Zum Zuschauen verdammt

Breit ist der Kader des FC Augsburg. Dazu sind fast alle Spieler fit. Außer Reece Oxford fehlt im Moment niemand langfristig. Eine seltene Situation bei einem Bundesligisten. Wenn man dazu noch aus 4 Spielen 8 Punkte holt und nicht verliert, bewegt sich wenig im Kader. Dies hat nun vor der Länderspielpause bedeutet, dass einige Spieler überhaupt nicht mehr zum Einsatz gekommen sind und sich nicht mal mehr im Kader wiederfanden. Ein Blick auf die Spieler, die man am wenigsten in dieser Situation erwartet hätte:

Patric Pfeiffer

Felix Uduokhai wollte den FCA verlassen. Jeffrey Gouweleeuw wurde mitgeteilt, dass sein Vertrag nicht mehr verlängert würde. Anfang der Saison hat man sehnlichst darauf gewartet, dass Patric Pfeiffers Rot-Sperre aus Darmstadt endlich abgesessen wäre, so dass er schnellstmöglich dem FCA sportlich helfen könnte. Einige Wochen später spielen Uduokhai und Gouweleeuw wieder in der Innenverteidigung. Selbst während einer Sperre von Uduokhai kam Maxi Bauer zum Einsatz. Pfeiffer schafft es derweil noch nicht mal in den Kader. Ich bin vor der Saison fest davon ausgegangen, dass Pfeiffer ein fixer Bestandteil des Teams sein würde. Wie man sich doch irren kann.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch Freddy Winther keine Einsatzchancen in Augsburg bekommt, durch die Fülle von Innenverteidigern.

Dion Beljo

Mergim Berisha ließ man im Sommer auch deshalb ziehen, weil man mit einem gewissen Selbstbewusstsein davon ausging, dass man auf den Abgang vorbereitet sei. Dion Beljo kam im Winter aus Kroatien zum FCA und lieferte in der Rückrunde schon einige Tore ab. Nur ist Beljo momentan nicht gefragt, denn ihm wurde von Sommer-Transfer Philip Tietz der Rang abgelaufen. Tietz ist auch körperlich präsent und stark im Festmachen von langen Bällen. Tietzi, der gerüchteweise bei Nagelsmann für die Nationalmannschaft zumindest in Betracht kam, ist in der Form seines Lebens und Beljo kommt schlicht nicht vorbei. Das Glück des einen ist das Pech des anderen. Ich glaube trotzdem, dass Beljos Zeit noch kommt.

Irvin Cardona und Nathanael Mbuku

Im Winter zusammen mit Dion Beljo gekommen, um für die Offensive mehr Optionen zu schaffen. Beide sind momentan keine Option. In Einzelgesprächen hat ihnen Jess Thorup erklärt, warum es momentan nicht reicht. Gerade die gute Form von Freddy Jensen und die offensive Variabilität von Sven Michel machen beiden einen Strich durch die Einsatzrechnung. Cardona kam in der abgelaufenen Saison in der Rückrunde zumindest zum Einsatz. Kann man bei Mbuku schon von einem Fehlgriff sprechen? Für beide keine zufriedenstellende Situation.

David Colina hängt im Kader hinter Iago und Mads Pedersen fest. Wie lange noch? (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

David Colina

Iago wollte wechseln und Mads Pedersen hat im Sommer seinen Vertrag verlängert. Nun gab es keinen Interessenten, mit dem Iago und der FCA über einen Wechsel überein gekommen wären. David Colina hat es nun erwischt, denn mit den beiden etablierten Kräften kann er nicht mithalten und so reicht es – solange die Kollegen gesund sind und Iago weiterhin beim FCA spielt – noch nicht einmal für den Kader. Talente zu kaufen, nur um sie dann doch nicht zu entwickeln, ist dann auch nicht der richtige Weg. Ob wir beim FCA noch herausfinden, welches Potential in Colina steckt? Ein Winter-Abgang von Iago könnte hier die Türe öffnen.

Arne Maier

Ja, Arne Maier ist momentan verletzt. Aber auch in seiner letzten Partie vor der Verletzung war er nicht im Kader. Ganz ehrlich: Wenn sollte man für ihn momentan nicht nominieren? Sven Michel? Es ist schwierig, weil Maier auch an Arne Engels, dem belgischen Wunderkind, nicht vorbeikommt. Engels liefert auch in begrenzter Einsatzzeit genug positive Momente und hat eines der Spiele unter Jess Thorup eigenhändig gedreht und verbreitet viel Hoffnung. Maier dahingegen hat mal wieder -auch systembedingt – seinen Platz eingebüßt. Kann er erneut überraschen und zurückkommen?

Systemfrage

Die große Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt: welche sportliche Ausrichtung präferiert Jess Thorup? Ändert sich etwas durch die Hinzunahme eines neues Co-Trainers? Bis jetzt hat sich an der taktischen Ausrichtung des Teams kaum etwas getan. Die Länderspielpause bietet sich natürlich dafür an, neue Systemvarianten einzustudieren, gerade weil beim FCA nicht übermäßig Spieler auf Länderspielreise sind.

Gerade für die verteidigende Zunft stellt sich die spannende Frage, ob Jess Thorup es in Betracht zieht, 3er Kette spielen zu lassen. Dies scheint in der Kaderplanung der Maaßensche Plan gewesen zu sein. Ansonsten wird es im Kader einen Abgang von klassischen Schienenspielern und Innenverteidigern geben müssen, für die man schlicht nicht mehr die geplante Verwendung hat (und Robert Gumny wird weiter als klassischer Rechtsverteidiger zum Einsatz kommen).

Auf die Systemfrage aufbauend wird sich auch zeigen, welche der oben genannten Spieler überhaupt eine Zukunft in Augsburg haben. Der Augsburger Kader ist zu groß und Marinko Jurendic hat mir im Gespräch gesagt, dass dieser weiter ausbalanciert werden soll. Man braucht nun kein Prophet sein, um anzunehmen, dass drei der oben genannten Spieler im Februar nicht mehr in Augsburg unter Vertrag stehen werden. Nur welche werden es sein?

Erfahrungsschwund

Wenn man sich den Augsburger Kader anschaut, dann wird man erschlagen von der Vielzahl der Spieler. Noch nicht mal alle Spieler schaffen es in den Spieltagskader und auch prominente Namen wie Arne Maier gegen Wolfsburg kommen nicht zum Zug. Und dennoch fehlt es dem Kader an einem speziell: Erfahrung. Dies liegt daran, dass man in Augsburg über das letzte Jahr so viele Spieler mit massig Bundesligaerfahrung hat gehen lassen und – rein in Bezug auf diese Erfahrung – keinen Ersatz verpflichtet hat.

Die Erfahrungsabgänge

Wir müssen hier jetzt nicht bei Daniel Baier anfangen. Ich verfolge diese Welle einmal bis zu Florian Niederlechner zurück, der im letzten Winter zu Hertha BSC gewechselt ist, nachdem ihm Hertha einen Zweijahresvertrag angeboten hatte und der FCA aber nicht zu Potte kam trotz auslaufendem Vertrag. Niederlechner hatte zum Zeitpunkt seines Wechsels 181 Bundesligaspiele auf dem Buckel. 3,5 Jahre war er für den FCA aktiv und kam in dieser Zeit auf 27 Bundesligatore.

In der Rückrunde kündigten sich dann weitere Abgänge an. Daniel Caligiuri kam unter Enno Maaßen nicht mehr zum Zug und sein Vertrag wurde in Augsburg nicht verlängert. 372 Bundesligaspiele hat Caligiuri absolviert und war zu Beginn seiner Zeit beim FCA ein Leistungsträger, bevor seine Bedeutung immer mehr schwand. Von seiner Erfahrung her konnte ihm beim FCA niemand das Wasser reichen.

Im Laufe der Rückrunde zeichnete sich auch ab, dass Rafal Gikiewicz nicht auf die notwendige Anzahl an Pflichtspielen kommen würde, die er benötigte, damit sich sein Vertrag verlängerte. Entsprechend ging auch die Zusammenarbeit zwischen dem charismatischen Keeper und dem FCA zu Ende. 169 Erstligaspiele hatte Gikiewicz gesammelt, der in Deutschland in der Bundesliga etwas ein Spätstarter war. Am Ende war es wohl auch Gikis Extravaganz, die dazu führte, dass der FCA die Zusammenarbeit nicht fortführen wollte.

Erneut verletzt und die Karriere beendet: Julian Baumgartlingers Erfahrung steht dem FCA nicht mehr zur Verfügung. (Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Pech hatte Julian Baumgartlinger. Baumgartlinger ist ein starker Typ, den der FCA gerne noch weiter gehalten hätte. Baumgartlinger jedoch verletzte sich spät in der Saison und verkündete darauf hin sein Karriereende, anstatt beim FCA vielleicht noch ein Jahr dranzuhängen. So bleibt es am Ende bei 255 Bundesligaspielen und einer tollen Karriere.

Ähnlich sieht es bei einem weiteren Spieler aus, bei dessen Verabschiedung zum Ende der vergangenen Saison mir die Tränen gekommen sind. Die Rede ist natürlich von André Hahn, einem der besten, der für den FCA im letzten Jahrzehnt gespielt hat. Auch Hahn verletzte sich schwer und der Verein nahm darauf hin Abstand den Vertrag zu verlängern. Hahn kam auf genau 250 Bundesligaspiele und sein Name wird in Augsburg immer mit großem Respekt ausgesprochen werden.

Gerade noch inne gehalten

Zwei weitere Abgänge standen im Sommer im Raum, die zum einem weiteren Schwund von Erfahrung gesorgt hätten. Einerseits wurde Jeffrey Gouweleeuw mitgeteilt, dass sein Vertrag nicht über 2024 hinaus verlängert wird. Gouweleeuw verletzte sich in der Vorbereitung und fand evtl. auch deswegen keinen interessierten Verein, der ihn nun schon vorzeitig verpflichtet hätte. Im Sommer hätte der FCA ihm wohl keine Steine in den Weg gelegt. Gouweleeuw hat mittlerweile über 200 Bundesligapartien für den FCA absolviert und ist gerade wieder in der Innenverteidigung nicht aus der Mannschaft wegzudenken.

Neben Gouwleeuw spielte über 86 Minuten gegen Wolfsburg Felix Uduokhai. Uduokhai hatte seinen Vertrag erst nach einigem hin und her um ein Jahr verlängert und hatte eigentlich vor, den FCA im Sommer zu verlassen. Uduokhai hat mittlerweile über 120mal in der Bundesliga gespielt und ist schon jetzt zu den erfahrenen Kräften in Augsburg zu zählen. Auch in seiner Person hätte der FCA viel Routine auf dem Niveau der Bundesliga verloren.

Erfahrung ist notwendig

Ein großer Fokus beim FC Augsburg liegt darauf, Spieler zu entwickeln. Um dies in Ruhe tun zu können, kommt es allerdings auf die richtige Mischung in der Mannschaft an. Nach Jeffrey Gouweleeuw prangt hier erfahrungsseitig ein größeres Loch, das sich erst mit der Zeit schließen kann. Erfahrung und Abgebrühtheit auf den Rasen zu bringen, die dann auch dafür sorgen, dass man sich – wie in dieser Saison öfters gezeigt – durch Rückstände nicht aus der Ruhe bringen lässt, ist daher ein Thema auf dem ein Augenmerk liegen wird. Nicht zu Unrecht ist Gouweleeuw mittlerweile wieder sportlich unangefochten im Einsatz auch wenn er sich öffentlich fragwürdig geäußert hat.

Elvis bringt die Erfahrung von über 140 Bundesligaspielen auf den Rasen (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Gerade wenn man sich die Besetzung des defensiven Mittelfelds anschaut, dann spielt Erfahrung eine Rolle. Elvis Rexhbecaj kommt auch deshalb zum Zuge, weil er deutlich mehr Bundesligaerfahrung hat als seine Kollegen. Niklas Dorsch machte in diesen Tagen gerade einmal sein 50. Spiel in der Bundesliga. Arne Engels kommt auf gerade einmal über 20 Spiele. Rexhbecaj hat im Alter von gerade 26 Jahren schon über 140 Bundesligaspiele angesammelt. Er hat eben viele Situationen schon gesehen und ist nicht so schnell zu verunsichern.

Ich hatte vor der Saison prognostiziert, dass auf Jeff eine wichtige Rolle entfallen wird. Nun da Stefan Reuter und Enno Maaßen den Verein verlassen haben, macht es eventuell auch Sinn die Entscheidung bzgl. einer möglichen Verlängerung seines Vertrags zu überdenken. Auf der anderen Seite wird es wichtig werden, evtl. den ein oder anderen Veteranen noch dazu zu holen und den Kern der erfahrenen Spieler in der Mannschaft zusammenzuhalten. Denn abseits der Erfahrung sieht es momentan schon so aus, als ob der FCA eine gesunde Mischung an Spielern beinander hätte, die nun gemeinsam die nächsten Schritte machen kann. Nach vorne und nicht zurück.

Unter dem Radar

In diesen Tagen hat eine Person beim FC Augsburg betont, dass der Cheftrainer die wichtigste Personalie für einen professionellen Fußballclub sei. Die Aussage wurde rund um die Verpflichtung von Jess Thorup von Marinko Jurendic getätigt. Jurendic wollte in diesem Zusammenhang wohl hervorheben, warum es wichtig war, sich für die Entscheidung für einen neuen Trainer Zeit zu nehmen. Jurendic konnte auch schlecht sagen, dass der Cheftrainer die wichtigste Personalie ist nach dem sportlich Verantwortlichen: ihm selbst.

Der Sportdirektor im Fokus

Nach dem Wechsel auf dem Präsidentenposten, vom im Tagesgeschäft eingebundeneren Klaus Hofmann zu Max Krapf, und dem Rückzug von Stefan Reuter in eine beratende Rolle, kann die Debatte nun beginnen, wer beim FC Augsburg für die mittel- und langfristige Entwicklung des Vereins die wichtigste Rolle einnimmt. Einerseits wäre hier der alleinige Geschäftsführer Michael Ströll zu nennen, der gerade im kaufmännischen Bereich die Fäden in der Hand hält und nachhaltig Strukturen aufgebaut hat. Andererseits spricht dies momentan auch gegen Ströll. Der kaufmännische Bereich ist geordnet, die Strukturen sind aufgebaut, der FCA ist wirtschaftlich gesund und läuft.

Umso mehr ist Ströll und der FCA darauf angewiesen, dass Marinko Jurendic seinen Job macht und auch im sportlichen Bereich für Ordnung und eine langfristige Vision sorgt. Als jemand, der neu im Verein ist, muss er zudem lernen, wie der Club tickt und sich Stück um Stück dem Wertegefüge annähern. Jurendic selbst war bis dato auch noch nicht im Auge des öffentlichen Interesses, wie es seine Rolle und Bedeutung vermuten lassen würde. Dies verwundert auch nicht, war doch bei seiner Verpflichtung noch nicht kommuniziert worden, dass Stefan Reuter sich zurückziehen würde. Und es hatte ja auch niemand gedacht, dass er so schnell „die wichtigste Personalie des Vereins“ neu zu klären hätte.

Kommunikativ und offen

Als ich in Heidenheim vor Ort war und das Spiel – ganz gegen meine Gewohnheiten – von der Pressetribüne aus verfolgte, traf ich im Nachgang zum Spiel erstmals persönlich auf Jurendic. Die Stimmung war gelöst nach Jess Thorups erstem Sieg und Jurendic nahm sich reichlich Zeit für die Journalisten vor Ort. Ich kann hier nun keine konkrete Aussage hervorheben, die mir im Gedächtnis geblieben wäre. Eine gewisse Grundskepsis bei sofort nach Spielen getätigten Aussagen ist sowieso immer angebracht. Man merkt direkt nach Spielen allen Beteiligten eine gewisse Grundanspannung weiterhin an. Seine offene kommunikative Art stach allerdings schon dort hervor.

Umso mehr habe ich mich gefreut, dass „Jure“ sich die Zeit genommen hat, um mir meine Fragen zu beantworten und sich mit mir auszutauschen, so dass ich mir selbst einen Eindruck von einer Person und seiner Herangehensweise verschaffen konnte.

Der Teamplayer

Als erstes hatte mich dabei interessiert, warum Jure sich für die Herausforderung beim FCA entschieden hatte. Nach einer ersten Anfrage im Februar und einem Stadionbesuch in Augsburg im Laufe der Rückrunde, vertagte er eine konkrete Entscheidung bis nach der Saison. Mir erscheint in diesem Zusammenhang wichtig, dass es für ihn die richtige Herausforderung zur richtigen Zeit war. Nach 5 Jahren in Zürich, in denen er auch Meister wurde, stellte er nach der Anfrage fest, dass der Weg nach Augsburg kein weiter ist. „Ich musste erstmal googlen, wo Augsburg überhaupt genau liegt. Ich hatte eine grundsätzliche Vorstellung, aber detailliert hatte ich mich mit Stadt und Verein noch nicht beschäftigt. Das habe ich dann im März erstmals gemacht.“ Man denkt immer, man kennt sich im Fußballzirkus. In diesem Fall jedoch nicht. Jurendic kam zum ersten Mal mit Michael Ströll und Stefan Reuter in Kontakt, obwohl er grundsätzlich affin mit der deutschen Bundesliga war. Auf der anderen Seite war er wohl überzeugt von seinem eigenen Kompetenzprofil und traute sich den Sprung in die größere Liga zu.

Ich habe wohl gemerkt, wie er bezüglich der Entscheidungsfindung die Rolle seiner Frau und seines Sohns betont hat. Jurendic ist ein Familienmensch, der die eigene Karriere nur im Einklang mit dieser vorantreibt und das macht ihn sympathisch. Auf der anderen Seite betonte er, wie wichtig für ihn in Augsburg die Personen waren, die den Kontakt aufnahmen. Zudem musste das Umfeld passen. Mit Michael Ströll und Stefan Reuter lag er auf einer Wellenlänge und so ist die Entscheidung eine, die abseits des Potentials beim FCA vor allem davon getrieben war, sich in das bestehende Team einzubringen. „Ich habe mir das Ganze dann auch vor Ort angeschaut. Dort wurde das Gefühl, dass ich durch die Gespräche hatte, bestätigt, dass sehr viel Potential vorhanden ist und sehr gute Leute am Werk sind.“ Nach dem Saisonabschluss folgte die feste Zusage.

Das Ende der Transferperiode

Jurendic kam erst zum 01.08., weil er in Zürich noch die Vorbereitung auf die jetzige Saison abschließen wollte. Er wollte im Guten gehen und das spricht für ihn. In Augsburg waren derweil schon viele Dinge im Hinblick auf die Saison geregelt. Einerseits hatte man sich entschieden nach ausführlicher Analyse mit Enno Maaßen weiterzumachen, auch wenn der Saisonabschluss verkackt wurde. Andererseits war so manche Kaderentscheidung getroffen worden. Dass sich Stefan Reuters Rolle ändern würde, war allen Beteiligten bewusst. Wie genau, die Rollen gelebt würden, hat sich seitdem gefunden. „Für mich war klar, dass ich die operative Verantwortung im sportlichen Bereich haben würde. Ich wusste, was ein Sportdirektor in Zürich zu tun hat. In Augsburg ist für mich wichtig, dass ich seit Beginn der Gespräche mit den gleichen Menschen im Austausch stehe und wir gemeinsam an den Strukturen arbeiten.“

Einer der ersten Erfolgsmomente: Die Vertragsverlängerung mit Felix Uduokhai (Bild: FCA)

Jurendic erkannte gewisse Lücken, die man noch angehen wollte. Der FCA und in diesem Fall direkt Jurendic selbst, musste erst einmal seine Hausaufgaben auf der Abgangsseite machen, weil es hierfür eine wirtschaftliche Notwendigkeit gab und der Kader auch schon sehr groß war. Gerade nach dem Abgang von Berisha zur TSG Hoffenheim war man wieder in der Lage, Spieler zu verpflichten. „Wir wollten den Kader ausbalancieren. Wir haben Stanic, Sarenren Bazee und Malone zusätzlich zu Berisha transferiert. Zusätzlich wollten wir die Position rechts hinten doppelt besetzt wissen und eine gewisse Breite in der Innenverteidigung schaffen.“ Die Transfers von Mbabu und Tanganga waren vorher sondiert worden und konnten so auch in kurzer Zeit noch realisiert werden. Nicht das schlechteste Ende einer Transferperiode.

Keine Ruhephase

Jurendic hatte mit Sicherheit darauf gehofft, dass Ruhe einkehren würde. Sportlich war dies aber nicht der Fall. Eine blamable Pleite im Pokal, ein maues Unentschieden gegen Bochum und diverse Niederlagen, v.a. gegen nicht überzeugende Freiburger und zu Hause gegen Darmstadt, sorgten für Druck von außen, auch wenn rein tabellarisch die Situation noch nicht kritisch war.

Nun hatte der Verein entschieden, mit Maaßen in die neue Saison zu gehen und diese Entscheidung schon nach wenigen Spielen zu revidieren, hätte auf großen Wankelmut und wenig überzeugende Argumente für Maaßen hingedeutet. „Für mich war es wichtig, selbst ein Gefühl für die Situation zu entwickeln, um eine fundierte Meinung zu bilden und Entscheidungen auf einer soliden Grundlage zu treffen. “ Andererseits befand sich der FCA zu diesem Zeitpunkt in einer saisonübergreifend, sportlich schlechten Phase. Aus Jurendic‘ Sicht ergab sich das Problem, dass er Maaßen noch nicht gut genug kannte, um schnell zu einem abschließenden Urteil zu kommen.

Wechsel notwendig

Spätestens nach dem Darmstadt-Spiel war dann offensichtlich, was für viele im Umkreis des Vereins schon länger festgestanden hatte: es konnte mit Maaßen nicht weitergehen. „Man muss in solchen Situationen auch eine gewisse Geduld zeigen. In der Länderspielpause haben wir alles in Ruhe angeschaut und sind zu dem Entschluss gekommen, in Anbetracht des Gesamtbilds und unserer Ziele eine Änderung vornehmen zu müssen.“ Jurendic, Ströll und Co. stellten Maaßen frei und begaben sich auf die Suche nach einem neuen Trainer. Hierbei stand im Vordergrund, einen Trainer zu finden, der das Anforderungsprofil des Vereins erfüllte.

Jurendic war in der Formulierung des Anforderungsprofils beteiligt. „Wir sind schnell zu der Überzeugung gekommen, dass wir eine Person benötigen, die Erfahrung im erfolgreichen Führen von Mannschaften wie auch in der Entwicklung von Spielern hat.“ Mit Jess Thorup – seines Zeichens Meistertrainer in Dänemark und Entwickler einiger Toptalente – sieht es momentan so aus, als ob er einen passenden Trainer gefunden hätte, der nun hoffentlich auch mittel- und langfristig Erfolg in Augsburg hat. „Jess Thorup passt nicht nur gut zu den kurzfristigen Bedürfnissen und Anforderungen an die Mannschaft, die wir identifiziert hatten, sondern auch zur langfristigen Ausrichtung des Clubs, die schon vor meiner Zeit festgelegt wurde.“ Erneut: nicht die schlechteste Entscheidungsfindung von allen Beteiligten.

Weitere Arbeit notwendig

Und als wir dort so sitzen und uns über den FCA und seinen jetzigen Zustand nach den ersten Thorup-Spielen austauschen, ist es dann auch Jurendic selbst, der eine Baustelle beim FCA direkt anspricht: die Perspektiven der eigenen Jugendspieler. Die Jungprofis Kömür, Zehnter und Lubik sollen ihre Chance bekommen und es ist an Jurendic, den Kader so zu gestalten, dass dies auch funktioniert. Sich vermehrt – mit Heinz Moser zusammen – um die Perspektiven der Jugendspieler zu kümmern, ist bei ihm eine Priorität. „Wir müssen den Kader so planen, dass wir unserem Anspruch als Ausbildungsverein gerecht werden und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben.“ Dies sollten positive Signale für den FCA Nachwuchs sein, der in den letzten Jahren etwas zu kurz kam.

Und neben der Arbeit an den Strukturen des FCA im sportlichen Bereich, geht der Blick von Jurendic natürlich auch schon Richtung Wintertransferperiode. „Die Kaderentwicklung ist ein laufender Prozess. Unser Ziel ist es, eine klare sportliche Ausrichtung zu definieren, um die richtigen Spieler hierfür verpflichten zu können.“ Kurzfristig geht es nun darum, in Ruhe zu verstehen, welche Art von Spieler Thorup benötigt für sein präferiertes System. Dabei ist Jurendic bewusst, dass der FCA in der jüngsten Vergangenheit viele erfahrene Kräfte abgegeben hat und es wird bei der Analyse auch eine Rolle spielen, ob es hier weiteren Bedarf gibt.

In guten Händen

Nachdem ich nun zweimal die Gelegenheit hatte, Jurendic im persönlichen Austausch zu erleben, habe ich das Gefühl, dass der FCA im sportlichen Bereich in guten Händen ist. Dies liegt nicht nur daran, dass Jurendic nicht im luftleeren Raum agiert und mit Michael Ströll einen gewieften Verhandler und erfahrenen Geschäftsführer an seiner Seite hat. Dies liegt vor allem daran, dass Jurendic einen klaren Blick auf die Situation beim FCA hat, Prioritäten benennen und Entscheidungen begründen kann. Seine offene Art der Kommunikation ist hier ein großes Plus.

Jurendic ist dabei mit Sicherheit – gerade in der Zusammenarbeit mit Thorup – gerade erst dabei, sich einzugroven. Beide brauchen anhaltenden sportlichen Erfolg, damit Ruhe einkehrt. Beiden schadet es wahrscheinlich auch nicht, gewisse Grundprinzipien festzulegen. Was meine ich damit? Ich könnte mir vorstellen, dass man immer mind. einen Bankplatz für einen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs reserviert, damit dieser zum Zuge kommen kann, wenn man – wie gegen Heidenheim in der zweiten Halbzeit – sich in einer eindeutigen Spielsituation befindet. Jurendic wird zudem, mit längerer Vereinszugehörigkeit, schneller in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen. Er weiß dann mehr, was der Verein braucht und wie der FCA basierend auf seinem Wertegerüst handeln sollte. Man mag ihm an dieser Stelle zurufen: Nur Mut, Jure. Viel schwieriger als zuletzt wird es nicht mehr werden und das lief doch bisher schon recht gut.

Auf der Suche nach der sportlichen Identität

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette bei presse-augsburg.de. 

Kaum ein Verein in der Bundesliga (ja, die Hertha ist abgestiegen), hat in den letzten 18 Monaten so viel Bewegung auf den Positionen seiner Entscheider gesehen, wie der FC Augsburg. Erst verkündete Präsident Klaus Hofmann kurz vor dem Saisonabschluss 21/22 seinen Rückzug. Kurz danach erklärte Markus Weinzierl nach dem letzten Spiel, das er nicht für ein weiteres Engagement zur Verfügung steht. Der FCA war schlagartig auf der Suche nach zwei führenden Köpfen.

Erste Unruhewelle

Zuerst besetzte man – nach langem Suchprozess und bei ansteigender Ungeduld im Umfeld – die Trainerposition. Enno Maaßen kam von der Dortmunder U23 und sorgte für Aufbruchsstimmung. Er stand für den Wunsch, dass junge Spieler entwickelt werden sollten. Er stand zudem dafür, seinen Teams Ballbesitzfußball näher zu bringen. Und sein Spielansatz sollte sichtbar intensiv sein.

Im Herbst desselben Jahres fand der FCA einen neuen Präsidenten. Kneipenwirt Max Krapf übernahm die Position. Kommunikativ und stark in der Stadt vernetzt ging er nach seiner Ernennung unmittelbar dazu über, Gespräche mit den unterschiedlichsten Beteiligten zu führen, und sorgte in der Folge dafür, dass sich der ein oder andere mehr mitgenommen fühlte. Sportlich waren zudem unter Maaßen erste Erfolge zu verzeichnen. Es hätte Ruhe einkehren können.

Zweite Unruhewelle

Die weitere Entwicklung wurde dann davon getrieben, dass der FCA sich sportlich breiter aufstellen wollte. Es sollte ein Sportdirektor zur Unterstützung von Stefan Reuter kommen, nachdem Krapf im Tagesgeschäft nicht aktiv eingriff gerade im Vergleich zu Klaus Hofmann. Mit Marinko Jurendic fand man zum 01.08. einen neuen Mann für die Aufgabe. Allerdings kristallisierte sich im Prozess heraus, dass Reuter den Moment nutzen wollte, um selbst in den Hintergrund zu treten. Recht bizarr, wenn man bedenkt, dass ihm beim Abgang von Hofmann noch vorgeworfen worden war, in diesem Zuge seine eigene Macht stärken zu wollen.

In Freiburg war noch alles gut zwischen Maaßen und Jurendic, auch wenn am Ende wieder Christian Streich lachte. (Photo by Neil Baynes/Getty Images)

Der nächste Wechsel wurde unumgänglich, weil Enno Maaßens Team sich selbst immer wieder Beine stellte und Maaßen keine Lösungen mehr fand. Der FCA sah sich gezwungen in der Saison 2023/24, den Wunsch nach Konstanz auf der Trainerposition kurzfristig wieder zu begraben. In der zweiten Länderspielpause im Oktober wurde Maaßen freigestellt und Jess Thorup als neuer Cheftrainer an den Lech geholt.

Gesammelte Abgänge und Visionen

Und wer hätte zu Beginn des Jahres 2022 gedacht, dass nicht einmal 2 Jahre später, weder Stefan Reuter, noch Klaus Hofmann, noch zwei Cheftrainer, die beide den Klassenerhalt gesichert hatten, nicht mehr beim FCA tätig wären. Zusammen mit den gesammelten Abgängen verließen auch viele Ideen und Visionen den Club. Daneben – und das ist ein Thema, welches in Zukunft noch näher betrachten werde – haben auch viele erfahrene Spieler den Club verlassen.

Klaus Hofmann wollte aus dem FCA ein Club formen, der auch international mit Spielern wie Ricardo Pepi für Furore sorgt. Stefan Reuter war ein Verantwortlicher mit ruhiger Hand, der vor allem für Konstanz stand. Die Trainer standen beide für einen aktiven Ansatz in der Spielanlage. Von Enno Maaßen erhoffte man sich, dass er Spieler entwickeln könne, was Weinzierl lieber bleiben ließ.

Wohin geht die Reise?

Gerade sportlich entstand durch die Wechsel kurzfristig ein Vakuum. Sowohl Michael Ströll, der letzte Verantwortliche aus der alten Garde, als auch Max Krapf sind nicht die Fußball-Experten. Krapf hat zu seinen Podcast-Zeiten bei taktischen Analysen immer gerne an die Kollegen übergeben, Ströll hat zwar selbst gespielt, seine Expertise liegt aber v.a. im kaufmännischen Bereich. Mit Jurendic und Heinz Moser hat man zwei dazu geholt, dazu kommt nun mit Jess Thorup ein neuer Trainer. Mit Timon Pauls hat zudem der Chefscout den Club verlassen und wechselte (Trommelwirbel) zur Hertha. Anscheinend steht er auf Unruhe im Umfeld.

Sportlich ist nun die Frage, wie das große Ganze aussehen soll. Krapf hatte in seinen ersten Monaten schon erwähnt, dass er gerne sehen will, dass Spieler auch mit Gewinn verkauft werden. Wirtschaftlich ist der FCA hierauf wohl auch angewiesen, um mit vergleichbaren Clubs auf Augenhöhe zu bleiben. Bei Berisha hat dies auch gleich im Sommer gut funktioniert. Auch bei Ricardo Pepi konnte man den Schaden kurzfristig minimieren und langfristig sogar noch ein bisschen Potential über eine Beteiligung am Weiterverkauf sichern.

Pro „Heimatverein“

Ist aber „Ausbildungsverein“ der richtige Begriff, für das Zielbild beim FCA? Sollen Spieler kommen, um auch wieder zu gehen? Es ist schön, wenn das klappt, aber es sollte nicht das Zielbild sein. Die Spieler sollten gerne in Augsburg ihre „beste“ Zeit haben. Sie sollten sich wohlfühlen und Topleistungen abliefern. Für manchen wird es zu mehr reichen. Andere werden hoffentlich bleiben und sesshaft werden. Es muss auch wieder Fälle wie den von Daniel Baier geben und nicht nur wild der nächste Baba gesucht werden.

Spieler sollten, wenn fit, gerne ihre Karrieren in Augsburg beenden können. Mir ist das zu viel Familien-Marketing und zu wenig Familiengefühl, wenn man sich das im Moment anschaut. Gerade aber das ruhige Umfeld und die Stadt mit ihrer hohen Lebensqualität sollten Spieler anlocken, die nicht den ganz großen Trubel wollen. Wenn ihnen der Club dann eine gewisse Wertschätzung entgegenbringt, die in der Vergangenheit auch immer mal wieder vermisst wurde (Stichwort: Verabschiedungen), dann werden wir auch wieder große Abgänge sehen, aber auch konstante Leistungsträger, die nicht nach mehr suchen. Dann wird auch für den ein oder anderen Spieler der FCA wieder zur Heimat. Und der FCA ist nicht nur für die Menschen auf den Rängen der „Heimatverein“.

Entscheidungsfaktor

Man möchte sich schon wieder nur auf den sportlichen Bereich fokussieren beim FC Augsburg. Zu spannend ist die Phase unter Jess Thorup. Zwischendurch will ich weiterhin einen Blick auf Themen abseits des Rasens werfen. Am Ende der abgelaufenen Saison war eines der heißen Themen der mögliche Investoreneinstieg bei der DFL, der deutschen Fußballliga, der auch durch die Sitzung in der letzten Woche immer noch ein Thema ist. Der Einstieg platzte damals, die Clubs stoppten das Verfahren und der FCA war mittendrin. Und das war dann in dieser Form zumindest ein bisschen unerwartet. Es folgt ein kurzer Rückblick, der zeigt, welchen Einfluss der FCA im Ligaverbund mittlerweile hat.

Hintergründe zum Investoreneinstieg bei der DFL

Gedankenspiele bzgl. eines Investoreneinstiegs gab es eine ganze Weile, bevor das Thema entscheidungsrelevant wurde. Aus den Gedankenspielen wurde über die abgelaufene Saison hinweg ein konkreter Plan. DFL-Interimsgeschäftsführer Oliver Leki hielt den Einstieg für notwendig. Über den Einstieg sollte ein Teil der zukünftigen Einnahmen der DFL, hauptsächlich Fernsehgelder, für einen Einmalbetrag an ein Private Equity Unternehmen verkauft werden, dass im nächsten Schritt ausgewählt werden sollte. Andere Ligen hatten es vorgemacht, in Deutschland wählte man den Weg des schlechten Imitats. In Frankreich bedauert man die Entscheidung mittlerweile. Dafür waren gewisse Einflussmöglichkeiten abzugeben. Aus den Beiträgen sollten zweierlei Ausgaben – sehr vereinfacht meinerseits – getätigt werden. Einerseits sollte die DFL selbst gerade im Streaming und Multimedia-Bereich zukunftstauglich gemacht werden. Andererseits wäre der größte Teil der Einnahmen den Clubs zu Gute gekommen, quasi zur freien Verfügung. Gerade die Clubs, die sich in wirtschaftlicher Schieflage befinden, hatten hieran ein großes Interesse.

Meinungsbild abseits der DFL

Die Fans lehnten die Idee eines Investoreneinstiegs mehrheitlich ab. 2/3 aller Anhänger waren gegen einen Einstieg, bezogen auf den FCA sogar fast 3/4. Der Kicker hatte eine entsprechende Umfrage durchgeführt. Das Thema war sichtbarer Mittelpunkt von Fanprotesten Die von Leki angeführte Notwendigkeit war natürlich teilweise Quatsch, gerade abseits der multimedialen Zukunftstauglichkeit. Zudem gibt es auch keine komplett gleichgerichteten Interessen zwischen Private Equity Investor und Liga. Die Liga sollte eine langfristigere Strategie verfolgen als der Investor und zudem die Rolle des Fußballs über gewinnorientierte Strukturen hinaus begreifen. Sozialverträglichkeit ist ein Stichwort, dass man in diesem Zusammenhang nicht gelesen hat.

Wann kann man sich in Augsburg mit dem FC Bayern identifizieren? Wenn Fans der Bayern (wie die des BVB auch) gegen den Investoreneinstieg bei der DFL protestieren. (Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Insgesamt war so das Meinungsbild außerhalb der DFL-Gremien in der Mehrheit gegen den Investoreneinstieg gerichtet. Selbst die Clubs hatten viele Fragen vorgebracht, um die Pläne der DFL aufzuklären. Etwas, was in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht in ausreichendem Maße vorhanden war: Transparenz. Ein möglicher Investorendeal wurde hinter den Kulissen von den DFL-Verantwortlichen angebahnt und selbst den Clubs wurden nicht alle Informationen für die Entscheidung zur Verfügung gestellt. Skepsis sah man vielerorten, auch wenn man von außen vor der Abstimmung nicht gedacht hätte, dass die Vereinsvertreter den Prozess stoppen würden. Zu süß wirkte die Aussicht auf einen schnellen Geldregen.

Entscheidung vor dem Saisonende

Die Abstimmung über den Investoreneinstieg fand dann auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der DFL am 24.05. statt. Der Zeitpunkt war natürlich geschickt gewählt, denn die Bundesliga befand sich in der spannendsten Endphase seit vielen Jahren und das Thema drohte deshalb unterzugehen. Es brauchte eine 2/3 Mehrheit der Clubs, damit der Prozess weiter vorangetrieben würde.

Diese fand die DFL-Führung nicht. Die 36 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga hatten nicht mit der nötigen Mehrheit der weiteren Anbahnung eines Private Equity Investoreneinstiegs zugestimmt. „Dieser Prozess ist mit dem heutigen Tag zu Ende“, sagte Hans-Joachim Watzke. Die DFL ist nun gezwungen, über andere Alternativen für ihre Zukunft nachzudenken, oder – wie in den letzten Tage bekannt wurde – einen neuen Versuch in Richtung Investoreneinstieg zu starten. Ein Verein, der gegen den DFL-Vorschlag stimmte: der FC Augsburg.  

Einfluss des FC Augsburg

FCA Geschäftsführer Michael Ströll stand kurz nach der Entscheidung dem Rasenfunk für ein Interview zur Verfügung, das Eingang in ein überaus ausführliches und informatives Tribünengespräch fand. Er machte dort klar, dass auch er die Notwendigkeit sieht, dass sich die DFL zukunftsfähiger aufstellt. Er sieht hier aber auch weitere Finanzierungsoptionen, die nun in der Breite diskutiert werden müssten. Fragen, die sich aus Sicht von Michael Ströll stellen sind dabei: Was wollen wir als Verbund der 36 Clubs? Welche Strategie wollen wir?

Es wird spannend, wann und in welcher Form die DFL diese Fragen weiter angehen wird. Wahrscheinlich wird nun zuerst die nächste TV-Rechtevergabe vorbereitet. Für den FCA ist die Positionierung spannend. Ist man doch selbst ein Club, bei dem 99% der Anteile von Investoren gehalten werden, bzgl. derer man aber mehr Unabhängigkeit anstrebt. Eine Entscheidung pro Investor hätte hier die Glaubwürdigkeit beschädigt. Hinzu kommt, dass einige Vereine ihre wirtschaftlichen Probleme mit einem Geldsegen ausgleichen hätten können. Der FCA hat solche Probleme momentan nicht und kann seinen hart erarbeiteten Wettbewerbsvorteil erhalten. Unter dem Radar hat der FCA diese Situation geschickt für sich genutzt. Chapeau!

Interessant ist es in jedem Fall, dass auch neben dem FCA einige Clubs den Investorendeal abgelehnt haben, aus welchen Gründen auch immer. Manche der zustimmenden Clubs werden intern diskutieren müssen, wie sie die Zustimmung teilweise gegen Mitgliedervoten geben konnten. Festzustellen ist: Nach 12 Jahren Bundesliga ist der FCA in der Gruppe der Clubs ein mit entscheidender Faktor der ernst zu nehmen ist und der dabei seine Mitglieder nicht verrät. Ich habe mir den Tag rot im Kalender angestrichen, um ihn den Nörglern von außerhalb beizeiten vorhalten zu können. Für die FCA Verantwortlichen muss es die Aufgabe sein, hieran nun weiter anzuknüpfen. So sind die veröffentlichten Werte dann nicht nur ein Marketingkonstrukt.

Ein verrücktes Debüt

Die Vorzeichen waren schon einmal schlechter, wenn neue Trainer eine neue Station angetreten haben. Die Zeichen standen sogar recht gut für Jess Thorups erstes Spiel in der Fußballbundesliga. Kommen wir zuerst zu den äußeren Umständen. Es war zwar ein Spiel Ende Oktober, aber das Wetter enttäuschte nicht. Die Sonne schien zu Beginn des Spiels noch ins Stadionrund, auch zu dieser späten Anstoßzeit. Das Wetter war mild und die Konditionen optimal für einen Bundesligaeinstand.

Auch ansonsten gab es schon Trainer, die bei ihrem neuen Club auf kompliziertere Konditionen getroffen haben. Einerseits ist der Kader der Augsburger fast vollständig fit, es fehlten nur wenige Spieler wie Ruben Vargas verletzungsbedingt. Auch steht der Club nicht im Tabellenkeller. Man hat schon gewonnen diese Saison und es ist noch nicht 5 vor 12. Dazu ist die Kulisse in Heidenheim im besten Sinne „beschaulich“. Von den Rängen wird zwar Lärm gemacht, aber es ist kein Vergleich mit Kulissen wie in Frankfurt oder Dortmund. Einschüchternd hätte das heute nicht wirken sollen.

Sportlich wenig Entwicklung

Bei dem, was dann auf dem Rasen zu beobachten war, war dann auch von der gegenüberliegenden Tribüne aus zu erkennen, dass Neutrainer Jess Thorup nicht zufrieden war. Da half dann auch sein Auftreten im blauen Anzug nichts: seine Mannschaft kassierte das 0:1 nach einem Standard, das 0:2 nach einer adretten Heidenheimer Kombination, die von seiner Mannschaft passiv hingenommen wurde. Die Standards waren auch vorher schon gefährlich. Finn Dahmen konnte sich bei einer früheren Ecke mit einem Klasse-Reflex zeigen.

Als Anhänger des FC Augsburg rieb man sich in der Mitte der ersten Hälfte verwundert die Augen. Einerseits hatte sich an der Aufstellung des Teams nur marginal etwas geändert. Thorup schickte das Team erneut in einem 4-2-2-2 auf den Rasen und rotierte nur marginal. Dorsch durfte anstatt Engels ran, Jensen ersetzte den verletzten Vargas. Die Mannschaft spielte nicht nur taktisch wie unter seinem Vorgänger. Auch auf dem Rasen blieb die Passivität und die individuellen Fehler.  Der Gästeblock verstummte zeitweise. Der Trainereffekt hatte sich früh abgenutzt. Ernüchterung kehrte ein.

Zum Haare raufen zwischendurch, bevor die Hände zum Jubeln erhoben wurden. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Ungeahnte Wende

Aber Fußball ist eben doch eine unberechenbare Angelegenheit. Es begann erst unscheinbar. Erst stand Tietz nach einer Jensen-Ecke völlig blank und nutzte die Chance. Danach nutzte der FCA einen zweiten Ball nach einem Einwurf und Tietz legte auf Pedersen ab, der eiskalt vom Straftraumrand vollendete. Auf einmal war Heidenheim verunsichert. Unbedacht hatte man den FCA zurück ins Spiel kommen lassen. Kleindiensts gelbe Karte war in dieser Phase symptomatisch. In all diesem Durcheinander eroberte der FCA direkt nach dem Anpfiff erneut den Ball, Jensen legte von rechts herein und Demirovic rutschte den Ball ins Tor. 3:2 für den FCA nach 40 Minuten. Was ein Ritt und Wahnsinn.

Zu Beginn der zweiten Hälfte ist für den FCA alles beim Alten, wenn es darum geht, Konstanz ins eigene Spiel zu bekommen und defensiv sicher zu stehen. Das war auch nach den Gegentoren nicht immer sattelfest. Man mochte allerdings nicht prophezeien, wohin dieses Spiel sich noch entwickeln würde.

Offensives Mindset

Insgesamt wirkte das Ganze dann weiterhin nicht wie aus einem Guss. Der FCA ließ Heidenheimer Spieler auch in der zweiten Halbzeit frei vor Torhüter Dahmen auftauchen. Auch im eigenen 6er Raum war man in manchen Situationen weit weg von den Gegenspielern. Auf der anderen Seite waren die ersten Abweichungen zu den letzten Maaßen-Spielen zu beobachten. Uduokhai wagte sich nach 56 Minuten bei einem Dribbling offensiv mit nach vorne und sorgte für Unruhe. In der Folge hatten dann Tietz und Jensen jeweils gute Chancen um für die Augsburger weiter zu erhöhen. Zur Entscheidung kam es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Die Unterhaltsamkeit fand dann nach einer Ecke den Augsburger Höhepunkt, als Felix Uduokhai zum 4:2 aus Augsburger Sicht erhöhte. Erwähnenswert weiterhin im Spielverlauf: Arne Engels durfte später auf rechts für Freddy Jensen ran und eben nicht zentral. In der 80. Minute rührte Thorup den Zement an, und verstärkte die Defensive mit Bauer und Breithaupt für Tietz und Dorsch massiv. Das Elfmetertor von Elvis Rexhbecaj war am Ende die Kirsche auf der Sahne eines außergewöhnlichem 5:2 Auswärtssiegs. Dem ersten nach über einem Jahr Auswärts-Durststrecke.

Aussagekraft

Das Spiel des FCA in Heidenheim ist eine Einzelbeobachtung. Sehr unterhaltsam, aber einmalig. Wenig kann man aus diesem einzelnen Spiel ableiten. Einerseits wird kaum ein Gegner den FCA nach Fehlern – wie in der ersten Halbzeit – wieder ins Spiel kommen lassen. Andererseits wird auch kaum eine gegnerische Abwehr sich so löchrig präsentieren, wie die der Heidenheimer.

Einige Fakten bleiben. Zum ersten Mal 5 Auswärtstore. Zum ersten Mal nach 0:2 Rückstand noch gewonnen. Tietz das erste Bundesligator. Zumindest das Selbstbewusstsein sollte gewachsen. Aber wer würde nun eine Prognose abgeben wollen, wie es nach diesem verrückten Debüt weitergeht.

Die neue Ernsthaftigkeit

In der ersten Trainingswoche unter dem neuen Trainer Jess Thorup wurde am Mindset gearbeitet. Auch an taktischen Dingen. Aber eben auch am Mindset. In der Pressekonferenz vor dem Spiel war hier von Seiten Jess Thorup zu hören: „Für mich ist wichtig, wie wir auf dem Platz stehen.“ Und damit war nicht die Formation gemeint, sondern die Art und Weise der Umsetzung.

Mit diesen Aussagen und Eindrücken bestätigt sich das erste Bild, das Jess Thorup in seinen ersten Tagen beim FCA abgegeben hat. Der Familienmensch Jess Thorup erschien zu seiner Antrittspressekonferenz im Dreiteiler. Es wurde ersichtlich, dass es hier auch im Außenauftritt des älteren Trainers Thorup deutliche Unterschiede zu Enno Maaßen gibt. Er steht damit auch in einer dänischen Tradition beim FC Augsburg. Mads Pedersen hatte seine Vertragsverlängerung im formalen Zwirn unterschrieben. Beide zeigen auch mit ihrer Kleidungswahl die Wertschätzung gegenüber ihrem Arbeitgeber.

Verbindlichkeit

Jess Thorup wirkt entsprechend in seinen ersten Tagen nicht nur älter als Maaßen sondern strahlt auch auf eine andere Art und Weise Autorität aus. Man kann in jedem Falle erkennen, dass Thorup ein anderer Typ ist. Wenn man nun den Ausführungen von Marinko Jurendic zum Suchprozess folgen mag, so hat sich im Anforderungsprofil wohl herausgebildet, dass eine reifere Persönlichkeit nötig ist, um mit der jungen Mannschaft zu arbeiten. Ob diese Rechnung aufgeht, werden wir alle zusammen beobachten können.

Maaßens Ansatz, der darauf basierte, dass die neue Generation der Spieler eine lockerere Ansprache benötigt, ist am Ende gescheitert. Von den erfahrenen Kräften blieb kaum einer übrig, das junge Team lieferte immer wieder schlechte Halbzeiten ab und machte sich über dumme Fehler selbst Spielverläufe kaputt. Evtl. ist hier auch diese ausstrahlende Verbindlichkeit ein kulturelles Element, das zukünftig positive Effekte erzeugen kann.

Jess Thorup auf dem Feld mit der Mannschaft. Seine Ausstrahlung ist nicht zu bestreiten. (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Über das Fußballerische hinaus

Die Probleme der Mannschaft gehen dabei über die rein fußballerischen Themen hinaus. Die verkackten ersten Halbzeiten und die monströsen individuellen Fehler sind auf einer rein fußballerischen Ebene nicht erklärbar. Gerade deshalb hatte ich vor Wochen die mentale Entwicklung des Teams thematisiert. Thorup scheint hier anzupacken und nach Lösungen zu suchen.

Ein Fokus von Thorup liegt dann im Spiel gegen Heidenheim auf Mentalität und Einsatz, zu der er auf der ersten Pressekonferenz sagte: „Das kann jeder. Das muss ich von jedem sehen.“ Der Konkurrenzkampf ist eröffnet und auch die mannschaftliche Struktur wird durchgerüttelt. Während Keeper-Spezialisten die Leistungen von Finn Dahmen ansprechend fanden, obwohl er dem Team noch keinen Sieg durch individuelle Glanzparaden festhalten konnte, ist auch auf der Torhüterposition der Konkurrenzkampf angeschürt. Eine Einsatzgarantie für Dahmen gab es vorerst nicht. Einzig Ermedin Demirovic bleibt hier außen vor. Er bleibt vorerst Kapitän und ist durch seine Torgefährlichkeit auch sportlich aus der Mannschaft nicht wegzudenken. Für alle anderen gilt es, sich zu beweisen und zu zeigen, was sie drauf haben.

Neue Chancen

Entsprechend ergibt sich für den FCA die schöne Situation, dass durch den Wechsel nun viele neue Chancen bestehen. Spieler wie Arne Maier oder Niklas Dorsch können wieder hoffen, mehr in den Fokus zu rücken, um sich beweisen zu dürfen. Bei all dem strahlt Thorup eine große Verlässlichkeit aus. Es wird Zeit brauchen, bis sportlich mehr von dem zu sehen ist, was er umsetzen will. Rein von der Herangehensweise ist ein neuer Zeitgeist eingekehrt.

Dabei teile ich die Meinung, dass diese Ernsthaftigkeit jetzt das ist, was die Mannschaft auch braucht. Thorup kann wie ein Stützpfeiler wirken, an dem sich das Team nach und nach aufrichtet. Ernsthaftigkeit ist auch etwas, dass ich bei allen Profis im Hinblick auf ihre Leistungen erwarte, abseits allen Spaßes und aller Lockerheit. Der FCA und das Team ist vielen Menschen wichtig. Es ist schön zu sehen, dass der neue Trainer zumindest mir das Gefühl gibt, dass er hier Ansätze findet um auch über sein Wirken auf die Mannschaft die Leistungen positiv zu beeinflussen. Kurz vor dem Heidenheim-Spiel bin ich optimistisch, dass dieser Ansatz funktionieren kann. Und damit ist nach einem Jahr ohne Auswärtssieg schon viel erreicht und mehr konnte man von Thorup als Fan nicht erwarten.

Endlich

Nein, die Mannschaft ist noch nicht wieder in der Spur. Es geht überhaupt nicht um ein sportliches Thema. Der FC Augsburg arbeitet weiterhin daran, sich strukturell besser aufzustellen und hat in diesem Zusammenhang vor kurzem einen anstehenden Neuzugang verkündet. Spätestens in der Winterpause kommt mit Denise Schäfer eine Kommunikationsexpertin zum FCA und nimmt den Posten einer Direktorin Medien und Kommunikation ein.

Schäfers Erfahrungsschatz ist unbestritten. Sie hat den Job von der Pike auf bei Eintracht Braunschweig gelernt und dort nach dem Abgang von Miriam Herzberg die Leitung der Abteilung übernommen. In Braunschweig hat sie Abstiege und Aufstiege in 3 Ligen begleitet und ist schwierige kommunikative Situationen gewöhnt. Dominik Schmitz bleibt beim FC Augsburg Leiter der Stabsstelle Sportkommunikation. Der FCA hat allerdings auch in diesem Bereich erkannt, dass er sich weiter professionalisieren und breiter aufstellen muss. Mit Denise Schäfer geht man nun genau diesen Schritt auch im Hinblick auf das Thema Kommunikation.

Verbesserungsbedarf vorhanden

Gerade abseits der sportlichen Themen hat der FC Augsburg fortwährend Verbesserungsbedarf bzgl. seiner Kommunikation erkennen lassen. Ohne an dieser Stelle all zu sehr in vergangenen Vorgängen herumstochern zu wollen, mag ich zwei Beispiele nennen, die den Verbesserungsbedarf eindeutig aufzeigen. Zum Ersten geht es um die Kommunikation wesentlicher Einschnitte und Veränderungen. Die Mitglieder des Vereins haben aus dem Handelsregister erfahren, dass Investoren des FCA Anteile an der Investorengesellschaft an David Blitzer verkauft haben. Hier hätte die Kommunikation des Vereins von Anfang transparenter verlaufen müssen. Der Ganze Vorgang war – getrieben durch den damaligen Präsidenten Klaus Hofmann – auf kommunikativer Ebene ein Desaster.

Hinter diesem Banner stehen keine Kunden. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Zum Zweiten hat der FCA ein Thema mit der alltäglichen Ausrichtung seiner Kommunikation. Einerseits werden Fans als Kunden bezeichnet, während Sponsoren Mitglieder der FCA-Familie sind. Ich hatte das vor einiger Zeit einmal anekdotisch aufgearbeitet. Das darf gerne besser werden. Ich mag mich eigentlich nicht als Kunden bezeichnen lassen, während der zahlende Sponsor, der im Zweifelsfall bei Misserfolg wieder weg ist, der sogenannten Familie angehört. Ich hoffe, Denise Schäfer räumt in dieser Hinsicht einmal auf.

Vielfalt

Einer der Kernwerte des FCA ist Vielfalt und Fußball kein reiner Männersport. Dennoch hat sich beim FCA bis dato keine Frau in der Führungsetage wiedergefunden. Dass Denise Schäfer – als erste Direktorin beim FCA – nun neben ihren Kompetenzen auch ihre weibliche Lebensperspektive einbringen kann, ist erfreulich. Ich hoffe, sie tut es mit vollem Selbstbewusstsein um ihre einzigartige Perspektive in den Gremien und öffnet weitere Türen.

Ich konnte zusätzlich feststellen, dass der FCA sich in seinem Auftreten insofern verbessert hat, als vor kurzem sogar eine Pressekonferenz von einer Frau geleitet wurde. Immer mehr weibliche Gesichter tauchen in der Kommunikation rund um den FCA auf. Es ist noch ein Weg, aber erste Schritte wurden getan, so dass die Vielfalt, die intern schon vorhanden ist, auch nach außen sichtbar wird. Wenn ich meiner Tochter Fußballvideos schaue, dann freut sie sich, dort nicht nur Männer zu sehen. Warum sollten denn auch immer Kerle in den Interviews Fragen stellen?

Vorfreude

Insgesamt sorgt der Zugang von Denise Schäfer für eine gewisse Vorfreude auf den FCA in 2024. Zumindest abseits des Platzes. Für auf dem Platz müssen wir nun einmal schauen, wie Jess Thorup abliefert. Was dabei für mich mit am meisten Gewicht eingenommen hat? Ich habe bei @rosalaut auf Twitter angeklopft. Sie ist Braunschweig-Fan und hat einen guten Einblick in die dortigen Strukturen. Sie kennt und schätzt Denise Schäfer und findet gerade deshalb den Abgang schade.

Gerade aus menschlicher Perspektive ist Denise hoffentlich ein Mensch, der gut zu uns und dem bestehenden Team passt, und auf den wir uns freuen können. Auf bald, Denise Schäfer! Mögen sich deine Hoffnungen durch den Wechsel erfüllen und wir alle gemeinsam viel Spaß haben.

Verbaut

Letzte Woche ging das Kapitel des Trainers Enno Maaßen beim FC Augsburg zu Ende. Grundsätzlich ist das schade. Enno war seit langem wieder ein Trainer, mit dem ich große Hoffnungen für eine sportlich bessere Phase verband. Bei Heiko Herrlich hatte ich diese Hoffnung von Anfang an nicht. Sie wurden dann auch schon vor dem ersten Spiel durch seine slapstickartigen Aussagen unmöglich gemacht. Die erneute Verpflichtung von Markus Weinzierl war eine Verzweiflungstat und endete auch so. Enno war eine gelungene Abwechslung.

Und so litt man zuletzt auch mit Enno mit. Ich spürte regelrecht wie belastend die Situation für ihn geworden war. Andauernd und immer wieder individuelle Fehler von Leistungsträgern. Andauernd und immer wieder verkorkste erste Halbzeiten. Als Fan hat man die Hände über den Kopf geworfen. Manche haben nach dem Spiel gegen Darmstadt ihrem Unmut laut Luft gemacht. Es konnte mit Enno Maaßen nicht weitergehen. Schade. Aber bevor wir mit einem neuen Trainer durchstarten, müssen wir nun einmal betrachten, wie es trotz aller Fußballkompetenz bei Enno so weit kommen konnte.

Holpriger Start

Ennos Start beim FCA bestätigte die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht. Spiele (bis auf gegen Leverkusen) endeten ohne Sieg und schon in der letzten Saison stand die Mannschaft mit Trainer schnell unter Druck. Doch dann konnte die Wende eingeleitet werden. In Bremen gelang dies, nachdem Enno gezeigt hatte, dass er pragmatisch reagieren, seinen Ansatz anpassen und sich auf die Möglichkeiten seiner Spieler einstellen konnte. Hätte Rafal Gikiewicz am Ende den Elfmeter nicht gehalten wäre die Kehrtwende in Bremen aber auch nicht geglückt. Im Gegensatz zu seiner ersten Saison ging ihm im zweiten Jahr auch dieses Spielglück ab. Manchmal liegt es auch an den kleinen Dingen.

Anpassungsfähigkeit

Anpassungs- und Lernfähigkeit sind zwei Tugenden, die man Enno Maaßen nicht abschreiben kann. Bei allen Veränderungen und Wechseln war aber am Ende nicht mehr klar, welche Art von Fußball er denn spielen lassen will. Sowohl gegen Bochum als auch Darmstadt zu Hause, war weder von Ballbesitzfußball noch von Intensität viel übrig. Der FCA hat unter Enno Maaßen genau das Gegenteil von dem erreicht, was er wollte: er hat seine fußballerische Identität eher verloren als gewonnen. Zumindest konnte die Mannschaft am Ende nicht mehr umsetzen, was Enno Maaßen von ihr wollte.

Über einen längeren Zeitraum ist es in dieser Hinsicht wohl wichtig klar zu definieren, was man eigentlich will. Und daran in schwierigen Phasen auch festzuhalten. Der Pragmatismus gegen Bochum und auch Freiburg hat Enno Maaßen nicht geholfen. Zwei mutige, beherzte Auftritte, in denen die Kerntugenden des FCA sichtbar gewesen wären, vielleicht schon eher. Ja, Fußball ist ein Ergebnissport. Am Ende darf man darüber aber nicht vergessen, was man eigentlich will.

Das fehlende Gerüst

Die Probleme lagen dann auch am Wandel im Kader. Die Elf, die noch gegen Bremen in der Lage war eine Wende einzuleiten, existiert in dieser Form nicht mehr. Florian Niederlechner verließ den Club im Winter und dümpelt mit Hertha in der zweiten Liga herum. André Hahn verletzte sich später im Saisonverlauf schwer und sein Vertrag wurde infolgedessen in Augsburg nicht mehr verlängert. Rafal Gikiewicz durfte im Sommer den Verein verlassen, nachdem er verletzungsbedingt die für eine Verlängerung seines Vertrags notwendige Anzahl von Spielen nicht erreichte. Carlos Gruezo, Kapitän seiner Nationalmannschaft, ging recht leise auch im Winter. Und mit Jeffrey Gouweleeuw hat man dem langjährigen Kapitän des FCA im Sommer mitgeteilt, dass man in 2024 nicht mit ihm verlängern wird. Jeff gab in Folge dessen das Kapitänsamt zurück.

Ermedin Demirovic ist neu in seiner Rolle als Kapitän. (Photo by Jurij Kodrun/Getty Images)

Im Winter sah man keine Notwendigkeit erfahrene Spieler dazu zu holen. Im Sommer ging mit Daniel Caligiuiri ein weiteres Spieler mit langjähriger Bundesligaerfahrung. Mit Sven Michel holte der FCA auch einen älteren Spieler dazu, der aber nicht über langjährige Erfahrung in der Bundesliga verfügt. Über zwei Transferperioden hinweg hat der FCA sein Gerüst an erfahrenen Bundesligaspielern aufgelöst, ohne dass schon erfolgreich ein Neues installiert worden wäre. Eine schwierige Aufgabe für jeden Trainer.

Perspektive

Und vielleicht ist es genau dieser Punkt, an dem man merkte, dass Enno Maaßen seine erste Station in der Bundesliga absolvierte und mit Charakteren umgehen musste, die prominent und exponiert sind. Es gibt eben wohl einen Unterschied zwischen der U23 des BVB und einem Bundesligaverein. Daniel Caliguiri hat sich im Nachgang zu seinem Abschied öffentlich beschwert, dass er keine faire Chance bekam, Jeffrey Gouweleeuw drohte – noch während Maaßen da war – seine Seite der Geschichte zu erzählen und stellte den Jugendkurs öffentlich in Frage.

Maaßen erwähnte immer wieder, dass auf Grund des Umbaus der Mannschaft Zeit notwendig sei. Er vergaß dabei die andere Seite der Medaille: warum der Umbruch so groß geworden ist und von den erfahrenen Jungs am Ende kaum einer übrig blieb. Der Erfolg hat ihm an dieser Stelle nicht recht gegeben. Maaßen hätte im Teamaufbau zu einem anderen Mix finden müssen, um eine stabile Mannschaft zu formen.

Ausblick

Und so ist nur zu hoffen, dass im Anforderungsprofil an den neuen Trainer der Punkt „Teambuilding“ ein wichtiges Element war. Aus den Spielern, die jetzt beim FCA sind, muss schnell eine funktionierende Mannschaft werden. Die Spieler müssen das Vertrauen ihres Trainers spüren und sollten dazu aufgerufen werden, ihre Erfahrungen einzubringen. Der FCA braucht wieder starke Spieler, die nicht nur darüber reden, Verantwortung zu übernehmen sondern es auch aktiv tun. Bei Jess Thorup kann man zumindest guter Hoffnung sein.

Fußballerisch wird der Trainer eine Mannschaft vorfinden, die doch einiges kann. Es wird aber notwendig sein, dass diese Mannschaft die Überzeugung und das Selbstvertrauen wiederfindet, dies auch zu zeigen. Es ist eine machbare Aufgabe (anders herum wäre es schwieriger). Hoffen wir alle darauf, dass uns Jess Thorup aus dieser sportlich verkeilten Situation befreit und man die Befreiung auf dem Platz erkennen kann.

Jures große Aufgabe


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de, noch bevor Enno Maaßen freigestellt wurde. Jures Aufgabe bleibt herausfordernd.

Der FC Augsburg hat am Samstag gegen Aufsteiger Darmstadt 98 verloren. Zu Hause. Verdient. Mehr mag man zu diesem Spiel gar nicht schreiben. Erwähnenswert bleibt trotzdem, dass es mal wieder individuelle Fehler waren, die es dem Gegner leicht machten. Und die erste Halbzeit möchte man erneut komplett vergessen. In Folge der Niederlage diskutiert der Verein darüber, ob Enno Maaßen noch der richtige Trainer ist. Eine Entscheidung ist bis dahin nicht gefallen (Hut ab vor Ennos Aussagen in der Pressekonferenz nach dem Darmstadt-Spiel).

Die Fragestellungen, die sich sportlich stellen, gehen allerdings deutlich über die Trainerposition hinaus (zu der ich eine deutliche Meinung und diese schon vor dem Darmstadt-Spiel kundgetan habe). Zwei Monate nach seiner Ankunft ist Marinko Jurendic in der Pflicht, sportlich Ruhe reinzubringen. Ruhe, die es in Augsburg sonst recht lange hat, die dem Verein aber momentan abhandengekommen ist. Folgende Themen sollten hierfür auf der Agenda stehen:

Vision und Grobkonzept

Im sportlichen Bereich des FCA braucht es eine Vision. Was will der FCA sein? Es taugt eben nicht mehr nur zu sagen: wir spielen gegen den Abstieg und basta. Will man Ausbildungsverein sein? Was bedeutet das? Sieht man sich als mehr als nur eine Durchgangsstation?

Und nachdem so mancher Trainer auch versucht hat dem FCA eine semi-moderne Kick & Rush Version beizubringen: wie stellt man sich sportlich den FCA grundsätzlich vor? Intensiv und gallig? Gefällig im Ballbesitz oder konterorientiert? Wie sieht die grundsätzliche sportliche Identität der Mannschaft aus, die sich auch auf die Paul Renz Akademie erstreckt?

Kaderplan und -umsetzung

Ein Trainer kann nun nur mit dem Spielermaterial arbeiten, das verfügbar ist. Enno Maaßen wollte zudem nur auf Spieler zurückgreifen, die sich auch mit dem Verein identifizieren und für Augsburg spielen wollen. Nun ist der Kader sehr groß und der Club hat kaum Verletzungssorgen. Unzufriedene Spieler scharren mit den Hufen. Dennoch gehen dem Trainer erfahrene Kräfte ab, die Stützpfeiler des Teams sein sollten.

Jeder Trainer braucht hier in der Kommunikation mit den Spielern, Rückendeckung durch das Management. Einerseits kann Führungsspielern Vertrauen geschenkt und der Rücken gestärkt werden. Andererseits kann regulierend eingegriffen werden, sollte der ein oder andere ausscheren. Hier müssen im sportlichen Bereich Trainer und Management zusammen agieren.

Immer einen Schritt weg vom Geschehen. (Photo by Jan Hetfleisch/Getty Images)

Zudem braucht es einen klaren Plan, wie am Kader in den nächsten Transferperioden weiter gearbeitet werden soll. Welche Art von Spieler muss kommen? Welche Altersstruktur braucht man? Welche Charaktere fehlen? Auch hier gibt es viel zu tun.

Korrigierend eingreifen

Wenn dann hoffentlich alle verstanden haben, was erwartet wird und wie ihre Rolle aussehen sollte, gilt es dann korrigierend einzugreifen, wenn jemand grob ausschert. Hier denke ich aktuell zuallererst an Jeffrey Gouweleeuw, der sich jede Woche in den Interviews wieder denkt, er hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Jeffs Frust ist dabei nachvollziehbar. Im wurde im Sommer mitgeteilt, dass sein Vertrag im kommenden Sommer nicht verlängert wird und er hat daraufhin das Kapitänsamt niedergelegt.

Jetzt spielt er zwar wieder, aber es entsteht der Eindruck, dass er sich mit dem FCA nicht mehr zu 100% identifiziert. Erst deutet er in einem Interview an, irgendwann seine Version der Geschichte zu erzählen. Nach dem Darmstadt-Spiel hat er nun – trainerunabhängig – die sportliche Führung des FCA in Frage gestellt. Bevor wir nun über den Trainer reden: das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Maaßen und Jurendic zusammen oder Jurendic ohne Maaßen, sollte er entlassen werden, müssen hier nun einen klaren Cut machen. Und ganz ehrlich: So wie die Mannschaft momentan spielt, braucht es Jeff auch nur bedingt. Es müssen jetzt alle verstehen, um was es geht: erfolgreich Fußball zu spielen. Und Kritik darf intern gerne adressiert werden, aber dieser Zirkus in der Öffentlichkeit, dazu von einem medienerfahrenen Profi, ist absolut unnötig.

Zusammenhalt und Fokus

„Augsburg hält zusammen“ war etwas, das lange über vielem stand. Pfiffe während des Spiels, wie gegen Mainz, stehen dem genauso entgegen wie die angesprochenen Äußerungen in der Öffentlichkeit. Aber auch die Verantwortlichen im Verein sind nun aufgefordert, diesen Zusammenhalt wieder zu bestärken, indem sie klar kommunizieren und entscheiden. Dafür braucht es von Ströll und Jurendic mehr mediale Präsenz und eine klare Kommunikation. Dafür braucht es einen Trainer, der spürbar den Rückhalt der Organisation hat und keine „lahme Ente“ ist, der man auf der Nase herumtanzen kann.

Dafür braucht es Identifikation, Bock und Leidenschaft. Der Reuter-Abschied während der Saison war ungünstig. Es gilt nun, den klaren Fokus auf den FCA-Fußball wiederzufinden und alle Hebel in Bewegung zu setzen, um der Saison eine erfolgreiche Wendung zu geben. Es wird Zeit, dass Marinko Jurendic das Steuerrad sichtbar in die Hände nimmt und den Kurs setzt. Auf was warten wir noch?

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