In der Corona-Pause hat der FCA das Motto „Augsburg hält zusammen“ ins Jahr 2020 übertragen. Gelungen, wie ich damals fand. Es hat stolz in mir hervorgerufen, wie Fans und Verein Hand in Hand der schwierigen Situation entgegen getreten sind und weiterhin entgegen treten. Das ist nicht selbstverständlich.
Die Corona-Krise flacht gerade etwas ab und auch die Saison des FC Augsburg ist beendet. Ein guter Moment, um erneut dieses Motto in den Blick zu nehmen. Für was steht „Augsburg hält zusammen“ und was könnte noch besser werden? Bisher hat der FCA zwei Kampagnen aus diesem Banner-Text geformt. Beide wurden – wenig nachhaltig – in Krisenzeiten für einen begrenzten Zeitraum vorangetrieben. Beim ersten Mal stand uns das Wasser sportlich bis zum Hals und es brauchte einen Schub im Abstiegskampf. Jetzt nun kam Corona. Beide Male haben wir die Ausgangssituationen getrieben durch den Zusammenhalt gemeistert.
Über die Einzelsituation hinaus
Derweil könnte dieses Mantra „Augsburg hält zusammen“ für noch so viel mehr stehen und nicht nur ein Kampagnen-Motto bleiben. Es könnte das „Mia san Mia“ der Fuggerstadt werden, ganz dem fuggerschen Gedanken nachempfunden. Dabei müsste der FCA allerdings über seinen eigenen Schatten springen und als Club anders agieren, um dieses Motto dauerhaft authentisch zu vertreten. Was meine ich damit?
Es heißt ja nun nicht: Augsburg hält zusammen, aber nicht die farbigen, schwulen oder weiblichen Augsburgerinnen. So könnte es einem aber bislang vorkommen. Als der SV Babelsberg 03 Mitstreiter für seine „Nazis raus aus den Stadien“ Kampagne gesucht hat, wurden u.a. in Düsseldorf und Freiburg recht schnell T-Shirts mit dem Slogan verkauft. In Augsburg nicht. Als vor kurzem Spieler anderer Vereine die Aufmerksamkeit auf strukturelle Gewalt gegenüber Schwarzen gelenkt haben, war es still in Augsburg. Gerade am letzten Spieltag lief die Social Media Kampagne #SportPride um Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche und queere Menschen (LSBTIQ*) unter dem Hashtag #SportPride2020 im Sport sichtbar zu machen und für einen diskriminierungsfreien Sport einzustehen. Mainz 05 und andere Bundesligisten beteiligten sich. Der FC Augsburg nicht. Wer dazu beim FC Augsburg eine Frau in verantwortlicher Position suchen sollte, der kann dies lange machen. Gibt es nicht.
Nicht mehr nur Mitläufer sein
Felix Uduokhai hatte kürzlich über Anti-Rassismus-Aktionen gesagt: „Von Mitläufern halte ich wenig“. Die Verantwortlichen des FC Augsburg sollten lange in den Spiegel schauen und sich fragen, ob sie hinsichtlich der oben genannten Bereiche nicht selbst in diese Mitläufer-Kategorie fallen. Klaus Hofmann ist hierzu bisher nur mit fragwürdigen Aussagen aufgefallen und wir haben hier schon versucht wach zu rütteln. Der FCA hatte im Herbst angekündigt den Familientag in diesem Sommer zum Anti-Rassismus-Tag zu machen. Es blieb die einzig angekündigte Aktion in diesem Zusammenhang, die nicht im Zusammenhang von bundesweiten Kampagnen stand.
Es besteht dazu natürlich große Gefahr, dass genau dieser Tag Corona-bedingt dieses Jahr ausfällt. Einerseits verständlich, andererseits sollte sich das Engagement des Vereins in all diesen Belangen nicht nur auf einzelne Tage konzentrieren sondern ein grundsätzlicher Bestandteil von „Augsburg hält zusammen“ sein.
Der Mensch im Vordergrund
Den Profi-Fußball plagen viele Sorgen. Zu weit ist er der Normalität entschwunden. Absurde Beträge prägen das Geschäft. Die Bayern zahlen Leroy Sané halb so viel im Jahr, wie der gesamte Augsburger Kader verdient. Und die Augsburger Mannschaft verdient insgesamt immer noch über 35 Millionen EUR. Es wird Zeit, dass der Fußball sich wieder mehr seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst wird. Es sollte jedem möglich sein, Bundesligaspiele zu besuchen und sich im Stadion heimisch und sicher zu fühlen, egal welcher Hautfarbe, welches Geschlechts oder welcher sexuellen Orientierung die Person angehört. Auch vor Corona hat sich nicht eine jede im Stadion immer wohlgefühlt. Es wird Zeit, dass wir auch in Augsburg schauen, dass sich das bessert. „Augsburg hält zusammen“ halt.
Der bayerisch-schwäbische FC Augsburg als deutscher Meister? Für viele Fans ein unergründeter und heimlich gehegter Wunschtraum! Yannic Bederke, e-Sportler des FCA, machte diesen Traum am vergangenen Sonntag wahr. Der 19jährige gebürtige Nördlinger, der auch langjähriges Mitglied des FCA ist, krönte sich (und somit auch sein Team, den FC Augsburg) zum deutschen Meister im E-Fußball.
Dieses Jahr hat es jedoch lange nicht danach ausgesehen, dass Yannic den Titel in einem namhaft besetzten Turnier gewinnen könnte. Doch er strafte alle Zweifeler Lügen und bewies, was für ein großes Talent er an beiden Konsolen ist. Das Team hinter der „Rosenau Gazette“ gratuliert dem Shootingstar des E-Fußballs in Deutschland herzlich zu seinem Titelgewinn und die Krönung zum Deutschen Meister 2020!
Im Nachfolgenden lest ihr unter anderem exklusiv, was Yannic zu seinem Erfolg persönlich sagt und wie es sich für ihn selbst anfühlt, der amtierende Deutsche Meister zu sein:
Rosenau Gazette: Hallo Yannic, erst einmal vielen Dank für die Möglichkeit, dich interviewen zu dürfen und Gratulation zum Titelgewinn! Wie geht es dir denn heute – mit ein paar Tagen Abstand – s0?
Yannic Bederke: Vielen Dank für die Glückwünsche! Es ist für mich selbst noch nicht wirklich zu glauben was überhaupt passiert ist, um ehrlich zu sein.
Rosenau Gazette: Das kann man – glaube ich – ganz gut nachvollziehen! Beschreib‘ doch bitte für unsere Leserinnen und Leser einmal, wie so ein Turnier in der Praxis abläuft und wie du dich während eines Matches fühlst.
Yannic Bederke: Nach einer langen Saison in der VBL Club Championship haben wir als FC Augsburg es in die Playoffs geschafft. Darüber ging es dann für mich ins sogenannte „Grand Final“. Das Turnier lief online ab, zu einer bestimmten Zeit mussten meine Gegner und ich vor der Konsole sitzen und die Partie bestreiten.
Anfangs ging es mit der Gruppenphase los und anschließend in der KO-Runde weiter. Im Halbfinale standen sich dann die beiden besten Spieler pro Konsole gegenüber. Im Finale wurde dann jeweils ein Spiel auf der Xbox und ein Spiel auf der Playstation gespielt, um den deutschen Meister zu finden. Während solchen Spielen ist man extrem nervös! Ich selbst höre dabei Musik, um alles bestmöglich auszublenden und mich zu fokussieren.
Rosenau Gazette: Respekt – ein richtig straffes Programm! Vor allem für dich, wenn man bedenkt, dass du kein E-Sport-Profi bist. Wie viel Zeit bleibt dir denn noch übrig, um neben dem Beruf Zeit für das Training zu finden?
Yannic Bederke: Ja genau! Ich befinde mich aktuell in der Ausbildung zum Notarfachangestellten, die ich auch bald abschließen werde. Deshalb habe ich eine normale 40-Stunden-Woche und kann dann erst abends trainieren. Im Schnitt sind es ca. 2 Stunden vor einem Turnier, die ich nach der Arbeit noch investieren muss. Am Wochenende wird es gerne mal mehr.
Rosenau Gazette: Wolltest du denn selbst immer schon E-Sportler werden oder gab es auch mal was anderes für dich?
Yannic Bederke: Als Kind wollte ich Profi Fußballer werden!
Rosenau Gazette: Na, dann können wir ja glücklich sein, dass das nichts geworden ist. 🙂 Spielst du denn selbst nebenbei noch Fußball im Verein?
Yannic Bederke: Ja, ich spiele selbst beim TSV Oettingen aktiv im Verein Fußball.
Rosenau Gazette: Wie bist du selbst denn eigentlich zum eSport gekommen? Wie muss man drauf sein, um dorthin zu kommen, wo du dich grade selbst befindest?
Yannic Bederke: Das war eher zufällig! Ich spielte, wie jeder Jugendliche wahrscheinlich, gerne FIFA und nahm aus Spaß an kleinen Turnieren teil. Nachdem es dort gut lief trainierte ich, um noch besser zu werden.
Man muss zum einen mit Niederlagen umgehen können und zum anderen einen gewissen Ehrgeiz mitbringen. Man darf nicht zu schnell aufgeben und muss ständig an sich arbeiten.
Rosenau Gazette: Und jetzt bist du deutscher Meister! Hand aufs Herz: Kann man diesen Erfolg denn noch toppen? Was ist dein Ziel im nächsten Jahr?
Yannic Bederke: Mein Ziel ist es, mich auch international für ein großes Turnier zu qualifizieren! Diesen Erfolg zu toppen ist allerdings sehr schwer 🙂
Rosenau Gazette: Wir von der Rosenau Gazette drücken dir natürlich ganz fest die Daumen bei diesem Vorhaben! Eine letzte Frage noch: Du bist bekanntlich auch FCA Mitglied. Seit wann und warum?
Yannic Bederke: Ich bin schon FCA-Fan seitdem ich klein bin! Ich ging mit meinem Bruder ins Stadion und seither ist der FCA als mein Lieblingsverein nicht mehr wegzudenken. Mitglied bin ich seit 2015 und verfolge so oft es geht die Spiele live im Stadion. Aber leider war das ja in letzter Zeit nicht möglich…
Rosenau Gazette: Danke an den amtierenden Deutschen Meister, Yannic, für dieses sympathische Interview. Wir drücken dir weiter die Daumen auf deinem Weg an die internationale E-Sportler-Spitze und hoffen, dass wir bald alle wieder ins Stadion zurückkehren können, um unseren FCA live anzufeuern in Liga 1.
Erste Male. Mein Club der FC Augsburg hat mir so viele schöne erste Male beschert. Erstes Mal zweite Liga. Erstes Mal gegen die Löwen gewonnen. Erstes Mal erste Liga. Erstes Mal Westfalenstadion. Erstes Mal Klassenerhalt. Erstes Mal gegen die Bayern gewonnen. Erstes Mal gegen den BVB gewonnen. Erstes Mal international. Erstes Mal in Alkmaar. Erstes Mal in Liverpool. Das erste Mal zehn Jahr am Stück Bundesliga – La Decima. Ich habe sicher viele erste Male vergessen. Oft denke ich mir: „Ach, das hatten wir auch noch nicht. Das ist wieder ein erstes Mal.“. Und es ist jedes Mal etwas besonderes und bleibt in Erinnerung.
In den letzten Wochen durften wir allerdings noch viele weitere erste Male genießen, auf die ich gerne verzichtet hätte: „Das erste Bundesligaspiel ohne Fans“ und „Das erste Mal Klassenerhalt ohne Fans“ zum Beispiel. Mir fiel es schon schwer zu akzeptieren, dass der Rest der Saison 2019/20 vor leeren Rängen gespielt wird. Für die Saison 2020/21 ist das nicht akzeptabel. Da braucht es eine Lösung mit Fans, oder wir lassen das Ganze komplett bleiben. Warum ich das so sehe, möchte ich euch an Hand eines ganz besonderen ersten Males erläutern, das ich kurz vor der Corona-Krise noch erleben durfte.
Das Heimspiel gegen Freiburg war außergewöhnlicher. Besonderer noch als die anderen ersten Male. Ich war deutlich aufgeregter als sonst. Meine Aufregung erreichte ungefähr den Stand des Hoffenheim-Auswärtsspiels, als am letzten Spieltag der Klassenerhalt noch nicht zu 100% sicher war. Ich war wirklich sehr aufgeregt.
Zum ersten Mal ins Stadion
Meine 6jährige Tochter beobachtet nun schon seit einiger Zeit mein Fußball-Fantum mit einiger Faszination. Sie hat mittlerweile verstanden, dass Paps nicht gut anzusprechen ist, wenn er vor dem Fernseher sitzt und seinen FCA verfolgt. Wir basteln dann parallel aus leeren Toilettenpapierrollen Spieler und stellen diese in der Spielformation auf dem Boden auf. Wenn der FCA ein Tor schießt, dann spielen wir den Spielzug nach und jubeln beide. Sie immer noch mit etwas Zurückhaltung. Zuletzt hat sie mir sinngemäß erklärt, dass sie zwar kein Fan eines Fußballvereins sei, aber bis sie einen Verein gefunden hätte, mit mir den FCA unterstützen würde. Sie wächst in Frankfurt auf und die Eintracht ist ein irrsinniger Magnet. Ich schlage mich wacker.
Gegen Freiburg war es nun endlich so weit. Wir hatten einen Stadionbesuch schon früher anvisiert, aber irgendwie kam immer etwas dazwischen. Das Wetter war traumhaft für diesen Wintertag. Die Temperatur war mild und die Sonne schien. Dazu war Mitgliederspieltag und es gab viele Aktionen im Stadionrund. Meine Tochter war auch sehr aufgeregt. Sie hat sehr wohl bemerkt, wie viel es mir selbst bedeutet, dass sie mitkommt. Dazu kannte sie die ganzen Abläufe nicht.
Hand-in-Hand haben wir den Spieltag vom Fußweg zum Stadion, über den Einlass, das Abholen des Stadionkuriers, die Luftballonstation und die Fotobox, den FCA-Knacker und das Beobachten der Ehrenrunde des Kids Club gemeinsam angegangen. Oma, Opa und der Onkel haben uns begleitet und dazu beigetragen, dass sie sich doch sehr geborgen fühlte. Die Gummibärchen, die Oma dabei hatte, haben den Rest erledigt.
Und die Augen begannen zu funkeln
Und so saßen wir vor Spielbeginn auf unseren Plätzen. Bis dahin hatte sich der Stadionbesuch nicht von anderen Events unterschieden, die wir schon gemeinsam besucht haben. Das Interesse am Geschehen auf dem Rasen bei meiner kleinen Maus ist dazu noch sehr begrenzt. Und dennoch passierte dann etwas, dass meiner Maus ein Leuchten in die Augen zauberte und mir heute immer noch ein paar Tränchen in die Augen treibt, wenn ich mich daran erinnere: die Kurve begann zu singen. Dieser wunderschöne Chor von unterschiedlichen Menschen, die so laut sangen, wie sie es noch nicht anderswo gehört hatte. Die ihr bewusst machten: dieser Ort ist besonders. Ich danke jedem, der in diesem Moment gesungen und uns dieses gemeinsame Erlebnis beschert hat. Ihr erstes Mal. Mein erstes Mal mit ihr. Ich werde mich immer daran erinnern.
Was zählt, passiert im Stadion
Fußball ist ein Stadionsport. Na klar, ich kann mich zu Hause hinsetzen und das Spiel im Stream oder im TV verfolgen. Es ist einfach nicht dasselbe. Im Rahmen dieses Stadionsports nehmen die organisierten Fanszenen eine wichtige Rolle ein. Sie sorgen gezielt für Stimmung und Support. Es ist leicht zu erkennen, dass die Plätze auf der Haupttribüne noch nicht gefüllt waren, als die Kurve anfing zu singen. Sponsoren finanzieren die Clubs und hängen sich an ihre Popularität. Dies passiert nicht aus Selbstlosigkeit. Sie haben wenig damit zu tun, ob meine Tochter gerne mal wieder ins Stadion gehen möchte. Zwischen den Fans auf den Rängen und dem Geschehen auf dem Rasen gibt es eine Rückkopplung. Die anderen Fans sorgen dafür, dass das Stadionerlebnis besonders ist und das ich seit Jahrzehnten immer wieder zurück komme.
Am Ende war das Ergebnis auf dem Spielfeld dafür verantwortlich, dass zumindest für mich der Tag nicht dennoch getrübt wurde. Als Fan kann ich mich nicht freimachen, dass meine Laune vom sportlichen Resultat beeinflusst wird. Das Spiel war mau, aber Philipp Max‘ Tor, war das erste FCA-Tor, das meine Tochter im Stadion sah. Der Jubel war sicherlich auch sehr beeindruckend. Wie um sie herum Menschen aufgesprungen und sich in die Arme gefallen sind. Unterschiedlichste Menschen vereint durch ein sehr einfaches Ereignis. Wie kann man diese Momente nicht lieben?
Auf viele weitere erste Male
Unser Weg nach Augsburg ist weit. Wir kommen wieder. Wann und zu welchem Spiel wird sich zeigen. Aber wie jeder Fußball-Fan, der Kinder hat, hoffe ich, eine Stadionbegleitung für eine lange Zeit gefunden zu haben. Unser FCA wird auch noch in der Zukunft für viele erste Male sorgen. Erste Male, bei denen dann vielleicht meine Tochter schon direkt dabei ist. Die Aussichten für die Zukunft könnten abseits aller sportlichen Gedanken deutlich trostloser sein. Hoffen wir, dass auch in der nächsten Saison gemeinsame Stadionbesuche wieder möglich sind.
1:0 in Mainz gewonnen. 7 Punkte Abstand auf den Relegationsplatz. 3 Spiele noch zu spielen. Der Klassenerhalt ist dem FC Augsburg auch in dieser Saison quasi nicht mehr zu nehmen. Es könnte die Zeit der ungetrübten Freude sein. Es könnte so herrlich sein. Wenn da nicht der Herrlich wäre.
Das Sportliche
Vielleicht einmal vorweg. Sportlich sieht das doch gar nicht so übel aus, was die Mannschaft auf den Rasen bringt. Gerade hinten haben wir zuletzt mehrmals zu null gespielt. Auch gegen Mainz kein Gegentor kassiert. Siege gegen Schalke und Mainz. Dazu ein paar Unentschieden. Die Mannschaft scheint sich Stück für Stück zu stabilisieren. Ich hebe gerne den Wert von kontinuierlicher sportlicher Arbeit hervor. Wenn Heiko Herrlich mit dem Trainerteam die Arbeit in den kommenden Wochen und dann in der Vorbereitung auf die neue Saison so fortsetzen kann, dann scheint die sportliche Zukunft unseres Teams positiv. Aber will man Heiko Herrlich wirklich an der Seitenlinie haben?
Die Geschichte
Bevor wir nun auf die Vorkommnisse in Augsburg zu sprechen kommen, die sich unser derzeitiger Cheftrainer in wenigen Wochen schon geleistet hat, werfen wir vielleicht einen Blick in die Vergangenheit. Ich will Heiko Herrlich nun wirklich nicht auf Basis eines einzelnen Ereignisses beurteilen. Die Vergangenheit kann uns aber vielleicht helfen, ein Muster zu erkennen.
Schauen wir uns als erstes daher die Trainer-Schwalbe von Heiko Herrlich an. Heiko Herrlich war zu diesem Zeitpunkt Trainer von Bayer 04 Leverkusen. Leverkusen spielte gegen Borussia Mönchengladbach. Der Ball geht ins Aus. Denis Zakaria von Gladbach will sich den Ball zum Einwurf holen. Herrlich lässt diesen durch seine Beine und hebt ab, als der Gladbacher Spieler an ihm vorbei will um den Ball zu holen.
Seine Erklärung im Nachhinein ist dann bizarr: Er habe das Gleichgewicht verloren. Es habe vielleicht etwas komisch ausgesehen. Man möchte laut „Bullshit“ rufen. Später hat er sich natürlich in aller Form entschuldigen müssen.
Der Augsburger Bullshit
In Augsburg war Heiko Herrlich noch gar nicht an der Seitenlinie angekommen, als er sich schon den ersten Aussetzer leistete. Im Teamhotel in Bobingen hatte er Zahnpasta und Gesichtscreme vergessen und ging schnell zum Supermarkt um die Ecke. Kein großes Ding normalerweise. Derweil steckt die Welt in der größten Pandemie seit fast 100 Jahren und das Hygienekonzept der DFL war täglich in den Schlagzeilen. Herrlich durfte das Teamhotel – genau wie alle seine Spieler – nicht verlassen. Er als Führungsperson hätte es besser wissen müssen. Hat er nicht. Hat freimütig von der Aktion auf der Pressekonferenz erzählt. Sich danach öffentlich entschuldigt. Die Aktion allerdings auch relativiert mit dem Hinweis, alle Hygiene-Maßnahmen eingehalten zu haben. Einsicht sah damals schon anders aus.
Aber Herrlich ist nicht unter zu kriegen. Gerade nach dem Remis gegen Köln holte er zum Tiefschlag gegen Videoschiedsrichter Winkmann aus und unterstellte diesem Parteilichkeit. Warum er hierfür ungestraft davon kam, ist wohl niemanden so recht klar. Ein Unding. Schon in diesem Zusammenhang wies Gianni Costa von der Rheinischen Post auf Herrlichs Fehltritt-Liste hin und forderte ihm zu einer Entschuldigung bei Winkmann auf. Die Möglichkeit sich für den verbalen Fehltritt selbst zu entschuldigen ließ Heiko Herrlich auf der Pressekonferenz vor dem Mainz-Spiel ungenutzt verstreichen.
Gegen Mainz legte Herrlich direkt nach. Bei Einwurf Mainz spielte er einen zweiten Ball aufs Feld (und kam auch dafür wieder ungeschoren davon). Im Interview bei Sky nach dem Spiel verwies er auf ein Versehen auf Grund seiner technischen Fähigkeiten. Heiko, willst Du uns verarschen? Heiko Herrlichs Highlights als Spieler zeigen recht gut, dass der Ball sein Freund ist. Die Erklärung klingt doch zu sehr nach „Gleichgewicht verloren“. Heribert Bruchhagen stellte die Erklärung bei Sky dann auch direkt in Frage.
Die Analyse
Was erkennen wir nun nach einigen Wochen, die Heiko Herrlich nun in Augsburg ist? Heiko Herrlich hat als Trainer Aktionen gebracht, die jede einzelne meinen Magen zum Grummeln bringen. Klar braucht ein Trainer ein sportliches Konzept, um eine Mannschaft zu führen. Daneben würde ich mir aber sehr ein Bewusstsein für die gesellschaftlichen Zusammenhänge über den Profisport hinaus wünschen. Ein Menschenbild, in dem anderen nicht sofort unprofessionelles Verhalten unterstellt wird. Ein Forttragen des Fairplay Gedankens. Und ein aufrichtiges Umgehen mit den eigenen Fehlern. All dies , sehe ich nicht, wenn ich Heiko Herrlich aus der Distanz beobachte.
Mir ist es wichtig, dass dieser Text nicht als Charakterisierung von Heiko Herrlich als Person aufgefasst wird. Ich kenne Heiko Herrlich nicht persönlich. Mir geht es vor allem um ein Beurteilung von Heiko Herrlich in seiner öffentlichen Funktion als Trainer eines Fußballbundesligisten. Als Vorbild für unsere Kinder. Ich bin vor allem Fan dieses Vereins, der gerade in Zeiten von Corona auf seine Werte und das Zusammenhalten abgestellt hat. Ich finde es schade, dass wir gerade einen Trainer zu haben scheinen, der diese Werte nicht ausreichend repräsentiert. Wir in Augsburg wissen nicht, wie es ist abzusteigen. Zumindest sportlich. Die Entwicklung abseits des Platzes ist doch in den letzten Wochen mehr als bedauerlich. Nicht herrlich.
Seit 10 Jahren hatte die Bundesliga keinen anderen Meister mehr als den FC Bayern München oder Borussia Dortmund. Wer das Buch „The Number’s Game“ gelesen hat, der weiß, dass der sportliche Erfolg zu über 80% von den Gehaltsausgaben eines Vereins abhängt. Es gibt hier eine nachgewiesene Abhängigkeit. Wer sich teure Spieler leisten kann, ist erfolgreicher, als der Club, der es nicht kann. Und wundern tun wir uns hierüber schon seit langem nicht mehr. Was man allerdings feststellen kann: früher war das nicht so. In den ersten sieben Jahren ihrer Existenz, gab es in der Bundesliga sieben unterschiedliche Meister. Da kann ein Verein wie der FC Augsburg oder SC Freiburg noch so gut arbeiten. Mehr als ein vereinzelter Euro League Lotteriegewinn bleibt unmöglich.
Der Fußball braucht keine Rettung
Wenn Herr Watzke, seines Zeichens Geschäftsführer von Borussia Dortmund, in diesen Tag sagt: „Es geht um die Rettung des Fußballs“, dann meint er damit vornehmlich die Vormachtstellung seines eigenen Clubs im aktuellen System. Denn als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, da lag auf der Wiese vor unserem Haus immer noch ein Ball mit dem meine Tochter kicken konnte, wann auch immer sie wollte. Der Fußball an sich wird durch die derzeitige Situation nicht verschwinden. Zudem ist die derzeitige Situation nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Wenn ein Club wie Schalke 04 nach wenigen Wochen schon kurz vor der Insolvenz steht, dann liegt das wohl eher an den 200 Mio. EUR Verbindlichkeiten, die trotz abbezahltem Stadion dort schon auf den Büchern lasteten, als an der Krise selbst. Die Krise und der RB Leipzig haben gezeigt, dass die Lizenzierungsbedingungen der DFL eine Farce sind. Also werden gewisse Bedingungen, wie eine Liquiditätsprüfung nunmehr gleich ausgesetzt. Natürlich nur vorübergehend.
Dabei bietet die Situation auch Chancen und diese werden aus ungewohnter Ecke adressiert. DFL-Geschäftsführer Seifert hat den Vorschlag einer Gehaltsobergrenze auf den Tisch gebracht. Eine Gehaltsobergrenze würde den sportlichen Wettbewerb in der Liga deutlich erhöhen und für ausgeglichenere Verhältnisse sorgen. Indem die Verteilung von Fernsehgeldern unabhängig der sportlichen Ergebnisse vorgenommen würde, ginge dies auch grundsätzlich nicht zu Lasten der Spieler. In diesen Situationen würden schlicht die Spieler bei den kleineren Vereinen zukünftig mehr verdienen können. Nachdem die Liga auch für Zuschauer wieder attraktiver würde, gäbe es wahrscheinlich grundsätzlich ein mehr an Einnahmen und damit auch ein Gehaltsplus für die Spieler im Gesamten. Das System funktioniert in den US-Ligen schon seit Ewigkeiten.
Machtstellungen sollen zementiert werden
Die großen Vereine wollen aber natürlich ein „weiter so“ unter allen Umständen und sind hierfür auch bereit, die Prinzipien des deutschen Profifußballs komplett auszuhöhlen. Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München, hat sich nun erst kürzlich dafür ausgesprochen, die 50+1 Regel abzuschaffen. Hierdurch könnten sich viele Vereine retten, ohne dass das System im Gesamten und damit die Vormachtstellung des FC Bayern angegriffen würde. Dem Branchenprimus geht es derweil weiter hervorragend, wo er doch gerade jetzt eine Transferoffensive für den Sommer angekündigt hat.
Die Corona-Krise scheint dabei für einige Verantwortliche der geeignete Vorwand zu sein, auf den sie lange gewartet haben. Sie hängen weiter ihrer Verblendung nach, in der sie sich schon in den letzten Jahren immer mehr von den Fans auf den Rängen entfremdet hatten. Diese Fans können momentan auf den Rängen nicht gegen Änderungen an den Umständen des Ligabetriebs demonstrieren, sondern engagieren sich vielerorts für die Gesellschaft. Es gibt nun eben doch einiges, was gerade wichtiger ist als Profifußball.
Zeit für Aufstand und Wandel
Derweil ist jetzt der Moment, wo wir mit besonderer Achtsamkeit darauf achten müssen, dass uns „der Fußball“ von den Watzkes und Hainers dieser Welt nicht vollends zerstört wird. Die kleinen Vereine sollten eine Koalition bilden, genau wie dies schon vorher von den Fanszenen vorgemacht wurde. Denn jetzt genau ist der Moment gekommen, um für eine gerechtes und chancengleiches System im Profifußball einzustehen, in dem die Vereine weiter das Rückgrat bilden. Es ist Zeit, dass der Fußball wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommt und der wirtschaftliche Wettlauf beendet wird. Damit wir in Augsburg nicht mehr nur von der Meisterschaft träumen sondern auch realistisch Meister werden können. Das Spiel ist kurz davor zu beginnen. Es ist der Moment die eigenen Farben und Visionen zu verteidigen. Es ist der Moment, wo es in Augsburg heißt: „Fäuste hoch“.
Ein schales Helles aus dem dünnen Plastikbecher, der unverwechselbare Geruch von Bier und billigem Deospray in der Nase und das lautstarke Nörgeln eines beständig Unzufriedenen nur wenige Reihen hinter einem. Es ist nicht ganz klar, ob die Umstehenden mit leerem Blick seinen Ausführungen folgen oder mit Sorge an den nächsten Arbeitstag und den drohenden Spott der Kollegen denken. Bierduschen und Sonnenbrand, Motzrentner und Bayernfan. Was klingt das plötzlich alles verheißungsvoll. Wie schön wäre es, jetzt im Block zu stehen.
Spielpause
Die Aussetzung des Spielbetriebs war natürlich alternativlos und erfolgte vielleicht fast schon zu spät angesichts der Rolle, die Großveranstaltungen bei der Verbreitung des Virus spielten. Wie geht es nun weiter? Die Frage wird seit Wochen eifrig diskutiert und ist dabei fast Sinnbild aller anderen Debatten rund um die derzeitigen gesellschaftlichen Einschränkungen, die viele Meinungen und wenige Graustufen kennen.
Aber: Es steht vollkommen außer Frage, dass es derzeit dringendere Fragen gibt, als die Problematik, wann die Bundesliga wieder angepfiffen wird. Jeden, der sich gesundheitliche Sorgen macht oder in Kurzarbeit Existenzängste hat, hinterlässt die Debatte rund um die Aussetzung der Bundesliga mit einem Kopfschütteln. Mindestens. Fußball ist nur eine Nebensache. Aber für viele auch die schönste Nebensache der Welt.
Geisterspiele
Von dem Gang ins Stadion sind wir aller Wahrscheinlichkeit nach weit entfernt. Alle Großveranstaltungen sind derzeit bis Ende August offiziell untersagt und auch die ersten Veranstaltungen im Herbst werden schon abgesagt. Und so ist Geisterspiel das Wort der Fußballstunde. Die Profiligen sollen (vielleicht) ab Anfang Mai in enger Taktung vor leeren Tribünen mit einem minimalen Personalaufwand der Liga zu einem würdigen Ende verhelfen. Wobei würdig in dem Fall heißt, das die Verpflichtungen aus den Fernsehverträgen eingehalten werden und so umgekehrt die dringend benötigten Fernsehgelder an die Vereine ausgezahlt werden. Dass der Stillstand der Bundesliga und so ziemlich aller anderen Profiligen weltweit den milliardenschweren Fußballzirkus in gravierende Nöte bringt, ist indes Thema einer anderen Debatte auf diesem Kanal.
Masterplan?
Die Geisterpläne der eigens eingesetzten „Task Force“ , die letzte Woche auch in Presse und Öffentlichkeit seziert worden sind, enthalten nichts wirklich überraschendes – man hatte auf ein Konzept gehofft, dass alle Probleme gesellschaftspolitisch und medizinisch überzeugend löst. Schlicht das Hoffen auf ein Fußballwunder. Was herauskam ist nicht viel mehr als der dringende Appell, sich konsequent die Hände zu waschen, eingekleidet in die schicken Folien einer Powerpointpräsentation und garniert mit allerlei grafischem Pepp aus dem Handbuch aktueller Marketingkurse. Einen großen Charme hat dabei übrigens die grafische Veranschaulichung der Personen im Stadion, eine (unbeabsichtigt) humorvolle Symbiose von Stadionplan und Tipp-kick.
Trotzdem wirkt der gesamte Plan seltsam steril. Da hat es selbst die österreichische Liga geschafft, ihrem Konzept mit einer farblichen Codierung von Zonen und Personal den Anstrich eines adäquaten Masterplans für Notzeiten zu geben. Inhaltlich gibt es aber natürlich kaum einen Unterschied.
Und so erfährt man viel über die Zahl der Personen, die ein Fußballspiel mitsamt Übertragung wohl mindestens benötigt (ca. 300) und dass die Bar im Mannschaftshotel gesperrt wird. Privat solle man Menschenansammlungen meiden und nach Möglichkeit Einwegtaschentücher verwenden. Nun denn. Sollte eine Person positiv getestet werden, erfolgt keine automatische Meldung an die Presse und die Vereine sollen für einen ausreichend großen Kader im Saisonfinale sorgen. Auch das begleitend veröffentlichte medizinische Konzept liefert keinen großen Erkenntnisgewinn. Für Menschenansammlungen vor dem Stadion ist die DFL nicht verantwortlich. Der Vorteil der Banalität des Konzepts ist dessen Universalität. Mit den Kriterien könnte man auch ein Museum wieder öffnen.
Fußball ist unser Leben?
Das Konzept der DFL Taskforce dient nicht dazu, die aufgeheizte Diskussion rund um das Thema Geisterspiele zu versachlichen. Man kommt nicht umhin, den Kritikern Recht zu geben, die die Sonderrolle des Fußballs in der gegenwärtigen Debatte monieren. Während das Land stillsteht und jeder Einzelne zur Wahrung von Abstand und Verzicht angehalten wird, möchte der Fußball lieber heute als morgen seinen Betrieb wieder aufnehmen. Und wer meint, dass die Fans den Fußball herbei sehnen, dem sei der bemerkenswerte Kommentar der Ultras ans Herz gelegt, die deutliche Kritik am Vorhaben der DFL geäußert haben.
Gespenstisch
Und doch könnte der Fußball ein Stück Normalität bieten, zumindest denjenigen, die gerne dem Fußball anhängen. Clubs und Konzerte, Museen und Demonstrationen werden derzeit in die digitale Welt verlegt. Warum also nicht auch die Bundesliga? Man mag sich Geisterspiele in Augsburg vorstellen. Wie Rolf Störmann eigens angefertigten Pappkameraden auf der Ulrich Biesinger Tribüne begrüßt und der Torjubel gleich mit der Tormelodie vom Band kommt. Was vor Wochen noch als undenkbare Alternative abgetan wurde, ist jetzt fast Sehnsuchtsort. Insgeheim hat mittlerweile auch die Stimmung eines schweigsamen Testspiels einen großen Reiz. Und eine gewisse Authentizität. Denn es wird auf das Spiel und das Sportliche reduziert. Ohne den großen Marketingrahmen, das Torwandschießen und die Gratisproben.
Doch der Wunsch, am Samstagnachmittag wieder Fußball im heimischen Wohnzimmer zu sehen, birgt auch ein anderes Risiko. Was wäre, wenn eine Mannschaft nach mehren positiven Befunden aufgrund der Quarantäne in Gänze oder in Teilen ausfallen würde? Wenn dem FCA die erste Elf fehlen und eine Niederlagenserie zum Abstieg führen würde? Rechtfertigt es da der Verweis auf finanzielle Nöte und die Sehnsucht des Fans, die Spiele wieder anzupfeifen?
Vor dem Spiel ist nach dem Spiel
Das Konzept der DFL kann der Gesellschaft die Sonderrolle, die die Bundesliga spielen soll, immer noch nicht erklären. Und so wird man sich weiter die Frage stellen, ob und wann die Wiederaufnahme des Spielbetriebs gesellschaftlich, moralisch und sportlich sinnvoll ist. Ich würde mich prinzipiell freuen, wenn ein sinnvoller Weg gefunden werden könnte. Der Jubel auf dem Sofa wäre gewiss. Aber eben nicht um jeden Preis. König Fußball muss sich auch unterordnen. Es wird auch finanzielle Lösungen für alle Profivereine geben. Alles andere wäre in dem Millionenzirkus Bundesliga schwer denkbar und vermittelbar.
Denn Fußball ist nur Nebensache. Insbesondere in diesen Tagen. Und man kann der ganzen Situation doch durchaus etwas Positives abgewinnen. Heiko Herrlich ist seit fünf Wochen als FCA Trainer ungeschlagen.
Seit über drei Wochen pausiert nun die Fußball-Bundesliga wegen Covid-19. Das führt unweigerlich zu einer großen Tristesse bei allen Bundesligafans. Aber auch die Fußball-Clubs müssen nun überdenken, wie man in Zeiten der Krise und Ausgangssperre die Bundesliga zu den Fans bringen kann. Der Weg der Digitalisierung kann auch hier erfolgsversprechend sein. Stichwort: e-Football!
Ein erster Ansatz wurde vor rund zwei Wochen geschaffen: Anstatt Fußball auf dem Rasen wird auf der Konsole Fußball gespielt und jede(r) kann dabei zusehen. Die sogenannte Virtual Bundesliga Home Challenge aus dem Hause des e-sports wird also zum probaten Mittel für die Gesellschaft, die nach wie vor nicht aus dem Haus gehen darf, aber nach Fußballereignissen jeglicher Art lechzt.[1]
E-Sports – oder besser: e-Football – ist hierbei nicht mal mehr was „neues“, fast jeder Club weist mittlerweile eine eigene Riege an e-Sportlern auf. Aber neu ist, dass Fußballfans, aktuell die Qual der Wahl haben, sich alte Schinken aus längst vergessenen Zeiten zu Gemüte zu führen oder sich eben verstärkt dem e-Football zu widmen. Und all das nur, weil rausgehen schlicht und ergreifend derzeit keine Option ist.
Vor ein paar Monaten hätte ich noch gesagt: Beides ist definitiv keine erstrebenswerte Freizeit-Alternative für mich und wenn ich die „Qual der Wahl“ hätte, würde ich mir dann doch den Bundesligaklassiker VfL Wolfsburg – FCA (das glorreiche 1:8 aus FCA-Sicht) reinziehen. Ok, das war gelogen! Aber es soll an dieser Stelle verdeutlichen, wie sehr mir e-Sports bisher egal war, mich nur rein sekundär tangiert hat. Nun… Besondere Zeiten verlangen besondere Maßnahmen. Und hey, here we go..
Das Schöne am e-Football….
Unter dem Motto „Stay Home…and Play“ startete die DFL Mitte März jedenfalls ein eFootball-Turnier der besonderen Art. 29 Erst- und Zweitligaclubs stellen jeweils einen Profifußballer und einen e-Sportler. Zudem wirken auch die Schiedsrichter Deniz Aytekin und Daniel Schlager an dieser Event-Reihe mit. Die Partien werden von der DFL ausgelost und via Social Media übertragen. In diesem Fall auf den beiden Streaming-Plattformen YouTube und Twitch. Dies sorgt dafür, dass die breite Masse erreicht wird. Die e-Sportler und Fußballprofis spielen jeweils ein Spiel, gewertet wird das Gesamtresultat beider Partien.[2]
Der FCA unterstützt derzeit nicht nur Pflegepersonal mit Gratisgetränken und hilft mit Mann und Maus an der Augsburger Tafel aus. Auch an der Konsole tritt der FC Augsburg an und misst sich mit der prominent besetzten Konkurrenz. Für den FCA geht neben FCA-Profi und Eigengewächs Marco Richter der e-Sportler Yannic „Yannic0109“ Bederke vom FCA e-Sports Team an den Start. Die letzten beiden Wochenenden duellierten sich also begnadete Fußball-Profis sowie e-Sportler an der Playstation 4 Konsole anstatt auf den grünen Rasen zurückzukehren. Und dies ganz bequem von der Couch aus, rein virtuell verbunden. Und vor allem ganz wichtig: dies alles ohne jegliche Infektionsgefahr!
Fußball und e-Sports können hiervon beide profitieren und Synergieeffekte nutzen. Für den in Deutschland neben dem Fußball koexistierenden e-Football ist diese Eventreihe nochmal ein Bekanntheits- respektive Beliebtsheitsboost. Die Bundesligaclubs hingegen können ihren Fans in einer fußballarmen Zeit ein Entertainment direkt auf dem Sofa bieten. Die fußballvermissende Fanseele kann hierbei zumindest zum Teil geheilt werden und die fußballfreie Zeit einigermaßen sinnvoll überbrückt werden, bis das runde Leder wieder regelmäßig in den Stadien der Republik rollt.
Man kann sich schon mal darauf einstimmen, was unweigerlich kommen wird: Fußball im TV statt in den heiligen Hallen des Fußballs, den Arenen und Stadien Deutschlands. Denn selbst wenn die Bundesligen bald wieder starten sollten, es werden vermutlich erstmal nur Geisterspiele anstehen. Mit dem Zuschauer vor der Glotze, statt in der Fankurve. [3]
Virtueller Meister Wehen Wiesbaden?
Der FCA hat sich bisher auf jeden Fall recht beachtlich geschlagen an den ersten beiden virtuellen Spieltagen. Gegen Hannover haben die beiden rot-grün-weissen Vertreter mit 2:1 gegen Hannover 96 die Oberhand behalten, am letzten Spieltag wurde der Hamburger SV mit 5:2 abgespeist. Am kommenden Ostersonntag spielen Marco Richter und Yannic Bederke dann wieder auf der PS4 – gegen Vertreter:Innen des 1. FSV Mainz 05.
Das Schöne am e-Football ist, dass alle mit gleicher Spielstärke (sog. FIFA 85er-Modus) unterwegs sind.[4] Und damit sind schon für relativ faire Rahmenbedingungen gesorgt, wie ich finde. Das bedeutet, dass kleinere Clubs auch mal die Chance bekommen, oben mitzuspielen.
Und ähnlich wie im DFB-Pokal ist es hier auch die Tagesform, auf die es schlussendlich ankommt. Ist doch sehr erfrischend, dass Clubs wie Wehen Wiesbaden auf einmal Chancen auf die virtuelle Meisterschaft haben. Wann gab‘s denn sowas zuletzt? Also, die richtig große Dramatik und Spannung im Titelkampf? Die aktuelle Saison in der Bundesliga hätte diese haben können, aber Corona hatte leider etwas dagegen. Vielleicht kommt es ja nach dem Lockdown noch zum großen Showdown, wer weiß.
Ein klein wenig obsessed
Ich habe mich auf jeden Fall am letzten Wochenende dabei erwischt, richtig krass mit dem FCA mitzufiebern. Auch wenn es „nur“ virtueller Fußball ist. Es ist dennoch mein Team auf dem Rasen, mit realen Augsburgern an der Konsole. Die gleichen Spieler stehen auf dem Platz, auch wenn sie nur kleine, willenlose Schachfiguren sind in diesem Fall. Die Identifikation ist aber unweigerlich da.
Richter scort mit Richter im Spiel gegen den HSV? Geile Sache! Mein Augsburger Fanherz hüpft jedenfalls wieder in höheren Sphären derzeit und dafür bin ich absolut dankbar. Das Gute ist auch, dass es hierbei auch nicht drauf ankommt, sich selbst gefährden zu müssen.
Man kann e-Sports gut auf der Couch schauen. Das obligatorische Stadionbier schnell aus dem Kühlschrank gefischt, eine Packung Chips aufgemacht und ich kann ganz bequem vom Sofa aus das Geschehen live verfolgen. Alternativ: im Garten Bratwürstle grillen und auf dem Tablet/Notebook/Smartphone das Spiel miterleben. Ihr braucht nur eine einigermaßen stabile Internetverbindung.
Mir gelingt dieses „Mitfiebern“ jedenfalls immer besser. Nach drei Wochen Quarantäne bin ich derzeit richtig in Übung und nehme gerne neue Dinge an, die gegen Einsamkeit und Langeweile helfen. Vorsichtig optimistisch zu sein, ist gerade zu meiner eigenen persönlichen Challenge geworden.
Digitalisierung sei Dank
Wie in allen Bereichen merke ich derzeit verstärkt, wie uns Digitalisierung in allen Lebenslagen und Alltagssituationen extrem bereichert. E-Sports und die Bundesliga Home Challenge sind nur eine Sache von vielen. Home Office, Homeschooling, Podcasts und Videochat, Online Streaming – für so vieles bin ich sehr dankbar im Moment. Das wird einem erst in Zeiten des Notstands bewusst.
Über Videochat halte ich gebürtige Augsburgerin, die sich im Exil in Ostwestfalen/Lippe befindet, Kontakt zur Heimat. Eine wirklich gute Sache! In solchen Zeiten ist man dann auch mehr und mehr geneigt, bisher „ungeliebte“ Dinge – wie eben in meinem Fall den e-Football – nochmal auf den Prüfstand zu stellen und diesen Dingen eine zweite Chance zu geben.
Bei mir hat es funktioniert. Ich bin jetzt ein wenig angefixt. Und feuere unsere Jungs an der Konsole am kommenden Wochenende wieder an. Wenn der reale Marco Richter mit der virtuellen #23 eine Bude schießt, schrei ich künftig genauso laut wie im Stadion. Versprochen!
Wie ich eingangs schon schrieb: Ungewöhnliche Zeiten – ungewöhnliche Maßnahmen. Wird Zeit, dass diese Dinge endlich wieder in unseren Alltag Einzug halten und ungeliebte Alternativen wertgeschätzt werden. Der richtige Fußball kann niemals ersetzt werden, aber – gerade aktuell in dieser misslichen Lage – durch den e-Football ordentlich vertreten werden!
Martin Schmidt wurde entlassen und kurz darauf Heiko Herrlich als neuer Trainer eingestellt. Alleine dieser Vorgang sorgte im Umfeld des FC Augsburg für viele Diskussionen. War der Trainerwechsel richtig oder falsch? Insgesamt war allerdings klar, dass sich die Spielweise der Mannschaft gehörig ändern musste, damit wir in dieser Saison nicht absaufen würden.
All das ist noch nicht einmal einen Monat her und dennoch kommt es mir selbst wie eine Ewigkeit vor. Die Änderungen, die danach auf uns alle zukamen, hat wohl keiner so kommen sehen. Der Corona-Virus Covid19 hat unser aller Leben gehörig durcheinander gewirbelt. Unser Leben und die Pläne und Vorsätze unseres Clubs für den Saisonendspurt. Anstatt nun am Wochenende gegen Paderborn dem Klassenerhalt deutlicher näher zu kommen, sind es nun eher wirtschaftliche Probleme, die dem FCA auf Grund der fehlenden Sky-Millionen und Zuschauereinnahmen bevor stehen. Wie für uns alle, ist die Lage auch für unseren Verein schwierig.
Stolz dank Ulrich Biesinger Tribüne
In dieser Situation habe ich in den letzten Wochen aufmerksam beobachtet, wie der FCA auf die Situation reagiert. Dabei stach der Verein nicht als erstes in Auge. Sehr schnell veröffentlichte die Ulrich Biesinger Tribüne (UBT) ein Hilfsangebot für Menschen, die in dieser Zeit Unterstützung benötigen. Fußball ist eben nicht nur das, was auf dem Platz passiert. Es geht am Ende um die Gemeinschaft drumherum. Diese hat in Augsburg schnell so reagiert, dass ich mich selbst stolz dieser Gemeinschaft zugehörig fühle. Wie gerade ein Fan-Verein wie die UBT so schnell nach seiner Gründung so durchschlagend handelt, ist dabei besonders beeindruckend. Alle dort Aktiven hatten sich vor wenigen Wochen wohl eher darauf eingestellt, Unterstützung für die Mannschaft im Abstiegskampf zu organisieren. Mit äußerster Agilität, die zuletzt nur unsere Abwehrspieler an den Tage legten, wenn es darum ging, sich im entscheidenden Moment vom eigenen Gegenspieler zu entfernen und den Weg aufs Tor frei zu machen, hat man sich hier angepasst. Vollsten Respekt und weiter so!
Besonnenheit ist Trumpf
Die Reaktion des Vereins ist dabei wohl am ehesten mit dem Wort besonnen zu beschreiben. Und dies meine ich äußerst positiv. In Zeiten, in denen sich Hans-Joachim Watzke für so kompetent hielt, in der Sportschau genau zu wissen, welche Maßnahmen für Bundesliga-Vereine angemessen sind, und sich damit recht schnell zum Depp machte, ist es doch schön zu sehen, dass die FCA Chefs genau wissen, dass sie keine Virologen und Politiker sind. Die Verantwortlichen des FCA drücken zudem nicht öffentlich auf die Tränendrüse und betonen nicht, wie sehr sie auf die Einnahmen aus den restlichen Spielen angewiesen sind. Diese Rolle überlässt man dem roten Bonzenclub aus München mit dem großen Festgeldkonto. Es ist uns bewusst, dass die Situation für die Vereine und auch für den FCA nicht einfach ist. Wie froh bin ich dennoch, dass wir uns für unsere Vereinsverantwortlichen nicht schämen müssen, da sie ihre Lage und die des Vereins einzuordnen wissen.
Gezielte Hilfe zusammen mit Partnern
Im Hintergrund hat der FCA zudem an einem breiten Angebot an Hilfsangeboten gearbeitet und in der letzten Woche vorgestellt und direkt angepackt. Von Mittwoch bis Freitag gab es einen Getränke Drive Trough für Pflegepersonal, sei es aus Krankenhäusern, Altenheimen oder Behinderteneinrichtungen, um diesem für ihre tägliche Arbeit grundsätzlich, aber ganz besonders in diesen Tagen, zu danken. Die Geschäftsführer des Vereins, Spieler und Fans packten zusammen an. Vorbildlich!
Hier sind in den kommenden Wochen viele weitere Aktionen geplant, die alle über eine gemeinsame Webseite für die Stadt und Region gebündelt werden. Auch die Aktion der UBT ist hier neben den weiteren Aktionen zu finden. Diese umfassen momentan u.a. neben den bisher genannten:
Digitale Spendenplattform
Gutschein-Verteilung
Unterstützung Tafel Augsburg e.V.
Verkauf Motto T-Shirt für guten Zweck
#Augsburghältzusammen keine leere Phrase
Insgesamt ist es in dieser kritischen Situation sehr schön, zu sehen, dass sowohl Fans als auch Verein den vielgenutzten Slogan „Augsburg hält zusammen“ nicht nur in guten Zeichen zu Marketingzwecken vor sich her tragen. Gerade jetzt, wo viele Menschen Sorgen haben und Unterstützung benötigen, zeigt die Fußballgemeinschaft aus welchem Holz sie wirklich geschnitzt ist. Ich predige ja immer wieder, dass es kaum eine andere Plattform gibt, die wie der Fußball in der Lage ist, Menschen zusammen zu bringen. Der FC Augsburg und viele Menschen, die sich mit dem Verein identifizieren, zeigen gerade eindrücklich, dass dies nicht nur am Samstag um 15:30 Uhr gilt. Und wo es in der Hymne heißt „Wir sind seit 1907 / nicht nur am Samstag für dich da.“ können wir evtl. bald eine weitere Strophe hinzufügen. Für Tradition kann man sich im Profifußball seit einiger Zeit nichts mehr kaufen. Aber diese Werte und eine solche Einstellung sind zumindest für mich unbezahlbar. Da lebt der Stolz auf Augsburger zu sein, und der wird zumindest mich noch eine ganze Weile durch diese schwere Zeit tragen.
Turbulente Tage beim FCA. Nach nur einem Sieg und einem Unentschieden in den ersten acht Partien der Rückrunde ist den Verantwortlichen beim FC Augsburg der Geduldsfaden mit Martin Schmidt endgültig gerissen. Gut so, möchte ich ihnen schon lange zurufen. Noch zwei Wochen länger und ich hätte mich endgültig an den schlechten Fußball gewöhnt gehabt, den die Mannschaft in aller Regelmäßigkeit auf dem Rasen fabrizierte. Das kann sie besser. Und Heiko Herrlich wird es hoffentlich zeigen.
Den Verantwortlichen ist mit Sicherheit bewusst, dass Trainerentlassungen beim FC Augsburg nur in Ausnahmefällen genutzt werden. Ich selbst habe erst vor wenigen Wochen großmäulig festgestellt, dass wir durch den Endspurt zum Ende der Hinrunde das Trainerkarussell links liegen haben lassen. Dennoch haben die Verantwortlichen den Mut, um den FCA sportlich wieder in die richtige Richtung zu lenken. Aus verschiedenen Gründen freut mich das.
Mannschaft ohne Identität
Erst nach dem Debakel in Frankfurt habe ich mich hier ausgekotzt und festgestellt, dass unsere Mannschaft unter Martin Schmidt keine Identität hat. Heiko Herrlich soll laut Stefan Reuter jetzt eine Siegermentalität und Gier einflösen und somit der Mannschaft auch wieder eine Identität mitgeben.
Sportlich wird es variabler, aber bei der Identität gibt es keine Verhandlungen. Die Mannschaft soll laut Heiko Herrlich „eng zusammenrücken“. Wir Augsburger kennen das. Auf dem Platz hat man es im letzten Jahr des öfteren mal vermisst. Augsburg soll auf dem Platz wieder zusammenhalten. Ohne wenn und aber.
Die Debakel
Heiko Herrlich will die Mannschaft wieder zur Kontinuität zurückführen. Ich war selbst auswärts in Gladbach und Frankfurt mit dabei. Fehlende Kontinuität ist eine absolute Beschönigung, für das was mehrfach passiert ist. Wiederkehrende Debakel ist wohl die treffendere Beschreibung. Unverständliche Spiele, die einen Trainer auf Grund der Leistung seiner Mannschaft vor Scham erblassen lassen. Alleine die Hoffnung, dass wir diese Debakel abstellen könnten, lässt mich jubilieren. Ich habe keinen Bock auf diese absolute Niedergeschlagenheit nach Spielen der eigenen Mannschaft und bin gerne bereit einem neuen Trainer die Chance zu geben, diese Niedergeschlagenheit dauerhaft zu vermeiden.
Sportliche Ausrechenbarkeit
Heiko Herrlich hat im Moment noch das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Sportlich ist für die Gegner nicht klar, was sie nun erwartet. Es wird in jedem Fall nicht so ausrechenbar sein, wie die Rezepte, die Martin Schmidt zuletzt noch gefunden hatte. Hinten wurde zuletzt mehr oder weniger gut gemauert und dann nach vorne auf lange Bälle und Konter gehofft. Leider hat dies immer weniger zum Erfolg geführt. Es war vielmals schlicht zu offensichtlich.
Dieses Risiko war auch schon vor der Saison bekannt. Martin Schmidt hat noch nicht gezeigt, dass er in der Bundesliga langfristig Mannschaften so einstellen kann, dass die Konkurrenz nicht Lösungen findet, um seinen Mannschaften den Erfolg auf dem Platz zu verwehren. Heiko Herrlich wird hier variableren Fußball spielen lassen, der zumindest langfristig zu mehr Torchancen führt. Auch das kann uns perspektivisch freuen.
Intuition
Heiko Herrlich hat sich in seiner Antrittspressekonferenz darauf berufen, dass ihm seine Intuition sagt, dass innerhalb der Mannschaft der Ernst der Lage nicht bewusst ist. Intuition beruht darauf, dass man abgespeichertes Expertenwissen ohne großes Nachdenken abrufen kann. Intuition führt nicht immer zum richtigen Ergebnis, kann allerdings in vielen Situationen ein wichtiger Ratgeber sein. Meine Intuition sagt mir, dass die Verantwortlichen nicht mehr genau wussten, wie die Mannschaft unter Martin Schmidt reagierte, wenn die Lage noch ernster wird. In einigen Spielen ist sie dann schon zusammengebrochen und hat sich aufgegeben. Im Saisonendspurt wäre dies fatal gewesen. Um dies zu verhindern, war dies wohl der richtige Trainerwechsel zur richtigen Zeit.
Am Sonntag, wahrscheinlich vor leeren Rängen, wird den Vfl Wolfsburg mehr überraschen als nur die Kulisse. In mir als FCA Fan bricht schon fast Euphorie los. Was ist gegen Wolfsburg drin? Mehr als 30% Ballbesitz? Eine positive Zweikampfbilanz? Ich werde von Heiko Herrlich keine Wunderdinge erwarten. Aber zumindest Hoffnung auf Besserung hat er uns schon jetzt beschert. Hoffnung darauf, endlich wieder mehr Gegner zu ärgern und vor größere Herausforderungen zu stellen. Sportlich hat der FC Augsburg in diesen Tagen einen Schritt zurück zu seinen Wurzeln gemacht. Die Mannschaft wird es auf dem Platz bald zeigen.
Fans und Presse haben es mit Martin Schmidt nicht immer gut gemeint und auch diese Gazette schlug bisweilen kritische Töne an. Trotzdem: Zeitpunkt, Art und vor allem auch Hintergründe seiner Absetzung als Cheftrainer werfen doch Fragen auf und sind in dieser Form auch nicht nachvollziehbar. Man(ager) hätte an Martin Schmidt festhalten sollen und müssen.
Mit der
Handbremse in die Rückrunde
Nach dem formidablen Winter begann die Rückrunde miserabel. Die Punkteausbeute war sogar schlechter als zum gleichen Zeitpunkt in der Hinrunde. Man konnte das Bemühen erkennen, sowohl die Defensive zu stabilisieren als auch schnell und schnörkellos nach vorne zu spielen. Doch das gelang nur sehr begrenzt. Famose Halbzeiten wechselten sich mit zutiefst bedenklichen Auftritten ab.
Die Auswärtsniederlage in Frankfurt war sicherlich ein trauriger Tiefpunkt. Doch auch zaghafte Spiele, wie das gegen Freiburg, warfen große Fragezeichen auf. Dabei waren die Erklärungsversuche im Trainerstab mit am enttäuschendsten, die im Regelfall in nichtssagenden Phrasen endeten. Soweit, so Fußball.
Am
Sonntag war die Welt noch in Ordnung
Und doch zeigten die letzten Auftritte, wie schon in der Hinrunde, mehr als positive Ansätze. Schon die zweite Hälfte gegen Bremen war sehenswert. Aber auch die Ergebnisse gegen Gladbach und sogar gegen die Bayern geben nicht unbedingt die Leistung auf dem Platz wieder. Insbesondere das Spiel in München war ein couragierter Auftritt. Man spielte den FCB nicht an die Wand, doch verteidigte klug und engagiert, ohne sich in Mannschaftsstärke in das eigene Tor zu stellen. Dass die Konter nicht gut ausgespielt wurden, ist zwar schade, doch am Ende des Tages verzeihlich. Sicherlich ärgern Niederlagen, aber man hat ein gutes Spiel abgeliefert. Das Martin Schmidt dieses zum Verhängnis wurde, ist in der Tat schwer nachzuvollziehen.
Vor den
Bayern ist nach den Bayern
Der
Gedanke liegt nahe, dass die Entscheidung schon vor der Partie in
München feststand. Vielleicht sogar schon nach der müden Partie in
Leverkusen, vielleicht noch früher. Inmitten dieser Tour de Force
durch die Top 5 der Liga den Trainer zu wechseln wäre in der Tat
riskant gewesen. Im schlimmsten aber auch wahrscheinlichsten Fall
hätte man den ominösen Trainereffekt ohne nennenswerten Mehrwert
gleich verspielt. Alle Gegner der letzten Wochen waren und sind zu
sehr in Form, um hier Überraschungen erwarten zu lassen. Und so
musste man notgedrungen einen guten Auftritt in Kauf nehmen, um die
schlechte Nachricht zu verkünden. Was zum Teil zu absurden
Situationen während der Vorstellung des neuen Trainers führte.
Phrasen
dreschen für Fortgeschrittene
Mit etwas mehr Mut und Fortune wäre auch in München etwas möglich gewesen, gab Stefan Reuter gewohnt selbst(un)kritisch zu Protokoll und man fragte sich instinktiv, wie der Trainer nun auch Mut und Fortune erzwingen sollte. Die gesamte Pressekonferenz geriet ganz in diesem Sinne zur Farce und der neue Trainer konnte einem durchaus Leid tun. Nach Reuter steht „der Heiko für die Gier, die Leidenschaft, die Siegermentalität“ die zuletzt wohl gefehlt habe.
Man fühlte sich unvermittelt und mit keinem guten Gefühl an die Vorstellung von Jens Lehmann erinnert. Schon damals weckte der Gedanke, dass mehr Siegermentalität schon zum gewünschten Erfolg führen würde, ein ungutes Gefühl. Und man hoffte und hofft wieder, dass der Manager nur drucktaugliche Zitate formulieren möchte. Ganz ungeachtet der Ironie, dass Heiko Herrlich nun nicht gerade für große Emotionen bekannt ist.
Merci vielmals Martin Schmidt
Auch Martin Schmidt hatte sich vielleicht ein wenig zu oft in Allgemeinplätzen verloren. Aber er hat sich auch zumeist vor sein Team gestellt, und vor allem hat er auch eine kluge und klare Meinung zu vertreten gewusst. Es ist schade, dass ihm nicht die Chance gewährt wurde, die Saison in Ruhe zu Ende zu spielen. Natürlich wäre es fahrlässig gewesen, die Situation zu unterschätzen, doch nicht minder fahrlässig ist es, in einer vergleichsweise komfortablen Situation auf einen neuen Trainer zu setzen. Das sind dezidiert keine Vorbehalte gegenüber Heiko Herrlich, auf dessen Fußball ich persönlich sehr (optimistisch) gespannt bin. Es sind Vorbehalte gegenüber den handelnden Personen. In der Pressekonferenz wurde die Frage aufgeworfen, wie aus der ruhigen Hand, die den FCA bislang ausgezeichnet hatte, eine zittrige Hand werden konnte. Das ist eine gute Frage, die vielleicht am Ende der Saison Stefan Reuter nochmals beantworten muss.
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