Der beste FCA aller Zeiten!

Gegen Verl kann man mal verlieren, heißt es landläufig. Auch wenn das frühe Ausscheiden aus dem Pokal sicherlich auf kurze Sicht noch schmerzen wird, so hat es immerhin den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass sich der FCA von nun an auf die Bundesliga konzentrieren kann. Denn allen Unkenrufe zum Trotz, wird Augsburg diese Saison nichts mit dem Abstiegskampf zu tun haben, sondern ein gewichtiges Wort in der oberen Tabellenhälfte mitreden. Diese Saison wäre alles andere als die Meisterschaft eine knallharte Enttäuschung.

Die Vorbereitung

Das kann man nun natürlich als leicht übertriebene Prognose mit einem freundlichen Lächeln abtun oder sich auf den reizvollen Gedanken einlassen. Denn es gibt gute Gründe für diese durchaus seriöse Einschätzung – angefangen damit, dass es ab jetzt nur noch aufwärts gehen kann.

Foto: Bongarts

Über den Umbruch vor dieser Saison wurde in den verschiedenen Gazetten schon viel geschrieben. Ebenso über die Vorbereitung, die einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterlassen hat. So waren sicherlich einige schöne Ansätze und vielversprechende Spiele(r) zu sehen. Andererseits blieben die Ergebnisse mit wenigen Ausnahmen hinter den Erwartungen zurück. Allerdings wird Testspielen mit einiger Berechtigung nur geringe Aussagekraft beigemessen – glanzvolle Ausnahme ist hier wohl der Supercup, der, so könnte man nach der Berichterstattung meinen, so etwas wie eine Vorentscheidung im Kampf um die Meisterschaft war. Mit dem Pokal beginnt allerdings bei meisten Mannschaften der Ernst des Ligalebens. Und ausgerechnet da könnte sich natürlich nun etwas Ernüchterung eingestellt haben. Könnte…

VERLoren?

Meine Szene des Pokalspiels war der spontane Ausflug von Neuzugang Koubek in Richtung Mittelkreis, der weit vor dem Tor beherzt Verls Hecker ummähte. Was bei den Fussballfachleuten und Comunio-Managern dieser Republik Sorgenfalten auf die Stirn getrieben haben dürfte, die in dieser Saison auf Augsburgs neuen Schlussmann setzen, machte in gewisser Weise doch auch wieder Hoffnung. Es war die Art von konsequentem Spiel, das man in anderen Teilen der Mannschaft vergeblich suchte. Gewissermaßen ein grätschender Lichtblick in der Lethargie. Dabei sind die Spieler doch in der Lage, konsequenten, schnörkellosen und schnellen Fußball zu spielen, gerade im System Schmidt. Aber zugleich wirkte es, als ob es mit dem ersten Gegentor sämtliche Souveränität und jeder Spielplan dahin war. Die Verteidigung wurde mit einfachsten Pässen ausgespielt, die Zweikämpfe in beeindruckender Regelmäßigkeit verloren oder in weiser Voraussicht gar nicht erst geführt. Es wirkte, als würde das letzte Bundesligaspiel in Wolfsburg noch nachhängen und fast könnte man meinen, die Spieler (und Fans) würden beim ersten Gegentor in ängstliche Nervosität abrutschen.

…. nur auf kurze Sicht!

Es braucht vielleicht ganz einfach etwas Selbstvertrauen. Aber dann könnte eine stabile Verteidigung, eine talentierte Mannschaft und natürlich etwas Glück das Team wieder auf die Erfolgsspur bringen. Mit Martin Schmidt hat man den perfekten Trainer für diese Situation, der zumindest nach außen hin weniger für taktischen Feinsinn, aber dafür umso mehr als Motivator bekannt ist – und der vor allem eine solide Defensive zu schätzen weiß. Auch die alten wie neuen Spieler haben zweifellos großes Potential und Qualität. Spätestens mit der Rückkehr von Jeffrey Gouweleeuw ist mit dem erfahrenen Neuzugang Marek Suchy eine äußerst robuste Innenverteidigung zu erwarten. Gleiches gilt für das defensive Mittelfeld. Während einem früher Angst und Bange wurde, wenn Daniel Baier auszufallen drohte, so hat man diese Saison endlich wieder mehr Alternativen und Nebenleute. Daneben wurde ein Iago mit großen Vorschusslorbeeren geholt und auch für die rechte Seite ist mit oder ohne Neuzugang eine tragfähige Lösung zu erwarten. Kandidaten sind vorhanden. Hinzu kommen Spieler mit Überraschungspotential. Gerade auf die Neuzugänge Ruben Vargas und Noah Sarenren Bazee darf man gespannt sein. Und ein André Hahn, ein Michael Gregoritsch und ein Marco Richter haben schon gezeigt, wie gut sie in einem funktionierenden System und bei entsprechendem Spielverlauf spielen (und vor allem auch treffen). Diese Leichtigkeit muss man einfach forcieren, so paradox das klingt. Mit Alfred Finnbogason und Florian Niederlechner, dem Spieler der Vorbereitung, sowie mit Julian Schieber und Sergio Cordova sind darüber hinaus torgefährliche Alternativen im Sturm vorhanden. Es gibt verschiedenste Varianten vor einer stabilen, eingespielten Defensive und noch eine Vielzahl an Routiniers und Talenten für eine lange Saison. Das wird sich spätestens in der Rückrunde auszahlen, wenn sich die meisten Mannschaften gegen den FCA hinten rein stellen werden.

Die Liga spielt für uns. Eine Prognose

Auch wenn die aktuelle Verletzungssituation nicht dafür spricht, so hat sich das Umfeld im Hinblick auf Ausdauer und Verletzungsprävention nochmals professionalisiert, was nach den Erfahrungen der letzten Saison dringend geboten war. Und was die Grundlage dafür darstellt, dass sich ein eingespieltes Team findet. Die Rahmenbedingungen passen und auch die Mannschaft hat das personelle Potential, die Überraschung der Saison zu werden. Und noch mehr als das. Den Bayern ist mit Dortmund ein veritabler Konkurrent um die Meisterschaft erwachsen, auch Leverkusen wirft diese Saison eine respektable Mannschaft ins Rennen. Ebenso ist mit Wolfsburg und anderen oben zu rechnen. Das bedeutet aber auch, dass sich alle diese Mannschaften gegenseitig die Punkte nehmen werden, während der FCA auf der Siegerstraße durch die Liga eilen wird. Der momentane Eindruck lässt vermuten, dass das nicht von Anfang an der Fall sein wird. Vielleicht gibt es auch gegen Dortmund zum Saisonstart eine herbe Klatsche, denn diese Mannschaft könnte noch etwas Zeit brauchen, um sich einzuspielen. Vieles wird davon abhängen, wie schnell sich alles findet. Aber wenn nach den ersten Spielen der Anschluss nach oben gehalten wurde und das Team dann einmal ins Rollen kommt, dann ist alles drin. Auch die Meisterschaft.

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Wem diese Argumentation nicht schlüssig erscheint, der darf einfach auf die guten Omen blicken. Auch 2014/2015 war schon in der ersten Pokalrunde Schluss. 1-0 gegen den damaligen Regionalligisten Madgeburg. Aber am Ende der Saison stand der FCA bekanntlich auf Platz 5. Das wäre auch in Ordnung. Wenn es denn sein muss.

3 Gründe, warum wir absteigen

Mich freut es auf die kommende Bundesligasaison. Pokal aus, hin oder her. Mich wird es wohl immer auf eine Bundesligasaison des FCA freuen und die besten Jahre in der Bundesliga hatten wir, nachdem wir früh im Pokal gescheitert sind. Es fühlt sich gewohnt an, aber es ist dennoch immer noch etwas besonderes. Überschwänglicher Optimismus ist allerdings fehl am Platze. Letzte Saison haben wir uns gerade noch so gerettet. Nach dem Abschied von Manuel Baum und der Anstellung von Martin Schmidt als Cheftrainer konnte die Mannschaft das Ruder in Frankfurt und gegen Stuttgart kurzfristig herumreißen. Wir können allerdings froh sein, dass wir diese Leistungen nicht länger abrufen mussten. Mit dem 1:8 in Wolfsburg nahm die Saison einen hässlichen Abschluss. Dieses ungute Gefühl begleitet mich nun schon die ganze Sommerpause. Heute trete ich den Dämonen gegenüber und erkläre euch, warum es in dieser Saison nicht zum Klassenerhalt reicht.

Fehlende Führungsspieler

Hatte der FCA vor ein paar Jahren eine funktionierende Achse von Führungsspielern mit Marwin Hitz, Ragnar Klavan, Paul Verhaegh, Daniel Baier und anderen, so ist davon nicht mehr viel übrig. Daniel Baier ist immer noch ein wichtiger Bestandteil dieser Mannschaft aber seine WhoScored-Werte deuten an, dass er nicht mehr annähernd die Leistungen aus der Vergangenheit abrufen kann. Im Tor muss sich die neue Nummer 1 Tomás Koubek erstmal etablieren. Und andere Führungsspieler wie Jeffrey Gouweleeuw oder Alfred Finnbogason fehlen zu oft verletzt. Die Neuzugänge wie Marek Suchy müssen sich dann auch erstmal einfinden.

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Von den verpflichteten Spielern der letzten Jahre hat lediglich Rani Khedira das Potential gezeigt zukünftig Verantwortung übernehmen zu können. Michael Gregoritsch mangelt es an der entsprechenden Persönlichkeit (was nicht schlimm ist, denn auch solch besondere Typen braucht ein Team) und Philipp Max könnte die Rolle sportlich locker ausfüllen, hat aber offenkundig den zweiten Sommer nacheinander vor allem einen Wechsel zu einem großen Club mehr als die Identifikation mit dem bestehenden Arbeitgeber im Sinn (verhält sich dabei allerdings wie ein Musterprofi). Insgesamt krankt es daran, dass es weiterhin nicht genügend Führungsspieler gibt, die als Stützpfeiler für die Talente im Club dienen. Wenn es kriselt, dann schlägt das voll durch. Selbst eine Partie bei einem Viertligisten, bei der man die ersten 20 Minuten vollkommen verpennt, bekommt man dann nicht mehr umgebogen. Wenn es sportlich in der kommenden Saison mal wieder nicht läuft, bekommen wir vielleicht die Kurve nicht. Zeichen der Änderung habe ich leider noch nicht gesehen (warte allerdings weiterhin sehnsüchtig).

Das Loch, das sich Defensive nennt

Wir hatten in der abgelaufenen Saison die schlechteste Defensive der Liga. 71 Gegentore zu kassieren ist schon eine Leistung. Das schafft nicht jedes Jahr eine Mannschaft. Zuletzt hat der VfB Stuttgart 2015/16 mehr Gegentore kassiert (und ist abgestiegen). Mit mind. 71 Gegentoren nicht abzusteigen, ist eine Leistung die zuletzt dem Hamburger SV gelungen ist. 2013/14 konnten sie sich mit 75 Gegentoren in die Relegation retten. Heißt: der Fokus in der Transferphase sollte darauf ausgerichtet gewesen sein, die Defensive deutlich zu stärken.

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Dies ist uns nicht gelungen. Mit Martin Hinteregger, Kevin Danso, Jonathan Schmid und Kostas Stafylidis haben wir defensiv einiges an Qualität verloren. Als Ersatz wurde für rechts hinten niemand (!), für die Innenverteidigung Marek Suchy und für links hinten Mads Pedersen und Iago verpflichtet. Zumindest fürs Tor konnten wir mit Tomás Koubek eine potentiell stabile Nummer 1 verpflichten. Hier wollte man den fehleranfälligen, aber talentierten Gregor Kobel halten, schaffte allerdings noch nicht einmal das. Ich persönlich sehe personell keine Verbesserung der Defensive vor allem da Jeffrey Gouweleeuw und Iago auch noch länger verletzt ausfallen. Die Wahrscheinlichkeit ohne verbesserte Defensive abzusteigen, ist sehr hoch. Wie schnell das mit dem Tore kassieren schon wieder geht, hat der Pokal gezeigt.

Der Schmidtsche Überraschungseffekt ist verpufft

Trainer bereiten sich langfristig auf die kommenden Gegner vor. Sie beobachten über Wochen und Monate, wie zukünftige Gegner spielen und stellen sich entsprechend ein. Wenn der Trainer des Gegners wechselt, dann müssen sie improvisieren. Der Club mit dem neuen Trainer verfügt dann über einen Überraschungseffekt. Diesen konnte man deutlich beobachten sowohl nachdem Manuel Baum von Dirk Schuster übernahm als auch nachdem Martin Schmidt von Manuel Baum übernommen hatte. In den Spielen danach war unser FCA jeweils in der Lage offensiv mehr Tore zu erzielen.

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Dieser Effekt ist spätestens jetzt verpufft. Die Gegner haben längst Mainzer und Wolfsburger Videos von Martin Schmidt aus den Archiven geholt und sich angeschaut, wie die verbliebene Rückrunde in der letzten Saison lief. Sie werden sich vorbereiten. Offensiv werden wir die Ideen konstanter und besser umsetzen müssen, um Treffer zu erzielen. Das sollte unterstützt durch die Saisonvorbereitung gelingen. Aber einfacher wird es mit Sicherheit nicht, die notwendigen Treffer für den Klassenerhalt zu erzielen. Gegen Verl hat es auch nur vom Punkt aus gereicht. Aus dem Spiel heraus gab es zwar Chancen, aber es mangelte in der Verwertung. Mal wieder.

Erfolg nur über den Zusammenhalt

Dunkle Wolken zogen schon in der vergangenen Saison am Horizont auf. Haben wir in der Sommerpause genug getan, um diese dauerhaft zu vertreiben? Es bleibt zu hoffen. In den ersten Jahren in der Bundesliga war uns jederzeit klar, dass wir nur zusammen den Klassenerhalt schaffen können. Daran hat sich nichts geändert, aber das Gefühl ist uns allen etwas abhanden gekommen. Der Club propagiert dieses Gefühl sichtbar fast nur über Marketingkampagnen, während Spieler immer öfter öffentlich kritisieren oder ihren Abschied forcieren. Die Charakterköpfe gehen der Mannschaft sichtlich ab. Auch von den Rängen wird dann schnell nicht an öffentlicher Unmutsbekundung gespart. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Mannschaft auch nach einer weiteren Niederlage gegen Bayer 04 Leverkusen gefeiert wurde und wir übers Anfield auf dem Lechfeld gesprochen haben. Es liegt an uns allen, die Wolken wieder zu vertreiben, unser Underdog-Image zurück zu erobern und unsere Leichtigkeit wieder zu finden. Zumindest fürs Underdog-Image haben wir in Verl einiges getan. Es ist viel wichtiger, wie wir uns als Club und als Team präsentieren, als was am Ende dabei raus kommt. Denn wir sind der FCA. Als Fan hoffe ich darauf, dass wir direkt den Dortmunder eins auswischen, rational befürchte ich, dass es dieses Jahr nicht reichen wird. Meine einzige Hoffnung ist, dass uns diese Sorge zusammenrücken und gemeinsam erneut unglaubliches schaffen lässt.

Haller, Schuster, Richter: Wächst in MR23 der nächste Superstar heran?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

In Verl spätestens wurde Marco Richter wieder in die Realität zurückgeworfen. Er mühte sich, ging ins Dribbling und versuchte Akzente zu setzen, nur gelingen wollte ihm wie der gesamten Mannschaft nicht besonders viel. Marco Richter wurde nach knapp 70 Minuten ausgewechselt und der FCA schied aus. Das Spiel war trotzdem positiv für ihn. Klar muss er sich der Konkurrenz erwähren, sein Stand in der Mannschaft scheint allerdings deutlich gefestigter. Er geht nun immerhin mit breiter Brust in seine 3. Bundesligasaison.

Im Laufe der U21 EM in Italien konnte sich Marco Richter in diesem Sommer zudem einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren. In einer Konkurrenzsituation mit gleichaltrigen Top-Talenten hatten neben ihm Kevin Danso (jetzt nach Southampton ausgeliehen) und der neu-verpflichtete Mads Pedersen, die Möglichkeit zu zeigen, wie weit sie in ihrer Entwicklung im Vergleich mit anderen Top-Talenten voran geschritten sind. Richter stach heraus und zeigte, dass er gleichaltrige Konkurrenz alt aussehen lassen kann. Er nutzte das Turnier für seine ersten Tore im Trikot der U21 und veranlasste viele internationale Experten, sich über ihn schlau zu machen. Beste Werbung für ihn und den FC Augsburg, auch wenn es für den Titelgewinn am Ende nicht ganz reichte.

Marco Richter nach dem Finale der U21 EM

Wer Richter in der Endphase der letzten Bundesligasaison spielen hat sehen, der weiß, dass genügend Potential für mehr vorhanden ist. In Frankfurt und zu Hause gegen den VfB Stuttgart war er ein Schlüsselspieler im Kampf um den Klassenerhalt. Erst dadurch hat er sich wohl seinen Platz im Kader für die U21 EM gesichert. Die U21 EM war zwar am Ende durch die Finalniederlage enttäuschend, sorgte aber zumindest dafür, dass Richter auf dem Radar von größeren Vereinen gelandet ist. Sie werden die Entwicklung in der kommenden Saison aufmerksam beobachten. Und es wird sich zeigen, ob Richter es schafft mental stabil zu bleiben. Erst wenn er sich auch von einer Reihe schlechterer Spiele nicht mehr aus der Ruhe bringen lässt, Kritik immer konstruktiv annimmt und auf dem Boden bleibt, wird sich zeigen, ob er über den nächsten Schritt nachdenken kann.

In dieser Saison stellt sich nämlich für ihn die Frage, ob er sich durch konstante Leistungen für einen Vereinswechsel zu einem Top Club aufdrängen kann. Der FCA wird leider dauerhaft bezüglich seiner sportlichen Perspektiven beschränkt bleiben. Die Champions League ist außer Reichweite und wenn ein Spieler die Chance erhält sich dauerhaft bei einem Top Club zu etablieren, dann würde ich ihm einen Wechsel – vorausgesetzt die Ablöse stimmt und er verhält sich fair – nicht übel nehmen. Richter wurde im Zuge der U21 EM auf einen potentiellen Wechsel auch zu den Bayern gefragt und schien potentiell – auch durch viele Jahre in den Münchner Jugendmannschaften – nicht abgeneigt. Top Ambitionen muss er nun allerdings durch top Leistungen hinterlegen.

Wenn es denn soweit kommen sollte – was zumindest ich mir wünschen würde – dann wäre Marco Richter nicht der erste Augsburger, der um Höheres zu erreichen, den Club verlassen muss.

Der ehemalige Manager des FC Augsburg, Andreas Rettig, im Gespräch mit Helmut Haller

Die Clublegende Helmut Haller wechselte im Alter von 23 Jahren nach Bologna, um dort die italienische Liga auf den Kopf zu stellen und im Verlauf dreimal Meister (zweimal später mit Juventus Turin) und italienischer Fußballer des Jahres zu werden. Seine Tore auch für die deutsche Nationalmannschaft hätte es ohne diesen notwendigen Wechsel weg vom FCA wohl so nicht gegeben.

Bernd Schuster als Trainer an der Seitenlinie

Viel früher wagte Bernd Schuster den Sprung von Augsburg nach Köln und von dort aus später nach Spanien zum FC Barcelona und Real Madrid. Er war erst 18 Jahre alt und absolvierte für die Herrenmannschaft des FCA nie ein Pflichtspiel. Seine Karriere ist in Augsburg schlicht nicht vorstellbar.

Marco Richter ist jetzt seit 7 Jahren in Augsburg fußballerisch zu Hause und wird im Herbst 22 Jahre alt. Fußballerisch sollte er sich noch etwas weiterentwickeln können, aber ein absoluter Frühstarter wie Bernd Schuster einer war, wird aus ihm nicht mehr. Dies zeigt auch, dass der FC Bayern München ihn in der Jugend aussortiert hatte. Eine etwas späte Entwicklung hat uns diesen Augsburger Glücksfall überhaupt erst beschert. Angekommen in der Bundesliga stellt sich die Frage, ob Marco Richter dauerhaft auf diesem Niveau sich zeigen und dominieren kann. Das Leben eines Profis besteht vor allem aus Konstanz. Die Topclubs klopfen in fünf Jahren nicht mehr an. Aber sollte Richter dieses Jahr 15-20 Torbeteiligungen und viele gute Spiele abliefern, dann ist für ihn und den FCA vieles drin. Ich bestelle mir dann auf jeden Fall seit langem mal wieder ein Trikot und drücke bis dahin feste die Daumen. Denn mit Marco Richter als sportlichem Leistungsträger sollte der Klassenerhalt deutlich schneller zu erreichen sein.

Der FCA und seine Identität: nicht viel außer Marketing?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Neues Jahr, neues Glück. Es ist schon fast zur Tradition geworden, dass im Sommer nicht nur der Kader umgebaut wird, sondern auch Marketingkampagnen zur Mitgliederwerbung gefahren werden. Letztes Jahr lief alles unter dem Motto „111 Jahre FCA“, dieses Jahr heißt es überaus kreativ „Wir der FCA“.Wer hier schon etwas länger mit liest, der weiß, dass mich die andauernde Marketing-Maschine mittlerweile annervt. Jahrein und jahraus immer wieder die gleichen Ansätze und Aufrufe. Außer dem Aufruf Mitglied zu werden (oder zu bleiben); ansonsten kein Inhalt.

Jetzt hat man sich also Gedanken über die Mitgliedschaft gemacht und ein neues Mitgliederkonzept aufgesetzt. Einfacher soll es werden. Je nach Alter wird Mensch in bestimmte Kategorien eingeteilt. Sieben gibt es davon und ein bisschen lesen ist schon nötig, um alles zu verstehen. Günstiger wird es auch, also wird sich wohl keiner beschweren. Dazu gibt es für alle einen kostenlosen Schal.

Ich vertrete immer noch die Meinung, dass es längst überfällig ist, sich als Verein Gedanken zu machen, welche Werte der Verein vertreten will. Nachhaltigkeit ist dabei ein Thema. Ob es so nachhaltig ist, wieder tausende Schals günstig produzieren zu lassen und einfach kostenlos zu verteilen, wo die Dinger doch nur bei den meisten im Schrank vergammeln werden, halte ich für fraglich. Das Geld fehlt ja zusätzlich dann auch bei der Jugend.

In den Mitteilungen zum Thema berichtet Michael Ströll, Geschäftsführer der FC Augsburg KGaA, vom Thema. Es ist für mich bezeichnend, dass dies kein gewählter Vereinsvertreter macht. Die Trennung Verein / Kapitalgesellschaft gibt es in der Praxis nicht. Der Verein wird von der Kapitalgesellschaft fremdbestimmt, während es eigentlich genau anders herum sein sollte. Auf der Jahreshauptversammlung ist es dann in der Vergangenheit schon mal vorgekommen, dass den Mitgliedern klar gemacht wurde, dass Themen der Kapitalgesellschaft den Verein nicht direkt tangieren. Es wird in Augsburg weiterhin strukturell nicht darauf geachtet, 50+1 umzusetzen. Es ist ermüdend, dass in dieser Hinsicht weiterhin nichts passiert.

Aber manche Themen scheinen ja immer wiederzukehren. Mir ist zum Beispiel auch entgangen, dass schwarz mittlerweile eine unserer Vereinsfarben ist, so wie bei Borussia Mönchengladbach oder den Dortmundern. Und unser rot hatte ich auch irgendwie anders in Erinnerung. Bei unserem neuen Auswärts-Trikot hat man auch keine Rücksicht vor dem Vereinswappen gemacht, dass man schnell umgefärbt hat. Cool sieht das ganze aus. Modisch. Aber mit dem Traditions-Club FC Augsburg hat es halt 0,0 zu tun. Ersetze schwarz durch neongelb und es ist 1:1 die gleiche Idee wie vor ein paar Jahren schon. Auch hier hat der FCA für den schnellen Merchandise-Euro klare Grenzen erneut überschritten.

Als Fan weiß man damit weiterhin nicht genau woran man ist. Die Mannschaft lässt sich am letzten Spieltag 1:8 in Wolfsburg abfertigen, die Charakterköpfe in der Mannschaft fehlen und der Verein bastelt weiterhin an der Marketingblase. Ich war lange nicht so ermüdet wie in dieser Sommerpause und die Vorfreude ist – trotz einiger hoffnungsspendender Transfers – bisher nicht zurückgekommen. Vier Wochen noch bis zum Saisonstart. Momentan könnte es mir nicht egaler sein.

Die Augsburger Transfer-Zwickmühle

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Es ist ruhig um den FCA. Zumindest, wenn wir von Zugängen für die neue Saison sprechen. Außer Florian Niederlechner vom SC Freiburg konnten wir noch keinen Spieler von einem Wechsel nach Augsburg überzeugen. Bei Marvin Friedrich haben wir die Rückkaufklausel in seinem Vertrag gezogen und ihn (vorerst) von Union Berlin zurückbeordert. Das dahinterliegende Konstrukt gleicht allerdings eher einer Leihe, die durch den Rückkauf zu Ende ging. Friedrich ist darüber bisher so glücklich, wie Martin Hinteregger es im Winter war. Zum Thema zurück: Insgesamt wenig Bewegung, was Neuzugänge für die neue Saison angeht. Ist das nun gut oder schlecht?

In den vorherigen Transferperioden waren wir froh, wenn es zu Anfang ruhig zuging. Dies hat den einfachen Hintergrund, dass am Anfang der Transferperiode die großen Clubs ihre Deals machen und Vereine wie der FCA in dem Getümmel nicht mithalten können. Clubs wie der FCA müssen daher grundsätzlich abwarten, bis sich die Kader der großen Vereine sortiert haben und können erst dann zuschlagen – oder riskieren zu viel für Spieler auszugeben. Insgesamt war ich deshalb in den vergangenen Jahren immer beruhigt, wenn zu Anfang der Transferperiode keine oder wenige Transfers verkündet wurden.

Diese Ruhe habe ich in dieser Sommerpause nicht unbedingt. Dies hat gleich mehrere Gründe:

  1. Gute Transfers sind auch zu Beginn der Transferperiode möglich. Gerade bei ablösefreien Spielern, besteht die Möglichkeit, dass diese sich direkt entscheiden. Verhandlungen bzgl. der Ablöse sind mit dem abgebenden Verein nicht notwendig. Es kann daher schnell gehen. Dies hat damals bei Rani Khedira gut funktioniert, der eine wirkliche Vestärkung war. Oder es verlassen einen selbst die sportlich wertvollen Akteure wie in unserem Fall vor kurzem Kostas Stafylidis und Dong Won Ji. Ablösefreie Spieler sind dabei nicht grundsätzlich günstiger als andere Verpflichtungen, da das weniger an Ablöse meist durch ein hohes Handgeld ausgeglichen wird. Aber die Wechsel können schlicht früher und schneller von statten gehen. Zu Beginn dieser Transferperiode haben wir bei ablösefreien Spielern bisher in die Röhre geschaut. Beunruhigend.
  2. Der Kader hat so viele Löcher wie noch nie. Wir haben bisher keinen Keeper mit Bundesligaformat und sind auf allen Abwehrpositionen für die neue Saison unterbesetzt. Auch im Mittelfeld und in der Offensive sieht es noch nicht viel besser aus. Verstärkungen sind durch die Bank dringend notwendig. War der Kader im letzten Sommer so tief wie noch nie, so ist er gerade so dünn wie noch nie. Viele offene Fragen sind ungeklärt. Anstatt die offenen Kaderfragen (Hinteregger? Kobel? Max?) langsam einzugrenzen, geben wir eher noch Spieler ab (Jonathan Schmid!) und schaffen so neue Lücken. Alle diese Themen auf den letzten Drücker zu klären, wird nicht möglich sein. Deshalb braucht es eine zeitnahe Klärung einiger Personalien. Auch hier fehlen die Ergebnisse, die mich beruhigen würden.
  3. Die taktischen Vorstellungen und Umstellungen von Martin Schmidt setzen voraus, dass wir über die entsprechenden Spieler verfügen, die diese auf dem Feld umsetzen können. Das vergrößert den Handlungsbedarf in diesem Sommer zusätzlich. Wir brauchen gezielt Spieler, die ins System passen und dieses tragen können. Da kann man nicht immer warten, dass einem solche in den Schoß fallen. Für einige sportlich passende Spieler muss man evtl. gezielt mehr ausgeben, um die sportliche Entwicklung insgesamt zu beschleunigen. Bisher ist von solchen Transfers nichts zu sehen.

Und so sehr ich davon überzeugt bin, dass im Hintergrund fieberhaft gearbeitet wird, so würde es mich in dieser Transferperiode nicht beunruhigen, wenn dann doch zeitnah Vollzug bei einigen Personalien gemeldet würde. Es ist doch eher so, dass im Kader so viel Bewegung zu erwarten ist, dass diese Phasen ohne Vollzugsmeldung mich kirre machen.

Dazu kommt, dass wir gerade erst einen neuen Kaderplaner vorgestellt haben, der hoffentlich keine Eingewöhnungszeit braucht. Was macht er anders und wie sieht sein Plan aus? Keiner weiß es genau. Ist er der richtige für all diese Themen? Die Transferbilanz war in den letzten Perioden nicht überzeugend. Zeit, dass sich etwas tut. Abzuwarten fällt mir persönlich schwer und ich fiebere auf die nächsten Meldungen hin. Aber noch habe ich Hoffnung, dass uns Stefan Reuter aus dieser Zwickmühle hinaus manövriert.

Dann schaue ich lieber Sascha Mölders beim Kicken zu

Für mich als FCA Fan sind in diesen Tagen zwei bedeutungsvolle Ereignisse von statten gegangen. Zuerst hat der FCA gestern mit einer schallenden 1:8 Klatsche in Wolfsburg diese jämmerliche Saison beendet. Ich gebe gerne zu Protokoll und stehe zu meiner Meinung: dies war die schwächste Bundesligasaison des FCA in seiner Geschichte. Ich habe den FCA in allen acht Jahren intensiv verfolgt und ich habe mich noch nicht so oft geschämt für den Einsatz und die Leistung der Mannschaft wie in dieser Saison. Gerade auswärts darf man sich langsam als Fan schief anschauen lassen, wenn man da noch mitfährt, um das Team zu unterstützen. Am Ende stehen gerechtfertigterweise die meisten Gegentore in der gesamten Liga über die Saison hinweg. Und wenn sich Hannover, Nürnberg und Stuttgart nicht noch dämmlicher als wir angestellt hätten, dann hätten wir uns über den Abstieg in dieser Saison nicht beschweren dürfen. Derweil bin ich noch nicht einmal mehr sauer. Ich bin resigniert und freue mich auch etwas auf die Sommerpause. Zumindest muss man nicht Woche um Woche Angst haben, wieder einen Nackenschlag am Wochenende zu kassieren. Mein Nervenkostüm wird sich hoffentlich bis August erholen.

Die Sommerpause gibt einem auch mal etwas Zeit, über den Tellerrand zu schauen und sich nicht nur mit dem sportlichen Tagesgeschäft zu beschäftigen. Und so kam es zum zweiten bedeutungsvollen Ereignis: Ich habe heute die Zeit genutzt, um mir die neueste Episode des FCA-Podcasts „Feuer und Flamme“ einzuverleiben, bei der die Mölders Family in Person von Sascha und Ivonne Mölders zu Gast war. „Feuer und Flamme“ hat sich neben „Auf die Zirbelnuss“ in der Rückrunde als zweiter FCA Podcast etabliert und die kurzen Episoden sind schöne Lückenfüller im Alltag. Hört gerne mal rein!

Was mir beim Anhören wieder bewusst wurde und das ist jetzt auch nichts neues: Sascha Mölders ist ein Bombentyp, von denen wir anscheinend beim FCA momentan nicht mehr so viele haben. Könnt ihr euch vorstellen, dass so einer sich am letzten Spieltag in Wolfsburg quasi auf den Rasen legen und so herspielen lassen würde? Er geht uns genau wie ein Halil Altintop, ein Tobi Werner oder die anderen Charakterköpfe der Vergangenheit gerade total ab. Und dann gebe ich gerne zu: es ist mir egal wie dick oder dünn, wie jung oder alt, wie schlau oder deppert unsere Spieler sind, so lange sie sich für unsere Farben den Arsch aufreißen. Was die Mannschaft in großen Teilen am Samstag nicht gemacht hat. Das ist als Fußballprofi deine Hauptaufgabe: Samstag 15:30 – alles geben, bis der Schiedsrichter das Spiel beendet. Beim Rest sind wir in Augsburg ja leicht zufriedenzustellen. Aber daran hat es in dieser Saison des öfteren gemangelt.

Natürlich rückt nach diesem Saisonabschluss die Kaderplanung noch mehr in den Vordergrund. Ich habe mich vor kurzem hierüber schon etwas ausgelassen und dort schon betont, dass die Charakterfrage eine ganz wichtige ist. Ich will das heute nochmal betonen und noch einen wichtigen Schritt weitergehen: bevor wir wieder ohne zweiten Stürmer in die neue Saison gehen, lasst doch einfach den Sascha zurück holen. Ich weiß, dass ist überhaupt nicht realistisch, gerade weil es damals mit Stefan Reuter nicht gut zu Ende ging. Aber anstatt dem nächsten jungen Talent, was direkt nach einem Rückstand aufsteckt und welches nur als Wertanlage verpflichtet wurde, schaue ich lieber dem Mölders beim Kicken zu. Da weiß ich wenigstens, dass die Person jede Minute zu schätzen weiß und sich immer voll reinhängt.

Als FCA Fan ist es gerade keine leichte Zeit. Aber zumindest das Underdog Image für die nächste Saison ist gesichert. Jetzt brauchen wir auf dem Platz nur noch 11 Hunde, die nicht nur bellen sondern auch wieder beißen. Was bin ich gespannt auf die Entwicklungen der Sommerpause!

Klasse gehalten: Alles richtig gemacht?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Samstag 04. Mai 2019 um 17:20 Uhr: Der FC Augsburg löst das Ticket für seine neunte Bundesligasaison in Folge und bleibt erneut erstklassig. Dafür musste man noch nicht einmal selbst ins Geschehen eingreifen. Durch einen Sieg der Berliner Hertha gegen den VfB Stuttgart ist der Punktevorsprung der Augsburger an den letzten Spieltagen – unbeachtlich des Ausgangs der Partie auf Schalke – für die Stuttgarter nicht mehr einzuholen. Hurra!

Dem voraus ging wohl eine der faszinierendsten Saisonwenden, die dem FC Augsburg in der jüngeren Vergangenheit gelang. Nach einer langen Durststrecke, die unter anderem deutliche Klatschen auswärts in Bremen und Freiburg als auch eine deprimierende Niederlage gegen den zukünftigen Absteiger Nürnberg umfasste, schien die Mannschaft psychologisch nicht mehr an sich selbst zu glauben. Mit Jeffrey Gouweleeuw äußerte erneut ein Spieler den Eindruck, dass es keinen taktischen Plan gäbe. Mannschaft und Trainer Manuel Baum schienen sich auseinandergearbeitet zu haben.

Der Trainereffekt

So entschied sich die Vereinsführung vor fast einem Monat für einen neuen Impuls und tauschte innerhalb weniger Tage Trainer Manuel Baum gegen Martin Schmidt aus. Dieser kam aus der Schweiz angeflitzt, sorgte für einen Stimmungsumschwung und belebte den Offensivdrang. Die Mannschaft fuhr flugs nach Frankfurt und schlug die Eintracht nach glücklichem Spielverlauf deutlich 3:1. Im Heimspiel gegen Stuttgart folgte in der Woche darauf ein krachendes 6:0. Auch die folgende Heimniederlage gegen Bayer 04 Leverkusen konnte nicht mehr verhindern, dass die Wende geschafft und der Abstieg verhindert war. Eine kurzfristige Entwicklung, die ich persönlich unter Manuel Baum für nicht mehr möglich gehalten habe.

Steht mit dem Klassenerhalt fest, dass die Vereinsführung alles richtig gemacht hat? Es scheint auf den ersten Blick so. Allerdings hat auch die Vereinsführung nicht dazu beigetragen, dass diese Saison erfolgreicher verlaufen wäre. Es war direkt nach der Winterpause deutlich zu erkennen, dass Manuel Baum kämpfen musste. Ruhe und Konzentration hätten uns vielleicht durch die Saison gebracht und eine vorzeitige Eskalation vermieden.

Die Desaster des Jahres: Lehmann und die Personalentscheidungen

Indem man Manuel Baum Jens Lehmann an die Seite gestellt hatte, wurde die Ruhe im Augsburger Umfeld auf offenem Feld verbrannt. Im Nachhinein war dies wohl eine der wahnwitzigsten Ideen überhaupt. Wahrscheinlich hatte niemand angenommen, dass der Medienrummel dieses Ausmaß annehmen würde. Gerade in Augsburg ist die Ruhe, mit der ein Trainerteam arbeiten kann, einer der größten Vorteile im Vergleich zur Konkurrenz. Die Verpflichtung eines Fußball-Hyperprominenten mit fragwürdiger Persönlichkeit (ich denke z.B. an die öffentlich gewordenen Dispute Jens Lehmanns mit den Finanzbehörden) hat zum genauen Gegenteil geführt. Augsburg wurde zum Zeitpunkt der Verpflichtung von Journalisten belagert und Lehmann Spiel um Spiel beäugt und beobachtet. Was ein Rummel um einen Co-Trainer.

Dazu hat es das Management um Stefan Reuter im Winter auch nicht geschafft, die Personalien Caiuby und Martin Hinteregger geräuschlos zu lösen. Bei beiden Spielern hatte man sich selbst in Situationen gebracht, wo ein Abgang des Spielers notwendig geworden war, um zumindest kurzfristig wieder für Ruhe rund um die Mannschaft zu sorgen. Durch beide Abgänge sind Lücken im Kader entstanden, die nicht adäquat geschlossen wurden. Wie auch, wenn man im Winter sportliche Leistungsträger verschenkt und niemanden auf den jeweiligen Positionen verpflichtet?

Mit dem Trainertausch ist es nicht getan

Insofern war zwar der Trainer-Tausch am Ende die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Diesem ging allerdings auch auf Seiten des Managements des FCA eine Saison voller Pleiten, Pech und Pannen voraus, die Manuel Baum das Leben nicht erleichtert hat. Manuel Baums Grundlagenarbeit scheint zudem sehr gut gewesen zu sein, wenn es daraufhin einem neuen Trainer sehr schnell gelingt, die Mannschaft zumindest kurzfristig wieder auf die Erfolgsspur zu führen.

Insofern bleibt für die neue Saison einiges zu tun und zu ändern. Im Bereich der Kaderplanung hat sich der FCA von Stephan Schwarz getrennt und mit Timon Pauls einen neuen Kaderplaner verpflichtet, der vom großen FC Bayern kommt. Insgesamt scheint sich im Vereinsmanagement noch an anderen Stellen etwas zu tun, nachdem man laut Sponsors mit Björn Endter zudem einen Marketing- und Vertriebsprofi von Schalke 04 loseisen konnte. Es bleibt zu hoffen, dass man selbst erkannt hat, an welchen Stellen Fehler gemacht wurden und diese vor der nächsten Saison so gut wie möglich behoben werden.

Sportlich kann man in dieser Saison nur von Glück sprechen, dass sowohl Nürnberg, Hannover als auch Stuttgart wahrlich desolate Saisonleistungen abgeliefert haben. Da sind wir mit unserer schlechten Saison gerade nochmal durchgerutscht. In einem anderen Jahr reicht eine solche Leistung vielleicht schon nicht mehr für den Klassenerhalt. Um das im nächsten Jahr zu vermeiden, bedarf es daher einer klaren Definition eines sportlichen Zielbilds zwischen Trainer und Management und einer abgestimmten Kaderplanung mit klar definierten Spielerrollen.

Transferkracher braucht die Stadt

Im Anschluss ist es notwendig 2-3 Verpflichtungen zu tätigen, die den Kader gezielt in der Spitze verstärken. Wir brauchen Spieler, die der Mannschaft sofort helfen und uns voranbringen. Ein reines „weiter so“ mit dem bestehenden Kader wird uns eben nicht weiterbringen. Zudem sollte man auch bei einigen Spielern, bei denen wir seit Jahren auf den Durchbruch warten, einen konsequenten Schlussstrich ziehen. Nach dem Brimborium in der Winterpause wird es umso wichtiger sein, den Kader und zukünftige Neuverpflichtungen mit Fokus auf ein gewisses charakterlichen Profils zu betrachten. Eine Rückkehr von Caiuby wäre in diesem Zusammenhang ein fatales Signal.

In der neuen Saison muss es dann wieder die erste Prämisse werden, die Ruhe zu bewahren. Jede Maßnahme darf diesen Zweck nicht untergraben. Wenn wir es wieder schaffen, als langweilige graue Maus in der Bundesliga unter der Wahrnehmungsgrenze mitzuschwimmen, dann können wir vielleicht sportlich auch wieder überraschen. Sollte allerdings die weitere Entwicklung dazu führen, dass wir unseren Vorteil des sportlich ruhigen Arbeitsumfelds aufgeben, dann werden wir uns sportlich weiter schwer tun. 9 Jahre erste Bundesliga am Stück. Wer hätte das gedacht? Jetzt soll es aber zweistellig werden und dafür geht die Arbeit jetzt erst richtig los. Unser Vorteil im Moment ist, dass wir im Gegensatz zu anderen Vereinen schon anfangen können, für den Klassenerhalt 2020 zu kämpfen. Auf geht’s!

Zu viel taktisches Klein-Klein, zu wenig Augsburger Grundwerte?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

4:0 zu Hause gegen Hoffenheim verloren. Abgewatscht. Das ganze Spiel über quasi keine Chance gehabt, die Partie für sich zu entscheiden. Fast schon wie letzte Woche in Nürnberg. In Nürnberg kann man mal verlieren, wie auch gegen Hoffenheim. Haben wir auch schon vor dieser Saison gemacht und wird vielleicht auch wieder passieren. Der Club ist ein Traditionsverein mit einer langen Geschichte in der ersten Bundesliga. Wir sind – wenn auch in der Bundesliga mittlerweile etabliert- weiterhin im strukturellen Aufbau. Das Hoffenheim-Spiel kam nach der Pokal-Enttäuschung. Aber Ausreden wird es immer geben. Ich bin ihrer so überdrüssig.

Die Nerven liegen blank

Dieses Jahr waren in Nürnberg vielleicht sogar leicht favorisiert, und mussten uns den Nürnbergern trotzdem 3:0 geschlagen geben. Hoffenheim spielt prinzipiell sehr wechselhaft. Nicht bei uns. Zwei herbe Rückschläge im Abstiegskampf. Zwei von vielen in den letzten Jahren. Normalerweise nichts, was den Augsburger zum Ausrasten bringt. Nach dem Nürnberg-Spiel durfte man trotzdem für Augsburger Verhältnisse seltene Szenen beobachten. Kapitän Daniel Baier lieferte sich hitzige Diskussionen mit den Fans in der Kurve und schmiss am Ende die Binde zu Boden. Die Nerven lagen blank auf beiden Seiten.

Berechtiger Unmut der Fans

Dabei ist der Unmut des Augsburger Publikums mittlerweile nachvollziehbar (Ton und genaue Aussagen in Richtung einiger Spieler möchte ich damit nicht verteidigen). Immer wieder auswärts und mittlerweile auch mehrmals zu Hause geht der Mannschaft nicht nur die richtige Taktik ab sondern auch Augsburger Grundwerte, die unsere Erfolge über die letzten Jahre gesichert haben. In Stuttgart, in Bremen, in Freiburg und auch gegen Nürnberg ließ die Mannschaft vor allem Kampf und Leidenschaft vermissen. So wirkte es zumindest. Die Spieler stehen auf dem Platz und bekommen als erstes die Kritik ab. Es war ganz klar zu erkennen, dass auf diese Art und Weise die Spiele nicht zu gewinnen sind. Einmal ist keinmal. Von diesen Spielen gab es mittlerweile doch einige zu viel.

Augsburger Grundwerte sind nicht zu erkennen

Entsprechend stellt sich die Frage, warum die Mannschaft es nicht schafft, diese Werte immer auf den Platz zu bringen. Ist Manuel Baum hier der Trainer, der diese Werte dauerhaft vermitteln kann? Es scheint zumindest auf Grund der wankelmütigen Leistungen in dieser Saison fragwürdig. Zu denken gegeben hat mir ein Interview mit seinem Trainerkollegen Steffen Baumgart vom SC Paderborn. Dieser hat bewusst verzichtet, spielerische Konzepte zu erklären und betont, dass der Fokus auf den Grundwerten liegen muss.

Nein! Fußball ist zu allererst Laufen, Kämpfen, Leidenschaft. Ich sehe Mannschaften, da können Spieler sieben verschiedene Positionen bekleiden, aber am Ende stehen sie trotzdem alle hinten drin. Weil das Wesentliche fehlt.

Steffen Baumgart, Trainer des SC Paderborn im Interview mit 11Freunde

Fokus auf taktischer Vorbereitung

In Augsburg wird immer wieder über das „gute Gefühl“ gesprochen, mit dem man in die Partie am Wochenende gehen will. Es werden spielerische Schwachstellen des Gegners gesucht und die Spieler auf diese vorbereitet. Man verliert sich im Klein-Klein der Taktik und hofft durch die Vorbereitung die strukturellen Mängel im Team bzw. zwischen Team und Trainerstab zu überdecken (Dass Daniel Baier bei seiner Auswechslung Manuel Baum nicht die Hand gegeben hat, obwohl dieser diese angeboten hat, ist sicher nicht nur mir aufgefallen). Ich habe schon des öfteren betont, dass mir dabei die Wut im Bauch manchmal fehlt. Mittlerweile fehlt mir auch das Umgehen mit Rückständen und die psychologische Arbeit im Zusammenhang mit der Einstellung der Mannschaft hinsichtlich unserer Grundwerte. Was passiert in diesem Zusammenhang?

Das komplizierte sportliche Grundkonzept

Im Erfolgsfall kann man Interviews geben wie Sandro Schwarz, Trainer von Mainz 05, vor kurzem gegenüber Spox, in dem er die Arbeit am spielerischen Grundkonzept und entsprechenden Grundlagen betont hat. Im Abstiegskampf kommt es auf die Basis an. In Augsburg wird es Zeit, dass bestimmte Grundwerte wieder selbstverständlich werden. Da brauchen wir gerade nicht über Taktik und Spielideen sprechen, wenn jegliche Umsetzung scheitert. Vielleicht sind die taktischen Anweisungen zu mannigfaltig und viel geworden und das System müsste mal wieder um einige Komplexitäten reduziert werden. Gerade in der Anfangsphase gegen Hoffenheim hat man gesehen, wie es aussieht, wenn ein Team nicht eingespielt ist. In der heißen Phase des Saisonendspurts.

Kein einfaches weiter so

Gerade in diesem Zusammenhang muss Manuel Baum die Mannschaft wieder in die Spur bringen. Sein sportliches Konzept wird denn auch nur zum Tragen kommen, wenn die Spieler überhaupt in der Lage sind es umsetzen zu können. Im Moment ist nicht zu erkennen, wo Automatismen greifen. Spieler wirken eher so, als ob sie von den Anforderungen überfordert wären. Genau mit dem gleichen Problem hatte Baum auch schon im Schlussspurt seiner ersten Saison in Augsburg gekämpft. Seitdem ging kaum etwas voran. Entsprechend wird den Verantwortlichen des FC Augsburg kaum etwas anderes übrig bleiben, als spätestens in der Sommerpause die Reißleine zu ziehen und auf der Trainerposition eine Änderung herbeizuführen, so schade ich dies persönlich auch fände. Das Augsburger Umfeld bringt immer noch eine große Geduld und Ruhe mit, solange zumindest zu erkennen ist, dass alle Spieler in die gleiche Richtung ziehen. Wenn die Spieler denn wissen, welche Richtung das ist. Es wird schleunigst Zeit, dies in der Schlussphase der Saison in jedem Spiel zu zeigen. Ich hoffe, wir haben einen Plan. Einen, den auch jeder einzelne versteht.

Augen auf, Klaus Hofmann

Ein kleiner Vorfall auf der Jahreshauptversammlung und ich denke seitdem  darüber nach. An dieser Stelle hatte ich den Vorfall an sich beschrieben und deutlich gemacht, warum der FC Augsburg mit seiner Haltung nicht unpolitisch geblieben ist. Dies war schlicht nicht möglich. Ich habe in diesem Zusammenhang auch über die beiden #Nazisraus Tweets des FC Augsburg geschrieben, die mir ein bisschen Hoffnung machten. Nachhaltig ist das antirassistische und antifaschistische Engagement unseres FCA noch lange nicht. Das Problem ist dabei schon, dass das Problem bisher vom FCA eher verharmlost als Ernst genommen wurde. Nachfolgend würde ich euch gerne erklären, warum ich das so sehe.

Ich werde bei diesem Thema auch nicht müde werden, es immer wieder hervorzuholen und daran zu erinnern. Die alltäglichen Konfrontationen mit Rassismus nehmen momentan zu und das bedrückt und bestürzt auch mich. Dieser Beitrag passt gerade deshalb so gut in die Länderspielpause, weil Länderspiele dazu tendieren, Rassisten eine öffentliche Bühne zu bieten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich vor einer Weile überlegte, spontan das Länderspiel Deutschland gegen Polen in Frankfurt zu besuchen. Schon vor dem Stadion wurde von einigen Fans der Hitlergruß gezeigt. Rassismus trat vollkommen öffentlich auf. Ich ging wieder nach Hause und hatte keinen Bock mehr auf das Spiel. Dré Voigt ging es nun in Wolfsburg gegen Serbien ganz ähnlich. Er hatte auf den Sitzen hinter sich drei Rassisten sitzen und war bestürzt über die schweigende Mehrheit. Er hat das Wort ergriffen und Zivilcourage gezeigt und das sollten wir in diesem Zusammenhang alle.

Aber Rassismus kommt doch im Zusammenhang mit Fußball gar nicht vor, oder? Wir verstehen gar nicht, warum die Schanzer mit einem Sondertrikot aufgelaufen sind. So zumindest könnte man es annehmen, wenn man Klaus Hofmanns Aussagen folgt.

Hofmanns realitätsferne Aussage

Dazu hat Klaus Hofmann auf der Jahreshauptversammlung eine Aussage getätigt, die mir besonders alarmierend scheint. Um diese Aussage geht es:

Man muss ja heutzutage jedes Wort auf die Goldwaage legen, das man so liest. Herr Hofmann hat noch niemanden kennengelernt im deutschen Fußball, der rassistische Gedanken hat. Herr Hofmann hat ja nicht behauptet, dass es niemanden im deutschen Fußball gäbe, der rassistisch denken oder handeln würde. Er kennt nur solche Menschen nicht. Und signalisiert damit, dass das Problem nicht auftreten und nicht immer weiter wachsen würde.

Und dabei verschließt er die Augen vor einem Problem, dass es in der Fußballlandschaft schon eine ganze Weile gibt. Ronny Blaschke hat hierüber sogar ein Buch geschrieben, das den passenden Titel „Angriff von Rechtsaußen: Wie Neonazis den Fußball missbrauchen“ trägt. Wer das Buch liest, stellt fest, dass der Fußball eine solch große gesellschaftliche Bedeutung hat, dass er gerne von Rassisten genutzt wird, um die in seinem Rahmen ihr Gedankengut verbreiten. Deswegen wünsche ich mir an dieser Stelle ja schon länger, dass der FCA endlich eine deutliche Haltung gegenüber rechts einnimmt.

Der Gegenbeweis: Vorfälle in 2018

Nachdem aber Klaus Hofmann das Problem auch wieder relativiert und klein geredet hat, braucht es vielleicht ein paar plakative Beispiele, was in deutschen Stadien und drum herum so passiert. Soviel Verblendung ist nämlich kaum vorstellbar, nachdem bundesweit über Babelsberg gesprochen wurde und auch Mesut Özil grundsätzlich auf das Thema eingegangen ist. Also hier nur einige Beispiele, alles passiert in 2018, nicht abschließend ohne Prioritisierung (weitere gerne in die Kommentare):

Wer sich nun denkt, dass es sich hierbei um eine neue Entwicklung handelt, der irrt. Die Jungle World hat schon für 2017 eine Übersicht über antisemitische Handlungen erstellt, die weitere erschreckende Vorkommnisse enthält.

Zeit für den FC Augsburg zu handeln

Im Gegensatz zur Offensichtlichkeit des Problems kann ich nicht erkennen, wie Klaus Hofmann oder der FC Augsburg sich nachhaltig aktiv gegen rechts betätigen würden. Zwei Tweets in diesem Zusammenhang sind ein minimaler Anfang, für den man sich nun wirklich nicht feiern muss. Dazu man dazu an deutschlandweiten Aktionswochen teilnimmt, ist ja wohl nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit. Es werden dutzendweise witzige Videos im Trainingslager produziert, während sich dieser Verein nicht nachhaltig gegen rechts stellt und aktiv etwas tut.  Vielleicht könnte man einen Teil der PR/Social Media Kapazitäten auf dieses Thema lenken und zusätzlich entsprechende Initiativen in der Stadt und Region unterstützen. Es wird Zeit, das Problem anzuerkennen und die Augen als Verein mit entsprechender Verankerung in der Gesellschaft nicht zu verschließen. Alles andere ist genau so armselig, wie die Ausbeute der Mannschaft am Ende der Hinrunde. Aber zumindest sind wir sportlich mittlerweile auf dem Weg der Besserung. Bei einem der wichtigen politischen Kernthemen dieser Zeit verschließt der Verein weiterhin die Augen.

Kleine Hürden im großen Ganzen

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Entwicklungen verlaufen selten linear. Zumindest nicht, wenn man mitten in ihnen steckt. Man sagt ja so schön: Das Leben ist ein ewiges auf und ab. Die Entwicklung des FC Augsburg seit Beginn der 2000er Jahre war allerdings gerade im Nachhinein sehr geradlinig. Erst der Aufstieg in die 2. Bundesliga 2006. 2011 dann der Aufstieg in die erste Liga. Zwischendurch noch kurz ein neues Stadion gebaut und bezogen (Anfield auf dem Lechfeld). Vor ein paar Jahren dann zusätzlich die Teilnahme an der Europa League. Belgrad! Liverpool in echt! Wieder einmal die Erwartungen übertroffen.

Zu diesem Zeitpunkt dann sind wir an unsere natürliche Grenze gestoßen. Was mehr als das internationale Geschäft soll uns gelingen? Nach acht Jahren in der Bundesliga können wir uns selbst zudem als etablierten Bundesligisten bezeichnen. Durch die großen wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Topclubs der Liga und Vereinen unseres Kalibers braucht man über mehr gar nicht lange nachzudenken. Trotzdem sind wir es ja gewohnt, dass die Entwicklung weiter geht. Wenn doch nicht in der Tabelle, dann zumindest grundsätzlich. Vielleicht können wir ja doch mal einen Topstar anlocken? Auf die Champions League schielen? Den DFB-Pokal gewinnen? Kann der Augsburger auch mal in Ruhe sein Bier trinken und nicht gerade den nächsten Fußballtraum träumen? Mir zumindest fällt das schwer.

Derweil darf man nicht vergessen, das der Weg nicht nur nach oben gehen könnte. Meine Angst in diesem Zusammenhang ist immer, dass der FC Augsburg so schnell, wie er sich in der Bundesliga eingefunden hat, dort auch wieder verschwindet. Detailfragen hierzu werden gerne in Wattenscheid, Uerdingen, Kaiserslautern oder auch in München beantwortet. Gerade eine sportliche Krise sollte einem diesbezüglich allerdings nicht die Sorgenfalten ins Gesicht treiben. In den meisten Fällen führten strukturelle finanzielle Fehlentscheidungen dazu, dass Vereine sportlich keine Chance mehr hatten, der Konkurrenz zu trotzen. Es ist keiner dieser Clubs in der Versenkung verschwunden, weil er gegen Freiburg eine Klatsche kassiert hat oder abgestiegen wäre.

Im Gegensatz dazu sind Clubs in Schieflage geraten, weil sie kurzfristig teure Profis verpflichtet und über ihre Verhältnisse gewirtschaftet haben. In Augsburg stand deshalb zu Recht schon immer die wirtschaftliche Vernunft im Vordergrund und ist der wichtigste Wegweiser für die Handlungen des Vereins. Dies war auch in unserer zweiten Bundesligasaison der Fall, als im Winter wieder mal im Augsburger Rahmen zugeschlagen wurde. 9 Punkte hatte unser FCA nach der Hinrunde auf dem Konto. Noch nie war einem Team in einer solchen Situation noch der Klassenerhalt gelungen. Uns damals schon. Der wichtigste Neuzugang war damals Manager Stefan Reuter, der im Winter an Bord kam und uns seitdem viele Jahre hinweg das Geschehen in Augsburg positiv prägte.

Und deshalb ist die Lage auch längst nicht so dramatisch, wie sie zuletzt immer wieder dargestellt wurde. In diesen Zeiten überhöhen selbst sachliche Charaktere die Lage immer wieder. Der Sieg gegen die Dortmunder Borussia bot dafür erneut eine großartige Gelegenheit. Ein Beispiel:

Der Sieg gegen den BVB war längst nicht die größte Sensation unserer Bundesligageschichte. Der direkte Klassenerhalt im zweiten Jahr und die Europa League Saison werden das immer toppen. Wir waren auch nicht in der größten Schwächephase unserer Bundesligageschichte. Die Hinrunde im zweiten Jahr war deutlich schlimmer. Aber mittlerweile ist es entweder abwechselnd so schlimm wie noch nie oder auch großartig himmelhochjauchzend. Fußball hat die Angewohnheit von seinen Fans in alle Richtungen vollkommen überhöht zu werden. Dabei ist es doch schon immer nur die schönste Nebensache der Welt. Und ein einzelner, ganz unscheinbarer Bundesligasieg an einem Freitagabend kann einen dennoch in Ekstase versetzen.

Und insofern können wir uns nur selbst helfen, indem wir die Dinge etwas sachlicher einordnen. Stefan Reuters Winterpause war dann zumindest ganz ok, da er uns Gregor Kobel nach Augsburg lotste (ganz sachlich: Gregor Kobel, Fußballgott). Reuter hatte auch Geduld mit Dong-Won Ji (alle: Ji, Ji, Ji, Ji,…) und anderen, die jetzt zeigen, dass sie doch wichtig für uns sind. Wer an Reuter zweifelt, der hat in Augsburg nicht verstanden, warum wir auch im achten Jahr immer noch Bundesliga spielen. Am allerwichtigsten ist in diesem Zusammenhang, dass er mal wieder im Winter nicht vor lauter Panik Haus und Hof verkauft hat, nur um einen möglichen Heilsbringer nach Augsburg zu lotsen. Egal wie diese Saison ausgeht, werden wir nächste Saison wirtschaftlich wieder sehr gute Voraussetzungen haben, um in der Liga mitzuhalten.

Und wenn wir gar allzu besonnen agieren, dann führt uns nächstes Jahr ein Trainer in die neue Saison, der die Mannschaft sehr gut kennt und sie gegen jeden Gegner so einstellen kann, dass wir etwas holen können. Oft genug hat er es mittlerweile gezeigt. Manuel Baum hat es geschafft mit einer Mannschaft Borussia Dortmund zu schlagen, bei der auch ich in dieser Woche noch infrage stellte, ob diese Jungs die Qualität haben, um die Klasse zu halten. Ja, wir leiden gerade unter dem Ausfall einiger Leistungsträger. Aber diese Mannschaft hat eine Frage beantwortet: Unser Kader zeigt gerade insgesamt, dass doch eine gewisse Tiefe vorhanden ist.

Nachdem wir allerdings – auch nach Lektüre dieser Zeilen – grundsätzlich nicht aus unserer Haut können, wird auch nach einer möglichen Auswärtsniederlage in Leipzig nächste Woche, alles wieder grundsätzlich den Bach hinunter gehen. Auswärts liegt uns momentan nicht und Leipzig ist erneut eines der Top-Teams der Liga. Wir sind also genau eine Woche von der nächsten möglichen Katastrophe entfernt. Als Fan darf man das so sehen, aber für die Verantwortlichen ist es insgesamt nur eine kleine Hürde im großen Ganzen des FCA der letzten Jahre. Hoffen wir, dass sie sich noch lange nicht anstecken lassen und wir sportlich im Geschäft der Großen weiter mitspielen können. Ich kann mich ganz oft immer noch darüber freuen, dass wir samstags um 15:30 Uhr spielen. Das ist die Zeit, zu der ich den FC Augsburg noch ganz lange sehen will.

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