Geisterstunde

Ein schales Helles aus dem dünnen Plastikbecher, der unverwechselbare Geruch von Bier und billigem Deospray in der Nase und das lautstarke Nörgeln eines beständig Unzufriedenen nur wenige Reihen hinter einem. Es ist nicht ganz klar, ob die Umstehenden mit leerem Blick seinen Ausführungen folgen oder mit Sorge an den nächsten Arbeitstag und den drohenden Spott der Kollegen denken. Bierduschen und Sonnenbrand, Motzrentner und Bayernfan. Was klingt das plötzlich alles verheißungsvoll. Wie schön wäre es, jetzt im Block zu stehen.

Spielpause

Die Aussetzung des Spielbetriebs war natürlich alternativlos und erfolgte vielleicht fast schon zu spät angesichts der Rolle, die Großveranstaltungen bei der Verbreitung des Virus spielten. Wie geht es nun weiter? Die Frage wird seit Wochen eifrig diskutiert und ist dabei fast Sinnbild aller anderen Debatten rund um die derzeitigen gesellschaftlichen Einschränkungen, die viele Meinungen und wenige Graustufen kennen.

Aber: Es steht vollkommen außer Frage, dass es derzeit dringendere Fragen gibt, als die Problematik, wann die Bundesliga wieder angepfiffen wird. Jeden, der sich gesundheitliche Sorgen macht oder in Kurzarbeit Existenzängste hat, hinterlässt die Debatte rund um die Aussetzung der Bundesliga mit einem Kopfschütteln. Mindestens. Fußball ist nur eine Nebensache. Aber für viele auch die schönste Nebensache der Welt.

Geisterspiele

Von dem Gang ins Stadion sind wir aller Wahrscheinlichkeit nach weit entfernt. Alle Großveranstaltungen sind derzeit bis Ende August offiziell untersagt und auch die ersten Veranstaltungen im Herbst werden schon abgesagt. Und so ist Geisterspiel das Wort der Fußballstunde. Die Profiligen sollen (vielleicht) ab Anfang Mai in enger Taktung vor leeren Tribünen mit einem minimalen Personalaufwand der Liga zu einem würdigen Ende verhelfen. Wobei würdig in dem Fall heißt, das die Verpflichtungen aus den Fernsehverträgen eingehalten werden und so umgekehrt die dringend benötigten Fernsehgelder an die Vereine ausgezahlt werden. Dass der Stillstand der Bundesliga und so ziemlich aller anderen Profiligen weltweit den milliardenschweren Fußballzirkus in gravierende Nöte bringt, ist indes Thema einer anderen Debatte auf diesem Kanal.

Masterplan?

Die Geisterpläne der eigens eingesetzten „Task Force“ , die letzte Woche auch in Presse und Öffentlichkeit seziert worden sind, enthalten nichts wirklich überraschendes – man hatte auf ein Konzept gehofft, dass alle Probleme gesellschaftspolitisch und medizinisch überzeugend löst. Schlicht das Hoffen auf ein Fußballwunder. Was herauskam ist nicht viel mehr als der dringende Appell, sich konsequent die Hände zu waschen, eingekleidet in die schicken Folien einer Powerpointpräsentation und garniert mit allerlei grafischem Pepp aus dem Handbuch aktueller Marketingkurse. Einen großen Charme hat dabei übrigens die grafische Veranschaulichung der Personen im Stadion, eine (unbeabsichtigt) humorvolle Symbiose von Stadionplan und Tipp-kick.

Als die Liga am 16.03. diskutierte passierte das noch in Form eines Präsenzmeetings in Frankfurt. Wie sich die Zeiten geändert haben. (Photo by Thomas Lohnes/Getty Images)

Trotzdem wirkt der gesamte Plan seltsam steril. Da hat es selbst die österreichische Liga geschafft, ihrem Konzept mit einer farblichen Codierung von Zonen und Personal den Anstrich eines adäquaten Masterplans für Notzeiten zu geben. Inhaltlich gibt es aber natürlich kaum einen Unterschied.

Und so erfährt man viel über die Zahl der Personen, die ein Fußballspiel mitsamt Übertragung wohl mindestens benötigt (ca. 300) und dass die Bar im Mannschaftshotel gesperrt wird. Privat solle man Menschenansammlungen meiden und nach Möglichkeit Einwegtaschentücher verwenden. Nun denn. Sollte eine Person positiv getestet werden, erfolgt keine automatische Meldung an die Presse und die Vereine sollen für einen ausreichend großen Kader im Saisonfinale sorgen. Auch das begleitend veröffentlichte medizinische Konzept liefert keinen großen Erkenntnisgewinn. Für Menschenansammlungen vor dem Stadion ist die DFL nicht verantwortlich. Der Vorteil der Banalität des Konzepts ist dessen Universalität. Mit den Kriterien könnte man auch ein Museum wieder öffnen.

Fußball ist unser Leben?

Das Konzept der DFL Taskforce dient nicht dazu, die aufgeheizte Diskussion rund um das Thema Geisterspiele zu versachlichen. Man kommt nicht umhin, den Kritikern Recht zu geben, die die Sonderrolle des Fußballs in der gegenwärtigen Debatte monieren. Während das Land stillsteht und jeder Einzelne zur Wahrung von Abstand und Verzicht angehalten wird, möchte der Fußball lieber heute als morgen seinen Betrieb wieder aufnehmen. Und wer meint, dass die Fans den Fußball herbei sehnen, dem sei der bemerkenswerte Kommentar der Ultras ans Herz gelegt, die deutliche Kritik am Vorhaben der DFL geäußert haben.

Gespenstisch

Und doch könnte der Fußball ein Stück Normalität bieten, zumindest denjenigen, die gerne dem Fußball anhängen. Clubs und Konzerte, Museen und Demonstrationen werden derzeit in die digitale Welt verlegt. Warum also nicht auch die Bundesliga? Man mag sich Geisterspiele in Augsburg vorstellen. Wie Rolf Störmann eigens angefertigten Pappkameraden auf der Ulrich Biesinger Tribüne begrüßt und der Torjubel gleich mit der Tormelodie vom Band kommt. Was vor Wochen noch als undenkbare Alternative abgetan wurde, ist jetzt fast Sehnsuchtsort. Insgeheim hat mittlerweile auch die Stimmung eines schweigsamen Testspiels einen großen Reiz. Und eine gewisse Authentizität. Denn es wird auf das Spiel und das Sportliche reduziert. Ohne den großen Marketingrahmen, das Torwandschießen und die Gratisproben.

Choreo ohne Fans oder auch die Frage: Was bleibt ohne Fans im Stadion? (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Doch der Wunsch, am Samstagnachmittag wieder Fußball im heimischen Wohnzimmer zu sehen, birgt auch ein anderes Risiko. Was wäre, wenn eine Mannschaft nach mehren positiven Befunden aufgrund der Quarantäne in Gänze oder in Teilen ausfallen würde? Wenn dem FCA die erste Elf fehlen und eine Niederlagenserie zum Abstieg führen würde? Rechtfertigt es da der Verweis auf finanzielle Nöte und die Sehnsucht des Fans, die Spiele wieder anzupfeifen?

Vor dem Spiel ist nach dem Spiel

Das Konzept der DFL kann der Gesellschaft die Sonderrolle, die die Bundesliga spielen soll, immer noch nicht erklären. Und so wird man sich weiter die Frage stellen, ob und wann die Wiederaufnahme des Spielbetriebs gesellschaftlich, moralisch und sportlich sinnvoll ist. Ich würde mich prinzipiell freuen, wenn ein sinnvoller Weg gefunden werden könnte. Der Jubel auf dem Sofa wäre gewiss. Aber eben nicht um jeden Preis. König Fußball muss sich auch unterordnen. Es wird auch finanzielle Lösungen für alle Profivereine geben. Alles andere wäre in dem Millionenzirkus Bundesliga schwer denkbar und vermittelbar.

Denn Fußball ist nur Nebensache. Insbesondere in diesen Tagen. Und man kann der ganzen Situation doch durchaus etwas Positives abgewinnen. Heiko Herrlich ist seit fünf Wochen als FCA Trainer ungeschlagen.

Na herrlich

Fans und Presse haben es mit Martin Schmidt nicht immer gut gemeint und auch diese Gazette schlug bisweilen kritische Töne an. Trotzdem: Zeitpunkt, Art und vor allem auch Hintergründe seiner Absetzung als Cheftrainer werfen doch Fragen auf und sind in dieser Form auch nicht nachvollziehbar. Man(ager) hätte an Martin Schmidt festhalten sollen und müssen.

Mit der Handbremse in die Rückrunde

Nach dem formidablen Winter begann die Rückrunde miserabel. Die Punkteausbeute war sogar schlechter als zum gleichen Zeitpunkt in der Hinrunde. Man konnte das Bemühen erkennen, sowohl die Defensive zu stabilisieren als auch schnell und schnörkellos nach vorne zu spielen. Doch das gelang nur sehr begrenzt. Famose Halbzeiten wechselten sich mit zutiefst bedenklichen Auftritten ab.

Der gemeinsame Spaß ist vergangen. (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Die Auswärtsniederlage in Frankfurt war sicherlich ein trauriger Tiefpunkt. Doch auch zaghafte Spiele, wie das gegen Freiburg, warfen große Fragezeichen auf. Dabei waren die Erklärungsversuche im Trainerstab mit am enttäuschendsten, die im Regelfall in nichtssagenden Phrasen endeten. Soweit, so Fußball.

Am Sonntag war die Welt noch in Ordnung

Und doch zeigten die letzten Auftritte, wie schon in der Hinrunde, mehr als positive Ansätze. Schon die zweite Hälfte gegen Bremen war sehenswert. Aber auch die Ergebnisse gegen Gladbach und sogar gegen die Bayern geben nicht unbedingt die Leistung auf dem Platz wieder. Insbesondere das Spiel in München war ein couragierter Auftritt. Man spielte den FCB nicht an die Wand, doch verteidigte klug und engagiert, ohne sich in Mannschaftsstärke in das eigene Tor zu stellen. Dass die Konter nicht gut ausgespielt wurden, ist zwar schade, doch am Ende des Tages verzeihlich. Sicherlich ärgern Niederlagen, aber man hat ein gutes Spiel abgeliefert. Das Martin Schmidt dieses zum Verhängnis wurde, ist in der Tat schwer nachzuvollziehen.

Vor den Bayern ist nach den Bayern

Der Gedanke liegt nahe, dass die Entscheidung schon vor der Partie in München feststand. Vielleicht sogar schon nach der müden Partie in Leverkusen, vielleicht noch früher. Inmitten dieser Tour de Force durch die Top 5 der Liga den Trainer zu wechseln wäre in der Tat riskant gewesen. Im schlimmsten aber auch wahrscheinlichsten Fall hätte man den ominösen Trainereffekt ohne nennenswerten Mehrwert gleich verspielt. Alle Gegner der letzten Wochen waren und sind zu sehr in Form, um hier Überraschungen erwarten zu lassen. Und so musste man notgedrungen einen guten Auftritt in Kauf nehmen, um die schlechte Nachricht zu verkünden. Was zum Teil zu absurden Situationen während der Vorstellung des neuen Trainers führte.

Phrasen dreschen für Fortgeschrittene

Mit etwas mehr Mut und Fortune wäre auch in München etwas möglich gewesen, gab Stefan Reuter gewohnt selbst(un)kritisch zu Protokoll und man fragte sich instinktiv, wie der Trainer nun auch Mut und Fortune erzwingen sollte. Die gesamte Pressekonferenz geriet ganz in diesem Sinne zur Farce und der neue Trainer konnte einem durchaus Leid tun. Nach Reuter steht „der Heiko für die Gier, die Leidenschaft, die Siegermentalität“ die zuletzt wohl gefehlt habe.

Ob Stefan Reuter das Lachen bald vergehen wird? Hoffen wir es nicht. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Man fühlte sich unvermittelt und mit keinem guten Gefühl an die Vorstellung von Jens Lehmann erinnert. Schon damals weckte der Gedanke, dass mehr Siegermentalität schon zum gewünschten Erfolg führen würde, ein ungutes Gefühl. Und man hoffte und hofft wieder, dass der Manager nur drucktaugliche Zitate formulieren möchte. Ganz ungeachtet der Ironie, dass Heiko Herrlich nun nicht gerade für große Emotionen bekannt ist.

Merci vielmals Martin Schmidt

Auch Martin Schmidt hatte sich vielleicht ein wenig zu oft in Allgemeinplätzen verloren. Aber er hat sich auch zumeist vor sein Team gestellt, und vor allem hat er auch eine kluge und klare Meinung zu vertreten gewusst. Es ist schade, dass ihm nicht die Chance gewährt wurde, die Saison in Ruhe zu Ende zu spielen. Natürlich wäre es fahrlässig gewesen, die Situation zu unterschätzen, doch nicht minder fahrlässig ist es, in einer vergleichsweise komfortablen Situation auf einen neuen Trainer zu setzen. Das sind dezidiert keine Vorbehalte gegenüber Heiko Herrlich, auf dessen Fußball ich persönlich sehr (optimistisch) gespannt bin. Es sind Vorbehalte gegenüber den handelnden Personen. In der Pressekonferenz wurde die Frage aufgeworfen, wie aus der ruhigen Hand, die den FCA bislang ausgezeichnet hatte, eine zittrige Hand werden konnte. Das ist eine gute Frage, die vielleicht am Ende der Saison Stefan Reuter nochmals beantworten muss.

TGIF: Skandal im Sperrbezirk

Erstaunlich. Kaum hat der Pokal mit Saarbrückens Halbfinaleinzug nach einem dramatischen Elfmeterschießen wieder eine schöne Geschichte geschrieben, beginnt sich das Saarland die Freuden eines möglichen Aufeinandertreffens mit Bayern München auszumalen. Doch warum um alles in der Welt möchte man gegen den FCB spielen? Das ist ähnlich reizvoll wie Spiele gegen Hoffenheim. Warmes Bier. Oder der jährliche Besuch beim Zahnarzt. Für das Hinspiel hatte ich mich in den Pfälzer Wald zurückgezogen. Noch unter dem Eindruck des miserablen Saisonstarts war die Hoffnung groß, in einem Funkloch gnädige Ruhe zu finden. Wer konnte ahnen, wie sich das Spiel entwickeln sollte. Immerhin die zweite Hälfte konnte ich bei wackeligem Empfang auf einem einsamen Bahnhofsvorplatz in der Hinterpfalz verfolgen. Es war der Beginn des goldenen Winters. Am Sonntag bin ich vielleicht besser wieder dort.

Fakten zum Spiel #FCAFCBäh

Die Woche stand ganz im Zeichen des sogenannten Skandals von Hoffenheim. Kicker, Bildzeitung und Karl Heinz Rummenigge schwangen sich auf, um die Fussballwelt zu retten und die hetzenden Kurven in die Schranken zu weisen. Kaum ein Spiel zwischen Erster und Dritter Liga, das nicht wegen mehr oder minder verwegener Provokationen unterbrochen werden musste, kaum ein Fussballfunktionär, der nicht eine Meinung hierzu hatte. Dazu aber mehr in der Presseschau. Denn dabei ging ganz unter, dass der FCA zuletzt ein recht ordentliches Spiel hingelegt hatte und sich trotzdem gegen Gladbach wegen einiger mehr oder minder erklärbarer Aussetzer geschlagen geben musste. Immerhin konnte man mit Gladbach den sympathischsten (fast noch?) Meisterschaftsanwärter unterstützen. Wir helfen auch gerne in München!

Carlos Gruezos Rückkehr auf den Rasen in einem Pflichtspiel für den FC Augsburg war sehr vielversprechend. Ob er gegen die Bayern wieder ran darf? (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Daniel Baier war zuletzt gelbgesperrt und dürfte wieder in die Startelf zurückkehren. Carlos Gruezo hinterließ aber einen sehr soliden Eindruck, so dass vielleicht Rhani Khedira auf die Bank rotiert. Trotz Tor war der Auftritt von Eduard Löwen eher durchwachsen, der von Alfred Finnbogason dafür umso vielversprechender. Die Frage, wie man die wackelige Defensive stabilisieren soll, ohne sich nur auf das Einmauern zu beschränken, wird wohl die Hauptsorge von Martin Schmidt sein.

Der Gegner

Die Bayern waren nach den 75 entspannten Minuten in Hoffenheim zuletzt wieder über die volle Spielzeit auf Schalke gefragt und gewannen recht glanzlos. Gegen Augsburg spielen die Bayern im Retro Trikot und ohne Lewandowski, was zwar irgendwie beruhigend klingen soll aber am Ende dann doch nur ein lauer Hoffnungsschimmer ist.

Die Bayern wissen auch ohne Robert Lewandowski genau, wo das Tor steht und treffen viel. Etwas erschreckend. (Photo by GLYN KIRK/AFP via Getty Images)

Unabhängig davon kann es nur funktionieren, wenn man den Bayern auf den Schuhen steht und auf ein Wunder hofft, inspiriert von den glanzvollen Siegen 2014 und 2015. Spannend wird aber auch zu beobachten sein, wie die Kurve im ersten Bundesligaspiel nach dem Hoppgate reagiert. Provokationen sind zu erwarten.

Die Presseschau…

…steht dieses mal ganz im Zeichen der Hoffenheim Nachlese. Wer mitreden und dabei ein wenig Empathie für die Belange der Kurve zeigen möchte, dem seien natürlich vor allem die klugen Kommentare der 11Freunde Redaktion empfohlen. Schon vorab äußerte sich Philipp Köster sehr klar zur Agenda Hopps und dem Problem mangelnder Kreativität im Protest. Die Süddeutsche beleuchtet das Verhältnis der Bayern Ultras zum eigenen Club und stellt auch das Engagement der Schickeria heraus, das nicht ganz dem vom Boulevard geprägten Bild der hassenden und hetzenden Kurve entsprechen möchte. Der Spiegel fragt nach der Verhältnismäßigkeit und wartet gespannt (und vermutlich vergebens) auf eine ähnliche Konsequenz bei Vorfällen, die nicht den Mäzen eines Bundesligaclubs betreffen. Und nicht zuletzt dankt unser ureigener Andy Riedl eben diesem Dietmar Hopp in einem mehr als lesenswerten Beitrag.

Was macht eigentlich Andreas Rettig?

Andreas Rettig wie er leibt und lebt. Er hat die Professionalisierung des FCA vorangetrieben wie kein Zweiter und seine Meinungsäußerungen treffen immer noch den Punkt. (Photo by Simon Hofmann/Getty Images for DFB)

Unser aller Lieblingsmanager wurde in den letzten Jahren vom Saulus zum Paulus. In Augsburg war er nicht immer mit allzu Fan-nahen Kommentaren aufgefallen und so schien der Schritt zur DFL fast konsequent. Aber seit seiner Zeit bei St. Pauli fällt er äußerst positiv mit klugen Einlassungen auf und auch im aktuellen Klima schrieb er einen bemerkenswerten Kommentar. Lesenswert!

Tipps

Irina: Staubtrockenes 4 – 1 für den FC Bayern. Die Münchener Übermannschaft spielt uns an die Wand und erinnert sich dann an Nachbarschaftshilfe, weshalb sie uns nicht mehr einschenken als die Viere. Keine Überraschung, die wiederum auch keiner erwartet hat.

Andy: 3-0 für die Bayern. Der FCB hat keinen Bock mehr nach dem 3-0 und spielt es locker runter. Wir bekommen überhaupt keinen Zugriff auf das Spiel und haben keine Chance.

Sebastian: 0-2 für den FCA! Sensationssieg, Überraschung des Spieltags. Die Meisterschaft ist wieder offen. Ob durch eigene Leistung und zwei Tore von Alfred Finnbogason oder auf dem grünen Tisch nach Spielabbruch wegen erneuter despektierlicher Banner ist mir recht egal.

Wir müssen reden

Martin, das war also die versprochene Reaktion? Der Extra-Meter? Die neuen Reize? Klar, ein Unentschieden gegen Freiburg ist in der aktuellen Situation okay. Ich will auch nicht undankbar wirken, aber ein bisschen Enttäuschung ist dann doch da. Ich hatte irgendwie ein Blumenbouquet erwartet. Und Du bist mit Schnittblumen vom Discounter nach Hause gekommen.

Eine Zahl erzählt dieses Spiel. Zwischenzeitlich hatten die Freiburger bis zu 75 Prozent Ballbesitz. 75! In einem Auswärtsspiel. Während des Spiels war sich der Kommentator dann auch nicht mehr so ganz sicher, wie er das einordnen solle. Vielleicht sei die abwartende Haltung vom Trainer verordnet worden? Erst einmal Sicherheit rein bringen. Und immerhin waren die Freiburger so nett, das zu honorieren und spielten ihre spielerische Überlegenheit nicht bis zum Ende aus. Aber wieso sie das Spiel nicht gewonnen haben, wissen sie auch nicht so recht.

Gefühlt immer eine Fußspitze zu spät und andauernd hinterher gelaufen. (Photo by Alexandra Beier/Bongarts/Getty Images)

Auch deswegen könnte man mit dem Punkt zufrieden sein. Und das bist Du ja auch. Dir hat die „defensive Struktur“ gefallen, man habe solide verteidigt. Es fehlte nur noch „man war stets bemüht“ in der Aufzählung. Fakt ist, dass Freiburg einfach besser war. Perfekt auf den FCA eingestellt, dazu noch die wesentlich bessere Zweikampfquote und gefühlt jeden zweiten Ball gewonnen. Aber dazu gehört auch, dass Augsburg nichts eingefallen ist. Außer solide zu verteidigen. Es ist alleine Freiburgs fehlender Konsequenz zu verdanken, dass sie nicht binnen der ersten 45 Minuten haushoch führten. Spätestens in der zweiten Hälfte hätte man eine kleine Anpassung erwarten können. Nur eine kleine Stellschraube oder Umstellung. So sah das auch Julian Schieber im Halbzeitgespräch, angesprochen auf die bis hierin katastrophale Statistik: „Keine Sorge, das wird auch der Trainer gesehen haben.“

Manchmal hatte man das Gefühl, die Mannschaft wusste nicht genau, wo der Ball ist. (Photo by Alexandra Beier/Bongarts/Getty Images)

Aber die zweite Halbzeit hinterließ dann genauso viele Fragezeichen wie die erste. Die Mannschaft rieb sich an Freiburg und an sich selbst auf. Unnötige Fouls und noch unnötigere Diskussionen. Natürlich kann man immer auf die Klatsche in Frankfurt verweisen. Die fehlende Sicherheit. Aber liegt es nicht an Dir, diese herzustellen? Neue Impulse von außen zu setzen, auch einmal der Spieler und Zuschauer willen den Weg nach vorne zu suchen? Dafür muss man ja nicht das Tor aufmachen. Irgendwie ist es bei Augsburg immer ganz oder gar nichts. Es fehlt die Balance.

Natürlich steht auch dieses Mal wieder der Torwart in der Kritik. Und auch diese Diskussion müsste man führen. Aber Du hast vollkommen Recht, dass es nicht an Tomas Koubek lag, dass auch die Vorderleute mit in die Verantwortung gezogen werden müssen und auch andere Fehler machen. Doch das lenkt dann irgendwann den Blick auf den Trainer. Und dessen Verantwortung in diesem Puzzlespiel.

Und da schlägt es ein. Warum Freiburg aus der eigenen Feldüberlegenheit so wenig gemacht hat, wissen sie wohl selbst nicht. (Photo by Alexandra Beier/Bongarts/Getty Images)

Martin, ich war immer ein großer Fan von Dir. Aber derzeit habe ich große Sorge. Nach der Niederlage gegen Dortmund hast Du davon gesprochen, dass es in den Genen des FCA liegen würde, immer nach vorne zu spielen. Einer Deiner Lieblingsmetapher ist die der „Rennmaschinen“, die Du auf dem Platz sehen möchtest. Wir sind gerade ziemlich weit davon entfernt. Und die Frage stellt sich, was eigentlich hinter den ganzen Phrasen steckt. Auf der Bank sitzt viel Fußballfachkompetenz. Doch trotzdem hat man nicht zum ersten Mal das Gefühl, dass es auch da an Ideen fehlt. Dank des goldenen Winters sind es noch einige Punkte bis zum Relegationsplatz. Aber eingedenk der kommenden Spiele ist das Polster auch bitter nötig. Es bleibt die Hoffnung, dass der FCA manchmal auch gegen die Großen gut ausgesehen hat. Ich bin gespannt, ob Du schon an einem Plan tüftelst oder doch wieder Phrasen ausknobelst. So oder so. Bring das nächste Mal bitte Pralinen mit. Oder besser Bier.

TGIF: Streichlicht

Eine lange Woche geht zu Ende, die mit einer derart blamablen Niederlage im Rücken einem Spießrutenlauf glich. Umso größer ist die Freude auf das Bundesligawochende und die Wundertüte Augsburg. Freiburg ist zu Gast.

Fakten zum Spiel

Das Spiel in Frankfurt war schwerer zu verdauen als die vielen Becher Stadionbier. Andy hat es Anfang der Woche in einem immer noch lesenswerten Brandbrief auf den Punkt gebracht. Die zweite Hälfte der 0-5 Niederlage war desolat. Und am bedenklichsten dabei war, dass es einerseits nicht der erste Totalausfall der gesamten Mannschaft war und andererseits auch von außen keinerlei Impulse zu erkennen waren. Martin Schmidt, den man grundsätzlich als unprätentiösen Trainer schätzen kann, flüchtet sich leider allzu oft in Gemeinplätze. Auch diese Woche war erstaunlich wenig Selbstkritik zu erkennen. Reicht der Ruf nach Mentalität und dem Extra-Meter?

Nach seinem Erfolg mit der brasilianischen U23 beim Qualifikationsturnier für Olympia könnte Iago am Wochenende für wichtige Impulse sorgen. (Photo by Juan BARRETO / AFP) (Photo by JUAN BARRETO/AFP via Getty Images)

Immerhin, der Konkurrenzkampf wurde wieder verstärkt ausgerufen und das sogar im Tor. Es sind Änderungen zu erwarten. Tin Jedvaj hat sich vermutlich (als Rechtsverteidiger) rausgestolpert, Iago kommt mit Rückenwind zurück aus Südamerika und Eduard Löwen könnte für Stabilität im Mittelfeld sorgen. Mein persönlicher Tipp für die Startelf ist (einmal mehr) Noah Sarenren Bazee als neuer Impuls auf dem Flügel. Auf jeden Fall unverzichtbar ist Alfred Finnbogason, der bekanntlich gerne und oft gegen Freiburg trifft. Flo Niederlechner ist sowieso gesetzt, er sitzt am Samstagabend im ZDF Sportstudio.

Der Gegner

Bei dieser Gelegenheit geht ein Gruß in den den Schwarzwald, wo eines der schönsten Stadien der Bundesliga in seine letzte Saison geht. Der Gästeblock ist zwar verhasst, aber das schiefe Stadion zwischen Wohngebiet und Dreisam hat einfach großen Charme. Ganz generell gehört der SC Freiburg natürlich zu den Sympathieträgern im Profifußball, was nicht nur am Unikat Christian Streich liegt. Der dienstälteste Bundesligatrainer beweist Woche für Woche fußballerischen und gesellschaftlichen Sachverstand.

Christian Streich, wie er leibt und lebt.(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Und so gönnt man den Freiburgern eine recht gute Saison. Der Höhenflug zu Beginn der Hinrunde ist zwar verflogen aber trotzdem steht der Verein tabellarisch gut da. Zuletzt sprang ein glücklicher Sieg gegen Hoffenheim heraus, davor verlor man allerdings gegen Köln und Paderborn. Ist Augsburg Angst- oder Lieblingsgegner? Der FCA gewann nur eines der letzten acht Spiele gegen Freiburg, aber Freiburg konnte in Augsburg noch nie gewinnen. Na dann…

Die Presseschau

Die Woche ist im Spiegel der Presse schnell erzählt. Thema Nummer 1 war natürlich die Aufarbeitung der Auswärtspleite, ohne dass man zu wesentlichen Erkenntnissen gekommen wäre. Lesenswert ist der jüngste Beitrag der Süddeutschen zu Frage, warum Stephan Lichtsteiner in Augsburg nicht so recht funktionieren will und der damit zusammenhängenden Baustelle in der Verteidigung.

Stephan Lichtsteiner konsequent im Zweikampf. Das sah bisher leider nicht immer so aus. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Mit guten Nachrichten kam wie erwähnt Iago von der Olympia-Qualifikation zurück, bei der sich mit Brasilien im entscheidenden Spiel gegen Argentinien durchsetzen konnte. Iago spielte zwar nicht in allen Spielen des Qualifikationsturniers, aber oft genug. Das sollte Mut machen.

Ich ziehe meinen Hut

… vor Jürgen Klinsmann! Er hat die richtigen Konsequenzen aus meinem Artikel gezogen und als erstes die Tarnfleckjacke an den Haken gehängt und dann sogar sein Traineramt. Das war wirklich ein unwürdiges Spektakel und damit ist nicht die Niederlage gegen Mainz gemeint. Es hätte alles mega sein sollen, aber weil Michael Preetz (glücklicherweise) den Spielverderber gab, dann doch nur Durchschnitt. Zumindest in den einschlägigen Gazetten hat das Drama in und um die Hertha schon Champions League Niveau.

Tipps

Irina: Die Mentalität kehrt auf den Platz zurück und wir erkämpfen uns ein starkes 1:1

Andy: 3-1, der FCA ist wieder da.

Sebastian: 2-2, ein ehrliches und hochverdientes Unentschieden. Weniger Drama als zuletzt. Ein ganz unaufgeregter Bundesligasamstag im Mittelfeld der Tabelle. Das wäre schön…

„Babylon Berlin“

Als der FCA am Samstag in Köpenick den Samstag gemütlich ausklingen ließ, boten die Verantwortlichen des anderen Berliner Bundesligavereins bei ihrem Auswärtsspiel in Wolfsburg derweil einmal mehr einen kuriosen Anblick. Ein breites schwäbisches Grinsen zierte das Gesicht des neuen Berliner Hoffnungsträgers und mit ihren überdimensionierten Camouflage Daunenjacken wirkte der Trainerstab wie eine ironische Anspielung auf das aktuell 11Freunde Cover in Bling-Bling Optik. Eine Szene wie aus der Großraumdisko. Nur leider ist die Hertha im Jahr 2020 weit entfernt von jeglicher Selbstironie.

Rhetorische Blutgrätschen

Die Ankündigung, dass sich ein Investor mit einem dreistelligen Millionenbetrag bei der Hertha einkaufen und den Hauptstadtclub zu einem Spitzenverein in Europa machen wolle, ist mittlerweile auch einige Tage alt. Dem Investorengeld folgte mittlerweile Jürgen Klinsmann als Trainer, der den glücklosen Ante Covic ablöste. Klinsmann wurde bereits vom Investor in den Aufsichtsrat geholt und auch die kurzfristige und kurzzeitige Lösung als Trainer war im Sinne des Mäzen. Jürgen und Lars, das passt.

Da war er auf einmal ein Berliner: Jürgen Klinsmann. (Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Seitdem wird in der Hauptstadt Schwäbisch-Denglisch großgeschrieben und in endloser Redundanz auf den ‚Big City Club‘ verwiesen. Alles Dank des ‚Commitments‚ von Lars. „Berlin und Deutschland haben einen ‚Mega Club‘ verdient„. Klingt irgendwie wie eine Strafe für etwas, was man gar nicht getan hat. Auch das neue Berliner Umfeld zeigt sich in diesen Tagen rhetorisch mindestens ebenso stilsicher und besticht durch völlig ironiefreie Beiträge wie dem Bogen, den Klinsmanns Performance Manager Arne Friedrich vom US Militär zum Fußballplatz spannt. Alles mega.

Ein Windhorst braucht die Stadt

Dem Commitment von Jürgen folgten auch die erwartbaren Reflexe. So ziemlich jeder einigermaßen bekannte Nationalspieler, der im In- und Ausland keine tragende Rolle mehr spielt, wurde schon mit Berlin in Verbindung gebracht. Der eigene Nachwuchs spielt dagegen keine Rolle mehr, auch jüngere Verstärkungen wie Eduard Löwen konnten nach nur wenigen Monaten wieder gehen. Die perspektivische Verpflichtung von Lucas Tousart einmal abgesehen, war der Königstransfer in der Winterpause dann aber nicht ein Mario Götze oder ein Julian Draxler. Sondern Santiago Ascacibar, der vom VFB Stuttgart kam.

Nicht von ungefähr benennt Klinsmann Hoffenheim und Leipzig als Vorbilder, denen noch als Feigenblatt Gladbach quasi im Nachsatz nachgeschoben wird. Ist das der Weg, den man sich kaufen möchte, um als Big City Club auf der europäischen Bühne zu tanzen? Immerhin ist es nicht frei von Risiko. Andere Vereine haben eindrucksvoll vorgemacht, wie man das Geld der Investoren in den norddeutschen und niederbayerischen Sand setzen kann.

Fußballerische Gentrifizierung

Wer durch Berlin streift, der erkennt den Charme einer Stadt nicht in Geld und Größenwahn. Die Hauptstadt besticht durch einen ganz eigenen Stil. Ein Stil, bei dem der Bänker im Nadelstreifen auf dem Heimweg im Bus sein billiges Feierabendbier trinkt. Es ist nicht das hippe Berlin sondern das etwas angesiffte, das große Sympathien weckt. Trotzdem ist Berlin leider auch die Bühne der Investoren, des Umbaus und Aushängeschild der Gentrifizierung.

Es wirkt, als wolle die Hertha zum Spiegelbild der Hauptstadt werden. In dem Investoren die Hauptrolle übernehmen, ganze Projekte übernehmen und für ihre Klientel mit großem Geld erneuern. Nur welche Klientel, welches Publikum ist das?

Und wenn Lars Windhorst (rechts) keinen Bock mehr hat, dann verschwindet er halt wieder. (Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Natürlich wäre es naiv anzunehmen, dass der Erfolg der großen Clubs ohne Geld möglich gewesen wäre und gerade zukünftig sein wird. Die Sponsoreneinnahmen der Bayern übersteigen das Geld des Investors vermutlich um ein Vielfaches. Und auch in Augsburg hat man in etwas begrenzterem Umfang Erfahrungen mit Investoren. Es geht auch nicht um Fragen von Tradition und Erfolg oder den Einfluss Einzelner trotz 50+1 Regel. Es geht vielmehr um das grundsätzliche Verständnis und das Leitbild, dass sich die Bundesliga geben will. Es hat nichts mit Fußballromantik zu tun, wenn man den Versuch kritisch beäugt, einen Koffer voller Geld über einem Verein auszuschütten, um sich Erfolg – oder besser: Popularität – zu erkaufen. Erfolg kann man sich vermutlich auf lange Sicht schon kaufen, Popularität eher nicht.

Andere Vereine zeigen in eindrucksvoller Weise, wie man zu einem Aushängeschild einer Stadt werden kann. Man denke an die Frankfurter. Oder die Berliner. An der Alten Försterei.

TGIF: Die Keule von Köpenick

Wer von den Auswärtsreisefreunden beim Ticketkauf vergessen wird, dem bleibt immerhin noch das Vergnügen, zuhause die Spieltagsvorbereitung zu schreiben. Endlich wieder Bundesliga. Es geht nach Berlin, zu den sympathischen Sportsfreunden von Eisern Union.

Den/die Augsburger Sportsfreund*in erwarten in Berlin viele sympathische Sportsfreunde von Eisern Union, die eine freundschaftliche Zusammenkunft erwarten lassen. (Photo by Adam Berry/Bongarts/Getty Images)

Fakten zum Spiel: #FCUFCA

Ein klassischer Mittelfeldkracher, der Zwölfte erwartet den Zehnten. Die Statistik klingt ebenso vielversprechend, vier der fünf bisherigen Duelle endeten unentschieden. Immerhin hat der FCA noch nie gegen Union Berlin verloren. Das sollte sich tunlichst nicht ändern. Ist nach dem fulminanten Spiel und der immer noch nicht verdauten Niederlage gegen Dortmund eine triste Nullnummer zu erwarten? Am vergangenen Samstag konzentrierte sich der Fußball-Boulevard auf den „Haaland“ Schock.

Augsburg und Abwehr fangen mit dem gleichen Buchstaben an. In den letzten dreißig Minuten gegen Dortmund war das das einzig verbindende Element. (Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Aber einen gewichtigen Anteil an dem Ergebnis hatte der FCA dann doch auch selbst. Die Verteidigung weiter in der Offensive zu suchen ist ordentlich schief gegangen. Aber hätte man schlicht nur gemauert, wäre der Unmut ebenso groß und der Sieg auch nicht garantiert gewesen. Meine Unkenrufe haben sich jedenfalls nicht bewahrheitet. Unter dem Strich gilt es, einem couragierten Auftritt zu applaudieren. Courage ist auch an der Alten Försterei gefragt.

Der Gegner

Jeder mag Union Berlin. Ritter Keule als sympathischer Gegenentwurf zur Alten Dame, was auch am Unioner Umfeld und in einer vielfältigen Fankultur begründet liegt. Zu Beginn der Saison begrüßte die Bundesliga Union Berlin als 56. Mitglied. Das erste Bundesligator durften die Fans – wenig überraschend – in Augsburg bestaunen. Der Kaderzuwachs beim Aufsteiger war erstaunlich, mit Gentner, Subotic oder Ujah wurden altbekannte Bundesligaveteranen verpflichtet. Seitdem verläuft die Saison durchaus zufriedenstellend, einschließlich eines 3-1 Heimsiegs gegen den BVB. Nur zuletzt erlebten die Eisernen ein kleines Formtief.

Die Feierlaune ist den Unionern seit dem Aufstieg nicht wieder vergangen. (Photo by Adam Berry/Bongarts/Getty Images)

Zur Winterpause konnte mit Yunus Malli nochmals renommierte Verstärkung gewonnen werden – eben jener Malli, der in Mainz unter Schmidt zu einem gefragten Bundesligaspieler reifte. Im ersten Spiel der Rückrunde lieferte Berlin in Leipzig ein gutes Spiel ab, musste sich aber am Ende nach anfänglicher Führung mit 3-1 geschlagen geben.

Die Presseschau

Was man kurz vor dem Feierabend noch in der Büroküche loswerden kann: Philipp Max hatte unter der Woche ein paar prominente Auftritte und zeigte sich unter anderem als Jungunternehmer, der Zeit in Eiseskälte verkauft. Dabei wurden natürlich auch die erwartbaren Fragen nach a) der Nationalmannschaft und b) der Dauer seines weiteren Augsburger Engagements gestellt. Und ebenso erwartbar beantwortet.

Weitere Personalien: Christoph Janker ist erfreulicherweise wieder zurück und der etwas unglückliche Reese Oxford könnte noch in die englische zweite Liga wechseln.

Der Traum der Woche

Mit dem Schiff zur Alten Försterei. Und ein niemals gefährdeter Auswärtssieg des FCA.

Was macht eigentlich Kees Kwakman?

Der Niederländer war leider nur kurzzeitig Sympathieträger im Augsburger Mittelfeld. Nach dem Aufstieg wechselte er zurück in die Niederlande und hatte zuletzt beim niederländischen Zweitligisten FC Volendam gespielt. Nach seinem verletzungsbedingten Karriereende arbeitet er mittlerweile als Analyst bei Fox Sports Niederlande.

Apropos Karrierenende: Sascha Mölders hat angekündigt, dass er nach der Saison seine Profikarriere beenden und als Spielertrainer in der Regionalliga anheuern wird. Man munkelt, es geht nach Pippinsried. Na dann, viel Erfolg!

Gazetten Tipps

  • Andy: Wir gewinnen 0:1 und finden unsere Stabiltät in der Defensive wieder.
  • Irina: 2 zu 1 für unseren FCA. ⚽ Bei den Toren tippe ich auf Niederlechner und Max. Wir spielen wie gegen Dortmund offensiv erfrischend, aber stehen diesmal auch 90 Minuten defensiv sattelfest. Union macht es zwischenzeitlich nochmal spannend.
  • Sebastian: 2-2. Fühlt sich aber wir ein Sieg an, denn den Ausgleich erzielt Augsburg in der 95. Minute.

Egal ob Brügge oder Madrid…

Brügge gegen Augsburg, das klingt doch nach Europapokal. Dazu ein Hazard im Sturm, die ein oder andere Rudelbildung, zwei Lattentreffer und insgesamt sechs Tore bei einem leistungsgerechten Remis. Auf dem Papier hatte das Spiel einiges zu bieten. Es geht um das Testspiel des FCA das im Trainingslager auf Malta stattfand. Gegner war Cercle Brügge aus der ersten belgischen Liga und der FCA nutzte die Gelegenheit, um mit der nominell ersten Elf für die Bundesligarückrunde zu testen. „Brügge sehen und sterben“ heißt ein bekannter Film. Wir Augsburger würden dies gerne umwandeln in „Brügge sehen und Dortmund schlagen“. Ist Hoffnung auf Grund der Testspielleistung angebracht?

Eine kleine Spielkritik

Auf dem Platz sah das zunächst etwas weniger glamourös aus, als der geneigte Zuschauer auf Grund der Paarung erträumte. Bis der Brüsseler Kevin Hoggas auf dem Weg zum Führungstreffer graziös Tin Jedvaj und Jeff Gouweleeuw austänzelte, war wenig passiert. Augsburg war zumeist im Ballbesitz, gewann Zweikämpfe und zweite Bälle aber verstolperte dann im Regelfall den Ball vor dem gegnerischen Tor. Ein Lattenkracher von Marco Richter war noch das einzige Highlight bis schließlich Rani Khedira nach einer Vorlage von Neuzugang Eduard Löwen den Ausgleich erzielte. Mangelnden Einsatz konnte man keinem der Spieler vorwerfen. Stefan Lichtsteiner sah neben Tin Jedvaj in der ersten Hälfte die gelbe Karte, wohlgemerkt wegen Reklamierens. In einem Testspiel.

Stephan Lichtsteiner wie er leibt und lebt. Auch im Trainingslager. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Formsache

In der zweiten Hälfte hatte sich Brügge das lange genug angesehen und zeigte recht eindrucksvoll die Augsburger Schwachstellen auf. Anfänglich konnte der eingewechselte Fredrik Jensen noch einen Fehlpass von Brügges Keeper Hubert, gerade erst zur Halbzeit eingewechselt, zum Führungstreffer ausnutzen, doch in Folge spielte nur noch der belgische Erstligist. Die Gegentreffer waren die logische Folge, wobei das zwischenzeitliche 3-2 durch zwei sehenswerte Fehlpässe der Augsburger Verteidigung begünstigt wurde. Erneut war es Jensen, der nach einer der seltenen schönen Kombinationen der zweiten Hälfte den Ausgleich erzielte.

Das hatten wir doch schon mal

Die Aussagekraft von Testspielen ist bekanntlich begrenzt und so ordnete das auch Martin Schmidt ein. Indes, das Spiel gegen Brügge war auch eine Reminiszenz an die Vorrunde. Grundsätzlich sah das alles in der ersten Hälfte bis zum Strafraum recht passabel aus, die Zweikämpfe wurden gewonnen und die Pässe kamen an. Doch Tormöglichkeiten wurden selten heraus gespielt und noch seltener genutzt. In der zweiten Halbzeit legte Brügge dann den Finger in die spielerische Wunde. Die Belgier waren näher am Mann, provozierten Fehler und Fehlpässe. Der FCA wusste sich da lange Zeit nicht zu helfen. Einfache Spielzüge der Belgier führten zum Erfolg. Über die Außenbahn kam der Ball oft genug in den Rückraum und konnte recht schnörkellos in Richtung Tor gezimmert werden. So oder so ähnlich sah das auch in der Hinrunde in Gladbach aus. Es bleibt zu hoffen, dass dies ebenso der Testspielsituation geschuldet war, wie auch die Flüchtigkeitsfehler in der Verteidigung. Es wirft allerdings auch die Befürchtung auf, dass die defensive Stabilität nicht von Dauer sein könnte. Ein mulmiges Gefühl macht sich breit, wenn man an das Spiel in Dortmund zurückdenkt.

Gewinner der Vorbereitung

Etwas deutlicher gestaltete da am Vortag die vermeintliche zweite Garde das Spiel gegen den Vierten der maltesischen Premier League, mit Toren von Sarenren Bazee, Julian Schieber und Eduard Löwen. Der Neuzugang kann ohne Zweifel als der Gewinner der kurzen Vorbereitung und beider Testspiel gesehen werden, mit einem eigenen Treffer und zwei Vorlagen. Er zeigte Präsenz und Engagement. Daneben knüpfte Jensen an die aufsteigende Form der Vorrunde an und auch Sarenren Bazee bestätigte die Eindrücke aus den bisherigen Testspielen.

Gibt es bald Fotos von Noah Joel Sarenren Bazee bei Pflichtspielen im Augsburger Trikot. Er könnte in der Rückrunde überraschen. (Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Es bleibt zu hoffen, dass dies auch in der Saison auf dem Platz eine Fortsetzung findet. Gerade hinter den Stammspielern stehen einige hoffnungsvolle Kandidaten für mehr Spielzeit bereit. Insgesamt ist die Form vieler deutlich höher als zu Beginn der Hinrunde. Das Team wird nun über die kurze Pause hinweg nicht alles verlernt haben. Und was sagen Testspiele am Ende schon aus? Man kann gespannt auf die Rückrunde sein. In jeder Hinsicht.

Oh du schöne Winterpause

Und da ist sie wieder, die leidige Winterpause. Der Bundesligabetrieb befindet sich im Tiefschlaf und so bleibt nicht viel mehr, als die weihnachtlichen Mehrpfunde auf der Couch zu pflegen, während man den Spielern im Trainingslager über die Schulter sieht oder eigentlich belanglose Testspiele mit großem fachmännischen Kommentar zerpflückt. Zum Glück haben die Verbände ein Einsehen und halten gegen die Langeweile zumindest den Transfermarkt offen.

Auf die Foren, fertig, los

In der digitalen Zeit erscheint nahezu kein Transfer mehr wirklich überraschend und ein jeder folgt den immer gleichen Mustern. Dem Internet sei Dank weiß der gut informierte Fußballkenner schon Wochen vor dem Manager, dass der neufundländische Nachwuchskicker in der Rückrunde im eigenen Stadion auflaufen wird. Eine Kunde, die rasch in den einschlägigen Foren Verbreitung findet, vom geneigten Fan mit großem Dank aufgenommen wird und eine Belagerung des vereinseigenen Twitteraccounts zur Folge hat – bis endlich die Vertragsunterschrift offiziell kommuniziert wird und die obligatorischen, salbungsvollen Worte von Spieler und Management („Schon lange beobachtet, absoluter Wunschspieler“, „Kann es nicht erwarten, vor den eigenen Fans, den besten der Liga!, aufzulaufen“) eine gewisse wohlige Wärme der Zufriedenheit entfalten. Bis dahin kennt man natürlich alle Statistiken und Fehltritte der vergangenen Jahre und hat sein Umfeld schon darüber informiert, dass man den auch schon lange auf dem Zettel hatte und im gemeinsamen Fußballmanagerspiel anzuschaffen gedenkt.

Augsburger Wunschzettel

Und so steckt man in einer kleinen Zwickmühle. Während in früheren Zeiten die Winterpause für Transfers herbeigesehnt wurde, macht es das durchaus erfolgreiche Ende der Hinrunde einigermaßen schwierig, nun große Erwartungen zu formulieren. Natürlich schwingt immer die Hoffnung auf einen Überraschungscoup mit. Einen Mark Uth hätte ich beispielsweise gerne in Augsburg gesehen, auch in der Hoffnung, dass er hier wieder an die Form der Vorsaison anknüpfen kann. Aber bei nüchterner Betrachtung ist keine Veränderung nötig.

DEZEMBER 2019: Der FC Augsburg ist vor allem als Team stark und kaum zu bezwingen. (Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Die Mannschaft hat sich zuletzt wie erhofft eingespielt und ist in der Breite derart gut aufgestellt, dass nicht nur in allen Mannschaftsteilen das Niveau auch bei Ausfällen hoch gehalten werden kann, sondern zudem eine gewisse Flexibilität im Spielsystem möglich ist. Andererseits ist der Augsburger Kader sehr groß – vielleicht zu groß für die Ambitionen des einen oder anderen Spielers. Zudem sind mittlerweile Augsburger Spieler auf dem Transfermarkt mitunter gefragt.

Wer könnte noch gehen?

Mit Michael Gregoritsch hat der erste Spieler (erwartungsgemäß) das Team auf Leihbasis in Richtung Gelsenkirchen verlassen und fühlt sich dort offensichtlich (erwartungsgemäß) wohl. Fabian Giefer ist es zu wünschen, dass er bei einem anderen Verein wieder dauerhaft spielt. Georg Teigl steht selten im Kader und noch seltener auf dem Platz – und dies obwohl er in der Vorbereitung im Sommer durchaus auf sich aufmerksam gemacht hat.

Mads Pedersen wäre einer aus dem Augsburger Kader, dem man mehr Spielzeit – vielleicht auch im Rahmen einer Leihe – gönnen würde, damit er sich entwickeln kann. (Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Auch Mads Pedersen ist einer der Spieler, der sich bislang nicht durchsetzen konnte und eher langfristige Perspektiven besitzen dürfte. Der ein oder andere könnte sicherlich noch den Verein, zumindest auf Leihbasis, verlassen. Philipp Max und Marco Richter sind wiederum Namen, die in jeder Transferperiode gehandelt wurden und auch weiter werden. Und es ist höchst anerkennenswert, dass beide Spieler bislang dem Verein erhalten geblieben sind.

Winterliche Zugänge

Die Gerüchteküche ist in diesem Winter erstaunlich ruhig. Der Wolfsburger Elvis Rexhbecaj, der im Vorfeld mit dem FCA in Verbindung gebracht wurde, wechselte frühzeitig nach Köln. Mit Eduard Löwen wurde der andere hoch gehandelte Transfer überraschend zügig realisiert. Er nimmt die Planstelle von Michael Gregoritsch ein und ist doch ein ganz anderer Spielertyp, was auch von den Verantwortlichen so gewünscht war – eine defensivere Variante, die mehr taktische Flexibilität gestatten soll.

Bekommt Löwen in Augsburg die Spielzeit, die er sich wünscht, oder endet der Transfer in Unzufriedenheit? Es wird schwierig für ihn, in diesem starken Team einen Platz zu ergattern. (Photo by Matthias Kern/Bongarts/Getty Images)

Hier sei zumindest ein kleines Fragezeichen erlaubt. Es ist sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen, dass im Fall eines Ausfalls von Daniel Baier und/oder Rani Khedira ein gewisser Bedarf im Mittelfeld besteht, auch wenn Jan Moravek hier spielen kann und mit Carlos Gruezo im Sommer bereits eine Alternative geholt wurde. Gruezo wusste allerdings wie die gesamte Mannschaft zu Saisonbeginn nicht´zu überzeugen. Problematisch erscheint aber, dass Löwen Berlin mit dem Hinweis auf seine mangelnde Spielzeit verlassen hat. Es scheint daher fraglich, ob er sich nun in Augsburg mit einer Rolle als Ersatzspieler zufrieden geben wird. Auch da sich vor Baier und Khedira mit Niederlechner, Finnbogason und Jensen gute Lösungen gefunden haben. Aber hier sollte man nicht zu sehr unken. Positive Überraschungen sind immer möglich und Alternativen gerne gesehen. Und so kann man bislang mit der Wintertransferperiode trotz aller Langeweile aus Augsburger Sicht recht zufrieden sein.

Und ein Erfolg Löwens würde auch meinem Punktestand bei comunio gut tun. Wieder so ein Gedanke, der einem vor allem in der Winterpause kommt.

Glanz und Gloria?

Fast wäre es schiefgegangen. Zu Saisonbeginn machte ein Blogbeitrag die Runde, der in nüchterner Abwägung aller Faktoren prognostizierte, dass der FCA dieses Jahr ein gewichtiges Wort im Meisterschaftsrennen mitreden würde. Und der FCA? Reagierte gewohnt trotzig mit einer deftigen Auswärtspleite in Dortmund, der bis Anfang Oktober eine ganze Reihe an Niederlagen bei kaum erquicklichen fünf Punkten folgten. Es steht zu vermuten, dass der Meisterschaftsartikel im Großformat in der Kabine aufgehängt wurde und dort einen ungeahnten Druck ausübte. Nach den ersten 15 Minuten der Auswärtspartie in Gladbach fragte man sich als Zuschauer schließlich sorgenvoll, wie man nicht nur dieses Spiel sondern überhaupt die ganze Saison durchhalten solle.

Wendepunkte

War das Unentschieden gegen die Bayern oder der Auswärtssieg in Paderborn die Wende? Auch zuvor war nicht alles schlecht, um einen Klassiker der Tribünenanalyse zu zitieren. Gerade die Auswärtspartien in Bremen oder Freiburg hatten ihre guten Momente. Andererseits zeigten Partien wie die gegen den BVB, gegen Leverkusen oder eben in Gladbach, dass es gegen manche Teams bei aller Anstrengung noch nicht reichte. Grundsätzlich war der FCA nicht chancenlos. Doch als zu gravierend erwiesen sich noch grundsätzliche Abstimmungsprobleme und individuelle Fehler. In der zweiten Hälfte der Hinrunde hatte man schließlich das Gefühl, dass sich diese Mannschaft wie erhofft gefunden hatte. Ausgerechnet bei der unglücklichen Heimniederlage gegen Schalke zeigte der FCA eine der bis dahin besten Leistungen der Saison. Dass eine Niederlage als unglücklich empfunden werden konnte, war ein neues Gefühl. Was folgte war der goldene Winter, selbst die kritische Presse zog den Hut. Endlich musste man sich Montags nicht mehr verstecken. Erst in Leipzig wurde der Aufschwung gebremst, leider letztlich wenig überraschend.

Spieler mit Ideen und Spielideen

Interessant war, arrivierte wie neue Spieler zu beobachten. Es müssen nicht mehr viele Worte darüber verloren werden, wie Florian Niederlechner in Augsburg aufblüht. Ein bis hierin solider Bundesligaspieler, der im Augsburger System zu neuer Klasse gefunden hat und dies nicht nur in den Spielen, bei denen alles zusammenlief, sondern auch in den lange umkämpften Partien. Neuzugänge mit Licht und Schatten sind die Schweizer Ruben Vargas (anfänglich mit viel Licht) und Stephan Lichtsteiner (anfänglich mit viel Schatten). Auch die vielversprechenden Iago und Fredrik Jensen bekommen gut genutzte Spielzeiten und Philipp Max zeigt, dass er in einem funktionierenden Team zur spielentscheidenden Figur werden kann. Man kann sich dem Chor der Hoffenden nur anschließen, die sich seinen Verbleib in Augsburg wünschen.

SINSHEIM, GERMANY – DECEMBER 13: Philipp Max feiert mit der restlichen Mannschaft sein Tor gegen die TSG 1899 Hoffenheim (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Dabei ist der Aufschwung vor allem aber einer immer besser werdenden Mannschaftsleistung geschuldet. In der Innenverteidigung stehen verschiedene bundesligataugliche Optionen zur Verfügung. Das gilt auch für Mittelfeld und Sturm, wo sich rund um den ewig jungen Daniel Baier und kongenialen Rani Khedira veritable und flexible Lösungen gefunden haben. Es wirkt, als habe nun das Schmidtsche Konzept eines schnellen, schnörkellosen Spiels mit kleinen Anpassungen Erfolg und manchmal hat man dabei sogar das Gefühl, dass der FCA auch dann eine Idee hat, wenn er das Spiel machen muss.

Und nun?

Nur ist diese Idee ausreichend? Nicht nur in Hoffenheim war zu erkennen, dass das Spiel des FCA schnell entschlüsselt ist und dass es dann eine ganze Menge persönlichen Einsatz und Glück braucht, um das Spiel für sich zu entscheiden. Einsatz und Glück waren hier in großem Maße vorhanden und das Resultat war eine beachtliche Chancenverwertung bei einem keinesfalls unverdienten Auswärtssieg. Doch es steht zu vermuten, dass sich dies nicht für die gesamte Dauer der Saison bewahren lässt. Die Frage wird sein, wie man auf eine neuerliche Durststrecke reagieren wird. Das gilt für das System wie für das Personal. Noch immer warten aussichtsreiche Neuzugänge wie Sarenren Bazee auf Einsatzzeit, ebenso wie die Rückkehrer um Carlos Gruezo und Marek Suchy.

AUGSBURG, GERMANY – NOVEMBER 24: Die Stärke des FCA liegt auch im starken Kader. Dies könnte allerdings auch zu Unruhe führen. (Photo by Alexandra Beier/Bongarts/Getty Images)

Das könnte wieder zu einer Problematik führen, die in den vergangenen Jahren merklich zugenommen hat und eigentlich vor allem ein kluges Management erfordert. Nach Martin Hinteregger motzte sich mit Michael Gregoritsch der nächste Spieler zu einem neuen Verein. Gewisse Parallelen sind zu erkennen, auch wenn Hinteregger sowohl auf dem Platz als auch an der Theke einen durchweg guten Auftritt hinlegte, während Gregoritsch im objektiven Blick der Kurve zuletzt sehr blass blieb. Man sollte einem Spieler keine Steine in den Weg legen. Aber es könnte bedenkliche Folgen haben, dass im letzteren Fall eine Leihe (und vermutlicher späterer Verkauf) zu Schalke 04 die Lösung war. Dorthin würde vermutlich auch so manch anderer ambitionierter Spieler gerne wechseln.

Meinungen sind gefragt

Mittlerweile ist es zu einer beliebten Tradition geworden, Vertragsverlängerungen möglichst nah am Publikum vor der euphorisierten Kurve anzukündigen. Aber was heißt schon eine Verlängerung um x Jahre, wenn sich der Spieler schon im Jahr darauf zu Höherem berufen fühlt? Augsburg hatte einmal den Ruf, eine Oase der Ruhe zu sein. Weder finanziell noch spielerisch auf dem Niveau der Champions League, aber dafür mit anderen Qualitäten, die man als Spieler in der Liga durchaus zu schätzen wusste.

LEIPZIG, GERMANY – DECEMBER 21: Der größte Spaß ist es immer noch die Großen zu ärgern. Gegen Leipzig wäre es fast gelungen. Was geht in der Rückrunde?`(Photo by Boris Streubel/Bongarts/Getty Images)

Es ist bedauerlich, dass dieses Image – auch wenn sicherlich bis zu einem gewissen Maß konstruiert – zunehmend Risse bekommt. Und das ist auch einem Management anzulasten, das einen zu großen Kader forciert, in dem fast zwangsläufig Unzufriedenheiten entstehen und dann Streitfälle dilettantisch moderiert. Der mündige Spieler ist gefragt, Meinungen sollten nicht sanktioniert werden. Hier ist es an Trainer und Manager, Lösungen zu finden und zu kommunizieren. Zumindest nach außen hin ist dies bislang nicht immer von Erfolg gekrönt. Und dies könnte auf lange Sicht wieder ein Problem werden, auch für den sportlichen Erfolg.

Und so bleibt inmitten von Matchplänen und Zweikampfquoten immer noch ein persönliches Moment, das in einem Gebilde, das so sehr auf das Team ausgerichtet ist, spielentscheidend sein kann. Doch aller Mahnungen zum Trotz: Die letzten Wochen haben gezeigt, dass dieses Team eben als Team in der Bundesliga eine gute Rolle spielen kann. Und ohne neue Erwartungen zu schüren: Europa ist nah, die Meisterschaft noch nicht abgehakt.

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