Leipzig im Rückspiegel, der Blick geht nach oben

Wellen hatte das Spiel gegen RB Leipzig schon im Vorhinein geschlagen. Ordentliche Wellen. Der FC Augsburg hatte eine Pressemitteilung herausgegeben und ein erhöhtes Sicherheitspersonal und diverse Maßnahmen (Kontrolle von Bannern u.a.) bekannt gegeben. Die Szene Fuggerstadt, der Dachverband der aktiven Fans in Augsburg und nicht wie vielerorts berichtet nur die Ultras, haben mit einer Stellungnahme geantwortet, in der die Maßnahmen als populistisch bezeichnet wurden. Es war von Vertrauensverlust die Rede. Die Augsburger Allgemeine hat direkt vermutet, dass dies dazu führt, dass die Freundschaft zwischen Verein und aktiver Szene beendet scheint. Derweil saßen alle Parteien schon längst wieder an einem Tisch um sich auszutauschen und  der FCA hat noch vor dem Spiel eine weitere Stellungnahme veröffentlicht und vom erfolgreichen Dialog berichtet. Erneut hat es von außen niemand geschafft einen Keil zwischen Fans und Verein zu treiben. Quasi wie in einer guten Ehe.

Im Stadion hat die Nordwand dann vor Spielbeginn eine Choreografie unter dem Motto „Black Friday“ aufgeführt. Schwarze Plakate und durchgestrichene Logos wurden hoch gehalten mit der Unterschrift: „DFL, RB und DFB Hand in Hand fahren den Fußball an die Wand“.

Sky hat keine Bilder davon gezeigt. Die Bundesliga übernimmt selbst die Bildregie ab ca. 20:20 Uhr und hat die kritische Choreo in der Bildregie zensiert. Sky hat dann später  im Nachgang zum Spiel darauf verzichtet, auf den friedlichen Protest einzugehen. Objektive Berichterstattung fand in diesem Fall so nicht statt. Etwas zynisch könnte man meinen, dass es für Fans schon Gewalt braucht, bis sich gewisse Medien überhaupt für den Protest interessieren.

Später wurden in der zweiten Halbzeit Banner hochgehalten mit folgendem Text:

Sachliche Kritik ja, aber der Vergleich ist total daneben und unter der Gürtellinie. Sollen die Steineschmeißer relativiert werden? Hat ein Sponsor eine Verantwortung für verunglückte Sportler? Was soll das? Insgesamt war dies rund um das Stadion allerdings der einzige diskussionswürdige Vorfall. Es blieb ansonsten komplett ruhig.

Während der Woche war etwas untergegangen, wie dünn die Personaldecke mit angeschlagenen und verletzten Spielern wie Johnny Schmidt, Alfred Finnbogason, Raul Bobadilla, Jeffrey Gouweleeuw, Daniel Baier und Paul Verhaegh beim FC Augsburg wirklich war. Von den angesprochenen konnte letztendlich nur Raul Bobadilla spielen. Manuel Baum sagte in der Pressekonferenz vor dem Spiel: „Wir haben dann schon noch das ein oder andere Personalrätsel dann zu lösen, wenn die denn dann ausfallen sollten.“ Und das tat er dann auch. Raphael Framberger durfte erneut von Beginn an ran, musste später aber leider verletzt raus. Kevin Danso kam zu seinem Debüt. Mit 18 Jahren wurde er jüngster Debütant in der Bundesligageschichte des FCA und lieferte eine tolle Leistung ab. Meine Träume von einer Stammelf waren erneut begraben.

Manuel Baum hatte weiterhin angekündigt: „Ich denke wir sind inhaltlich gut vorbereitet auf dieses Spiel.“ Das war der FCA dann auch. Mit einer 3er Kette und einem Fünfermittelfeld und hohem Pressing wollte man die Leipziger zu langen Bällen zwingen, was überwiegend gut funktioniert hat. Die Räume im Zentrum waren meist eng und die Leipziger mussten oft auf die Flügel ausweichen. Nach einem strammen Distanzschuss von Kostas Stafylidis führte der FCA 1:0. Allerdings sollte sich zeigen, dass man die Leipziger nicht über 90 Minuten kontrollieren konnte. Nach einer wunderbaren Angriffskombination, die äußerst schwer zu verteidigen war, kam RBL zum Ausgleich. Das 1:2 fiel dann nach einer Ecke. Leipzig hatte zu diesem Zeitpunkte beste Chancen den dritten Treffer zu erzielen und in Augsburg zu gewinnen. Dennoch kam das Mentalitätsmonster, das der FCA im Moment ist, wieder zurück. Martin Hinteregger lief einen Konter mit, Raul Bobadilla sicherte den Ball in seiner einmaligen Manier und am Ende stand das 2:2 durch Hinteregger. Stafylidis hat dann kurz vor Schluss noch den Pfosten getroffen und die Krönung des Abends verpasst.

Der Abend war trotzdem ein voller Erfolg. Es blieb friedlich und zwischen Verein und Fans ist weiterhin kein Keil zu erkennen. Sportlich war die Leistung zudem ein deutlich Schritt nach vorne, auch mit äußerst dünner Personaldecke. Dazu kamen wieder Spieler aus der eigenen Jugend zum Einsatz und lieferten tolle Leistungen ab. Die Stimmung war großartig und das Augsburger Lechfield war zumindest für ein Spiel wieder zurück. Wer glaubt an diesem Tag nicht, dass wir auf dem richtigen Weg sind? Es macht wieder richtig viel Spaß! Es sind momentan 7 Punkte auf Platz 6. Lasst uns angreifen!

Ihr seid Dosen, wir sind voll

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Es ist aus meiner Sicht seit langem das mit am meisten Spannung erwartete Spiel. Es geht um die Partie gegen RB Leipzig am Freitagabend und die Spannung bezieht sich nicht auf das Geschehen auf dem Rasen. Die Erwartungshaltung an das Spiel auf dem Rasen ist schnell geklärt. Ich erwarte, dass die Mannschaft stabil steht, sich in die Zweikämpfe wirft und Leipzig so gut als möglich Paroli bietet. Auf dieser Basis schauen wir dann einfach, was am Ende dabei herauskommt.

Meine Spannung bezieht sich allerdings auf die Geschehnisse rund ums Stadion. Nachdem was zuletzt in Dortmund passiert ist und nachdem Verhalten einiger Fans gegenüber Georg Teigl in der Hinrunde, hoffe ich, dass unsere Ultras sich nicht bewusst asozial verhalten werden. Zudem bin ich gespannt, wie der FCA insgesamt mit diesem Spiel umgeht. Werden Spruchbänder kontrolliert und evtl. zensiert, um Strafen gegen den Verein zu vermeiden? Vor allem anderen hoffe ich, dass es friedlich bleibt und dass es in keinster Weise zu Zusammenstößen zwischen den Fangruppen kommt. Augsburg Calling geht mal wieder voran und veranstaltet auch gegen Leipzig ein Rahmenprogramm für Heim- und Gästefans.

Derweil bin ich niemand der das Konstrukt RB Leipzig gut heißt oder mit seiner Kritik zurückhaltend ist. RB Leipzig sollte aus diversen Gründen keine Bundesligalizenz erhalten haben. Bei der Durchsetzung der Lizenzauflagen ist die DFL lasch gewesen und hat das Konstrukt durch gewunken. Der Hauptzweck von RB Leipzig ist die Werbung für einen Energiedrink und nicht der Fußballbetrieb. Darin unterscheidet sich RB auch von den Werksclubs in der Liga. Ja, es geht hier um teilweise kleine Unterschiede, aber wo ist die Grenze? Auch ich vertrete die Meinung, dass das Konstrukt RB bewusst über diese Grenze getreten ist. Sie wurden gelassen. Und ja, auch ich erkenne eine gewisse Wagenburgmentalität.

Deshalb wünsche ich mir für das Spiel gegen Leipzig Protest der Augsburger Fans. Lauten, eindrücklichen Protest. Dieser sollte sich dabei allerdings in fairen Grenzen bewegen. Humor wäre auch toll, Hoffenheim hat es vorgemacht. Die Leipziger Fans können nichts dafür, dass ihr Verein ein solche Werbekonstrukt ist. Klar könnten sie sich auch unterklassigen Fußball anschauen. Aber wer will ihnen verwehren, dass sie gerne Bundesliga sehen und erleben wollen. Dazu (und dafür werde ich mir einiges anhören müssen) haben die Leipziger Fans wohl die gleichen Grundsätze, die ich bei mir sehe. Die Leipziger Fans sind eher weniger gewaltbereit und zum Großteil friedlich. Und ich glaube, dass es einige Bemühungen gibt, den Verein aktiv zu supporten und eine entsprechende Fankultur aufzubauen.

Natürlich sind diese Bemühungen von Vereinsseite getrieben. An diesem Punkt sind aus meiner Sicht nun die organisierten Fangruppen anderer Vereine gefordert. Unterhaltet euch darüber, wie ihr euch gegenseitig helfen könnt. Die junge Leipziger Szene könnte von den reichhaltigen Erfahrungen anderer sicher enorm profitieren und wäre dann nicht mehr so abhängig vom Konstrukt RB. Anfeindungen und Hass werden RB und die Fans nur enger zusammenschnüren. Ich glaube nicht, dass schon alle Mittel der Kommunikation erschöpft sind. Vielleicht haben wir einfach bisher nicht das richtige Forum bzw. die richtige Ebene gefunden? Vielleicht bin ich einfach naiv?

Derweil können auch wir in Augsburg noch viel von anderen Vereinen lernen. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten für Fans sind durch unser eigenes Investorenmodell sehr gering. Immerhin jubeln wir unser eigenen Traditionsmarke zu, aber dennoch können auch wir uns immer noch strukturell verbessern. Ich habe mich erst am Freitag über alternative Fanartikel in Hannover aufklären lassen und festgestellt: Es ist nicht schwer auf Menschen zu zu gehen. Dies ist keine Kapitulation, dies ist erst der Anfang.

Nach Darmstadt mit dem Wunsch nach einer Stammelf

Sieben Spiele unter Manuel Baum stehen mittlerweile in den Büchern. Neben den erfreulichen Ergebnissen vor der Winterpause (Sieg gegen Gladbach, Unentschieden gegen Dortmund), sind nun auch Analysen von Niederlagen gegen Hoffenheim, Mainz und Leverkusen notwendig. Siege gegen Bremen und Wolfsburg stehen positiv in der Bilanz, waren aber teilweise glücklich (v.a. gegen Bremen).

In diesen 7 Spielen hat Manuel Baum genauso viele Spieler eingesetzt, wie Dirk Schuster in den 14 Partien zuvor. Beide Trainer haben insgesamt auf 23 Spieler zurückgegriffen. Das ist in Relation zu den absolvierten Spielen eine enorme Anzahl. Pep Guardiola hat letzte Saison in 34 Spielen 25 Spieler eingesetzt, Thomas Tuchel 26 Spieler. Sowohl Dortmund als auch die Bayern mussten international ran. Markus Weinzierl hat in einer vollen Saison mit Dreifachbelastung in der Bundesliga 27 Spieler eingesetzt.

Regelmäßig die Startelf umzubauen und sie den Gegnern anzupassen, gehört laut Süddeutscher Zeitung zu Baums Prinzipien. Derweil führt die andauernde Rotation zu Problemen, denn Automatismen zwischen Spielern, die sich regelmäßig einstellen, wenn diese dauerhaft miteinander Fußball spielen, stellen sich schwerer ein. Es kommt zu Abstimmungsfehlern und Pannen, die in der Abwehr dann vermehrt zu Gegentoren führen. Diese Probleme tauchen noch häufiger auf, wenn man zusätzlich zur Rotation noch versucht den Spielern neue Spielideen einzutrichtern. Wer die letzten Spielen gesehen hat, der wird zustimmen, dass die Gegentore zu leicht fallen und wir es den Gegnern zu leicht machen.

Deswegen liegt meine Hoffnung gegen Darmstadt darin, dass wir langsam zu einer Stammelf finden, die eingespielt und abgestimmt agiert. Der erste Überraschungsphase nach Baums Übernahme der Mannschaft ist vorbei. Man könnte auch sagen: Honeymoon is over. Die Gegner haben nun auch einige Spiele, an Hand derer sie seine Spielweise analysieren können. Deswegen wird es in den nächsten Spielen wieder wichtiger Fehler zu reduzieren und den Hurrafußball etwas zu beschränken. In diesem Fall bin ich zuversichtlich, dass wir mit der Qualität in der Mannschaft den Trend umkehren können. Dennoch muss Manuel Baum jetzt zeigen, dass er seine Philosophie auch ein wenig über Bord werfen kann, um für Stabilität zu sorgen. Ansonsten haben wir in Augsburg bald die erste Krise in Baums Amtszeit an der Backe. Das wäre dann doch recht schnell gegangen.

Wie der Fußball seine Unschuld verlor

Fußball ist ein Produkt, was sich in den letzten Jahren immer bester Nachfrage erfreut hat. Ausverkaufte Stadien im ganzen Land und die Gesamtzuschauerzahl in der Bundesliga ist nur gesunken, wenn Teams mit großen Stadien (Stuttgart, Hannover) ab- und dafür Teams mit kleinen Stadien (Darmstadt, Ingolstadt) aufgestiegen sind. Bzgl. mancher Vereine ist die Nachfrage weiterhin so groß, dass man ein Abebben des Interesses am Fußball generell nicht an den Zuschauerzahlen erkennen kann. Die Stadien in Dortmund, München oder Schalke sind – zumindest im Moment noch – ausverkauft, egal was passiert.

Derweil sieht das bei kleineren Vereinen anders aus. In Augsburg betrug die Auslastung in der letzten Saison bei Bundesligaspielen 94,7%. Da war generell nicht mehr viel Platz im Stadion. Die Auslastung ist nun gesunken auf 89,1 Prozent in dieser Saison. Der Unterschied mag nun nicht nach viel klingen, aber in dieser Saison waren schon zweimal weniger als 26.000 Zuschauer im Stadion, während das in der letzten Saison nie passiert ist. Der Durchschnitt wird durch die Heimspiele gegen die Bayern und Schalke 04 weiterhin hoch gehalten, die bisher immer ausverkauft waren. Dazu kommt, dass uns ein weiteres Freitagsspiel und das Spiel in der englischen Woche gegen Ingolstadt noch bevorstehen, die beide nicht ausverkauft sein werden.

Aber woran liegt das? Der FC Augsburg hat weiterhin seine sportlich beste Saison mit der Teilnahme an der Europa League hinter sich. Sportlich stehen wir auch jetzt ungefähr auf dem Tabellenplatz, auf dem wir die letzte Saison beendet haben (gerade Platz 13, Ende der letzten Saison Platz 12). Die Augsburger Allgemeine hat schon im Sommer gefragt, ob das Interesse am FC Augsburg geringer wird. Als mögliche Gründe wurden hier das ausgefallene Fanfest, eine unglückliche Außendarstellung und schlicht Langeweile angeführt. Das mag alles seinen Teil beitragen.

Allerdings liegt das Problem für mich tiefer. Der Fußball an sich verliert für mich gerade etwas sehr wichtiges: die Unbeschwertheit. Ich habe kein Problem damit anzuerkennen, dass ich durch die WM 2006 wieder zum Fußball zurückgefunden habe. Wie die WM zu Stande kam, wird hier bewusst nicht behandelt und auch welche Rolle die Fifa generell einnimmt. Dennoch ist 2006 für mich etwas passiert, was für den Fußball aus meiner Sicht sehr wichtig war. Es ist die Freude am Spieltag zurückgekehrt. Die Welt war zu Gast bei Freunden und egal bei welcher Paarung hat man mit wildfremden Menschen ein Fest gefeiert. Dabei sind zwar auch viele Betrunkene unterwegs und es geht ab und an unfreundlich zu, aber das hat mich bisher nicht entscheidend gestört.  Der Eventcharakter hat eben auch beinhaltet, dass ich im Stadion bisher keine Angst hatte und unbeschwert aus dem Alltag ausbrechen konnte. Nach der WM 2006 habe ich zum FCA gefunden und freue mich seitdem auf jedes Spiel im Stadion.

Die Ereignisse in den letzten Wochen werfen hierauf einen Schatten. Welche Ereignisse meine ich konkret:

Und während ich hier sitze, überlege ich mir zwar auch, wie die Spiele am Nachmittag ausgehen werden, hoffe aber hauptsächlich, dass das Ganze mal ein Ende findet. Die Frage ist doch dabei: Wird es das? Aufgelistet sind nur die Ereignisse der letzten beiden Wochen, die ich mitbekommen habe. Viel wurde darüber diskutiert, wie Vereine und Fans dafür bestraft werden, was in diesem Zusammenhang passiert. Wer allerdings über die Bestrafung dieser Sachverhalte nachdenkt, der sollte sich im gleichen Atemzug Gedanken machen, was proaktiv unternommen werden kann, damit so etwas nicht mehr passiert bzw. die Situation nicht weiter eskaliert. Und damit meine ich konkret nicht eine Erhöhung des Polizeiaufgebots und der Ordnerzahl. Dies wäre vergleichbar mit dem Fieberzäpfchen gegen Grippesymptome – es löst das Problem selbst nicht. Wenn ein gewisser Handlungsrahmen in der Umgebung von Fußballspielen regelmäßig verlassen wird, dann wird der Sport etwas von seinem derzeitigen Stellenwert einbüßen. Für mich konkret bedeutet dies, dass ich evtl. weniger Spiele besuche. Ich bin früher regelmäßig alleine auswärts gefahren, weil ich recht isoliert wohne und habe mir kaum Sorgen gemacht. Darüber denke ich mittlerweile öfters nach, v.a. da rund um Augsburger Spiele manchmal nicht viele andere individualreisende, unorganisierte Fans unterwegs sind. Ob ich mir in diesen Situationen vorstellen kann, meine kleine Tochter mitzunehmen? Schwierig.

Deshalb sollten sich Fans und Vereine Gedanken machen, wie sie an der derzeitigen Situation etwas ändern können. Ich will im Hinblick auf die Augsburger Situation ein paar Gedanken und Ideen aufschreiben. In Augsburg bringt dabei Augsburg Calling schon seit längerem regelmäßig die unterschiedlichen Fanlager zusammen. Dennoch könnte und sollte mehr passieren:

  • Rund um das Stadion gibt es kaum mögliche Treffpunkte. Der Neubau auf der Wiese hat (u.a. wie in Mainz oder Gladbach) dazu geführt, dass man direkt ins Stadion geht, um dort im Fanzelt oder Block zusammen zu kommen. Jetzt soll zig Jahre nach Eröffnung eine Fankneipe entstehen. Aber auch das ist noch zu wenig. Der Verein sollte sich auch zusammen mit anderen Akteuren Gedanken machen, wie die Situation um das Stadion herum verbessert werden kann.
  • Im Stadion herrscht dann nämlich strikte Fantrennung. Der Gästeblock ist komplett umzäunt und Heim- und Gastfans treffen nicht aufeinander. Ich halte diese Käfighaltung grundsätzlich für provokant und würde mir wünschen, dass dies nur in besonderen Ausnahmefällen bzw. bei ausgewiesenen Risikospielen der Fall ist. Das Gästefans zusätzlich nur alkoholfreies Bier bekommen führt auch dazu, dass diese vorher stoßbetanken. Ziel nicht erreicht.
  • Ich werde an dieser Stelle nicht müde mich zu wiederholen, dass ich mir die Rückkehr der ermäßigten Tageskarten in Kombination mit scharfen Kontrollen der entsprechenden Berechtigung wünsche. Wenn wir weitere sozial schwächere von den Spielen ausschließen,  dann ist das eine Enttäuschung.
  • Bei den nächsten Marketingbemühungen sollte dann evtl. der Satz „, denn Fußballfreundschaft ist für uns Pflicht.“ in den Mittelgrund gerückt werden. Wie beim Grundgesetz, sollte auch bei der Vereinshymne jede Zeile gleichberechtigt neben den anderen stehen. Es wäre eine willkommene Abwechslung zur 37. Trikot-Rabattaktion.
  • Und wenn wir dann schon dabei sind, dann dürfte der Verein gerne selbstständig mehr für die Augsburger tun. Abseits der Interessen eines Wirtschaftsunternehmens sollte sich der Verein langfristig überlegen, wie er seinen Teil zum Augsburger Zusammenleben beitragen kann. Da braucht es erst einen neuen Torhüter in Person von Andreas Luthe der durch seinen Stiftung „In Safe Hands“ etwas auf die Beine stellt. T-Shirts in Augsburg produzieren zu lassen anstatt in China wäre ja schon mal ein erster Schritt.

Schlussendlich ist mittlerweile eine Zeit gekommen, in der einem der Gedanke kommen mag, den Fußball etwas zu vernachlässigen. Ich sehe das genau anders herum: es ist die Zeit gekommen, das Engagement noch zu erhöhen und den Fußball nicht den Idioten zu überlassen. Der Fußball hat immer noch sehr viele positive Aspekte, die er in den Menschen hervorbringt. Und wenn ich nächste Woche ins Jonathan-Heimes-Stadion am Böllenfalltor fahre, dann meine ich nur in zweiter Linie die Liebe zum Spiel. Und ich weiß: Wir müssen kämpfen.

Manuel Baum macht sich selbst Druck

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Wenn Trainer neu sind, dann hört man ihnen aufmerksamer zu als im späteren Verlauf ihrer Wirkungsdauer, außer der Trainer heißt Hans Meyer oder Christian Streich. Manuel Baum ist in Augsburg in der Winterpause offiziell vom Interims- zum Cheftrainer aufgestiegen. Seine Gewandheit im Umgang mit der Presse wird sich verbessern. Dennoch interessiert mich gar nicht so sehr, wie er etwas sagt, sondern der Kern seiner Aussagen. Vor dem Spiel gegen Wolfsburg war als Überschrift auf der Internetseite des FCA zu lesen: Baum: „Ziel sind drei Punkte“. Auch vor dem Spiel zu Hause gegen Hoffenheim fand sich dort ein ähnliches Zitat: Baum: „Wollen Punkte hier behalten!“. Nun vor dem Spiel gegen Werder Bremen heißt das Motto „Gegen Werder nachlegen“.

Fußball ist ein ergebnisorientierter Sport. Dirk Schuster hat in der Hinrunde Ergebnisse abgeliefert und z.B. in Bremen gewonnen. Die Art und Weise hat am Ende dazu geführt, dass er vom FCA rausgeschmissen wurde. Die Verantwortlichen haben laut den offiziellen Aussagen die Fußballphilosophie des Vereins nicht mehr erkannt und daher den Wechsel herbeigeführt. In den ersten Aussagen vom neuen Cheftrainer Manuel Baum nach der Winterpause geht es nun nicht so sehr um die Fußballphilosophie. Manuel Baum scheint auch kein Trainer zu sein, der damit hausieren geht, was er analysiert und wie er manche Dinge auf dem Platz umsetzen will. Er will auch für die Gegner des FCA möglichst schwer durchschaubar bleiben.

Dennoch tut er sich mit den obigen Überschriften keinen Gefallen.  In der Pressekonferenz vor dem Bremen-Spiel wurde einmalig erwähnt, dass man die spielerische Klasse nun auch zu Hause auf den Platz bringen will, während die „3 Punkte“ unzählige Male auftauchten. Er könnte anstatt dessen genau so gut sagen: „Wir wollen mutig spielen, offensiv deutlich Akzente setzen, über 90 Minuten dem Gegner Paroli bieten. Es soll eine Weiterentwicklung erkennbar sein.“ Das würde doch vollkommen ausreichen, obwohl ich mir selbst wünschen würde, er würde dies spezifizieren. Wenn man die sportlichen Herangehensweisen von Dirk Schuster und Manuel Baum vergleicht, dann stellt Manuel Baums Philosophie keinen einfachen Wechsel dar. Spieler müssen neues Wissen aufnehmen und auf dem Platz umsetzen, konsistent ohne spielentscheidende Fehler zu machen. Die ersten Ergebnisse vor der Winterpause waren zwar schmeichelhaft, aber eine solche Entwicklung braucht Zeit und geht nicht von heute auf morgen. Warum setzt er sich diesem Ergebnisdruck aus?

Gegen Hoffenheim hat die Mannschaft eine Halbzeit gut gespielt und wurde danach von Hoffenheim abgekocht. Was hängen bleibt ist, dass Baum ein Spektakel versprochen („Lohnt sich, ins Stadion zu kommen“) und nicht abgeliefert hat. Die Punkte gingen nach Hoffenheim. Nun nach dem Wolfsburgspiel, bei dem der FCA auf viele Stammkräfte verzichten musste, und trotzdem gewinnen konnte, mag die Situation harmlos wirken. Aber die Erwartungshaltung vor dem Spiel gegen Bremen steigt nun und es wird auch wieder Phasen geben, in denen die Ergebnisse ausbleiben.

Dabei kann Manuel Baum das Ergebnis auf dem Platz am Ende nur schwerlich beeinflussen. Es kommt auf die Spieler an, die seine Strategie umsetzen müssen. Selbst erfahrene Cheftrainer wie Carlo Ancelotti sehen den Fokus ihrer Arbeit im Training unter der Woche. Es ist ihm zu raten, dass er sich selbst nicht zu sehr unter Ergebnisdruck setzt. Hoffentlich wird ihm dieser Druck auch nicht intern von den Verantwortlichen gemacht. Denn was wirklich zählt ist, wie sich die Mannschaft sportlich weiterentwickelt. Kann er den Profis etwas beibringen? Spielen Sie besseren Fußball? Es sieht momentan noch gut aus. Sollte es eine Welle der Anfangseuphorie geben, so frage ich mich, wann diese Honeymoon Phase zu Ende geht. Sieg oder Niederlage hängen am Wochenende von sehr vielen Faktoren ab. Wenn die Spieler sich den Arsch aufreißen und Verbesserungen zu sehen sind, dann sollten wir in Augsburg alle ruhig bleiben. Zuallererst Manuel Baum selbst. Die Lehre aus der Verpflichtung von Dirk Schuster sollte doch wohl sein, nicht zu allererst den Fokus auf die Ergebnisse zu legen. Auch nicht, wenn es gerade ganz gut läuft. Oder haben wir nichts gelernt?

Frambos Bedeutung für den FCA

Wer hätte damit noch gerechnet? Im 188. Ligaspiel in der ersten Bundesliga unseres Vereins läuft zum ersten Mal ein Spieler aus der eigenen Jugend von Beginn an auf. Raphael Framberger fiel diese Rolle nun zu, nachdem der etatmäßige Rechtsverteidiger des FC Augsburg Paul Verhaegh krankheitsbedingt in Wolfsburg nicht einsetzbar war. Manuel Baum hatte den Mut ihm zu vertrauen anstatt Markus Feulner oder Georg Teigl aufzustellen. Am Tag danach heißt es durchatmen, denn – Debüt hin oder her – Framberger ließ sich nicht beeindrucken und spielte eine starke Partie. Zwar führte ein Freistoß nach einem Foul von ihm zum Gegentor, aber in der 38. Minute rettete er großartig nach einem Ballverlust von Jan Morávek und bereitete zudem später noch das Siegtor vor. Sein Auftritt war gekennzeichnet von Selbstbewusstsein und sein Vorstoß vor dem Siegtreffer, war nicht der einzige an diesem Nachmittag. Zeichnet sich nun eine Kehrtwende beim FCA in Bezug auf den Einsatz eigener Jugendspieler ab?

Während der FCA Jugendspieler vor allem wegen der Vorgaben der DFL zu sog. „Local Players“ mit Profiverträgen ausstatten muss, war bis vor kurzem klar, dass diese bei den Profis trotzdem nicht zum Zuge kommen. Der FCA muss mindestens vier Spieler im Profikader führen, die für mindestens drei Spielzeiten im Alter zwischen 15 und 21 in den eigenen Jugendmannschaften gespielt haben. Markus Weinzierl hatte aber erst im Herbst 2015 noch geurteilt: „Die Jungs sind engagiert, aber es ist nicht nur ein Schritt, sondern zwei, drei Schritte“. Unter Markus Weinzierl kam dann auch in der Europacup-Saison und mit großen Verletzungsproblemen kein Spieler aus der eigenen Jugend zu Einsätzen. Den Jugendspielern wurde von Weinzierl offensichtlich nichts zugetraut.

Das hatte sich schon unter Dirk Schuster geändert, unter dem auch Julian Günther-Schmidt zu Jokereinsätzen kam. Dass es nun dennoch Raphael Framberger ist, der als erstes nach über 5,5 Jahren in der ersten Bundesliga von Beginn an ran darf, ist zumindest ein kleines Wunder. Framberger wechselte im Alter von 8 Jahren zum FCA, als dieser 2004 noch selbst in der Regionalliga spielte. In den letzten 10,5 Jahren hat er viele Jugendmannschaften des FCA durchlaufen und ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Eigengewächs. Schon in seiner ersten U23-Saison 2014/15 hatte er einige Kadernominierungen bei den Profis, kam aber nicht zum Einsatz, bevor ihn dann ein Kreuzbandriss lange komplett außer Gefecht setzte. Jetzt ist er wieder zurück. Zwei Einsätzen vor der Winterpause bei der U23 folgte am Samstag direkt mit der ersten Kadernominierung der Startelfeinsatz bei den Profis.

Dieser Moment reiht sich für mich persönlich in eine Kette der ersten Male beim FCA ein, die aus immer mehr positiven Momenten besteht. Ich denke in diesem Zusammenhang gerne an den ersten Bundesligasieg in Mainz durch einen Elfmeter von Jan-Ingwer Callsen-Bracker, den zweiten Klassenerhalt durch den gehaltenen Elfmeter von Alex Manninger im Jahr 1 unter Weinzierl, den ersten Sieg gegen die Bayern nachdem Daniel Baier Mitchell Weiser düpiert hatte und Sascha Mölders auflegte, und den Einzug in den Europacup, nachdem auch wieder Sascha Mölders, den Schlusspunkt gesetzt hatte. Diese Liste ist nicht abschließend und ja, Raphael Framberger reiht sich nun in diese Liste ein. Andere Jugendspieler können zu ihm hochschauen und sehen, dass es klappen kann. Er ist seit gestern ein Leuchtturm für die Jugendarbeit des FCA.

Es bleibt zu beobachten, ob sich in dieser Hinsicht grundsätzlich etwas ändern wird. Der Abgang von Daniel Opare im Winter und der Einsatz von Raphael Framberger sind erste gute Anzeichen. Die Vertragsverlängerung von Christoph Janker könnte dem entgegen stehen. Mit Manuel Baum als Cheftrainer ist jemand verantwortlich, der die Jugendspieler kennt wie kein anderer, da er die letzten 2,5 Jahre die Jugendarbeit koordiniert hat. Eine einheitliche Spielphilosophie sollte zudem dazu führen, dass Jugendspieler besser bei den Profis integriert werden können. Ob sich Stefan Reuter und die weiteren Verantwortlichen bei der Kaderplanung davon beeinflussen lassen, bleibt abzuwarten. Wenn trotz der Verletzungssorgen im Sturm jetzt in der Winterpause kein weiterer Stürmer kommt, dann sollte dies zudem weitere Möglichkeiten für unsere Jugendspieler bedeuten und wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Aber für heute stärkt Raphael Frambergers Einsatz den Glauben daran, dass es klappen kann. Darauf können wir heute alle anstoßen und dann geduldig und in Ruhe weiter arbeiten (Übersetzung für Hr. Reuter: Frambergers Vertrag verlängern).

Jetzt kommt es auf die Mannschaft an

Eine Woche noch bis die Bundesliga weiter geht. Der FCA ist gerade aus dem Trainingslager in Marbella zurückgekehrt und die Mannschaft genießt ein freies Wochenende. Im Trainingslager hat Manuel Baum die Zeit genutzt, um den Jungs seine Spielphilosophie näher zu bringen. Eine solche Philosophie wurde bisher noch nicht öffentlich formuliert und das Interview von Manuel Baum mit der FAZ stellt in diesem Zusammenhang eine Neuheit dar. Es scheint einen sportlichen Plan zu geben. Daran habe zumindest ich zwischenzeitlich nicht geglaubt. Von der Qualität des Plans werden wir uns nun gemeinsam in der nächsten Zeit überzeugen können. Euphorie macht sich bei mir gerade noch nicht breit.

Seine Spielphilosophie muss Manuel Baum nämlich mit dem Kader auf den Platz bringen, der ihm momentan zur Verfügung steht. Neuzugänge hat der FCA bisher nicht zu vermelden. Klangvolle Namen wie Burgstaller oder Badstuber haben sich für andere namenhafte Clubs entschieden. Neuzugänge, die jetzt noch verpflichtet würden, sind eher perspektivisch zu betrachten, denn sie müssten sich noch eingewöhnen und das System erlernen und die Zeit hierfür wird langsam knapp. In der Rückrunde kommt es auf die derzeitige Mannschaft an. In diesem Zusammenhang lässt sich darüber streiten, ob es der am besten besetzte Kader des FC Augsburg aller Zeiten ist. Die Mannschaft verfügt zumindest über die Qualität den Klassenerhalt zu schaffen. Nach dem Wechsel zu Manuel Baum ist der Anspruch an die Mannschaft allerdings gewachsen. Ich erwarte mir konstruktives Spiel nach vorne, erkennbare Strukturen im Spielaufbau und viel mehr Torgefahr. Eine bissige und zweikampfstarke Spielweise würde ich gerne weiterhin sehen. Das Gemauere der Hinrunde sollte nun zu Ende sein. Was kann da schon schiefgehen?

Zuerst könnte die unter Dirk Schuster gewonnene defensive Stabilität verloren gehen. Mehr Gegentore könnten dazu führen, dass der FCA schneller in Zugzwang gerät und Teams nach eigener Führung defensiver gegen uns spielen können. Gegen ein Defensivbollwerk muss der FCA auch mit verbesserten Offensivbemühungen Wege finden, in Spiele zurückzukommen. Zudem besteht auch unter Manuel Baum die Gefahr, dass die Offensivabteilung nicht mit genügend Qualität ausgestattet ist. Jonathan Schmid, Georg Teigl und Takashi Usami sind den Nachweis ihrer Bundesligatauglichkeit in der Hinrunde meist schuldig geblieben. Caiuby und Alfred Finnbogason sind weiterhin verletzt und immer noch weit entfernt von einer Rückkehr in den Spielbetrieb. Im Sturmzentrum ist Raul Bobadilla nach der Verletzung in der Hinrunde noch nicht wieder bei 100% seiner Leistungsfähigkeit angelangt. Viele Hoffnungen liegen offensiv beim Koreaner-Doppel Ji und Koo.

Wenn auch unter Manuel Baum keine Tore fallen wollen, dann wird sich die Unruhe weiter ausbreiten. Unruhe, die selbstinduziert entstanden ist, nachdem man – aus Sicht der verantwortlichen Personen – mit Dirk Schuster daneben gegriffen hat. Stefan Reuter hat Nerven aus Stahlseilen, wenn er in dieser Situation auf einen unerfahrenen Trainer wie Manuel Baum setzt. Nachdem er die Verpflichtung von Dirk Schuster im Sommer schon mit verantwortete und als Manager hauptverantwortlich für die Spielertransfers in der Sommerpause war, die bisher außer Martin Hinteregger alle keine besonders eindrucksvolle Rolle gespielt haben, ist nun auch seine Jobsicherheit mit dieser Rückrunde eng verknüpft. Zwei fehlerhafte Trainerentscheidungen in einer Saison und ein möglicher Abstieg würden auch seinem Resumé schaden.

Für alle Beteiligten ist es nun besonders wichtig, dass das gewachsene Mannschaftskonstrukt des FC Augsburg weiterhin nicht wackelt. Um Führungsspieler wie Marwin Hitz, Paul Verhaegh oder Daniel Baier, die an einem guten Tag immer noch internationale Topleistungen abrufen können, muss weiterhin Ruhe herrschen und die Jungs müssen ihre Qualität auf den Platz bringen. Ruhig und geduldig müssen sie eine Idee nach der anderen von Manuel Baum umsetzen, mit dem Wissen, dass manches schiefgehen wird. Dabei soll der Spaß zurückkommen, weil es im Offensivspiel wieder mehr vorgegebene Ideen und weniger Freiheiten gibt. Denn anscheinend hat Dirk Schuster am Ende keinen Rückhalt in der Mannschaft mehr gehabt. Da will man Stefan Reuter direkt mit auf den Weg geben, die Augen im Moment weit offen zu halten. Denn neben dem ein oder anderen günstigen Perpektivtransfer à la Hahn oder Traoré wäre es aus meiner Sicht angebracht, unzufriedene Spieler, die ihre Perspektive auch unter Manuel Baum nicht mehr beim FCA sehen, noch im Winter direkt abzugeben. Mit Daniel Opare wurde das erste Missverständnis zumindest vorübergehend gelöst. Aber Unruhe könnte das sportliche Schicksal des FCA in der Rückrunde entscheiden. Denn zur Ruhe sollten wir alle zurückkehren. Über die weitere Notwendigkeit, den Kader etwas auszudünnen, habe ich mich schon früher ausgelassen. Denn wenn alles gut geht, dann wird Manuel Baum den Klassenerhalt frühzeitig sichern. Und Kevin Dansö und Kollegen werden unter ihm in den Fokus rücken und relevante Minuten spielen dürfen.

Ich war auch im Sommer nach der Verpflichtung von Dirk Schuster positiv gestimmt. Ich habe auch jetzt wieder Hoffnung, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen. Um diese Hoffnung zu bestätigen, muss die Mannschaft zeitnah auf dem Platz Zeichen setzen. Was wäre dafür besser geeignet als eine Begegnung gegen Hoffenheim? Oh ja, von mir aus kann es wieder losgehen.

Gibt es einen sportlichen Plan?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Die Überschrift ist Programm beim FC Augsburg. Welche sportliche Identität hat unser Club im Moment und welche will er zukünftig haben? Die Verantwortlichen suggerieren, dass sie einen Plan haben. Stefan Reuter hat erst unlängst wieder auf die sportliche Philosophie verwiesen, als er am 28.12. die Verpflichtung von Manuel Baum als Cheftrainer des FCA verkündet hat:

Wir sind überzeugt, dass Manuel Baum der richtige Trainer ist, um die Philosophie des FC Augsburg im Sinne des Vereins umzusetzen und weiterzuentwickeln.

Der aufmerksame Beobachter fragt sich: Schon wieder? Klang das nicht bei Dirk Schuster genauso? Und um welche sportliche Philosophie geht es eigentlich?  Schuster selbst hatte bei seiner Vorstellung einige Hoffnungen geweckt. Auch damals ging es schon darum, die Mannschaft fortzuentwickeln. Schuster hatte angekündigt:

Aber wir wollen natürlich diese Mannschaft auch ein Stück voranbringen.

Der FCA kündigte in der Mitteilung zur Vorstellung von Dirk Schuster die folgende Marschroute an:

Das ist auch taktisch zu verstehen: Schuster will den FC Augsburg weiterhin als unangenehmen Gegner etablieren, der defensiv gegen den Ball arbeitet und es auch stärkeren Teams schwer macht. Andererseits möchte er kreative Impulse in der Offensive setzen.

Die Kehrtwende kam schnell. Die Verantwortlichen beim FCA waren wohl nach einem halben Jahr nicht mehr davon überzeugt, dass er der richtige Mann dafür ist, die ominöse Philosophie des Vereins umzusetzen:

Nach eingehender Analyse der aktuellen sportlichen Situation sind die Verantwortlichen des FC Augsburg zu der Erkenntnis gelangt, dass unterschiedliche Auffassungen über die weitere sportliche Ausrichtung und die Art und Weise, wie der FCA Fußball spielen will, herrschen.

Aber um welche Philosophie geht es eigentlich? Aus meiner Perspektive scheint es so, als ob die Hinrunde 2015/16, in der die Mannschaft von Markus Weinzierl v.a. in der Abwehr etliche Male wackelig stand, dazu geführt hat, dass ein Fokus auf die Defensive bei den Verantwortlichen wieder wichtiger geworden ist. Derweil war der FCA über 4 Jahre hinweg ein Trainerclub. Markus Weinzierl gestaltete die taktische Ausrichtung des Vereins, ohne dass der Verein ein festes Bild  bzw. eine sportliche Vision nach der Zeit mit Jos Luhukay gehabt hätte. Er hat die Mannschaft weg entwickelt von einer defensiven Mauermaschine hin zu einem spielstarken Gebilde, dass auch gegen talentiertere Teams taktische Ideen eindrucksvoll umsetzen konnte.

Nun scheint der FCA auf den Weggang von Markus Weinzierl schlecht vorbereitet gewesen zu sein. Im Hintergrund existierte wohl kein konkretes sportliches Konzept für die Profimannschaft, welche Art von Fußball in Augsburg gespielt werden soll, dem eine Liste mit geeigneten Trainern beilag. Zumindest hat der FCA in einem ersten Schritt keinen geeigneten Trainer gefunden, obwohl auch damals schon Manuel Baum direkt vor ihren Augen tätig war. So richtig beeindruckt waren sie wohl vor einem halben Jahr noch nicht. Aber wenn die sportliche Wunschvorstellung kreative Momente beinhaltet, dann hat Dirk Schuster auch in der Vergangenheit nicht gezeigt, dass er hierfür der richtige Trainer ist. Dirk Schusters Arbeit als Trainer sei in diesem Zusammenhang nicht angezweifelt. Zu eindrucksvoll waren seine letzten Jahre und auch die reinen Ergebnisse in Augsburg. Und geht es nicht eigentlich um die Ergebnisse?

Fragen über Fragen.  Zum Beispiel danach, ob es eine konkrete Vorstellung gibt, welche Art von Fußball beim FCA gespielt werden soll. Geht diese Vorstellung über drei Zeilen hinaus? Ich erwarte an dieser Stelle nicht, dass wir ein taktisch vorgeprägter Club wie der FC Barcelona werden, der in allen Jugendmannschaften und in der Profimannschaft genau ein Spielsystem praktiziert. Allerdings hat eine gewisse fußballerische Grundlinie enorme Vorteile. Wenn das System der Profimannschaft auch in den Jugendteams gespielt wird, so können Jugendspieler schneller Anschluss finden, wenn sie aufrücken. Zusätzlich ist der Kader grundsätzlich auch bei Trainerwechseln geeignet, die taktischen Anforderungen zum Großteil zu erfüllen und es braucht keinen großen Umbau. An der kolportierten Unzufriedenheit Schusters mit den Neuzugängen sieht man das Problem. Für mich als Fan auf der Tribüne definiert die sportliche Grundausrichtung zudem die Erwartungshaltung: Wenn grundsätzlich kreative offensive Elemente angekündigt werden, dann gibt es vielleicht mal eine Durststrecke, diese wird aber enden.

Und so ist das Scheitern von Dirk Schuster an den Anforderungen unseres Clubs wohl ein Zeichen, dass wir auf dem besten Wege zu einer sportlichen Identität sind. War die Verpflichtung von Dirk Schuster in diesem Zusammenhang ein Rückschritt, so wurde dieser nun korrigiert und hat vielleicht dazu beigetragen, dass die Verantwortlichen ein klareres Bild davon haben, was sie sportlich sehen wollen. Klar sollte sein, dass wir ein Club sind, der immer noch unterdurchschnittliche finanzielle Möglichkeiten hat. Entsprechend muss ein potentieller Trainer, konzeptionell und pädagogisch stark arbeiten. In einem zweiten Schritt stellt sich nun die Frage, wer dies am besten umsetzen kann. Manuel Baum scheint hierfür prinzipiell gut geeignet. Er wurde als Konzepttrainer beschrieben und scheint die Spieler zu erreichen. Der FCA braucht zudem keinen per se charismatischen Trainer, der die Öffentlichkeit sucht. Stefan Reuter im Rücken und ein relativ ruhiger Medienstandort sollten es auch einem eher introvertierten oder unerfahreren Trainer erlauben Erfolg zu haben.

Für uns auf der Tribüne hat die Entwicklung zwei Folgen: Zuerst werden wir nicht nur mehr Defensivfußball sehen. Wir können beruhigt aufatmen und uns auf kreative offensive Momente freuen. Mit der Entlassung von Dirk Schuster sind wir allerdings auch mutig geworden und haben den sicheren Pfad verlassen. Die Art, wie wir Fußball spielen, ist anscheinend wichtiger, als die reinen Ergebnisse. Dies könnte in der Zukunft auch dazu führen, dass wir mit unserem sportlichen Konzept absteigen, bevor wir uns zum Klassenerhalt mauern. Allerdings zeigt der Blick auf andere Clubs, dass die Strategie funktioniert. Hoffenheim und Mainz haben beide eine sportliche Identität entwickelt und spielen damit konstant in der Bundesliga. Der Blick geht bei beiden Clubs nach oben. Ein schneller Erfolg ist dennoch nicht zu erwarten. Konzepte und Trainer brauchen Zeit, um ihre Vorstellungen umzusetzen. Für die Zukunft stimmt mich die Entwicklung zumindest langfristig positiv. Ob Manuel Baum Erfolg haben wird, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Er hat keine Erfahrung in der Bundesliga und Stefan Reuters Trainertrefferquote ist verbesserungswürdig. Hoffen wir auf den Lucky Shot.

Abseits des Platzes: Die Funktion des Klaus Hofmann

Wie der FC Augsburg tickt und funktioniert und wie er rechtlich aufgestellt ist, sind zwei unterschiedliche paar Schuhe. Noch unter Walther Seinsch war es so, dass alle wesentlichen sportlichen Entscheidungen (z.B. Spielerverpflichtungen) einhellig von ihm, dem jeweiligen Manager und Trainer als Dreigestirn getroffen wurden. Unter Klaus Hofmann ist nicht mehr ganz so klar, wie sehr er sich in diese Prozesse einbringt, allerdings ist er wohl in die Geschäfte des FC Augsburg tief involviert. Gerade erst jetzt hat Robert Götz in der Augsburger Allgemeinen festgehalten, dass Klaus Hofmann „als Chef des FC Augsburg grünes Licht für die Beurlaubung von Trainer Dirk Schuster (gab)„. Mir stellt sich die Frage. in welcher Funktion er das tut?

Klaus Hofmann ist Präsident des FC Augsburg e.V. der – über eine Beteiligungsgesellschaft – Anteile an der FC Augsburg 1907 GmbH & Co.KGaA hält und die Mehrheit der Stimmrechte halten muss, auf Grund der Regelungen, die als „50+1“ bekannt sind. Klaus Hofmann ist zusätzlich Geschäftsführer der Hofmann Investoren GmbH, deren Zusammensetzung Robert Götz in der Augsburger Allgemeinen ausführlich beleuchtet hat. Nun hält der FC Augsburg e.V. 50.000 Anteile während Klaus Hofmann über die Investoren GmbH über 8,2 Millionen Anteile verfügt. Wenn er nun in die Geschäfte der KGaA eingreift, für wen tut er das dann? Auf der Vereinswebsite wird er als Vorstandsvorsitzender ausgewiesen, explizit unter der KGaA (siehe Adresse oben):

Übersicht von der FCA Webseite

Eine Position bei der FC Augsburg 1907 GmbH & Co.KGaA ist für mich nicht ersichtlich. Der Profispielbetrieb sollte im Verantwortungsbereich der Geschäftsführer dieser Gesellschaft liegen, die wiederum von deren Aufsichtsrat kontrolliert wird.

Offiziell wird die FC Augsburg KGaA von den drei Geschäftsführern Michael Ströll, Peter Bircks und Stefan Reuter geführt. Diese Geschäftsführer müssen sich gegenüber einem vierköpfigen Aufsichtsrat verantworten. Die Besetzung des Aufsichtsrats am Ende der letzten Saison zeigt eine deutliche Verschiebung im Machtgebilde des FCA. Walther Seinsch hatte den Aufsichtsrat mit langjährigen Fans des FC Augsburg besetzt, die nun im Zuge der Umstrukturierung Platz gemacht haben. Was bei vielen dieser Personen im Vordergrund ihres Engagements stand, war der Club selbst. Verein darf man an dieser Stelle ja schon gar nicht mehr schreiben, da es sich um den Aufsichtsrat der KGaA handelt. Das es dabei in der Welt des Fußballs immer wieder zu Vermischungen kommt, und Aufsichtsräte Funktionen übernehmen, die über eine reine Kontrollfunktion hinausgehen, ist nichts neues. Clemens Tönnies ist in dieser Hinsicht auf Schalke wohl ein besonders abschreckendes Beispiel. Aber auch in Augsburg wird von den Aufsichtsräten mehr als nur eine reine Kontrollaufgabe erwartet. Der Verein formulierte dies in der entsprechenden Presseerklärung wie folgt:

Durch diese Neubesetzung ist es unter anderem das Ziel, den FCA im Bereich der Auslandsvermarktung breiter aufzustellen und das Netzwerk der Unternehmer und Finanzexperten für den Klub zu nutzen.

Der prominenteste Name in der Riege der neuen Aufsichtsratmitglieder ist dabei wohl Marcus Höfl, der seit Jahren Manager von Franz Beckenbauer ist. Franz Beckenbauer steht dabei wie kein anderer im deutschen Fußball für zweifelhaftes Verhalten rund um die WM 2006. Wenn Marcus Höfl ein riesiger FCA Fan sein sollte, so ist mir dies bisher entgangen. In einer der Kurven dieser Republik habe zumindest ich ihn nicht getroffen. Mir persönlich wäre allerdings wichtig, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats sich hauptsächlich durch ein nachhaltiges Interesse an unserem Club auszeichnen. Bei ihrer Kontrollfunktion sollten sie genau diesen Club im Blick haben und nicht ihre persönlichen wirtschaftlichen Interessen. Wenn kritische Situationen anstehen sollten, dann interessiert mich weniger die Auslandsvermarktung in Asien, als das die Aufsichtsratsmitglieder ihre Kontrollfunktion gewissenhaft übernehmen.

Wenn man sich nun die aktuelle Besetzung des Aufsichtsrats anschaut und feststellt, dass hier nur noch Vertreter der Investoren GmbH einen Sitz haben, dann stellt sich doch direkt die Frage, wie der FC Augsburg e.V. die Umsetzung von Entscheidungen im Sinne seiner Stimmmehrheit bei der KGaA sicherstellt. Eine offizielle Kontrollfunktion ist durch mangelnde Vereinsvertreter im Aufsichtsrat nicht mehr gegeben. Das mit Peter Bircks ein Aufsichtsrat des e.V. Geschäftsführer bei der KGaA ist, verschärft die Interessenskonflikte nur weiter.

Was sind die Schlussfolgerungen aus den vorherigen Ausführungen? Die 50+1 Regel verbietet es Kapitalanlegern die Mehrheit der Stimmrechte zu übernehmen. Wenn der Kapitalanleger sich allerdings parallel nun zum Präsidenten des Vereins wählen lässt, dann sollten wir uns alle eingestehen, dass 50+1 dadurch ausgehöhlt wird. 50+1 ist somit in Augsburg schon seit dem Einstieg von Walther Seinsch tot. Dies sind mittlerweile 16 Jahre. Der einzige Unterschied ist in diesem Zusammenhang, dass Klaus Hofmann zumindest für den gemeinen Augsburger sympathischer daherkommt als Dietmar Hopp oder Martin Kind. Seitdem haben wir in Augsburg Erfolg und trotzdem mahne ich die Strukturen an. Warum?

Ich bin kein blinder Vertreter der 50+1 Regel. Allerdings geht es mir darum sicherzustellen, dass Strukturen personenunabhängig funktionieren. Momentan sind die Gesellschafter im Aufsichtsrat der KGaA ruhig und lassen die Beteiligten arbeiten. Momentan wirkt Klaus Hofmann zudem wie der Präsident der nächsten 20 Jahre. Aber – seien wir ehrlich – wir haben alle schon Traumehen scheitern und Rosenkriege ausbrechen sehen. Im Fall des Investorenkonstrukts beim FCA ist zudem viel Geld im Spiel. Wenn in dieser Hinsicht etwas passieren sollte, dann mache ich mir unter den momentanen Gegebenheiten Sorgen. Der FC Augsburg e.V. könnte seinen (investorenunabhängigen) Einfluss bei der KGaA von heute auf morgen verlieren. Ich bin Mitglied beim FCA. Mir macht das Sorgen. Ich würde gerne im Aufsichtsrat der KGaA eine Zusammensetzung nach den Stimmrechten sehen, d.h. dass Vereinsvertreter die Mehrheit im Gremium haben und zusätzlich den Vorsitzenden stellen. Mit Vereinsvertretern meine ich Personen, die nicht über ein Investment anderweitig am FCA beteiligt sein dürfen. Einen obligatorischen Fanvertreter würde ich mir in diesem Zusammenhang wünschen. In diesem Zusammenhang wäre dann auch zu klären, welchen Einfluss der Präsident des FC Augsburg e.V. auf die Geschäfte der KGaA hat.

Darüber hinaus sollten wir vereinsseitig überlegen, wie es uns möglich ist, zukünftig Anteile an der FC Augsburg 1907 GmbH & Co.KGaA zurückzukaufen. Hier sollten wir unseren Präsidenten damit beauftragen, in unserem Interesse ein Modell zu erarbeiten, um langfristig wieder selbst einen höheren Kapitalanteil zu übernehmen. Um an zukünftigen Kapitalerhöhungen relevant zu partizipieren, wäre dies essentiell.

Im Zusammenhang mit der Jahreshauptversammlung vor kurzem wurde vor allem über die glorreichen Geschäftszahlen berichtet (Umsatz! Gewinn!). Es sollte mittlerweile klar geworden sein, dass der FC Augsburg insgesamt kein Start-Up mehr ist. Wir sind ein gewachsener Mittelständler und sollten unsere Strukturen auch im Bereich der Unternehmensführung und -kontrolle an diese Gegebenheiten anpassen. Wenn sich der FCA mit einer veränderten Aufsichtsratsbesetzung eine Art Think Tank schafft, dann könnte dies sogar zu zusätzlichen Verbesserungen in der Zukunft führen. Einem prominenten Platz für die gesammelten Faninteressen sollte doch auch der Präsident der Kurve nicht ablehnend gegenüber stehen. Ich bin gespannt, was sich in dieser Hinsicht in der Zukunft tut, denn Klaus Hofmann hat in der Jahreshauptversammlung auch für sich selbst die Latte hochgelegt:

Wer keine Lust mehr hat, zu lernen und besser zu werden, hat keinen Platz mehr beim FC Augsburg.

Und uns allen sollte daran gelegen sein, dass der FCA in der ersten Liga kein vorübergehender Teilnehmer wird und wieder in der Niederungen von Fußballdeutschland verschwindet, wie dies schon vielen anderen Vereinen vorher passiert ist. Dafür denke ich dann auch gerne über die ferne Zukunft nach. Wer sich ein Erbe schafft, der sollte frühzeitig sicherstellen, dass es auch bewahrt wird.

Wer hat verkackt?

Die Woche geht zu Ende. Eine Woche in Augsburg, in der viel passiert ist – mehr als sich die meisten Menschen vorstellen konnten, mich eingeschlossen. Der FC Augsburg hat sich zum ersten Mal seit 2009 von einem Trainer während der Saison getrennt und Dirk Schuster und sein Team freigestellt. Der Club hat diese Entscheidung eine Woche vor der Winterpause getroffen, mit dem Hinweis, dass man das Ganze auch durchziehen sollte, wenn man sowieso schon vollkommen von der Entscheidung überzeugt ist. Das bedeutet, 1) dass die Entscheidung sonst eine Woche später genauso gefallen wäre und 2) die Chancen Punkte zu erzielen, mit Dirk Schuster nicht besser eingeschätzt wurden als mit Manuel Baum, dem installierten Interimstrainer.

Aber was man in Augsburg in diesen Tagen genau gedacht hat, werden wir wohl alle nicht herausbekommen. Nach dem 1:0 Sieg gegen Gladbach zu Hause, will ich trotzdem auf den Vorgang an sich zurückblicken und diesen kurz einordnen. Auf gut deutsch: Wer hat verkackt? Denn die Situation, dass man mit hohem finanziellen Aufwand einen Trainer aus seinem Vertrag herauskauft, öffentlich die Rückkehr zur defensiven Stabilität ausruft, dem Trainer zusieht, wie er genau dies umsetzt, und ihn 5 Monate später wieder an die Luft befördert, setzt voraus, dass doch einiges schief gelaufen ist.

Die Ausgangslage

Aus diversen Gründen kam es im Sommer zur Trennung von Markus Weinzierl. Dieser wechselte mit seinem Team nach Schalke, um sich dort einer neuen Herausforderung zu stellen. Der Abgang ging nicht vollkommen geräuschlos vonstatten. Der FC Augsburg war zum ersten Mal seit 4 Jahren wieder auf der Suche nach einem neuen Trainer. Es wurde Dirk Schuster aus Darmstadt verpflichtet. Der FCA zahlte eine ordentliche Ablöse, um ihn und sein Team aus laufenden Verträgen herauszukaufen. Dirk Schuster wollte selbst eine neue Herausforderung annehmen und die vergleichsweise bessere Infrastruktur in Augsburg für den nächsten Karriereschritt nutzen. Zu diesem Zeitpunkt wurde kommuniziert, dass durch die Verpflichtung Dirk Schusters wieder ein größeres Augenmerk auf defensiver Stabilität liegen sollte. Dirk Schuster hatte mit geringen Ballbesitzwerten in Darmstadt großen Erfolg und das Spiel seiner Mannschaft zeichnete sich durch den hässlichen Aufbau von Abwehrbollwerken aus, an denen sich Gegner zerrieben. Der FC Augsburg wollte zurück zu den Ursprüngen: Zweikämpfe gewinnen und beherzt spielen. Dirk Schuster war zu diesem Zeitpunkt alles andere als eine Notlösung.

Der Verlauf der Saison bisher

Der FCA stand vor der Freistellung von Dirk Schuster mit 14 Punkten auf einem Tabellenplatz im hinteren Mittelfeld der Bundesliga mit einem gewissen Abstand zu den Abstiegsrängen. Die Mannschaft hatte vor dem Spiel in Hamburg vier Spiele nicht verloren und insgesamt wenig Tore kassiert. Leider wurden auch nur wenige Tore erzielt, aber wer sollte das einem Trainer übel nehmen, der neben Caiuby auf Raul Bobadilla und Alfred Finnbogason verzichten musste. Das Ziel der defensiven Stabilität war offensichtlich erreicht. Offensichtlich deshalb, weil sich die Angriffe der Mannschaft auf weite Schläge beschränkten, um nur ja nicht 60 Meter vor dem eigenen Tor den Ball zu verlieren. Mit Blick auf die Tabelle könnte man nun meinen: Alles im grünen Bereich. In Hamburg verlor man gegen eines der schlechtesten Teams der Liga obwohl man eine zeitlang in Überzahl spielte. Es war mehr die Art und Weise  als das Ergebnis selbst. Das Spiel wirkte mut- und ideenlos wie so einige andere Spiele offensiv schon ideenlos gewirkt hatten.

Die Freistellung

Wie kann es nun zu dieser Freistellung kommen? Der FCA hat Dirk Schuster verpflichtet, um zur defensiven Stabilität zurückzukehren. Dies hat man erfolgreich geschafft.  Wie kann es trotzdem sein, dass „die Verantwortlichen des FC Augsburg zu der Erkenntnis gelangt (sind), dass unterschiedliche Auffassungen über die weitere sportliche Ausrichtung und die Art und Weise, wie der FCA Fußball spielen will, herrschen.“ (Pressemitteilung vom 14.12.2016). Diese Aussage ist so abstrus, dass man sich lange fragt, ob nicht darüber hinaus, noch etwas vorgefallen sein muss. Es tauchten in diesem Zusammenhang Bilder von Dirk Schuster auf, der wohl im Bad zu Hause gestürzt war. Die Informationspolitik des FC Augsburg ist zwar sehr restriktiv, aber mir ist zumindest kein Fall bekannt, in dem der FCA die Öffentlichkeit bewusst falsch informiert hätte. Was nun, wenn diese Aussage also stimmt?

Wer hat verkackt? 

Kommen wir zurück zur Ursprungsfrage. Gehen wir dabei davon aus, dass Dirk Schuster ist wie er ist: eine Persönlichkeit mit Ecken und Kanten und einer klaren Vorstellung Fußball spielen zu lassen – erkennbar während seiner Zeit in Darmstadt und in den letzten Monaten in Augsburg. Auch während seiner Zeit in Darmstadt sind Aktionen von ihm in die Öffentlichkeit gedrungen, die zeigen, dass er Spieler auch erniedrigen kann. Dirk Schuster sollte nun eine Mannschaft übernehmen, die unter Markus Weinzierl in den letzten Jahren auch Spiele gestalten und übernehmen sollte. Diese Spieler sollten nun anstatt zu gestalten und zu spielen hauptsächlich verteidigen. Könnte man sich als neutraler Beobachter vorstellen, dass es hier zu Schwierigkeiten kommen kann? Oh, ja. Wobei sich die Spieler wie Profis verhalten und öffentlich in keinster Weise ihrem Unmut Luft gemacht haben. Der Mannschaft will ich keinerlei Schuld in dieser Hinsicht geben.

Aber wie kann es zu trotzdem zu dieser grundlegenden Fehleinschätzung auf Seiten der handelnden Personen beim FC Augsburg kommen? Ich bin ja naiv und stelle mir so ein Gespräch mit einem potentiellen Trainer vor, in dem natürlich gefragt wird, wie denn grundsätzlich die Fußballphilosophie ausschaut. Ich würde zudem vermuten, dass man ihn fragt, wie er die unterschiedlichen Phasen des Spiels angehen will (mit dem Ball, gegen den Ball, umschalten). Dann würde man sich vielleicht darüber unterhalten, wie das mit der Mannschaft zusammenpasst, die der vorfindet und wie er mit Widerwillen auf Seiten der Mannschaft reagieren würde. Zudem würde ich mir aber auch erklären lassen, wie er sein Konzept methodisch in der Trainingsarbeit umsetzen will. Die Trainingsarbeit ist das Herzstück eines Trainers, denn ohne sie wird kein Konzept den Weg auf den Rasen finden. Nun hat Jan-Ingwer Callsen-Bracker einige interessante Dinge gestern im Halbzeitinterview bei Sky gesagt. Für mich schien am interessantesten, dass nun schon in einer Halbzeit unter Manuel Baum Spielzüge und Automatismen beobachtbar gewesen sein sollen. Daraus deute ich, dass Dirk Schuster v.a. im Spiel mit dem Ball weniger auf einstudierte Spielzüge gesetzt hat als dies vorher unter Markus Weinzierl der Fall war oder jetzt unter Manuel Baum der Fall ist. Hätte man so etwas nicht in einem Gespräch mit einem potentiellen Trainer erfahren können? Hielt man es nicht für wichtig?

Für mich führt vieles im Moment zu dem Schluss, dass die Verantwortlichen des FC Augsburg in diesem Fall verkackt haben. Man hätte bei der Auswahl von Dirk Schuster besser analysieren müssen. Es war Stefan Reuters erste Trainerentscheidung für die Profimannschaft in Augsburg. Ich würde mich freuen, wenn von Seiten des FCA sich jemand den Schuh anzieht und die Entscheidungen ordentlich in der Öffentlichkeit vertritt, ohne absurd zu wirken. Was klar werden sollte: Wie konnte das passieren und wie stellen wir sicher, dass es nicht nochmal passiert? Im Moment bin ich mir nicht sicher, warum man daran glauben sollte, dass es beim nächsten Mal besser läuft. Und das, wo doch die nächste Trainerentscheidung direkt ansteht.

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