Trainer wechsel‘ dich

Trainerwechsel, Freistellungen und Vertragsauflösungen gehören zum alltäglichen Geschäft des Profifußballs wie der morgendliche Kaffee auf den Frühstückstisch. Die einen wechseln öfter, die anderen weniger. Wieder andere schmeißen einfach ohne Vorwarnung hin, obwohl der Vorstand das so überhaupt nicht akzeptieren möchte. Auch bei unserem FC Augsburg stand in dieser Woche ein erneuter Trainerwechsel an, denn nach dem Spiel gegen den 1. FC Köln sah Sportdirektor Stefan Reuter eine Reaktion als „zwingend notwendig“ an. Eben jener Reuter, der im Februar noch davon überzeugt war, die Saison zusammen mit Heiko Herrlich als Cheftrainer zu beenden. Solche Versprechungen hat man schon des Öfteren aus dem Mund des ehemaligen Dortmundspielers gehört. Und genau aus diesem Anlass, haben wir mal einen Blick auf die Trainer geworfen, die unter Reuters Führung beim FC Augsburg tätig waren. Welche Erfolge konnten sie denn bei uns verbuchen und warum ging man am Ende getrennte Wege?

Schwieriger Start

Markus Weinzierl ist der erste von fünf Trainern, die seit 2012 bei uns an der Seitenlinie standen und unter Reuters Führung den Verein verließen bzw. verlassen mussten. Das ergibt in 9 Spielzeiten eine durchschnittliche Amtszeit von 1,8 Saisons pro Coach unter unserem Geschäftsführer Sport. Klingt erst einmal nicht schlecht, doch wir werden später noch sehen, dass der Schein trügt.

Der gebürtige Straubinger kam im Juli 2012 von Jahn Regensburg in unser schönes Augsburg. Wie wir aber alle wissen, ist das jedoch nicht Reuters Verdienst, sondern der von Andreas Rettig. Es war quasi dessen letzte „Großtat“, denn Rettig verließ den Verein mit Ablauf des 30.06.2012.

Zu Beginn seiner Amtszeit sah es jedoch gewaltig nach Abstieg aus, denn am Ende der Hinrunde stand unser FCA mit lediglich 9 Punkten auf Platz 17 der Tabelle. Allerdings starteten wir eine fast schon furiose Aufholjagd und sicherten uns am letzten Spieltag gegen Greuther Fürth den Verbleib im Oberhaus.

Insgesamt blieb Markus Weinzierl 4 Jahre bei unserem FCA, wobei der größte Erfolg seiner Karriere wohl sein dürfte, dass er uns in seinem dritten Jahr bei uns in die Europa League führte. Dort sorgten wir natürlich für eine große Überraschung, als wir uns im „Wunder von Belgrad“ das Bestehen der Vorrunde sicherten. Und auch wenn wir im Sechszehntelfinale gegen den späteren Finalisten FC Liverpool ausschieden, so haben wir ihnen doch einen Kampf geliefert, der sich sehen lassen konnte.

Der größte Styler mit den meisten Punkten (Foto: nordphoto/Kokenge via Imago)

Natürlich haben wir auch einen Blick auf die einzelnen Spielzeiten geworfen, um die Trainer untereinander vergleichen und die Trennungen nachvollziehen zu können. Hier ist die Ausbeute, die Markus Weinzierl mit unseren Jungs vorweisen kann.

SaisonSpieleS – U – NPunkte pro SpielTabellensituation in der Bundesliga
2012/133710-9-181,05Platz 15, 33 P., TV: 33:51
2013/143717- 7-131,57Platz 8, 52 P., TV: 47:47
2014/153515-4-161,4Platz 5, 49 P., TV: 43:43
2015/164514-12-191,2Platz 12, 38 P., TV: 42:52

Time to say goodbye

Wie man später noch sehen kann, hat Markus Weinzierl von allen Trainern der letzten Jahre die besten Werte vorzuweisen. Doch leider lief die Trennung von ihm alles andere als harmonisch ab. Denn obwohl er seinen Kontrakt im April 2015 noch bis 2019 verlängert hatte, kam der gebürtige Straubinger kein Jahr später mit dem Wunsch, etwas anderes machen zu wollen, auf den Verein zu. Mit dem FC Augsburg habe er alles erreicht und man soll ja immer aufhören, wenn es am schönsten ist.

Wenngleich unser damaliger Kapitän Paul Verhaegh sich für den ehemaligen Cheftrainer aussprach, bekam dieser jedoch keine ordentliche Verabschiedung.

Wir hätten uns alle einen anderen Abschied gewünscht, denn wir hatten vier grandiose Jahre. Das Kapitel ist nun vorbei, wenn er mit Schalke nach Augsburg kommt, ist es nicht geplant, dass es Blumen oder eine große Verabschiedung gibt.

Sportvorstand Stefan Reuter über eine Verabschiedung von Markus Weinzierl (https://www.fotmob.com/news/1q0kgf3nn07561rdstknlusc9w/fca-kein-abschied-f%C3%BCr-markus-weinzierl)

Diese gab es leider auch nicht. Nach dem 1:1 war das Kapitel Weinzierl erledigt. Zumindest vorerst, denn am 26.04.2021 verpflichtete man Markus Weinzierl erneut, damit er unseren FCA zu alter Stärke zurückführt.

Vom Umschaltfußball zur Mauertaktik

Am 15.06.2016 wurde Dirk Schuster als Nachfolger von Markus Weinzierl vorgestellt. Der damals 48-Jährige war vom Ligakonkurrent SV Darmstadt 98 an den Lech gekommen und sah beim FC Augsburg eine sehr gute Perspektive, auch wenn es eine große Herausforderung für ihn war, das Erbe seines erfolgreichen Vorgängers anzutreten. Als primäres Ziel setzte er sich dabei natürlich den Klassenerhalt, aber auch eine sportliche Weiterentwicklung der Mannschaft.

Nur ein halbes Jahr im Amt – Dirk Schuster (Foto via Imago)

Das klappte allerdings nicht wirklich so wie geplant. In insgesamt 16 Spielen, die man unter Schuster bestritt, erreichte man nur folgendes:

SaisonSpieleS – U – NPunkte pro SpielTabellensituation in der Bundesliga
2016/17164-5-71,06Platz 13, 14 P., TV: 11:16

Wirklich ansehnlich war der Fußball unter dem ehemaligen Innenverteidiger nicht, denn die Jungs um Daniel Baier spielten plötzlich einen sehr defensiv ausgerichteten Fußball, was so gar nicht zu den Werten des FC Augsburg passte. Aggressivität, Mut, Kampfgeist gingen unter Schuster komplett verloren. „Mauern bis zum Umfallen“ lautete hierbei die Devise.

Ein Veilchen zum Abschied

So trennte man sich am 14.12.2016 von Trainer Dirk Schuster, nachdem man am 14. Spieltag 1:0 beim Hamburger SV verloren hatte.

Die letzten Wochen hat sich das angedeutet und es war eine Tendenz zu erkennen, die uns nicht gefallen hat. Und nach dem HSV-Spiel haben wir die Dinge nochmal intern besprochen und sind zu dem Schluss gekommen, jetzt auch kurzfristig zu handeln. Weil wir eben auch die Gefahr sehen, dass unsere Ziele in Gefahr geraten. Und das war der Grund, warum wir jetzt auch zwei Spieltage vor der Winterpause so eine Entscheidung treffen. Die entscheidenden Gründe sind einfach, dass man – wie ich es gesagt habe – dass man der festen Überzeugung ist, dass man gemeinsam die Zukunft nicht erfolgreich gestalten kann. Das Gefühl war einfach da, dass auch ein Stück weit die Überzeugung innerhalb der Mannschaft fehlt.

Stefan Reuter zur Trennung von Dirk Schuster am 15.12.2016 (https://www.welt.de/sport/video160317878/So-begruendet-Reuter-die-Entlassung-von-Dirk-Schuster.html)

Der offizielle Trennungsgrund waren laut Reuter also sportliche Gründe. Seltsam ist dabei allerdings, dass Dirk Schuster zuvor mit einem Veilchen beim Training aufgetaucht war. Angeblich kam er zwar von Hamburg mit einer Magen-Darm-Grippe zurück und stürzte nachts in seinem Badezimmer. Ob das jedoch so stimmt, bleibt fraglich, denn es gibt durchaus Gerüchte, dass etwas ganz anderes dahinter steckte.

Vereinsinterne Lösung

Daraufhin setzte man Manuel Baum, der zum damaligen Zeitpunkt Cheftrainer im Nachwuchsbereich war, als Interimslösung ein. Nachdem dieser in den zwei Spielen vor der Winterpause einen Sieg gegen Gladbach und ein Unentschieden in Dortmund einfahren konnte, beförderte man ihn kurzerhand zum Cheftrainer der Profis.

Daher wollen wir langfristig mit Manuel Baum zusammenarbeiten. Für das Amt des Cheftrainers benötigt er keine Eingewöhnungszeit, weil er bereits seit zweieinhalb Jahren für den FCA arbeitet und die FCA-Philosophie im Nachwuchs erfolgreich implementiert hat.

Stefan Reuter über die Einsetzung von Manuel Baum als Cheftrainer (https://www.bundesliga.com/de/bundesliga/news/manuel-baum-wird-cheftrainer-fc-augsburg-noblmd.jsp)

Auch wenn es nicht ganz so erfolgreich wie unter einem Weinzierl lief, war Manuel Baum doch immer mit Feuer und Leidenschaft an der Seitenlinie dabei und schrie lauthals seine Anweisungen quer über den Platz.

Leidenschaft, viele gute sportliche Ideen und das ein oder andere Fashion Highlight: Manuel Baum (Foto: Tim Rehbein/RHR-FOTO/Pool via Imago)

Bis 09.04.2021 und somit über zwei Jahre war Manuel Baum Trainer unseres FCA und seine Werte sind die zweitbesten nach Markus Weinzierl.

SaisonSpieleS – U – NPunkte pro SpielTabellensituation in der Bundesliga
2016/17206-6-81,2Platz 13, 38 P., TV: 35:51 (24:35)
2017/183510-11-141,17Platz 12, 41 P., TV: 43:46
2018/19329-7-161,06Platz 15, 25 P., TV: 37:54

Lehmann sollte es richten…

Den Anfang von Manuel Baums Ende könnte man wohl in den Januar 2019 datieren, als Innenverteidiger Martin Hinteregger seinen Trainer in einem öffentlichen Interview kritisierte, nachdem man 2:0 gegen Borussia Mönchengladbach verloren hatte. Das war das bis dato 10. Spiel in Folge, in dem man keinen Sieg einfahren konnte.

Der Verein reagierte daraufhin in zweierlei Form, indem man zuerst am 28.01.2019 Jens Lehmann als weiteren Co-Trainer einstellte und am 31.01.2019 wurde Hinteregger an Eintracht Frankfurt verlieh. Dadurch sollte der Mannschaft ein neuer Impuls – vor allem in der Defensive – verliehen werden.

Ich denke, dass es schon ein Riesenvorteil ist, ich sag jetzt, von Jens oder von mir, dass wir nahezu alle Situationen, die die Jungs auf dem Platz oder neben dem Platz erleben – wie sie mit einer Verletzung umgehen – dass wir das im Grunde in unserer Karriere selbst erlebt haben. Das erhöht dann natürlich ein Stück weit dann nochmal weit die Glaubwürdigkeit, wenn der Jens hin geht.

Stefan Reuter bei der Vorstellung von Jens Lehmann als neuen Co-Trainer (https://www.youtube.com/watch?v=bIDy1v1jK9s)

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber für meinen Geschmack hat alleine diese Aussage sehr stark an Baums Autorität gesägt. Große Veränderungen sah man nämlich auch mit Jens Lehmann als Co-Trainer nicht. Man schaffte zwar drei Siege in neun gemeinsamen Spielen, doch man kassierte auch ganze 21 Gegentore. Das macht somit einen Schnitt von 2,33 Toren pro Spiel.

Baum fällt

Somit blieb Sportdirektor Stefan Reuter gar nichts anderes übrig, als am 09.04.2019 die Reißleine zu ziehen, nachdem man am vorherigen Spieltag mit 0:4 von der TSG Hoffenheim aus dem eigenen Stadion geschossen wurde. Gefeuert wurden dabei nicht nur Trainer Manuel Baum und Co-Trainer Jens Lehmann, sondern auch der technische Direktor Stefan Schwarz.

Wir haben in den letzten Wochen und Monaten wirklich alles probiert, dass wir in der Konstellation mit Manuel Baum als Cheftrainer die Wende schaffen, die Weichen auf Erfolg stellen. Das ist uns leider nicht hinreichend gelungen. Und jetzt nach der klaren Niederlage gegen Hoffenheim und eben auch der Niederlage gegen Nürnberg hat uns die Überzeugung gefehlt, dass wir das nochmal dauerhaft hinkriegen. Die Leistungen waren einfach auch zu schwankend und das hat uns dazu bewogen, einen klaren Schnitt zu machen, um mit der Neuausrichtung in die nächsten Wochen zu gehen, den Saisonendspurt optimistisch anzugehen und die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft des FC Augsburgs zu stellen.

Stefan Reuter über die Entlassung von Manuel Baum, Jens Lehmann und Stefan Schwarz (https://www.youtube.com/watch?v=ikGyFsqW5q4)

Bei jener Pressekonferenz, an der auch Präsident Klaus Hofmann teilnahm, fiel auch gleich der Name des neuen Trainer.

Schweizer Zeiten in Augsburg

Die Erwartungen an Martin Schmidt waren groß. Stefan Reuter erklärte die Einstellung Schmidts damit, dass er ein sehr erfahrener Bundesligatrainer sei, der die Werte, die wir bei uns in Augsburg schätzen, verkörpert und hoch hält. Diese beschrieb er als athletisch und leidenschaftlich.

Am 10.04.2019 trat unser schweizerischer Trainer also seinen Job beim FC Augsburg an. Unter ihm spielte man schönen Umschaltfußball wie einst unter Weinzierl und dass wir teilweise sehr hohe Niederlagen einstecken mussten, lag vor allem an dem Sommerzugang zwischen den Pfosten und der damit einhergehenden Unsicherheit in der Abwehr.

SaisonAnzahl SpieleS – U – NPunkte pro SpielTabellensituation in der Bundesliga
2018/1962-1-31,17Platz 15, 32 P., TV: 51:71 (14:17)
2019/20267-6-131,04Platz 14, 27 P., TV: 36:52

Trotz Kampf zum Adieu

Die Entlassung Schmidts am 09.03.2020 traf viele von uns doch überraschend. Zwar war man nicht gerade positiv in die Rückrunde gestartet und konnte in den letzten 5 Spielen lediglich einen Punkt einfahren, doch gerade der kämpferische Auftritt gegen Bayern München hatte sämtlichen Fans große Hoffnungen gemacht, dass man nun die Wende schaffen könnte.

Der beste Hoodie-Träger aller Trainer bisher. Sportlich ging es irgendwann nicht mehr voran. (Foto via Imago)

Doch am nächsten Tag die Meldung „Martin Schmidt freigestellt“. Nach nicht einmal einem Jahr wurde der Schweizer aus den gleichen Gründen entlassen wie einst Manuel Baum oder Dirk Schuster.

Die natürlich enttäuscht waren, weil sie es gerne selbst gedreht hätten, aber auch gesagt haben, aufgrund der Statistiken, die deutlich gegen uns sprechen, die deutlich in die falsche Richtung zeigen, was Passquote, was Zweikampfquote usw. angeht, haben sie volles Verständnis gehabt. Und wünschen dem FC Augsburg – uns allen – viel Erfolg, dass wir unser Ziel erreichen, die Klasse zu halten.

Stefan Reuter am 10.03.2020 über die Entlassung von Martin Schmidt (https://www.youtube.com/watch?v=oyGHVgPm5Vg)

Nicht wirklich HERRLICH

Neben Stefan Reuter saß bei jenem Mediengespräch sogleich der neue Trainer, Heiko Herrlich. Viel wurde von ihm erwartet, da er doch einst der Aufstiegsheld von Jahn Regensburg gewesen war. Auch führte er Bayer Leverkusen in die Europa League. Seine Vita versprach offensiv ausgerichteten Powerfußball, denn immerhin konnte er bei seinen vorherigen Stationen Unterhaching, Regensburg und Leverkusen einen Tordurchschnitt von 61,25 Toren pro Saison vorweisen.

Tja, aber bei uns sah das leider ganz anders aus und somit war die Kritik, die in den letzten Monaten von Tag zu Tag zunahm, durchaus berechtigt. Die Auftritte unserer Jungs wurden mit jedem Spiel passiver und unansehnlicher. Einige Werte von Heiko Herrlich haben wir in unserem Bericht „Besser, Herr Reuter“ bereits näher untersucht. Doch auch hier eine Aufstellung seiner Ausbeute mit dem FC Augsburg:

SaisonSpieleS – U – NPunkte pro SpielTabellensituation in der Bundesliga
2019/2092-3-41Platz 15, 36 Punkte TV: 45:63 (9:11)
2020/213310-6-171,07Platz 13, 33 Punkte TV: 31:47

Nach der desaströsen Vorstellung unserer Jungs in dem 6-Punkte- Spiel gegen den 1. FC Köln, hatte der Verein allerdings gar keine andere Wahl, als zu handeln, denn auch Heiko Herrlich selbst konnte sich diesen katastrophalen Auftritt seiner Mannschaft nicht erklären.

Wir haben eine unglaublich, unfassbar desaströse erste Halbzeit gespielt. Ich kann gar nicht glauben, dass man in so ein wichtiges Spiel so rein gehen kann.

Heiko Herrlich in der PK nach dem Spiel gegen Köln (https://www.youtube.com/watch?v=w5tI4u3G9Do)

Ein alter Bekannter

Selbst Stefan Reuter wandte sich von seinem Freund ab, obwohl er monatelang dessen Rücken gestärkt hatte. Er bat die Öffentlichkeit darum, dass man den Verantwortlichen das Wochenende über Zeit geben möge, die aktuelle Situationen zu analysieren und eine Lösung zu finden. Und das tat man auch, indem man am Montagnachmittag offiziell die Trennung von Heiko Herrlich und seinem Co-Trainer Iraklis Metaxas bekannt gab.

Die Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Trainers fand am Dienstagmittag um 13:00 Uhr statt. In dieser bedankte sich Sportdirektor Stefan Reuter noch einmal bei den beiden freigestellten Trainern, erklärte aber auch, dass diese Handlung mehr oder weniger unausweichlich gewesen war.

Weil wir natürlich in den letzten vier Spielen gegen direkte Konkurrenten – mit Ausnahme von Frankfurt, aber Schalke, Bielefeld und Köln – nur einen Punkt geholt haben. Und die Art und Weise wie die Mannschaft dann gespielt hat. Ich glaube, wir machen das hier nicht immer vom Ergebnis abhängig, sondern wir müssen spüren, dass die Überzeugung da ist. Und auch die Überzeugung innerhalb der Kabine da ist, dass wir das aus eigener Kraft schaffen. Das hat uns gefehlt und darum sind wir zu dem Entschluss gekommen, jetzt noch in dieser Saison auch zu reagieren.

Stefan Reuter über die Entlassung von Herrlich und Metaxas (https://www.youtube.com/watch?v=ng3LuigRCXA)

Wie auch schon Sportdirektor Stefan Reuter, möchte sich das Team von der Rosenau Gazette bei Heiko Herrlich und Iraklis Metaxas für deren Einsatz bedanken und wünscht ihnen auf diesem Weg alles Gute für ihre private und sportliche Zukunft.

Da wusste Heiko Herrlich wohl schon, was auf ihn zukommt… (Foto: Peter Schatz / Pool via Imago)

Unser Fazit zum Schluss

9 Jahre, 5 Trainer… Das klingt ganz in Ordnung, vor allem auch, wenn man sich die Trainerwechseln bei unseren derzeitigen Konkurrenten genauer ansieht. So hatte Schalke 04 im gleichen Zeitraum 12, der 1. FC Köln 9, Hertha BSC 7, Mainz 05 9, Werder Bremen 6 und Arminia Bielefeld ebenfalls 9 Trainer.

Was uns allerdings Sorgen bereitet, ist der mit 2 Jahren doch recht kurze Zeitraum, in dem wir drei Trainerwechsel hatten. Auch die kurzen Einsatzzeiten von Schuster, Schmidt und Herrlich sprechen nicht gerade dafür, dass man bei der Einstellung dieser Trainer den richtigen Durchblick gehabt hat. Natürlich war man von jedem einzelnen zu Beginn sehr überzeugt, aber diese Begeisterung war dann auch recht schnell abgenutzt. Gerade Dirk Schuster und Martin Schmidt waren nicht einmal ein Jahr im Amt.

Auffallend ist zudem auch, dass Stefan Reuter bei allen Wechseln – mit Ausnahme von Markus Weinzierl, da dieser von sich aus ging – immer die gleichen Argumente angab. „Wir waren nicht mehr überzeugt“, „Unser Ziel die Klasse zu halten war in Gefahr“, „In den letzten Wochen und Monaten sah man einen deutlich negativen Trend“, „Wir müssen die Wende schaffen“ usw. kommt bei jeder einzelnen Freistellung vor.

Man sollte bedenken, dass es ein Sportdirektor nicht leicht hat, denn er trägt eine gewaltige Verantwortungen bei den Entscheidungen, die er zum Wohle des Vereins treffen muss. Trotzdem sind auch Stefan Reuters Beschlüsse nicht immer nachzuvollziehen. An einem Trainer hält er fest, obwohl seit wirklich langer Zeit ein Negativtrend – auch für Außenstehende – deutlich zu erkennen war. Andere Cheftrainer entließ er recht schnell, obwohl die Zahlen und Werte lange nicht so schlimm aussahen.

Natürlich spielt hier auch der Druck von außen und vielleicht auch Sympathie eine Rolle. Dennoch kann man schon die Meinung vertreten, dass Reuters Leistungen ebenfalls schwankend sind, wie er Manuel Baum einst vorgeworfen hat. Und so ist es kein Wunder, dass die Kritik an unserem Geschäftsführer Sport selbst ebenfalls immer lauter wird. Auch, weil es von außen nicht möglich ist, in die Kabine zu blicken. Die Außenperspektive wird sich deswegen immer von der Innenperspektive unterscheiden.

Lasst uns wieder jubeln! (Foto via Imago)

Nun hat Stefan Reuter also unseren Erfolgstrainer zurück ins Boot geholt, diesen aber auf dessen eigenen Wunsch nur mit einem Vertrag bis 2022 ausgestattet. Ob aus Sicherheit oder um zuerst einmal zu sehen, wie es gemeinsam läuft, bleibt die Frage und abzuwarten. Für Markus Weinzierl wünschen wir uns jedoch, dass er an seinen Erfolg bei uns anknüpfen kann und dass man doch längerfristig mit ihm plant. Denn sonst stehen wir im nächsten Jahr wieder genau da, wo wir jetzt stehen und dass wäre dann Trainerwechsel Nummer 4 in drei Jahren. Zu viel für unseren Geschmack…

Raus aus dem Schlamassel

DFB-Pokal-Pause und dann noch 3 Spiele in der Bundesliga, bevor die Saison 2020/21 zu Ende ist. Und am Ende könnte es dann doch davon abhängen, wie wir uns gegen Bayern München am letzten Spieltag anstellen, ob wir noch ein 11. Jahr in der Bundesliga dranhängen können. Wer dem FC Augsburg schon länger die Treue hält, hat leider auch Abende wie gestern schon früher erlebt. Fan-Traumata. Auswärts in Gladbach zum Beispiel, als Koubek ein Slapstick-Patzer unterlief, der zumindest mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Und des auch viele Gegentore hagelte. Ähnlich hat sich gestern die erste Halbzeit gegen Köln angefühlt mit ihren drei Gegentoren. Desolat. Ernüchternd.

Ohne Worte (Foto: Eduard Martin/Jan Huebner/Pool via Imago)

Nun war es schon vorher so, dass die sportliche Entwicklung unter Heiko Herrlich Anlass zu Sorge geboten hat. Es war schlicht zu wenig, was die Mannschaft spielerisch in den meisten Spielen auf dem Platz als Kollektiv abliefern konnte. Weniger, als Punkte bisher auf dem Tableau stehen. Präsident Klaus Hofmann hatte schon die erste Halbzeit gegen Arminia Bielefeld als „grausam“ bezeichnet und geäußert: „Zumindest mal drei Pässe hintereinander zum eigenen Mann zu bringen, wäre schon mal ein Anfang.“ Auch Stefan Reuter hatte „zu viel Krampf“ und „spielerisch zu wenig“ gesehen. „Wir werden weiter daran arbeiten, wir werden alles versuchen, dass sich das verbessert“ hatte Heiko Herrlich noch vor der Partie gegen Eintracht Frankfurt angekündigt. Nun gegen Köln in der ersten Hälfte kam es zum Offenbarungseid.

Ein „weiter so“ kann es nicht geben

Nachdem viele Fans schon sehr lange Heiko Herrlich kritisieren, hatte er lange vom Management breite Unterstützung erhalten. Stefan Reuter äußerte noch Mitte Februar: „Ich bin überzeugt davon, dass wir nicht nur die Saison zusammen beenden, sondern dass Heiko Herrlich wegen seiner Qualitäten als Trainer und als Mensch sehr langfristig beim FC Augsburg tätig sein wird“. Die Kritik seitens Klaus Hofmann, Stefan Reuter und Michael Ströll war die erste öffentliche, leise Infragestellung von Heiko Herrlich gewesen. Die Mannschaft quittierte daraufhin in der ersten Halbzeit gegen Köln den Dienst und lieferte ihren Trainer aus. Anstatt mit einer Trotzreaktion das Thema Abstieg final zu den Akten zu legen, verweigerten manche Spieler schlicht die Arbeit.

Natürlich fällt das auch wieder auf den Trainer und sein Team zurück. Allerdings darf sich das Management schon die Frage gefallen lassen, ob die konzertierte Kritikäußerung das richtige Signal zur richtigen Zeit war oder die Situation kurzfristig verschlimmert hat. Am Ende sind es die Spieler, die auf dem Rasen Leistung bringen müssen und auf die sich jeder Trainer verlassen können muss. Wie man es auch wendet: Der Club ist in dieser Situation nun zum Handeln gezwungen. Man muss ganz klar Angst haben, dass die Mannschaft in der derzeitigen Konstellation keine weiteren Punkte mehr einfährt und es nach sehr guter Ausgangssituation noch schafft, abzusteigen.

Heiko Herrlich bei seinem letzten Einsatz für den FCA? (Foto: Peter Schatz / Pool via Imago)

Klassischer Reflex: Trainerwechsel

Die einfachste Lösung wäre es an dieser Stelle – mal wieder – den Trainer, in dieser Saison Heiko Herrlich, zu feuern und schon für die letzten drei Spiele einen neuen Verantwortlichen zu präsentieren. Dieser hätte nun auch knapp zwei Wochen zur Verfügung bevor er gegen den VfB Stuttgart antreten müsste. Da kommt die DFB-Pokal-Pause vielleicht gerade zum richtigen Zeitpunkt.

Wenn man diesen Weg nun einschlägt, dann stellt sich nun die Frage, welche Art von Trainer man für wie lange verpflichtet. Ich bin hier sehr deutlich für die Verpflichtung eines ausgewiesenen Feuerwehrmanns nur für die letzten 3 Spiele. Dies hätte zum einen den Vorteil, dass hier jemand ausgewählt werden könnte, der genau diese Situation kurz vor Saisonende ganz genau kennt und jetzt helfen kann. Zum anderen war vielleicht die ein oder andere Trainerverpflichtung in der Vergangenheit etwas vorschnell. Für die neue Saison würde ich gerne sehen, dass der Verein einen Kriterienkatalog erarbeitet und die Trainerkandidaten auf Herz und Nieren prüft. Bisher ist Stefan Reuter ein Manager, dem man im Bereich der Trainerauswahl schlicht nicht gut bewerten kann. Schuster, Schmidt, Herrlich. Einzig Manuel Baum war in gewisser Art ein Lichtblick.

Konsequenzen für die Mannschaft

Dennoch muss die erste Hälfte der Partie gegen Köln auch Konsequenzen für die Spieler und die Mannschaft haben. Auch hier darf es nicht einfach weitergehen, als ob nichts gewesen wäre. Als Profi hast Du einen Job, den Du erledigen musst. Die erste Hälfte war eine Schande für die Farben rot-grün-weiß. Aus meiner Sicht muss das Management über Konsequenzen für den ein oder anderen Spieler oder die gesamte Mannschaft nachdenken. Auch hier muss es zu einem deutlichen Zeichen kommen, damit den Spielern klar wird, welche Verantwortung sie auf dem Platz tragen.

Ich hatte Heiko Herrlich immer zu Gute gehalten, dass er diese krassen Abstürze, die es unter Martin Schmidt manchmal in der zweiten Hälfte gab, abgestellt hatte. Da war wieder einer. Und es ist aus meiner Sicht ganz klar, dass wir dies nun nicht wieder einreißen lassen. In dieser Situation schlicht nur den Trainer auszuwechseln und die Mannschaft gewissermaßen von der Angel zu lassen, ginge gar nicht.

Das war nix (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Die Außenseiter-Möglichkeit

Manchmal würde ich mir ja wünschen, dass der FC Augsburg mit den bestehenden Mechanismen in der Branche brechen würde. Wenn man nun Heiko Herrlich so schätzt, wie man es vor zwei Monaten noch deutlich kund getan hat, dann könnte man ihm jetzt auch erneut den Rücken stärken und rein über abgestimmte Disziplinarmaßnahmen im Mannschaftskreis versuchen, das Schiff wieder auf Kurs zu bekommen. Dann wäre aber auch klar, dass man mit Herrlich im Sommer weitermacht, komme was wolle. Und wer kann sich das im Moment noch vorstellen?

Insgesamt ist es damit so, dass wohl kurzfristig Heiko Herrlich ersetzt wird und man hofft, mit einem kleinen Schub den Klassenerhalt zu sichern. Das Schlamassel haben wir trotzdem. Die Mannschaft ist in einer Verfassung, in der sie mit den schlechtesten der Liga kaum über 90 Minuten mithalten kann. Der Kader braucht einen Schnitt im Sommer. Sowohl für Kader als auch für die Trainerauswahl ist in Hauptperson Stefan Reuter in der Verantwortung. Der steht nach dieser Entwicklung jetzt doch wieder mit dem Rücken zur Wand. Und offenkundig stellt man sich die Frage, wie es so weit kommen konnte. Warum man an Heiko Herrlich so lange festgehalten hat.

Die Hoffnung ruht auf dem Team

In dieser Phase der Saison und für die letzten vier Wochen kann es trotzdem nichts anderes geben, als gemeinsam zu schauen, dass wir diese Saison schadlos überstehen und den Scherbenhaufen im Sommer aufgeräumt bekommen. Zusammen und geschlossen. Gerade die Gruppe auf dem Platz trägt dabei die Verantwortung, sich ordentlich zu präsentieren und ihren Job zu machen. Alles hängt davon ab, was auf dem Rasen passiert. Wir können Euch diesmal leider nicht im Stadion helfen. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob Ihr wirklich WIRKLICH verstanden habt, um was es hier geht. Jungs, bei aller Liebe, setzt euch an einen Tisch, schlagt euch auf dem Trainingsplatz die Köpfe ein oder was auch immer. Aber bei der Statue von Helmut Haller (und gerade vor der Ulrich-Biesinger-Tribüne will ich so einen Scheiß nicht nochmal sehen) lasst uns verdammt noch mal nicht hängen!

Investorenclub FC Augsburg 1907

Unter der Woche platzte die Bombe. Unkontrolliert. Und was die Augsburger Allgemeine als auch der kicker unterschlagen haben: es war die Legio Augusta, denen aufgefallen war, dass sich im Handelsregister bei der Hofmann Investoren GmbH, etwas geändert hatte.

Die Hofmann Investoren GmbH ist die Gesellschaft mit der Klaus Hofmann und andere Investoren (wie es sogar der Name schon sagt) die Anteile an der FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA von Walther Seinsch übernommen hatten. Die Hofmann Investoren GmbH gehören mehr als 99% der Aktien am Profibereich des FC Augsburg bis hinunter zur U17. Schon im Februar 2020 wurde laut Handelsregister eine Kapitalerhöhung bei der Hofmann Investoren GmbH vorgenommen. Diese diente wohl in der Vorbereitung dazu, nun den Anteilsverkauf vornehmen zu können, zu der schließlich durch Eintragung im Handelsregister im Februar 2021 evident wurde.

Schon vor einiger Zeit konnte sich Klaus Hofmann über einen ganz besonderen Deal für seine Investorengesellschaft freuen. Den Mitgliedern des Vereins, von denen er gewählt wurde, hatte er nichts mitzuteilen. (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Die Bolt Football Holdings (Germany), L.P. (im Nachfolgenden: „Bolt“) übernahm 45% der Anteile an der Hofmann Investoren GmbH. Hinter Bolt steckt David Blitzer, ein schwerreicher US Amerikaner, der schon in mehrere Sportunternehmen investierte. Detlef Dinsel und Marcus Höfl verkauften ihre Anteile im Rahmen der Transaktion im Gesamten, Thilo Sautter und Michael Reuss gaben einen Teil ihrer Anteile ab. Klaus Hofmann selbst behielt seine Anteile wie gehabt.

Spekulationsgewinne

Und während es Klaus Hofmann im Interview mit der Augsburger Allgemeinen als üblich bezeichnete, dass Anteile nach 6 Jahren weiter verkauft werden, stellt sich doch die Frage, zu welchen Konditionen dies geschah. Zudem müssen die beiden ausscheidenden Anteilseigner schon früher ihren Willen zum Verkauf geäußert haben. Es ist davon auszugehen, dass die Transaktion monatelang vorbereitet wurde. Eine Kernfrage in diesem Zusammenhang ist aus meiner Sicht: Wie viel haben Dinsel und Höfl damals für die Anteile bezahlt und wie viel haben sie nun im Rahmen des Verkaufs für ihre Anteile bekommen? Wie sieht es bei den anderen Anteilseignern aus? Gerade weil es zu den Leistungen der Investoren – inwiefern hier Know-How und Vitamin B zum Tragen kamen ist fraglich ohne die nötige Transparenz – keine Informationen gibt. Als Fan und Mitglied dieses Vereins finde ich es doch eine sehr interessante Frage, ob sich einzelne Personen an der Entwicklung des FCA bereichert haben. Und Vorsicht: in der Presse ist teilweise von einem Preis i.H.v. 5,5 Mio. EUR die Rede, die Blitzer bezahlt haben soll. Dabei handelt es sich schlicht um den Nennwert der Anteile. Wie viel Blitzer bezahlt hat ist bisher nicht öffentlich geworden. Es wird allerdings ein vielfaches des Nennwerts gewesen sein.

Wortklauberei

Klaus Hofmann hat sich im Interview mit der Augsburger Allgemeinen dagegen verwehrt, dass David Blitzer als „Investor“ bezeichnet wird. Schauen wir uns doch mal kurz an, was David Blitzer getan hat: Er hat mit Geld Anteile an der Hofmann Investoren GmbH gekauft. Klaus Hofmann hat ihn als Minderheitsgesellschafter bezeichnet. David Blitzer hält nun mehr Anteile als jeder andere Investor an der Hofmann Investoren GmbH. Er hält mehr Anteile als Klaus Hofmann selbst. Es ist Wortklauberei, wenn Klaus Hofmann sich bei einem Anteilseigner an der Hofmann Investoren GmH am Begriff Investor stört. Diesen schlicht als „Minderheitsgesellschafter“ zu bezeichnen, trifft den Sachverhalt noch weniger in der Wortwahl. Neuerdings wird von Seiten des FC Augsburg auch der Begriff „Partner“ verwendet. Ein Investor bleibt ein Investor, egal wie man es drehen und wenden mag.

Identifikation

Welche Verbindung hat David Blitzer zum FC Augsburg? War er schon mal da und hat sich ein Spiel angeschaut als dies noch möglich war? Verfolgt er die Bundesliga? Genau so intensiv wie die belgische Liga oder Crystal Palace, wo er auch investiert ist? Welche Beweggründe wird der Investor verfolgen, wenn es um Entscheidungen betreffend den FCA geht? Eventuell wird er – auf Grund seines großartigen Vermögens und seiner Liebe zum Sport generell – nicht zum schnellen Gewinn optieren. Er wird allerdings in keinem Fall die Identifikation mitbringen, die wir Fans und Mitglieder haben. Für uns ist der FCA die Nummer 1. Bei David Blitzer ist die Liste lang. Die Identifikation auf der Investorenebene abseits von Klaus Hofmann selbst scheint grundsätzlich ein Problem zu sein. Anscheinend kam es zu dem Investorenwechsel erst dadurch, dass sich die genannten zwei Mitinvestoren von ihren Anteilen trennen wollten.

Finanzielle Stabilität

Know-How soll der neue Investor mitbringen. Im ersten Artikel der Augsburger Allgemeinen ist von Finanzstärke die Rede, die der Investor mitbringt. Derweil finanziell beim FCA nichts ankommt. Laut Hofmann gab es seit 2014 keine Kapitalerhöhung bei der FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA mehr und es ist trotz Corona und den ersten Verlusten seit Jahren auch nichts geplant. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. So verkauft ja nicht der FC Augsburg 1907 e.V. Anteile. Der hat ja schon kaum welche mehr. Von Anteilsverkäufen profitieren wie oben beschrieben wenn dann nur noch die verkaufenden Investoren. Wer nun zusätzlich einmal in die Meldungen zum Höfl-Engagement zurückblickt, der entdeckt auch dort schon all die Thesen zu Netzwerk, Marketing, etc. Wie viel ist davon beim FCA angekommen? Gerade jetzt wo der Investorenwechsel in einem Atemzug mit den ausgebliebenen Einnahmen in der laufenden Saison gemeinsam kommuniziert wurde, wird hier durch den gewählten Narrativ ein etwas schiefes Bild geschaffen. Mehr finanzielle Mittel beim FCA wären schön, sind allerdings nicht in Sicht. Und inwiefern David Blitzer wirklich sein Netzwerk und seine Kontakte einbringen wird, werden wir hoffentlich alle noch sehen oder eben auch nicht.

Sonnenkönig Klaus Hofmann

Dietmar Hopp, Martin Kind, Klaus Hofmann. Selbst wenn Hofmann nach dem Einstieg von David Blitzer nicht mehr das größte Anteilspaket am FC Augsburg hält, so hat er doch im Exklusivinterview mit der Augsburger Allgemeinen direkt klar gemacht, dass weiterhin alle Entscheidungen schlussendlich von ihm getroffen werden. Er verbleibt einziger Geschäftsführer der Hofmann Investoren GmbH. Die Entscheidungsstrukturen beim FC Augsburg verbleiben wie bisher. Hofmann regiert über allen. Diesmal indem er indirekt Anteile am FC Augsburg an einen amerikanischen Investor verkauft, der bisher keine erkennbare Beziehung zum FC Augsburg hatte. Den schlicht er seit 20 Jahren kennt. Nichts neues beim FC Augsburg, kann man an dieser Stelle feststellen. Der Verein ist seit dem ursprünglichen Verkauf der Anteile an Walther Seinsch monarchisch geprägt und folgt vielen Mustern, die das Fußballgeschäft mittlerweile aufweist.

Timing

Und jetzt kommen wir zu einem Punkt, der dies nun alles noch etwas unangenehmer macht. Klar, die Bezeichnung „Sonnenkönig“ ist wertend. Gemeint ist ein Alleinherrscher, der andere nicht in seine Entscheidungen mit einbezieht. Mit anderen sind vor allem die Mitglieder des FC Augsburg 1907 e.V. gemeint, die Klaus Hofmann vertritt. Diese haben wie alle anderen durch die Meldung der Legio Augusta vom Anteilsverkauf bei der Hofmann Investoren GmbH erfahren. Und genau an dieser Stelle sieht man, wie diese beide Rollen des Klaus Hofmann (des Investors und des Präsidenten) nicht zusammenpassen.

Hofmann, Ströll und Co. Die Entscheidungsstrukturen beim FCA bleiben wie gehabt. Mehr Transparenz und eine klare institutionelle Verankerung von 50+1 auch über den Aufsichtsrat der KGaA fehlt weiterhin. (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Hofmann mag das Präsidentenamt ehrenamtlich ausfüllen, in seiner Rolle als Investor ist er vermögensverwaltend tätig. Anstatt schon frühzeitig die Mitglieder zu informieren und transparent mit dem Vorgang umzugehen, hat er seine Mit-Investoren geschützt und den Vorgang abgeschlossen. Erst nach Veröffentlichung durch die Legio Augusta nahm auch die Presse den Ball auf und es erfolgte eine ausführliche Erklärung in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Eine offizielle Information der Mitglieder des FC Augsburg 1907 e.V. steht weiterhin aus. Ob, wie nun kommuniziert wurde, eine Information nach der englischen Woche erfolgt wäre, hätte sich der FCA mitten im Abstiegskampf befunden, kann jeder für sich selbst beurteilen. Wann der FC Augsburg eine Lösung findet, um eine Jahreshauptversammlung auch virtuell zu veranstalten, steht in den Sternen. Die Mitglieder einzubinden hatte schlicht nicht die höchste Priorität. Michael Ströll hat im Interview bei Sky gestern eingestanden, dass man die Kommunikationsstrategie nicht zu Ende gedacht hatte. Jetzt gilt es für die Zukunft strukturell die Einbindung der Mitglieder sicherzustellen.

Zusammenfassung

Der FCA war und ist ein Investorenclub. Nun gab es einen Wechsel in der Investorenschaft, der für die aussscheidenden Investoren eventuell einen netten Spekulationsgewinn eingebracht hat. Wie der Ausstieg der Alt-Investoren zeigt, war von deren Seite keine allzu hohe Identifikation mit dem FC Augsburg vorhanden. Viel schlimmer kommt es nun mit dem Neu-Investor David Blitzer wohl auch nicht. Kurzfristige Vorteile für den FCA sind nicht zu erwarten und entsprechend hat die Transaktion momentan keine Auswirkungen. Es wird sich im Zeitablauf zeigen, wenn uns Klaus Hofmann mit David Blitzer angeschleppt hat.

Robert Götz hat seinen Kommentar betitelt mit: Neuer US-Investor: Die FCA-Fans müssen vertrauen – anderes bleibt ihnen nicht. Dem möchte ich widersprechen. Aufsichtsratsstrukturen bei einem Verein sind ja nicht nur zum Spaß vorhanden. Insofern würde ich als Mitglied des Vereins gerne wissen, wann Vereinspräsident Klaus Hofmann den Aufsichtsrat der FC Augsburg 1907 e.V. über den Investorenwechsel informiert hat. Zudem gilt es aus Mitgliedersicht zu prüfen, wie der Verein auf den Investorenwechsel reagiert hat. Ich könnte mir vorstellen als Mitglied, die Protokolle der Aufsichtsratssitzungen des FC Augsburg 1907 e.V. vor der nächsten Jahreshauptversammlung anzufordern.

Darüber hinaus gilt es aus Mitgliedersicht darauf zu drängen, dass die Mehrheit der Plätze im Aufsichtsrat der FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA durch Vereinsvertreter besetzt wird. Zudem sollte darauf gedrungen werden, dass die FC Augsburg 1907 GmbH & Co.KGaA alle Anstrengungen unternimmt, Anteile an den FC Augsburg 1907 e.V. langfristig zurückzuführen. Wer hier nun schon etwas länger mit liest, der erkennt kaum etwas neues. Dies sind Forderungen, die ich schon seit längerem vertrete. Vielleicht hat der Anteilsverkauf nun doch dem ein oder anderen zusätzlich die Augen geöffnet, wie schnell auch die weiteren Anteile am FC Augsburg verkauft werden könnten, ohne dass es jemand mitbekommen würde. Es ist höchste Zeit strukturell anzupassen, um sich nicht erneut verwundert die Augen reiben zu müssen in der Zukunft. Fußballclubs sollten keine Spekulationsobjekte sein! Es ist so ähnlich wie im Abstiegskampf in früheren Jahren: Es ist Zeit aufzuwachen, bevor es zu spät ist.

Profi-Fußball, ich verabscheue dich

Die Pandemie Corona stellt uns als Fußballfans vor besondere Herausforderungen. Zumindest ich hatte mich damit abgefunden, dass Spiele unter Ausschluss von Fans trotzdem stattfinden und der Ligabetrieb weiterläuft. Immerhin hatte die Liga früh ein Hygienekonzept vorgelegt und schien recht strikt im Umgang mit Corona. Die letzten Wochen haben mir allerdings den Zahn gezogen. Ich kann mir diesen Scheiß nicht mehr antun. Zu viele Vorfälle sind rund um den kommerziellen Fußball passiert, die bei mir dazu geführt haben, dass ich dem Ganzen kaum mehr Freude mehr abgewinnen kann. Ich habe abgeschaltet. Und zuletzt auch beim FCA nicht mehr so oft eingeschaltet. Eine unvollständige Zusammenfassung:

Auf die Gesundheit der Spieler wird geschissen

Wo soll man anfangen? Juventus Turin hatte Álvaro Morata in der Champions League eingesetzt, obwohl er noch nicht wieder vollständig von einer Grippe genesen war. Das Resultat: Morata brach ohnmächtig nach dem Spiel zusammen. Ein unverantwortlicheres Handeln von Trainern und Ärztestab ist kaum vorstellbar. Und das ganz ohne Covid-19.

Von der Club WM in die Quarantäne. (Photo by Gaston Szermann/DeFodi Images via Getty Images)

Der Virus spielt aber doch auch im Alltag der Profifußballer eine prominente Rolle, so gerne das öffentlich ausgeblendet wird. Nachdem beim FC Augsburg der letzte Infektionsfall schon etwas länger her ist, ging es allerdings beim FC Bayern München ordentlich rund. Nachdem sich Leon Goretzka und Javi Martinez schon vor einer Weile infizierten, war bei der Club WM in Katar Thomas Müller an der Reihe. Kurz danach wurde Benjamin Pavard positiv getestet. Gerade mit den Virusmutationen, die sich mittlerweile im Umlauf befinden, werden weitere Ansteckungen noch realistischer. Anstatt ein Team in Gruppenquarantäne zu stecken, wird leichtfertig die Gesundheit inkl. langfristiger Folgen vieler weiterer Spieler und Beteiligter aufs Spiel gesetzt. Dies hat sich gerade auch wieder beim Länderspiel gegen Island gezeigt. Es gab einen positiven Test bei der Nationalmannschaft. Mehr als ein einzelner Kontakt ersten Grades war nicht ausfindig zu machen (und es versteht auch keiner warum das bei anderen Sportarten anders ist). Es ist fahrlässig.

Wenn da jemals Demut war

Und grundsätzlich war da von Seiten der Verantwortlichkeiten dann schon mal von Demut die Rede. Die Aussagen vieler Verantwortlichen hat dem Realitäts-Check nicht standgehalten. Klar, an der Speerspitze findet sich auch hier wieder der FC Bayern München. Es wäre ja auch mal positiv überraschend, wenn nicht jedes Klischee komplett erfüllt würde. Da wird eine Teilnahme an einer Club WM in Katar grundsätzlich und auch in diesen Zeiten schon nicht mehr hinterfragt. Anstatt dessen, wird dann von Hansi Flick die Bedeutung des eigenen Jobs überhöht. Mann, Du bist verdammt noch mal Fußballtrainer im Profibereich. Jede Krankenschwester trägt mehr Verantwortung als Du. Du kannst ja noch nicht mal dafür sorgen, dass sich nicht dein halbes Team mittlerweile an Corona angesteckt hat. Und ich hoffe, dass keiner dieser Spieler langfristig gesundheitliche Schäden davon trägt, für die Du dann mit verantwortlich bist.

Hansi Flick: von der Realität sichtlich entfernt (Photo by DANIEL ROLAND/POOL/AFP via Getty Images)

Aber auch die anderen Clubs lassen sich gerade im internationalen Zirkus einspannen. Da werden dann schon mal galant Heimspiele ins Ausland verlegt, damit sie überhaupt stattfinden können, so geschehen beim Leipziger Konstrukt und Borussia Mönchengladbach. Max Eberl hatte in der Zuschauer-Debatte noch Union Berlin zur Demut aufgerufen. Während der Einzelhandel weiter geschlossen bleibt, die Friseure nicht öffnen durften und wer weiß wie viele Gastronomen das Handtuch werfen mussten, wird dann halt Champions League in Budapest gespielt. The Show must go on. Wir sind an dem Punkt, wo ich bei all diesem weltfremden, abgehobenen Gedöns nur noch kotzen muss. Warum es dann in diesen Zeiten überhaupt Länderspiele braucht, sind die kritischeren Menschen müde geworden zu hinterfragen. Man kommt ja mit dem Hinterfragen auch nicht mehr hinterher.

Die fehlende Vorbildfunktion

Derweil stehen die Teams in der Öffentlichkeit und das Handeln von Spielern und Verantwortlichen hat automatisch Strahlkraft. Die Politik hat es bis jetzt schon nicht hinbekommen, Unternehmen in die Verantwortung zu nehmen, dass Jobs, die definitiv im Home Office ausgeführt werden können, auch wirklich von dort erledigt werden. Egal, ob das Büro dann leer aussieht oder der Chef auch wirklich darauf vertraut, dass zu Hause gearbeitet wird.

Die Party endete nicht auf dem Platz. Ein Bewusstsein für die allgemeine Lage war anscheinend nicht vorhanden. (Photo by LEON KUEGELER/POOL/AFP via Getty Images)

Da führt das Verhalten der Fußballer zwangsläufig dazu, dass ich mir zu Hause denke: „Wenn die sich nicht einschränken, warum sollte ich denn“. Viel größer könnte man den Graben zwischen dem Fan zu Hause und dem Geschehen rund um die Stadien der Republik nicht mehr ziehen. Oder man scheißt zusammen auf alle Regeln und feiert ohne Rücksicht auf irgendeine Regel zusammen einen Derby-Sieg. Wie viel Ignoranz gegenüber der Gesamtsituation kann man denn haben? Kritisch kann man anmerken, dass auch Feierfotos beim FCA hier nicht positiv herausstechen. Wie vieles in der Außensicht wirkt, ist den Beteiligten dabei oftmals wohl nicht mehr bewusst. Sonst gäbe es nicht auch zur letzten „Human Rights“-Aktion noch ein Filmchen.

Die prekären Arbeitsverhältnisse der Jugendtrainer

Dabei ist der Fußball schon lange eine Industrie, die die Hoffnungen und die Begeisterung der Beteiligten für die schönste Sache der Welt schamlos ausnutzt. Ronald Reng hat mit „Mroskos Talente“ ein Buch geschrieben, in dem das vor allem für den Scoutingbereich transparent wird. Ähnliches hat nun WDR im Format Sport inside für die Jugendtrainer aufgedeckt. Die Jugendtrainer selbst in den Nachwuchsleistungszentren der Bundesliga sind dabei oft als Mini Jobber angestellt. Geltendes Arbeitsrecht wird teilweise nicht eingehalten. Leider ist auch der FCA hier keine Ausnahme. Während man den Mitgliedern ans Herz legt über eine Vereinsmitgliedschaft in die Jugend zu investieren, ist die Bezahlung der Jugendtrainer auch in Augsburg unterirdisch. Johannes Graf hat in der Augsburger Allgemeinen aufgezeigt, dass 120 Stunden Arbeit in manchen Fällen nur 600 Euro Gehalt gegenüberstanden. Das ist schlicht nicht okay.

Die Sippenhaft

Jetzt könnte man ja mit dem Fingerpointing anfangen. Es sind ja immer nur die anderen. Klar abgegrenzt wird sich aber auch nicht. Und so gibt es zwar immer noch die positiven Momente rund um den Fußball, wenn sich z.B. eine große Zahl von Fußballprofis angestoßen durch die 11 Freunde öffentlich gegen Homophobie positioniert oder Eintracht Profis an die Opfer in Hanau erinnern. Die große Ausnahme, durch die klar werden würde, dass das System nicht vollkommen zerbrochen ist, sehe ich in meiner momentanen Stimmung allerdings nicht. Denn wenn die Verbände oder großen Vereine voran gehen, dann läuft der Rest wie die Lemminge hinterher. Kurz – zu Beginn der Pandemie – hat der Fußball seine gesellschaftliche Sonderstellung verteidigen müssen. Fast ein Jahr später, hat er sie durch das Verhalten der allermeisten Verantwortlichen unter den Bus geworfen. Das Tüpfelchen auf dem i kommt in der kommenden Woche, wenn abseits der Öffentlichkeit die Champions League reformiert wird und die Unterschiede, zwischen groß und klein noch größer werden. Wenn Max-Jacob Ost auf Twitter nicht darauf hingewiesen hätte, wäre es auch mir nicht aufgefallen. Teilnehmen an der Abstimmung darf mit Rainer Koch für Deutschland ein alter Bekannter.

Ich habe den Fußball und seine Rolle lange verteidigt. Zu viel Gutes könnte er anstoßen. Zu sehr hat er auch mich in der Vergangenheit mit anderen Menschen zusammengebracht. Zu viele tolle Erlebnisse beschert. So, wie das im Moment läuft, verfolge ich momentan lieber esports. Dort wird die Gesundheit der Aktiven nicht fahrlässig aufs Spiel gesetzt und die Spieler sind Leute wie Du und ich, für die nicht jeden Tag eine neue Sonderregel gefunden werden muss. Am Ende wird es wohl grundsätzlich weniger Fußball. Denn mit den Menschen, die ich über den Fußball kennen gelernt habe, kann ich mich auch gut über Bücher unterhalten oder, wenn Corona es wieder erlaubt, ein Eis essen gehen. Und aus der Distanz, vielleicht im Radio, ein Spiel verfolgen. Der Weg zurück wird immer weiter.

Von Grindavik in die Fuggerstadt

Grindavík ist eine Stadt in West-Island mit ca. 2.500 Einwohnern. In Island geht das nach Aussage von Alfreð Finnbogason schon als Großstadt durch. In der Woche vor dem Spiel gegen Borussia Mönchengladbach, in dem Alfreð immer noch auf Grund einer Wadenverletzung fehlte, unterhielt er sich mit mir über seine Heimat und einige der Dinge, die er in seiner langen Profikarriere gelernt hat. Einem, dem in Königsbrunn mit seinen 30.000 Einwohnern schon die Decke auf den Kopf fiel, begreiflich zu machen, wie es ist aus Island zu kommen und dort zu leben, ist dabei als Aufgabe an sich nicht zu unterschätzen. Wenn man allerdings wie ich, vieles in seinem Leben an der Qualität seiner zwischenmenschlichen Beziehung fest macht, dann ist Island sicher eine Reise wert, wenn alle Menschen dort so freundlich und offen sind wie Alfreð selbst.

Zusammen durch Island

Wenn wir in Island einen Tag zusammen verbringen würden, dann ginge es vom Flughafen zur Blue Lagoon. „Das sind ja nur 10 Minuten vom Flughafen. Von dort würden wir weiter fahren zur Hallgrímskirkja mitten in Reykjavik. Da hat man einen tollen Blick. Das ist auch ein Klassiker. Und von da aus dann auf die Hauptstraße in Island und erst einmal kurz zum Hafen. Wenn man dann noch Zeit hat, dann ginge es zum Geysir, wo das Wasser in einer Fontäne aus dem Boden aufsteigt. Das kann man an einem Tag schaffen und es wäre ein guter Tag.“

Mit dem Fahrrad ein zu umfangreiches Programm für Alfred und mich, wenn wir gemeinsam durch Island touren. Auch beim Wetter ist nicht zu viel Zuversicht angesagt. Aber Spaß hätten wir gemeinsam einigen. (Foto via Imago)

Alfreðs Familie besitzt ein Unternehmen, das im Fischfang und der Fischverarbeitung tätig ist. „Die meisten Menschen wohnen an der Küste. Die Fischindustrie ist wohl immer noch die Hauptindustrie in Island.“ erläutert Alfreð in unserem Gespräch. Fisch isst er selbst immer noch am Liebsten. Wenn er die Wahl hat, dann vor allem isländischen Hummer. „Da muss man Glück haben, das man mal einen bekommt. Die Lieferkette von Fisch nach Süddeutschland ist eher länger. Guter Fisch ist teurer und schwerer zu bekommen“. So wie ich als Kind durch den Hühnerstahl meiner Urgroßeltern gestapft bin, ist Alfreð mit Fisch aufgewachsen.

Bolzplatz Held

Essen würden wir gemeinsam sicher hervorragend. „Im Urlaub esse ich fast täglich Fisch, weil er sehr sehr gut und frisch ist. So bin ich auch aufgewachsen.“ Und übernachten würden in Grindavik“ scherzt Alfreð selbst während des Interviews „um am nächsten Tag noch mehr Zeit zu haben.“ Neben dem Salzfischmuseum könnten wir dann vielleicht auch bei Alfreðs Home Turf vorbei schauen. „Da müssten wir zu der Schule, auf die ich im Alter zwischen 11 und 16 Jahren gegangen bin. Ein Hartplatz. Kleine Tore. Dort habe ich die meiste Zeit verbracht. Und immer wenn ich zu Hause Langeweile hatte, bin ich 5 Minuten dort hin gegangen und habe dort alleine oder mit Freunden gespielt. Gute Zeiten! So einen Platz muss man haben, um die Basis zu lernen und zu spielen“.

Kulturell ist Island sowohl geprägt von europäischen als auch amerikanischen Einflüssen. Björk macht für Alfreð eher Musik für ältere Menschen. Das Wikinger Klischee ist daneben wahrscheinlich genau so ausgelutscht, wie jeder Verweis, den man als Deutscher aufs Oktoberfest im Ausland erleiden muss. Alfreð ist bekennender Oasis Fan. Seine Jugend verbrachte er weniger in der Natur als auf dem Bolzplatz. Fünf gegen fünf. Immer wieder und aus Spaß an der Sache. Die Natur hat er erst später zu schätzen gelernt, seit er Urlaub in Island macht. „Was ich am besten finde, sind die warmen Quellen. Dorthin muss man teilweise eine Stunde wandern. Aber dort bin ich gerne und es ist sehr entspannt.“ Björk und das Wetter vermisst er immer noch nicht. Seine Träume sind andere: „Es ist immer noch meine große Hoffnung, dass Oasis wieder zusammen kommt und ein Konzert spielt, bei dem ich dabei sein kann.“

Die Grundlagen gelernt auf dem Bolzplatz seiner Schule. Die Muskeln entspannt in einer heißen Quelle. (Foto: Christian Kolbert via Imago)

Aus Rückschlägen gelernt

Aus Island wegzugehen war dabei nicht immer leicht. Erste Erfahrungen hat Alfreð in diesem Zusammenhang gemacht, als er noch während der Schulzeit für sieben Monate zu einer Gastfamilie nach Sardinien zog. „Die Sprache nicht zu können, ist anstrengend. Immer im Kopf übersetzen zu müssen. Es dauert immer eine gewisse Zeit bis man die Sprache lernt. Wenn ich isländisch spreche mit meiner Familie und meinen Freunden, dann muss ich gar nicht nachdenken. Wenn man eine fremde Sprache spricht, dann muss man immer nachdenken. Es kostet viel Energie. Und die ersten paar Monate in einem neuen Land, spürt man die Müdigkeit, weil man immer nachdenken muss. Das ist der größte Teil.“ Daneben kennt man sich in Island, wie in einem kleinen Dorf, und es ist sehr sicher. Die Polizei trägt keine Pistolen. In Italien gab es in der Klasse genau einen Schüler mit dem er sich auf englisch verständigen konnte. „Ich konnte auch viel besser englisch als der italienische Englischlehrer. Das war ganz witzig.“ Daneben war Sardinien eine wunderschöne Insel mit den schönsten Stränden in Europa. Alfreð hat dann eben viel Zeit investiert, um selbst italienisch zu lernen und den Anschluss zu finden. Sonst hätte ihn am Wochenende vielleicht niemand mit zum Strand genommen.

Auch der Durchbruch im Profifußball war kein einfacher. Auf seiner ersten Profistation in Lokeren war der Beginn famos, bevor es dann schnell schwierig wurde. „Ich dachte, dass ich sehr gut vorbereitet wäre. Aber es gibt wenig, was dich darauf vorbereitet, in einem anderen Land alleine zu sein ohne Freunde und Familie, wenn es fußballerisch nicht läuft. Ich war jung und ehrgeizig und wusste nicht, was richtig und falsch ist. Ich hätte mir mehr Unterstützung gewünscht, aber das war sehr lehrreich. Das war meine schwierigste Zeit als Profi. Ich kam und in den ersten 4-5 Spielen ging es richtig gut und zwei Monate später war ich nicht mehr im Kader. Es ging sehr schnell in beide Richtungen. Wenn es läuft muss man bodenständig bleiben und ruhig, weil es kann zum Beispiel mit Verletzungen und neuen Trainern so schnell in eine andere Richtung gehen.“ Eine der wichtigsten persönlichen Lernerfahrungen von Alfreð, war es in den vielen Jahren mit Rückschlägen umzugehen zu lernen. In Schweden und auch in den Niederlanden konnte er dann wieder mit seiner Treffsicherheit glänzen.

Glück muss man sich erarbeiten

Nach mittlerweile über 10 Jahren, die er außerhalb von Island Fußball spielt, ist Alfreð die Rolle von Glück bewusst. Es wird ihm im Fußball zu schnell geurteilt, ob jemand gute oder schlechte Arbeit leistet. „Menschen gehen unterschiedlich damit um, wenn es nicht läuft. Ausschlagend ist doch, wie du mit diesen schlechten Phasen umgehst. Wie du da weiter arbeitest. Im Fußball wird oft auf das Ergebnis geschaut und es wird vergessen, was dahinter steckt. Wenn du erfolgreich bist, dann ist es egal wie. Wer Erfolg hat, hat Recht. Und das ist für mich nicht immer richtig. Es gibt für mich schon eine richtige Art die Dinge zu machen. Professionell und mit Respekt“. Derweil gilt aber auch: kein Erfolg ohne harte Arbeit. „Klar, wenn es läuft, dann läuft es. Aber ich glaube nicht zu viel an Glück. Glück muss man sich auch erarbeiten. Aber Kleinigkeiten entscheiden oft, ob man nach einem Spiel der Held oder der Depp ist. Nur mit der Hoffnung auf Glück wird man nicht erfolgreich.“ Das er an sich arbeitet und immer lernen will, erkennt man auch daran, dass er ein abgeschlossenes Sportmanagement Studium hat. Und wir das Interview in fließendem Deutsch führen können.

Bescheiden bleiben und hart arbeiten. Dann kommt das Abschlussglück zurück. Alfred hat gelernt, mit schwierigen Situationen umzugehen. (Foto via Imago)

Seit mittlerweile über 5 Jahren ist Alfreð nun in Augsburg und hat ein Faible für unsere grünen Trikots. „Ich habe mich immer gut in grün gefühlt“ gibt der Profi eine gewisse emotionale Verbundenheit zu. Das Grün unserer aktuellen Auswärtstrikots entspricht genau dem Grünton im Wappen von Breiðablik Kópavogur, der ersten fußballerischen Station Alfreðs im Erwachsenenbereich. Die weiteren Vereinsfarben von Breiðablik Kópavogur sind übrigens – welch Zufall – rot und weiß. Die beiden Bedeutungen des Spitznamens Blikar, den die Mannschaft von Breiðablik Kópavogur laut Wikipedia trägt, waren Alfreð dagegen nicht bekannt. Die eine ist „die Glorreichen“, die andere „die Enten“. Wer darin im Moment nicht die Mannschaft des FC Augsburg wiedererkennt, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

Vorbild und Führungsspieler

Am Ende des Gesprächs habe ich nicht nur Island besser kennen gelernt. Ich glaube auch, einen soliden Eindruck von Alfreð Finnbogason selbst erhascht zu haben. Als Rekordtorschütze unseres verehrten Clubs in der Bundesliga (35 Tore bis dato) strahlt er ein natürliches Selbstbewusstsein in seine Fähigkeiten aus. Er weiß, wie er mit schweren Phasen umzugehen hat und dass er sich über harte Arbeit das Glück zurückerobern kann. Und bleibt dabei immer bescheiden.

Ihr erahnt es vielleicht: Alfred Finnbogason ist ein Typ, den ich auch persönlich gerne mag. Er ist halt einfach ein dufter Kerl. (Foto via Imago)

Die Zeit für das Interview ist verflogen. So viele Fragen verbleiben auf meinem Zettel. Was hat es mit dem isländischen „ð“ auf sich? Über seine Zeit in Schweden, wo auch ich ein Jahr verbrachte, konnten wir gar nicht sprechen. Gibt es Ähnlichkeiten in der Kultur, die es ihm dort leichter gemacht haben, durchzustarten? Wo sollte man in San Sebastian essen gehen? In welchem Umfeld fühlt er sich grundsätzlich am wohlsten und was wird er irgendwann aus Augsburg mitnehmen? Aber wer wird von Abschied sprechen wollen. Ein Mensch wie Alfreð Finnbogason ist eine Bereicherung für jedes Team. Wenn wir von Gerüstspielern sprechen, dann ist er jemand, bei dem sich junge Profis viel abschauen können. Hoffentlich noch lange. Ich werde in Zukunft noch genauer hinschauen, gerade wenn wir wieder mal in grün antreten.

Vom YouTube Video zum Fanprojekt

Birgit Kaiser ist seit sie denken kann FCA-Fan und war vor der Corona-Pandemie regelmäßig in der WWK-Arena – am liebsten mit ihrer Tochter. Aufgrund der langen Stadion-Abstinenz hat sich die 33jährige ein Herz gefasst und Motivationsbrief sowie -video für den FCA erstellt – dies entwickelte sich schnell zum Fanprojekt. Die Rosenau-Gazette wurde so auf die gebürtige Augsburgerin aufmerksam und hat diese über Facebook angesprochen. Heraus kam dieser Gast-Beitrag, den sie zusammen mit RoGaz-Autorin Irina zu ihrem „Herzensprojekt“ verfasst hat. Doch lest nachfolgend selbst, was die Organisatorin dazu zu berichten hat:

Im Herzen vereint

Oft heißt es doch sprichwörtlich: „Die spontanen Dinge im Leben sind die besten.“ Das lässt sich auf vielerlei Aktionen im Alltag übertragen. Sei es trotz akuter Unlust etwas zu unternehmen und dann doch einen der schönsten Tage im Leben zu erleben. Oder man geht zufällig irgendwo hin und lernt die Liebe seines Lebens kennen, obwohl man gar nicht damit gerechnet hat.

Ähnlich erging es mir mit dem Fanprojekt, das ich vor kurzem ins Leben gerufen habe. Aber bevor ich damit beginne, möchte ich euch einen kurzen Einblick in mein Leben geben: Schon seit ich denken kann, bin ich absolut fußballbegeistert. Ich bin in einer Familie groß geworden, in der Fußball genauso zum Alltag gehört wie das Abendessen. Mein Vater hat selbst in der Altherrenmannschaft unseres Dorfes gespielt und am Wochenende stand immer Bundesliga auf dem Programm.

Gefühlt jedes Fußballspiel lief bei uns im TV und so war es kein Wunder, dass ich selbst gegen den Ball trat. Ich liebte es, meinem Vater beim Jubeln zuzusehen und sammelte mit ihm die schönsten Kindheitserinnerungen, als er mich mit ins Stadion nahm. Dazu muss ich sagen, dass mein Vater Bayernfan war, aber ich verwende in diesem Fall gerne den Spruch „In den Farben getrennt, im Herzen vereint.“ Wir alle teilen die gleiche Leidenschaft – den Fußball – und dabei ist es egal, für welchen Verein man ist. Was ich sagen möchte, ist, dass ich meinem Vater die Leidenschaft für diesen unglaublichen Sport verdanke, der zwar oft einiges an Nerven kostet, aber trotzdem kann man nicht ohne ihn leben.

Nie mehr ohne den FCA

Zum FCA kam ich, als dieser noch in der Regionalliga Süd gespielt hat, genauer gesagt in der Aufstiegssaison 2005/06. Natürlich habe ich den FCA schon länger verfolgt, aber noch niemals live vor Ort im Stadion. In diesem Jahr jedoch nahm mich ein guter Freund das erste Mal mit in die Rosenau. Und was soll ich sagen: Schon vom ersten Spiel an war ich begeistert. Die ansteckende Stimmung, die Welle purer Emotionen und der Kampfgeist, den die Jungs auf dem Platz zeigten, gingen auf mich über und mit jedem Spiel, das ich mir anschaute, schweißte sich mein Herz mehr und mehr an diesen Verein. Ich fieberte mit, als man beinahe abstieg, fluchte wie einst mein Vater, als man gegen Nürnberg in der Relegation verlor und freute mich umso mehr, als wir es im darauffolgenden Jahr schließlich ins Oberhaus schafften, wo wir uns nun seit sage und schreibe zehn Jahren halten. Das haben wohl die wenigsten erwartet. Aber es freut mich insgeheim, dass der FCA es den Experten zeigt, die in uns immer wieder den „Abstiegskandidaten Nummer 1“ sehen.

Birgit Kaiser und Tochter in FCA-Fanmontur in der WWK Arena. Hach, wie gerne wären wir bald wieder dort! (Foto: Birgit Kaiser)

Die zündende Idee

Aber nun genug von mir und zurück zum eigentlichen Thema –dem Fanprojekt, das vor dem Spiel gegen Mainz 05 stattgefunden hat. Die Idee dazu entstand kurz nach der 2:1 – Niederlage gegen RB Leipzig. Die Tabelle sah damals nicht wirklich rosig aus. Mit 22 Punkten lag der FCA auf Platz 13, auf den Relegationsplatz waren es gerade einmal vier magere Punkte. Ich gebe zu, dass auch ich ein wenig Magengrummeln hatte, da am nächsten Spieltag unser „Angstgegner“ Leverkusen auf dem Plan stand. Und unsere Jungs am darauffolgenden Spieltag zum Tabellennachbarn nach Mainz mussten, die nach einem internen Umbruch im Winter einen aufsteigenden Trend verzeichnen konnten.

Auch die Spielweise unserer Mannschaft machte mir etwas Sorgen. Irgendwie sah man ihnen an, dass es ihnen an Selbstvertrauen mangelte. Zumindest erscheinte mir das so, gerade wenn man sich den verschossenen Elfmeter von Alfred Finnbogason gegen die Bayern ansieht. Bis dato hatte er noch nie einen Elfer (für uns) verschossen und normalerweise würde er den wahrscheinlich auch mit verbundenen Augen machen. Solche Situationen gab es zuhauf und ich weiß aus meiner Zeit als Spielerin, dass die Psyche manchmal ein Monster sein kann. Kein Wunder, dass mir schon öfter der Gedanke gekommen ist, irgendetwas für den Club zu machen. Man sieht den Jungs einfach an, dass ihnen die Fans fehlen.

Wie oft konnten wir im Stadion die Spieler mit unseren Anfeuerungsrufen nach vorne peitschen und so das eine oder andere Spiel drehen? Und haben wir nicht das einzige Spiel mit Fans im Rücken gewonnen, das es in der Saison 2020/21 gab? Natürlich sind die Spieler alle Profis, aber man darf die Wirkung von außen nie verkennen. Wir Fans haben mehr Einfluss als wir denken. Das sagte sowohl Trainer Heiko Herrlich als auch André Hahn in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Hertha BSC. Ich glaube, wir Fans vermissen es alle unglaublich, unseren Verein anzufeuern und sie mit unseren Emotionen motivieren zu können.

Vom Youtube-Video zum Fanprojekt

Gefühle… Das sind schon so verrückte kleine Dinger, die uns in jedweder Art und Weise beeinflussen und zu Dingen antreiben können, die wir niemals für möglich gehalten hätten. So auch mich, als ich am Morgen des 18.02.2021 mit meinem Sohn am Küchentisch saß. Ich gab kurzerhand bei YouTube „FCA Lieder“ ins Suchfeld ein. In diesem Moment war mir einfach nach Musik zumute. Da gab es natürlich die bekannten Lieder wie unsere Hymne „Wir müssen siegen“ oder auch den Aufstiegssong aus 2011. Doch dann stieß ich auf ein Video, das mit dem Song „FCA – Du bist niemals allein“ unterlegt war. Dort sah man nicht nur Spielszenen vergangener Zeiten und Siege, die ich selbst live im Stadion miterlebt habe, am Ende waren zudem Fangesänge unserer Ulrich-Biesinger-Tribüne angehängt. Doch am meisten hat mich das folgende Lied beeindruckt und es ließ mein Gehirn sofort auf Hochtouren arbeiten, während sich eine gewaltige Gänsehaut ausbreitete:

FCA – für dich sind wir heut‘ hier.

FCA – wir stehen alle hinter dir.

Und aus 10.000 Kehlen, singen wir euch dieses Lied.

Und dafür, Jungs, schenkt ihr uns einen Sieg.

Refrain des Liedes „FCA – Du bist niemals allein“

Ich kann nicht sagen, warum ich so emotional reagiert habe, aber plötzlich waren so viele Erinnerungen in meinem Kopf und wollten nicht mehr verschwinden. Ich musste daran denken, wie mir mein Arbeitskollege im M-Block schluchzend um den Hals gefallen ist, weil wir am 27.04.2013 3:0 gegen Stuttgart gewonnen haben. Oder daran, wie toll jedes einzelne Spiel war, das wir in der Europa League bestreiten durften. Erinnerung über Erinnerung prasselte auf mich ein und jede einzelne war schöner als die vorherige. Gleichzeitig überkam mich aber auch ein Gefühl der Trauer, eben weil es momentan nicht so gut läuft und wieder keimte der Gedanke in mir auf, dass man doch irgendetwas tun muss, um die Mannschaft zu pushen.

Da ich meine Gefühle mit irgendjemandem teilen wollte, postete ich das Video kurzerhand in der Facebook-Gruppe „Fc Augsburg“. Die Reaktionen darauf waren – bis auf wenige Ausnahmen – durchwegs positiv. Sogar die Schöpferin des erwähnten Videos meldete sich und ich bedankte mich bei ihr, dass sie mir so einen schönen Moment beschert hat. Doch was viel wichtiger ist: Unter diesem Post entstand die Idee, ein Fanprojekt ins Leben zu rufen. Ein FCA-Fan schrieb zum Beispiel „Dieses Video vllt mal der Mannschaft zukommen lassen.(…)“. Wir waren uns alle einig, dass man daraus eine Aktion für das Team machen könnte. Mir kam dann die Idee, die Fanbetreuung des FCA anzuschreiben, denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Gesagt, getan… Noch am selbigen Tag ging dann die Mail raus, wobei ich dazu sagen muss, dass ich ganz schön aufgeregt war.

#NURDERFCA

Schon kurzer Zeit später bekam ich eine Rückmeldung – das Interesse seitens des Vereins war vorhanden. Ich vereinbarte mit Markus Wiesmeier von der Fanbetreuung ein Telefonat. DANKE, lieber Markus, ohne dich hätten wir es niemals geschafft! Ich startete noch einen Post in Facebook und fragte bei den FCA-Fans nach Ideen und ob denn generell das Interesse besteht, bei der Aktion mitzumachen. Interesse war durchaus vorhanden und so tauschten wir einige Gedanken untereinander aus, was man alles machen könnte, ohne gegen die aktuellen Corona-Auflagen zu verstoßen. Am liebsten hätten wir das Stadion mit Plakaten tapeziert oder wären am kommenden Spieltag zur Arena gefahren, um dort Spalier für den Mannschaftsbus zu stehen. Selbstverständlich mit Abstand und Maske! Auch der Gedanke, das Lied „FCA – Du bist niemals allein“ über die Lautsprecher des Stadions abspielen zu lassen, war dabei.

Diese Ideen wurde allerdings leider von der Fanbetreuung zerstreut, wobei Markus‘ Tipps bei unserem Telefonat wirklich Gold wert waren. Er erklärte mir, dass die Spieler weder Plakate noch Musik im und ums Stadion herum wahrnehmen würden, da sie sich schon vor dem Spiel im Tunnel befänden, sodass sie das ganze erst nach Abpfiff realisiert hätten. Und das wäre dann doch zu spät gewesen. Bei einem Fanauflauf an der Arena hätte wahrscheinlich der Verein Ärger bekommen, denn am Spieltag selbst dürfen sich laut Hygienekonzept der DFL auf dem Gelände nur Personen mit einer Sondergenehmigung aufhalten – wie zum Beispiel Angestellte und die Presse.

Schließlich konnten wir uns auf folgende Idee einigen: Er würde der Mannschaft einen Brief sowie ein Motivationsvideo übergeben, wenn ich es schaffte, das ganze binnen sechs Tage fertig zu stellen. Das Team sollte es noch vor dem wichtigen Spiel gegen Mainz zu sehen bekommen. Das war natürlich terminlich knapp. Über den Brief machte ich mir keine Gedanken, wohl aber über das Video, denn ich selbst habe noch nie mit einem Schnittprogramm gearbeitet. Doch eine Deadline ist für mich gleichzeitig immer ein Ansporn und lässt mich zu Hochtouren auflaufen. Und genau das tat ich auch. Schon nach dem vorherigen Post haben mir viele Menschen ihre Hilfe angeboten, die ersten Bilder sowie Kurzvideos geschickt. Über das Wochenende wurde das ganze immer mehr und ich konnte schon eine erste Auswahl für das Video treffen.

Ein Freund von mir hat einen YouTube-Kanal und erstellt Videos selbst. Der Haken an der Sache: Er lebt in Kiel. Sind ja nur rund 866 Kilometer. Aber wir leben schließlich in einem modernen Zeitalter, in der Kommunikation auch über weitere Distanzen möglich ist. Er war sofort bereit mir mit dem Video zu helfen, auch wenn wir in den Farben getrennt sind, ist es die gemeinsame Leidenschaft, die zählt.

Der zwölfte Mann

Am Sonntagabend dann die erste Überraschung: Tom Scharnagl, den viele von a.tv oder aus dem Podcast „Feuer und Flamme“ kennen, bot mir an, im Podcast zu berichten. Ich war natürlich begeistert, denn es war schon eine kleine Ehre für mich, in der Öffentlichkeit von der Idee zu sprechen. Doch das war noch nicht alles und ich gebe offen zu, dass das, was als nächstes kam, mich glatt aus den Schuhen gehauen hat.

Tom bot nämlich noch an, einen Bericht für a.tv mit mir zu machen, welcher später in den lokalen Nachrichten erscheinen sollte. Am Montagvormittag setzte ich mich sodann an den Brief, der der Mannschaft vorgelesen werden sollte. Innerhalb von einer halben Stunde hatte ich das ganze aufgesetzt und schickte es einem Freund, Peter Lisboa Arndt. Er ist nicht nur Musiker aus Leidenschaft sondern auch noch Schreibwissenschaftler und zusammen hatten wir folgendes zu Papier gebracht:

Brief von Birgit Kaiser an den FCA (Foto: Birgit Kaiser)

Gleichzeitig ging die Arbeit an dem Video weiter und ich danke meinem Freund Thilo, dass er sich mit mir viele Stunden um die Ohren geschlagen hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch schon das Design des Briefs sowie die Rohfassung des Videos fertig. Als Aufhänger hatte ich mich dabei für einen Filmausschnitt des legendären Ausgleichstor von Marwin Hitz gegen Leverkusen entschieden, weil diese Szene in Perfektion zeigt, dass man das Unmögliche möglich machen kann, wenn man nur ganz fest daran glaubt, niemals aufgibt und immer weiter kämpft. All das, was wir von unserem FCA gerne wieder vermehrt sehen würden und wozu wir sie mit dem Projekt motivieren wollten.

Überraschung gelungen!

Die größte Überraschung kam aber in Form eines Videos auf mich zu – während der Aufnahme für a.tv. Ich sollte einen Stick in den USB-Slot stecken und die Datei öffnen, während die Kamera auf mich gerichtet war. Und da passierte es: FCA-Spieler Tobi Strobl lächelte mir entgegen und bedankte sich für die Aktion. Worte reichen nicht aus, um meine Gefühle in diesem Moment zu beschreiben. Mein Herz begann zu rasen und die Tränen schossen mir in die Augen, weil ich mich so sehr darüber freute. Das mag vielleicht übertrieben sein, aber sind wir doch ehrlich: Jeder Fan fühlt sich geehrt, wenn er mit einem seiner „Helden“ in Kontakt treten darf.

Insgesamt sind etwa 150 Bilder und Kurzvideos bei mir eingegangen, doch ein absolutes Highlight ist der Beitrag eines Fanclubs aus Israel. Diese knapp einminütige Szene war so toll, dass es unbedingt mit verarbeitet werden musste. Bis um etwa halb zwei Uhr morgens arbeiteten wir zu zweit noch an dem Video, doch ich war mehr als glücklich, dass wir es tatsächlich geschafft hatten. Das muss ich noch dazu sagen: Das Projekt hat auch mir persönlich etwas gebracht, denn dadurch durfte ich ganz viele liebe Menschen kennen lernen!

Das Unmögliche möglich machen

An dieser Stelle möchte ich allen eine kurze Beschreibung des Videos liefern. Aufgrund von Bild- und Tonrechten, Gema usw. werde ich es nirgendwo veröffentlichen. Das Video dauert sechs Minuten und ist bei den Bildszenen mit dem Lied „FCA – Du bist niemals allein“ unterlegt.

Zu Beginn sieht man die legendäre Spielszene, in der Marwin Hitz den Ausgleich gegen Leverkusen geschossen hat. Hier haben wir den Text einblenden lassen, der natürlich in den Vereinsfarben gestaltet ist: „Auch das Unmögliche kann möglich werden, wenn man an sich glaubt.“ Dann beginnt das Lied und es erscheinen viele Bilder und Videos von Fans im Augsburg-Dress oder auch Szenen aus der Kurve. Dabei ließen wir auch immer wieder motivierende Sprüche einfliegen.

Nun ist der Beitrag aus Israel zu sehen, bevor schließlich ein Video von einem Fanmarsch erscheint. Dabei singen die Anhänger im Wechsel „Wir steh’n zu ihm wie jeder weiß. Wir sind immer für ihn da. Für uns zählt nur der FCA“, bevor das Bild „Augsburg hält zusammen“ den Schluss bildet.

Ich hoffe, ihr könnte euch einigermaßen vorstellen, wie das Video aufgebaut ist. Alles war fertig und bereit an Markus Wiesmeier von der Fanbetreuung verschickt zu werden. Ich war gerade dabei, die Email zu schreiben, als mein Telefon klingelte und Robert Götz sich meldete. Dieser wollte einen Bericht in der Augsburger Allgemeinen veröffentlichen. Mittlerweile war mir das ganze doch peinlich, denn ich habe das ganze wirklich gern in die Hand genommen und es war eine gemeinschaftliche Idee. Doch auch dieses Interview gab ich gerne, denn es machte deutlich, dass wir Fans immer hinter unserer Mannschaft stehen und für sie da sind!

Das Warten beginnt

Nach insgesamt 12 Stunden Schneiden konnte ich auf das magische Knöpfchen „Senden“ drücken und das Warten begann. Natürlich bekam ich von der Fanbetreuung neben einem Dankeschön auch Feedback und die Nachricht, dass sowohl Brief als auch Video an die Verantwortlichen weiter geleitet wurden.

Die Mannschaft würde vermutlich im Rahmen der Abschlussbesprechung vor dem Spiel den Inhalt des Briefes erfahren sowie das Video sehen. Spannend war natürlich auch, ob das ganze überhaupt Früchte tragen würde und ich fieberte ziemlich nervös dem Spiel am Sonntag gegen Mainz entgegen. Würden die Jungs es packen? Hat das ganze etwas gebracht? Fragen über Fragen, die mir durch den Kopf gingen.

Dann stand endlich der große Tag an: Sonntag, 28.02.2021, Anstoß: 15:30 Uhr. Pünktlich pfiff der Schiedsrichter die Partie an. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und ich litt in jeder Szene mit dem Team mit. Bei jedem Fehlpass schimpfte ich vom Allerfeinsten und schrieb mir mit Gleichgesinnten die Emotionen von der Seele, wenn man schon nicht gemeinsam im Stadion sein kann.

In der 25. Minute passierte es schließlich: Wie schon in der Woche zuvor, leistete sich der gegnerische Keeper einen Schnitzer. Niederlechner schnappte sich den Ball, legte quer auf den mitgelaufenen Hahn, der die Kugel nur noch ins leere Tor schieben musste. In diesem Moment ließ ich alles raus, was sich in mir aufgestaut hatte und brüllte meinen armen Fernseher an. Natürlich war das Ding noch nicht durch und es wurde auch noch eine ziemlich enge Kiste. Als Gikiewicz einen Schuss gerade noch so an den Pfosten lenken konnte, blieb mir fast das Herz stehen. Doch dieses Mal überstanden wir die vier Minuten Nachspielzeit ohne Gegentreffer und die drei Punkte gingen auf unser Konto.

Wir hatten es geschafft und einen ganz wichtigen Sieg eingefahren. Natürlich ist dieser nicht nur unserem Fanprojekt zuzuschreiben, aber einen klitzekleinen Einfluss wird es schon gehabt haben. Zumindest wussten die Spieler, dass die Fans trotz allem hinter ihnen stehen und sie bei jedem Spiel unterstützen, auch wenn derzeit nicht vor Ort. Und das ist das, was wir erreichen wollten.

Gleich nach dem Spiel meldete sich André Hahn mit einem Video an die Fans:

„Hey liebe Fans! Ganz wichtige drei Punkte heute. Wir sind froh, dass wir den Kampf in Mainz gewinnen konnten. Wir wissen, es war nicht schön, aber es war extrem wichtig. Vielen Dank für eure Unterstützung! Wir wissen, dass ihr hinter uns steht und wir werden weiter kämpfen. Also, bis dann. Euer André.“

André Hahn nach dem Spiel gegen Mainz

In diesem Moment wurde mir bewusst, dass die Mannschaft das Video und den Brief tatsächlich erhalten haben. Die Freude war riesig, denn in dem Ganzen steckte einiges an Arbeit. Und ja, ich gebe an dieser Stelle offen zu, dass ich den Verantwortlichen und auch unserem Trainer Heiko Herrlich in diesem einen Punkt wirklich dankbar bin, denn diese hätten die Aktion auch ablehnen können.

#AUGSBURGHÄLTZUSAMMEN

Nachdem ich wusste, dass das Team Brief und Video bekommen hatte, konnte ich den Brief auf Facebook posten, damit alle einen Teil des Projekts zu sehen bekamen. Die Reaktionen waren durchweg positiv. Ich möchte noch einmal betonen: Ohne die Hilfe und Unterstützung von außen wäre das nicht möglich gewesen. Diese Aktion hat gezeigt, dass wir GEMEINSAM etwas erreichen können, wenn wir an uns glauben. Getreu dem Motto: Augsburg hält zusammen!

Aber wenn man jetzt denkt „Spiel gelaufen, Bericht zu Ende“, dann muss ich euch leider enttäuschen, denn noch bin ich nicht ganz fertig. Ich möchte euch die Reaktionen des Vereins nicht verschweigen. Am Donnerstag nach dem Spiel erhielt ich noch einen Anruf von Fanbetreuer Markus, der mir im Namen der Spieler, des Teams und der Verantwortlichen für die gelungene Aktion dankte.

Doch auch das ist noch nicht das Ende, denn am 05.03.2021 bekam ich vom Leiter der Abteilung für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Dominik Schmitz, dann einen Dankesbrief weiter geleitet, der von Stefan Reuter, Michael Ströll sowie Jeffrey Gouweleeuw unterzeichnet war. Natürlich war die Freude riesengroß, da es für mich eine Ehre ist, direkt von meinem Lieblingsverein eine persönliche Nachricht zu erhalten.

Durch Höhen und Tiefen

Das Spiel gegen Hertha ging auch wirklich sehr gut los, denn früh traf Bénes zum 0:1. Doch anschließend ging der Mut leider verloren und man ließ sich zu sehr in die eigene Hälfte drücken. Das Ergebnis war natürlich nicht zufriedenstellend und die Enttäuschung war bei den Fans deutlich spürbar. 

Doch so ist das nun mal im Fußball: Mal gewinnt man zusammen, mal verliert man – auch das gemeinsam. Ich kann nur für mich selbst sprechen, dass ich nach der Niederlage mit den Spielern litt. Wir wissen doch alle, dass sie es fußballerisch drauf haben. Abstiegskampf ist niemals leicht und wenn dann auch noch die mentale Stärke, das Selbstvertrauen und das Quäntchen Glück fehlen, dann klappts auch auf dem Platz nicht. Doch wenn uns diese Fanaktion eines gezeigt hat, dann das Folgende:

Motivation und Zuspruch kann eine ganze Menge beeinflussen! Jeder einzelne von uns hat die Kraft, mit den eigenen Worten die Leistung des Teams zum Positiven zu verändern.

Die Jungs brauchen uns an ihrer Seite und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das nicht das letzte Projekt dieser Art gewesen ist. Mich würde es sehr freuen, wenn man es irgendwann noch einmal schaffen würde, sowas auf die Beine zu stellen, sollten wir noch länger nicht in unser Wohnzimmer dürfen. Und solange heißt es und gilt es: „Augsburg hält zusammen – ihr für uns und wir für euch!“

Eure Birgit

Reicht das für den Klassenerhalt?

Der FC Augsburg hat es wieder einmal verpasst, einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt zu gehen. Wie so oft in dieser Spielzeit folgte auf ein Erfolgserlebnis der direkte Rückschlag. Nach fünf der sieben Saisonsiege wurde verloren – so nun auch bei Hertha BSC. Der wichtige Dreier in Mainz konnte nicht vergoldet werden.

Dabei hätte die Partie eigentlich kaum besser beginnnen können. Nach schönem Spielzug über Tobias Strobl und André Hahn erzielte Winterleihgabe Laszlo Benes seinen Premierentreffer für Rot-Grün-Weiß (2.). Weil sich in der Folgezeit aber (mal wieder) vermehrt auf das Toreverhindern als -erzielen konzentriert wurde, kamen die Berliner zurück in die Partie.

Hängende Köpfe: Am Ende setzte es in Berlin für Rafal Gikiewicz & Co. die zwölfte Saisonniederlage. (Foto via imago)

Will der FCA Spiele gewinnen?

Die ersten 45 Minuten überstand der FCA dabei auch dank eines starken Keepers noch unbeschadet und hätte sogar beinahe das 0:2 erzielt (Florian Niederlechner stand bei seinem Pfostenkopfball aber ohnehin im Abseits, 39.). Im zweiten Durchgang erhöhten die Gastgeber dann etwas den Druck und der FCA fand sich vermehrt im eigenen Verteidigungsdrittel wieder. Eine Flanke, bei der die Zuordnung nicht stimmte, und ein vermeidbarer Elfmeter bedeuteten letztlich eine 2:1-Niederlage. Aufgrund der Spieldaten geht das Ergebnis in Ordnung – die Hertha investierte weitaus mehr als der FCA, hatte mehr Ballbesitz und auch die zwingenderen Abschlüsse. Dennoch zauberten die Berliner keineswegs Königsklassenfußball auf den holprigen Rasen des Olmypiastadions, weswegen der vor diesem Spieltag Tabellen-16. durchaus zu schlagen gewesen wäre. Und so bleibt leider nach wie vor die Frage nach dem Trainer: Will Heiko Herrlich überhaupt Spiele gewinnen oder vielmehr Niederlagen vermeiden? Denn eins steht fest: Ein funktionierendes Offensivkonzept, das nicht nur auf Konter fußt, suchte man auch in Berlin über weite Strecken der Partie vergeblich. Eine Führung kann nicht über 88 Minuten verteidigt werden. Es braucht Angriffsszenen und Entlastung – und zwar nicht erst wieder, wenn der Gegner getroffen hat (Niederlechner, 65./78.).

Genießt weiterhin das Vertrauen: Trainer Heiko Herrlich (l) kann sich auf die Rückendeckung Stefan Reuters verlassen. (Foto via imago)

26 Punkte nach 24 Spielen – reicht das?

Nach der Niederlage in Berlin steckt der FCA mit 26 Punkten weiter im Abstiegskampf fest. Tabellenplatz 13 und acht Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsrang wirken auf den ersten Blick entspannt, könnten allerdings auch trügerisch sein. Das zeigt der Blick in die Historie.

Seit Einführung der Drei-Punkte-Regel in der Saison 1995/96 sind 17 Mannschaften abgestiegen, die nach 24 Runden 26 Punkte oder mehr auf dem Konto hatten:

  • Eintracht Frankfurt (03/04): 26 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 32 am Saisonende (16.)
  • TSV 1860 München (03/04): 26 Punkte nach 24 Spielen (14.) – > 32 am Saisonende (17.)
  • Karlsruher SC (97/98): 26 Punkte nach 24 Spielen (14.) -> 38 am Saisonende (16.)
  • FC St. Pauli (96/97): 26 Punkte nach 24 Spielen (15.) -> 27 am Saisonende (18.)
  • Eintracht Frankfurt (95/96): 26 Punkte nach 24 Spielen (14.) -> 32 am Saisonende (17.)

  • VfL Bochum (09/10): 27 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 28 am Saisonende (17.)
  • FSV Mainz 05 (06/07): 27 Punkte nach 24 Spielen (14.)-> 34 am Saisonende (16.)
  • Alemannia Aachen (06/07): 27 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 34 am Saisonende (17.)
  • Arminia Bielefeld (02/03): 27 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 36 am Saisonende (16.)
  • SpVgg Unterhaching (00/01): 27 Punkte nach 24 Spielen (14.) -> 35 am Saisonende (16.)
  • Eintracht Frankfurt (00/01): 27 Punkte nach 24 Spielen (15.) -> 35 am Saisonende (17.)
  • FC Köln (97/98): 27 Punkte nach 24 Spielen (13.) – 36 am Saisonende (17.)

  • VfB Stuttgart (15/16): 28 Punkte nach 24 Spielen (12.) -> 33 am Saisonende (17.)
  • Fortuna Düsseldorf 12/13: 28 Punkte nach 24 Spielen (12.) -> 30 am Saisonende (17.)
  • Eintracht Frankfurt (10/11): -28 Punkte nach 24 Spielen (13.) > 34 am Saisonende (17.)
  • FC St. Pauli (10/11): 28 Punkte nach 24 Spielen (12.) -> 29 am Saisonende (18.)
Abstieg nach Talfahrt: Der VfB Stuttgart holte 2016 nach dem 24. Spieltag nur noch einen Sieg und verlor die letzten sechs Partien. Am Ende stand der Gang in die Zweitklassigkeit (Foto via imago).
  • SSV Ulm (99/00): 30 Punkte nach 24 Spielen (12.) -> 35 am Saisonende (16.)

Der VfL Wolfsburg hatte in der Saison 2016/17 ebenfalls 26 Punkte nach 24 Spielen vorzuweisen und rutschte am Ende mit 37 Zählern noch in die Relegation – wo sich die Wölfe gegen Eintrach Braunschweig durchsetzen konnten. Mainz, Frankfurt, Bielefeld und Unterhaching stiegen als 16. ab, weil es keine Relegationsspiele gab.

35 Punkte nach 34 Spieltagen?

Der FC Augsburg holte aus den verbleibenen zehn Partien in der Hinrunde neun Punkte (zwei Siege, drei Remis). Können die Schwaben diese Ausbeute wiederholen, stünden am Ende 35 Zähler auf der Habenseite. Nimmt man Herrlichs Punkteschnitt von 1,09 wären es 37. Da vermehrt Gegner auf Augenhöhe auf dem Programm stehen, sollte das gelingen. Aber würde sich der FCA dadurch das elfte Bundesligajahr überhaupt sichern? Voraussichtlich, denn es muss nicht per se die ominöse 40er-Marke sein. In der Saison 2008/09 rettete sich Borussia Mönchengladbach gar nur mit 31 Punkten. Gleichzeitig bedeuteten aber auch schon 38 Punkte den Weg ins Unterhaus. (Karslruhe 1997/98).

Mut macht derweil, dass der FCA die Klasse auch schon mit geringerer Ausbeute nach 24 Spielen halten konnte. Bereits viermal gelang den Fuggerstädtern dieses Kunststück.

  • 18/19: 21 Punkte nach 24 Spielen (15.) -> 32 zu Saisonende (15.)
  • 15/16: 25 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 38 zu Saisonende (12.)
  • 12/13: 21 Punkte nach 24 Spielen (16.) -> 33 zu Saisonende (15.)
  • 11/12: 22 Punkte nach 24 Spielen (16.) -> 38 zu Saisonende (14.)
Erstklassig: Der FC Augsburg bejubelt 2013 den Klassenerhalt. Nach 24 Spielen hatten die Schwaben 21 Punkte auf dem Konto (Foto via imago).

Der schwachen Konkurrenz sei Dank – Augsburg gelingt der Klassenerhalt

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der FCA zweifelsohne nicht die beste Saison spielt und dafür in anderen Spielzeiten wohl bestraft worden wäre. Da aber mit Schalke ein Absteiger schon so gut wie fest steht und die anderen Kellerkinder ebenfalls nicht richtig in die Spur kommen, wird der FCA wohl den Klassenerhalt schaffen. Dafür, dass schon jetzt fürs elfte Bundesligajahr geplant werden kann, ist die Lage allerdings noch zu prekär. Der FC Augsburg ist in den nächsten Spielen gefordert, denn in der Vergangenheit gibt es ausreichend mahnende Beispiele, in denen Vereine trotz ordentlicher Punkteausbeute noch abgestiegen sind. In der Vorsaison hatte der FCA übrigens 27 Zähler nach 24 Punkten auf dem Konto. Am Ende wurden es 36 und Platz 15.

Der coolste Club des Landes

Dies ist der zweite Teil einer dreiteiligen Beitragsreihe, über die Entwicklung des FCA abseits des Platzes und die Wünsche und Visionen, die der Autor hiermit aus persönlicher Sicht verbindet. Im ersten Teil wurde gezeigt, wie die Kurve den Verein in 2020 überflügelte.

Viel ist in 2020 passiert. Auch einiges, was mir persönlich nicht gefallen hat. Schwamm drüber. Wenn ich an den FC Augsburg denke, dann träume ich. Sehe so viele Möglichkeiten. Auch in 2021. Und würde gerne meinen größten Traum an dieser Stelle mit euch teilen.

Dieser Traum hat ein paar Basiskomponenten. Stefan Reuter arbeitet weiter ordentlich am Kader und mit Heiko Herrlich haben wir einen Trainer, der zumindest die Klasse hält. Wirtschaftlich macht Michael Ströll weiter seine Hausaufgaben und wir übernehmen uns nicht. Soweit so gut, so langweilig. Bis dahin könnten wir die grauste Maus der Liga sein.

Wo geht es in 2021 strukturell hin? Wir haben ein paar Ideen. (Foto: Christian Kolbert via Imago)

Dennoch sehe ich für unseren FCA das Potential sich in 2021 zum coolsten Club der Liga aufzuschwingen. Das wird an ein paar Stellen Mut erfordern. Ist aber möglich, weil die Konkurrenz sich nun nicht mit Ruhm bekleckert. Im Gegensatz zum Kampf um die deutsche Meisterschaft, besteht eine realistische Chance, dass der FCA sich riesige Sympathien in ganz Deutschland erarbeitet. Wolfsburg und Leverkusen werden als Werksmannschaften nie große Sympathien auf sich vereinigen. Auch vor Hoffenheim und Leipzig braucht man keine Angst zu haben. Die Bayern und auch der BVB sind sportlich in andere Sphären entschwebt und polarisieren zu stark. Bei diesen Clubs hätte man nun auch keine Konkurrenz für den FCA vermutet. Union Berlin war lange an der Spitze, bevor man sich beim Thema Zuschauer während der Corona-Krise viele Sympathien verspielte. Genau wie Union Berlin hat der SC Freiburg sich in die Mitte des Fußball-Establishments verabschiedet. DFB-Präsident Fritz Keller mit seinem Freiburger Hintergrund ist auch nur ein weiterer DFB-Funktionär. Sowohl Freiburg als auch Union haben die Verteilung der TV-Gelder nicht öffentlich in Frage gestellt. Derweil Mainz 05 kurz vor dem Jahreswechsel im Chaos versank (dabei natürlich aber noch nicht an Schalke 04 oder Hertha BSC heran reicht). Und auch beim VfB Stuttgart passiert viel abseits des Platzes.

Die Konkurrenz um den Titel coolster Verein ist damit gar nicht so groß. Es bleibt ein kleines Grüppchen Vereine übrig, die sich um diesen Titel der größten Mehrheitsfähigkeit balgen. Neben uns nehme ich die Frankfurter Eintracht und Borussia Mönchengladbach als Clubs wahr, die zumindest keine Abneigung in mir hervorrufen. Ein überschaubares Grüppchen, aus dem man sich abheben müsste. Aber wie könnte man das schaffen?

Investoren geben Anteile an Verein zurück

In Augsburg halten Investoren 99% der Kapitalgesellschaft. Der Verkauf von Anteilen ist eine übliche Praxis. Eine Rückführung von Anteilen bzw. ein Plan für die Rückführung von Anteilen von Investoren an einen e.V. wäre ein Novum. Ich kann mich an keine geplante Aktion in diesem Zusammenhang erinnern. Nun kann man sich fragen: Warum würden Investoren so etwas tun? Ich kann mir hier auch keine Ad-hoc „alles auf einmal“-Aktion vorstellen. Aber der Plan, sich öffentlich dazu zu bekennen, eine Rückführung von Anteilen für sinnvoll zu halten und diese schrittweise umsetzen zu wollen inkl. einem sanften Einstieg, würde dem FCA bundesweite Aufmerksamkeit bescheren. Und den Wert aller Anteile steigern. Wertsteigerung durch Eigentumsübertragung. Ein Win-Win oder ein strukturelles 6-Punkte-Spiel.

Fans ziehen in den Aufsichtsrat ein

Auch dies ist ein Thema, bei dem aus meiner Sicht niemand verlieren kann. Es geht mal wieder um den Aufsichtsrat der KGaA. Dort sind im Moment nur Investoren vertreten, obwohl der e.V. strukturell 50+1 durchsetzen müsste. Offensichtlich hätte die Verantwortlichen der KGaA Einfluss darauf, welche Vereinsvertreter sich am Ende im Aufsichtsrat wiederfinden würden. Wie viel Kontrollfunktion übernimmt das Gremium in der Realität wirklich? Sich hier von Investorenseite weiter zu verweigern, ist schlicht unsympathisch. Durch kleine Anpassungen könnte auch hier viel gewonnen werden.

FC Augsburg etabliert breites Bündnis „Augsburg hält zusammen“

Einige Vereine haben mittlerweile Corporate Social Responsibility Abteilungen. Werder Bremen ist hier weit vorne dabei. Wenn die Corona-Krise uns etwas gezeigt hat, dann das es breitere Bündnisse braucht. Unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg einzelner Beteiligter. Und anstatt nun ein große CSR-Abteilung aufzubauen, könnte der FCA sein Engagement in ein unabhängiges Bündnis z.B. in Stiftungsform einbringen. Unter diesem organisatorischen Dach könnten die Anstrengungen des Vereins, der Fans, die durch die UBT sehr viele Aktionen auf die Beine gestellt haben, verstetigt und unterstützt werden. Gerade die Aktionen des UBT sind aus meiner Sicht das Größte, was 2020 im Umfeld des FCA passiert ist. Werdet dort Mitglied, kauft T-Shirts, packt Päckchen oder spendet Geld. Hier ist so, so viel geleistet werden. Man stelle sich vor, es ginge einfach noch viel mehr.

Lass es uns anpacken, Michael Ströll (Foto: Christian Kolbert via Imago)

Schlussendlich würde ich behaupten, dass die Fanszene des FC Augsburg schon riesiges leistet. Der FCA ist aufgefordert strukturell und nachhaltig nachzuziehen. Mehr Mitbestimmung zu ermöglichen und den Kommerz auch mal Kommerz sein zu lassen. Dieser Club könnte der coolste des Landes sein. Und es widerspricht sich nicht, dass dies auch wirtschaftlich für den FCA positiv wäre. Der FCA könnte mehr Fans und Sponsoren anziehen. In diesem Sinne: Augsburg hält hoffentlich noch mehr zusammen in 2021!

Die wunderbarsten Fans, die nicht ein jeder hat

Dies ist der erste Teil einer dreiteiligen Beitragsreihe, über die Entwicklung des FCA abseits des Platzes und die Wünsche und Visionen, die der Autor hiermit aus persönlicher Sicht verbindet.

Wenn man als FCA Fan schon seit der zweiten Liga dabei ist, dann hat man ein über die Jahre auch ein Gefühl für die Mit-Fans des FCA entwickelt. Viele Entwicklungen mussten lange von Vereinsseite offensiv vorangetrieben werden. Wobei Vereinsseite und Fanseite bis zum Aufstieg in die zweite Liga nicht so genau getrennt werden konnten. Ab 2006 war der FCA dann umso mehr darauf bedacht immer mehr Fans für sich zu gewinnen. Oft war in diesem Zusammenhang von der verlorenen Generation zu hören. Das waren diejenigen, die zwar Interesse an Fußball haben, aber auf Grund der Niedrigklassigkeit des FCA, dem FCB, BVB oder einem anderen Bundesligaclub in die Arme gelaufen und so für den FCA verloren gegangen waren.

Durch die Klassen bis in die Bundesliga

Und so schaffte der FCA den Aufstieg durch die Klassen. Regionalliga, Zweite Liga, neues Stadion, Bundesliga, Europa League. Ausverkaufte Spiele, Anfield auf dem Lechfeld, Weltklasse Choreographien. Dennoch hat der Verein meist das Bild nach außen geprägt. In Gladbach unter der Woche oder an einem Sonntag in Wolfsburg war der Auwärtsblock weiterhin trotzdem recht leer. Die Kurve teilte auch mal gegen eigene Spieler aus, wenn diese die falsche Vergangenheit hatten. Bei kritischen Themen blieb man manchmal auch sehr ruhig. Alles in allem, geschah wenig, was dafür sorgte, dass man sich viel vom Einerlei der Bundesligavereine und ihrer Fanszenen abhob. Außer, dass man schlichtweg weniger war und deswegen auch weniger auffiel. Verlorene Generation eben.

Deutliche Signale aus der Kurve kamen nicht immer, wenn ich sie mir erhofft hätte. (Foto: Christian Kolbert via Imago)

2020: Die Herausforderung

2020 war dann in diesem Zusammenhang doch eine Überraschung. Anstatt sich während der Corona-Zeit auszuruhen und etwas ruhiger zu machen, haben sich sowohl der Verein als auch die Augsburger Fanszene in Form des UBT e.V. rein geschmissen. Der FCA hat „Augsburg hält zusammen 2020“ ausgerufen und ein Webportal aufgesetzt, auf dem unterschiedliche Aktionen gesammelt wurden. Der UBT e.V. hat eine Vielzahl an Aktionen gestartet und in Bewegung gehalten.

Und das Letzere ist das Besondere. Denn irgendwann war der erste Lockdown zu Ende. Die Bundesliga hatte ein ausreichendes Hygienekonzept vorgelegt und die Saison 2019/20 wurde fortgesetzt. Und damit endeten die Aktionen von Vereinsseite zwar nicht, aber sie ebbten doch merklich ab. Manchmal hatte man das Gefühl, dass von Vereinsseite nur noch das gemacht wurde, was von Sponsorenseite vorgebracht wurde. Ganz im Gegenteil zum Engagement des UBT e.V. Stetig und mit riesigem Einsatz, ohne über bezahlte Kräfte und riesige Ressourcen zu verfügen, wurde ein Aktion nach der nächsten gefahren. Es braucht ein 4minütiges Video, um alle Aktionen zusammenzufassen. Und ich bewundere sehr, was dort geleistet wurde. Mittlerweile kann man die Aktivitäten des UBT sogar über eine eigene App auf dem Smartphone verfolgen.

Die Fanszene im Vordergrund

Und so hat sich in 2020 ergeben, dass die aktive Fanszene anfing, den Verein selbst zu überstrahlen. Während der FCA vor leeren Rängen spielte, hielten die Fans den Kontakt zur Bevölkerung und unterstützen Unternehmen um Unternehmen. Hätte mir das jemand während eines Auswärtsspiels in einem halbleeren Auswärtsblock erzählt, ich hätte es nicht geglaubt. Oder vielleicht doch. Denn abseits der Meinung, die oft Klicks und Aufmerksamkeit bringt, ist die Mehrheit der Fußballfans kein Chaotenhaufen. Glauben gerade Ultras daran, dass das Erlebnis im Stadion Menschen zusammenbringt. Geht es um mehr als nur das, was auf dem Rasen passiert. Definiert sich Fußballfantum eben nicht nur über Krawall.

Der Weg des FCA wurde oft kritisiert. In 2020 übernahmen die Fans eindeutig die Führung. (Foto: Burghard Schreyer via Imag0)

Und so kommt es nun, dass vielleicht der ein oder andere sein Bild von organisierten Fußballfans überdenkt. Dass der FCA zwar ein Club geworden ist, der auch dem Kommerz hinterherläuft und den Fans nicht genügend Einfluss zugesteht. Dass sich aber in Augsburg eine Fanszene gebildet hat, die zwar selbst noch transparenter handeln könnte, derweil aber schon außerordentliches auf die Beine stellt. Es ist soweit gekommen, dass 2020 selbst bei mir das Jahr geworden ist, in dem ich nicht mehr eher die Mitgliedschaft beim FCA e.V. abgeben würde, als beim UBT e.V. Und damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet.

Es braucht eine Perspektive für den FCA

Nun liegt es in der Zukunft an uns allen, den FCA e.V. wieder zu dem Verein zu machen, bei dem wir alle am liebsten Mitglied sind. Denn irgendwie ist es schon schade, dass sich der FCA an vielen Stellen gefühlt eher zurückhält und nicht mehr macht. Wenn es die Fans ehrenamtlich können, was sollte ein Club mit so vielen hauptamtlichen Mitarbeitern und Vernetzungspotential auf die Beine stellen können? Riesiges! Dass der FCA die Perspektive gewinnt, was er hier schaffen kann und es dann auch wirklich angeht, dafür sollten wir alle gemeinsam sorgen. Aber es hat nun ja auch niemand behauptet, dass 2021 oder irgendein anderes Jahr langweilig werden würde.

Mittendrin statt nur dabei


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Schon vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart war klar, dass die Tabellensituation für den FCA weiterhin recht komfortabel ist. 19 Punkte hatte die Mannschaft schon vor dem Spiel gesammelt und die Hinrunde ist noch nicht vorbei. Das Soll ist mehr als erfüllt, auch wenn die Niederlage gegen die Stuttgarter schmerzt. Gerade deswegen sind noch längst nicht alle Anhänger in Augsburg zufrieden. In der Offensive, im Spiel mit dem Ball, kann die Mannschaft sich zu wenige Möglichkeiten erspielen. Die Torausbeute ist mau. Und gegen den VfB hat sah man zudem gegen eine gute Offensive auch defensiv nicht immer sattelfest aus. Und mit einer gewissen Ironie mag man feststellen: es ist dann doch noch ein weiter Weg, bis wir in die Champions League einziehen.

Dabei will ich die Kritik an der Spielweise der Mannschaft gar nicht entkräften. Selbst Heiko Herrlich war in der Spieltagspressekonferenz vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart so kritisch wie selten. Es ist auch den Verantwortlichen klar, dass diese Mannschaft noch besser spielen können sollte. Jetzt kommt es darauf an, dieses Potential abzurufen. Was Heiko Herrlich dabei sehen will und welchen Fußball er sich von der Mannschaft auf dem Platz wünscht, ist ein Thema für ein anderes mal. Aber Zufriedenheit rein auf Basis der erzielten Ergebnisse gibt es seinerseits nicht.

Auch Heiko Herrlich ist nicht mit allem zufrieden, was seine Mannschaft so abliefert, auch wenn die Punktausbeute prinzipiell stimmt (Foto via Imago)

Allerdings habe ich mich in den letzten Wochen dann doch etwas gewundert. Denn obwohl noch Verbesserungspotential vorhanden ist, klingt es an manchen Stellen fast schon so, als ob unter Heiko Herrlich keine Verbesserungen zu erkennen wären. Nun könnte ich hier über Gegenpressing-Momente anfangen zu philosophieren, die deutlich zu erkennen sind, aber darum geht es mir nicht. Gegen den VfB war man in der zweiten Halbzeit dran und hatte beim Stande von 1:2 Möglichkeiten wieder ins Spiel zu kommen. Sich aus der Situation des 0:2 wieder ins Geschehen reinzuarbeiten ist eine Leistung für sich, auch wenn sie dieses Mal nicht von Erfolg gekrönt war.

Als Heiko Herrlich den FC Augsburg letztes Jahr übernommen hat, waren aus meiner Sicht die sportlichen Fähigkeiten der Mannschaft nicht das Hauptproblem. Was mich am allermeisten ärgerte, waren die unfassbaren Zusammenbrüche des Teams. Zum Saisonende gegen Wolfsburg, auswärts in Gladbach, man könnte diese Reihe noch etwas fortsetzen. Spiele zum Schämen. Unserer Farben nicht würdig. So schlimm war keine der Niederlagen in diesem Jahr. Auch nicht erfreulich, aber bei weitem nicht so erniedrigend.

Und vielleicht betrachten wir uns dann mal das Mannschaftsgerüst und die mentale Stabilität des Teams in dieser Saison. Klar haben wir auch Spiele verloren. Gegen Hertha sah es gar nicht gut aus. Aber keine dieser Leistungen kommt auch nur annähernd in den Bereich der Negativ-Leistungen noch aus der Vorsaison, die Martin Schmidt nie abgestellt bekam trotz aller Wanderungen durch die Schweizer Berge. Ganz im Gegensatz: In den engen Spielen, wenn es in die Endphase geht, dann würde ich im Moment blind auf unser Team wetten.

Gerade am Ende konnten wir dieses Jahr noch oft jubeln. Viel wahres steckt bis dato in „Unverhofft kommt oft“. (Foto: Bernd Feil/M.i.S/Pool via Imago)

Anstatt, dass uns am Ende der Spiele die Puste ausgeht und wir die Punkte verschenken wie in der Vergangenheit, können wir noch einen Gang zulegen. Wer mag deutliche Siege nicht? Aber mehr und mehr Partien in der Bundesliga sind eng und werden durch wenige individuelle Fehler oder Einzelleistungen entschieden. Das Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu haben, für diese Momente sorgen zu können, wenn es darauf ankommt ist viel wert. Und Heiko Herrlich gebührt mein vollster Respekt dafür, dies mit der Mannschaft zusammen erarbeitet zu haben.

Und so sitze ich als FCA Fan in der Schlussphase nun öfters vor dem Bildschirm und habe Dominic Torreto aus der Filmserie „The Fast & the Furious“ vor mir, wie er am Ende des Rennens im ersten Teil überholt und sinngemäß sagt: „nicht zu früh beschleunigen“. Dabei hat er diese süffisante Lächeln auf den Lippen, weil er weiß, wie gut er ist. Diese Siege gegen Köln und Bielefeld sind aus dieser Hinsicht einfach großartig. Big Points.

Dieses Selbstbewusstsein, dass Dominic Torreto, gespielt von Vin Diesel, in den „The Fast and the Furious“ Filmen verkörpert, steht unserem Team sehr gut (Photo by Elsa/Getty Images)

Und mit dieser Entwicklung im Hintergrund fällt es mir einfach, Heiko Herrlich nun erstmal zu vertrauen. Ich, der Herrlich auch sehr offen für sein Verhalten am Anfang seiner Zeit beim FCA kritisiert hat. Ich sehe, dass es voran geht. Er redet die momentanen Leistungen nicht schön und hat an Kernpunkten, die Mannschaft in die richtige Richtung gelenkt. Es ist das erste Mal seit längerem, dass ich wieder an die sportliche Entwicklung glaube. Und ich bin immer noch ein Verfechter davon, Trainer langfristig arbeiten zu lassen. Schnelle Wunderentwicklungen sind so gut wie nie zu erwarten. Wer weiß, ob wir dieses Team noch wiedererkennen, wenn wir wieder ins Stadion dürfen. Heiko Herrlich ist zumindest in meinen Augen mittendrin mit dieser Mannschaft weiter an seiner Vorstellung von Fußball zu erarbeiten. Auf die so bekannten Einbrüche, warten wir hoffentlich weiterhin vergeblich.

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