Wohin des Weges?

Es war etwas mehr als eine halbe Stunde gespielt, da nahm Jess Thorup erstmals auf der Augsburger Bank Platz und wurde ebenso wie seine Mannschaft zum unbeteiligten Zuschauer der folgenden Freiburger Treffer. Bis dahin hatte der FCA in einem mittelmäßigen Spiel mittelmäßig mit gespielt und den Gegner recht gekonnt vom Tor ferngehalten aber auch ohne große Impulse nach vorne zu setzen. Vom Freiburger Spektakel mit 3 Toren in 10 Minuten schienen dann aber doch allesamt im Stadion bis hin zu Trainer und Mannschaft überrascht. Anders ist der kollektive Aussetzer nicht zu erklären. Der FCA war immer einen Schritt (oder Kopf) zu spät, Freiburg gelang zumindest in dieser Phase fast alles.

Immerhin begann die zweite Hälfte hoffnungsvoll und es war ein wichtiges Zeichen, neben Alexis Claude-Maurice mit Henri Koudossou eine Nachwuchskraft für den indisponierten Marius Wolf zu bringen. Das Spiel wurde deutlich dynamischer, wobei die Meinungen auseinander gingen, ob das am Augsburger Spiel oder an den Freiburger Gastgebern lag. Zumindest gab der FCA keinen Ball verloren, gewann ebenso Zweikämpfe wie zweiten Bälle und hatte sogar die ein oder andere Torannäherung zu verzeichnen. Doch die Hoffnung währe nicht lange, der Anschlusstreffer war dann doch nur der Ehrentreffer.

Augsburger Umwege

Und so gleichen sich am Spieltag und den Tagen danach die mittlerweile eingeübten Mechanismen. Es folgen die Klagen über das eigene Auftreten, die fehlende Konstanz und das auswärtige Auftreten. Eine gewisse Ratlosigkeit macht sich breit und blickt man auf die Artikel der Presse wie in der Gazette in den letzten Wochen, so grüßt mehr als einmal das Augsburger Murmeltier. Aus laienhafter Perspektive fehlen einem nicht nur die Worte sondern der Eindruck verfestigt sich zunehmend, dass dem FCA selbst nicht so ganz klar ist, was er nun sein möchte. Welche Spielidee verfolgt Jess Thorup eigentlich, was ist die (neue) Augsburger Identität?

Das ist vermutlich auch keine reine Systemfrage, denn ob Dreierkette oder Raute mit kippendem Torwart ist da einerlei. Vielmehr verbleibt der grundlegende Ansatz nebulös. Hat man in den vergangenen Jahren noch ausreichend Spiele als Kontermannschaft gewonnen, überkommt einem das Gefühl, dass ein aktiverer und ballsicherer FCA – den ja auch jeder fußballbegeisterter Fan sehen möchte – leider nur nicht die Sache des FCA ist. Und umgekehrt ist nun der Weg zu weit, um wieder eine Kontermannschaft zu werden. Für beide Gesichter des FCA gibt es gerade auswärts ausreichend Belege.

Die letzten Erfahrungen – gerade auswärts – geistern noch durch die Köpfe. (Photo by Daniel Kopatsch/Getty Images)

Sexy FCA? Das reicht leider nicht

Dabei hat der FCA in den vergangenen Spielzeiten die unterschiedlichsten Gesichter gezeigt. Das des „Comeback-Königs“ nach einer beeindruckenden Serie von Siegen nach Rückstand, als Scheinriese zeitweise unbesiegbar am Freitagabend (bevorzugt 1-0) und vor grauer Vorzeit schlug man gerne auch mal die ganz Großen und verlor regelmäßig gegen die ganz Kleinen. Mittlerweile ist Augsburg da etwas berechenbarer. Spiele gegen spielstärkere Mannschaften gehen gewöhnlich verloren, gegen Mannschaften auf der vielzitierten Augenhöhe holt man die Punkte. Nur ist das leider derzeit saisonübergreifend – ohne die Statistik zu bemühen – nur mäßig erfolgreich. Und wird dann bedenklich, wenn man dann auch noch in (Heim-)Spielen aus verschiedenen VAR-Gründen Punkte verliert.

Wohin soll es gehen auf dem Spielfeld und darüber hinaus? Die Anspruchshaltung ist nicht nur in den Fanblöcken gestiegen. Die Vereinsoberen selbst haben im Sommer ohne erkennbare Selbstironie die neue Sexyness des Vereins konstatiert. Auf der Mitgliederversammlung bemerkte der Präsident wiederum, dass der „neue, alte FCA“ wieder „in“ sei. Und tatsächlich sind die Zahlen rund um den Verein, und das kann der neuen Vereinsführung hoch angerechnet werden, durchaus beachtlich. Und mittlerweile ist eine ganze Generation an neuen Fans mit der Bundesliga aufgewachsen, was sich wiederum in vollen (und lauten) Gästeblocks zwischen Berlin und Freiburg zeigt.

Wie lange die Reiselust angesichts der eklatanten Auswärtsschwäche noch anhält, ist allerdings eine andere Frage. Die auch eng damit verknüpft ist, welchen Weg der FCA nun weiter geht. Derzeit läuft es etwas unrund. Man vermisst die Überzeugung, ein Spiel auch mal über 90 Minuten souverän gestalten zu können. Es fehlt eine konstante Idee und vielleicht sogar Philosophie, die zum Kader und dem neuen Augsburger Weg passt. Aktiver im Spiel, ambitionierter im Ziel. Auf die Umbrüche wurde schon hingewiesen und es ist in der Tat viel zu früh um abzusehen, wohin die Reise führen wird. Potential ist zweifellos vorhanden. Doch man sollte auch die Frage stellen, ob die Möglichkeiten mit dem neuen Augsburger Hochglanzimage mithalten können.

Down to earth

Momentan ist da einfach zu viel Show und zu wenig Inhalt. Man denke mit Grausen an die „Unleash the wolf“ Kampagne bei der Vorstellung von Marius Wolf – der bislang 1,5 gute Spiele gemacht hat und meilenweit von der ihm angetragenen Führungsrolle weg ist. Oder den Signature Move des durchaus bemühten Samuel Essende, den man als Torjubel eher nach dem 15. Treffer in der Champions League als beim Einnetzen gegen den Regionalligisten Viktoria Berlin erwarten würde. Manchmal wäre etwas Bescheidenheit vor der großen Show ganz gut.

Doch es bleibt die Hoffnung, dass Jess-we-can das schon richten wird. Es ist ja nicht alles schlecht, wie der Augsburger gerne unkt, wenn das dritte Bier über den Tresen des Stadionkiosk geht. Vielleicht braucht es einfach auch mal die klassischen Tugenden und schlicht einen emotionalen Anschieber auf dem Platz, um das Flickenwerk auf dem Rasen in die richtige Richtung zu lenken. Immerhin sind aus dem Umbruch der letzten Jahre neue emotionale Köpfe wie Philipp Tietz oder Elvis Rexhbecaj hervorgegangen und sympathische Größen wie Jeff Gouweleeuw geblieben. Da muss sich noch etwas finden und dann klappt es auch mit einem neuen Gesicht 2024/25 – hoffentlich im positiven Sinne. Wir sind gespannt, welches das sein wird, während wir leise die Champions League Hymne summen.

Umstrittener Werbedeal

Wer in dieser Saison schon einmal bei einem Heimspiel des FC Augsburg war, dem könnte der Name „Betano“ durchaus ins Auge gefallen sein. Der Sportwettenanbieter, der bereits die Fußball-EM gesponsort hatte, wirbt seit Sommer im Augsburger Stadion. Fans haben von der umstrittenen Partnerschaft allerdings wenig mitbekommen. Das liegt vor allem daran, dass es offiziell gar keine Partnerschaft sein soll, wie der Verein auf Anfrage der Rosenau Gazette betont. Das steckt hinter dem Deal.

Augsburg & Betano: Werbung bis 2027

Es handle sich nicht um eine Partnerschaft oder ein Sponsoring im klassischen Sinne, heißt es. Deshalb habe es auch keine Pressemitteilung oder sonstige Ankündigung gegeben. Wie lange der FC Augsburg mit Betano kooperiert, ist für Außenstehende damit nicht ersichtlich. Nach Informationen der Rosenau-Gazette geht der Deal drei Jahre, also bis einschließlich der Saison 2026/27.

Betano ist demnach ein Werbepartner, aber kein offizieller Sponsor, und hat laut FCA „ein reines TV-relevantes Mediapaket (Werbebanden im Stadion) gebucht“. Deshalb darf der Wettanbieter zum Beispiel auch nicht mit dem Logo des FC Augsburg werben. Am sichtbarsten ist der Wettanbieter hinter dem Tor in der Südkurve. Jahrelang warb hier „Rofa Rolladen“, ehe zuletzt – optisch ansprechend – gar keine Werbung, sondern ein Vereinsschriftzug die Bande schmückte.

In der Südkurve hinter dem Tor gut zu erkennen: Betano auf der Werbebande, Foto: RoGaz

Nur ein Erstligist ohne Glücksspielpartner

Wettanbieter werden in der Bundesliga immer sichtbarer: Der FC Bayern wirbt für Tipico, der BVB für bwin, Leverkusen für tipwin und der VfB Stuttgart trägt den französischen Wettanbieter Winamax sogar ganz stolz auf seinem prestigeträchtigen Brustring. Zählt man Lotto dazu, so hat nur ein Bundesligist keinen Glücksspielpartner: der VfL Bochum. Das wird sich vermutlich schnell ändern. „Es laufen aktuell Gespräche“, hieß es Ende August vom VfL gegenüber der Frankfurter Rundschau.

Sportwetten-Sponsoring ist bei Fans umstritten: Die Wettanbieter machen ihre Gewinne auf Kosten Spielsüchtiger. Durch Sponsoring von Erstligisten wollen sie nicht nur ihr Image aufpolieren, sondern sind obendrein unmittelbar sichtbar für ihre Zielgruppe: Fußballfans.

Die Fans sind es auch, die Partnerschaften mit Wettanbietern immer wieder kritisieren. Die Ultras des VfB Stuttgart präsentierten etwa ein Banner mit der Aufschrift: „Werte & Moral unseres VfB – ein reines Glücksspiel?!“

Yusuf Kabadayi jubelt über seinen Treffer gegen den FC St. Pauli. Im Hintergrund: Werbung für Betano Sportwetten (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

FCA: „Wirtschaftliches Handeln essenziell“

Auch innerhalb der Augsburger Fanszene gibt es nach RoGaz-Beobachtungen Kritik am Betano-Deal, wenngleich diese öffentlich so noch nicht gebündelt geäußert wurde. Dem ist sich der Klub durchaus bewusst. So heißt es vom Verein auf Anfrage: „Dass Partnerschaften mit Wettanbietern von Teilen der Fans kritisch gesehen werden, respektieren wir und beobachten die dynamischen Entwicklungen in der Branche genau.“

Doch: „Auf der anderen Seite ist wirtschaftliches Denken und Handeln auch für Fußballclubs und für den FCA essenziell. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns.“ Es heißt zwar auch: „Wir sind uns unserer Verantwortung durchaus bewusst und entsprechend sorgfältig werden mögliche Partnerschaften vor Vertragsabschluss geprüft.“ Doch letztlich wird es beim Betano-Deal wie bei so vielen Dingen in der Fußball-Bundesliga sein. Am Ende geht es vor allem um eines: ums Geld.

Ausgerechnet Bauer

Bei all den Personalwechseln in der Innenverteidigung konnte man einen Spieler fast vergessen. Felix Uduokhai wollte weg und wechselte schlussendlich zu Besiktas Istanbul. Patric Pfeiffer war mit seiner Rolle nicht glücklich und durfte den FCA auch verlassen. Jeffrey Gouweleeuw war schon aussortiert, sein Vertrag wurde aber letztes Jahr dann doch verlängert und jetzt ist er sogar wieder Kapitän. Über Reece Oxford wird immer mal wieder gesprochen, weil man ihm nach seiner Long Covid Erkrankung einfach nur wünscht, wieder auf die Beine zu kommen. Im Sommer kamen dann Keven Schlotterbeck sehr früh und Chrislain Matsima sehr spät zum FCA.

Über wen redet niemand? Wer hat diese Saison schon 5 Spiele in der Bundesliga gemacht, davon 4 von Beginn an? Die Rede ist vom äußerst sympathischen Maxi Bauer, der in seiner dritten Saison in Augsburg ist. Ich habe mich während der Länderspielpause mit ihm unterhalten und habe ihn nach unserem Gespräch noch mehr ins Herz geschlossen. Nicht nur, weil er Robin Hack mit einer „No Bullshit“-Aktion am Ende gegen Gladbach die Grenzen aufzeigte. Sondern vor allem, weil er im Gespräch bodenständig und zugänglich alle Fragen mit großer Gelassenheit beantwortete. Aber lest selbst:

Andy: Gibt es ein besseres Gefühl, als am Samstag aufzuwachen und Bundesliga schauen zu können, wenn man am Freitag schon gewonnen hat?

Maxi: Nein, das gibt es nicht. Speziell in diesem Fall, wenn Du ein Heimspiel gewinnst. Dann fällt auch die nervige Rückreise weg und Du bist gleich daheim und kannst das Wochenende genießen.

Andy: Was nehmt ihr aus dem Heimsieg gegen Gladbach mit?

Maxi: Wir nehmen mit, dass wir stabiler geworden sind nach den vielen Gegentoren in den Vorwochen. Wir sind als Einheit näher zusammengerückt und haben gemeinsam verteidigt und in dieser Hinsicht einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht, auf dem wir in den nächsten Spielen weiter aufbauen können. 

Andy: Dennoch gab es ein Standard-Gegentor. Was war da los?

Maxi: Nach Wechseln passt manchmal die Abstimmung nicht direkt zu 100%. Wir standen da nicht optimal bei dieser Ecke. Aber Tim Kleindienst ist natürlich auch außerordentlich gut und steht nicht zu Unrecht im Kader der Nationalmannschaft.

Andy: Was könnt ihr trotzdem noch verbessern?

Maxi: Im Spiel mit dem Ball geht da sicher noch mehr, vor allem hinten raus. Wir haben dann schon viele lange Bälle gespielt. Da können wir besser werden.

Andy: Welche Rolle spielt es da, so ein Spiel dann trotz des Gegentores ins Ziel gebracht zu haben?

Maxi: Das war einfach ein gutes Gefühl am Freitag, weil wir alle nicht angefangen haben zu wackeln. Wir haben als Einheit souverän weitergespielt und die Oberhand behalten und dieses Selbstvertrauen als Team zu haben war sehr gut.

Andy: Wie beurteilst Du insgesamt den Start in die Saison?

Maxi: Als Mannschaft könnten wir mit Sicherheit noch mehr Punkte haben. Wir haben gegen Bremen und Mainz zu Hause Punkte liegen gelassen und sollten in der Tabelle zu diesem Zeitpunkt besser stehen. An sich kann man mit dem Saisonstart zufrieden sein, wenn man die Auswärtsspiele ausblendet. Da hat zweimal nicht viel funktioniert.

Maxi Bauer in Action: etwas wovon ich diese Saison gerne noch mehr sehen will. (Photo by Daniel Kopatsch/Getty Images)

Andy: Und für dich persönlich?

Maxi: Da bin ich ganz ehrlich. Das lief deutlich besser als ich mir erhofft hatte. Hättest Du mir vor der Saison gesagt, dass ich viermal von Anfang spiele und zu fünf Einsätzen in den ersten sechs Spielen komme, dann hätte ich das sofort unterschrieben.

Andy: Im Sommer gab es ja viele Transfers in Augsburg. Deine letzte Saison wirkt wie ein Rückschritt nach der Saison davor, aber um dich war es trotzdem sehr ruhig. Was waren deine Gedanken im Sommer?

Maxi: Ich war natürlich mit der letzten Saison nicht zufrieden. Ich habe nur sporadisch gespielt und bin nicht so richtig in einen Rhythmus gekommen. Klar überlegt man dann für sich, wie es am besten weitergehen sollte. Auf der anderen Seite fühle ich mich in Augsburg sehr wohl, ich bin ja auch ein Bayer. Und übers Knie brechen wollte ich jetzt auch nichts. Und am Ende kommt ja jetzt schon die Bestätigung dafür.

Andy: Bist Du insgesamt der größte Fan der Dreierkette?

Maxi: Ich spiele das schon sehr gerne. Ich weiß, dass wird gerne diskutiert, weil wir mit dem System auch schon ordentlich auf die Mütze bekommen haben. Wenn wir das allerdings so umsetzen, wie gegen Gladbach und offensiv draufgehen als auch im Verbund nach hinten arbeiten, dann macht das System sehr viel Spaß. Und es gibt offensichtlich eine Position mehr in der Innenverteidigung, auf der ich dann spielen kann,

Andy: Welches Saisonziel hast Du Dir dann selbst gesteckt für dieses Jahr?

Maxi: Da bin ich nicht so der Typ für. Es ist ja alles auch sehr schnelllebig und entsprechend versuche ich einfach von Spiel zu Spiel zu schauen und bestmöglich vorbereitet zu sein.

Andy: Jetzt geht es als nächstes auswärts nach Freiburg. Warum sollte einem als FCA-Fan da nicht mulmig werden? Es ist immerhin ein Auswärtsspiel…

Maxi: Der Sieg gegen Gladbach wird uns Rückenwind geben und wir werden dadurch noch mehr als Einheit zusammenrücken. So können wir dann auch gegen Freiburg bestehen.

Andy: Danke Dir Maxi, ich drücke dafür auf jeden Fall die Daumen.

Vielfalt?

Es ist Länderspielpause und die wird vom FC Augsburg produktiv genutzt. In der vergangenen Woche gab es einen Mitgliederabend und die Kandidaten für den Aufsichtsrat stellten sich vor. Daneben eröffnete der FCA am Samstag seinen neuen Fanshop auf der Maximilianstr. Eine lange Schlange gab es vor der Eröffnung. Es war ein wichtiger Termin, denn Michael Ströll brachte sogar seinen Hund mit (wie schon zu den Demirovic-Verhandlungen in Stuttgart; der FCA ist im wahrsten Sinne des Wortes auf den Hund gekommen). Das Highlight dieser Phase kommt aber erst noch am Dienstag: die Mitgliederversammlung, kurz MV.

Eintönigkeit nach Neuaufstellung des e.V. Vorstands

Die Mitgliederversammlung ist deshalb so wichtig, weil dort der Vorstand des e.V. in Persona von Max Krapf den Mitgliedern direkt Bericht erstattet. Zudem wird der Aufsichtsrat als wichtigstes Gremium des Vereins – abseits der Mitgliederversammlung selbst – gewählt. Der Aufsichtsrat hat eine extrem hohe Bedeutung, weil er den Vorstand bestellt. Hier wurde erst vor kurzem noch umgebaut, als sich neben Raphael Brandmiller und Max Krapf, Jürgen Urban einsortierte. Jakob Geyer und Dr. Gerhard Ecker schieden in diesem Zusammenhang aus dem Gremium aus. Präsident Krapf hat so nach zweijähriger Amtszeit zum ersten Mal persönliche Wechsel in dem Gremium erlebt, dessen Führung er im Herbst des Jahres 2022 übernahm.

Beim Vorstand fängt es damit schon an, dass man den personellen Umbau nicht genutzt hat, um das Gesicht des Vereins nach außen vielfältiger aufzustellen. Der Vorstand besteht – und ich will da keinem der drei zu Nahe treten – aus mittelalten, weißen Männern. Ja, ja Kompetenz und so. Okay. Dafür wird es doch sicher beim Aufsichtsrat besser werden, oder?

Alte, weiße Männer wohin man schaut

Das ist leider weit gefehlt. Thomas Müller (57 Jahre), Manfred Ringer (64 Jahre), Gerhard Wiedemann (78 Jahre) und Walter Sianos (62 Jahre) treten erneut an. Im Durchschnitt macht das eine Rentner-Truppe. Dazu kommen mit Sebastian Priller (49 Jahre) und Markus Widmann (56 Jahre) zwei Kandidaten, die zwar den Altersschnitt senken, aber trotzdem nicht dazu führen, dass auch nur annähernd alle Altersgruppen in dem Gremium repräsentiert sein können.

Am Ende geht es aber nicht nur um Alter oder Geschlecht. Im Management-Sprech zählen zu den Diversity-Faktoren  innere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildung, ethnische Herkunft oder Religion, aber auch äußere Faktoren wie Ausbildungswege oder Berufserfahrung. Wollen wir uns die Kandidaten aus dieser Gesamtsicht nochmal anschauen? Vielfalt ist hier bei weitem nicht in dem Umfang zu erkennen, den ein Verein wie der FC Augsburg abbilden können sollte. Frauen, Migrationshintergrund, aber auch Bildungswege und Berufserfahrung außerhalb der Unternehmenswelt sind nicht oder deutlich zu wenig repräsentiert.

So bunt wie es in der Kurve aussieht, geht es in den Gremien nicht zu. (Photo by Alexandra Beier/Getty Images)

Zwischen Marketing und echten „Werten“

Aber was interessiert das einen Verein wie den FC Augsburg? Das mag sich der ein oder andere fragen. Derweil sich Frau oder ein Mitglied einer anderen unterrepräsentierten Gruppe vielleicht leicht veräppelt vorkommt. Hatte der Verein nicht erst vor kürzerem die Ergebnisse seiner eigenen Werte-Ermittlung vorgestellt? Aber, doch. Und die 07-Werte beinhalten auf Platz 6 (Trommelwirbel): Vielfalt. Auf der FCA-Webseite heißt es dazu: „Jeder Mensch ist anders. Zum Glück. Wir sind offen gegenüber allen Menschen, unabhängig von Alter, Religion, ethnischer und sozialer Herkunft, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Geschlecht oder körperliche und geistige Fähigkeiten. Wir treten für soziale Gerechtigkeit ein und schaffen ein barriere- und diskriminierungsfreies Fußballerlebnis.“

Wenn es um die Gremienbesetzung im Verein geht, dann hört es damit aber anscheinend auf. Um dann zur Wahl vorgeschlagen zu werden, musst Du aus Vereinssicht a) entweder dem Gremium schon angehört haben oder b) Vorstand der größten Augsburger Brauerei sein, die den FC Augsburg schon seit vielen Jahren unterstützt (weil der FCA aber auch ein sehr guter Bierabnehmer ist seit dem Stadionumzug). Wie man von Vereinsseite zu dieser Nominierung kommt, wenn man sich den Werte-Kanon auf den Tisch legt, wird dann zumindest an dieser Stelle einmal laut gefragt: Wie?

Der UBT macht es nicht besser

Weniger Vielfalt ist vor allem eine vergebene Chance. Ich hätte gehofft, der UBT e.V. als Dachverband der Augsburger Fanclubs nutzt die Gelegenheit um selbst mit einem vielfältigen Angebot an die Augsburger wahlberechtigten Mitglieder heranzutreten. Schon beim letzten Mal hatte man es nur mit Männern versucht. Diese waren zwar jünger und vom Berufs- und Bildungshintergrund diverser, alleine der Erfolg blieb aus.

Bei dieser Wahl hat man sich nun wohl dazu entschieden, die Bemühungen auf einen Kandidaten zu konzentrieren: Markus Widmann. Widmann ist schon ewig mit dem FCA verbunden und in der Fanszene bestens vernetzt. Aber – und das mag ich bei allem Respekt Markus gegenüber anmerken – aus der Perspektive der Vielfältigkeit keine echte Alternative. Die Entscheidung weniger Kandidaten aus der Fanszene zu nominieren, ist ein Bärendienst für das demokratische Angebot an die Mitgliederversammlung. Eine Vielfalt an Kandidat:innen wäre doch bereichernd gewesen. Aber von nichts kommt halt auch nichts. Auch der UBT e.V. schreibt auf seiner Webseite: „Die Verschiedenheit unserer Mitglieder betrachten wir als eine unserer Stärken.“ Dann zeigt sie doch bitte auch und bringt sie ein, oder das ist nur eine Phrase.

Noch nicht verinnerlicht

Über dem Wert Vielfalt steht auf der FCA-Website: „Das braucht unsere Gesellschaft“. Echt, oder? Einen eigenen Grundwert so links liegen zu lassen, nachdem man in der eigen Außendarstellung eigene Fans gerade erst an wertegerechtes Verhalten erinnert hat, zeugt dann zumindest nicht von Aufrichtigkeit und das geneigte Vereinsmitglied darf sich nun überlegen, ob

a) der FCA zwar viel Brimborium, um seine Werte macht, diese aber gar nicht so ernst nimmt.

b) Werte zwar schön fürs Marketing sind, aber wenn es um Posten und Verantwortung geht, dann hört es eben auf.

c) Werte erstmal dazu gut sind, andere in ihre Schranken zu weisen, aber an die eigene Nase packen wir uns lieber nicht.

Ein vielfältigerer Wahlvorschlag wäre mutig gewesen. Ja, der Mut ist angeblich auch ein FCA-Wert. Nutzt die Wahl am morgigen Dienstag, um die Kandidaten zu wählen, die euch am besten repräsentieren. In diesem Sinne wünsche ich allen spannende Debatten auf der Mitgliederversammlung.

Es braucht Variabilität

Keven Schlotterbeck kommt mir nach fünf Pflichtspielen in der Saison schon gar nicht mehr wie ein Neuzugang vor. Einerseits liegt das daran, dass er schon direkt zu Anfang der Wechselperiode im Sommer den Weg nach Augsburg gefunden hat. Andererseits ist er aus der Startelf systemunabhängig nicht mehr wegzudenken. Gerade weil die Abwehr in den letzten Partien manchmal die nötige Stabilität auch hat vermissen lassen, war es besonders interessant mit ihm auf die letzten Monate zurückzublicken und über die Gründe für die fehlende defensive Stabilität zu sprechen. Meinungs- und zweikampfstark wie Keven ist, werden wir an ihm hoffentlich noch viel Freude haben.

Andy: Können wir einmal zurückspulen? Kannst Du uns einmal mitnehmen zurück in den Sommer und erklären, wie es dazu kam, dass Du in Augsburg unterschrieben hast?

Keven: Das ist ganz einfach. Der FCA hat sich so sehr um mich bemüht, so dass ich von Beginn an ein sehr gutes Gefühl hatte. Ich glaube wir passen vom Verein und mir als Person sehr gut zusammen.

Andy: Ich mag jetzt gar nicht zu sehr lobhudeln. Du bist ein Spieler der 2021 Olympia gespielt hat und hast ein starkes Jahr hinter Dir. Hattest Du da nicht auch eine andere Ambition im Sommer?

Keven: Das muss man schon auch realistisch sehen. Ich habe zwar die letzte Saison in Bochum viel gespielt, aber die Jahre davor eben auch nicht, und die ganz großen Clubs standen jetzt auch nicht Schlange. Aber davon mal ab: ich hatte wirklich ein sehr gutes Gefühl durch die Gespräche mit den Verantwortlichen, so dass ich auch gar keine anderen Optionen mehr in Erwägung gezogen habe. Für diese Entscheidung habe ich nicht lange gebraucht und will nun mit dem FCA Akzente setzen.

Andy: Du kommst ja ursprünglich aus dem Süden. Hattest Du schon vorher einen Bezug zu Augsburg?

Keven: Augsburg war für mich neu. In der Jugend ging der Weg früher eher nach München, weil das einfach die größere Stadt ist. Aber in der Zwischenzeit haben auch ein paar Freunde in Augsburg studiert, die mir von der Stadt erzählt haben und der schönen Altstadt. Und ich habe ja 5 Jahre in Freiburg gelebt und das ist ja auch eine kleinere Stadt, die idyllisch ist.

Andy: Und hat sich dieser Eindruck so bei Dir bestätigt?

Keven: Ja, auf jeden Fall. Es gibt zwar gefühlt keine 50 Restaurants, aber man kann gemütlich einen Kaffee trinken oder mit Freunden und der Familie essen gehen und hat seine Ruhe. Es ist wirklich schön hier. Ich fühle mich nach den ersten 2-3 Monaten schon heimisch.

Andy: Wie wichtig, war es für dich, sich früh in der Transferphase zu entscheiden?

Keven: Das Jahr davor bin ich spät nach Bochum gewechselt und dann hat es einfach gedauert, bis ich so richtig angekommen bin. Daraus habe ich gelernt, und wollte mich dieses Jahr bewusst früh entscheiden, um in der Vorbereitung dabei zu sein, den Verein und die Stadt kennenzulernen.

Andy: Dann hast Du in Augsburg sehr viele Transferbewegungen mitbekommen. Hat dich das überrascht?  

Keven: Wenn Du die Bundesliga verfolgst, dann hast Du schon mitbekommen, dass sich Spieler in Augsburg hervorgetan haben. Und wenn ein Verein wie der FC Augsburg für Ermedin Demirovic mehr als 20 Millionen Euro angeboten bekommt, warum sollte er ihm dann Steine in den Weg legen? Er kann den nächsten Karriereschritt gehen und Champions League spielen. Klar gab es viel Bewegung, trotzdem stehen wir jetzt mit einer Einheit da, die zusammenhält und sich für nichts zu schade ist und darauf kommt es am Ende an.

Andy: War das Bilden eines Mannschaftsgefüges besonders im Fokus bisher?

Keven: Ich halte das für grundsätzlich wichtig. Wir werden nie ein Team sein, das Spiele über die individuelle Klasse gewinnt. Wenn man Spieler wie Openda oder Bynoe-Gittens nimmt – mal ganz ab von Harry Kane – dann muss klar sein, dass wir über das Teamgefüge kommen. Gegen solche Spieler kann man schon mal einen Zweikampf verlieren, aber dann ist es besonders wichtig, dass andere Spieler aushelfen und immer jemand zur Hilfe kommt. Daher ist Zusammenhalt besonders wichtig. Von der ersten Elf, über die Einwechselspieler, die durch die fünf Wechsel an Bedeutung gewonnen haben, bis in den Kader hinein müssen wir zusammenstehen.

Andy: Wie wird dieses Vertrauen und dieser Zusammenhalt aufgebaut?

Keven: Das ist ein bisschen von allem. Der eine ist mal ein bisschen genervt, dass er nicht gespielt hat, der andere ist etwas glücklicher, weil er starten darf. Da muss man miteinander sprechen, damit jeder weiß, dass er sich auf den anderen verlassen kann, wenn es auch mal andersrum läuft. Und in diesem Prozess sind wir gerade.

Andy: Inwieweit schweißt da eine bittere Niederlage wie die letzte gegen Mainz 05 vielleicht alle noch ein bisschen mehr zusammen?

Keven: Das ist natürlich sehr bitter, dass wir dieses Spiel so verloren haben. Wir haben aber auch einen Schritt nach vorne gemacht und es sah nicht wieder aus wie gegen Heidenheim. Spielerisch sieht man, dass wir dazu lernen und das ist mir prinzipiell lieber wie ein schlechtes Spiel, aus dem man keinen Lernerfolg erkennen kann. Jetzt müssen wir weiter dazu lernen, die Gegentore abgestellt bekommen und so ein Spiel dann auch einfach mal 2:1 gewinnen.

Andy: Das war wohl klar, dass wir gerade über die Gegentore heute auch sprechen müssen. Wie ist es erklärbar, dass ihr so viele Gegentore nach Flanken von außen bekommt?

Keven: Das ist nicht einfach. Ich bin tatsächlich auch überfragt, wie das so passieren kann. Wir müssen in den entscheidenden Situationen näher am Mann stehen und die Zweikämpfe annehmen. Allerdings passen die Flanken auch perfekt und die Kopfbälle sind perfekt gesetzt, so dass Nedo Labrovic auch keine Chance hat, irgendetwas zu retten. Das tut uns weh. Wir müssen mit allem das Tor verteidigen und unser Verhalten in diesen Situationen weiter verbessern, auch in dem wir die Situationen im Training angehen.

Andy: Von außen wirkt es so, dass ihr in der letzten Kette zu tief stehen würdet, so dass euch der Zugriff fehlt. Passen die Abstände da noch nicht in dieser frühen Phase der Saison.

Keven: Ich glaube die Abstände passen zu 95%, aber genau bei diesen Flanken passen sie dann eben nicht. Es ist einfach ein sehr schmaler Grad, ab wann man auch den Raum hinter sich zu sehr öffnet. Die Genauigkeit muss noch höher werden und da müssen wir in den entscheidenden Situationen besser reagieren und die Schritte in die richtige Richtung machen.

Andy: Sind die unterschiedlichen Formationen und die Umstellung von 4er auf 3er Kette ein Faktor?

Keven: Nein, gerade dafür ist ja auch die Vorbereitungszeit da, um hier Routinen zu installieren. Der Fußball hat sich taktisch schlichtweg in den letzten Jahren so weiterentwickelt, dass es Variabilität braucht und die darf keine Ausrede sein. Die Null sollte in jedem Fall stehen.

Andy: Ist es schlichtweg Feinabstimmung, die notwendig ist?

Keven: Ja, das kann man so sehen. Die braucht Zeit, auch wenn wir natürlich dringend abstellen wollen, weiter die Gegentore so zu bekommen, weil es schon am Wochenende wieder um 3 Punkte geht.

Keven Schlotterbeck ist von Anbeginn der Vorbereitung aus dem FCA Team nicht mehr wegzudenken. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Andy: Wird über individuelle Fehler unter euch Spielern offen gesprochen, gerade nachdem Du vorhin über die Einheit und das Vertrauen im Team gesprochen hast?

Keven: Jeder geht anders mit Fehlern um. Man sollte nie mit dem Finger auf andere zeigen, sondern sich selbst zuerst an die eigene Nase packen. Aber Fehler müssen angesprochen werden, um sie abzustellen. Und ist es unsere Aufgabe, genau das zu tun. Auch wenn natürlich der Gegner da auch noch ein Wörtchen mitreden will und sich entsprechend vorbereitet…

Andy: …und das für die Gegner ja momentan auch gut klappt.

Keven: Nichtsdestotrotz haben wir ja auch unsere Chancen, und müssen den Ball halt einfach auch über die Linie drücken. Wir finden schon auch unsere Wege in Richtung gegnerisches Tor.

Andy: Das macht dann auch berechtigt Hoffnung. Kommt dann ein Gegner wie Leipzig jetzt genau zur rechten Zeit, nachdem dort auch gerade nicht alles Gold ist, was glänzt?

Keven: Wir verfolgen das natürlich schon. Ich habe aber auch die sehr gute Partie in Madrid gesehen. Diese Umstellung von Champions League auf Bundesliga ist nicht immer einfach, aber wir werden am Samstag gegen ein TOP4-Team spielen und dort mit Sicherheit weniger Chancen bekommen als noch gegen Mainz. Deswegen müssen wir effizienter mit unseren Chancen umgehen.

Andy: Nach der Erfahrung aus den ersten Spielen zu urteilen, werden wir uns wahrscheinlich trotzdem über den VAR ärgern müssen. Kann der in der jetzigen Form einfach weg?  

Keven: Ich vertrete immer noch die Meinung, dass uns der VAR gut tut.  Es ist schwierig für die Schiedsrichter und für die Beteiligten in Köln. Aber auch das sind nur Menschen, die Fehler machen. Natürlich tut uns das jetzt in der Anfangsphase weh, aber wir müssen uns auf unser eigenes Spiel konzentrieren. Gegen Mainz hätten wir mehr Tore schießen und weniger kassieren müssen und dann hätten wir das Spiel auch gewonnen.

Andy: Auf der sachlichen Ebene kann ich das verstehen. Aber wie siehst Du auf der emotionalen Ebene, dass die Freude verloren geht, durch die übermäßigen nachträglichen Korrekturen?

Keven: Ja, das sehe ich auch so. Die Entscheidungen müssen so schnell wie möglich erfolgen. Bei der Elfmeterentscheidung steht der Schiedsrichter einige Zeit am Screen und er muss da ja erst hingeschickt werden.

Andy: Und das er da überhaupt hingeschickt wird…

Keven: Da sind wir ja auch einer Meinung. Die Eingriffe müssen auf glasklare Fehlentscheidungen begrenzt werden und das war meiner Meinung nach keine. 

Andy: Verstehst Du die VAR-Abläufe noch? Ich habe gegen Bremen schon nicht verstanden, warum der Schiedsrichter bei dem Handspiel nicht das Signal bekommt: das ist ein Elfmeter. Da braucht es diesen On-Field-Review aus meiner Sicht nicht. 

Keven: Die Abläufe müssen dringend beschleunigt werden. Ich vermute das macht auch etwas mit den Schiedsrichtern. Die bekommen das natürlich auch alles mit und müssen da durch, wenn dann alle unzufrieden sind und das Stadion pfeift. Mit der jetzigen Situation ist ja wirklich keinem geholfen. Und es ist ein leidiges Thema und wir müssen uns weiterhin auf uns selbst konzentrieren.

Andy: Über euren Gegner haben wir schon kurz gesprochen. Die nächsten Spiele wirken grundsätzlich auf dem Papier schwerer als das Programm jetzt zum Saisonstart. Was stimmt dich dennoch hoffnungsfroh?

Keven: Wir haben prinzipiell in drei von vier Spielen gute Partien abgeliefert. Es war früher schon immer eklig gegen den FC Augsburg zu spielen und das müssen wir in den nächsten Partien auf den Platz bekommen, damit die Gegner es schwer gegen uns haben. Dafür muss jeder für den anderen mitlaufen. Und prinzipiell sind alle Spiele in der Bundesliga schwer und wir müssen Spiel für Spiel Mittel finden, um die Partien zu unseren Gunsten zu entscheiden.

Andy: Wie siehst Du deine Rolle dabei, als jemand der mit einer gewissen Erfahrung jetzt in Augsburg dazu gekommen ist?

Keven: Es braucht einen guten Mix aus „Kühlen Kopf bewahren“ und „Durchdrehen“. Wir müssen Themen in Ruhe analysieren und diese dann auch umgesetzt bekommen. In unserem Team gibt es einige gestandene Spieler, die nun die Führung übernehmen können und Qualität haben wir auch im Kader, wenn man sich Neuzugänge wie Samuel Essende anschaut. Da müssen wir zusammenfinden und die bestmögliche Leistung am Wochenende abliefern.

Andy: Dafür drücke ich die Daumen. Danke Dir für das Gespräch.

1,2,3,4,5,6,7: Thorup zählt sich selbst an

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Nur drei Pflichtspiele standen an, bevor die erste Länderspielpause schon wieder den Spielbetrieb der Vereine unterbrach, damit sich die Nationalmannschaften bei der Nations League miteinander messen können. Als FCA-Fan war ich nach dem Pokalspiel gegen Viktoria Berlin erstmal erleichtert. Immerhin hatte sich der FCA nicht blamiert und war gegen einen unterklassigen Club nicht ausgeschieden. Aber die entscheidenden Partien absolviert der FCA nicht im Pokal sondern in der Bundesliga, und hier war der Start enttäuschend.

Die Serie wächst an

Gegen Bremen war der FCA sauer auf den Schiedsrichter, der eine Elfmeterentscheidung verkackte. Auf der anderen Seite hatte der FCA selbst das Spiel nach der Halbzeitpause aus der Hand gegeben und den SV Werder ausgleichen lassen. Ganz unbeteiligt war das Team also nicht daran, dass Bremen einen Punkt aus der wwk Arena mitnahm und der FCA somit im sechsten Spiel in Folge (saisonübergreifend) in der Bundesliga nicht gewann.

Auf die Partie gegen Bremen folgte in Heidenheim ein erstes Debakel in dieser noch jungen Saison. Der FCA machte einfache Fehler in der Abwehr und geriet früh in Rückstand. Das Team hatte zwar in der Folge relevante Spielanteile, nach vorne fehlte aber die letzte Konsequenz und Durchschlagskraft. Ganz im Gegensatz dazu trat Heidenheim sehr durchschlagskräftig auf. Und so verlor man am zweiten Spieltag mit 0:4 gegen einen Gegner, gegen den man in der Vorsaison zweimal gewonnen hatte. Und der FCA bleibt somit auch im siebten Spiel in Serie in der Bundesliga ohne Sieg.

Selbstvertrauten ade?

Ein Grund, weswegen der Verein in der Vorsaison nach dem Spiel gegen den SV Darmstadt den Trainerwechsel von Enno Maaßen zu Jess Thorup vornahm, war das fehlende Selbstbewusstsein des Teams. Dieses Selbstvertrauen scheint auch im Moment nicht vorhanden zu sein. Dazu kommt, dass es für Jess Thorup im Moment auch nicht einfach ist, dieses wieder aufzubauen. Einerseits gab es in der Sommerpause viele Spielerwechsel. Kapitän Demirovic wechselte nach Stuttgart. Mit Felix Uduokhai und Niklas Dorsch wechselten weitere Spieler, die in der Vergangenheit schon die Binde beim FCA getragen hatten, den Verein. Als Ersatz kamen im Sommer vor allem Spieler, die mit Liga und Verein noch nicht vertraut sind. Woher soll das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Selbstvertrauen momentan kommen?

Der ein oder andere wird nun anmerken: Glücklicherweise ist doch jetzt Länderspielpause. Ja, aber der FCA verfügt über so viele Nationalspieler wie lange nicht und genau die sind jetzt in der Länderspielpause nicht beim FCA sondern mit ihren Nationalmannschaften unterwegs. Etwas unglücklich alles, aber so richtig voran geht es dann gerade auch nicht.

Wie sieht Thorups sportliche Lösung aus?

Aber auch auf dem Platz ist Jess Thorup als Lösungsfinder gefragt. Neben dem, dass er eine Mannschaft formen muss, die auf dem Platz auch als solche auftritt, stellen sich sportliche Fragen. Eine, die den FCA nun schon länger begleitet: aus welcher Grundformation heraus will man eigentlich antreten? Gegen Bremen hat man 60 Minuten mit der Raute gespielt und dann auf ein System mit 3er Kette gewechselt. Die 3er Kette hat gut funktioniert. Gegen Heidenheim orientierte man sich zurück zur 4er Kette und kassierte eine Klatsche.

Wenn Thorup mit den Medien redet, dann wird er meistens nicht besonders konkret. (Photo by Carsten Harz/Getty Images)

Es mag mir nicht in den Kopf, dass die Phase, in der ich so viele neue Spieler wie selten zuvor integrieren muss, die richtige ist, um von System zu System zu wechseln. Um schnell zu eingespielten Abläufen in kurzer Zeit zu kommen, kann es aus meiner Sicht nicht förderlich sein, immer wieder von System zu System zu wechseln. Und wie einen Gegner auseinander nehmen, wenn man halbgar einstudierte Systeme auf den Platz bringt und nicht ganz auf der Höhe ist, hat zuletzt Heidenheim eindrucksvoll gezeigt.

Ist Thorup überhaupt voll beim FCA?

Insgesamt sprechen die sportlichen Leistungen nun somit schon seit einer geraumen Weile nicht mehr für Jess Thorup als Trainer beim FCA. Dennoch hatte der kicker noch im Mai berichtet, dass der FCA den Vertrag über den Sommer 2025 hinaus verlängern wollte, um Konstanz auf dem Trainerposten zu schaffen. Eine Vollzugsmeldung gab es über den gesamten Sommer hinweg allerdings nicht.

Dies kann nun zweierlei bedeuten. Einerseits kann sich das Interesse des FCA geändert haben bzw. man hat sich entschieden, das Thema bis nach die Transferperiode zu verschieben. Andererseits kann es sein, dass Thorup gar kein längerfristiges Interesse daran hat, beim FCA zu bleiben. Ganz konkret ist Thorups Co-Trainer Interims-Nationaltrainer in Dänemark. Thorup hat die Nationalmannschaft immer als einen von zwei Traumjobs bezeichnet (neben der Trainerstelle in Kopenhagen, die er schon inne hatte). Bei seinem Absprung nach Kopenhagen war dieser auch früh während einer Saison erfolgt – Anfang November, um genau zu sein. Evtl. schielt Thorup auch auf einen Posten bei einem größeren Verein. Der FCA sollte hier im eigenen Interesse schnell für Klarheit sorgen. Im amerikanischen wird ein Trainer, der keine Zukunft mehr bei seinem Verein hat, als „lame duck“ übersetzt „lahme Ente“ bezeichnet, weil im die Glaubwürdigkeit fehlt, Konsequenzen durchzusetzen. Eine solche Situation sollte der FCA zwingend vermeiden.

Am Scheidepunkt

Und so kommt es, dass beim FCA schon sportlich früh in der Saison Spannung aufkommt. Wie geht es konkret weiter? Aus meiner Sicht gibt es zwei Möglichkeiten: Einerseits könnte man mit Thorup verlängern. Thorup hat auch schon letzte Saison sportliche Abläufe nach seiner Ankunft vereinfacht und seiner Mannschaft Selbstbewusstsein eingeimpft. Warum sollte er die Kurve nicht noch einmal bekommen? Dann bleiben die ersten beiden Spiele eine Randnotiz. Andererseits will der FCA vielleicht erst die sportliche Entwicklung abwarten, und sollte sich bei fehlender Überzeugung oder bei Fragezeichen bzgl. Thorups mittelfristiger Verfügbarkeit schneller von Trainer Thorup trennen als letztes Jahr von Enno Maaßen.

Vielleicht sieht es intern viel deutlicher aus. Nach außen vermittelt der FCA durch seine sportlichen Ergebnisse und die unterbliebene Vertragsverlängerung von Thorups Fragezeichen auf der Trainerposition. Mal schauen, wann sich diese auflösen. Bis dahin bleibt es spannend, rund um unseren Lieblingsclub. Etwas anderes war ja aber auch gar nicht zu erwarten.

Unter dem Radar

Startelf-Tipps, die in den ersten beiden Saisonspielen Tim Breithaupt auf der 6er Position gesehen haben, kann ich nicht ernst nehmen. Nichts gegen Tim Breithaupt. Allerdings steht in der mannschaftsinternen Hierarchie Kristijan Jakic, den Jess Thorup zum Vize-Kapitän ernannte, vor ihm. Jakic, der auf Grund von Verletzungen passen musste und auch schon durch Visa-Probleme das Trainingslager in Südafrika verpasste, stand allerdings bisher nicht zur Verfügung. Breithaupt tat, was er schon in der Rückrunde tat: er machte verlässlich seinen Job, als es drauf ankam. Gegen Bremen glänzte er zudem mit einem Assist beim 2:1 als er auf Samuel Essendes Kopf flankte. Seine erste Torbeteiligung in der Bundesliga. Und so ist es ein guter Moment, um sich vor dem Auswärtsspiel gegen Heidenheim mit dem Youngster zu unterhalten, der für den FCA eine immer wichtigere Rolle einnimmt:

Andy: Startelf in den ersten beiden Pflichtspielen, im Pokal weitergekommen, Unentschieden in der Bundesliga und ein Tor vorbereitet. Wie ist die Stimmung?

Tim: Bei mir persönlich natürlich gut. Es ist immer gut auf dem Platz zu stehen. Jetzt gerade die ersten beiden Spiele von Anfang an zu spielen ist natürlich toll. Das ist ein guter Saisonstart für mich. Es ist wichtig, dass wir im Pokal weitergekommen sind. Das war eine Pflichtaufgabe, die wir nach anfänglichen Schwierigkeiten gut gelöst haben. Zu Hause gegen Bremen haben wir auch ein ordentliches Spiel abgeliefert und mit ein bisschen Glück bei der Handspielentscheidung nehmen wir auch direkt 3 Punkte mit. Aber da können wir gut drauf aufbauen.

Andy: Wie schwierig war das gegen Bremen für dich persönlich als alleiniger 6er in der Raute, wo Bremen immer wieder versucht hat euch mit Verlagerungen das Leben schwer zu machen?

Tim: Das war nicht einfach. Wir haben aus der Raute heraus versucht anzulaufen, und die ein oder andere Situation muss man dann auch in Kauf nehmen. Im Spiel muss man entscheiden, wann man Verlagerungen zulässt und ob diese gefährlich werden können. Durch die Systemumstellung in der zweiten Halbzeit haben wir mehr Zugriff aufs Spiel gewonnen, aber die beiden Tore haben wir aus der Raute heraus geschossen. Für uns ist die Systemfrage nicht so wichtig. Für uns ist wichtiger, dass wir unser Spiel auf den Platz bekommen. Und daran arbeiten wir in diesen Tagen, um auf die kommenden Aufgaben vorbereitet zu sein.

Andy: Warum war es gerade nach der Halbzeit so schwer für euch, Zugriff aufs Spiel zu bekommen?

Tim: Wir sind einfach nicht gut aus der Halbzeit gekommen. Bremen hat uns direkt in Richtung unser eigenes Tor gedrängt und wir hatten innerhalb von zehn Minuten fünf Abstöße. Das zeigt, wie wenig wir selbst in die Bremer Hälfte gekommen sind. Da müssen wir in Zukunft versuchen mehr Ruhe ins Spiel zu bekommen und den Ball in den eigenen Reihen zu halten, um den Gegner nicht selbst aufzubauen.

Andy: Dir trotzdem Glückwunsch zu deiner ersten Torbeteiligung in der Bundesliga, einer wunderbaren Flanke auf den Kopf von Samuel Essende, der den wuchtig in die Maschen befördert hat. Wie hat sich das für dich angefühlt und hast Du dich selbst gewundert, wie Du soweit vorne aufgetaucht bist?

Tim: Das fühlt sich natürlich schön an. Ich hatte bisher in der Bundesliga noch keine Torbeteiligung und deswegen war das toll, dass es gleich im ersten Saisonspiel geklappt hat. Wir trainieren das auch im Training, dass wir über außen durchbrechen und, wenn wir nicht durchkommen, auf die 6er oder 8er im Rückraum zurücklegen, um den Ball an den zweiten Posten zu bekommen. Und Samu macht ihn dann ziemlich wuchtig rein, wie das auch seine Stärke ist. Aber lieber hätte ich natürlich gewonnen.

Andy: Insgesamt bist Du jetzt ein Jahr in Augsburg. Wie lief das Jahr für dich und hättest Du vermutet, dass Du jetzt da bist, wo Du bist?

Tim: Ein bisschen schon. Meine erste Saison war ja eine Achterbahnfahrt. Ich bin ja unter Enno Maaßen gekommen. Da habe ich mich gut eingefunden und unter ihm auch viel gespielt. Als Jess kam, war es für mich dann erstmal schwieriger. Ich hab mich in der schwierigen Phase aber nicht hängen lassen. Das hat mich aber eher stärker gemacht. Ich kannte das vorher so nicht, weil ich mit Spielzeit immer verwöhnt war. Und dann musste ich erstmal von draußen zuschauen, und das tut jedem Spieler weh. Ich konnte mich dann aber zurückkämpfen und habe am Ende der Saison viele Spiele von Anfang an gemacht, was mir ein gutes Gefühl jetzt für diese Saison gegeben hat und so geht es jetzt gerade weiter.

Oftmals im Hintergrund, aber dennoch dabei: Tim Breithaupt im Bundesliga-Getümmel (Photo by Carsten Harz/Getty Images)

Andy: Wie transparent war Jess damals in seiner Kommunikation, warum Du erstmal außen vor warst?

Tim: Wir waren bisher immer in einem sehr offenen und ehrlichen Austausch. Wir verstehen uns menschlich auch sehr gut und Jess ist ein Trainer, der versucht alle mit ins Boot zu nehmen und jedem Spieler zu erklären, wie gerade seine Situation ist. Wir haben damals auch Entwicklungsbereiche besprochen und dann hatte ich irgendwann auch das Quäntchen Glück und meine Chance bekommen. Und die muss man dann nutzen. Das ist mir gelungen und ich konnte dem Trainer zeigen, dass er sich auf mich verlassen kann.

Andy: Verlässlichkeit als Kerntugend?

Tim: Schon. Ich bin ja in Hoffenheim nach 5 Minuten reingekommen und da rechnest Du ja nicht damit. Aber genau in solchen Situationen kommt es dann darauf an, die Leistung zu bringen.

Andy: Jetzt warst Du fit und konntest die gesamte Vorbereitung mitmachen. Was war anders im Vergleich zur letzten Saison?

Tim: Ich kannte dieses Jahr die Abläufe schon. Letztes Jahr war alles neu und ich musste mich erst an alles gewöhnen. Jetzt sind das Automatismen geworden. Ich fühle mich sehr wohl in der Mannschaft und nachdem ich jetzt auch ein paar Spiele gemacht habe, habe ich mir auch ein gewisses Standing erarbeitet.

Andy: Welchen Eindruck hat das Trainingslager in Südafrika bei Dir hinterlassen?

Tim: Das war sehr besonders. Angefangen vom Empfang am Flughafen, über Spiele gegen Mannschaften, gegen die man nicht alle Tage spielt, gutes Training, bis zu den vielen weiteren Aktivitäten, vom Schulbesuch bis zur Safari. Insgesamt rundherum gelungen.

Andy: Hat euch das als Mannschaft näher zusammengebracht, durch diese gemeinsamen Erinnerungen?

Tim: Ich glaube schon. Trainingslager sind allgemein dafür sehr gut, weil man sich immer besser kennengelernt. Aber das, was wir dort erlebt haben, hätten wir in Österreich oder der Schweiz wohl nicht erlebt.

Andy: Insgesamt ist ja viel Bewegung durch Transfers in der Mannschaft. Wie nimmst Du das war?

Tim: Wir haben sowohl viel Qualität verloren als auch dazu gewonnen. Es ist dieses Jahr einfach etwas Neues. Wir hatten vier Neuzugänge in der Startelf am Samstag und das schon ganz gut geklappt. Manche Automatismen fehlen noch, aber das war letztes Jahr auch so. Ich sehe das positiv, weil die neuen Jungs viel Qualität mitbringen und die wird uns weiterhelfen.

Andy: Letzte Saison habt ihr euch mit dem Systemwechsel teilweise recht schwer getan, der jetzt am Samstag während des Spiels recht reibungslos geklappt hat. Siehst Du da eine Verbesserung?

Tim: Ja, das sehe ich schon verbessert. Nachdem Jess während der letzten Saison kam, war es erstmal wichtig überhaupt Stabilität reinzubringen. Jetzt hatten wir etwas mehr Zeit, um auch hieran zu arbeiten. Wobei ich das System nicht als ausschlaggebend sehe, wenn alle ihre Aufgaben erfüllen. Dann kann man mit jedem System gegen jeden Gegner spielen.

Andy: Hast Du trotzdem eine persönliche Präferenz?

Tim: Ich fühle mich in der Raute ziemlich wohl, einfach weil ich das System schon aus Jugendzeiten kenne und es auch in Karlsruhe schon gespielt habe. Auch unter Jess haben wir es jetzt am meisten gespielt und hatten unsere erfolgreichste Phase damit. Unserer Mannschaft tut das ganz gut.

Andy: Was hast Du Dir persönlich für die Saison vorgenommen?

Tim: Ich möchte viel spielen, weil es am meisten Spaß macht, und mich weiterentwickeln. Ich bin noch recht jung, habe aber doch schon einige Profispiele auf dem Buckel und will einfach noch dazulernen.

Andy: Mit 22 Jahren schon fast 100 Profispiele und trotzdem fliegst Du ein bisschen unter dem Radar. Vielleicht gerade auch deshalb, weil Du ein ruhigerer Typ bist?

Tim: Ich bin schon eher der ruhigere Typ. Aber wenn ich mich wohl fühle, dann kann ich schon auch den Mund aufmachen.

Andy: Was ist das Ziel für Heidenheim und wie ist der Plan?

Tim: Wir wollen gewinnen. Heidenheim ist auf Augenhöhe und wir sind beide gut in die Saison gekommen. Aber am Sonntag wollen wir unser Spiel auf den Platz bringen und uns im Vergleich zum Bremen-Spiel steigern.

Andy: Inwiefern kann man von den tollen Momenten in Heidenheim in der letzten Saison zehren als ihr in Jess‘ erstem Spiel einen Rückstand eindrucksvoll gedreht habt?

Tim: Das sind sehr schöne Erinnerungen und wir versuchen auch jetzt wieder positive Erinnerungen zu sammeln.

Andy: Dafür und für die weitere Saison viel Glück!

Der Zauber des Neuen

Es ist ganz schön was los ins Augsburg. Durch den Plärrerumzug kam es am ersten Spieltag des FCA zu der ein oder anderen Verkehrsbehinderung und -umleitung im Stadtgebiet. Neben Menschen in Augsburger und Bremer Trikots sah man einige Trachten. Und manchmal – und das sollte ein Parallele zum späteren Spiel des FCA sein -wirken die Menschenströme nicht aufeinander abgestimmt. Die Augsburger Fanszene hat sich im Riegele Biergarten getroffen, um per Fanmarsch zum Stadion zu laufen. Anstatt dessen waren gegen 13 Uhr die Straßenbahnlinien der Linie 3 verstopft, bevor die Arena Linie ihren Betrieb aufnimmt.

Auch im Stadionumfeld wirket dann nicht alles eingespielt. Erfreulich war der Getränkewagen direkt vor der Geschäftsstelle, der eine Möglichkeit bot, sich noch vor dem Stadionzutritt zu erfrischen. Die Übernahme des Caterings durch den FCA geht dann nicht ganz reibungslos über die Bühne. Bratwürste stehen zwar auf der Karte, gab es aber nicht. Und die Ketchup-Liebhaber vermissen auch dieses. Auch hier ist erstmal noch Luft nach oben. Aber mit Wurst und Kaltgetränk ließ es sich auch zu diesem Zeitpunkt schon wenig meckern.

Anpfiff zu Jahr 14

Am Ende ist dann auf dem Rasen, was zählt. Die Spieler betraten zu einer sehr eindrücklichen Choreografie auf der Ulrich Biesinger Tribüne den Rasen, das Hallerluja erklang und die Mannschaft war sofort da. In der 9. Minute war es dann logischerweise der FCA, der die erste große Torgelegenheit hatte. Nach Kopfballablage von Samuel Essende fand Arne Engels auf spitzen Winkel zweimal keinen Weg ins Tor. Umso bitterer war es wenige Minuten später, dass Bremen die ersten Löcher in der Augsburger Abwehr direkt ausnutzte. Und ich zweifele, ob Nediljko Labrovic beim ersten Gegentor nicht besser reagieren kann. 12 Minuten sind da gerade mal gespielt.

Der FCA ließ sich davon aber nicht merklich irritieren, und kam auch zeitnah zum Ausgleich. Elvis Rexhbecaj stieg mit einem Hammer aus ca. 20 Metern direkt noch mit in die Verlosung zum Tor des Monats August ein. Beiden Teams war in dieser Phase anzumerken, dass es noch früh in der Saison ist und die leichten Fehler häuften sich. Unterhaltsam war es allemal. Und spektakuläre Szenen hatte die Partie auch danach parat, zum Beispiel als Labrovic in Minute 25 halten muss. Bis zur ersten Trinkpause in der Augsburger Sommerhitze ist das ein gutes Angebot an die Zuschauer.

In der Folge konnte man den Eindruck gewinnen, der FCA nähme etwas den Fuß vom Gas und überließe das Geschehen den Bremern. Diese kamen dann auch zweimal in den 16er, Labrovic war aber jeweils zur Stelle. Über zu wenig Möglichkeiten sich auszuzeichnen durfte sich der Keeper des FCA im Nachgang nicht beschweren. Im Gegenzug war es dann aber der FCA, der in der 35. Minute in Führung geht. Spielerisch kombinierte man sich stark über die rechte Seite und nach Breithaupt-Flanke erzielte Samuel Essende seinen ersten Bundesligatreffer per Kopf. In der Folge verflachte das Spiel etwas, auch wenn Bremen immer wieder Wege über die rechte Seite nach vorne fand.

Nicht ganz aus der Hand gegeben

In Halbzeit 2 fand der FCA erstmal gar nicht ins Spiel . Bremen übernahm die Kontrolle und Augsburg fand spielerisch erstmal keine Lösungen mehr. Aus Augsburger Sicht hätte man sich in Halbzeit 2 mehr Langeweile gewünscht. Aber das ist man ja hier grundsätzlich beim falschen Verein. Und so kassierte man nach knapp 60 Minuten den Ausgleich. Dem Treffer von Njinmah geht voraus, dass Weiser von rechts komplett frei flanken konnte. Das war mit Ansage.

Besser spät als nie: Thorup reagierte richtig und gab dem Spiel eine positive Wendung. (Photo by Carsten Harz/Getty Images)

Thorup wollte sowieso reagieren, tut es nun aber eben erst bei ausgeglichenen Spielstand. Für Breithaupt und Maier kamen Dorsch und Jensen. Rexhbecaj tauschte die Seite und sollte nun die Lücken links schließen. Damit beließ es Thorup aber nicht. In Minute 65 stellte er taktisch vollends um und bringt Maxi Bauer für Philipp Tietz. Die 3er Kette kommt zu ihrem ersten Auftritt in der neuen Saison. Kurz danach hätte ihn sein Team fast belohnt. Essendes zweiter Treffer wird auf Grund eines vorausgegangen Handspiels allerdings nicht gegeben und der VAR verzögerte die Partie im Anschluss relevant. Kurz danach sammelt Labrovic Bonuspunkte, als er gegen Duksch im 1:1 nach einem Konter den Ball sicherte. Auf der Gegenseite wird es in Minute 78 wegen eines mutmaßlichen Handspiels im Bremer Strafraum spannend. Erneut prüfte der VAR und schickte Stegemann an den Bildschirm. Und der verkackte es und entschied gegen Elfmeter – eine eindeutige Fehlentscheidung. Die erneute Verzögerung killte noch den letzten Spielfluss, die Bundesligasaison hat uns auch hier wieder.

Im Nachgang war die Partie dann abgeflacht und der FCA brachte ein leistungsgerechtes 2:2 über die Ziellinie.

Nachschau

Es ist ein Samstagnachmittag im August um 15:30 Uhr und in Augsburg wird Bundesliga gespielt. Der FCA verfügt weiter über Mentalitätsspieler wie Tietz und Rexhbecaj, die dieser Mannschaft ein gesundes Gerüst geben. Auf der anderen Seite schöpft dieses Team noch nicht sein gesamtes Potential aus. Samuel Essende ist hierfür ein gutes Beispiel. Im Pressing wirkt sein Anlaufverhalten noch nicht abgestimmt und so ergeben sich doch noch Lücken für den Gegner. Dennoch ist seine sportliche Qualität zu erkennen und er hat direkt in seinem ersten Spiel für den FCA das Tor gefunden und weitere gute Aktionen.

Samuel Essende mit seinem ersten Treffer. Es deutet sich an, dass wir noch viel Spaß mit ihm haben werden. (Photo by Carsten Harz/Getty Images)

Bremen war zum Auftakt kein schlechter Gegner. In der Vorsaison hatte man zweimal verloren und kein einziges Tor geschossen. Das Team von Ole Werner kam auch diesmal mit einem soliden Plan nach Augsburg und konnte sich genügend eigene Gelegenheiten erarbeiten, hat diese aber nicht genutzt. Der FCA hat jetzt schon einen Punkt mehr mitgenommen gegen diesen unangenehmen Gegner als in der letzten Saison. Aber eben nur einen.

Dazu kommen weitere Punkte, die verhindert haben, dass die Partie noch mehr Spaß gemacht hätte. Der VAR macht immer noch keinen Spaß und killt das Spiel. Sascha Stegemann schießt Bock um Bock, wenn der FCA beteiligt ist, und wird auch weiterhin nicht zu einer konsistenten Zweikampfbeurteilung kommen und somit Spiele mehr behindern als fördern. Ob die Qualität der Schiedsrichterleistungen wieder steigen wird? Zeichen dafür gibt es bis jetzt noch keine.

Aber nehmen wir lieber das Positive mit. Der FCA wird wieder eine Rolle spielen in der Bundesliga. Aber welche? Leistungsträger sind immer noch da, manch Neuzugang begeistert schon und dieses Team wäre fast zweimal in Führung gegangen, auch weil Thorup – zu spät – aber richtig reagiert hat. Die positive Spannung ist aus diesem Neubeginn noch nicht gewichen und ich liebe es.

Gewaltbereit?

Der FC Augsburg spielte in der abgelaufenen Saison eine seiner besten Runden in der Bundesliga und auch der Sommer war nun nicht von Negativschlagzeilen geprägt. Einerseits konnte der FCA namenhafte Spieler für sich gewinnen. Marius Wolf, Keven Schlotterbeck und Co. greifen ab morgen für den FCA in der Bundesliga an. In so manchem Auswärtsspiel wird man das coolste Trikot der Liga – das Römertrikot – im Einsatz bewundern können. Und wem das noch nicht genügend „Feel Good“ Stimmung rund um den FCA ist, der hat noch nicht das Instagram Profil von Franz-Josef entdeckt, dem Golden Retriever von Geschäftsführer Michael Ströll. Franz-Josef war dabei als mit dem VfB Stuttgart um Ermedin Demirovic ging und er durfte Marius Wolf die Pfote reichen.

Wenn es in der Berichterstattung in der letzten Saison um die Fans des FC Augsburg ging, waren die Nachrichten nicht immer positiv. An der ein oder anderen Stelle war das ganz schön irritierend (ausgeklammert sei hier explizit das Pyro-Thema, zudem ich vor einiger Zeit schon etwas geschrieben hatte). Neben den Fans hatte aber, wenn man im Nachgang die Saison Revue passierten lässt, die Polizei einen Mega-Aussetzer zu verbuchen. Dazu kam eine veränderte Strategie im Umgang mit den Fans als auch wurde von Seiten der Faninteressenvertretung Rot-Grüne-Weiße Hilfe harsche Kritik am Vorgehen der Polizei geäußert. Bevor es gegen Werder Bremen im eigenen Stadion wieder losgeht, will ich mir dieses Spannungsfeld einmal näher anschauen und einen Ausblick auf die kommende Saison wagen.

    Kakophonie der Nachrichten

    Über was konnte man also in den Medien so alles lesen, wenn es um die Fans des FC Augsburg in der Saison 2023/24 ging:

    Einerseits mag ich an dieser Stelle eines direkt festhalten: Alle Vorfälle fanden nicht im Stadion statt. Die Stadien sind sicherer denn je.

    Derweil ist es so, dass die Fans immer wieder ins Presse-Schlaglicht rutschen, auch weil Pressemitteilungen der Polizei von manchen Medien ohne große weitere Recherchen in die Berichterstattung übernommen werden. Von den oben genannten Vorfällen, ist fraglich, ob im Falle des Aufeinandertreffens zwischen St. Pauli und FCA-Fans überhaupt etwas relevantes passiert ist. In Buchloe wurden die FCA Fans angegriffen. Die Rot-Grün-Weiße Hilfe hatte zu beiden Fällen öffentlich Stellung genommen. In manchen Fällen bedeutet dies: Viel Wind um wenig bis nichts, außer Klicks auf Medienportale.

    Nicht alles schönreden

    Dennoch bleiben Vorfälle, die man nicht ignorieren sollte. Zuvorderst wirft der Vorfall in Mainz Fragen auf. Hauptsächlich, weil er im Gegensatz zur Schlägerei in Linz, in direktem Zusammenhang mit einem Bundesligaspiel steht.

    Einige Augsburger Fans pflegen seit mittlerweile vielen Jahren ein Fehde mit manchen Mainzer Fans. Dies liegt wohl immer noch darin begründet, dass die Mainzer vor ca. 17 Jahren dem Augsburger Ultra-Fanclub „Rude Boys“ nach einem Zweitligaspieltag in Mainz die Zaunfahne entwendet hatten. Der Fanclub hatte sich im Nachgang aufgelöst und darauf folgend wurde der derzeit prägende Ultra-Fanclub „Legio Augusta“ gegründet. Seitdem prallen immer wieder Mainzer und Augsburger Fans aufeinander und der Konflikt köchelt weiter vor sich hin.

    In diesem Falle stellt sich das Geschehen für mich wie folgt dar: die Augsburger Ultras haben in Mainz in der Innenstadt „Präsenz gezeigt“. Ganz bewusst und mit der Absicht zu provozieren. Hierauf reagierten die Mainzer prompt. Im Zuge der folgenden Schlägerei flogen Flaschen und es wurden Gürtel als Waffen eingesetzt. Und ganz ehrlich: da hat der Spaß ein Loch. Mag man vielleicht bei klassischen Hooligan-Prügeleien auf der grünen Wiese die Meinung vertreten „sollen sie sich doch die Köpfe einschlagen, wenn sie es so wollen“. Dies kann hier nicht gelten. Der Unterschied: Hier können sehr leicht auch Unbeteiligte unter die Räder kommen. In Linz waren sich die Beteiligten der Schlägerei nicht zu schade, diese direkt am Donauufer vom Zaun zu brechen. Eine Person stürzte in den Fluss. Was ein Mist!

    Da bleibt dann an dieser Stelle auch nicht zu unterschlagen: die Randale im Zug zurück aus Darmstadt sind auch völlig inakzeptabel. Hier waren „die Ultras“ wohl nicht beteiligt. Wenn diese aber nun mit dem Bus in so manche Innenstadt fahren, um dort Verwüstung zu hinterlassen – bzw. das Entstehen einer solchen mindestens in Kauf zu nehmen – dann macht es das auch nicht besser.

    Die Augsburger Fans waren in den letzten Jahren immer wieder mit ihrem sozialen Engagement im Fokus und ich habe dieses regelmäßig positiv hervorgehoben. Leider relativiert sich hier das Bild im Rückblick auf die abgelaufene Saison ein bisschen und mit Bezug auf die erkennbare Gewaltbereitschaft an einigen Stellen, will ich ganz klar sagen: Wäret den Anfängen.

    Es werden immer mehr Fans, und damit werden automatisch mehr negative Vorfälle auftreten. (Photo by ALEXANDRA BEIER/AFP via Getty Images)

    Dein Freund und Helfer?

    Die ein oder andere staatliche Behörde muss man dann hierzu auch nicht lange bitten. Die Schlägerei in Mainz führte dazu, dass auch Augsburger Fans, bei einer sog. Hooligan-Razzia im Fokus landeten. Auch in Linz wurden Anzeigen erhoben, wie der Presseberichterstattung aus Österreich zu entnehmen war.

    Die Polizei ist aber mitnichten immer nur aufklärend und deeskalierend unterwegs. Gerade bundesweit ist zu erkennen, dass gefährliche Situationen in und um die Stadien meist einher gehen mit einer direkten Beteiligung der Polizei wie hier in Frankfurt. In Augsburg waren die größten Gefahrenquellen in dieser Saison der mittlerweile verurteilte Böllerwerfer aus Hoffenheim und ein Polizist, der seine Dienstwaffe unverantwortlich gebrauchte. Ich habe dies zum Anlass genommen, um mich zum Vorgehen der Polizei mit der Pressestelle der Polizei auszutauschen.

    Zum Schusswaffeneinsatz, der leicht Menschenleben hätte kosten können, heißt es von der Polizei lapidar: „Es handelt sich um einen Einzelfall der straf- und dienstrechtlich entsprechend aufgearbeitet wurde.“ Weiter gefragt hatte ich, ob die Herangehensweise in Bezug auf das Tragen und den Einsatz von Schusswaffen bei Fußballspielen überdacht würde. Die klare Antwort: „Nein.“. In England tragen Polizisten grundsätzlich keine Schusswaffen. In Deutschland mag man das noch nicht mal in und um das Stadion überdenken. Soviel Einsicht kennt man sonst nur von vereinzelten Fußballfans.

    Kommen wir dann vielleicht auch kurz zurück zur sog. Hooligan-Razzia. Einerseits mag man an diesem Begriff die reißerische Aufbereitung des Sachverhalts in der Presse konstatieren. Gemeint sind damit Wohnungsdurchsuchungen auch bei Augsburger Fans nach der Schlägerei in Mainz, bei denen nach Tatkleidung und Mobiltelefonen gesucht wurde. Das Vorgehen in diesem Zusammenhang rief harsche Kritik der Rot-Grün-Weißen Hilfe hervor. Die Pressestelle der Polizei ließ hierzu verlauten: „Nach aktuellem Stand ist kein rechtswidriges Verhalten der Beamten bekannt.“ Da könnte man ja fast vermuten, dass man den Vorfall untersucht hat, bzw. die Untersuchungen noch laufen. Mitte Mai antwortete mir die Polizei hierzu: „Es gibt diesbezüglich keine Untersuchungen seitens der Polizeipräsidiums Schwaben Nord.“ Hier kann man dann doch deutlich einen Unterschied in der Verfahrensweise erkennen: Wenn Du dich als Fans prügelst, kann es sein, dass eine Razzia bei Dir vorgenommen wird. Wenn Du als Polizist bei der Razzia etwas über die Stränge schlägst, dann wird ein Mäntelchen des Schweigens über die Sache gelegt. Derweil die Polizei – genau wie die Ultras – Eskalationen und Vorfälle auf einzelne Personen schiebt. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern Stand Juli weiterhin an.

    Ansonsten ist dem Austausch mit der Polizei meinerseits wenig zu entnehmen. Zu den Einsätzen rund um das Stadion werden „aus einsatztaktischen Gründen grundsätzlich keine Angaben zu Kräfteansätzen“ gemacht. Eine nennenswerte Veränderung ist hier aus Sicht der Polizei aber nicht zu beobachten, obwohl bestehende Sicherheitskonzepte nach Auskunft der Polizei regelmäßig angepasst werden. Das ist in der Beantwortung widersprüchlich. Das Ziel der Polizei ist dabei „die Gewährleistung der Sicherheit aller Besucher im Stadion“. Welche konkreten Gefährdungen vorliegen, vor denen die Polizei die Besucher z.B. hinter der Ulrich-Biesinger-Tribüne schützt, mag sie allerdings nicht mitteilen. Auch hier war von Fan-Seite ein vermehrtes Polizeiaufkommen und teilweise provokantes Verhalten konstatiert worden. Man mag provokant die Frage stellen, ob die Provokation mancher Ausschreitungen für die Polizei sogar insofern hilfreich ist, um die eigenen Einsätze zu rechtfertigen. So manche Fangruppierungen gehen dieser aber im Zweifel auch nicht aus dem Weg.

    Auftritt des Ordnungsamts

    Bei den Einsätzen rund um die Stadien hat es die Polizei allerdings nicht belassen. Die Vorfälle in Linz und Mainz sorgten auch dafür, dass die Polizei seit vielen Jahren mal wieder den Versuch anstrengte, Betretungsverbote beim Augsburger Ordnungsamt zu bewirken.

    Der letzte Versuch beim Ordnungsamt Betretungsverbote zu bewirken lag dabei schon viele Jahre zurück in 2018. Und so ist dieser Fakt dann auch etwas, dass für die These der Rot-Grün-Weißen Hilfe spricht, dass sich Vorgehensweisen der Polizei in den letzten Jahren grundsätzlich geändert haben.

    In der vergangenen Saison hat das Ordnungsamt eine zweistellige Fallanzahl mit der Polizei diskutiert und in drei Fällen Betretungsverbote bis zum Saisonende erlassen, gegen die die betroffenen Fans teilweise gerichtlich vorgingen. In der Presse war dann teilweise von den Urteilen in diesem Zusammenhang zu lesen, da ein unabhängiges Gericht ein Stadionverbot für ein Legio-Mitglied bestätigte. Vorgelegte polizeiliche Unterlagen würden laut dem Gericht seine Gewaltbereitschaft sowie eine generelle Gewaltbereitschaft der Ultraszene des FCA belegen. OK.

    Das Ordnungsamt ist hier aber grundsätzlich in der Zwickmühle. Einerseits ist es geboten mit der Polizei grundsätzlich konstruktiv zusammenzuarbeiten, andererseits sind die Betretungsverbote starke Grundrechtseingriffe, die zu Recht gerichtlich überprüft werden können und oftmals der gerichtlichen Überprüfung nicht Stand halten. Mit der Beschränkung der Betretungsverbote bis zum Saisonende und der Beschränkung auf 3 Fälle hat das Ordnungsamt – für die Zwischenrolle, die es hier einnimmt – Fingerspitzengefühl gezeigt und trotzdem ein Signal an manche Fangruppierung gesendet, dass die Vorgänge in Linz und Mainz Konsequenzen haben. Ich mag konstatieren, dass dieser Teil des Systems aus meiner Sicht zuletzt funktioniert hat, gerade auch weil man die Maßnahmen zeitlich direkt bis zum Saisonende beschränkt hat.

    Aufgeladene Stimmung

    Das Spannungsfeld zwischen Fans und Polizei birgt trotzdem auch in der kommenden Saison Potential für weniger euphorisierende Nachrichten. Dies liegt sowohl daran, dass durch den steigenden Zuschauer-Zuspruch beim FCA die absolute Chaotenanzahl steigen wird und Vorfälle, wie auf der Rückfahrt von Darmstadt nicht gänzlich zu verhindern sein werden. Es ist aber auch zu erkennen, dass die Augsburger Ultras nicht jeder Eskalation mit rivalisierenden Fanszenen aus dem Weg gehen und dabei auch Kollateralschäden in Kauf nehmen.

    Wer nun darauf hofft, dass die Polizei grundsätzlich mit Fingerspitzengefühl deeskalierend einwirkt, der sollte realistisch bleiben. Es ist regelmäßig im Zusammenspiel zwischen Fußballfans und Polizei zu erkennen, dass die Polizei eher zur Eskalation beiträgt.

    Hoffnung setze ich weiterhin auf die deeskalierende Fansozialarbeit. Und hinter verschlossenen Türen vielleicht auch auf einen Wandel sowohl bei Polizei als auch bei Ultras. Ein Schuss im Fußballstadion sollte sich genauso wenig wiederholen, wie die Flaschenwürfe in der Mainzer Innenstadt oder die darauf folgenden Razzien. Manchmal sind die Hoffnungen für eine neue Saison ganz einfacher Natur.

    P.S.: Ich mag in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass der Alkohol vor und während der Spiele mit Sicherheit seine Rolle zur Verschärfung so mancher Situation beiträgt. Die Rolle von Alkohol bei Fußballspielen ist aber ein Fass, das an dieser Stelle das Thema sprengen würde.

    Den nächsten Schritt

    Es ist Anfang August und sportlich überlagen die Olympischen Spiele in Paris noch vieles. Die Bundesliga pausiert nach der Europameisterschaft noch. Mein Blick geht gerade bewusst nicht in Richtung der Profis. Jetzt in der Sommerpause habe ich mir vorgenommen auch mal über den Tellerrand zu schauen. Mir genauer anzuschauen, was auch im Jugendbereich beim FCA passiert. Und habe mich dafür mit Markus Feulner unterhalten.

    Feulner ist nun auch schon fast 10 Jahre beim FCA. 2015 kam er, um den Profis mit seiner Erfahrung unter die Arme zu greifen. Zwischen 2017 und 2019 unterstützte er auf dem Feld bei der U23, parallel übernahm er schon Traineraufgaben im Jugendbereich. Selbst gegen den Ball kickt er mittlerweile nicht mehr aktiv, dafür ist er aber nun auch schon eine Weile kein Co-Trainer mehr. Letztes Jahr hat er die U17 als Cheftrainer auf einen erfolgreichen 6. Platz geführt. Dieses Jahr ist er der neue Cheftrainer der U19 des FCA, der letzten Mannschaft bevor aus Jungs Männer werden. In dieser Position kann er seinen Teil beitragen, wenn es darum geht, wer es in den Profibereich schafft. Und gerade in diesem Bereich, konnte man in den vergangenen Jahren kaum Erfolge in Form von Durchbrüchen bei den eignen Profis beim FC Augsburg sehen.

    Das Ziel

    Aber um was geht es da im Jugendbereich eigentlich? Meisterschaften? „Natürlich wollen wir in der Jugend erfolgreichen Fußball spielen. Von Titeln will ich da gar nicht sprechen, weil es Vereine gibt, die deutlich mehr Geld im Jugendbereich investieren und Talente für Millionenbeträge verpflichten. Da müssen wir kleinere Brötchen backen.“ Mit der U19 Meister zu werden ist aber auch nicht das vornehmliche Ziel. Feulner geht es darum, dass möglichst viele seiner Jungs den Sprung in den Profibereich schaffen: „Die Ausbildung steht an erster Stelle.“ Angesprochen auf die fehlende Durchlässigkeit beim FCA stellt er klar, dass es ja nicht für jeden in die Bundesliga gehen kann. Und an Hand von Beispielen zeigt, er dass auch in den letzten Jahren der ein oder andere dabei war, der es gepackt hat.

    Feulners Problem, dass er ganz der Medienprofi mit vielen Jahren Profierfahrung nicht direkt benennen kann: die Profiabteilung hat nun in der Vergangenheit nicht gerade auf die Talente aus dem NLZ gewartet. Die Euphorie ist allerdings groß, sobald wir auf Heinz Moser zu sprechen kommen, den Marinko Jurendic aus Zürich im letzten Sommer mitgebracht hat. Heinz Moser bearbeitet seitdem diese Schnittstelle zwischen Jugend und Profis beim FCA federführend und ist für Feulner mittlerweile ein Kernelement: „Heinz Moser hat in diesem Bereich einen riesigen Erfahrungsschatz und ist für uns an dieser Stelle sehr wichtig. Das war ein sehr guter Schachzug vom Verein. Er ist zudem ein absoluter Fußballfachmann und tauscht sich mit uns regelmäßig aus. Da lernen wir alle noch viel“ Aus Feulners Mund klingt das ganz klar danach, dass der Club hier auf dem richtigen Weg ist, seine Ziele in Zukunft besser zu erreichen.

    Markus Feulner hat zu seiner Zeit von den ganz Großen gelernt. Hier sieht man ihn im Austausch mit Jürgen Klopp. (Photo by Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

    Erst geben, dann nehmen

    Für Feulner war der FCA aber auch vor Heinz Moser schon auf dem richtigen Weg und er kann dies an Beispielen schnell benennen. Einerseits freue ich mich, wenn Feulner mir kurz von Franjo Ivanovic erzählt, der den Sprung geschafft hat. Ich google später nach: er spielt seit letztem Sommer bei HNK Rijeka in Kroatien und hat dort in 41 Pflichtspielen 12 Tore und 2 Vorlagen auf seinem Habenkonto verbucht. Auch Einsätze für die kroatische U21 Nationalmannschaft standen auf dem Programm. Ivanovic ist zwar nicht beim FCA geblieben, aber hier für den Profifußball wohl zur Genüge ausgebildet geworden.

    Für Feulner ist ein wichtiger Zwischenschritt für die Spieler zwischen Jugend und Bundesligafußball, irgendwo im bezahlten Fußball ihre Chance zu suchen und sich zu beweisen: „Die Öffentlichkeit vergisst oft diesen einen Schritt, dass ein Spieler in der ersten Elf Verantwortung                tragen und daran wachsen muss. Es besteht immer der Wunsch, dass ein Spieler mit 19 rauskommt und direkt funktioniert. Florian Wirtz oder Jamal Musiala sind aber Ausnahmen. Es braucht Zeit und Verantwortung für die Entwicklung und deswegen ist es wichtig, dass Spieler vielleicht auch anderswo ihre Chance bekommen. Bei den geringen Unterschieden in der Bundesliga ergeben sich hier verständlicherweise nur wenig Einsatzchancen.“

    Im Gespräch mit Feulner kommt aber noch etwas anderes heraus: es braucht immer zwei Seiten, die für einen Spieler den richtigen Pfad identifizieren. Und manchmal ist das Talent eines Spielers unbestritten, die Vorstellungen bzgl. Entwicklungsgeschwindigkeit und Entlohnung passen aber nicht zusammen. Hier gehört Feulner eher zum konservativen Lager. Für ihn liegt viel an den Spielern. Sie müssen zeigen, dass sie das Vertrauen verdient haben. Er tendiert dazu, als Verein Spielern eher niedriger dotierte Verträge zu geben. Geld und Erwartungen von außen können gerade bei jungen Spielern dazu führen, dass der Fokus abhanden kommt. Auch Social Media kann hier störend wirken, weswegen alle Jugendspieler ab einem gewissen Alter beim FCA im Medienumgang geschult werden. Das Risiko, dass Jungs abheben, ist in jedem Fall real. Aber auch Druck spielt hier eine große Rolle. „Die Jungs machen sich selbst den größten Druck oder er wird von draußen reingebracht. Ich versuche ihnen den Druck zu nehmen. Sie haben angefangen Fußball zu spielen, weil es Spaß gemacht hat und das soll es auch weiterhin. Dafür muss man lernen auch mit Rückschlägen umzugehen.“

    Auf dem Platz

    Am Ende kommt es für die Spieler darauf an, auf dem Platz regelmäßig ihre Leistung zu bringen und zu zeigen, was in ihnen steckt. Für Feulner kommt es hierbei auch darauf an, sich selbst einschätzen zu können: „Die Jungs müssen ihre Stärken kennen. Keiner kann auf dem Platz alles machen, aber die Dinge, die sie dann machen, sollen sie mit einer möglichst hohen Qualität machen und dann werden wir ihre Fähigkeiten sehen.“ Als ich ihn direkt darauf anspreche, ob das der größte Schritt für die Jungst ist, Konstanz reinzubringen und verlässlich zu sein, bestätigt dies Feulner klar: „Es ist schon verlockend, den Fokus bei den ersten Erfolgen zu verlieren. Die Jungs müssen weiterhin viel investieren, um sich weiterzuentwickeln und auch an den Positionen zu bleiben, die sie sich hart erarbeitet haben. Es ist der Verzicht auf viele Dinge für die ganz große Bühne.“

    Wenn man nicht auf Partys kann, dann muss man anders auf sich aufmerksam machen. Im Bild: Markus Feulner, the Player. (Photo by Andreas Rentz/Bongarts/Getty Images)

    Was die Jungs auf dem Platz zeigen sollen, hängt von den sportlichen Vorgaben des jeweiligen Trainers ab. Einerseits hat der FCA eine grundsätzliche Linie, was in den Jugendmannschaften umgesetzt werden soll. Auf der anderen Seite bleiben für Trainer wie Feulner genügend Möglichkeiten, ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen. Feulner sieht die Trainer am NLZ hier gut abgestimmt: „Wir sprechen hier sportlich im NLZ eine Sprache. Auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, dass die Jungs von jedem Trainer andere Dinge mitnehmen können, weil jeder Trainer etwas anders tickt. Unterschiedliche Trainer erwarten die Jungs im Profibereich ja auch.“ Bei Feulner mangelt es dabei nicht an eigenen Erfahrungen und konkretem Fußballfachverstand. Viel hat er gesehen und sich von überall her Einflüsse mitgenommen. Beim FCA hat er die Möglichkeit als Trainer authentisch zu agieren und sich selbst zu verwirklichen, vielleicht auch etwas mehr als in einem gewachsenen NLZ.

    Die Aufgabe für die neue Saison

    Feulners neues Team setzt sich dabei in der laufenden Saison zusammen aus Jungs, die noch aus der alten U19 stammen, und solchen, die er nun aus der U17 mitbringt. Die U19 war im letzten Jahr – im Gegensatz zu seinem Team – wenig erfolgreich. Nur vier Siege führten zu einem letzten Platz in der obersten Junioren-Spielklasse. Entscheidend ist für Feulner an dieser Stelle die Qualität. Ich habe Feulner darauf angesprungen, welche Aufgabe in diesem Bereich vor ihm liegt, diese U19 Spieler mitzunehmen. „Ich glaube, die Jungs haben für sich selbst den Anspruch, die letzte Saison nicht so stehen zu lassen. Die Jungs wollen noch härter arbeiten und Leistung zu bringen.“ erklärt er mir, als ich ihn darauf anspreche, ob er hier zusätzlich motivierend unterstützen müsste.

    Das erste Spiel der U19 Bundesliga hat Feulners U19 trotz zweier Tore von Mauro Hämmerle zum zwischenzeitlichen Ausgleich 2:3 gegen Ingolstadt verloren. Das sollte man aber zu diesem Zeitpunkt nicht überinterpretieren. Ich glaube an dieser Stelle, dass Feulners Weg als Trainer nicht bei der Augsburger U19 enden wird. Nach dem Gespräch mit Markus Feulner werde ich die Augsburger U19 in der jetzigen Saison aber erst einmal etwas genauer verfolgen.

    Custom App
    WhatsApp
    WhatsApp
    Custom App

    Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

    Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

    Schließen