleibt trotzdem.

Jakic brachte zusätzliche Qualität, jetzt müssen alle das Maximum aus sich herausholen. (Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Weitere Verbesserungen notwendig

Standard-Trainer Lars Knudsen, der nun im Winter zusätzlich zum Trainerteam hinzugestoßen war, beurteilen wir nun mal nicht an seinem kurzfristigen Erfolg. Man kann offensiv die ein oder andere neue Variante, gerade auch bei den Ecken, erkennen, zählbares brachten diese Veränderungen aber noch nicht ein. Und auf der Gegenseite spielt der FCA weiterhin nicht zu null, weil die anderen Teams zumindest über Standards im Moment regelmäßig zum Erfolg kommen. Als Bochumer Stürmer konnte man sich nur wundern, wie der Ball nach einer Ecke so wundervoll den Weg fand und dann auch noch der Platz für den Seitfallzieher da war. Was ein Loch mitten im Sechzehner. An der Standardverteidigung arbeiten wir dann unter der Woche noch einmal.

Auf der anderen Seite hat der Kader nicht nur in der Spitze eine gute Qualität, sondern auch eine Breite. Von Konkurrenzkampf ist da zu lesen. Jess Thorup hat auf der anderen Seite seine Stammelf gefunden, von der nun nicht mehr abzuweichen scheint. Jakic für Dorsch ist der Verletzung von Niklas zuzuschreiben. Ansonsten ist die erste Elf des FCA absolut berechenbar. Auf der anderen Seite muss der ein oder andere Spieler aus der zweiten Reihe seine Chance bekommen, wenn er auf sich aufmerksam machen kann. Wie viel mehr soll z.B. ein Arne Maier tun, als einen Schuss an den Pfosten zu setzen und mit seinem Abschluss für den Elfmeter zu sorgen, um mehr Einsatzzeit oder auch eine Chance von Anfang an zu bekommen? Trotz Kaderausdünnung wird es Unruhe geben, wenn das Leistungsprinzip durch festgefahrene Rollen nicht mehr gilt. Hier wird es in den nächsten Wochen darauf ankommen, das Gleichgewicht zwischen festen Routinen und notwendigen Wechseln zu finden.

Kleinigkeiten

Die Bundesliga bleibt eine Liga in der Nuancen über den Ausgang von Partien entscheiden. Gerade die Interpretationen im Nachgang einzelner Partien bleiben spannend. Ich habe gestern an mancher Stelle gelesen, wie enttäuschend der Auftritt des FC Augsburg in Bochum gewesen sei. Das sehe ich nicht so. Bochum ist ein Team, dass versucht einen – ähnlich wie wir selbst – über intensives Spiel aus dem Konzept zu bringen. Das ist ihnen nicht gelungen. Man mag sich als FCA-Fan fragen, warum es bis zur zweiten Halbzeit brauchte, bis der FCA das Heft des Handelns übernahm. Ab dann war es bis zum Bochumer 16er flüssig. Am Ende stand ein höherer xG-Wert auf unserer Seite, genau wie mehr Abschlüsse und Ecken. Die Abschlüsse waren nicht zwingend und der Ausgleich am Ende war glücklich, aber mitnichten unverdient. Bei einem anderen Spielverlauf wäre hier mehr drin gewesen. So heißt es darauf aufbauen und weitermachen. Und eben nicht wieder in Rückstand geraten. Oder unruhig werden. Der FCA ist – wenn er sich nicht irritieren lässt – auf dem Weg zur Stabilität.

Wichtig: Offensive Freiheiten

Kurz vor Ende der Transferphase im Sommer kam mit Kevin Mbabu ein Spieler für die rechte Seite zum FCA. Die rechte Abwehrseite wurde im Umfeld des Vereins schon vorher als Problemzone identifiziert, ohne dass der FCA früher im Sommer Vollzug hätte vermelden können. Mbabu ist nun für 1 Jahr aus Fulham ausgeliehen und hat ein wenig gebraucht, um in Form zu kommen. Mittlerweile hat er starke Leistungen abgeliefert und es war nun vor dem Spiel gegen Leipzig ein guter Zeitpunkt für ein Zwischenfazit mit Kevin selbst.

Andy: Hallo Kevin, war das Auswärtsspiel in Bochum mit dem Wetter und den Bedingungen vor Ort das härteste Match bisher in dieser Saison?

Kevin: Es war schwer, aber das wussten wir vorher. Bochum ist eines der schwersten Auswärtsspiele. Die Bedingungen waren schwierig und es war sehr zweikampfintensiv mit vielen hohen Bällen. Wir haben alles gegeben und können unter den Umständen mit dem Punkt zufrieden sein.

Andy: Wie sehr nerven diese Rückstände? Ich kann mich spontan nicht erinnern, wann ihr mal nicht in Rückstand geraten seid?

Kevin: Ja, das ist schwierig. Einerseits können wir immer wieder zeigen, dass wir als Mannschaft mit diesen Situationen umgehen können. Andererseits wären wir auch tabellarisch noch erfolgreicher, wenn wir nicht immer in Rückstand geraten würden.

Andy: Und dazu immer wieder Standards. Wie oft trainiert ihr mittlerweile jede Woche Standardverteidigung?

Kevin: Seit Lars Knudsen (der neue Standardtrainer, Anm. d. Red.) hier ist, trainieren wir diese Situationen 2-3mal pro Woche. Er kann jetzt auch nicht schlagartig alles ändern, aber wir sind dran und ich gehe davon aus, dass wir uns hier verbessern werden. Wir lassen ansonsten wenig Chancen zu, daher ist es umso bitterer.

Kevin Mbabu ist ein mittlerweile ein Aktivposten für den FC Augsburg (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Andy: Offensiv war das nicht ganz so zielstrebig, wie in den Partien zuvor, in denen Du jeweils eine Vorlage beisteuern konntest. Woran lag es, dass die Flanken diesmal nicht angekommen sind?

Kevin: Bochum hat sehr kopfballstarke Innenverteidiger und hat die letzten 25 Minuten auch mit drei Innenverteidigern gespielt. Da war es schwer durchzukommen.

Andy: Nichtsdestotrotz finde ich persönlich, dass Du momentan deine besten Spiele für den FCA bisher spielst. Wie kommt es?

Kevin: Ich habe am Anfang etwas Zeit gebraucht um anzukommen und meine Form zu finden und dann war ich im Verlauf der Hinrunde ja auch kurz verletzt. Seitdem spiele ich aber regelmäßig und wir als Mannschaft finden immer mehr zusammen. Ich glaube auch, dass ich noch nicht am Maximum bin. Den besten Kevin habt ihr noch nicht gesehen.

Andy: Du warst verletzt bei Jess Thorups Einstand. Was hat er seitdem gemacht, das euch als Team vorangebracht hat?

Kevin: Er hat eine sehr offene Art zu kommunizieren und seine Tür ist immer offen. Wir bekommen auch nach jedem Spiel direktes Feedback von ihm. Er hat es so geschafft, dass wir unsere Mentalität wiederfinden und als Team füreinander da sind.

Andy: Für dich hat sich ja auch taktisch etwas geändert, nachdem ihr wieder dauerhaft zur Viererkette zurückgekehrt seid. Eine Umstellung für dich?

Kevin: Das ist mir prinzipiell egal. Ich bin da flexibel genug. Was für mich wichtig ist, dass ich offensiv Freiheiten habe. Ich darf mit Freddy und Ruben die Positionen tauschen, wenn wir in Ballbesitz sind.

Andy: Auch defensiv hat sich etwas geändert. Wie sehen die Veränderungen aus deiner Sicht aus?

Kevin: Wir haben zu viele Gegentore durchs Zentrum kassiert und entsprechend hat der Trainer die Formation angepasst, so dass wir im Zentrum nun stabiler stehen. Wir haben insgesamt zu einer stabileren Struktur gefunden und trainieren im Training auch oft Verteidigung in Unterzahl, um auf diese Situationen im Spiel gut vorbereitet zu sein. Jetzt müssen wir dann aber auch endlich mal zu null spielen.

Andy: Defensiv verteidigt ihr nun auch nicht mehr so Mann-orientiert sondern mehr im Raum. Liegt Dir das mehr?

Kevin: Ja, total. Das ist das, was ich und meine Kollegen den Hauptteil der Profikarriere über gemacht haben und wir kommen damit besser klar. Wir können so auch besser als Kollektiv verteidigen.

Andy: Du scheinst insgesamt gut in Augsburg angekommen zu sein und gerade auch recht zufrieden. Im Winter kamen Gerüchte über einen Wechsel zu Feyenoord Rotterdam auf. Hast Du dich damit überhaupt beschäftigt?

Kevin: Für mich war es kein Thema im Winter zu wechseln. Eine Leihe gegen eine andere zu tauschen hat mich überhaupt nicht interessiert. Mit Jure war klar abgesprochen, dass wir ein 1 Jahres-Projekt zusammen haben, damit ich wieder Spielpraxis sammeln und in Form kommen kann.

Andy: Was sind nun deine Ziele mit dem FCA und persönlich bis zum Rest der Saison?

Kevin:  Wir setzen uns ambitionierte Ziele, um das Maximum aus uns herauszuholen. Ich selbst will weiter gute Leistungen abliefern und noch 4-5 Assists sammeln. Und im Sommer dann mit der Nationalmannschaft zur EM.

Andy: Danke Kevin für die vielen aufschlussreichen Einblicke und viel Erfolg bei der Zielerreichung.

Ausgeglichen

Viel wurde vor dem Spiel in Bochum geredet über die Wichtigkeit der Partie. „Big Points“ gab es in Bochum zu holen, mal wieder 3 an der Zahl für den Gewinner der Partie. Alles in allem war der Vergleich mit dem VfL damit auch nichts anderes als eine stinknormale Bundesligapartie, gerade wo beide Teams ordentlich Abstand zu den Abstiegsrängen haben und nicht direkt durch ein schlechtes Ergebnis in die Gefahrenzone rutschen.

Für den FCA war die Partie dann doch wegweisend, weil man aus den Partien gegen Leverkusen und Bayern nur bedingt schlau wird. Zu gut war der Gegner (Leverkusen), zu speziell die Umstände (Bayern). Gerade auswärts tat sich der FCA bisher in dieser Saison immer schwer, auch in den Partien, die er schlussendlich gewann. Das sollte auch gegen Bochum so bleiben. Die Tabelle lügt zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht mehr, die Teams waren auf Augenhöhe und Kleinigkeiten drückten dem Spiel ihren Stempel auf. Am Ende trennte man sich in diesem schwierigen Auswärtsspiel 1:1 und der FCA reiste mit erhobenem Kopf zurück nach Augsburg. Ein paar Themen, über die sich das Trainerteam den Kopf zerbrechen darf, nimmt er aber mit nach Hause:

Der Standard

Es ist ja klar: Wenn Du im Winter einen Standard-Trainer verpflichtest und ab diesem Moment ständig Standard-Tore kassierst, dann wird über Standards gesprochen. Der FCA hat mal wieder nicht zu null gespielt, weil er ein Standard-Gegentor kassierte. Nach einer Ecke. Neuigkeit, oh Neuigkeit. Der Bochumer Stürmer war nach dem missglückten Abwehrversuch von Demirovic (jeder darf einmal) so blank, dass er im Augsburger Sechzehner unbedrängt den Seitfallzieher auspacken und die Pille versenken konnte. Schönes Tor auf Einladung des FCA.

Nun hat Jess Thorup eine Stammelf, das Gegentor fiel erneut in der ersten Hälfte und Automatismen sollten langsam an der ein oder anderen Stelle greifen. Hier nicht. Es machte die Sache dann auch nicht besser, dass der FCA hierdurch mal wieder einem Rückstand hinterherlaufen musste (wann eigentlich zuletzt nicht?). So wird es schwierig auswärts zu überzeugen. Und all das nur, weil ganz grundsätzliche Dinge nicht funktionieren. Meine Hoffnungen liegen auf Lars Knudsen, dem ich nach seinem Wechsel nach Augsburg noch etwas mehr Zeit gebe, um Ergebnisse zu liefern. Wer hätte gedacht, dass ein Standardtrainer der wichtigste Neuzugang des Winters sein könnte?

Harmlosigkeit

Der FC Augsburg der ersten Hälfte in Bochum war danach auch einer der Harmlosigkeit. Die Mannschaft fand keinen richtigen Zug zum Tor und war höchst ungefährlich. Im Quervergleich erinnerte die Partie damit sehr an das Aufeinandertreffen mit Borussia Mönchengladbach. Auch dort kassierte man in der ersten Hälfte ein Gegentor. Auch dort war man ansonsten in Halbzeit 1 ungefährlich.

Spitz auf Knopf. Das war eine ausgeglichene Partie gegen Bochum. (Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Beim FC Augsburg wirft das Fragen auf. Warum findet man in Halbzeit 1 nicht besser ins Spiel? Eventuell sollte Jess Thorup mehr rotieren und einen formstarken Spieler von der Bank bringen, der den ein oder anderen Impuls setzen kann. Nach der Partie gegen Bochum könnte ich mir vorstellen, dass Arne Maier bald mal eine Chance von Beginn an erhält, weil sein Pfostenschuss und der Abschluss, der zum Elfmeter führte, mit am meisten Gefahr in der Schlussphase nach sich zogen. Insgesamt hat Jess Thorup die Aufgabe, zu rechtfertigen, wie das Team so harmlos sein kann, wo er so viele qualitativ hochwertige Optionen im Kader hat. Wir werden sehen, wie er dieses Thema in den nächsten Partien angeht.

Momentum

Auch die zweite Hälfte hatte dann Ähnlichkeit mit dem Spiel in Gladbach. Thorup ist in der Lage über Anpassungen dafür zu sorgen, dass sein Team die Oberhand gewinnt. Am Ende des Tages verbuchte der FCA mehr Ballbesitz, einen höheren xG-Wert und mehr Schüsse als die Bochumer. Warum das erst ab Halbzeit 2 so richtig fruchtete bleibt ein Mysterium.

Thomas Letsch, dem Bochumer Trainer, ist dann im Verlauf der zweiten Halbzeit nichts besseres eingefallen als mit seinen Wechseln ein ums andere Mal die eigene Defensive zu stärken. Letsch gestand seinen Fehler nach dem Spiel ein, indem er sagte: „Ich habe es verbockt.“ Sich hinten einzumauern kostet in der Bundesliga regelmäßig Punkte und ist nun auch in Bochum angekommen. Ein Kompliment an Thorup, mit seinen Umstellungen Letsch an diesen Punkt gebracht zu haben. Nicht vorenthalten will ich an dieser Stelle, dass Letsch auch einfach Pech hatte. Seine Spieler nutzen zwei Konterchancen nicht aus und hätten die Partie entscheiden können.

Verdient

Am Ende des Tages ist das Unentschieden für alle Parteien das verdiente Ergebnis, genau wie auch der Elfmeter berechtigt und Demirovic überzeugend verwandelt hat. Jedes Team konnte der Partie eine Halbzeit lang seinen Stempel aufdrücken, Bochum ist ein stabiles Erstliga-Team, gegen das es vor allem auswärts schwer zu bestehen ist.

Für den FCA bleibt es mit diesem Ergebnis auch leicht die Ruhe zu bewahren. Das Team hat wieder einmal gezeigt, dass es über die volle Spielzeit nicht aufsteckt. Man sieht insgesamt klar die Handschrift des Trainers. Der hat eigentlich nur eine wichtige Aufgabe: In der ersten Halbzeit so zu starten wie meist dann erst in der zweiten. Und schon wird sich der Rest ergeben.

5 Faktoren für Spaß beim FCA

Die Kurve zeigt beim FC Augsburg nach oben. Ja, gegen Leverkusen und auch vor der Winterpause in Stuttgart hat man verloren. Gegen Gladbach konnte man aber schon wieder in die Erfolgsspur zurückkehren und die Gladbacher waren vor der Partie nun nicht zu unterschätzen. Auch gegen die Bayern reichte es am letzten Spieltag nicht für Punkte. Am Bayern-Spiel könnte ich mich auch zwei Tage danach noch abarbeiten. Bringen wird es allerdings wenig. Meine Unzufriedenheit mit dem VAR habe ich schon deutlich kundgetan und sogar damals schon auch zu Abseitssituationen und dem VAR Stellung bezogen. Wie der kicker Christian Dingert die Note 3,5 geben kann, nachdem der Schiedsrichter in 3 entscheidenden Situationen auf dem Feld falsch entschieden hatte und das Spiel durch die VAR-Unterbrechungen mehr zerstückelt wurde als durch demonstrierende Ultras geht mir nicht in den Kopf. Wir sollten uns nun von dem einen Ergebnis und dem fehlenden Spielglück nicht ablenken lassen: Insgesamt ist die Bilanz von Jess Thorup eine Positive.

Mittlerweile scheint der FCA wieder vermehrt in den Fokus zu rücken, auch bei denen die ihn nicht sowieso schon auf dem Schirm hatten. Von Überraschung kann da keine Rede mehr sein. Die Gegner wissen nun schon, auf was sie sich einstellen müssen. Selbst Manuel Baum, ehemals FCA-Cheftrainer und nun dem Geld der Dosen erlegen, hat in seinem Youtube-Kanal über den FCA gesprochen. Mei, selbst die Augsburger Grantler hatten vor der Partie gegen die Bayern – nicht nur auf Grund der vielen Münchner Ausfälle, sondern auch im Glauben an die eigene Stärke – ein gutes Gefühl. Aber wie wird denn nun aus diesem guten Gefühl ein spaßige Rückrunde. 5 entscheidende Faktoren werden hierfür sein:

I. Auswärts überzeugen

Außer den Spielen in Heidenheim und Gladbach hat die große Freude auswärts bisher gefehlt. Jetzt stehen die Spiele gegen Bochum, Mainz und Darmstadt an. Es wird Zeit, auswärts eine Serie zu starten und gegen Gegner, die sich momentan nicht auf Augenhöhe bewegen, auswärts dann auch zu gewinnen. Ja, scheiß auf Zurückhaltung.

Superstar Demirovic wird hoffentlich weiter netzen. Die Mannschaft ist auf ihn angewiesen. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

II. Verletzungsfrei bleiben

Glück wird auch mit dazu gehören. Der FCA blieb in dieser Saison von schwereren Verletzungen bisher verschont. Gerade den ein oder anderen Leistungsträger könnte der FCA nur schwer ersetzen, z.B. auf Ermedin Demirovic könnte der Club kaum verzichten. Gerade auch die Situation, dass sich mehrere Verletzungen ballen, mag ich mir nicht vorstellen. Toi, toi, toi.

III. Gleichgewicht beibehalten

Zu null hat der FCA noch nicht gespielt. Defensiv stabil steht er aber trotzdem. Ein Standardgegentor gegen Gladbach, ein Gegentreffer gegen Leverkusen. In beiden Partien grundsätzlich sehr überzeugend gegen den Ball gearbeitet. Wichtig war dann gegen Gladbach und die Bayern, dass auch offensiv sehr gute Ansätze da waren, die auch zu Toren führten. Offensive Qualität abzurufen und die Defensive nicht zu vernachlässigen, wird das Rezept für den Erfolg sein.

IV. Nicht aus der Bahn werfen lassen

Und dann wird es trotzdem schlechte Spiele und Niederlagen geben. Vielleicht auch am Stück. Hier hat es die Mannschaft bisher gut geschafft, sich sowohl von Niederlagen und als auch Rückständen nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Wenn sie das beibehält, dann wird sie auch weiterhin immer wieder in die Erfolgsspur zurückfinden und für Spaß sorgen. Und auch ein Spieler wie Sven Michel wird seinen Beitrag leisten. Kopf hoch, Sven, das nächste Mal kommt bestimmt.

Siegtore sind grandios. Siegtore sind unbezahlbar. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

V. Go for Glory

Das „Offensive Mindset“ hat Jess Thorup direkt nach seiner Ankunft ausgerufen. Gegen Union Berlin wollte er sich dem Schlusspfiff entgegen mauern. In der Saison, die zur Euro League führte, hatten wir zu diesem Zeitpunkt in der Saison noch nicht einmal Unentschieden gespielt. Scheiß auf Unentschieden. Lasst uns auf Siege setzen!

Für mehr als einen guten Mittelfeldplatz wird es in dieser Saison trotzdem wohl nicht reichen. Zu viele Punkte haben wir in der ersten Phase der Saison liegen gelassen. Zu sehr waren wir auch zwischendurch darauf bedacht, lieber nicht zu verlieren, als auf Sieg zu gehen. Aber trotzdem wird das in dieser Saison wohl keine gefährliche Saison mehr werden. Zu gut steht der FCA schlichtweg da.

Was wichtig bleiben wird: den Fokus nicht zu verlieren, gerade wenn man sich im Niemandsland der Tabelle befindet. Jedes Spiel mit Leidenschaft, Dankbarkeit und Spaß anzugehen. Sich und der Liga immer und immer wieder zu beweisen, wie gut man ist. Nicht locker zu lassen. Denn auch klar: gerade ohne die Augsburger Grundtugend der Intensität wird es niemals gehen. Aber wenn, dann habe ich so viel Bock wie auf eine Rückrunde, wie schon lange nicht mehr. Der Hype ist real. Heja FCA!

Von Gladbach nach Gladbach

Wer hier schon länger mitliest, die weiß, dass Auswärtsfahrten nach Gladbach meine persönliche Nemesis sind. Ja, der FCA hat schon in Gladbach gewonnen. Ich habe gelesen, das dies zuletzt – vor dem gestrigen Tag – in 2015 der Fall war und es würde mich nicht wundern, wenn es so lange her war. Ich war nicht bei jedem Auswärtsspiel in Gladbach, aber oft genug. Es lief meist scheiße. Ich habe Koubeks Slapstickgegentor in Gladbach genauso live gesehen, wie den verkackten Saisonabschluss in der letzten Saison.

Ich kann es trotzdem nicht lassen nach Gladbach zu fahren. Gestern war ich dort mit einem meiner besten Freunde und meine Anmoderation war sinngemäß: Genieß den Apfelpfannkuchen vorher, danach wird es meist schlechter. Die Apfelpfannkuchen sind wirklich gut. Gestern waren sie nicht das alleinige Highlight.

Auf Augenhöhe?

Rein aus sportlicher Sicht – und ohne näher darauf eingehen zu wollen, warum ich mich mit diesen Auswärtsspielen oftmals gequält habe – halte ich die Spiele gegen Gladbach grundsätzlich für spannend. Die Borussia (die im Gegensatz zur anderen Borussia aus Dortmund unter borussia.de zu finden ist) ist ein Club, der auch darauf angewiesen ist, dass gut gearbeitet wird und ansonsten in Nöte gerät. Damit gehört der Club nicht mehr in die Riege um den FCB, BVBV, RBL oder auch Leverkusen. Es steckt kein Großkonzern dahinter und Champions League passiert nur selten.

Für den FCA ist Gladbach, ein großer Traditionsverein mit irrem Einzugsgebiet aber ohne Investoren im Hintergrund, damit so etwas wie der Club, der aufzeigt, wie gut es maximal werden kann. Wenn es beim FCA in den nächsten Jahrzehnten überaus positiv verläuft, dann ist eine Entwicklung in Richtung des Gladbacher Status das Maximale der Gefühle.

Demirovic mit Feuer. (Photo by Lars Baron/Getty Images)

Entwicklung

Als ich in der letzten Woche geschrieben hatte, warum ich das Spiel gegen Leverkusen für nicht so wichtig erachtet hatte, wollte ich die Bedeutung des Auswärtsspiels in Gladbach nicht überhöhen. Einerseits war es für mich persönlich wichtig. Nemesis, kalte Füße, persönliches Wohlbefinden, etc. Andererseits hatte ich beschlossen das Spiel als den ultimativen Gradmesser für die Entwicklung seit dem letzten Auswärtsspiel in Gladbach heranzuziehen. Wie gut ist das Team von Jess Thorup wirklich geworden? Unter Enno Maaßen hatte man hier noch richtig verkackt.

Und auch diesmal lief nicht alles positiv. Ja, der FCA fängt sich immer noch unglückliche Gegentore nach Standards. Ja, man war in der ersten Halbzeit zu harmlos. Touché. Auf der anderen Seite hat das Team sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen lassen. Gladbach hatte zwar Abschlusschancen, aber keine hochkarätigen und die Gladbacher Offensivbemühungen wirkten auch genau so: bemüht. Derweil der FCA die Offensive nicht opferte und mit schönen Kombinationen Tore erzielen konnte. Aus dem Spiel heraus. Dabei hat man sich auch durch den zwischenzeitlichen Rückstand nicht nachhaltig aus der Ruhe bringen lassen, sondern zurück zum eigenen Konzept gefunden. Beeindruckend war zu sehen, wie man weiter mit gut abgestimmten Offensivpressing die Gladbacher vor Probleme stellte und nicht nur mehr lief als die Gladbacher, sondern auch mehr erfolgreiche Dribblings und Ecken hatte. Der FCA war die bessere Mannschaft an diesem Tag. Es ist ganz klar eine Entwicklung zu erkennen.

Auswärts: auf dem Weg zu Konstanz?

Andererseits, neben der Entwicklung vom letzten Auswärtsspiel in Gladbach zu diesem nun, war es für den FCA wichtig, die sportlichen Möglichkeiten auch auswärts verwirklichen zu können. Wenn die Gegner zu Hause Bayern und Leipzig und nun auswärts Bochum und Mainz sind, wird sich in den nächsten Wochen der weitere Weg der FCA in den Auswärtsspielen zeigen. Die Darbietungen zuletzt mit den Niederlagen in Bremen und Stuttgart bereiteten mir da schon einige Sorgen.

Kevin Mbabu stach aus einer guten Augsburger Mannschaft hervor. (Photo by Lars Baron/Getty Images)

Auch in Gladbach sah es wieder so aus, als ob sich der FCA durch ein Gegentor aus dem Tritt bringen lassen würde. Auch in Gladbach ist die Kulisse eindrucksvoll und einschüchternd. Aber Thorup fand wohl gerade in der Halbzeit die richtigen Worte und die Mannschaft konnte die Partie drehen. Gladbach kam in Umschaltsituationen, aber der FCA konnte diese begrenzen. Und auch offensiv gab es immer wieder gute Ansätze. Das hatte gestern nichts mit Mauern und Lucky Punch zu tun. Das war so gewollt und gut umgesetzt. Und das brauchen wir jetzt auswärts öfters.

Intensität, Gleichgewicht und Klasse

Wie kann man als FCA-Fan an diesem Montag nicht positiv gestimmt sein? Der Lieblingsclub konnte gegen Gladbach viel von dem zusammen zeigen, was man beim FCA gerade auswärts oftmals vermisst hat. Einerseits passte die Intensität des Teams. Philipp Tietz‘ Kopfball zum 1:1 mag ich hier hervorheben. Geiler Typ. Andererseits hat die Mannschaft des FCA das Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive mittlerweile gut gefunden. Mit verantwortlich war gestern hierfür Elvis Rexhbecaj, der sich sehr gut sehr lange nah an der gelb-roten Karte bewegte, aber die Kontrolle über sein eigenes Schicksal und das Spiel behielt. Und wenn ich Ermedin Demirovic in der ersten Reihe anpressen und das Pressing steuern sehe, spüre ich Liebe. Zu Intensität und Gleichgewicht kommt Klasse dazu. Alles drei verkörperte Kevin Mbabu gestern perfekt. Klasse ist dann eben auch, wenn Du in der 90+4. Minute deinen Gegenspieler anwirfst, um eine Ecke zu ziehen, nachdem Du den ganzen Tage deine Seite beackert und ein Tor vorbereitet hast. Deckel drauf auf eine perfekte Auswärtsfahrt.

Ich bin froh, dass mit dem Sieg in Gladbach in der Rückrunde gar nicht erst eine negative Dynamik aufkommt. Dies hätte durch die Konstellation mit dem anstehenden Heimspiel gegen die Bayern schnell der Fall sein können. Dieser Sieg war damit umso wichtiger für die Gesamtkonstellation und ist wie der Sieg in Heidenheim ein Stützpfeiler für einen hoffentlich weiterhin positiven Saisonverlauf. Die Hoffnung hatte ich ja schon vorher. Jetzt kann man in Ruhe versuchen, die Bayern zu ärgern. Hauptsächlich geht es aber darum, in Ruhe weiter zu arbeiten und diese Momente des Erfolgs auch mal zu genießen und das Selbstvertrauen darauf mitzunehmen. Zumindest werde ich das diese Woche erstmal tun. Geiler FCA!

Erneut voller Hoffnung

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Es ist Anfang 2024, das erste Testspiel ist gewonnen und ich freue mich schon wieder auf die nächsten Pflichtspiele. Vielleicht liegt es daran, dass ich gerade die erste Auswärtsfahrt des Jahres mit einem Freund geplant habe. Vielleicht liegt es aber auch am FCA, der in 2024 richtig durchstarten könnte. Ja, hier spricht der naive Fußballfan, der schon wieder verdrängt hat, wie wir auswärts teilweise versohlt wurden. Ich glaube aber auch, dass meine Hoffnungen für den FCA in 2024 begründbar sind.

Die Ausgangslage

Nach 16 Spielen hat der FCA 18 Punkte auf dem Konto und steht auf dem 11. Platz der Tabelle. In der letzten Saison unter Enno Maaßen, in die wir mit vielen positiven Aussichten gingen, hatten wir zu diesem Zeitpunkt 3 Punkte weniger. Weinzierl hatte davor auch weniger Punkte auf dem Konto. Derweil wir unter Heiko Herrlich mit einem Punkt mehr da standen.

Die Ausgangslage ist zu diesem Zeitpunkt so gut wie selten, derweil Jess Thorup nicht bei allen Spielen an der Seitenlinie stand. Man könnte jetzt mit Jess‘ Punkteschnitt prognostizieren, wo der FCA landen könnte als auch wie gut wir stehen könnten, wenn mir direkt mit Jess gestartet wären. Es ist müßig. Festhalten können wir derweil, dass der FCA zu diesem Zeitpunkt so gut dasteht, wie schon lange nicht.

Sportliches Konzept in Umsetzung

Warum sollte es unter Jess Thorup noch besser werden? Der FCA befindet sich mit seinem sportlichen Konzept mitten in der Umsetzung. Thorup hat jetzt die erste Vorbereitung mit der Mannschaft (auch wenn es eine kurze ist). Er hat zum ersten Mal länger am Stück Zeit mit der Mannschaft an sportlichen Inhalten zu arbeiten, ohne dass ein Teil des Teams bei den Nationalmannschaften verweilt. Dies wird man auf dem Platz erkennen können, hoffentlich mit positivem Ausgang.

Zusammen mit Marinko Jurendic kann Jess Thorup zum ersten Mal den Kader beeinflussen. Einerseits werden die beiden entscheiden müssen, welche Spieler abgegeben werden. Der Kader ist schlicht zu groß und gerade Jurendic muss hier Hausaufgaben erledigen, damit im Frühjahr keine Unruhe aufkommt. Andererseits wird es darauf ankommen 1-2 Spieler als Katalysatoren zu verpflichten, die es der ganzen Mannschaft erlauben, auf ein anderes Level zu kommen. Hier wird es spannend zu sehen, wen die beiden eventuell aus dem Hut zaubern können, denn auch für Jurendic ist es die erste komplette Transferphase in Augsburg. Ich sehe die Chancen, die in dieser Situation liegen, mehr als die Risiken. Stefan Reuters Ansätze im sportlichen Bereich schienen sich etwas abgenutzt zu haben und ich freue mich auf die neuen Impulse.

Top Typen, die gemeinsam Spaß haben und Erfolge feiern. Hier mit zu fiebern macht wieder mehr Spaß. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Gerüst und Charaktere

Was den beiden zu Gute kommt: am Kader muss zwar nachgearbeitet werden, aber sie übernehmen eine positive Grundsituation aus zweierlei Perspektiven. Einerseits steht das Gerüst des Teams für die Rückrunde. Mit Dahmen im Tor hat der FCA einen Spitzenkeeper im Sommer verpflichtet (sportlich und auch als Typ), Gouweleeuw und Uduokhai sind davor solide Bundesliga-Innenverteidiger, auf die man sich grundsätzlich verlassen kann, mit Dorsch und Rexhbecaj im Mittelfeld davor ist man gegen den Ball sehr gut aufgestellt und mit Demirovic hat man einen Top-Star im Sturmzentrum, der immer für eine Torbeteiligung gut ist. Mit einer solchen Achse im Team wird man weiter Punkte holen.

Neben dem Gerüst hat der FCA mittlerweile wieder auch eine Reihe von Spielern im Kader, die ich als Typen sehr mag. Ich habe Elvis Rexhbecaj sehr dafür ins Herz geschlossen, wir er am letzten Spieltag in Gladbach in die Kurve kam. Ich sympathisiere total mit der dankbaren und positiven Art von Philipp Tietz, der sich auf dem Fußballplatz für nichts zu schade ist und seine Erfolgsmomente in der Hinrunde sehr gut einzuordnen weiß. Und auch Mads Pedersen und Freddy Jensen passen schlicht gut nach Augsburg und ich freue mich über ihre tolle Hinrunde. Letztendlich ist es eine Weile her, dass einem so schnell so viele Spieler einfallen, die einem positiv im Gedächtnis bleiben. Und seit langem überlege ich mir wieder, ein Trikot beflocken zu lassen. Auch darauf kann der FCA sportlich aufbauen. Dieses Team von seiner Grundsubstanz wird sich auch durch 1-2 schlechtere Spieler – zumindest meiner Meinung nach – nicht grundsätzlich erschüttern lassen.

Ausblick

Denn genau darum wird es gehen. Auch die schlechteren Phasen akzeptieren und schnell abhaken zu können. Ted Lasso würde sagen: „ein Goldfisch zu sein“. Dann schlummert im FC Augsburg in 2024 das Potential, sportlich durchzustarten.

Ach, vielleicht ist es auch einfach wieder die naive Hoffnung, das es besser wird. Wir werden es gemeinsam herausfinden. Zumindest umweht den FC Augsburg momentan das Gefühl, dass es sportlich erfolgreich und aufregend werden könnte. Und für heute ist Vorfreude zumindest die schönste Freude. Ich glaube momentan fest daran, dass uns genau dieses Gefühlt erstmal noch eine Weile tragen wird. Heja FCA!

Zu viele für 2 Positionen

Heute geht es um die Innenverteidigung des FC Augsburg. Einerseits hat sich die Defensive unter Jess Thorup stark verbessert. Der FCA kassiert im Schnitt deutlich weniger Gegentore als unter Enno Maaßen (auch wenn er noch nicht zu null spielen konnte) und ein Hauptgrund dafür sind auch die Leistungen des Innenverteidiger-Duos Uduokhai / Gouweleeuw. Andererseits ist im Kader keine Positionsgruppe so stark besetzt wie die Innenverteidigung. Neben den beiden genannten stehen Jess Thorup zusätzlich noch Patric Pfeiffer, Fredrik Winther, Maxi Bauer und Japhet Tanganga zur Verfügung. 6 Spieler für 2 Positionen. Es ist klar, dass hier jetzt im Winter noch etwas passieren muss.

Stammformation, aber wie lange?

Es ist sehr schön, dass Uduokhai und Gouweleeuw so spielen, wie das momentan der Fall ist. Beim FCA hat damit zwischenzeitlich wohl niemand mehr damit gerechnet. Uduokhai wollte im Sommer erst weg, bevor er seinen Vertrag doch noch um ein Jahr verlängerte, weil die Wechseloptionen nicht wie erhofft waren. Felix Uduokhai hat bei uns im Interview bekräftigt, dass er persönlich den Schritt ins Ausland weiterhin geplant hat. Sollte er fit bleiben und seine Leistungen in der Rückrunde bestätigen können, dann wird er den Verein im Sommer verlassen (außer es gibt jetzt im Winter schon einen Überraschungsabgang).

Im Falle von Jeffrey Gouweleeuw ist die Situation etwas verzwickter. Gouweleeuws Vertrag läuft im Sommer aus und ihm wurde im letzten Sommer mitgeteilt, dass dieser nicht verlängert werden soll. Gouweleeuw startete zudem verletzt in die Saison und seit Sommer ist nun Ermedin Demirovic der Kapitän des FCA. Dennoch ist Jeff momentan in Hochform und einer der absoluten Leistungsträger im Team von Jess Thorup. Sein Abgang wird nun im Sommer eine Lücke reißen, so es denn dazu kommt. Sowohl für Jeff als auch den FCA scheint es am besten, sich anzunähern und Jeffs Vertrag erneut zu verlängern. Der FCA hat in der Kaderstruktur sowieso schon nicht gerade viele erfahrene Spieler an Bord, da braucht man nicht auch noch Leistungsträger zu vergraulen.

Die Backups

Hinter den beiden gesetzten Stammspielern scheinen momentan Patric Pfeiffer und seit neuestem Fredrik Winther die Backups zu sein. Pfeiffer kam mit großen Hoffnungen aus Darmstadt und brauchte gerade unter Thorup Zeit für die Umstellung. Winther hatte in der letzten Saison eine gute Leihe und sah bisher kein Licht. Pfeiffer wäre prädestiniert, Jeffs Rolle zu füllen, so man sich im Sommer trennen würde. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, sich von ihm zu trennen. Pfeiffers Berater hat zusätzlich erklärt, dass Pfeiffer sich durchbeißen will. Gut so!

Zu viel Qualität, um sich in Augsburg am Ende nicht durchzusetzen? Ich glaube bei Patric Pfeiffer braucht es einfach noch mehr Zeit. (Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Bei Fredrik Winther ist die Situation komplizierter. Winther braucht Spielpraxis. Andererseits braucht Winther auch Klarheit über seine Zukunft. Wenn es beim FCA nicht für die Bundesliga reicht, dann kann man ihn auch fest abgeben. Wenn der FCA denkt, gerade weil Winther auch Linksfuß ist, dass Winther im Sommer in Uduokhais Fußstapfen treten kann, dann sollte er in der Rückrunde in Augsburg bleiben.

Schwerer Stand

Eigentlich sollte die Auflistung hier enden. Im Kader finden sich aber noch zwei weitere Spieler, die auch um ihre Position und Möglichkeiten ringen. Der erste ist Maximilian Bauer. Ich bin verwundert, dass – nachdem er auch unter Jess Thorup zuerst noch erster Ersatz für die beiden Stammkräfte war – ihm Pfeiffer und Winther den Rang abgelaufen zu haben scheinen. Bauer hat schon Bundesliga gespielt, hat gezeigt, dass er auch das offensive Mindset von Jess Thorup hat und irgendwie passt es momentan doch nicht. Gegen Leverkusen war er zum ersten Mal in dieser Saison nicht im Kader. Etwas mysteriös und schwer einzuschätzen, ohne nähere Einblicke in die Situation zu haben.

Die Leihe von Japhet Tanganga ist dagegen weniger mysteriös und kann man nur als Missverständnis bezeichnen. Maaßen wollte wohl – gerade nach der letzten Saison, in der es im Kader schon mal eng wurde – mehr Innenverteidiger zur Verfügung haben, um 3er-Kette spielen zu können. Thorup spielt ausschließlich mit 4er-Kette bisher und Tangangas Dienste sind somit nicht mehr gefragt. Es ist wohl für beide Parteien das Beste, das Missverständnis und damit die Leihe schon jetzt im Winter zu beenden und die Augsburger Allgemeine vermeldet hier heute auch schon Vollzug. Der Verein hat bisher noch nicht offiziell bestätigt. Das wird wohl in den nächsten Stunden passieren.

Aktivitäten

Schauen wir dann doch mal darauf, was hier noch im Januar passieren sollte. Der FCA sollte anstreben auf den Positionen in der Innenverteidigung noch 2 Spieler abzugeben. Wenn Not am Mann sein sollte, kann auch kurzfristig Robert Gumny hier immer noch einspringen und deswegen sollten 4 Spieler für 2 Personen gut ausreichen. Im Optimalfall ist die Leihe von Japhet Tanganga schon abgebrochen worden. Dazu würde dann entweder Maximilian Bauer oder Fredrik Winther den Verein verlassen. Momentan würde ich dazu neigen, Bauer abzugeben und Winther als Nummer 4 zu halten, aber dies scheint mir im Moment offen zu sein.

Im Sommer steht dann vermehrt Bewegung an. Gehen Uduokhai und Gouweleeuw? Dann macht es wahrscheinlich Sinn einen erfahrenen Back-Up dazuzuholen. Ich hoffe, man findet einen Weg mit Jeff frühzeitig zu verlängern. Sportlich macht es dann auch viel Sinn mit denen die bleiben, weiterzuarbeiten, so diese sich beweisen konnten. Und dann träume ich auch weiterhin davon, dass Reece Oxford nach seiner Long Covid Erkrankung den Weg zurück in die Mannschaft findet. Ich drücke die Daumen, Reece! Der FCA ist wahrlich nicht schlecht aufgestellt in der Innenverteidigung. Die Frage ist nur, welcher der Spieler seine Zukunft auch in Augsburg sieht.

Nicht so wichtig

Samstag 17:30 Uhr. Das erste Bundesligaspiel des FC Augsburg ist gespielt und bis 17:15 Uhr sah es auch im Ergebnis so aus, als ob der der FCA Bayer 04 Leverkusen ein Bein stellen könnte auf deren Weg zur Herbstmeisterschaft. Am Ende reichte es nicht für einen Punkt, obwohl der FCA die beste Mannschaft des letzten halben Jahres lange erfolgreich daran gehindert hatte, ein Tor zu schießen. Man könnte sich nun lange vom späten Zeitpunkt und dem Ausgang des Spiels frustrieren lassen. Sollte aber keiner machen. Warum?

Eine Reaktion

Auf sportlicher Ebene ist es nicht so wichtig, wie das Spiel im Ergebnis ausging, weil Unentschieden-Spiele überbewertet werden. Für den Ligaverbleib ist es wichtiger, Spiele zu gewinnen. Der FCA hat eben durch den späten Treffer nicht einen Sieg sondern nur ein Remis aus der Hand gegeben. Okay, passiert. Der späte Ausgleich gegen Gladbach in der Hinrunde war hier viel schmerzvoller.

Auf der anderen Seite war es immens wichtig, dass nach dem enttäuschenden Spiel in Stuttgart eine Reaktion erfolgt und sich der FCA nicht direkt vom nächsten Top-Team in der Liga hat her spielen lassen. Dies kann man am Ende des Tages auf jeden Fall bestätigen: der FCA war mitten drin in der Partie und mit ein bisschen mehr Match-Glück (z.B. bei der Tietz-Abseitssituation) geht das anders aus. Mit solchen Performances werden wir diese Saison aber nicht unten rein rutschen. Zumindest wenn das Team auch auswärts ähnliches zeigen kann.

Abseits des Rasens

Klar, Mannschaft und Trainer waren in dieser Woche auf die Partie gegen Leverkusen fokussiert und es wäre schön gewesen, hier positiv im Ergebnis zu überraschen. Abseits davon ist das Sportliche beim FCA in den Hintergrund getreten. Den Verein, Mitarbeiter und ehemalige Kolleg:innen hat in dieser Woche der Verlust von Alexander Edin tief getroffen. Der FC Augsburg hat einen berührenden Nachruf an dieser Stelle veröffentlicht. Zum Gedenken an Edde verstummte die Ulrich-Biesinger-Tribüne zu Beginn der zweiten Halbzeit und zeigte ein großes Banner über die Breite der ganzen Tribüne. Es war berührend.

Wer sich in den letzten 10 Jahren intensiver mit dem FC Augsburg beschäftigt hat, wird irgendwann in Kontakt mit Alexander Edin gekommen sein, entweder in seiner Rolle als Fanbeauftragter oder durch sein sonstiges, vielfältiges Engagement rund um den Verein. Ich habe mit ihm bei Recherchen zu Fan-nahen Themen telefoniert und ihn dabei als positiven und hilfsbereiten Menschen kennengelernt. Eddes Verlust ist sowohl menschlich für seine Familie und Freunde schmerzlich, aber auch der FCA verliert mit ihm eine Person, die mit dem Verein durch dick und dünn gegangen ist und sich auf unterschiedlichste Wege engagiert hat. Ruhe in Frieden, Alexander Edin!

Besinnung aufs Wesentliche

Das Leben hat seinen eigenen Plan und so ist es nun am FCA mit diesem Verlust umzugehen. Einerseits sollte es uns allen wichtig sein, dass Alexander Edins Familie keine wirtschaftlichen Sorgen zu erleiden hat. Ich habe die Hoffnung, dass die FCA-Familie hier den FCA-Wert des Zusammenhalts lebt. Während des Spiels am Samstag wurde Edde hinter der UBT gedacht und Spenden zu Gunsten seiner Familie gesammelt. Ich gehe davon aus, dass die FCA-Familie hier weiter zusammenhält.

Andererseits ist es für uns alle insgesamt vielleicht ein guter Moment, um sich daran zu erinnern, was wirklich wichtig ist. Wir kommen beim Fußball zusammen, treffen unsere Freunde und unser Lieblingsteam spielt gegen die besten Teams aus Deutschland und fordert diese heraus. Philipp Tietz hat es vor kurzem im Interview schön formuliert, auf die Frage, wie 2024 zu einem guten Jahr wird: „Am wichtigsten ist, dass meine Familie gesund bleibt und wir von Verletzungen möglichst verschont bleiben. Und wenn wir dann zufrieden auf das Jahr zurückschauen können, dann haben wir viel erreicht.“. Für Alexander Edins Familie ist schon diese einfache Ziel nicht mehr zu erreichen. Für uns andere ist vielleicht der Moment gekommen, sich selbst an die eigene Nase zu packen.

Laut werden

Die momentane Stimmung in Deutschland wirkt so negativ wie lange nicht. Es wird viel gemotzt. Demonstriert. Es werden Pläne geschmiedet, Menschen aus unserem vielfältigen und bunten Land zu entfernen. Es ist an uns allen selbst, in einzelnen Situationen nicht still hinzunehmen, sondern selbst Position zu beziehen. Auf dem Banner für Edde stand am Samstag: „Omnia Vincit Amor“, was übersetzt heißt „Liebe besiegt alles“. Mehrfach wird in diesen Tagen darauf hingewiesen, dass die schweigende Mitte lauter werden soll. Die Liebe kann nur siegen, wenn man für sie in den Kampf zieht.

Und so will ich diesen Moment nach dem ersten Bundesligaspiel in 2024 nutzen, um klar zu machen, was für mich für den FCA in 2024 wichtig erscheint. Der FCA war zwar in der Vergangenheit ein Verein, der sich um Erinnerungskultur bemüht und Haltung gezeigt, dies aber auch mit einer gewissen Zurückhaltung getan hat. Ich wünsche mir, dass bei den großen gesellschaftlichen Themen der Verein und alle Beteiligten seine Werte laut und kraftvoll vertritt. Es darf in der wwk-Arena keinen Platz für Nazis geben.

Zeit für Impulse

Wenn mich jemand fragt, wie dieses Jahr 2024 für den FCA ein erfolgreiches werden wird, dann geht es mir – wie in diesem ganzen Beitrag – weniger um das Sportliche. Ein weiteres Mal Klassenerhalt bei dem Potential dieses Kaders, sorgt zwar für Freude, aber überschäumen tut da nichts. Der FCA soll helfen, mit einer gewissen Signalwirkung die Lethargie zu durchbrechen, die viele von uns – mich eingeschlossen – befallen hat. Als Max Krapf Präsident des FCAs wurde, ging es wieder vermehrt darum, die Verbindung zu Stadt und Region zu stärken. Es ist für mich die Zeit gekommen, dass der FCA auch – deutlich wahrnehmbar – in Stadt und Region für seine Werte eintritt und gesellschaftliche Impulse gibt. Am Ende geht es um die Menschen, mit denen man zusammen im Stadion sitzt oder steht. Die bleiben und für die gilt es einzutreten.

Um mich an Philipp Tietz Zielsetzung zu orientieren: Der FCA wird als Organisation nicht zufrieden auf das Jahr 2024 zurückschauen können, wenn er in Zeiten, in denen die gesellschaftliche Spaltung vorangetrieben wird, nicht mit den Mitteln, die er zur Verfügung hat, gegen die Spaltung und für die Liebe eingetreten ist. In diesem Sinne: Heja, FCA.

Geile Typen

Philipp Tietz war in der Hinrunde des FC Augsburg eine absolut positive Überraschung. Nachdem er zwei Jahre in Darmstadt absoluter Leistungsträger war, konnte man sich schon die Frage stellen, wie viel Eingewöhnungszeit Tietz in der Bundesliga und beim FCA brauchen würde. Und obwohl Tietz – wie die gesamte Mannschaft – ein paar Spiele (und einen neuen Trainer) brauchte, um in der Saison 2023/24 vollständig anzukommen, war sein Effekt danach umso größer. So groß, dass sogar Julian Nagelsmann ein Auge auf Tietz geworfen hatte. Er ist halt auch ein geiler Typ, den man selbst live erlebt haben muss. Zumindest bei mir hat sich dieser Eindruck nach dem folgenden Interview gefestigt.  

Andy: War 2023 das Jahr des Philipp Tietz?

Philipp Tietz: Für mich persönlich lief vieles gut, aber das sind ja keine weltbewegenden Dinge, die ich da geleistet habe. Meine Familie ist gesund und uns geht es gut. Ich habe in der zweiten Liga mit Darmstadt regelmäßig getroffen und bin dort aufgestiegen. Der Wechsel nach Augsburg hat gut geklappt und ich konnte hier meinen Beitrag leisten, mir den Traum meines Bundesligadebüts erfüllen. Auch 2024 soll ein tolles Jahr werden.

Andy: Du bist im Sommer als Aufstiegsheld aus Darmstadt gekommen. Wie ist damals die Entscheidung auf Augsburg gefallen?

Philipp Tietz: Ich hatte in Darmstadt schon im Vorhinein meinen Wechselwunsch klar kommuniziert und die Verantwortlichen des FCA waren in den Gesprächen super. Da hat einfach vieles gepasst. Augsburg ist ein sympathischer, etablierter Erstligist und der Schritt hat sich für mich richtig angefühlt. Und bis jetzt haben sich meine Hoffnungen hier ja auch vollends erfüllt. Es ist sehr familiär und das weiß ich sehr zu schätzen.

Andy: Hast Du selbst erwartet, dass es für Dich so gut läuft oder warst Du eher überrascht?

Philipp Tietz: Ich weiß ja schon auch, was ich kann und kenne meine Qualitäten. Ich will in jedem Training und Spiel alles raushauen und habe hier das Vertrauen bekommen. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber ich bin schon auch sehr gierig, und arbeite hart daran mich weiter zu verbessern. Ich glaube, der Verein hatte klare Vorstellungen, warum er mich geholt hat und wie ich helfen soll.

Andy: Du hast in einem anderen Interview gesagt, dass Du ein großer Fan von Olivier Giroud und der Spielweise von Athletico Madrid bist. Der FCA hat sich über die letzten Jahre schon auch immer wieder den Ruf erarbeitet, dass er schwer zu bespielen ist. Passt Du mit deiner Spielweise einfach gut zum FCA?

Philipp Tietz: Ich bin grundsätzlich ein Typ, der sich in jeden Zweikampf reinwirft und bestimmt niemand der rum heult. Schon ein bisschen Alte Schule vielleicht. Aber das ist halt das, was immer geht. Selbst wenn es in Spielen mal schlecht läuft, dann kann ich das immer abrufen und versuchen es dem Gegner möglichst schwer zu machen. Das sieht man bei sehr vielen Spielern in unseren Reihen und wir pushen uns da auch gegenseitig.

Philipp Tietz hat viel Freude bereitet und ich freue mich auf mehr davon.(Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Andy: Dies scheint jetzt auch wieder mannschaftlich geschlossener zu passieren mit Jess Thorup als Trainer. Ist es diese mannschaftliche Geschlossenheit das Hauptresultat des Trainerwechsels, nachdem es taktisch nicht zum großen Umbruch kam?

Philipp Tietz: Jess Thorup hat seit seiner Ankunft einfach einen tollen Job gemacht, in der Kommunikation mit der Mannschaft, auch um uns das Selbstvertrauen wieder zurück zu geben. Ich könnte hierzu noch viel sagen, aber er ist einfach ein geiler Typ. 

Andy: Gegen Heidenheim hattet ihr dann auch ein bisschen Glück, dass ihr den Rückstand noch drehen konntet. Ein Wendepunkt in der Saison bisher?

Philipp Tietz: Klar. Danach haben wir gegen Wolfsburg und in Köln nachgelegt und damit hat sich die Dynamik auch verändert und das Selbstvertrauen in unsere Möglichkeiten war wieder da. Mittlerweile greifen auf dem Platz Automatismen und die Dynamik im Training ist eine andere.

Andy: Jetzt geht der Fokus auf die Rückrunde. Wie ist dein Gefühl nach der Vorbereitung?

Philipp Tietz: Wir hatten wie alle Mannschaften eine sehr kurze Pause. Für mich war es erstmal gut, Urlaub in der Heimat bei unseren Familien zu machen und mich für eine kurze Zeit gar nicht mit Fußball zu beschäftigen. Als wir dann alle zurückgekommen sind, hatten wir direkt wieder Bock und haben im Training Vollgas gegeben. Psychologisch war es gut, im Test gegen Hoffenheim zu null zu spielen und ein Erfolgserlebnis zu sammeln und jetzt sind wir bereit wieder anzugreifen und Leverkusen zu zeigen, was wir können.

Andy: Hilft euch dabei die Ausgangssituation, dass Leverkusen die Favoritenrolle innehat?

Philipp Tietz: Wir wollen es ihnen auf jeden Fall möglichst schwermachen. Aber nicht nur das. Uns geht es schon auch darum zu zeigen, dass wir mehr als nur zerstören, sondern auch selber Fußball spielen können. Ich freue mich einfach, dass es wieder losgeht.

Andy: Wie wird 2024 noch besser als 2023?

Philipp Tietz: Am wichtigsten ist, dass meine Familie gesund bleibt und wir von Verletzungen möglichst verschont bleiben. Und wenn wir dann zufrieden auf das Jahr zurückschauen können, dann haben wir viel erreicht.

Andy: Und wenn Du mit einem Augenzwinkern vielleicht einen Blick in die etwas weitere Zukunft werfen willst: Du hast ja schon einige Stationen in deiner Vita angesammelt. Bist Du bereit endlich bei einem Verein anzukommen und dort zu einer Institution zu werden oder bleibst Du ein Wandervogel?

Philipp Tietz: Mann, wenn Chelsea anklopft und mich haben will, dann muss ich das machen. Aber mal Spaß beiseite. Ich bin jetzt erst seit einem halben Jahr hier und fühle mich in Augsburg mit meiner Familie sehr wohl. Man weiß nicht was das Leben noch bringt, aber ich kann mir gut vorstellen länger in Augsburg zu bleiben.

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