Abseits des Platzes: Der Mitgliederspieltag

Es ist mitten während der Saison, ein Bundesligaspiel jagt das nächste bevor bald die Winterpause ansteht und sich alle ihrem Festtagsbraten widmen. Es passieren beim FCA auch viele Dinge abseits des Platzes, die neben den Ereignissen auf dem Platz gerne untergehen. Es geht um die finanzielle Entwicklung des Vereins, strukturelle Entscheidungen, deren Darstellung auf der Jahreshauptversammlung und Mitgliederaktionen. Ich will  in unregelmäßiger Serie einen Blick auf die Dinge werfen, die mir in diesem Zusammenhang persönlich wichtig erscheinen und die ich kritisch betrachte.

Einer dieser Punkte war schon seit längerem die Gestaltung der Eintrittspreise . Die Preise wurden für diese Saison konstant gehalten und nicht erhöht. Man hat sich hierfür kräftig auf die Schultern geklopft. Dass das Preissystem immer noch Macken hat, wird dabei mittlerweile gerne vergessen. Reduzierte Tageskarten gibt es immer noch nicht wieder. Ich habe deren Abschaffung vor zwei Jahren schon deutlich kritisiert. Es reicht hier die Aussagen von damals hervorzukramen und weiter daran zu erinnern, dass es dringend ermäßigte Tageskarten braucht.

Die Begründung des Vereins, warum diese nun abgeschafft wurden, liegt im Missbrauch mit den Karten. Es werden also Rentner, Arbeitslose, etc. gestraft, da Personen, die nicht ermäßigungsberechtigt waren, Zugang mit einer ermäßigten Karte erlangen wollten. Wie hätte man den Missbrauch eindämmen können? Mit geschultem Personal und vermehrten Kontrollen. Ich habe eine ermäßigte Dauerkarte und werde seltenst bzgl. der Ermäßigung kontrolliert. Aber bevor der Verein hier verbessert hätte, streicht er die Ermäßigung bei den Tageskarten lieber ganz.

Fußball in meiner Vorstellung ist immer noch ein Sport für jedermann. Wir in Augsburg tuen nichts, um diesem Ideal wieder näher zu kommen. Der Verein konterkariert das Ganze nun sogar noch zusätzlich: Das Heimspiel gegen Werder Bremen wird kurzerhand zum Mitgliederspieltag ernannt. Mitglieder erhalten auf Karten für dieses Spiel 19,07% Rabatt. Um sich nicht mit unnötigen Kontrollen aufzuhalten, gibt es eine weitere Besonderheit: Die Karten werden als Vollzahlertickets ausgestellt und können auch problemlos von Nichtmitgliedern genutzt werden.

Den Schülern, Studenten, Arbeitslosen und Rentnern hilft das immer noch nicht weiter, während so manches Nicht-Mitglied, welches sonst voll bezahlt hätte nun durch Freunde/Bekannte in den Genuss eines Rabatts kommt. Zusätzlich wird das Ganze noch als grandiose Aktion dargestellt, was es definitiv einfach nicht ist. Es ist eine alberne Marketingscheiße, wenn man die Abschaffung der reduzierten Spieltagskarten nicht vergessen hat. Vielleicht ist diese Erinnerung in der Geschäftsstelle beim Umzug ins Stadion untergegangen? Ich wärme sie euch gerne auf.

In diesem Zusammenhang ist diese Marketingaktion fast genauso albern, wie der Rabatt explizit nur auf das Ausweichtrikot kurz nachdem über mehrere Spieltage hinweg aus der Kurve lautstark gegen dessen Farbgebung demonstriert wurde. Ich habe mir das Ausweichtrikot gekauft, nachdem der Flock an Simon ging und wurde zuletzt gefragt, ob es sich dabei um ein Original handeln würde. Mit dem gedruckten Vereinswappen und der Verarbeitung sieht das Trikot leider aus wie ein Trainingsleipchen. Man kann nicht nur die Farbe nicht ernst nehmen und fühlt sich für den Preis verschaukelt. In der Runde, in der ich unterwegs war, wurde nach mehrmaliger Versicherung immer noch angezweifelt, ob es sich um ein Originaltrikot handelt. Genau so ging es mir bei dem Mitgliederspieltag. Ist das wirklich eine Aktion, die von meinem Verein so veranstaltet wird? Ach kommt, das können wir besser.

Ein Schritt nach vorne im Vergleich zur letzten Saison?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Kurz nachgeschaut auf welchem Tabellenplatz der FCA nach dem 12. Spieltag in der letzten Saison stand und herausgefunden: Letzter mit gerade einmal 6 Punkten. In dieser Saison stehen wir auf einem komfortablen 12. Platz mit 13 Punkten. Bevor nun das Argument kommt, dass wir letztes Jahr aber auch die Dreifachbelastung bis zur Winterpause hatten, können wir auch gerne darauf eingehen, dass Markus Weinzierl vorher 3 Jahre hatte, um sein Team zusammenzustellen und zu entwickeln, während wir uns immer noch in Dirk Schusters erster Halbserie befinden. Ist das nun also die sportliche Weiterentwicklung im Vergleich zur letzten Saison, die wir uns alle erhofft hatten? Haben wir einen Schritt nach vorne gemacht?

Die Ergebnisse in den letzten Wochen sind dabei kein Zufall. Hertha BSC und der Effzeh Köln sind keine Teams die zu unrecht oben in der Tabelle stehen. Defensiv sehr kompakt ist es schwierig gegen diese Teams zum Torerfolg zu kommen. Trotzdem sind beide Mannschaften eigentlich offensiv gefährlich. Davon hat man in den Spielen gegen uns weniger gesehen als in anderen Partien. Unsere Defensive hat sich in den letzten Wochen stark verbessert gezeigt und kann auch gute Teams in der Liga kalt stellen. Wer nur an die offensive Seite des Spiels in der letzten Saison denkt, vergisst, dass wir zum gleichen Zeitpunkt in der letzten Saison 25 Tore kassiert hatten. Wir waren nicht annähernd so defensiv kompakt wie momentan und das mit Spielern wie Klavan, Hong oder Gouweleeuw. Momentan spielt Christoph Janker in der Innenverteidigung und ich bekomme mittlerweile nicht mehr bei jedem Ball in seiner Nähe einen halben Ohnmachtsanfall.

Dennoch hat es in keinem der letzten beiden Spiele zu einem Sieg gereicht. Gegen Köln waren wir über einen Großteil des Spiels nach vorne ungefährlich. Erst zum Ende der Partie hin konnten wir 1-2 Gelegenheiten herausspielen. 13 Tore hatten wir in der letzten Saison zum jetzigen Zeitpunkt erzielt, in dieser Saison sind es nur 10. Mit den Angriffsbemühungen werden wir selbst bei gleichbleibenden Defensivleistungen Probleme bekommen. Der Verbesserungsbedarf ist offensichtlich.

Lange kann man über die Gründe der Offensivschwäche nachdenken: Sind es die vielen Verletzungsprobleme, die dazu geführt haben, dass mit Finnbogason und Bobadilla, die zwei klassischen Sturmspitzen im Kader fehlen? Die Caiuby Verletzung trägt ihr zusätzliches bei, da er mit den Spielern im Kader nicht adäquat ersetzt werden kann. Zu allem Überfluss, ist vor kurzem zusätzlich mit Koo der offensiv gefährlichste Mittelfeldspieler verletzt von einer Länderspielreise zurück gekommen. Diese Verletzungssorgen würden auch andere Mannschaften beeinflussen.

Andererseits ist Dirk Schuster als defensiv-orientierter Trainer verschrien. Böse Zungen würden es Maurerfußball mit absoluter Ergebnisorientierung nennen. Umso verwunderlicher ist in diesem Zusammenhang, dass Schusters Darmstädter letztes Jahr zu diesem Zeitpunkt genauso viele Tore geschossen hatten wie unser FCA. Am Ende der Saison waren es nur vier Tore weniger. Klar, der Ball kreist nicht wie bei anderen Teams, aber Tore sind genügend gefallen. Wenn man nun noch die spielerische Qualität im Darmstädter Kader berücksichtigt, erscheint dies doch sehr beeindruckend. Schuster wurde mit gutem Grund zum Trainer des Jahres gewählt.

Ich glaube daher, dass offensiv Grund zur Hoffnung besteht. Die Verletzungssorgen werden zumindest mittelfristig weniger werden. Dazu ist von manchen Neuzugängen ein Leistungssprung zu erwarten. Auch in der Vergangenheit haben Spieler schon mal eine gewisse Zeit gebraucht, bis sie so richtig in Augsburg angekommen sind. Jonathan Schmid, Georg Teigl und Takashi Usami haben zumindest das Potential um noch mehr Impulse zu liefern. Ob diese von allen kommen werden, wage ich zu bezweifeln. Es würde ja aber schon reichen, wenn bei einem aus der Gruppe der Knoten platzt. Dirk Schuster sollte auch dafür der richtige Trainer sein, wenn man beachtet, was er aus so manchem Zweitligaspieler in Darmstadt gemacht hat.

Am meisten Hoffnung macht mir allerdings, dass schon eine kleine Steigerung in der Offensive große Auswirkungen auf die Ergebnisse haben könnte. So ein kleines Törchen in der Schlussphase gegen Köln hätte zum Beispiel großes bewirkt. Wir waren jetzt schon nah dran an sehr guten Ergebnissen. Gegen Frankfurt zu Hause und dann gegen den HSV bieten sich beste Gelegenheiten diese Hinrunde positiv zu Ende zu bringen und eine gute Ausgangsbasis für die Rückrunde zu schaffen. Dann werden auch die Zweifler ruhiger werden. Und wenn es nicht klappt, dann heißt es zusammenzustehen. Ich glaube, Schuster kann mit einer Winterpause viel anfangen.

AZ und Polizei im Abseits

In der letzten Woche hat die Augsburger Allgemeine beim FCA erneut den Fokus auf Geschehnisse abseits des Platzes gelenkt. Überschrift des Artikels ist: Polizisten in Augsburg spüren beim Fußball immer mehr Hass. Immer mehr Hass? Noch mehr Hass als letztes Jahr, als die Polizei vor Konflikten in der Fan Szene gewarnt hat? Schon damals hat sich mit Jörg Heinzle der gleiche Journalist der Augsburger Allgemeine mit Bernd Waitzmann, dem stellvertretenden Chef der Polizeiinspektion Süd, zusammengesetzt um über die Sorgen der Polizei zu sprechen. Schon vor einem Jahr machte Bernd Waitzmann keinen Hehl daraus, dass es in der Fanszene des FC Augsburg eine Entwicklung gibt, die ihm Sorgen bereitet. Nach dem neuerlichen Artikel stellt sich zu allererst die Frage, ob es ihm wohl am meisten Sorgen bereitet, dass er nicht noch öfter im Lichte der Öffentlichkeit glänzen darf.

Der Journalismus der Augsburger Allgemeinen ist dabei vollkommen boulevardesk, denn eine Auseinandersetzung mit harten Fakten findet nicht statt. Wie viele wirklich besorgniserregende Vorfälle gab es denn in diesem Jahr? Wie viele gab es in den Jahren davor? Dabei hat die Zeitung wohl selbstständig erkannt, dass es sich um Behauptungen handelt, die schwer mit handfesten Argumenten belegbar sind. So hatte Bernd Waitzmann im letzten Jahr den FC Augsburg selbst noch in die Verantwortung genommen und sich gewünscht, dass der Verein „auch Verantwortung übernimmt und den Fans klare Grenzen vorgibt.“ Dieses Jahr wurde der Verein mit den Behauptungen wohl gar nicht belästigt bzw. wollte sich dazu evtl. nicht äußern. Verständlicherweise. Denn es war in der Vergangenheit nicht so, dass der FC Augsburg seinen Anhängern alles durchgehen ließ. Der FC Augsburg hatte sich deutlich gegen Spruchbänder ausgesprochen und Konsequenzen gezogen. Untätigkeit in dieser Sache kann man dem Verein nicht vorwerfen.

Dabei sollte man eher der Polizei die kritische Frage stellen, warum man diesen Weg an die Öffentlichkeit sucht. Durch öffentlichen Druck sollen die Fangruppierungen wohl zur Kommunikation mit der Polizei gedrängt werden. Wenn es im letzten Jahr nicht funktioniert hat, dann wird es wohl dieses Jahr auch nicht funktionieren. Es ist doch wohl eher zu befürchten, dass diese öffentlichen Anschuldigungen von Fans als weitere Provokation von Seiten der Polizei angesehen werden und die Situation dadurch eher verschlimmert als verbessert wird. In diesem Zusammenhang will ich gerne eine Passage des offenen Briefs von Walter Seinsch aus 2013 zitieren:

„Da ich in den zwölf Jahren meiner Präsidentschaft hin und wieder mit den Fans zu Auswärtsspielen gefahren bin und im eigenen Stadion oft im Fanblock stehe, kann ich aus eigenem Erfahren berichten, dass das Verhalten des USK (Unterstützungskommando der Polizei, Anm. d. Red.) nicht selten extrem aggressiv, provozierend und damit kontraproduktiv ausfällt“, schreibt Seinsch.

Auch die Polizei trägt oftmals ihren Teil zur Eskalation von Situationen bei. Wenn die Augsburger Allgemeine den schwarzen Peter auf diesem Niveau Richtung Kurve schieben will, dann ist das zwar traurig für den Journalismus in der Region, sollte bei den Anhängern aber nicht zu mehr als einem müdem Lächeln führen. Wenn es viele berichtenswerte Vorfälle gegeben hätte, so hätten Jörg Heinzle und die AZ diese sicher stark-boulevardesk ausgeschlachtet und wir wüssten alle davon. Eine Spaltung der Fanszene ist indes auch nicht zu beobachten. Auf Grund der noch laufenden T-Shirt Aktion bin ich doch mit einigen Fans in Kontakt gekommen und es ist sehr bewundernswert, wie sehr man einig hinter wichtigen Inhalten steht. Dabei muss man nicht immer einer Meinung sein.

Mir tuen in diesem Zusammenhang diejenigen leid, die sich mit dem FCA nur ab und an beschäftigen und sich von dieser Berichterstattung verschrecken lassen. Nachdem die Augsburger Allgemeine zuerst einen Bruch zwischen Verein und Anhängern und ein sinkendes Interesse am FCA beschworen hat, kommt nun also die nächste negative Geschichte, die doch sehr konstruiert ist. Mir geht es in diesem Zusammenhang nicht darum, dass man berechtigte Kritik nicht äußern darf. Ich habe mich zuletzt auch sehr deutlich zum Umgang mit Schorsch Teigl geäußert. Der einzigen Tageszeitung im Umkreis sollte man aber zumindest abverlangen, dass das Pendel zwischen positiv und negativ nicht zu deutlich ausschlägt. Die immer wieder andauernde negative Presse ist dabei schädlich für den FCA. Als Verantwortlicher im Verein würde ich über Konsequenzen gegenüber der Augsburger Allgemeinen zumindest nachdenken. Auch die Pressevertreter haben Privilegien und die AZ ist auf Inhalte durch den FCA angewiesen. Vielleicht haben Verantwortliche und Spieler in Zukunft nicht mehr so viel Zeit für Interviews und Stellungnahmen? Bei den Inhalten wäre es nicht schade, wenn die Abonnentenzahlen weiter sinken würden. Denn das Interesse an der AZ geht belegbar schon seit Jahren zurück, obwohl es nur wenige Alternativen gibt. Mit diesen Inhalten sollte einen dies nicht verwundern.

Was erwarten wir von Dirk Schuster?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Die Zeit rast und schon wieder ist ein Monat vergangen. Wie gerne würde ich jetzt zusammen mit euch auf die letzten Wochen zurückschauen und mich über eine positive sportliche Entwicklung des FCA freuen. Das wird leider schwierig. Der FCA hat aus den letzten 4 Spielen einen Punkt geholt. Er hat gegen RB Leipzig, in Freiburg und gegen Bayern München verloren. Der Punkt gegen Schalke zu Hause war leistungsgerecht. Mit 8 Punkten findet man sich momentan auf Platz 13 der Tabelle wieder. Dadurch das dem HSV und Ingolstadt nichts gelingen will, sind zumindest die Abstände bis ganz unten ordentlich. Ab Platz 16 wird es dann eng.

Nun bin ich grundsätzlich jemand, der bzgl. des Trainers zu Geduld aufruft. Dirk Schuster hat es nun wirklich nicht leicht. Vor allem in der Offensive fehlen mit Raul Bobadilla, Alfred Finnbogason und Caiuby wichtige Spieler. Nach der Verletzung von Jeffrey Gouweleeuw und mit der zwischenzeitlichen Verletzung von Dominik Kohr war und ist auch der Abwehrverbund geschwächt. Trotzdem ist nun immer wieder Kritik von den Rängen aufgekommen. Die Kritik bezieht sich bisher allerdings größtenteils nicht auf Ergebnisse. Gegen Leipzig und Bayern kann man verlieren. Freiburg ist auf Augenhöhe. Wir standen zu ähnlichen Zeitpunkten schon viel schlechter da. Nach dem neunten Spieltag der letzten Saison waren wir mit 5 Punkten Letzter. Große Sorgen habe zumindest ich mir nicht gemacht.

Das lag in den letzten Jahren, zumindest nach der ersten Hinrunde unter Weinzierl, an der taktischen Entwicklung und Ausrichtung der Mannschaft. Bevorzugte Weinzierl während seiner ersten Zeit noch eine reaktivere Spielweise, so versuchte er später das Spiel offensiv aktiver zu gestalten. Raphael Honigstein hat in einer seiner letzten Kolumnen herausgearbeitet, dass es einen grundsätzlichen Zusammenhang zwischen einer aktiven Spielweise und Erfolg gibt. Vereinfacht formuliert hat er zusammengefasst: „Fußball bleibt ein Sport, der die belohnt, die das Spielgerät beherrschen“. Bei Weinzierl hat man das am Ende gesehen.

Dirk Schusters Spielphilosophie in Darmstadt und nun auch in diesem Jahr in Augsburg weicht hiervon deutlich ab. Laut Honigstein holte er in der letzten Saison mit nur 37 Prozent Ballbesitz 1,12 Punkte pro Spiel. Seine Verpflichtung sollte auch zeigen, dass defensive Stabilität weiterhin höchste Priorität genießt. Weinzierl hatte sich hiervon in seinen letzten beiden Jahren etwas entfernt. In Augsburg scheint es nun gerade so, als ob das hochgelobte und geduldige Publikum diesen Schritt nicht nachvollziehen will. Ich gestehe, dass auch ich manchmal neidvoll nach Freiburg oder Mainz blicke. Auch wenn man in Freiburg gerade erst wieder aus der zweiten Liga aufgestiegen ist, so hat man doch eine klare Fußballphilosophie, die sich nicht nur aufs Verteidigen beschränkt.

Und während sich im Spiel der Mannschaft auch unter Schuster noch deutliches Verbesserungspotential verbirgt, stellt sich doch die Frage, ob das diesen Ansprüchen jemals genügen wird. Auch wenn wir irgendwann besser und schneller Umschalten und mehr Tore durch Konter erzielen werden, so bin ich mir nicht sicher, ob diese Taktik nicht zu durchschaubar ist. Wolfsburg und Schalke haben in dieser Saison schon sehr passiv gegen uns gespielt, in der Hoffnung, dass wir mit Ballbesitz nicht so viel anfangen können. Damit hatten sie leider größtenteils recht. Wenn wie im Spiel gegen Schalke Daniel Baier die gefährlichsten Abschlüsse hat, dann zeigt das, wie wenig die Angriffe im Enddrittel ausgespielt waren. Zudem bereitet die Betrachtung nicht gerade großes visuelles Vergnügen. Ich will sagen: Es ist nicht schön anzusehen.

Und wenn es nun noch kälter wird und wieder Fragen aufkommen, ob das Interesse am FCA abnimmt, dann kann würde ich dies immer noch verneinen. Eine mutige, vorwärtsgewandte Entscheidung in der Trainerfrage im Sommer hätte aber vielleicht dazu geführt, dass man mit der sportlichen Grundausrichtung mehr Menschen erreicht, die nun vielleicht nicht kommen, um sich eine weitere Abwehrschlacht anzuschauen. Dabei hoffe ich immer noch, dass ich mich irre. Wenn ein paar der offensiven Stützen zurückkehren, wird Dirk Schuster vielleicht eine bessere Balance finden. Wenn dann noch Julian Günther-Schmidt als Joker ein paar Tore schießt, könnte man über den Rest ein wenig länger hinwegsehen. Ob wir nach der Weinzierlschen Einführung von mehr aktiver Spielgestaltung als Zuschauer davon je wieder ablassen können? Ich weiß es nicht. Unsere Geduld wird in dieser Hinsicht strapaziert werden und das war abzusehen. Ich werde über die Frage nach unserer sportlichen Identität wohl noch weiter grübeln.

Jan Morávek über seine Heimat

Es ist der Montag vor dem Spiel gegen RB Leipzig. Ich bin in Augsburg, weil mein Bruder tags zuvor seinen 30. Geburtstag gefeiert hatte und hoffe auf einen Interviewtermin mit Jan Morávek. Ob das Interview zustande kommt, hängt vom Trainingsplan ab. Montags ist eigentlich trainingsfrei, doch Dirk Schuster hat ein Einsehen mit mir und beordert seine Spieler auf den Platz. Das nächste Spiel steht schon am Freitag an. Keine Zeit für einen freien Tag. Welch ein Glück. Nachmittags betrete ich die Geschäftsstelle im Stadion und warte geduldig im Pressekonferenzraum, bis Jan für mich Zeit hat. Wir begrüßen uns per Handschlag und ich gratuliere kurz zu seinem Einsatz gegen Bayer 04 Leverkusen. Heute soll es aber nicht um die Geschehnisse auf dem Platz gehen. Jan wirkt ruhig, gut gelaunt und hat sich bereit erklärt mit mir über seine Heimat zu sprechen.

Andreas Riedl (AR): Du kommst aus Prag, korrekt?

Jan Morávek (JM): Stimmt.

AR: Wie nennt sich der Stadtteil aus dem Du kommst? Ist das Prag IV? Was ist das für ein Stadtteil?

JM: Stimmt. Das ist nicht direkt im Zentrum oder bei der Altstadt. Der Stadtteil liegt etwas außerhalb, aber mit der U-Bahn ist man in 10 Minuten auf dem Veticlav Platz. Und wenn man aus Prag rauskommen will, geht das von hier aus auch schnell. Es ist einfach schön da zu wohnen.

AR: Was wohnen dort für Menschen?

JM: Prag VII ist dafür bekannt, dass dort ärmere Menschen wohnen. In Prag IV wohnen ganz normale Prager.

AR: Kneipen, Restaurants, Geschäfte?

JM: Es gibt schon Möglichkeiten gut zu essen, aber wenn man wirklich besonders gut essen will, dann muss man ins Zentrum fahren. Im Viertel gibt es Möglichkeiten zu studieren, es gibt Schulen, ein Gymnasium. Im Prinzip  ist alles da, was man im Alltag benötigt.

AR: Du hast ja in deiner Jugendzeit auch komplett bei Bohemians Prag gespielt. Ist das da in dem Viertel?

JM: Mein Verein liegt in Prag X, aber Prag X liegt direkt neben Prag IV. Es war für mich natürlich praktisch, dass ich mit der Straßenbahn in 15 Minuten im Stadion war. Da habe ich auch das Gymnasium besucht, direkt gegenüber vom Stadion. Ich war vormittags im Gymnasium und nachmittags hatte ich einen individuellen Lernplan. Nachmittags hätte ich eigentlich auch in der Schule sein sollen, aber ich habe nachmittags immer trainiert. Ich bin also einfach nur über die Straße gegangen. Wenn am Vormittag Training war, war ich 2 Stunden bis 10 Uhr in der Schule und um 10 Uhr war ich auf dem Platz. Bei Training am Nachmittag war es umgekehrt. In nicht mal 5 Minuten war ich vom Klassenzimmer aus in der Kabine.

AR: Du hast ja dann auch im Ďolíček Stadion gespielt. Würdest Du dieses Stadion als dein Heimatstadion bezeichnen?

JM: Auf jeden Fall. Bohemians spielt immer noch seine Heimspiele im Ďolíček Stadion. Trotzdem gibt es immer wieder Diskussionen, wem das Stadion gehört. Es geht viel um Geld. Fast jedes Jahr gibt es Theater, ob Bohemians dort spielen darf oder ob sie woanders spielen müssen. Aber diese Saison spielen sie im Ďolíček Stadion. Es ist mein Heimatstadion, auch wenn ich dort nicht so viele Spiele gemacht habe. Vielleicht 30 Spiele, weil ich nur 3 Jahre für die Herrenmannschaft gespielt habe, aber in meiner Jugendzeit war es ein Traum da zu spielen. Mit 6 Jahren habe ich bei Bohemians angefangen, mit 17 habe ich mein erstes Spiel für die Herrenmannschaft gemacht, da bedeutet dieses Stadion viel für mich.

AR: Mit welchem Stadion in Deutschland würdest Du es am ehesten vergleichen?

JM: Poah…

AR: Ich habe Fotos gesehen und es ist schwierig.

JM: Es ist richtig schwierig. Da passen ja nur ca. 7000 Menschen rein, oder so.

AR: Es haben ja früher viel mehr reingepasst. So knappe 20.000. Es sieht ein bisschen wie in Fürth aus, bevor dort die Tribünen aufgestellt wurden, finde ich.

JM: Kann sein, ja ja…

AR: Gut, die weiß-grünen Trikots…

JM: …die passen auch, richtig.

AR: Die Abweichung kommt dann beim Känguru. Was hat es damit auf sich?

JM: Es ist das Symbol des Vereins. Bohemians war in der Vergangenheit, ich weiß nicht genau wann, in Australien. 1905 wurde der Club gegründet und bald danach sind sie zu einem Turnier nach Australien geflogen und dort haben Sie das Känguru von einer australischen Mannschaft geschenkt bekommen (1927, Anm. d. Red.). Seit dieser Zeit ist das Känguru das Wappentier des Vereins.

AR: Bei Bohemians hast Du dann in der Herrenmannschaft gespielt, hattest dann Probetrainings bei Schalke, bevor dich Schalke verpflichtet hat. Was hast Du Dir damals dann gedacht in der ersten Zeit, nachdem Du aus Deinem Umfeld in Prag weggezogen bist, weg von der Heimat im Alter von 19 Jahren?

JM: Es war schon echt schwer. Wenn du da sitzt, und du hast die Möglichkeit bei so einem Verein einen Vertrag zu unterschreiben, ist das schon geil. Aber du hast gar keine Ahnung, was auf dich zukommt. Ich war 19, es ist so ein riesiger Schritt und dann sind die ersten Wochen echt schwer. Es wartet eine komplett neue Welt mit einem riesigen Verein, der für dich fast alles machen würde. Du bekommst ein Auto, bist erst in einem 5 Sterne Hotel, dann in einer Wohnung, Deutschunterricht, komplett neue Kabine, Felix Magath dazu. Du sprichst nicht gut deutsch, aber auch nicht super englisch. Die einfachen Sachen schaffst du schon alleine, aber du musst dich irgendwie organisieren. Man kann sich in der Kabine nur ein bisschen unterhalten. Es ist schon richtig schwer. Die ersten Tage waren mehr ein Erlebnis. In eine Kabine zu kommen, in der Kuranyi, Neuer, Rakitic, Halil (Altintop, Anm. der Red.) sitzen, das war schon ein geiles Gefühl. Aber nach ein paar Wochen, nach einem anstrengenden Trainingslager, wo du unter Magath einfach komplett platt warst, da kommen natürlich Tage, wo du dich fragst: War das ein guter Schritt, das zu machen? Wäre es nicht besser zu Hause mit der Familie, mit deinem Verein, wo sie dich schätzen. Ich habe dort von null angefangen, komplett ohne Namen. Das war schon richtig schwer. Aber es wäre zu einfach, nach einem halben Jahr aufzugeben und zu sagen: Sorry, war vielleicht der falsche Schritt, ich gehe doch wieder nach Hause. Aber ich glaube, so geht es vielen Ausländern, die in ein anderes Land gehen. Sie haben dieses Gefühl, dass sie alleine  sind. Ich hatte wirklich Glück, dass Tereza (seine heutige Frau, Anm. der Red.) die ganze Zeit bei mir war. Das war echt eine sehr große Unterstützung. Sie hat sich um viele Dinge gekümmert, Möbel ausgesucht, gekocht. Ich kann sagen, dass ich es ohne Tereza nicht geschafft hätte.

AR: Sie ist dann auch mitgekommen damals?

JM: Ja.

AR: Felix Magath hat ja auch die Sprachkurse vorangetrieben, wenn ich das richtig gelesen habe. Er hat auch gefordert, dass neue Spieler deutsch lernen?

JM: Ja, wir haben einfach per SMS die Termine bekommen, wann in der Woche Deutschunterricht ist. Zwischen Trainingseinheiten oder nach dem Training war 2 oder 3 mal pro Woche 1 Stunde Unterricht. Erstmal die fußballerischen Begriffe und dann auch ein bisschen Grammatik dazu. Ich kann nur sagen, dass ich regelmäßig hingegangen bin, aber die Südamerikaner, die hatten nicht so viel Bock.

AR: Würdest Du sagen, dass es im Nachhinein wichtig war, sofort mit der Sprache anzufangen jetzt auch für die Zukunft? Du bist ja mittlerweile seit 7 Jahren in Deutschland…

JM: Ja, auf jeden Fall. Wenn ich sehe wie wichtig das mit der Sprache ist, dann war es für mich schon gut, dass ich im Gymnasium schon ein bisschen deutsch gelernt hatte. Aber jeder Deutsche weiß das schon zu schätzen, wenn man es wenigstens probiert. Wenn du längere Zeit in Deutschland bist und immer englisch sprichst, dann bist du schon ein bisschen faul. Es ist auch eine verpasste Chance. eine neue Sprache zu lernen. Es macht nicht riesig Spaß zu Hause ein Heft zu öffnen und zu lernen, aber danach ist es ein schönes Gefühl, wenn Du im Ausland bist und du kannst dich mit den Menschen ganz normal unterhalten.

AR: Als du nach Schalke gekommen bist, bist du sicher auch noch regelmäßig in die Heimat zurückgereist. Hat das jetzt abgenommen und bist du jetzt weniger in der Heimat als früher?

JM: Nein, vielleicht ein bisschen. Am Anfang war das Gefühl, dass ich meine Heimat vermisse, einfach extrem. Es war schon ein bisschen brutal. Wir sind immer 800km mit dem Auto gefahren. Mit Magath war es nicht möglich zu wissen, wann man die freien Tage bekommt. Flüge wären von Düsseldorf nach Prag zu teuer gewesen. Wir sind immer an einem Tag 800km gefahren. Dann waren wir einen ganzen Tag zu Hause und danach sind wir wieder 800km zurückgefahren. Das haben wir am Anfang immer gemacht, wenn ich 2 Tage am Stück frei hatte, ca. einmal in 6 Wochen. Auch jetzt, wenn wir 2 Tage frei haben, fahren wir nach Prag und bleiben 1,5 Tage dort. Aber von hier sind es nur 3,5 Stunden.

AR: Was machst du in Prag? Du bist bei deiner Familie, du triffst Freunde. Was sind die Dinge, die du abseits von Personen nur in Prag machen kannst, weil sie besonders und speziell sind?

JM: Einfach dieses Gefühl zu Hause zu sein mit den Eltern, der Schwester, dem Schwager. Zusammen in Ruhe Essen zu gehen, der Blick auf die Prager Burg. Wenn Bohemians spielt, gehe ich ins Stadion, wenn es zeitlich passt. Und auf jeden Fall ins Kino. Einfach in Ruhe Filme in der Muttersprache genießen. Hier gehen wir auch ab und zu ins Kino, aber es ist schon etwas anderes. Hier musst du dich zwei Stunden auf die Sprache konzentrieren und übersetzen und wir schauen nur einfachere Filme. Bei den Besuchen ist es aber das wichtigste, die Familien zu sehen.

AR: Ich war noch nie in Prag. Was sollte ich mir anschauen?

JM: Auf jeden Fall die Altstadt. Eine gute Kneipe im Zentrum, in der es gutes Bier gibt. Das ist gar kein Problem. Es gibt einen Turm namens Petřín, von dem man einen schönen Blick auf die ganze Stadt hat. Das lohnt sich. Vielleicht zum Eishockey. Fußball kann ich nicht so empfehlen. Es ist nicht so viel Qualität in der Liga, da ist es vielleicht besser zum Eishockey zu gehen.

AR: Gibt es Dinge, die man in Prag meiden sollte?

JM: (Lange Pause)

AR: Es ist ja schön, dass einem zu seiner Heimatstadt nicht sofort etwas einfällt, das man nicht tun sollte.

JM: Man muss echt auf seine eigenen Sachen aufpassen. Handy, Geldbeutel und bisschen teurere Sachen, weil es ab und zu gefährlich ist.

AR: Ist dir das schon mal selber passiert?

JM: Nein, nein. Aber es steht wirklich überall wo du fährst, in der U-Bahn, Straßenbahn. Überall sind die Schilder, dass man auf seine Habseligkeiten aufpassen soll.

AR: Also wie auf dem Oktoberfest?

JM: Ja, ja, ganz genau.

AR: Wenn ich dann abends in eine Kneipe gehe, was muss ich unbedingt essen? Gibt es ein typisches Gericht, das du mit Prag verbindest?

JM: Das geht auch in die Richtung vom Oktoberfest. Ente, Rotkohl und ein typischer Knödel. Bei uns sehen die Knödel etwas anders aus, aber sie sind auch sehr gut.

AR: Was hast Du nach Augsburg importiert von den Sachen, die du aus Prag gerne magst?

JM: Das ist eine gute Frage. Vielleicht nach diesen paar Jahren, dieses Gefühl, dass ich hier auch ein bisschen zu Hause bin. Dieses Gefühl hatte ich in Gelsenkirchen und Lautern nicht gehabt. Aber nach allem, was ich hier in Augsburg erlebt habe, da muss ich schon sagen, wir fühlen uns ein bisschen wie zu Hause. Es ist nicht dieses Gefühl wie in Prag, aber es geht in diese Richtung.

AR: Hast Du bestimmte Orte in Augsburg, außerhalb vom Stadion, wo du dieses Gefühl am meisten hast? Welche Ecken gefallen Dir am besten?

JM: Siebentischwald, Kuhsee. Eher so die Natur. Das Zentrum mag ich aber auch gerne. Wir haben aber auch eine gute bekannte Familie, wo die Frau Tschechin ist und der Mann Deutscher. Er hat Eltern hier, die uns oft einladen und wo wir uns immer nett unterhalten.

AR: Danke für deine Zeit und das Interview.

Heimat: Augsburger Spieler sprechen über ihre Wurzeln

Ich komme aus Augsburg. Ich bin dort geboren und in Königsbrunn aufgewachsen. Vor einigen Jahren bin ich nach Frankfurt gezogen und habe hier eine neue Heimat gefunden. Ich bin hier ein „Zuozogener“. In dem Stadtviertel, in dem wir wohnen, sind wir die Fremden. Es gibt gewachsene gesellschaftliche Strukturen, ein Vereins- und Gemeindeleben. Mir ging es ähnlich wie vielen Fußballspielern, die zu einem neuen Club kommen, wie all den Flüchtlingen, die ihr Land verlassen mussten, um eine sichere Unterkunft zu erreichen. Ich war fremd, als ich angekommen bin, musste mich orientieren und war darauf angewiesen, von anderen aufgenommen und integriert zu werden. Dabei waren die Hürden nicht annähernd so groß wie bei den vielen Flüchtlingen, die in unser Land kommen. Wie viele auf dem Weg sterben, wird schon gar nicht mehr registriert. Es ist beschämend und traurig.

In diesen Tagen liest man viele Meinungen. Personen mit fremden Wurzeln sind in der eigenen Nachbarschaft nicht gern gesehen oder ein gewisses Unwohlsein auf Grund der Fremdartigkeit von Verhaltensweisen schleicht sich ein. Angetrieben von rechten Hetzern, die aus ihren Löchern gekrochen sind, um auf den Zäunen ihre rassistischen Parolen verbreiten, werden Ängste geschürt. Es brennen Flüchtlingsunterkünfte. Viele der Menschen, die sich gerade verängstigen lassen, sitzen am Wochenende im Stadion, um Spielern aus vielen Ländern dieser Welt zuzujubeln. Diese Spieler waren zu Beginn genau so fremd in ihren Vereinen, wie ich es in Frankfurt war oder es all diese hilfsbedürftigen Flüchtlinge in unserem Land meist immer noch sind.

Mir ist es als Blogger in diesem Zusammenhang wichtig, Position zu beziehen. Ich hatte daher die Idee, mich mit Spielern des FC Augsburg zu unterhalten, um mich über diese Fremdartigkeit auszutauschen. Wo kommen unsere Spieler her? Wie empfinden die Spieler, wenn sie nach Augsburg kommen? Es ging dabei nur am Rande um Fußball, um das was auf dem Platz passiert. Es geht um die Menschen. Fremdartigkeit sollte nicht angsteinflößend sondern faszinierend und bereichernd sein. Wir sollten unsere Sinne schärfen und von fremden Ideen und Einflüssen lernen. Ich habe mir zumindest Mühe gegeben. Das wir dabei selbst manchmal befremdlich wirken können, sollte uns bewusst sein. Uns Augsburgern mit unserem Gegrantel noch am ehesten.

Bald auf rosenau-gazette.de: Mein Interview mit Jan Moravek. #FCAugsburg #FCA #keineSau

Ein von Andreas Riedl (@andyriedl) gepostetes Foto am

In einem ersten Interview habe ich mich mit Jan Moravek zusammengesetzt. Unser Gespräch könnt ihr bald hier nachlesen. Ein weiteres Gespräch ist zumindest schon angedacht. Man kann sich mit Fußballern auch gut über Geschehnisse abseits des Platzes unterhalten. Manchmal muss man nur fragen.

Wer sich nun denkt: Was soll das? Warum geht es nicht um Fußball? Ich würde euch bitten, offen an die Sache heranzugehen. Jegliche Hetze oder rechte Propaganda dürft ihre euch jedoch schenken. Es wird keiner dieser Kommentare veröffentlicht werden. Wer etwas in diese Richtung kommuniziert braucht meine Texte nicht zu lesen und auf meinen Blog nicht zurückzukommen. Ich bin auf eure Klicks nicht angewiesen. „Kein Fußball den Faschisten“ sollte nicht eine politische Äußerung sondern gesellschaftlicher Konsens sein. Auf diesem Blog wird dies immer einer der Grundsätze sein.

Klatscht für Markus Weinzierl

Heute kommt es in Augsburg zum Aufeinandertreffen von Schalke 04 und dem FC Augsburg. Es geht um drei Punkte und die Rollen sind klar verteilt. Schalke hat sportlich mit dem eindrucksvollen Sieg gegen Gladbach in die Spur gefunden, einen Kader, der vor Talent nur so strotzt, und die Ambition dauerhaft in der Champions League vertreten zu sein. Auch wenn wir in der Sommerpause nicht ganz untätig waren, so ist ein Transfer wie der von Breel Embolo für uns nicht vorstellbar. Schalke ist klarer Favorit und wir können froh sein um jeden Punkt, den wir gegen Teams dieser Größenordnung holen, gerade bei unseren derzeitigen Verletzungssorgen in der Abwehr.

Was die Begegnung allerdings besonders macht, ist die Rückkehr von Markus Weinzierl nach Augsburg. Markus Weinzierl hatte den FCA vier Jahre lang trainiert, bevor er im Sommer nach Gelsenkirchen wechselte. In diesen vier Jahren erbrachte er großartige Leistungen in seiner Funktion als Trainer und führte den Verein bis in die Europa League. Es wird für jeden zukünftigen Trainer sehr schwer werden, an diese Leistungen auch nur heran zu kommen. Umso schmerzhafter ist wohl der Abschied für viele. Markus Weinzierl war unglaublich wertvoll für den FCA und natürlich wünscht man sich in dieser Situation, dass ein solcher Trainer selbst beim Verein verbleiben will. Nachdem aber wohl Weinzierls Wechselwunsch sehr deutlich war, und ihm der Verein bei der Vertragsverlängerung zugesichert hatte, bei einem adäquaten Angebot wechseln zu können, hielt sich der FC Augsburg an diese Absprache. Man feilschte natürlich mit Schalke um jeden Millimeter, aber am Ende stimmte man dem Wechsel zu. Für Weinzierl kam Dirk Schuster aus Darmstadt nach Augsburg und alsbald blickten alle gemeinsam in die Zukunft. Zumindest bis zum heutigen Tag.

Und so stellt die Augsburger Allgemeine auch nicht die Frage, ob der FCA im heutigen Heimspiel ein Zeichen der sportlichen Stärke und Weiterentwicklung (a.k.a. einen dreckigen 1:0 Sieg durch einen Standard) setzen kann, sondern wie Markus Weinzierl empfangen wird. Ich will es böse überspitzen: Wenn man schon eigene Spieler unnötig beschimpft, wird man die großartigen Leistungen von Markus Weinzierl doch sicher auch nicht zu würdigen wissen. Dabei gibt es an dieser Stelle eigentlich nur eine mögliche Reaktion: Wenn Markus Weinzierl heute nachher vor dem Spiel das Stadionrund betritt, dann sollte sich jeder Augsburger erheben und ihm einen würdigen, respektvollen Empfang bereiten un klatschen. Ich bin sehr dankbar für die Zeit mit Markus Weinzierl. Dankbar dafür, dass er im ersten halben Jahr nicht selbst aufgegeben hat, dass er aus Sascha Mölders einen Bundesligastürmer, aus Tobi Werner einen der besten Flügelspieler der Liga und aus Daniel Baier einen der dominantesten Taktgeber im deutschen Fußball gemacht hat (beispielhafter Auszug von Spielern, die er viel besser gemacht hat). Dankbar dafür, dass er uns nach Bilbao, Alkmaar und Belgrad geführt hat und in Belgrad an Liverpool geglaubt hat. Dankbar für Liverpool. Dankbar für die Nacht in Dortmund (selbst die Dortmunder sind für den Tiefpunkt dankbar) und die Siege gegen die Bayern (beide). Am meisten bin ich dankbar dafür, dass er uns viermal die Klasse gehalten hat und dabei immer selbst ein Vorzeigeprofi war, der die Mannschaft in jeder Situation in Schutz genommen hat. Die Entwicklung des FC Augsburg in den letzten Jahren wäre ohne Markus Weinzierl nicht vergleichbar möglich gewesen. Er hat ein Vermächtnis hinterlassen.

Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass er seine Arbeit in Augsburg fortführen will, aber Trainerkarrieren sind nicht unendlich lang und die Frage ist berechtigt, wie oft man die Chance bekommt einen Club wie Schalke 04 zu trainieren. Er hat sich die Herausforderung entschieden und wer will ihm das vorwerfen? Das sich der Wechselzirkus so lange gezogen hat, dass ihm zum Saisonende kein würdiger Abschied beschert werden konnte, tut mir wirklich leid für ihn. Bei Alex Manninger gab es von Fanseite im Sommer auch schon berechtigte Kritik. Und so würde ich mir sogar wünschen, dass sich Klaus Hofmann heute mit einem Mikro aufmacht und Markus Weinzierl selbst ein paar Dankesworte spricht. Wenn dem aber nicht so sein sollte, dann muss die Kurve diese Aufgabe heute übernehmen. Ich bin heute nicht in Augsburg, aber ich bin sehr gespannt, was passiert. Markus Weinzierl war über 4 Jahre ein Teil der FCA Familie. Wir haben ihm viel zu verdanken und ich hoffe, dass wir das heute alle gemeinsam nicht verkacken. Nachdem er sich vier Jahre immer im Hintergrund gehalten hat gebührt im heute ein letzte großes Aufgebot und ein Zeichen, dass seine Leistung nicht vergessen wird. Ich werde seine Leistung lange sehr positiv in Erinnerung behalten.

Über sozialen Umgang

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Vor der Länderspielpause musste der FCA bei RB Leipzig in der Ferne antreten. Vor dem Spiel hatten sich viele Fanclubs entschieden, dass Spiel in Leipzig zu boykottieren. Trotzdem reiste eine stattliche Zahl von Anhängern nach Leipzig, um die Mannschaft vor Ort zu unterstützen. Vom sinkenden Interesse am FCA war bei so vielen Auswärtsfahrern an einem Freitagabend nichts zu spüren. Das Spiel ging leider 1:2 verloren. Leipzig hat einen guten Start in die erste eigene Bundesligasaison erwischt. Trotz neuem Trainer und vielen neuen Spielern sind Startschwierigkeiten in Leipzig ein Fremdwort, es ist eine klare sportliche Handschrift zu erkennen und wir mussten uns knapp geschlagen geben. Klar wäre es schön gewesen einen Punkt oder mehr mitzunehmen, aber die Niederlage kam nicht ganz unerwartet und so hielt sich die Enttäuschung in Grenzen.

Am Tag nach dem Spiel gegen Leipzig fand im Rosenaustadion ein Traditionstag im Rahmen des Heimspiels der U23 statt. Während die Chefetage am Grill glänzte gewann die U23 zudem das Spiel. Friede, Freude, Eierkuchen sollte man denken. Der FCA steht mit 7 Punkten nicht schlecht da. Trotz vieler Verletzungen ist das bisher bei weitem nicht die schlechteste Hinrunde, die wir in Augsburg bestaunen dürfen. Es gibt immer Verbesserungspotential, aber gerade während der Länderspielpause könnte man sich nun auf die nächsten sportlichen Schritte unter Dirk Schuster konzentrieren. Die vielen Verletzungen haben verhindert, dass sich eine Stammmannschaft findet und mit der neuerlichen Verletzung von Jeffrey Gouweleeuw wird sich das auch nicht ändern. Dazu kommt allerdings eine erneute Debatte um das Verhalten von Augsburger Fans und Veränderungen innerhalb der Fanszene.

Robert Götz von der Augsburger Allgemeinen hat sich des Themas angenommen und während er wenig konkrete Punkte liefert, wie sich die Fanszene verändert hat, so spricht er doch einen Vorfall an, der mich verstört. Während des Traditionstags, einen Tag nach dem Spiel gegen Leipzig, hatte ca. ein Dutzend „Fans“ nichts besseres zu tun, als Georg Teigl im Rosenaustadion als Hurensohn zu beschimpfen. Auch die Reaktionen schon in Leipzig und danach in den sog. sozialen Medien waren wohl eindeutig. Was war in Leipzig passiert? Teigl war zum ersten Mal für den FCA in der Bundesliga eingewechselt worden und nach Spielende skandierten die Leipziger Fans seinen Namen, nachdem er dort die letzten 2,5 Jahre gespielt und seinen Teil zum Aufstieg beigetragen hatte. Teigl ging in die Leipziger Kurve, bedankte sich anständig und zog ab. Man sollte denken, dass das Thema damit erledigt gewesen wäre. Man sollte sich zudem freuen, dass Teigl, dessen Transfer vor Schusters Verpflichtung unter Dach und Fach gebracht wurde, langsam eine sportliche Rolle in Augsburg findet. Weit gefehlt.

Und während Robert Götz den Sachverhalt nur als sachliches Indiz verwendet, so nutzt Wolfgang Langner die Möglichkeit um einen Kommentar mit Der „Fall“ Georg Teigl: Das Verhalten mancher FCA-Fans ist asozial zu betiteln. Man könnte nun darüber debattieren, ob „manche“ die Menge an Fans richtig beschreibt. Ein Dutzend von 1300 am Traditionstag ist dann doch eine sehr kleine Gruppe. Wir könnten über den Einfluss von Freibier spekulieren. Und nicht zuletzt könnte man darüber diskutieren, ob ein solcher Vorfall einen eigenen Kommentar verdient hat. Georg Teigl sah sich auf jeden Fall gezwungen eine Videobotschaft aufzunehmen und sich für die Missverständlichkeit seines Verhaltens zu entschuldigen. Es scheint ihm ernsthaft leid zu tun, obwohl es dafür keinen ersichtlichen Grund gibt. Er hat nichts falsch gemacht.

Der Begriff asozial bezeichnet etwas, das ein niedriges geistiges oder kulturelles Niveau aufweist. Tradition ist etwas, was im Hinblick auf Verhaltensweisen, Ideen, Kultur o. Ä. in der Geschichte, von Generation zu Generation [innerhalb einer bestimmten Gruppe] entwickelt und weitergegeben wurde [und weiterhin Bestand hat]. Das Verhalten weniger war im Rahmen dieser Definitionen am Traditionstag vollkommen untraditionell und so schwer es mir fällt das einzugestehen, Wolfgang Langner hat mit seiner Einschätzung recht. Das Verhalten weniger einzelner war asozial. Und während ich viele Verhaltensweisen tolerieren kann, so geht es mir doch nicht in den Kopf, wie man einen eigenen Spieler, einen Tag nach einem Spiel in diesem Rahmen beschimpfen muss. Ein entschuldigendes Video dieser Fans wäre doch sehr erfreulich.

Aber das wäre vielleicht zu einfach. Man kann solche Vorfälle als Einzelfälle abtun und sich einreden, dass man selbst damit nichts zu tun hat. Derweil ist es an jedem Stadiongänger selbst, solch Verhalten im eigenen Umkreis nicht zu tolerieren. Nicht nur bei uns beim FC Augsburg sollten solch Beschimpfungen keinen Platz haben. Wenn sich durch die letzten Jahre etwas geändert hat, dann ist es vielleicht der Erfolgsanspruch der Fans in Augsburg. Derweil wünschen wir uns oft Typen mit einer eigenen Meinung und mit Ecken und Kanten. Sind wir auch bereit diese zu tolerieren oder läuft jeder Spieler Gefahr in eine Welle asozialen Verhaltens zu geraten, sobald er den Kopf auch nur ein bisschen aus der Masse herausstreckt? Da wird die vielgepriesene FCA Familie dann schnell zur Worthülse. So verhält man sich nicht bei Traditionsvereinen oder anderswo. Spätestens die Erinnerung an das Schicksal von Robert Enke sollte uns allen bewusst machen, welch psychischer Druck auf Fußballern in der Öffentlichkeit lastet. Support soll positiv bestärken, antreiben, aufbauen. Wenn uns die positiven Gedanken abhanden kommen sollten, müssen wir uns gegenseitig daran erinnern. Für heute mache ich gerne den Anfang.

Sportliche Fragen vor der englischen Woche

Nachdem die Bundesliga etwas behäbig startete und nach dem ersten Spieltag direkt die erste Länderspielpause folgte, geht es jetzt Schlag auf Schlag. Vor uns liegt die erste englische Woche dieser Saison. Der FCA hat sich am ersten Spieltag gegen Wolfsburg zumindest defensiv ordentlich sortiert gezeigt und gegen Bremen zwei Wochen später auf Grund zweier Standardsituationen gewonnen. Wirklich schlau wird man aus den Leistungen allerdings bisher nicht. Wolfsburg hat sich darauf verlassen, dass wir das Spiel selbst nicht gestalten können und bei Bremen stellt sich momentan die Frage, wie schlecht der Gegner war. Die Partien morgen gegen Mainz, am Mittwoch in Leverkusen und am Samstag gegen Darmstadt werden Erkenntnisse liefern. Ich bin gespannt, welche Antworten wir auf die folgenden Fragen erhalten werden:

  • Was ändert sich ohne Caiuby?

Caiuby war ein Fixpunkt im Spielsystem bis nun unter der Woche ein Knorpelschaden bei ihm diagnostiziert wurde und eine Operation an seinem linken Knie notwendig machte. Die Hinrunde ist damit für ihn sicher gelaufen und man kann ihm von dieser Stelle nur gute Besserung wünschen. Sein Kopfballspiel wird durch keinen anderen Offensivspieler in dieser Form ersetzt werden können und es bleibt abzuwarten, wie sich der offensive Spielaufbau verändern wird. Gegnerische Pressingsituationen in der eigenen Abwehr wurden oftmals durch einen langen Ball auf Caiuby gelöst, der diesen per Kopf ablegte oder weiterverarbeitete. Dabei hatte er eine hohe Quote von gewonnenen Kopfballduellen. Ji könnte diese Funktion in einer ähnlichen Art und Weise übernehmen, einige Ballverluste wären aber auf Grund des qualitativen Unterschieds im Kopfballspiel wohl vorprogrammiert. Ji ist zudem über den Flügel nicht ähnlich gefährlich wie Caiuby, der gegen Bremen einige starke Hereingaben hatte. Alternativ wäre es möglich die Pressingsituationen wieder vermehrt spielerischer über die 6er oder Außenverteidiger zu lösen, was zwar in der Abwehr das Risiko von Ballverlusten erhöhen würde, aber ein schnelleres Umschalten und eine vertikale Einbindung der Außenpositionen erlauben würde. Spieler wie Jonathan Schmid oder Raul Bobadilla könnten hier vermehrt ihre Torgefahr ausspielen. Wir werden sehen, welche Lösung Dirk Schuster bevorzugt.

  • Tore aus dem Spiel heraus

Der FCA wartet in dieser Saison weiterhin auf ein Tor aus dem Spiel heraus. Während Mainz letzte Woche gegen Hoffenheim ein Feuerwerk ablieferte, haben wir am ersten Spieltag gar nicht getroffen und am zweiten Spieltag durch zwei Standards gewonnen. Standardsituationen können in manchen Spielen den Unterschied ausmachen, Chancen wie gegen Bremen sollte man allerdings nicht immer liegen lassen. Wir müssen vor dem Tor ruhiger und abgezockter agieren. Vor allem Alfred Finnbogason hat seine Kaltschnäuzigkeit aus der Vorsaison noch nicht wiedergefunden, obwohl er sich insgesamt in guter Verfassung präsentiert und auch Chancen erarbeitet. Manchmal wäre ein Haken weniger trotzdem mehr. Ich hoffe der Knoten löst sich, bevor das Selbstbewusstsein leidet. Die Qualität sollte dafür vorhanden sein.

  • Die Ausrutscher des Martin Hinteregger

Viele werden sich am letzten Wochenende verwundert die Augen gerieben haben. Martin Hinteregger, der Königstransfer des FC Augsburg in der Sommerpause hat einen Elfmeter verursacht und hätte sich über einen zweiten nicht beschweren dürfen. War er überengagiert in seinem ersten Bundesligaspiel oder hat er einfach nur einen schlechten Tag erwischt? Nach seinem Gastspiel in Gladbach geistern schon die ersten Unkenrufe, dass ihm die Qualität für die Bundesliga fehlt. Für eine solche Beurteilung ist es noch viel zu früh. Defensive Stabilität ist allerdings ein Mantra von Dirk Schuster und Zweikampfführung rund um den eigenen 16er eine Kernkompetenz von Innenverteidigern. Ausrutscher dieser Güte sind dauerhaft nicht tragbar (und das ist auch Martin Hinteregger klar). Ich bin gespannt, wie sich die Abwehr im Verbund in dieser Woche präsentieren wird.

Neben den offenen Fragen gibt es allerdings auch einige positive Dinge zu beobachten. Jeffrey Gouweleeuw ist dabei den nächsten Schritt zu machen. Auch ohne Ragnar Klavan an seiner Seite hat er ein tolles Spiel gegen Bremen abgeliefert. Zweikampfstark und mit guten Eröffnungen war er sportlich ein Führungsspieler, der einen wichtigen Beitrag geleistet hat. Die linke Seite sah insgesamt besser aus als die rechte Seite und das liegt im Moment auch an Konstantinos Stafylidis, der Philipp Max Olympiareise zu seinen Gunsten genutzt hat. Max saß gegen Bremen noch nicht mal auf der Bank. Beide hatte ich vor einiger Zeit erwähnt, bei den Spielern, die in diesem Jahr einen Entwicklungssprung machen könnten. Ich bin gespannt, ob sich das fortsetzt. In den letzten zehn Minuten hat mich zudem Gojko Kacar positiv überrascht, der wohl Markus Feulner als erste Alternative in der Mittelfeldzentrale abgelöst hat. Ich bin gespannt, ob daraus mehr werden kann, wenn sich Dominik Kohr im Spiel nach vorne nicht verbessert. Kacar scheint in der Spieleröffnung Vorteile zu haben. Handlungsschnell hat er in einigen Situationen gut umgeschaltet.

Gefühlt geht die Bundesliga jetzt erst richtig los. Es kribbelt wieder deutlich mehr und ich hoffe, auch die Mannschaft schaltet in dieser Woche noch einen Gang hoch. Mit mindestens 4 Punkten in dieser Woche könnten wir in aller Ruhe der weiteren Dinge harren und müssten uns keine Gedanken machen, ob wir schon sportliche Erwartungen enttäuschen. Ich kann es zumindest kaum abwarten.

Mit Hoffnung im Herzen

Am Wochenende habe ich in meiner Kolumne bei Presse Augsburg kritisiert, wie die Augsburger Allgemeine hohe Erwartungen an den FCA herbeischreibt. Robert Götz ist danach bei Facebook in Kontakt mit mir getreten und hat sich sachlich mit meiner Argumentation auseinandergesetzt. Er hat mich allerdings auch gefragt, welche Erwartungen ich selbst an den FCA in dieser Saison habe. Das halte ich in diesem Zusammenhang für eine legitime Frage. Es ist immer leicht die Erwartungshaltung anderer Menschen zu kritisieren, ohne selbst Erwartungen formulieren zu müssen. Entsprechend fing ich an über seine Frage nachzudenken und wollte schon fast wieder auf Facebook direkt antworten. Die Antwort wäre allerdings etwas umfangreicher geraten und ist vielleicht für den ein oder anderen interessant. Es folgt meine Prognose für diese Saison gerade noch rechtzeitig vor dem zweiten Spieltag – der Versuch von (realistischen?) Erwartungen an den eigenen Verein.

Das Schlechte

  • Letzte Saison hatte ich mich über den holprigen Saisonstart gewundert. Dieses Jahr wäre ein positiver Saisonstart eine Überraschung. Durch den Trainerwechsel in der Sommerpause erscheint es mir unrealistisch, dass sofort zu Saisonbeginn alle notwendigen Automatismen greifen. Auch die Länderspielpause ist nicht mehr im früheren Umfang hilfreich, da im Kader des FC Augsburg mittlerweile viele Nationalspieler stehen. Nachdem zudem Spieler wie Jonathan Schmid und Martin Hinteregger, die hoffentlich in dieser Saison wichtige Beiträge leisten, spät verpflichtet wurden, erwarte ich eine holprige erste Phase der Saison.
  • Auf Spieler aus der eigenen Jugend werden wir dabei weiterhin nicht zurückgreifen. Das liegt daran, dass der Kader des FCA immer noch übervoll ist. 3-4 mögliche Spieler für die Rechtsverteidigerposition sind nur das deutlichste Beispiel. Auch auf den offensiven Positionen gibt es weiterhin zu viele Kandidaten, als dass geeignete Jugendspieler sich im Training überhaupt zeigen könnten. Die Marco Richters des FCA müssen daher darauf hoffen, dass einige Transfers in der Winterpause zu Besserung und weiterer Ausdünnung des Kaders führen.
  • Ob die Saison positiv verläuft hängt stark vom Fundament der Mannschaft ab. Dieses Fundament hat mit Ragnar Klavan in der Sommerpause einen starken Stützpfeiler verloren. Es wird sich zeigen, ob sich einer der neueren Innenverteidiger zu einer vergleichbar verlässlichen Größe entwickeln kann. Daneben kämpft Paul Verhaegh mittlerweile regelmäßig mit Verletzungen. Auch Daniel Baier hat in der letzten Saison zum ersten Mal relevante Pausen bekommen und zwischendurch aussetzen müssen. Das vorhandene Fundament bröckelt. Es wird notwendig sein, dass neben Marwin Hitz weitere Spieler sich spielerisch weiterentwickeln, um sportlich konstant voranzugehen.

Das Gute

  • Der FCA verfügt durch diverse Transfers in den letzten Jahren über eine Gruppe Spieler, die genau diesen Sprung zu Leistungsträgern schaffen könnte. Ich erhoffe mir, dass zumindest eine Auswahl aus Caiuby, Koo, Kohr, Stafylidis, Finnbogason und/oder Gouweleeuw bessere und konstante Leistungen bringt und gezeigtes Potential dauerhaft auf dem Platz in zählbares ummünzen kann. Jeder dieser Spieler hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er entscheidende Beiträge leisten kann. Dies muss durch das bröckelnde Fundament von manchem jetzt regelmäßiger passieren, damit es am Ende nicht eng wird.
  • Ich erwarte, dass Dirk Schuster es schafft, dass wir zu unserer Gefährlichkeit über die offensiven Außenpositionen zurückkehren. Wir werden weiterhin nicht in der Lage sein, Gegner spielerisch zu schlagen oder dauerhaft spielerische Lösungen zu finden. Allerdings ist eine bedeutende Komponente der Defensivtaktik von Dirk Schuster schnelles Umschaltspiel. In 2013/14 hatten wir in Augsburg eine der besten Flügelzangen der Liga mit Tobi Werner und André Hahn. Durch die taktischen Umstellungen erwarte ich, dass wir in dieser Saison über diese Positionen wieder mehr Torgefahr ausstrahlen. Die Transfers von Schmid und Usami bestätigen den Fokus bei der Kaderzusammensetzung.
  • Durch die vorgenannten Gründe glaube ich nicht, dass wir in dieser Saison sorglos den Klassenerhalt sichern können. Aber auch wenn Schwierigkeiten auftauchen sollten, sich Spieler nicht wie geplant entwickeln oder am Ende vielleicht auch Pech dazu kommt, hoffe ich, dass wir uns alle in Augsburg erinnern, dass die erste Bundesliga keine Selbstverständlichkeit ist. Ich erwarte vom Verein weiterhin äußerste Ruhe und einen kühlen Kopf in schwierigen Situationen. Wirtschaftliche Vernunft muss weiterhin oberste Priorität haben.

Ich als Fan werde auch diese Saison wieder angehen, als ob es unsere letzte Bundesligasaison ist. Jedes Spiel genießen, mitnehmen was möglich ist und am Ende schauen ob es reicht. Dabei hoffe ich darauf, möglichst viele nette Menschen zu treffen, gemeinsam auf die guten Zeiten anzustoßen und Hoffnung zu haben. Wir spielen immer noch samstags um 15:30 Uhr. Es kann also nur gut werden.

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