Reuters Transferspielchen

Nach der Saison ist bekanntlich vor der Saison. Kaum ist das letzte Spiel abgeschlossen, häufen sich die Gerüchte um mögliche Transfers und Wechsel, aber bis sich diese Transfers verwirklichen lassen, müssen sich die Vereine bis zu den offiziellen Transferperioden gedulden, welche von der FIFA vorgegeben werden. In der Regel ist es den Clubs im Sommer möglich, vom 01.07. bis zum 31.08. neue Spieler für sich zu gewinnen, die noch bei anderen Vereinen unter Vertrag stehen. Um uns daher die Wartezeit ein wenig zu versüßen, haben wir uns deshalb in einer kleinen Serie die letzten Transferperioden einmal genauer angesehen. Vor allem auch deswegen, da die Kritik an Sportdirektor Stefan Reuter immer lauter wird. Doch hat er wirklich einen so schlechten Job gemacht? Und hat er immer nur aufs Geld geachtet oder hatte er dabei vielleicht sogar mal ein glückliches Händchen?

Ein Weltmeister kommt nach Augsburg

Am 27.12.2012 stellte der FC Augsburg Stefan Reuter als neuen Geschäftsführer des Bereichs Sport vor, nachdem man seinen Vorgänger Jürgen Rollmann nach nur wenigen Wochen aufgrund unüberbrückbarer interner Differenzen entlassen hatte.

Zu jener Zeit steckte der Verein in einer kleinen Krise, denn die Hinrunde hatte man mit gerade mal 9 Punkten auf Platz 17 beendet. Eine Veränderung und vor allem auch Sicherheit fehlten in jenen Tagen an allen Ecken und Enden. Und so holte unser damaliger Präsident Walther Seinsch mit Stefan Reuter einen erfahrenen Mann an Bord des wankenden Schiffes. Gerade als Spieler hat unser Geschäftsführer Sport so ziemlich alles gewonnen, was möglich ist. Er wurde Weltmeister, Europameister, gewann mit Borussia Dortmund die Champions League und 5 Deutsche Meistertitel.

Reuter – ein Risiko?

Bei seinen vorherigen Stationen Borussia Dortmund und dem TSV 1860 München konnte Stefan Reuter schon einige Fähigkeiten aufweisen und weitere sammeln, die es für einen solch wichtigen Posten braucht. Allerdings war seine Einstellung doch ein Risiko für unseren Verein, denn gerade bei den Blauen aus München lief es für den gebürtigen Dinkelsbühler nicht gerade gut. Drei Jahre lang war er dort beschäftigt, bevor man ihm im Februar 2009 schließlich einen neuen Sportdirektor vor die Nase setzte und im einen Großteil seiner Aufgaben entzog, da es für den angeschlagenen Zweitligisten sportlich immer weiter bergab ging. Man wollte ihn zwar weiterhin als Geschäftsführer und Sponsoren-Betreuer behalten, doch für Reuter war das keine Option.

Es gab nochmal ein Gespräch, aber wir haben keine Lösung gefunden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber klar, dass ich dieses Angebot nicht annehmen kann.

Stefan Reuter über seine Entlassung

Doch gerade wenn man jetzt auf die letzten fast 9 Jahre zurück blickt, kann man sagen, dass die Entscheidung Walther Seinschs goldrichtig war. Denn Stefan Reuter hat es mit seinen Entscheidungen geschafft, uns immer wieder in der Liga zu halten und brachte uns sogar mit dem Erreichen der Europa League den größten Erfolg unserer Vereinshistorie ein. Und das ist etwas, das wir alle nicht vergessen sollten, denn auch die sportliche Leitung trägt einen großen Anteil an dieser Leistung.

Eine furchtbare Jacke, wenn es nach unserem Geschmack geht! (Foto via Imago)

Die Transferzahlen im Überblick

Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf die absoluten Zahlen, da man hieran am besten sieht, wie viele Transfers unter Reuter getätigt wurden. Und das waren wirklich nicht wenige. Was jedoch auffällig ist, dass gerade in den letzten Jahren auffällig viele Leihen – sowohl als Zu- als als auch Abgänge – getätigt wurden.

Zugänge:

SaisonZugänge gesamtDavon LeihenLeihendeSpieler aus der eigenen Jugend
2012/1341
2013/141544
2014/1515123
2015/1614141
2016/171331
2017/181352
2018/1917274
2019/2020352
2020/2111142
Zugänge Gesamtübersicht

Abgänge:

SaisonAbgänge gesamtDavon LeihenLeihendeKarriereende
2012/13311
2013/14143
2014/1514321
2015/161024
2016/171851
2017/18188
2018/19114
2019/2019422
2020/2117532
Abgänge Gesamtübersicht

Insgesamt hat Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter 246 Transfers getätigt. 122 Zugänge sind hierbei zu verzeichnen und ganze 18 Spieler aus der eigenen Jugendabteilung bekamen die Chance, sich auch mal mit den Großen messen zu dürfen. Dem stehen 124 Abgänge gegenüber, wobei dazu zu sagen ist, dass bei allen Zahlen auch die beendeten Leihverträge berücksichtigt wurden. Betrachtet man den jeweiligen Durchschnitt, so kommt Stefan Reuter auf 13,56 Zugänge und 13,78 Abgänge pro Saison.

Investitionen in neue Spieler

Immer wieder liest man, dass Stefan Reuter so ein unglaublicher Sparfuchs sei, der nur wenig Geld in neue Spieler investieren möchte. Das mag bis zu einem gewissen Grad auch stimmen, denn gerade in den letzten Jahren holte man immer wieder junge Talente zu uns an den Lech. Beispielsweise einen Mads Pedersen, den man für ca. 800.000,00 € von FC Nordsjælland verpflichtete. Außerdem ist es kein Geheimnis, dass unsere sportliche Leitung auch gerne mal ablösefreie Spieler mit einem Vertrag ausstattet. Doch darauf gehe ich später noch genauer ein.

Bevor ich euch aber – unabhängig von deren Leistung – die Top 5 der teuersten Einkäufe präsentiere, schauen wir uns doch erst einmal an, wie viel Stefan Reuter überhaupt in neue Spieler investiert hat. Das gestaltet sich nicht als ganz so einfach, da teilweise die vereinbarten Leihsummen nicht bekannt sind. Doch einen groben Überblick zu haben ist doch auch schon mal nicht schlecht.

SaisonSumme Zugänge
2012/13300.000,00 €
2013/144.550.000,00 €
2014/1512.450.000,00 €
2015/1616.700.000,00 €
2016/1723.700.000,00 €
2017/187.550.000,00 €
2018/196.650.000,00 €
2019/2031.500.000,00 €
2020/2110.300.000,00 €
Ausgaben für Zugänge pro Saison

Wir reden hier von einer Summer von 113.700.000,00 €, die Stefan Reuter in neue Spieler (inkl. Leihen) investiert hat. Das ergibt in etwa neun Jahren, die der gebürtige Dinkelsbühler, eine durchschnittliche Summe von 12.633.333,33 € pro Saison.

Die teuersten Zugänge

Doch nun möchte ich euch natürlich nicht länger auf die Folter spannen und euch die teuersten Zugänge präsentieren. Auf Platz 5 liegt dabei Michael Gregoritsch, der seit 04.07.2017 bei uns unter Vertrag stand. Er kam für 5.500.000,00 € vom Hamburger SV. Der viertteuerste Transfer war Iago, den man zu Beginn der Saison 2019/20 von SC Internacional Porto Allegre für 6.500.000,00 € zu uns transferierte.

Ein klein wenig mehr gab man laut Transfermarkt für Felix Uduokhai aus. 7.000.000,00 € musste Stefan Reuter für ihn an den VfL Wolfsburg überweisen, was für seine Leistung aber ein wirklich angemessener Preis war. Seinen Marktwert von damals (6.800.000,00 €) konnte er in der Zwischenzeit nämlich auf 13.000.000,00 € steigern. Platz 2 geht an Tomáš Koubek. Doch trotz einer Transfersumme von 7.500.000,00 € konnte er bei uns nicht wirklich überzeugen, wie wir im zweiten Teil unserer Serie im direkten Torwartvergleich noch sehen werden.

Die unangefochtene Nummer 1 ist kein geringerer als Martin Hinteregger. Ihn verpflichtete man am 31.08.2016 für eine stolze Summe von 10.500.000,00 € von RB Salzburg . Wie ein Blick auf die Leistungsdaten zeigt, war Hinti auch ein sehr wichtiger Spieler in den letzten Jahren. In 2,5 Spielzeiten machte er für unseren FC Augsburg 83 Spielen und traf dabei fünf Mal das gegnerische Tor. Sein Abgang war natürlich alles andere als glücklich, dennoch war Hinteregger mit der beste Innenverteidiger, den wir bei uns willkommen heißen durften.

Teuerster Zugang der bisherigen Vereinsgeschichte: Innenverteidiger Martin Hinteregger (Foto via Imago)

Geld für die FCA-Kasse

Natürlich haben wir uns auch die Abgänge näher angeschaut und hier ein Ranking erstellt. Doch auch hier wieder zuerst eine Aufstellung der Gesamteinnahmen. Hierzu sei auch gesagt, dass die genauen Summen teilweise nicht öffentlich gemacht wurden, wie zum Beispiel die vereinbarten Summen für Leihspieler.

SaisonSumme Abgänge
2012/130,00 €
2013/14700.000,00 €
2014/156.900.000,00 €
2015/1626.900.000,00 €
2016/1715.050.000,00 €
2017/187.900.000,00 €
2018/192.850.000,00 €
2019/2019.500.000,00 €
2020/218.600.000,00 €
Einnahmen durch Abgänge pro Saison

Insgesamt konnte Stefan Reuter dem Verein somit 88.400.000,00 € mit seinen Verkäufen in die Kasse spülen, was eine jährliche Einnahme von 9.822.222,22 € bedeutet. Die fünf teuersten Abgänge brachten uns dabei einen Umsatz in Höhe von 54.000.000,00 € ein.

Die Top 5 der teuersten Abgänge

Auf Platz 5 findet sich hier Ragnar Klavan wieder. Wer kennt ihn noch, den gebürtigen Esten? Er kam im Juli 2012 für eine Ablösesumme von 250.000,00 € von AZ Alkmaar nach Augsburg. In insgesamt 140 Spielen lief der Innenverteidiger für uns auf und wurde schließlich am 20.07.2016 für 5.000.000,00 € an den FC Liverpool verkauft, nachdem der Club in der Europa League auf ihn aufmerksam geworden war.

Die vierthöchste Ablöse erzielte man durch den Verkauf von Jeong-ho Hong, den man am 01.09.2013 für 2.000.000,00 € verpflichtet hatte. Doch in 61 Partien konnte der Innenverteidiger seinen Marktwert steigern und brachte unserem FC Augsburg damit eine Summe von 6.000.000,00 € ein.

Der wohl schmerzhafteste Abgang für viele FCA-Fans liegt mit Philipp Max auf Rang 3. Für 8.000.000,00 € verkaufte man in an PSV Eindhoven, wo er in dieser Saison auch internationale Luft schnuppern durfte. Insgesamt spielte der gelernte Linksverteidiger fünf Jahre beim FC Augsburg. In 156 Spielen schoss er 15 Tore und legte 29 auf. Gerade in dieser Saison hat man leider gemerkt, dass sein Zug auf der linken Außenbahn doch ziemlich fehlt.

Er fehlt uns immer noch unglaublich… (Foto via Imago)

Platz 2 geht an Martin Hinteregger. Auch hier handelt es sich (wie bei allen 5 Topabgängen) um einen Verteidiger. Nachdem er bereits im Januar 2019 nach seiner Kritik am damaligen Trainer Manuel Baum dorthin ausgeliehen wurde, verkaufte man ihn schließlich im Sommer an die Frankfurter Eintracht. Die Ablösesumme, für deren Einigung man einen ganzen Monat gebraucht hatte, belief sich am Ende auf 9.000.000,00 €.

Der unangefochtene Spitzenreiter

Dies sind aber immer noch stolze 17.000.000,00 € weniger als beim Spitzenreiter. Abdul Raman Baba kam am 12.08.2014 von Greuther Fürth nach Augsburg. Man bezahlte gerade einmal 2.500.000,00 € für ihn und relativ genau ein Jahr später klopfte der FC Chelsea an Stefan Reuters Tür, der schließlich den Rekordtransfer des FC Augsburg eintütete. Für 26.000.000,00 € ließ man Baba schweren Herzens in die Premier League ziehen.

Der Rekordtransfer schlechthin… (Foto via Imago)

Für den FC Chelsea, bei denen er bis 2022 immer noch unter Vertrag steht, durfte er in gerade einmal 23 Spielen auflaufen. Das sind weniger als er für uns in einer Saison gemacht hat. Da waren es nämlich 32. Doch für Chelsea scheint Baba nicht so wichtig zu sein, wie er es für uns war, denn der Arme wird seit Jahren ständig ausgeliehen und hatte zugleich mit einigen Verletzungssorgen zu kämpfen. Für mich persönlich trotzdem eine Verschwendung von Talent.

Ablösefreie Spieler

Wie oben schon erwähnt, wird Stefan Reuter oftmals nachgesagt, dass er viele ablösefreie Spieler unter Vertrag nimmt, um Geld zu sparen. Gerne wird von seinen Kritikern in den sozialen Netzwerken auch gesagt, dass diese Spieler dann oft nur eine mangelnde Leistung an den Tag legen. Das stimmt aber keinesfalls. Denn in den ganzen 9 Jahren, in denen Stefan Reuter bei uns in Augsburg ist, hat er gerade einmal 19 ablösefreie Spieler zu uns gelockt. Und einige Namen bringt man dabei sicher nicht mit einem Flop in Verbindung. Hier eine Aufstellung der detaillierten Leistungsdaten:

SpielerPositionEinsätzeSpielminutenTore / VorlagenGegentore / Zu Null
Michael ParkhurstInnenverteidiger21370/0
Somen TchoyiOM2290/0
Marwin HitzTorwart14714.1571/0212/47
Halil AltintopOM1288.85322/14
Christoph JankerAbwehr462.3760/0
Piotr TrochowskiOM124182/1
Daniel OpareRV221.8680/0
Andreas LutheTorwart312.7800/042/7
Georg TeiglRV301.3270/2
Gojko KacarDM291.4091/1
Rani KhediraDM12710.0746/4
Marcel HellerRM251.3670/2
Julian SchieberMS122991/0
Felix GötzeDM92021/0
Stephan LichtsteinerRV201.3460/1
Marek SuchýIV137880/0
Rafal GikiewiczTorwart363.2400/057/8
Tobias StroblDM311.9690/0
Daniel CaligiuriRechtsaußen352.8257/5
Ablösefreie Zugänge

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich sehe nicht unbedingt viele Spieler, die, obwohl sie lediglich für ein Handgeld zu uns gekommen sind, komplett versagt haben. Im Gegenteil: Spieler wie Marwin Hitz, Rani Khedira, Christoph Janker, Rafal Gikiewicz oder Daniel Caligiuri bringen bzw. brachten regelmäßig ihre Leistung und haben für unseren FC Augsburg alles gegeben. Nur weil ein Spieler ablösefrei kommt, muss das nicht zwangsläufig eine schlechte Sache sein. Ich würde sogar soweit gehen und unserem Sportdirektor hier ein doch sehr geschicktes Händchen nachsagen. Das ist aber nur meine persönliche Meinung.

Zwei ablösefreie Spieler, die immer alles geben… (Foto via Imago)

Ausblick auf Teil 2

In diesem ersten Teil unserer kleinen Transferserie, habe ich euch nun einen kleinen Einblick in die groben Zahlen der einzelnen Zu- und Abgänge gegeben. Im zweiten Teil möchte ich euch gerne die Topscorer näher bringen oder euch auch alle Torhüter vorstellen, die in den letzten Jahren bei uns zwischen den Pfosten standen. Außerdem verrate ich euch, wer seine Karriere in unserem schönen Augsburg beendet hat oder was aus unseren eigenen Nachwuchstalenten wurde. Das Ganze lest ihr hier in den nächsten Tagen in der Rosenau Gazette. Ihr dürft daher mehr als nur gespannt sein!

Die Saison des Maurice Malone

Maurice Malone ist ein echter Augsburger Jung. Am 17. August 2000 in der Fuggerstadt geboren, schnürt er seit seinem achten Lebensjahr die Fußballschuhe für den FCA. In der aktuellen Saison ging er sehr erfolgreich für den Drittligisten SV Wehen-Wiesbaden auf Torejagd. Die Leihe endet zum 30.06.2021. Was zeichnet den Youngster aus? Sehen wir den 20jährigen Deutsch-Amerikaner in der kommenden Saison vielleicht im FCA-Trikot? Und wie hat er sich in der dritten Liga so geschlagen? Eine Einschätzung.

Wer ist dieser Maurice Malone?

Wie eingangs schon erwähnt, ist Maurice Malone ein gebürtiger Augsburger, der mittlerweile 20 Jahre alt ist. Seit 2008 kickt der Offensivspieler beim FC Augsburg, zuerst in der Jugend und zwischen 2018 und 2020 in der zweiten Mannschaft. Im Jahr 2019 hat Malone seinen ersten Profivertrag beim FCA unterschrieben, nachdem er 11 Jahre lang alle Jugendstationen des Vereins durchlaufen hat. Funfact am Rande: Maurice spielte (bis 2020) nie für einen anderen Club als den FCA. Er identifiziert sich demnach sehr mit seinem Heimatverein:

„Der FCA bedeutet mir sehr viel, weil ich mein komplettes Fußballleben hier verbracht habe.“

Maurice Malone auf der FCA Website

Ebenfalls war Malone für diverse Nachwuchsnationalmannschaften des DFB im Einsatz. So durfte er neun Mal für die U17 antreten sowie je zweimal für die U18 und U19. Dabei erzielte er insgesamt drei Treffer. In der B-Junioren Bundesliga wurde Maurice in der Saison 2015/2016 Torschützenkönig mit 24 Treffern in 26 Spielen. Seine sportlich erfolgreichste Zeit verbrachte er bei der U17-Nationalmannschaft, denn er nahm im Jahr 2017 sowohl an der U17-Europameisterschaft (in Kroatien) als auch an der Weltmeisterschaft (in Indien) teil und kam insgesamt zu fünf Einsätzen.

Maurice Malone war einst eine große Sturmhoffnung im deutschen Nachwuchsfußball (Foto via Imago)

Ein weiterer Funfact: Der 17jährige Kevin Malone, Torhüter der U19 des FCA, ist der kleine Bruder von Maurice Malone. Seit 2018 spielt dieser beim FCA im Nachwuchs, zuvor schnürte Kevin Malone beim FC Königsbrunn die Fußballschuhe.

Wie hat er sich bisher beim FCA geschlagen?

In der U19 sowie im Anschluss in der zweiten Mannschaft des FCA war Maurice sehr gut integriert. Schnell hatte sich der agile Angreifer in dem jeweiligen Team und der Liga akklimatisiert. Seine Statistiken sprechen hier eine deutliche Sprache: In der Regionalliga Bayern gelangen Maurice für die „Zwote“ neun Tore und 1 Assist in 18 Spielen.

Zuvor hatte er in der U19-Bundesliga in 23 Partien 13 Treffer und zwei Assists erzielt. Zudem traf er einmal im DFB-Pokal der Junioren für den FCA. Beim FCA ist ihm das Profidebüt bisher verwehrt geblieben, in 2019 stand er beim Bundesligaspiel gegen RB Leipzig zwar im Kader, jedoch ohne Einsatz. Auch beim Auftaktspiel der Saison 19/2o gegen den BVB und beim blamablen Erstrunden-Aus im DFB-Pokal gegen den SC Verl war Maurice jeweils (einsatzlos) im Kader. Die restliche Saison verblieb er überwiegend in der Augsburger Reserve – ohne weitere Kaderberufung in der Bundesligamannschaft.

Einen solchen treffsicher-agilen Angreifer aus dem eigenen Nachwuchs können wir in Augsburg eigentlich gut gebrauchen – doch wird Markus Weinzierl auf ihn bauen? (Foto via Imago)

Wie macht sich Maurice in Liga 3?

Mittlerweile ist Maurice Malone im deutschen Profifußball angekommen. Nach einer sportlich erfolgreich Saison in der Augsburger Reserve wechselte er per Leihe in der Saison 2020/21 zum Drittligisten SV Wehen-Wiesbaden. Bei den Hessen war er Neuzugang Nummer fünf in der Sommerpause. Wiesbaden-Trainer Rüdiger Rehm bescheinigt dem Offensivspieler jedenfalls sehr viel Potenzial: „In der Offensive ist er mit seinem hohen Tempo sehr variabel einsetzbar“, weiß Rehm. Der Sportdirektor der Hessen, Christian Hock, ergänzt: „Der Junge weiß, wo das Tor steht und hat mit seiner Quote schon als A-Jugendlicher Begehrlichkeiten geweckt.“

Der FCA lies in Person von Stefan Reuter zu dieser Leihe verlauten:

„Maurice hat das Talent, sich eines Tages in der Bundesliga beweisen zu können. Um ihn behutsam an dieses Top-Niveau heranzuführen, ist die Leihe ein weiterer wichtiger Schritt in seiner Karriere. Wir sind überzeugt, dass er in der 3. Liga zu seinen Einsatzzeiten kommen wird und dort einen Sprung in seiner Entwicklung machen kann.“

Quelle: Transfermarkt

Bei den Hessen absolvierte er im Laufe der Saison 35 Spiele, bei 38 möglichen Einsätzen. Bei seinen 35 Spielen stand er in 71% der Partien in der Startelf. Mit seinen 12 Treffern ist er Top-Torschütze des SV Wehen-Wiesbaden in der seit kurzem abgelaufenen Spielzeit. Zudem lieferte er neun Vorlagen. Dies entspricht einer Beteiligung an 36% aller Wiesbadener Toren.

Notentechnisch (basierend auf dem Notensystem des Kickers) ist Maurice nur auf Platz sechs aller Spieler des SV Wehen-Wiesbaden angesiedelt – mit einem Notendurchschnitt von 3,40. (Quelle: Kicker) Hierbei schaffte er es einmal in die Kicker-Elf des Spieltages. Mit 21 Scorerpunkten (12 Tore, 9 Assists) schafft er es in dieser Saison in die Top 10 der dritten Liga. Vor ihm in der Tabelle stehen erfahrene Spieler wie Ex-Augsburger Sascha Mölders, Sercan Serarer oder Terence Boyd.

Zuletzt wurde sein Marktwert bei Transfermarkt deutlich aufgewertet. Transfermarkt begründet diese Aufwertung wie folgt:

„Ein weiterer Shooting-Star der bisherigen Drittligasaison ist Maurice Malone vom SV Wehen Wiesbaden. Der 20-jährige Leihspieler des FC Augsburg überzeugt sowohl mit einer beeindruckenden Physis als auch mit einer feinen Technik. Dank dieses Gesamtpakets kommt der offensiv flexibel einsetzbare Malone bereits auf sieben Tore und sechs Assists. Künftig wird sein Marktwert auf 500.000 Euro beziffert (+150.000 €).“

Quelle: Transfermarkt

Was für ein Spielertyp ist Maurice Malone?

Wie Rüdiger Rehm schon durchblicken ließ, ist Malone ein polyvalenter Spieler, kann also auf mehreren Positionen gewinnbringend eingesetzt werden. So spielt er in dieser Saison zwar überwiegend auf dem linken Flügel, kann jedoch genauso gut Rechtsaußen spielen oder als Mittelstürmer agieren. Und dies ohne großartigen Leistungsabfall. Im Laufe der aktuellen Spielzeit hat er dies nicht nur einmal beweisen können, sondern wurde auf sechs Positionen mindestens einmal eingesetzt:

In 17 Partien spielte Maurice im linken Mittelfeld, hierbei traf er fünf Mal selbst und gab sechs Torvorlagen. Dies kann man durchaus als seine Paradeposition bezeichnen. Sechs weitere Partien bestritt er als Mittelstürmer, seine Ausbeute hier ein Tor und zwei Assists. Als hängende Spitze wurde er fünf Mal aufgestellt und traf hierbei fünf Mal ins gegnerische Gehäuse und gab eine Torvorlage. Eine richtig starke Quote! Vier Partien stellte Trainer Rehm den Linksfuß im rechten Mittelfeld auf, auch hier war er mit zwei Toren durchaus erfolgreich. Jeweils ein Spiel bestritt er Rechtsaußen (1 Assist) sowie im zentralen Mittelfeld (keine Torbeteiligung).

Bleibt er bei Wehen-Wiesbaden?

Wehen-Wiesbaden macht sich nach solch einer klasse Saison natürlich Gedanken um den flinken Offensivspieler. Mit 20 Jahren ist er längst nicht an seiner Leistungsgrenze angelangt, ist hungrig und torgefährlich. Tugenden, die dem ambitionierten Drittligisten gut zu Gesicht stehen. Dieses Jahr haben die Hessen den Aufstieg in die zweite Liga verpasst, nachdem es bis März tabellarisch gut für den Verein aussah. Einige Abgänge haben sich nach dieser Saison schon angekündigt, unter anderem verlässt Mittelstürmer Tietz die Wiesbadener – er wechselt zum SC Darmstadt 98 in die zweite Liga.

Gerne würde der Club Maurice Malone halten. Die Entscheidung über eine möglicherweise weitere Leihe oder gar eine feste Verpflichtung steht noch aus, so berichtete zuletzt der Wiesbadener Kurier am 21.05.2021 in seiner Online-Ausgabe. Den Ligaabschluss hatten die Hessen am Samstag gegen den bereits feststehenden Aufsteiger Dynamo Dresden nicht wirklich erfolgreich gestalten können. Man verlor mit 1:0 gegen die Sachsen.

Am 29.05. trifft man nun im Hessenpokalfinale auf den TSV Steinbach Haiger, den auch die Augsburger übrigens sehr gut kennen, um sich bei einem Sieg für den DFB-Pokal zu qualifizieren. Im Transfermarkt-Forum der Weher munkelt man, wohl auch auf Basis eines Plus-Artikels des Wiesbadener Kuriers, dass an Maurice Malone mehrere Vereine interessiert sind. Welche Clubs dies konkret sind, ist unklar.

Oder kommt er zurück zum FCA?

Transfermarkt-User Flixxel1860 schätzt die Chance des gebürtigen Augsburgers beim FCA wie folgt ein: „(…) Nachdem er mit der optimalen Einsatzzeit auch optimal viele Tore und Assists in seiner Statistik hat, kann er m.E. übergangslos in der 1.Liga in Augsburg einsteigen. (…).“

Ob der Übergang so nahtlos sein wird, steht derzeit noch in den Sternen und lässt sich natürlich schwer prognostizieren. Die dritte Liga und die erste Liga sind natürlich wenig vergleichbar. Aber in der Vergangenheit haben sich beim FCA Spieler wie André Hahn oder Ibrahima Traore aus unterklassigen Ligen direkt und schnell akklimatisieren können. Maurice bringt jedenfalls einiges mit, was es in der deutschen Beletage benötigt: Schnelligkeit, Robustheit, stark im Dribbling und einen guten Torabschluss. Er selbst sagt über sich:

„Meinen linken Fuß würde ich schon als Waffe bezeichnen“

Quelle: Liga 3 Online

Zudem die bereits erwähnte Polyvalenz, die ihn so wertvoll macht: Er kann hinter den Spitzen, als einzige Spitze, links und rechts außen spielen. Diese Eigenschaft kann jeder Profikader gut gebrauchen diesertags. Verletzungsanfällig ist er bis dato auch nicht. Transfermarkt listet für den 20jährigen jedenfalls keine Verletzung seit Anbeginn seiner Profikarriere auf. (Quelle: TM)

Vielleicht kann er in der Sommervorbereitung unter Neu-Trainer Markus Weinzierl glänzen. Kennen wird ihn der FCA-Coach vermutlich nicht direkt persönlich, beim ersten Amtsantritt Weinzierls in Augsburg war Malone gerade mal 12 Jahre alt. Aber mehr Chancen sollte er unter dem Niederbayer sicherlich haben als noch unter Heiko Herrlich. In den letzten beiden Sommervorbereitungen durfte Maurice Malone bei den Profis mitkicken und bestritt auch einige Testspiele. Hierbei gelangen ihm wichtige Tore, wie das 2:1 im Testspiel gegen Dynamo Dresden im März 2019 oder das entscheidende Tor zum Turniersieg in Heimstetten 2020 gegen Borussia Mönchengladbach. Da waren die guten fußballerischen Ansätze definitiv schon zu sehen.

Mit seinen Stärken würde er auch sehr gut ins Augsburger System passen, die Schnelligkeit ist hierbei ein großes Plus sowie der torgefährliche Abschluss. Dies ist beispielsweise ein Manko bei den derzeitigen Offensivspielern des FCA – wie Gregoritsch (1 Tor), Finnbogason (0 Tore), Niederlechner (4 Tore) oder Marco Richter (3 Treffer). Die beiden torgefährlichsten Spieler im FCA Dress waren in der abgelaufenen Saison die beiden Oldies Hahn (7 Tore) und Caligiuri (6 Tore). Auch Ruben Vargas kommt auf 6 Treffer.

In der Hinrunde der 3. Liga gingen 76% der Angriffe des SV Wehen-Wiesbaden über die Flügel, bevorzugt über den linken – diesen Part bekleidete zumeist Maurice Malone. Tiefenläufe und Steilpässe waren oft ein probates Mittel, um die Gegner auszuhebeln. Ein schnelles Umschaltspiel war hier Grundvoraussetzung. Ein 1860-Fanblog schrieb im Dezember 2020 vor der Partie gegen Wehen-Wiesbaden folgendes über Maurice:

„Topscorer Maurice Malone (#11) ist sicherlich der Akteur, auf den die Löwen am meisten aufpassen müssen. Mit allen Freiheiten ausgestattet kann der wie ein Schattenstürmer agierende Spieler überall auftauchen und seine Mitspieler entsprechend in Szene setzen oder selbst den Abschluss suchen. 55% seiner Schüsse gehen aufs Tor. Fünf Vorlagen und sechs Tore hat er bisher auf dem Kerbholz.“

Quelle: sechzger.de

Sollte uns der heißbegehrte Ruben Vargas – der im Sommer die EM spielen wird und sich dort ins Schaufenster stellen kann – oder der verletzungsanfällige Noah Sarenren Bazee verlassen, könnte Maurice Malone eine Alternative sein. Aber auch ohne einen Abgang der beiden denke ich, dass sich Maurice Stand heute der Konkurrenz stellen kann.

In der Rückrunde 2021 wurde Malone für ein Spiel suspendiert, auch dies gehört zu einem Lernprozess unweigerlich dazu. Wehen-Trainer Rehm sagte hierzu nur so viel: „Ja, er hat uns richtig gefehlt heute. Aber Disziplin und Pünktlichkeit im Team sind das oberste Gebot!“ Aber auch ein Ruben Vargas, 22 Jahre jung, macht noch einen Lernprozess durch, wie man bei seiner roten Karte gegen Bremen gesehen hat. Ebenjener Flügelspieler startete ebenfalls mit jungen 21 Lenzen in Augsburg durch – und dies sogar fernab seiner Heimat.

Vielleicht sollte man Maurice Malone einmal die Chance geben, verleihen kann man den jungen Spieler immer noch. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt – das sagt man doch so schön. Und ein wenig Mut, ein wenig mehr Vertrauen in den eigenen Nachwuchs täte sehr gut. Bei Marco Richter ist dies zuletzt voll aufgegangen, bei Erik Thommy hat man zwei Jahre zuvor deutlich zu lange gewartet und das Augsburger Eigengewächs geht seither abseits des Lechs einer mehr oder minder erfolgreichen Karriere nach.

Malone könnte nach Richter, Framberger, Asta, Danso, Civeja und zuletzt Petkov der nächste Nachwuchsspieler sein, der das Bundesligadebüt schafft und zu einem Erstliga-Einsatz im FCA-Dress kommt. Die Chance verdient hätte er sich wohl allemal.

Datenbrille: Dani, du fehlst

Eigentlich war Teil 3 unserer kleinen Daten-Serie in Zusammenarbeit mit Createfootball schon früher geplant. Aber dann ging es nach dem bitteren 2:3 gegen Köln (31. Spieltag) beim FCA plötzlich hoch her: Trainerwechsel, verlorenes Schlüsselspiel in Stuttgart (32. Spieltag; 2:1) und damit mitten reingeschlittert in den Abstiegskampf, der am Samstag zu Hause gegen den ebenfalls abstiegsgefährdeten SV Werder Bremen (33. Spieltag; 2:0) in einem nervenaufreibenden Fight endgültig vom Tisch war. Da hieß es auch für die Rosenau Gazette: Business as usual is erstmal nich. Der Verein gibt manchmal einfach die Themen vor.

Trotz alledem kann ein kleiner datenbasierter Kadercheck auch jetzt noch zeigen, an welchen Stellen im Mannschaftsgefüge es in dieser so merkwürdigen Saison mehr oder weniger gelaufen ist. Und auch ein wenig erklären helfen, warum der FC Augsburg sich gerade in den letzten, prä-weinzierlschen Spielen so unglaublich schwer getan hat. Eine Frage, die uns dabei auch umgetrieben hat, ist, ob Carlos Gruezo und Tobias Strobl im Mittelfeld den Weggang unseres Capitanos Daniel Baier kompensieren konnten. Was sagen die Daten dazu?

Teil 3 von 3, unser „Daten-Finale“, jetzt also nach dem großen (gottseidank geglückten!) FCA-Saison-Finale.

Offensive: ausbleibende Torgefahr

Dauerbaustelle war in dieser Saison sicherlich die Offensive. Wer die Spiele unserer Jungs in den letzten Monaten verfolgt hat, für den oder die ist das nichts sonderlich Neues. Aber einige Mannschaftsdaten belegen die Probleme im Offensivspiel und die dadurch ausbleibende Torgefahr nochmal ganz eindrücklich.

Der FCA erzielte bisher* die viertwenigsten Tor pro Spiel. Nur die (immer noch) abstiegsgefährdeten Köln und Bielefeld sowie Schalke, seit dem 30. Spieltag erster feststehender Absteiger, schnitten noch schlechter ab. Zudem kamen pro 90 Minuten nur 2.78 Schüsse aufs Tor. Zum Vergleich: In der Saison 19/20, die bis auf die letzten neun Spieltage unter Trainer Martin Schmidt absolviert wurde, waren es noch 3.69. In der Saison 18/19, in der Manuel Baum bis auf die letzten sechs Spiele auf der Trainerbank gesessen hatte, sogar 4.38 Torschüsse.

Personifizierte Torflaute: Flo Niederlechner

Diese Tor- und Torschussflaute verkörperte Flo Niederlechner wie keine andere Offensivkraft in dieser Saison. Bei 24 Einsätzen kam er auf magere 3 Tore. Seine Chancenverwertung ist im Vergleich zur letzten Saison drastisch abgefallen (von 30% auf 17%).

Dabei darf man aber nicht vergessen, dass er unter Herrlich nicht so oft die Chance bekommen hat, sich zu beweisen. Unter Vorgänger Schmidt stand der Mittelstürmer in allen Spielen (25) in der Startelf und durfte fast immer die vollen 90 Minuten durchspielen. Unter Herrlich (40 Spiele) durfte Niederlechner dagegen nur 24-mal von Beginn ran, wurde oft aus- oder erst eingewechselt (18- bzw. 9-mal) und stand 3-mal – ohne Verletzungsgrund – gar nicht im Kader. Im Rückblick sagte er dazu: „Das war keine leichte Zeit für mich in den letzten Wochen, ich hab‘s auch nullkommanull verstanden“.

Dani Baier hat sich beim FCA vor allem durch seine vorwärts gerichteten Pässe fast unersetzlich gemacht. Flo Niederlechner durch seine Buden. (Foto via Imago)

Defensive: innen hui, außen pfui

Die Abwehr zählte in dieser Spielzeit zu den stabileren Mannschaftsteilen. Vor allem die Innenverteidigung spielte eine solide Saison. Zwar ließ man mit 12.42 Schüssen pro Spiel die drittmeisten aller Bundesliga-Teams zu, steht aber mit 1.41 Gegentoren pro Spiel im oberen Liga-Mittelfeld (Platz 8).

Umso schmerzlicher ist da die Sehnenverletzung und -OP von Felix Udoukhai, die ihn jetzt für das Saisonfinale und auch die EM außer Gefecht gesetzt hat. Wie gut er und Abwehr-Jeff Gouweleeuw aufeinander abgestimmt waren, sah man z.B. auch gegen Stuttgart. Denn genau diese Abstimmung zwischen Gouweleeuw und Reece Oxford als Udo-Ersatz war da eben mehrmals nicht geglückt. So hatte der Gegner bei seinen zwei Treffern viel zu leichtes Spiel.

Ausbleibender Support fürs Angriffsspiel

Anders sieht es in der Außenverteidigung aus. Createfootball hat uns hier detaillierte Daten zu Rechtsverteidiger Raphael Framberger, Robert Gumny (rechts/links) und Linksverteidiger Iago im Vergleich zu 46 anderen Außenverteidigern in der Liga zur Verfügung gestellt. Mit einer sehr schwachen Zweikampfführung sticht hier unser Frambo auf der rechten Seite heraus (nur 57.14% erfolgreiche Defensivzweikämpfe und damit ligaweit Platz 41 von 49). Gumny dagegen schneidet hier hervorragend ab (68.49%; Platz 2), auch Iago hat einen überdurchschnittlichen Wert bzw. Rang bei erfolgreichen Defensivzweikämpfen (63.16%; Platz 14). Bei den Luftduellen machen alle drei keine sonderlich gute Figur (Iago: Platz 24, Gumny: Platz 34, Frami: Platz 38).

Das Problem in der Augsburger Außenverteidigung war aber nicht zwingend das Defensivverhalten, sondern die Unterstützung für die Offensive. Das unterstreichen vor allem zwei Werte. In puncto Passgenauigkeit tut sich erneut unser Augsburger Eigengewächs negativ hervor (mit 62.75% angekommener Pässe besetzt Frami den wenig ruhmreichen letzten Platz in der Liga). Und auch Iago (Platz 36) und Gumny (Platz 30) haben sich in diesem Punkt nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Bei Frami lief es besser bei Flanken (39.13% angekommene machen Platz 13). Dagegen nimmt hier der Pole mit nur 7.14% (!) pro Spiel den letzten Platz ein. Zum Vergleich: Herthas Peter Pekarik steht hier mit 62.5% erfolgreichen Flanken pro Spiel ganz oben auf dem Treppchen.

Mittelfeld: Schaltung ausbaufähig

Eine Frage, die die RoGaz beim Daten-Kadercheck vor allem mit Blick aufs defensive Mittelfeld beschäftigt hat, war auch: Wie haben sich Tobias Strobl und Carlos Gruezo auf dieser Position in der Nachfolge von Daniel Baier geschlagen? Unser Mittelfeldchef war nach Ankunft Herrlichs in Augsburg im März 2020 bekanntlich mehr und mehr auf die Ersatzbank verbannt worden. Bis sein Vertrag – nach noch zuvor erfolgter Verlängerung – schließlich vorzeitig aufgelöst wurde. Carlos Gruezo, zur Saison 19/20 zum FCA gekommen, hatte Baier bereits so manches Mal auf der Doppelsechs (neben Rani Khedira) ersetzt. Tobias Strobl war dann zur Saison 20/21 – und als möglicher Baier-Nachfolger – neu verpflichtet worden.        

Im statistischen Vergleich zwischen den dreien zeigt sich zunächst das. Alle haben in etwa gleich viele Pässe pro Spiel empfangen (Spanne reicht hier von 18.77 bis 21.97). Bieten sich als Anspielstation im Zentrum also gleichermaßen an. Dasselbe gilt für Zweikämpfe: Strobl, Gruezo und Baier haben hier erneut ziemlich ähnliche Werte (Spanne: 7.69 bis 8.10).

Worin Baier seine Nachfolger allerdings eindeutig aussticht, ist zum einen sein überragendes Abwehrverhalten. Noch in seiner letzten Saison eroberte der 36-Jährige pro Spiel 11.02 Bälle (Strobl: 8.10, Gruezo: 7.78), fing 6.11 Bälle ab (Strobl: 5.01, Gruezo: 4.06) und gestaltete 1.41 Luftduelle erfolgreich (Strobl: 1.05, Gruezo: 0.48). Dani rackerte also, was das Zeug hielt.

Bei Tobias Strobl und Carlos Gruezo, die als Nachfolger unseres Capitanos ins Team rückten bzw. aufgebaut wurden, ist die Vorwärtsschaltung noch ein wenig gehemmt. (Foto: Tim Rehbein/RHR-FOTO/Pool)

Vorwärts mit dem Capitano

Zum anderen lassen sich Baiers Vorzüge aber vor allem in den vorwärts gerichteten Pässen ausdrücken. Mit 14.7 solcher Pässe pro Spiel (Strobl: 12; Gruezo: 9.6) brachte sich der Capitano viel mehr in das Spiel nach vorne ein. Zwar haben seine Nachfolger die leicht bessere Passquote (Strobl: 83.7%; Gruezo: 82.2%; Baier: 79.6%). Aber ihr Spiel war dabei viel eher auf Sicherheits- als auf Risikopässe ausgelegt, die Baier aus seinem Schaltzentrum vor der Abwehr auf die Außen und in die Spitze verteilte.

Kombiniert man jetzt die fehlenden Impulse aus dem Mittelfeld in die Offensive mit den teils schwachen Pass- und Flankenwerten der Außenverteidigung, lässt sich die Torflaute in dieser Saison – auch ganz unabhängig vom glücklosen Niederlechner – vielleicht ein wenig erklären. Ungefähr so: Kein Baier, der die Bälle auf die Außenbahnen oder nach vorne schiebt, plus wenige und unpräzise Pässe in die Gefahrenzone macht eben: ausbleibende Torgefahr.

Durch die Datenbrille haben wir gesehen, dass es an mindestens drei Stellen im Kader in dieser Saison mehr oder weniger große Baustellen gegeben hat. Torflaute in der Offensive, wenig Mithilfe für den Angriff aus der Außenverteidigung und ein kaum aufbauendes defensives Mittelfeld (im doppelten Sinn) wie noch zu Zeiten von Dani Baier. Sie alle hängen – wie in einem Zirkel – miteinander zusammen und haben ihren Teil dazu beigetragen, dass sich der FCA plötzlich in einem Abstiegsszenario wiedergefunden hat, das „die Tabelle bis zuletzt verschwiegen hat“.

„Bauarbeiter“ Weinzierl

Rückkehrer Markus Weinzierl hat sich dieser offenen, durch die Daten sehr ersichtlichen Baustellen jetzt angenommen. Gleich im ersten Spiel gegen seinen früheren Verein VfB Stuttgart zitierte er Flo Niederlechner wieder in die Startelf, der es seinem Trainer auch prompt mit dem zeitweiligen 1:1-Ausgleich dankte. Im Showdown gegen Bremen warf sich Niederlechner nur so in die Zweikämpfe, wobei der wichtigste dann auch in der Ampel-Karte gegen die Bremer resultierte (was für eine Erlösung!). Und auch ganz allgemein sprach Weinzierl dem FCA-Torjäger Nr. 1 der letzten Saison sein Vertrauen aus.

Auch auf die Baustelle Außenverteidigung begab sich Weinzierl sofort. Gegen die Schwaben hatte es sich vor allem Iago – ganz anders als noch im Spiel gegen Köln – in der gegnerischen Hälfte regelrecht gemütlich gemacht. Das zeigen die beiden Heatmaps. Dort machte er 75% seiner ohnehin starken 93% Pässe und flankte auch doppelt so oft wie noch in Köln. Wenn da mal die Baustelle nicht ein gehöriges Stück vorangekommen ist!

Die helle Stelle links vor dem gegnerischen Sechzehner war Iagos Lieblingsplatz gegen Stuttgart. Quelle: Whoscored.com
Gegen Köln hielt sich Iage vor allem in der eigenen Hälfte vor der Grundlinie auf. Quelle: Whoscored.com

Und im (defensiven) Mittelfeld ließ Weinzierl anstatt Strobl neben Rani Khedira, den es nach der Saison bekanntlich zu den Eisernen nach Berlin zieht, nun schon zweimal Routinier Jan Morávek auflaufen. Der 31-jährige Tscheche hatte unter Herrlich zuletzt ersatzweise gegen Frankfurt gespielt, da die beiden Stammspieler für das Match gegen Köln geschont werden sollten. Allerdings hatte sich schon da gezeigt, wie wertvoll Morávek besonders bei der Ballverteilung aus dem (etwas offensiveren) Zentrum nach vorne ist. Und damit vielleicht die Baier’sche Lücke im Schaltkreis besser schließen kann als so manch anderer Spieler…

Bedenkt man jetzt, wie schnell „Bauarbeiter“ Weinzierl mit dem vorhandenen Kader-„Material“ mit ein paar „Umbauten“ passable Ergebnisse erzielen konnte (trotz 1:2 gegen Stuttgart frischer Zug nach vorn; Kampf pur beim 2:0 gegen Bremen), lässt sich jetzt vielleicht auch eine andere Frage besser beantworten. Sie ist in den letzten Wochen unter uns Fans heiß diskutiert worden. Vor allem, als noch Heiko Herrlich die Trainerbank drückte. Nämlich, ob im Augsburger Kader mehr Potential steckt, er es aber (womöglich aus taktischen Gründen) nicht entfalten „darf“. Oder, ob der aktuelle Kader einfach nicht mehr entfalten „kann“, er schlichtweg zu schwach ist. Max vom Rasenfunk hatte dazu eine ziemlich eindeutige Haltung:

Bei denen geht NICHTS, aber auch wirklich NICHTS spielerisch zusammen. Und es KANN nicht sein, dass diese Mannschaft das nicht kann. Sondern diese Mannschaft SOLL halt so spielen, das IS auch ok, aber ich finds megaSCHEIßE.“

Max in der Schlusskonferenz vom 5.4.2021 zum Spiel des FCA gegen die TSG Hoffenheim

Ich finde, angesichts der kürzlich geleisteten Sofort-Arbeiten von Weinzierl kann man Max da durchaus zustimmen. Der Kader kann offenbar mehr, wenn er denn darf. Zudem bin ich zuversichtlich, dass der Trainer Ideen hat, wie er die Lücke schließen kann, die Dani Baier – nun auch datenbasiert bestätigt – offensichtlich im Mittelfeld hinterlassen hat. Spannend wird z.B. auch, wie mit dem Abgang von Khedira umgegangen wird. Das soll hier aber nicht mehr Thema sein. Um Transferangelegenheiten kümmert sich die Rosenau Gazette bald an anderer Stelle. Word!

Danke für den Datensupport

Mit diesem Text geht nun also auch die kleine Daten-Serie zu Ende, die in Kooperation mit den Jungs von Createfootball entstanden ist. Dadurch haben wir Gelegenheit bekommen, zu erfahren, was man sich unter dem (im Fußball nach wie vor noch nicht ganz geläufigen) Beruf des „Datenscouts“ vorstellen kann (Teil 1). Zudem haben wir den 2:1-Sieg des „FC Effizienz“ gegen die TSG aus Hoffenheim datenbasiert besprochen (Teil 2). Und zum Schluss haben wir jetzt eben einzelne Mannschaftsteile durch die Datenbrille inspiziert und dabei festgestellt, dass Dani fehlt (Teil 3). Markus Weinzierl aber schon gute Ideen zum Lückenfüllen gezeigt hat. Danke für euren Support, Mats und Quirin!

Heja!

* Die Saisonwerte stammen vom 26. April, d.h. sie geben den Stand nach 31 Spieltagen wider. So können sie auch für eine vorläufige „Bilanz“ unter Heiko Herrlich stehen, der ja genau nach diesem 31. Spieltag von seinem Trainerposten beim FCA entbunden wurde. Zwar sind die Vergleichswerte aus den Vorsaisons auf der Basis von 34 Spielen zustande gekommen, sodass die Berechnungsgrundlage um 3 Spiele größer ist als bei den Werten für die laufende Saison. Trotzdem lassen sich gerade bei weit auseinanderliegenden Werten – trotz ihrer nicht ganz exakten Vergleichbarkeit – interessante Tendenzen aufzeigen.  

Auf die elfte Saison

Nachdem wir unseren neuen, alten Trainer Markus Weinzierl mittlerweile gebührend in Augsburg Willkommen geheißen haben, gilt es nun, den Blick auf die kommenden Prüfungen zu richten. Und die werden es in sich haben, so viel steht fest. Neu-Coach Weinzierl wird es hierbei direkt nach der „Länderspielpause“ mit seiner alten Flamme – dem VfB Stuttgart – zu tun kriegen. Danach wartet ein angeschlagenes Werder Bremen im direkten Abstiegsduell. Was muss also in den letzten drei Spielen passieren, dass wir eine elfte Saison Bundesliga in der Fuggerstadt erleben dürfen? Und woran fehlt’s derzeit? Lest selbst:

„Augsburg-DNA“

Markus Weinzierl hat eigenen Aussagen zufolge alle Meisterschaftsspiele der Mannschaft in dieser Saison gesehen und zeigte sich in seiner ersten Pressekonferenz nach Rückkehr ein wenig ernüchtert über den momentanen Spielstil des FCA:

„Ich bin als Auswärtsgegner hierher gekommen und hab‘ jedes Mal riesen Respekt gehabt vor der Art und Weise wie Augsburg in der Vergangenheit (…), aufgetreten ist. Und diese Art und Weise habe ich in den letzten Wochen vermisst.“

Markus Weinzierl im Rahmen der PK am 27.04.2021

Weiterhin sei die Identität des Clubs ein wenig verloren gegangen, sprich: all die Tugenden, die den FCA all die Jahre zuvor ausgezeichnet hatten, fehlen derzeit. Er hat damit ausgesprochen, was die Fans des Clubs seit Monaten still und heimlich denken. Die Mannschaft hat in den letzten Wochen zu viel reagiert, so Weinzierl. Eine Kritik, die für eingefleischte Fans nichts neues darstellt. Hier drückt Weinzierl vielmehr genau dies aus, was in den letzten Spielen gegen direkte Konkurrenten auffiel: Passivität und Reaktion, kaum Proaktivität und Aktion. Aggressivität und Mut sind den Augsburger Mannen völlig abhanden gekommen.

Die beiden Werte vertritt Weinzierl wie kein anderer (wie wir aus eigener Erfahrung bestens wissen) und möchte diese Tugenden dem Team wieder näherbringen. Die eigenen Stärken hervorzuheben und Schwächen damit auszumerzen, das ist nun nötig. Gewissermaßen war dies auch mal die „Augsburg-DNA“. Kratzen und beißen, den Gegner bis auf’s Klo verfolgen. 1907% Wille eben. Die Gegner sollen wieder ungern nach Augsburg reisen, weil sie genau wissen, was sie dort erwartet – jedenfalls keine geschenkten drei Punkte wie gegen Schalke! Wäre schön, das alles gegen Stuttgart wieder auf dem Platz sehen zu dürfen. Und genau das braucht es auch, wenn man mitten im Abstiegskampf steckt: Mentalität! Kampfgeist!

Markus Weinzierl antwortete auf die Frage, was er unter anderem beim FCA kurzfristig anders machen will:

„(…) wieder Spaß am Zweikampf zu entwickeln und eklig zu sein. Ein ekliger Gegner zu sein (…)“

Markus Weinzierl im Rahmen der PK am 27.04.2021

Motivation und Wille

Markus Weinzierl hat in der PK weiterhin geäußert, dass er der Mannschaft im ersten Gespräch direkt mitgeteilt habe, dass er alles dafür tun werde, um in der Liga zu bleiben. Diese Einstellung versprühte er auch sogleich auf dem Platz: Auf Instagram sah man einige Live-Eindrücke vom ersten Training unter dem Neu-Coach. Dort war seine Präsenz, seine Motivation und sein Antrieb deutlich zu spüren. Sowohl sein erstes Training als auch die erste Pressekonferenz waren eine Wohltat nach über 12 Monaten Heiko Herrlich. Weinzierl lebt seinen Spielern genau dies vor, was er von ihnen fordert. Die schon erwähnte Mentalität. Den Willen. Weinzierl sagte zuletzt aber auch, dass die Mannschaft einen gewillten Eindruck macht, eben „dass sie’s kapiert haben“, in welcher Situation man derzeit steckt. Auf dem Platz hat man dies – gerade im Katastrophenspiel gegen Köln in der ersten Halbzeit- kaum gemerkt.

Markus Weinzierl hat viel vor mit dem FCA und strotzt vor Energie – ob es für den Klassenerhalt reicht?(Fot0: kolbert-press/Christian Kolbert via Imago)

Stefan Reuter führte in besagter Pressekonferenz an, dass die Überzeugung, den Klassenerhalt aus eigener Kraft zu schaffen, in der Kabine zuletzt gefehlt hatte. Diese Überzeugung sollte durch die Reaktion des Clubs, sprich: durch den Trainerwechsel, wieder zurückerlangt werden. Impulse von außen waren also nötig, um die Mannschaft wachzurütteln. Aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. Markus Weinzierl war hierbei die Wunschlösung für Reuter, Hofmann und Co. Warum? Weil Markus Weinzierl den FCA scheinbar nie ganz aus dem Blick verloren hat. Weil er in den Themen, die den FCA betreffen, tiefe Einblicke bzgl. der Mannschaftsstruktur und der Vereinsstruktur nach wie vor hat. Weiterhin passt die Energie, die Weinzierl versprüht, gut zum Vorhaben, die Klasse zu halten. Reuter attestiert seinem neuen Coach jedenfalls, keine Anlaufzeit zu benötigen und direkt voll im Bilde zu sein. Markus Weinzierl selbst verspürte einen „nach-Hause-kommen“-Effekt. Wenn das mal keine positiven Anzeichen sind?

Umschaltmomente

Wie schon erwähnt, fand Markus Weinzierl den zuletzt an den Tag gelegten Spielstil der Augsburger gar nicht so schön. Er zählte in der PK auch auf, was ihm genau gefehlt hat in der spielerischen Entwicklung:

„(…) Den Umschaltmoment (…) Das war immer die größte Stärke des FC Augsburg, geradlinig zu kontern, geradlinig in den Rücken des Gegners hereinzukommen.“

Markus Weinzierl im Rahmen der PK am 27.04.2021

Man weiß also genau, was Markus Weinzierl vorhat. Den Spielstil dem FCA wieder beizubringen, den er selbst jahrelang ebendort geprägt hat. „Überfallartiger“ Fußball, Konter fahren, aggressiv verteidigen. Genau dies möchte Weinzierl möglichst kurzfristig aus der Mannschaft herauskitzeln. Und dies braucht es auch, wenn man sich die Spiele und deren statistischen Werte zu Gemüte führt.

Die Laufleistung gegen Köln stimmte, die Passquote war ordentlich und das Eckenverhältnis war gut. Aus statistischer Sicht war’s das auch schon mit dem Positiven. Es benötigt aber zwingend mehr Torchancen, die aus dem Spiel heraus kreiert werden müssen. Denn ohne eigene Tore gewinnt man keine Spiele. Auch die Zweikampfquote war phasenweise unterirdisch, hier will Weinzierl mit einem gesunden Zweikampfverhalten – das es dringend benötigt im Abstiegskampf – Abhilfe schaffen. Denn bei der Zweikampfquote, beim Ballbesitzanteil, bei der Passquote und bei den Torabschlüssen pro Spiel liegen wir teilweise weit unter dem Bundesligadurchschnitt. (Quelle: kicker)

Markus Weinzierl will hierbei auch Spieler wie Niederlechner, die zuletzt eher unglücklich agierten oder gar sträflich vernachlässigt wurden, wieder aufbauen. „Seine Tore werden wir brauchen“, so Weinzierl in der Pressekonferenz am 27.04.21. Und bisher steht Florian Niederlechner in dieser Saison bei mageren drei Törchen. Insgesamt haben die drei nominellen FCA-Stürmer, Finnbogason, Gregoritsch und Niederlechner, zusammen ganze vier Bundesligatore in dieser Saison erzielt. Unser kommende Gegner aus Stuttgart hat – nur zur kleinen Orientierung – mit seinen drei Angreifern insgesamt 31 Saisontore erzielt.

Findet Flo unter Markus Weinzierl wieder in die (Erfolgs-)Spur? (Foto via Imago)

Etappen

Ein Spielstil kann nicht von heute auf morgen umgestellt werden, so Markus Weinzierl. Der damalige Spielstil der Europa-League-Truppe wurde über Jahre hinweg entwickelt. Dies kann ein mögliches Fernziel der Augsburger – für bspw. die kommende Saison – sein. Markus Weinzierl hat bekanntermaßen für ein Jahr unterschrieben, ist also weit mehr als nur ein „Feuerwehrmann“. Der neue Coach des FCA möchte das erste Etappenziel, den Klassenerhalt, mit kleinen Kniffen kurzfristig erreichen. Die langfristige spielerische Entwicklung ist dann Etappenziel zwei.

Die Mannschaft hat gemäß Weinzierl viel Potenzial, muss aber in einigen Bereichen noch aufholen, wie im Anlaufverhalten und bei Balleroberungen beispielsweise. Die offensiven Qualitäten sind vorhanden, betrachtet man die phasenweise überragenden Momente von André (FUSSBALLGOTT!) Hahn, Ruben Vargas und Daniel Caligiuri. Die drei genannten Spieler sind – nach Einschätzung von Markus Weinzierl – erstklassige Konterspieler. Dafür muss man aber auch gekonnt Bälle erobern und erfolgreich kontern – dies hat der neutrale Zuschauer unter Heiko Herrlich vermisst. In allen Belangen kann auch der neue Co-Trainer Reiner Maurer unterstützen, der sich im Abstiegskampf gut auskennt und Weinzierl beratend zur Seite steht.

Abläufe verinnerlichen, füreinander einstehen und kämpfen, individuelle Fehler vermeiden und leidenschaftlich kontern. Das können Stichworte für den Matchplan sein. Ob die Mannschaft es schlussendlich umsetzen kann? Das wird man frühestens am 7.5.2021 sehen. Mit einem neuen Coach an der Seitenlinie sollte der nötige frische Wind eingekehrt sein und auch dem letzten Spieler begreiflich sein, in welch ernster Lage sich der Verein derzeit befindet. Ohne Fans im Rücken ist der Klassenerhalt eine ungleich schwerere Aufgabe als ohnehin schon.

Ausblick

Der Blick auf die Tabelle ist und bleibt unangenehm. Verzerrt ist die Wahrnehmung zusätzlich, weil die Hertha noch drei Spiele im Rückstand ist – aus bekannten Gründen. So komfortabel die sportliche Lage des FCA noch vor vier Wochen war, so brennt jetzt vergleichsweise schon fast die Hütte in der Fuggerstadt. Vollkommen richtig und alternativlos die Reaktion des Vereins, die in der Entlassung von Übungsleiter Heiko Herrlich mündete.

Man kann festhalten – vor allem nach der sehr erfrischenden und schonungslos ehrlichen Pressekonferenz zur Reaktivierung Weinzierls – dass die Lage von allen Beteiligten realistisch eingeschätzt wird. Reuter beteuerte in der PK, man wisse um die aktuell brenzlige Lage. Mit Weinzierl hat man nun einen Trainer geholt, der schnell wieder in der Thematik drin ist, da er den Verein, die Strukturen und die handelnden Personen kennt. Einige Spieler – wie Finnbogason, Framberger, Hahn, Gouweleeuw und Moravek – kennt er ebenfalls noch persönlich.

Die gesamten Saisonspiele der Mannschaft hat er eigenen Aussagen zufolge in Gänze gesehen (der Arme!). Das sollte eine rasche Einarbeitung ermöglichen. Und die ist mehr als notwendig, denn die Ergebnisse werden kurzfristig – im Rahmen der nächsten drei Spiele oder in Tagen ausgedrückt: in den nächsten 22 Tagen – benötigt. Drei Wochen hat der sympathische Niederbayer nun Zeit, das Wunder vom Lech (erneut) zu vollbringen. Man einnere sich an die 9 mageren Pünktchen aus der Hinrunde 2012/2013. Und dem sensationellen Klassenerhalt auf dem rettenden 15. Tabellenplatz mit 33 Punkten. So viele wie wir jetzt gerade auf dem Konto haben.

Matchball eins liegt bereit – gegen Stuttgart zählen demnach nur drei Punkte. Und wenn man dann nach den Spielen gegen Stuttgart und Werder – optimistischerweise – die Klasse gehalten hat, kann man mit Markus Weinzierl – der Vergangenheit und Zukunft des Vereins in einer Person – ganz entspannt die nächste Spielzeit in der Beletage des deutschen Fußballs planen. Bis dahin gilt es, die Ruhe zu bewahren. Nicht so viel Chaos und Unruhe wie Schalke oder HSV zu verströmen, sondern besonnen zu agieren. Die Saison könnte dann einen tollen Abschluss finden im Derby gegen den Rekordmeister – den wir zur Krönung – überraschend mit 1:0 schlagen.

Auf ein elftes Jahr Bundesliga. Und dann hoffentlich wieder mit Fans in der Arena.

Willkommen daheim, Markus!

Das ganze Wochenende lang fieberten sämtliche Fans auf die Entscheidung des FC Augsburg hin, ob man Trainer Heiko Herrlich entlassen würde oder nicht. Denn nach der desaströsen Leistung in der ersten Halbzeit gegen den 1. FC Köln war eines klar: So kann es nicht weiter gehen. Der Abstand auf einen direkten Abstiegsplatz ist auf 4 magere Punkte zusammen geschrumpft. Die Spekulationen in den sozialen Netzwerken überschlugen sich. Und tatsächlich zog der Verein am Montagvormittag die Reißleine und entließ den gebürtigen Mannheimer sowie seinen Co-Trainer Iraklis Metaxas. Auch ein Nachfolger steht bereits fest. Es ist jener Mann, den so viele Anhänger des FCA gefordert haben: unser „Europaheld“ Markus Weinzierl. Mit ihm kommt Reiner Maurer als Co-Trainer an den Lech, der mit Türkgücü München den Aufstieg in die 3. Liga geschafft hat. Diese Entwicklungen haben wir uns daher zum Anlass genommen, mal einen kleinen Blick auf Markus Weinzierls Karriereverlauf zu werfen.

Karriere als Spieler

Seine aktive Zeit als Spieler begann der gebürtige Straubinger, der als Libero fungierte, in der Jugendabteilung seines Heimatvereins, dem TSV Straubing. 1989 wechselte er zum 1. FC Passau, der zu jener Zeit in der Oberliga Bayern spielte. Insgesamt kommt Markus Weinzierl dort auf 7 Tore in 47 Einsätzen. In der Saison 1994/95 legte er einen kleinen Zwischenstopp beim SV Lohhof ein, der seine Spiele in der Regionalliga Süd austrug. In 1928 Einsatzminuten schoss unser neuer alter Coach insgesamt 5 Tore.

Danach wurde der große FC Bayern auf ihn aufmerksam, wo er in 113 Spielen bei den Amateuren auflief. Bei der A-Mannschaft stand er in der Saison 1997/98 sieben Mal im Profikader. Gegen Mannschaften wie Leverkusen, Dortmund, Bremen, Kaiserslautern usw. saß unser Markus dort auf der Bank, doch für einen Einsatz unter Coach Giovanni Trapattoni reichte es leider nie.

Uns hätte er ja in einem rot-grün-weißen Trikot besser gefallen. 😉 (Foto via Imago)

Sein Profidebüt gab er somit erst 1999 in der 2. Bundesliga bei den Stuttgarter Kickers, wo er von 1999 bis 2001 unter Vertrag stand. 43 Spiele machte er für die Kickers in diesen beiden Jahren, erzielte ein Tor und legte eines auf. Seine nächste Station war die SpVgg Unterhaching. Dort blieb er allerdings nur ein halbes Jahr und kam dabei nicht über 6 Begegnungen hinaus.

Zum 01.01.2002 wechselte Weinzierl nach Regensburg, die damals in der Oberliga / Regionalliga Bayern spielten. Noch 33 Mal spielte er für den Jahn, bevor er sich in der Saison 2004/05 schwer verletzte und seine Karriere daraufhin beenden musste.

Vom Spieler zum Trainer

Am 01.07.2007 heuerte Markus Weinzierl als Co-Trainer unter dem damaligen Coach Günter Güttler beim SSV Jahn Regensburg an. Der Jahn stieg in jener Saison von der Regionalliga Süd in die 3. Liga auf. Genug für Coach Güttler, der zum Ligakonkurrent Wacker Burghausen wechselte. Es übernahm Thomas Kristl, den man aber nach dem 16. Spieltag entließ. So kam es, dass man Markus Weinzierl am 24.11.2008 sprichwörtlich ins kalte Wasser warf und ihm kurzerhand den Posten des Cheftrainers zuteilte. Und das ohne Fußballlehrer – Lizenz.

Von Anfang an hatte er es nicht gerade leicht, denn Regensburg stand finanziell am Abgrund. Geld für Transfers hatte man kaum. Und doch schaffte es Weinzierl, der die Mannschaft auf einem direkten Abstiegsplatz übernommen hatte, am letzten Spieltag den Klassenerhalt zu sichern. Das war für den Verein eine kleine Sensation, war man doch nur ganz knapp an der Insolvenz vorbei geschrammt.

Auch in der folgenden Saison konnte der Jahn mit sieben Punkten Vorsprung die Klasse zu halten. Zu Beginn der Spielzeit 2009/10 mischte man sogar im Aufstiegsrennen mit. Doch im Herbst brach man aufgrund der dünnen Kaderbesetzung ein.

In der Saison 2010/11 arbeitete der Straubinger neben seinem Job auch an seiner Trainerlizenz. Die Doppelbelastung war nicht einfach, denn er musste immer wieder zwischen Regensburg und Köln pendeln. Nicht viele Coaches halten dieser Belastung stand, denn drei Tage in der Woche vom Team getrennt zu sein, macht die Arbeit nicht unbedingt einfach. Dennoch schaffte man auch in diesem Jahr den Klassenerhalt – auf Platz 8 – und etablierte sich somit vollständig im Profigeschäft.

Vom Trainer zum Aufstiegshelden

2011/12 sprach eigentlich alles dafür, dass der Jahn absteigen würde, denn aufgrund mangelnder finanzieller Mittel und zahlreicher Abgänge, musste sich Markus Weinzierl seinen Kader aus Regionalligaspielern und Jungs aus der eigenen Jugend zusammen basteln.

Ich glaube, wir alle wissen, dass es diese Saison ganz ganz schwer wird.

Markus Weinzierl zu Beginn der Saison 2011/12
(https://www.liga3-online.de/markus-weinzierl-trainer-des-jahres/)

Es gab also kaum Hoffnung. Doch Weinzierl schaffte es, aus einem potentiellen Abstiegskandidaten eine Mannschaft zu formen. Er setzte seine Fähigkeiten als Teamplayer ein und kitzelte das bestmögliche aus seinen Spielern heraus. Er gab jedem Spieler das Gefühl gebraucht zu werden.

Und so kam es schließlich, dass Jahn Regensburg am Ende der Saison mit 61 Punkten auf Rang 3 und damit auf dem Relegationsplatz zur 2. Liga landete. Diese fand gegen den Karlsruher SC statt. Es wurde denkbar knapp, denn das Hinspiel in Regensburg ging 1:1 aus. Im Rückspiel führte Karlsruhe zwischenzeitlich mit 2:1, doch Weinzierl motivierte seine Jungs dazu alles zu geben. In der 66. Spielminute traf André Laurito zum 2:2 und der Jahn stieg in die 2. Bundesliga auf.

Als Aufstiegsheld direkt nach Augsburg (Foto: imago/Stockhoff)

Und da man immer aufhören soll, wenn es am schönsten ist, verlängerte Weinzierl seinen Vertrag damals nicht und schloss sich unserem FCA an.

Schwieriger Start in Augsburg

Wie wir alle wissen, stand Markus Weinzierl schon einmal bei uns unter Vertrag: Vom 01.07.2012 bis 30.06.2016. Er gilt als erfolgreichster Trainer der jüngeren FCA – Historie, da er uns in die Europa League geführt hat. Doch darauf komme ich noch zu sprechen.

In Augsburg hatte Weinzierl keinen guten Start. Nach der Hinrunde der Saison 2012/13 stand man mit gerade einmal 9 Punkten auf einem direktem Abstiegsplatz. Doch der FC Augsburg kündigte nicht dem jungen Trainer sondern Sportvorstand Jürgen Rollmann. Und das nach nicht einmal 10 Wochen im Amt. Trennungsgrund: Unüberbrückbare Differenzen. Für Rollmann kam Stefan Reuter und sofort verstärkte man noch einmal den Kader. Neben André Hahn holte man Dong-Won Ji, Michael Parkhurst und Somen Tchoyi.

Tja, und was soll man sagen: Unser FCA legte in der Rückrunde richtig los und sicherte sich im letzten Spiel der Saison gegen Greuther Fürth den direkten Klassenerhalt.

Die folgenden beiden Jahre kann man nur als die „Blütezeit des Markus Weinzierl“ beschreiben, denn es waren die wohl erfolgreichsten der Vereinsgeschichte. 2013/14 erreichte man beispielsweise das DFB-Pokal Achtelfinale, das man gegen Bayern München 0:2 verlor. Doch in der Bundesliga-Tabelle landete man überraschend auf Platz 8 mit 52 Punkten. Die darauf folgende Saison lief sogar noch besser, denn man konnte von 35 Partien 15 gewinnen. Wer erinnert sich noch daran, wie wir am letzten Spieltag 3:1 in Gladbach (Platz 3) gewannen, obwohl wir zur Pause 0:1 zurück lagen? Aber durch Tore von Höjbjerg und Matavz drehten wir die Partie binnen 5 Minuten, bevor Sascha Mölders in der 5. Minute der Nachspielzeit dem ganzen die Krone aufsetzte.

Der Jubel kennt keine Grenzen (Foto via Imago)

Am Ende diesen Jahres wurde Weinzierl von der Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV) zum besten Trainer der Saison gewählt und setzte sich dabei gegen namenhafte Konkurrenz wie Pep Guardiola oder Jürgen Klopp durch.

Markus Weinzierl – Unser Europaheld

In der Folgesaison betrat der FC Augsburg also zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte europäischen Boden. Und dort stellten wir uns gar nicht mal so schlecht an, würde ich sagen. Viele Fußballexperten sahen uns schon weit abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz, doch unsere Jungs konnten alle überraschen.

Im „Wunder von Belgrad“ schlugen wir unseren direkten Konkurrenten FK Partizan Belgrad 3:1 und warfen sie kurzerhand aus dem Wettbewerb. Im Sechszehntelfinale sollte allerdings gegen den späteren Finalisten FC Liverpool Schluss sein. Jedoch gingen wir nicht gnadenlos unter, wie im Vorfeld prophezeit wurde, sondern lieferten Jürgen Klopp und seinen Jungs einen Kampf, der sich sehen lassen konnte. Es brauchte schon einen Handelfmeter, um uns den Garaus zu machen.

„Da schau mal, deine Jungs spielen uns an die Wand!“ – Markus Weinzierl und Jürgen Klopp in Anfield beim Sechszehntelfinale in der Europa League (Foto via Imago)

In der Liga lief es durch die Doppelbelastung zuerst leider nicht so gut. Am zehnten Spieltag lagen wir beispielsweise auf Platz 18, doch wir wären nicht der FCA, wenn wir uns nicht wieder heran gekämpft hätten. Am Ende schafften wir es mit 38 Punkten auf Platz 12, auch wenn der Vorsprung auf den Relegationsplatz mit zwei Punkten denkbar knapp war.

Aufhören, wenn es am schönsten ist

Die Trennung von Markus Weinziel lief leider alles andere als harmonisch ab, weswegen wir von Glück reden können, dass er heute wieder bei uns ist. Im April 2015 hatte der Oberpfälzer seinen Vertrag bei uns noch bis 2019 verlängert, doch nicht einmal ein Jahr später kam er mit dem Wunsch nach Veränderung auf die Verantwortlichen zu.

Wir haben alles erreicht, was wir zusammen erreichen konnten. Jetzt muss einer mit neuen Ideen und neuen Visionen übernehmen. Nun ist es an der Zeit für den nächsten Schritt.

Markus Weinzierl über den Wechsel nach Schalke (https://www.tz.de/sport/fussball/schalke-offenbar-kurz-vor-verpflichtung-von-weinzierl-zr-6428479.amp.html)

Es begann ein regelrechtes Tauziehen um Markus Weinzierl, der gerne zu Schalke 04 wechseln wollte. Er setzte sich am Ende durch und ließ über seinen Rechtsanwalt den zuvor geschlossenen Vertrag auflösen. Für eine Ablösesumme von ca. 3 bis 5 Millionen Euro (genaue Summe nicht bekannt) ließ man ihn schließlich ohne offizielle Verabschiedung ziehen.

Kein Glück auf Schalke!

Natürlich waren die Erwartungen an Weinzierl riesig, hatte er doch mit uns so viel erreicht. Doch in Gelsenkirchen hatte er es sehr schwer, eben weil die Schalker ihre Ziele sehr hoch steckten. Das Erreichen der internationalen Wettbewerbe war Pflicht!

Vom Regen in die Traufe (Foto via Imago)

Aber genau das schaffte Weinzierl leider nicht. Mit 11 Siegen, 10 Unentschieden und 13 Niederlagen stand man am Ende der Saison 2016/17 lediglich auf Platz 10 in der Tabelle. In der Europa League war man im Viertelfinale gegen Ajax Amsterdam ausgeschieden. Gleiches gilt für den DFB-Pokal. Dort verlor man gegen den FC Bayern München mit 0:3.

Kein Wunder also, dass der Verein nach Saisonende reagierte und Weinzierl durch Domenico Tedesco ersetzte. Immerhin hatte man das Saisonziel weit verfehlt. Das ganze ging sogar so weit, dass Weinzierl ein letztes Treffen mit seinem Sportvorstand verweigerte.

Stuttgarter Zeiten

Am 07.10.2018 gab der VfB Stuttgart die Trennung von Trainer Tayfun Korkut bekannt, der in insgesamt 8 Partien nur einen Sieg einfahren konnte. Die Stuttgarter lagen mit nur 5 Punkten auf dem letzten Platz in der Tabelle. Retten sollte den baden-württembergischen Club kein geringerer als unser Markus Weinzierl.

Doch auch dort lief es für ihn nicht wirklich rund. In 23 Spielen konnte er nur 4 Siege und 4 Unentschieden einfahren. 15 Partien verlor er mit dem VfB. Es war daher ein offenes Geheimnis, dass ausgerechnet das Spiel gegen Augsburg am 30. Spieltag der Saison 2018/19 das entscheidende für Weinzierl sein sollte. Sein Stuhl wackelte kräftig und viele Fans hatten bereits vor der Parte eine Entlassung gefordert. Immerhin lag man mit nur 21 Punkten auf dem Relegationsplatz.

Des einen Freud, des andren Leid… (Foto via Imago)

Und so waren es unsere Jungs, die Markus‘ Schicksal schließlich besiegelten. Wir hatten mit Martin Schmidt einen neuen Coach an der Seitenlinie stehen, der in seinem ersten Heimspiel natürlich einen guten Eindruck hinterlassen wollte. Und was für ein Eindruck das war! Der FC Augsburg fuhr den höchsten Sieg unserer Bundesligahistorie ein und schoss den VfB mit 6:0 aus der WWK-Arena.

Dieses für uns so tolle Erlebnis bedeutete für Markus Weinzierl allerdings leider das Ende, denn der Club gab noch am selben Tag seine Freistellung bekannt.

Zurück in der Heimat

Der VfB Stuttgart war Weinzierls vorerst letzte Trainerstation. Das bedeutet, dass er relativ genau zwei Jahre ohne Beschäftigung war. Allgemein war es sehr ruhig um unseren Erfolgstrainer. Im Mai 2020 hatte er einen Auftritt bei Blickpunkt Sport, wo er auch über Geisterspiele, unseren FC Augsburg und den damaligen Neutrainer Heiko Herrlich sprach. Doch ansonsten sah und hörte man recht wenig von ihm.

Bis Februar 2021… Schon da gab es Spekulationen, dass Weinzierl Trainer Heiko Herrlich beerben sollte. Diese verliefen sich jedoch im Sand, da Sportvorstand Stefan Reuter seinem Coach immer wieder den Rücken stärkte.

Doch gestern Vormittag schließlich die Hammermeldung: Markus Weinzierl kommt zurück zu unserem FC Augsburg. Das ganze Wochenende über hatte der Großteil der Fans bereits nicht nur eine Entlassung Heiko Herrlichs sondern auch eine Wiederverpflichtung des Straubingers gefordert.

Passt wie angegossen und steht ihm immer noch hervorragend (Foto via Imago)

Tatsächlich erfüllte Stefan Reuter ihnen genau diesen Wunsch und stattete Weinzierl mit einem Vertrag bis 2022 aus.

In der ausführlichen Analyse sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass wir einen Wechsel auf der Trainer-Position vornehmen müssen. Wir haben daraufhin mit Markus Weinzierl am Wochenende ausführliche und sehr gute Gespräche geführt. Hierbei sind wir zur Überzeugung gelangt, dass Markus der absolut richtige Trainer für die jetzige Situation ist und er enorm große Lust verspürt, wieder beim FC Augsburg zu arbeiten.

Stefan Reuter über die Einstellung von Markus Weinzierl (https://www.fcaugsburg.de/article/fca-trennt-sich-von-heiko-herrlich-markus-weinzierl-neuer-cheftrainer-13664)

Auch Markus Weinzierl gab ein Statement ab, wie sehr er sich freue, noch einmal die Chance bei uns zu bekommen.

Ich freue mich riesig wieder mit Stefan Reuter und der Mannschaft zusammenzuarbeiten und an die erfolgreichen gemeinsamen Jahre anknüpfen zu können. Ich habe dem Verein viel zu verdanken und möchte den FCA wieder in die Erfolgsspur führen. Es ist schön, dass ich die Möglichkeit bekomme, wieder für den FCA als Trainer zu arbeiten und bin überzeugt, dass wir unser Ziel, die Klasse zu halten, gemeinsam erreichen werden.

Markus Weinzierl über seine Rückkehr (https://www.fcaugsburg.de/article/fca-trennt-sich-von-heiko-herrlich-markus-weinzierl-neuer-cheftrainer-13664)

An seiner Seite

Nachdem der FC Augsburg Co-Trainer Iraklis Metaxas ebenfalls entlassen hat, gesellt sich ein neues Gesicht auf die Augsburger Trainerbank. Mit Reiner Maurer hat man einen wirklich sehr erfahrenen Mann an die Seite von Markus Weinzierl gestellt. Der 61 Jahre alte Fußballlehrer hat nämlich selbst einige Trainerstationen als Chef hinter sich. So arbeitete er bereits von 2004 bis 2006 sowie von 2010 bis 2012 beim TSV 1860 München.

Seinen größten Erfolg kann er mit Drittligist Türkgücü München verzeichnen, die er vom 01.07.2019 bis 31.05.2020 anführte. Mit ihm schafften die Münchener den Aufstieg von der Regionalliga in die nächsthöhere Klasse, auch wenn dieser aufgrund der Coronakrise abgesprochen wurde. Türkgücü befand sich zu jenem Zeitpunkt nämlich auf Platz eins der Tabelle, als die Saison unterbrochen wurde. In 26 Spielen schaffte Maurer hier einen Schnitt von 2,31 Punkten pro Partie.

Vorerst nur für 3 Spiele an Weinzierls Seite – Co-Trainer Reiner Maurer (Foto: kolbert-press/Christian Kolbert via Imago)

Weitere Stationen Maurers sind vor allem in Griechenland zu finden. So trainierte er unter anderem AS Rhodos, AO Kavala und OFI Kreta. Aber er schreckte auch nicht vor weiten Entfernungen zurück, denn er stand vom 09.11.2015 bis 18.11.2017 bei Angthong FC in Thailand unter Vertrag.

Reiner Maurer ist aber vorerst nur für die letzten drei Spiele als Weinzierls Co-Trainer vorgesehen. Wie es danach weiter geht, ist noch vollkommen offen. Da Maurer aber ursprünglich aus dem Allgäu kommt, kann er sich sehr gut vorstellen, beim FC Augsburg zu bleiben. Welche Funktion er nach Saisonende bekleiden könnte, klärt man laut Stefan Reuter im Sommer.

Erwartungen

Mit Markus Weinzierl, Reiner Maurer, Tobias Zellner und Jonas Scheuermann sehen wir unser Trainerteam sehr gut aufgestellt. Weinzierl war schon immer ein Typ, der aus Mannschaften eine Einheit auf dem Platz formen konnte. Mit Feuer und Leidenschaft agiert der Straubinger am Seitenrand und lebt jede Partie, als stünde er gerne selbst auf dem Platz.

Genau so einen Impuls ist bei unseren Jungs zwingend notwendig, denn das Zusammenspiel hat unter Heiko Herrlich von außen betrachtet doch sehr gelitten.

Ich habe alle Spiele gesehen. Einfach, weil mich der Verein interessiert, weil mich die Mannschaft interessiert in den letzten Monaten. Und mir ist so ein bisschen die Identität verloren gegangen von den Jungs. Wie ich sie kenne, wie sie spielen.

Markus Weinzierl bei der Vorstellungs-PK am 27.04.2021

Das mag der Unzufriedenheit einiger Spieler geschuldet sein, doch nun ist es sehr wichtig, dass Weinzierl genau an diesem Punkt ansetzt. Dass unsere Jungs es können, haben sie in der zweiten Halbzeit gegen Köln gezeigt. Nicht viel hat gefehlt und man hätte das 0:3 noch ausgleichen können.

Ich denke, ich spreche im Namen vieler Fans, dass wir nun hoffen dürfen, attraktiven, leidenschaftlichen und vor allem auch kämpferischen Fußball zu sehen. In den letzten Wochen und Monaten ließ das der FCA doch sehr vermissen.

Aber ich bin der Meinung, dass Markus Weinzierl es schaffen wird, die Jungs aufeinander einzuschwören, sodass wir die noch fehlenden Punkte, die uns die Klasse sichern, holen werden. Dazu muss aber eines passieren – und nein, ich will euch keine Angst machen, sondern nenne einfach nur die Fakten. Weinzierl muss nämlich seine eigene Serie brechen.

Weinzierl und der FCA… Eine Symbiose, die seinesgleichen sucht! (Fotomontage via Imago)

Bei seinen bisherigen Bundesligastationen schaffte unser neuer alter Coach es nämlich nie, in den ersten drei Partien einen Sieg einzufahren. Sowohl bei Schalke als auch bei Stuttgart verlor er alle drei Spiele, bei unserem FC Augsburg schaffte er immerhin ein Unentschieden. Da wünschen wir ihm doch, dass er es wie einst zu Regensburger Zeiten macht. Dort fuhr er nämlich ein Unentschieden und zwei Siege ein. Also mach es noch einmal wie beim Jahn, Markus!

Eine Vorstellung, die einem das Herz aufgehen lässt

Natürlich ist die Vorgabe ganz klar: Klasse halten und sich dann im Sommer ordentlich auf die kommende Saison vorbereiten. Das ganze ist laut Aussage unseres Coach natürlich auch ein langwieriger Prozess, denn eine Mannschaft zu entwickeln macht man nicht mal einfach so von heute auf morgen.

Wer die Pressekonferenz zur Vorstellung von Markus Weinzierl gesehen hat, der hat bereits gehört, wie der Plan unsers alten und neuen Trainers ungefähr aussieht. Ich kann nur für mich selbst sprechen, doch ich habe ihm jedes einzelne Wort abgenommen. So viel Leidenschaft und Begeisterung haben wir bei unserem FCA schon länger nicht mehr in einer derartigen Veranstaltung gesehen.

Eine Aussage ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben, denn sie beschreibt mit jedem einzelnen Wort die Tugenden unseres Vereins. Viel zu lange haben wir diese nicht mehr sehen oder verspüren dürfen.

Da müssen wir wieder hin kommen. Die eigenen Stärken heraus zu kehren, die eigene Identität wieder zu finden, eben aggressiv, mutig zu sein, Spaß am Zweikampf zu entwickeln und eklig zu sein. Ein ekliger Gegner zu sein, wo man unangenehm dem Partner gegenübertritt – dem Gegenspieler. Und das habe ich vermisst und da will ich die Jungs von der Einstellung, von der Mentalität wieder hinbringen. Plus natürlich eine spielerische Entwicklung. Plus natürlich auch den Umschaltmoment, der mir auch ein bisschen gefehlt hat. Das war immer die größte Stärke des FC Augsburg.

Markus Weinzierl bei der Vorstellungs-PK am 27.04.2021

Herzlich willkommen, Markus und Reiner!

Wir, das komplette Team der Rosenau Gazette, heißen Markus Weinzierl und natürlich auch Reiner Maurer herzlich willkommen (zurück) in unserem schönen Schwabenländle.

Wir freuen uns sehr, dass ihr hier seid, und wünschen euch einen guten und vor allem auch erfolgreichen Start. Gerne hätten wir euch live im Stadion begrüßt und euch einen tollen Empfang bereitet. Wir Fans stehen hinter euch und der Mannschaft, auch wenn wir euch leider nur von zu Hause aus unterstützen können. Im Herzen stehen wir an eurer Seite.

Rot-Grün-Weiße Grüße

Alternativlos

Nach 412 Tagen im Amt wurde Heiko Herrlich nach der 2:3-Niederlage gegen den 1. FC Köln als Trainer des FC Augsburg entlassen. Die Trennung ist nicht nur nachvollziehbar, sondern gar alternativlos. Stefan Reuters Poker auf Besserung stellte sich als falsch heraus. Nun ist auch der Manager gefordert. Eine kommentierende Analyse.

Heiko Herrlich ist nicht mehr Trainer des FC Augsburg. In 42 Pflichtspielen unter seiner Regie gab es zwölf Siege, neun Unentschieden und 21 Niederlagen – zu wenig, um langfristig bei Rot-Grün-Weiß zu arbeiten. (Foto via imago)

Der FC Augsburg stand in dieser ja immer noch speziellen und schwierigen Corona-Saison nie schlechter als Tabellenplatz 13 da. Mit dem knüppelharten Abstiegskampf hatten die Schwaben bis dato nicht wirklich etwas zu tun. Weil das in der Vergangenheit nicht immer so war, scheint die Spielzeit 2020/21 auf den ersten Blick eine ordentliche zu sein. Doch der nackte Blick auf die Tabelle ist trügerisch.

Der FC Augsburg kommt auf insgesamt neun Saisonsiege in bisher 31 Spielen. Das ist okay, nach Ende der vergangenen zwei Spielzeiten waren es nicht mehr. Sieht man sich die Partien, in denen dreifach gepunktet wurde, allerdings genauer an, so muss man feststellen, dass der FCA nur wenige davon verdient für sich entschieden hat. Konkret: das 3:1 gegen Mainz sowie das famose 2:0 gegen Dortmund. Ansonsten gewannen die Augsburger entweder wegen der enormen Effizienz (z.B. 2:1 gegen Hoffenheim), eines überragenden Rafal Gikiewicz (z.B. 1:0 gegen Mainz), dem ungenutzten Chancenwucher des Gegners (z.B. 3:1 gegen Gladbach) oder oft auch allen drei Faktoren zusammen (z.B. 2:1 gegen Union Berlin). Zudem verpasste es der FCA in der Regel, nach einem Sieg nachzulegen. Nach sieben der neun Dreier wurde verloren.

Hängende Köpfe: Carlos Gruezo und Rafal Gikiewicz nach dem 2:3 gegen den 1. FC Köln. Die ersten 45 Minuten stehen für eine der schlechtesten Halbzeiten in der Augsburer Bundesligageschichte. (Foto via imago)

Keine Weiterentwicklung erkennbar

Klar, Fußball ist ein Ergebnissport – und Ergebnisse hat der FC Augsburg gerade in den direkten Abstiegsduellen gegen Bielefeld, Köln und Mainz (jeweils 1:0) geliefert. Nichtsdestotrotz geht es in der Analyse der Manschaftsleistung auch um andere Parameter. Auch wenn das bloße Herunterbrechen auf Statistiken einem Trainer nicht gerecht wird, haben sie eine gewisse Aussagekraft. Die Fuggerstädter kommen ligaweit auf die drittwenigsten Torschüsse, die zweitschlechteste Passquote und den zweitwenigsten Ballbesitz. Das sind – so ehrlich muss man am Lech sein – Werte eines Absteigers. Vor 13 Monaten wurde die Entlassung Martin Schmidts insbesondere mit dem schlechten Abschneiden in diesen Kategorien begründet. Stefan Reuter rechtfertigte die Trennung mit den „Statistiken, die deutlich gegen uns sprechen, die deutlich in die falsche Richtung zeigen“. Herrlich gelang es in diesen Bereichen nur bedingt, die Mannschaft zu verbesseren, wie unser Vergleich zwischen Schmidt und Herrlich zeigt.

Die Hauptaufgabe eines Trainers ist es, die Mannschaft weiterzuentwicklen. Vergleicht man die aktuelle Leistung mit der von vor einem Jahr, muss man allerdings feststellen, dass Heiko Herrlich diese Aufgabe nicht geglückt ist. Der gebürtige Mannheimer hat es geschafft, die Defensive zu stabilisieren. Das war auch bitter nötig. Im Offensivspiel hapert es jedoch nach wie vor gewaltig an kreativen Ideen. Ein Spielkonzept im letzten Angriffsdrittel fehlt ebenso wie ein offensiver Mittelfeldspieler im Kader. In diesem Zusammenhang ist auch Reuter zu kritisieren, da er es im Grunde genommen seit dem Abgang Ja-Cheol Koos verpasst hat, einen entsprechenden Spieler zu verpflichten. Das bedeutet jedoch nicht, dass Herrlich hier aus der Verantwortung zu ziehen ist.

Denn der Augsburger Kader ist grosso modo absolut bundesligatauglich. Man sollte ihn nur richtig für sich zu nutzen wissen, womit wir wieder bei der Herangehensweise des Trainers sind. Herrlich ging gefühlt in ein Spiel, um nicht zu verlieren, statt zu gewinnen. Das Augsburger Spiel war zu sehr auf Toreverhindern als -erzielen aus. Auch gegen individuell schwächer besetzte Teams. Dass diese destruktive Herangehensweise mit neun Saisonsiegen belohnt wurde, kaschiert die spielerische Leistung des FC Augsburg deutlich. Es liegt auf der Hand, dass Herrlichs risikovermeidende Spielweise keinen langfristigen Erfolg sichern konnte.

Präsident Klaus Hofmann traf nach dem 0:0 gegen Bielefeld den Nagel auf dem Kopf und sprach von „einer weiteren Episode unansehnlicher Leistungen in dieser Saison.“ Ein klarer Fingerzeig des Vorstandsvorsitzenden in Richtung Trainerteam. Hätte Hofmann Herrlich schützen wollen, hätte er wohl andere Worte gewählt. Er wirkte ohnehin zusehends unzufrieden mit der Leistung des FCA, was etwa an seinem Verhalten auf der Tribüne deutlich wurde. Gegen Köln schimpfte Hofmann lautstart und trat wütend mit dem Fuß gegen eine Sitzschale.

Reuters riskantes Spiel und das Prinzip Hoffnung

Alles in allem kommt die Trennung Heiko Herrlichs nicht überraschend. Der Trend aus den vergangenen Spielen sprach deutlich gegen den 49-Jährigen. Aus den Partien gegen die direkten Konkurrenten Schalke, Bielefeld und Köln konnte gerade einmal ein Punkt geholt werden. Alle Klubs rangieren in der Tabelle hinter dem FCA. Der FC Augsburg hatte in diesen Spielen die Möglichkeit, den Klassenerhalt perfekt zu machen. Nach einem Sieg gegen Bielefeld hätte man neun Punkte Vorsprung auf die Arminia gehabt, nach einem Dreier gegen Köln sich wohl endgültig aller Abstiegssorgen entledigt. Die Chance, das elfte Bundesligajahr in Serie perfekt zu machen, war also da.

Daher ist es auch nachvollziehbar, dass sich Reuter lange hinter seinen Coach gestellt hat. Man hatte das Gefühl, der FCA werde sich schon irgendwie in der Liga halten können – egal ob aufgrund der eigenen Leistungen oder einfach deshalb, da es schlicht drei Vereine gibt, die eine noch schlechtere Saison als die Schwaben spielen. Zudem darf man nicht vergessen, dass Reuter in der Vergangenheit zwar auf dem Transfermarkt, nicht aber in der Trainerfrage glücklich agiert hat. Mit phasenweiser Ausnahme von Manuel Baum war keiner der von Reuter installierten Trainer langfristig in Augsburg erfolgreich.

Daher muss sich auch der Weltmeister von 1990 kritischen Stimmen stellen. Hat er zu lange auf das Prinzip Hoffnung gesetzt? Im Nachhinein betrachtet war dieses Spiel riskant – und fußte mehr auf Ergebnisse als der tatsächlichen Leistung auf dem Platz. Aus einer Entlassung Heiko Herrlichs geht der Geschäftsführer Sport daher zwangsläufig ebenso als Verlierer hervor. Reuter hatte ihn ja an den Lech gelotst. Der nächste Coach an der Augsburger Seitenlinie hat nun zu funktionieren, ansonsten wackelt auch der Stuhl des in der Vergangenheit oft so klug agierenden Managers.

Lange stellte sich Reuter hinter seinen Coach. Nach der Niederlage gegen Köln verweigerte der Manager allerdings ein Treuebekenntnis, konstatierte eine „erschreckende erste Halbzeit“ und meinte: „Es ist klar, dass eine Reaktion nötig ist.“ (Foto via imago)

Herrlich hatte keine Argumente mehr

Der FC Augsburg befindet sich nun an einem Zeitpunkt, an dem der Klassenverbleibt massiv in Gefahr ist. Es bleiben noch drei Spiele in dieser Saison: in Stuttgart, gegen Bremen und beim FC Bayern. Der Vorsprung auf den Relegationsrang beträgt nach dem 31. Spieltag vier Punkte. Hertha BSC hat quarantänebedingt noch drei Partien in der Hinterhand, weswegen dieses Polster in der Realität geringer ist.

Die Trennung von Heiko Herrlich ist daher alternativlos. Angesichts der zuletzt desolaten Leistungen, die in der sportlichen Bankrotterklärung in der ersten Halbzeit gegen Köln gipfelten, gab es keinen Spielraum mehr, an der Zusammenarbeit festzuhalten. Argumente pro Herrlich? Ebenso wenig vorhanden wie die Augsburger Torgefahr in vielen Saisonspielen. Wie an dieser Stelle schon häufiger erwähnt: Wenige FCA-Fans stört es, Tabellen-13. zu sein, viele allerdings, wie Woche für Woche Fußball gespielt wird. Heiko Herrlich stand sinnbildlich für dieses Auftreten. Die Trennung war bitter nötig.

Aus FCA-Sicht darf gehofft werden, dass die nötigen Punkte mit einem neuen Impuls an der Seitenlinie eingetütet werden können. Wie mittlerweile bestätigt, wurde Ex-Trainer Markus Weinzierl mit dieser Mission beauftragt – eine populäre Entscheidung, die viele Fans begrüßen. Ob der gebürtige Straubinger der richtige Mann für den Neuanfang ist, bleibt jedoch abzuwarten. Weinzierl steht sinnbildlich für die erfolgreichste Zeit der Augsburger Vereinsgeschichte, scheiterte allerdings bei seinen Stationen auf Schalke und in Stuttgart. Ihm und dem gesamten FC Augsburg ist es zu wünschen, dass nun wieder bessere Zeiten kommen.

Damit dies gelingt, sind allen voran auch die Spieler gefordert. Bei einigen Profis hatte man zuletzt nicht das Gefühl, dass ihnen der Ernst der Lage bewusst ist, wie André Hahn nach der Niederlage gegen Köln unmissverständlich deutlich machte: „Ich dachte, wir hätten es alle verstanden. In der ersten Halbzeit haben wir gesehen, dass es nicht alle verstanden haben.“

Herrlich, ein Sündenbock?!

Lediglich 29 Tore konnten unsere Jungs bisher in der laufenden Saison erzielen. Die Stimmen, die eine Entlassung Herrlichs fordern, werden in den sozialen Netzwerken immer lauter. Aufgrund der Frage, ob ein Cheftrainer immer die alleinige Schuld an dem Auftreten einer Mannschaft trägt, haben wir uns im ersten Teil unserer zweiteiligen Co-Trainer-Reihe die Aufgaben eines Trainers genauer angeschaut und dabei festgestellt, dass dieser einige davon abgibt. Außerdem haben wir gesehen, dass unser Coach mit Nico Schneck und Roman Týce schönen Offensivfußball auf den Platz zaubern konnte. Dieses Ziel hatte Heiko Herrlich sich auch für unseren FCA vorgenommen. Doch wie wir alle wissen, ist das momentan nicht der Fall. Deswegen möchten wir euch in dieser Episode den Mann an Heiko Herrlichs Seite vorstellen. Dabei betrachten wir gleichzeitig eine Station in Herrlichs Vita, bei der er nicht brillieren konnte. Diese zeigt nämlich, dass ein Trainer manchmal einfach nur ein Sündenbock für die Entscheidung anderer sein kann.

Kurze Episode in Bochum

Mit der Verpflichtung Heiko Herrlichs am 27.10.2009 ging der VfL Bochum damals ein großes Risiko ein, denn bis dato hatte Herrlich noch nie eine Profimannschaft trainiert. Mannschaften wie die U19 von Borussia Dortmund sowie die U17 und die U19 der DFB-Auswahl waren auf seinem Lebenslauf zu finden. Doch der Revierklub war zum Handeln gezwungen, denn dank der Vorgänger Marcel Koller und Frank Heinemann stand der VfL mit gerade einmal 8 Punkten nach 10 Spieltagen auf einem direkten Abstiegsplatz.

So nahm man zum 11. Spieltag den ehemaligen Stürmer unter Vertrag. Dieser brachte seinen Co-Trainer aus der U19-Nationalmannschaft zu dem gefährdeten Erstligisten mit: Iraklis Metaxas, auf den wir gleich noch genauer eingehen werden.

Nun wird es interessant, da man bei Herrlichs vorherigen Stationen sehen konnte, dass dieser in Zusammenarbeit mit Nico Schneck und Roman Týce geschafft hat, Mannschaften zu absoluten Torgaranten zu formen. Beim VfL Bochum lief das jedoch anders. Zwar stellte man auch hier das System auf ein 4-2-3-1 um, doch die Taktik war defensiv ausgerichtet. Wie auch jetzt bei uns in Augsburg.

Wirklich zufrieden dürfte Herrlich über seine Leistung in Bochum nicht sein… (Foto: imago/Norbert Schmidt)

In insgesamt 22 Spielen für die Bochumer konnte man nur 4 Siege einfahren. Wirft man hierbei einen Blick auf die Tore, so stellt man fest, dass die Mannschaft in der gesamten Zeit gerade einmal 22 Tore schießen konnte. Bekommen hat man 37. Das bedeutet eine Ausbeute von einem geschossenem Tor und 1,68 erhaltenen Toren pro Spiel.

Von wegen nicht emotional

Doch der offizielle Trennungsgrund ein halbes Jahr später war nicht die schlechte Tabellenplatzierung, sondern ein Ausraster Heiko Herrlichs, was wiederum zeigt, dass doch Feuer in ihm stecken muss.

So wie die Mannschaft am Montag trainiert hat, hatte ich allen Grund eine Wanne durch die Kabine zu treten. Aber nicht in Reichweite der Spieler.

https://www.sueddeutsche.de/sport/vfl-bochum-heiko-herrlich-der-klub-wurde-nervoes-1.937014-2

Nach einer schlechten Trainingseinheit trat dieser nämlich eine Plastikwanne durch die Kabine und beschimpfte die Spieler als „Osterhasen“. Allgemein habe ein sehr rauer Umgangston geherrscht und mehrere Spieler hatten sich bei der Führung über den Coach beschwert.

Der Mann an Herrlichs Seite

Wie auch schon beim VfL Bochum steht heute Iraklis Metaxas unserem Coach als Co-Trainer zur Seite. Seit 10.07.2020 ist der gebürtige Kölner, der am 10.07. dieses Jahr 54 Jahre alt wird, Teil des Trainerteams. Im Jahr 2001 erwarb er seine Fußballlehrer-Lizenz mit Prädikatsauszeichnung. Sprich, er gehörte zu den Besten seines Jahrgangs.

Trotz ausgiebiger Recherchen, haben wir nicht herausfinden können, wie Metaxas zum Fußball gekommen ist, oder ob er jemals selbst im Profibereich als Spieler aktiv gewesen war. Viel spricht nicht dafür, denn auf keiner der gängigen Seiten gibt es ein Spielerprofil mit dem Namen Iraklis Metaxas. Daraus lässt sich schließen, dass Metaxas ein so genannter „Theoretiker“ ist, was aber jetzt nichts schlechtes sein muss.

Auf Metaxas‘ Lebenslauf stehen bisher 11 Stationen:

  • 01.01.2001 – 26.10.2009: DFB Jugend → Koordinator Talentförderung
  • 01.07.2008 – 26.10.2009: Deutschland U19 → Co-Trainer unter Heiko Herrlich (15 Spiele) und Horst Hrubesch (5 Spiele)
  • 27.10.2009 – 30.06.2011: VfL Bochum → Co-Trainer unter Heiko Herrlich (22 Spiele), Dariusz Wosz (2 Spiele) und Friedhelm Funkel (37 Spiele)
  • 01.07.2011 – 30.06.2013: VfL Bochum II → Trainer
  • 01.07.2013 – 31.12.2013: SC Freiburg → Co-Trainer unter Christian Streich (26 Spiele)
  • 01.01.2014 – 22.03.2015: Leiter der Freiburger Fußballschule
  • 01.01.2014 – 22.03.2015: SC Freiburg II → Trainer
  • 12.11.2015 – 14.09.2016: Griechische Nationalmannschaft → Co-Trainer unter Michael Skibbe (8 Spiele)
  • 15.09.2016 – 23.02.2019: Leverkusen U19 → Trainer
  • 24.02.2019 – 30.06.2020: SV Darmstadt 98 → Co-Trainer unter Dimitrios Grammozis (47 Spiele)
  • Seit 10.07.2020: FC Augsburg → Co-Trainer unter Heiko Herrlich

Griechisches System und seine Folgen

Wie bereits erläutert, gibt der Trainer auch Aufgaben ab, da er diese alleine gar nicht schaffen würde. Und drei Mal dürft ihr raten, welchen Bereich unser Coach gerne einmal anderen überlässt. Richtig: die Taktik!

Die taktische Ausrichtung machte meistens mein Co-Trainer Iraklis Metaxas.

https://www.sueddeutsche.de/sport/vfl-bochum-heiko-herrlich-der-klub-wurde-nervoes-1.937014-2

So war es beim VfL Bochum, also ist davon auszugehen, dass Herrlich auch bei uns seinem Kompagnon diese Aufgabe zuteil werden lässt. Und dass Metaxas gerne defensiv auflaufen lässt, ist kein Geheimnis. Sieht man sich die Statistik an, welche Spieler am meisten unter Herrlichs Co eingesetzt wurden, so stellt man fest, dass diese überwiegend Defensivspieler sind. Auf Platz 1 steht dabei Christian Mengert (defensives Mittelfeld) mit 69 Einsätzen. Danach folgen mit Jannik Stevens und Julian Wolff ein linker Verteidiger und ein Innenverteidiger. Die erste Offensivkraft ist Sam Schreck, der im Jahr 2018 unter Herrlich im Kader von Bayer Leverkusen stand, mit 36 Einsätzen.

Vergleichsspielchen

Wie wir in unserem vorherigen Artikel bereits sehen konnte, zeigte Heiko Herrlich mit seinen vorherigen Mannschaften wunderschönen Offensivfußball. Torgefahr garantiert! Hier mal eine kleine Übersicht, damit ihr wisst, was ich meine.

TeamTorverhältnis gesamtTorverhältnis pro Spiel
SpVgg Unterhaching63 : 59 (in 38 Spielen)1,66 : 1,55
Regensburg 2015/1620 : 9 (in 13 Spielen)1,54 : 0,69
Regensburg 2016/1762 : 50 (in 38 Spielen)1,63 : 1,32
Leverkusen 2017/1858 : 44 (in 34 Spielen)1,71 : 1,29
Leverkusen 2018/1926 : 29 (in 17 Spielen)1,53 : 1,71
Leverkusen Europa League16 : 9 (in 6 Spielen)2,66 : 1,50

Nun haben wir natürlich auch verglichen, wie die Torausbeute mit bzw. unter Iraklis Metaxas ausgesehen hat. Mit dem VfL Bochum erreichte man in 22 Spielen ein Torverhältnis von 22:37. Das bedeutet, dass die Bochumer pro Spiel durchschnittlich lediglich ein Tor schießen konnten und 1,68 kassierten. Bei Bochum II, die Iraklis Metaxas selbst trainierte stehen folgende Werte auf dem Papier: Jahr 1 → 42:64 (1,17:1,78), Jahr 2: 47:42 (1,24:1,11)

Derzeit hat der FCA ein Torverhältnis von 29:42. Das heißt, man schießt pro Partie 1,07 Tore und kassiert 1,56. Sehr ähnliche Werte im Vergleich zu Bochumer Zeiten, wenn ihr mich fragt.

Welche taktischen Anweisungen hier wohl gegeben werden? „Bloß nicht nach vorne“?(Foto via Imago)

Unser Fazit

Ein Cheftrainer hat es nicht leicht. Er hat viele verschiedene Aufgaben, die er an die richtigen Leute delegieren muss. Daher ist das Team um ihn herum genauso wichtig und zur Verantwortung zu ziehen wie er selbst. Und trotzdem ist der Trainer derjenige, der den Kopf hin hält und im Zweifelsfall auch seine Koffer packen muss. Zuerst geht immer der Chef.

Wie man an den von uns gewählten Beispielen sehr gut sehen kann, ist es nicht nur Heiko Herrlich allein, der die Schuld an unserer momentanen Passivität und der unattraktiven Spielweise trägt. Bei seinen vorherigen Stationen hat er nämlich durchaus gezeigt, dass er für offensiven Fußball steht und es schafft, dass sich seine Mannschaften viele Chancen heraus arbeiten.

Dieses Ziel hatte er sich eigentlich auch für den FC Augsburg gesetzt.

Wir haben uns immer – egal, wo ich war – sehr viele Torchancen heraus gespielt. Das war in Regenburg so. Da hatten wir bei den beiden Aufstiegen die meisten Torchancen und die meisten Tore. Und auch in Leverkusen in meinem ersten Jahr hatten wir statistisch die zweitmeisten Großchancen gehabt. Und das sind auch Elemente, die ich hier rein bringen möchte.

Heiko Herrlich bei seiner Vorstellung am 10.03.2020

Gab es eine Alternative?

Wie unsere Auswertung zeigt, hat unser Coach in diesem Fall nicht gelogen, denn sowohl mit Unterhaching, Regensburg und Leverkusen konnte Herrlichs Team sehr viele Tor vorweisen. Allerdings hatte er bei Bayer und auch in Regensburg mit Nico Schneck einen Co-Trainer, der als ehemaliger zentraler Mittelfeldspieler offensiv ausgerichtet war. Auch Roman Týce wusste als ehemaliger Spielführer, worauf es ankommt.

Doch obwohl beide zum damaligen Zeitpunkt frei gewesen wären, entschied man sich dafür, Iraklis Metaxas ins Augsburger Boot zu holen. Eine Entscheidung, die wir angesichts der Episode in Bochum nicht wirklich nachvollziehen können. Zwar haben Herrlich und er auch schon die U19-Nationalmannschaft über einen Zeitraum von 16 Monaten zusammen trainiert, doch Metaxas hat für unseren Geschmack seinen Chef auch im Stich gelassen. Denn während Herrlich seine Koffer packen musste, blieb der Grieche damals in Bochum.

Für uns wäre Nico Schneck die bessere Wahl als Co-Trainer gewesen. Nicht nur aufgrund der Torausbeute bei den vorangegangen Stationen, sondern auch, weil das Team Schneck und Herrlich eine Zusammenarbeit von 2,5 Jahren vorweisen kann. Mit Iraklis Metaxas arbeitete Herrlich insgesamt nur ein Jahr und 10 Monate zusammen.

Man sieht deutlich, dass die Wahl des richtigen Co-Trainers sehr viel ausmachen kann, denn er hat mehr Einfluss, als man glauben möchte. Ein Co kann sehr wohl auch die Taktik für ein Spiel ausgeben und bei der Aufstellung mitsprechen, wenn der Cheftrainer ihm diese Aufgabe überträgt.

Schuldfrage?!

Daher müssen wir uns alle die Frage stellen, ob man Heiko Herrlich die alleinige Schuld für die derzeitige Situation zuweisen kann. Wir sagen, nein… Er trägt die Verantwortung und muss dafür gerade stehen, aber nicht alle Entscheidungen trifft er selbst. Bei der Personaleinstellung hat auch die sportliche Leitung ein Wörtchen mitzureden.

Heiko Herrlich hatte bei seinem Amtsantritt darauf verzichtet, einen neuen Co-Trainer dazu zu nehmen. Es war aber klar abgesprochen, dass wir nach der Saisonanalyse prüfen, wie wir das Trainerteam weiter sinnvoll ergänzen können. Wir freuen uns daher, dass wir mit Iraklis Metaxas und Kristián Barbuščák zwei absolute Fachmänner für unseren FCA gewinnen konnten, die uns in der individuellen Arbeit mit den Spielern nach vorne bringen werden.

https://www.media-sportservice.de/2020/07/13/fc-augsburg-ex-leverkusener-iraklis-metaxas-unterstuetzt-heiko-herrlich/

Habt ihr schon mal beobachtet, wie die Wechsel innerhalb einer Partie vonstatten gehen? Unser Coach nimmt immer Rücksprache mit seinem Assistenten. Und dieser steht für einen sehr defensivlastigen Fußball…

Stefan Reuter redet auch gerne mal ein Wörtchen mit (Foto via Imago)

Hat man Heiko Herrlich also am Ende vielleicht nur den falschen Mann an die Seite gestellt? Könnte durchaus sein, denn die Beweise, dass Herrlichs trainierte Mannschaften es auch anders können, sind nicht von der Hand zu weisen. Bleibt die Frage: Wer hat über diese Personalie entschieden? War es Herrlich selbst oder jemand anders?

Iraklis Metaxas wäre nicht der erste Co-Trainer, den man ungefragt in den Verein geholt hat, denn wir alle erinnern uns sicherlich noch an Jens Lehmann… Und hatte Manuel Baum damals ein Mitspracherecht?

Erklärungen zum Schluss

Wir wollen Heiko Herrlich hier nicht in Schutz nehmen, denn auch wir sind der Meinung, dass es so über die Dauer nicht weitergehen kann. Wir wollten mit diesem Bericht lediglich aufzeigen, dass nicht immer die Schuld beim Cheftrainer alleine liegt, der allerdings immer zur Verantwortung gezogen wird.

Natürlich kann man den Unmut vieler Fans durchaus nachvollziehen. Die Art und Weise, wie unsere Jungs momentan Fußball spielen, ist nur sehr schwer zu ertragen. Man wünscht sich den Mut, den Willen und den Kampfgeist zurück, den wir unter Herrlichs Vorgängern sehen durften. Aber man hat weder beim Trainer noch bei unserem ersten Co-Trainer das Gefühl, als würden sie das Team in die richtige Richtung bewegen. Zumindest hört man bei jedem Spiel die gegnerische Bank, unsere eigene aber nicht.

Doch noch ist ein Trainerwechsel nicht in Sicht. Das würde wahrscheinlich auch zum jetzigen Zeitpunkt zu viel Unruhe ins Team bringen. Aber eines dürfte feststehen: es wird ziemlich sicher ein sehr spannender Sommer. Und vielleicht finden wir ja mal wieder einen Augsburger Sonderweg, an dem wir zwar am Cheftrainer festhalten, dafür allerdings deutliche Veränderungen bei Co-Trainer und Trainerteam vornehmen.

Herrlich offensiv!

Wirft man einen Blick auf die Rückrundentabelle, so steht eine Punkteausbeute von 13 Punkten aus bisher 11 Spielen auf dem Augsburger Hausaufgabenzettel vor dem Spiel gegen Bielefeld. Das bedeutet einen soliden 8. Platz. In den letzten 5 Spielen vor dem Duell gegen Schalke 04 lag unser FCA sogar im Bereich der internationalen Plätze. Mit 9 Zählern stand lediglich der FC Bayern, VfL Wolfsburg, RB Leipzig und dem VfB Stuttgart vor uns. Und trotzdem werden die Stimmen, die eine Entlassung Heiko Herrlichs fordern, in den sozialen Netzwerken immer lauter. Zu unansehnlich sei die Augsburger Spielweise, der Hang zur Passivität kaum mehr ertragbar. Aber kann Heiko Herrlich wirklich immer alleine für die Taktik verantwortlich gemacht werden oder ist er eigentlich nur der Sündenbock für die Entscheidungen anderer? Macht immer der Coach die Aufstellung oder gibt dieser auch Aufgabenbereiche ab? Wer sind bzw. waren die Co-Trainer, die Heiko Herrlich dabei zur Seite stehen?

Aufgaben eines Trainers

Das Tätigkeitsfeld eines Fußballtrainers ist sehr umfangreich. Er ist quasi der Kapitän, der ein Schiff durch die stürmische See lenken muss. Oder – um es auch anders auszudrücken – er ist derjenige, der die Verantwortung trägt und den Kopf hin hält. Auf einer Broschüre des BDFL (Bund deutscher Fußballlehrer) finden sich folgende Bereiche, die grundsätzlich in einem Verein anfallen und zunächst auch den Aufgabenbereich eines Fußballlehrers betreffen:

  • Trainingssteuerung (z.B. Leistungsdiagnostik)
  • Trainingsplanung (z.B. Vorbereitung, Nachbereitung, Dokumentation)
  • Austausch mit dem Funktionsteam
  • Austausch mit der medizinischen Abteilung
  • Mannschaftsführung (z.B. Gespräche mit Spielern)
  • Kaderplanung (z.B. Scouting, Kontakt zu Spielerberatern)
  • Taktiktraining / – schulung (z.B. Spielanalyse, Präsentationen)
  • Athletik-, Fitness-, Konditionstraining
  • Gegneranalyse
  • Austausch mit Vereinsverantwortlichen
  • Nachwuchsförderung
  • Organisation / Administration
  • Medien- und Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Pressekonferenzen, Interviews)

Es handelt sich hierbei um so viele unterschiedliche Aufgaben, die ein Mensch alleine kaum bewältigen kann. Es ist also sehr wichtig, dass ein Coach ein gutes Team um sich herum aufbaut, dem er vollstes Vertrauen schenken und somit auch Tätigkeiten übergeben kann.

Was macht eigentlich ein Co-Trainer?

Heiko Herrlich hat mit Iraklis Metaxas, Tobias Zellner und Jonas Scheuermann drei Co-Trainer, die ihn bei seiner Arbeit unterstützen und entlasten. Doch warum ist ein guter Co-Trainer so wichtig? Wie oben schon gesehen, ist es nicht damit getan, die Mannschaft jeden Tag auf dem Platz zu trainieren. Hinzu kommen Einzeltrainings und spezielle Einheiten zur Vorbereitung wichtiger Spiele. Auch für die Psyche eines Spielers muss ein Trainer oder Co-Trainer ein gewisses Fingerspitzengefühl haben.

Insgesamt lässt sich das Mannschaftsumfeld in drei große Bereiche teilen, die entweder vom Cheftrainer oder eben vom Co-Trainer verantwortet werden. Diese sind Mannschaftsführung, Trainingsbetrieb und Spielbetrieb. Hierbei fallen einem Trainerassistenten oft folgende Aufgaben zu:

Zusätzlicher Beobachter: Der Co beobachtet einzelne Spieler und deren Leistungen im Training, hilft dabei diese zu analysieren und auch zu bewerten. Dies ist wichtig im Hinblick auf die Taktik und auch für die Aufstellung. Der Co-Trainer informiert den Coach über die momentane Verfassung eines Spielers und hat somit auch ein Mitspracherecht, wer bei einer Partie in der Anfangsformation auftauchen darf.

Zweite Meinung zur besseren Reflexion: Ein Assistent hat die wichtige Aufgabe, dem Cheftrainer mit seinen Ansichten zu unterstützen, denn laut einem bekannten Sprichwort „sehen vier Augen mehr als zwei“. Ein Co-Trainer hilft also bei der Analyse und Bewertung einer bestimmten Person oder auch einer Situation. Somit ist eine objektive und bessere Arbeit gewährleistet.

Sprachrohr zur Mannschaft: Natürlich ist der persönliche Kontakt zwischen Trainer und Spielern sehr wichtig. Doch da er gleichzeitig die oberste Autorität ist, übernimmt sein Assistent oftmals die Aufgabe, Informationen weiter zu geben, Fragen zu beantworten oder auch geplante Spielzüge während des Spiels zu besprechen.

Trainingsorganisation: Da ein Cheftrainer oftmals nicht alle Trainingsmethoden gleichzeitig beobachten kann (z.B. Torwarttraining und Koordinationstraining), steht ihm der Co zur Seite und hilft somit dabei, dass das Training effizienter gestaltet werden kann.

Vertretung des Haupttrainers: Wie wir selbst schon erlebt haben, kann es vorkommen, dass ein Coach nicht an einem Spiel teilnehmen kann. In diesem Fall übernimmt der Co-Trainer die Unterstützung der Mannschaft vom Seitenrand aus.

Die bisherigen Stationen des Heiko Herrlich

Zur Beginn der Saison 2004/05 beendete Heiko Herrlich seine Karriere als aktiver Spieler. Auf seiner Vita tauchen einige große Erfolge auf. So gewann der frühere Mittelstürmer mit Borussia Dortmund beispielsweise zweimal die Deutsche Meisterschaft, zweimal den Deutschen Supercup, die Champions League und den Weltpokal. Mit Bayer Leverkusen (1993) und und Borussia Mönchengladbach (1995) konnte er den DFB-Pokal mit nach Hause nehmen.

Im Jahr 2005 erwarb Herrlich die DFB-Trainerlizenz und übernahm daraufhin die A-Jugend von Borussia Dortmund. Der FC Augsburg ist seine 9. Station als Cheftrainer. Hier eine kurze Auflistung, wo unser Coach bisher sein „Unwesen“ getrieben hat:

  • 01.07.2005 – 30.06.2007: Borussia Dortmund U19
  • 01.07.2007 – 30.06.2008: Deutschland U17
  • 01.07.2008 – 27.10.2009: Deutschland U19
  • 27.10.2009 – 29.04.2010: VfL Bochum
  • 01.07.2011 – 30.06.2012: SpVgg Unterhaching
  • 01.07.2013 – 30.06.2015: FC Bayern München U17

Bei seinen bisherigen Tätigkeiten konnte Heiko Herrlich mit der U19 der DFB-Auswahl die Europameisterschaft gewinnen, die vom 14.07.2008 bis 26.07.2008 stattfand. Allerdings stand er dabei nicht selbst, sondern sein Vorgänger Horst Hrubesch an der Seitenlinie, der nach dem Turnier die U20 übernahm. Zudem wurde unser Coach mit Jahn Regensburg Meister der Regionalliga Bayern.

Seit 10.03.2020 steht Herrlich bei unserem FC Augsburg unter Vertrag. Da die Kritik an ihm jedoch immer größer wird, haben wir uns angeschaut, was er bisher alles geleistet hat und vor allem auch, mit welchen Männern er dabei zusammen gearbeitet hat. Da die Betrachtung aller Stationen den Rahmen sprengen würde, haben wir uns 4 davon herausgepickt: SpVgg Unterhaching, Jahn Regensburg, Bayer Leverkusen und VfL Bochum.

Heiko Herrlich bei Unterhaching

Am 01.07.2011 trat Herrlich seine fünfte Station bei Unterhaching an. Er blieb dort für genau eine Saison. Am 25.05.2012 gab der Verein die einvernehmliche Vertragsauflösung bekannt. Laut Aussage das Vereins zog es Herrlich damals aus privaten Gründen zurück in seine Heimat Dortmund.

63 Tore in der Liga – Ligabestwert für die junge Truppe aus Unterhaching (Foto: imago/Lackovic)

Mit der Spielvereinigung bestritt Heiko Herrlich insgesamt 45 Spiele. 18 davon konnte er gewinnen. Man beendete die Saison auf Tabellenplatz 15 und schaffte somit den Klassenerhalt in Liga 3. Dazu sei gesagt, dass das Durchschnittsalter innerhalb des 40-köpfigen Kaders bei gerade einmal 21 Jahren lag.

Doch einen kleinen Erfolg konnte Herrlich auch hier verbuchen: Am 09.05.2012 gewann Unterhaching den Landespokal Bayern (Toto-Pokal) gegen SC Eltersdorf mit 4:3 und sicherte sich somit die Teilnahme am DFB-Pokal.

Der Co und sein System

Nun kann man natürlich sagen, dass Herrlich mit den Hachingern nicht großartig erfolgreich war. Das mag stimmen, wenn man nur auf die Tabellenplatzierung schaut. Sieht man sich aber das Torverhältnis an, so wird deutlich, dass Unterhaching in dieser Saison auf 63 Tore kam. Das war Ligabestwert. Nicht einmal die Aufsteiger Sandhausen und Aalen konnten so viele Tore schießen.

Herrlichs Co-Trainer war Roman Týce. Der gebürtige Tscheche, der zu seiner Spielzeit im defensiven Mittelfeld zuhause war, spielte unter anderen bei Unterhaching und dem TSV 1860 München.

Ein Löwe bei Haching – Herrlichs Co Roman Týce (Foto: imago/Buthmann)

Das bevorzugte System bei den Hachingern war ein 4-4-2 mit einer Doppel 6. Alles in allem wurde dabei sehr offensiv ausgerichteter Fußball gespielt. Gerade die 63 Tore sprechen dafür, dass alles nach vorne ging. Zudem stehen ganze 14 Spiele auf der Liste, in denen 3 und mehr Tore geschossen wurden. Zwei Mal konnte man die Kugel sogar 6 Mal im gegnerischen Kasten versenken.

Aufstiegsheld Heiko Herrlich

Am 01.01.2016 übernahm Herrlich den SSV Jahn Regensburg, nachdem man Vorgänger Christian Brand aufgrund negativer Stimmung im Umfeld entlassen hatte.

In der Saison 2015/16 bestritt der Jahn unter Heiko Herrlich 17 Spiele. 9 davon konnte man gewinnen. In 13 Spielen in der Regionalliga Bayern schoss man 20 Tore und kassierte selbst nur 9, was am Ende Platz 1 und die Regionalligameisterschaft bedeutete. In der Qualifikationsrunde zur 3. Liga setzten sie sich nach einer 0:1-Niederlage mit einem 2:0 gegen die zweite Delegation der Wölfe durch und sicherten sich so den Aufstieg in Liga 3.

Und dort legte Regensburg einen Auftritt hin, der sich sehen ließ. Mit 62 geschossenen Toren knackte man auch hier den Ligabestwert und schaffte es am Ende der Saison auf den Relegationsplatz zur 2. Bundesliga. Dort ging es gegen den TSV 1860 München. Das Hinspiel in Regensburg ging 1:1 aus. Doch in der Allianz Arena zeigten die Oberpfälzer was in ihnen steckt, schossen die „Kätzchen“ mit 2:0 aus ihrem eigenen Stadion und somit in die Krise.

Mit Heiko Herrlich konnte Jahn Regensburg gleich zwei Mal in Folge aufsteigen (Foto via Imago)

Der Mann an Herrlichs Seite

Heiko Herrlichs Co-Trainer zu jener Zeit war Nico Schneck, den er auch später mit nach Leverkusen nahm. Schneck spielte zu seiner aktiven Zeit im zentralen Mittelfeld. Überwiegend trat er bei verschiedenen Vereinen in der Regionalliga gegen den Ball, da er zeitgleich Sportwissenschaften an der Universität Bielefeld studierte. Dort durfte er auch ein Spiel bei der ersten Garde machen und somit Profiluft schnuppern.

Im Juni 2016 holte Herrlich ihn schließlich als seinen Kompagnon an die Donau. Während man gemeinsam die erste Mannschaft coachte, spielte Nico selbst noch für die zweite Brigade der Regensburger.

Ein eingeschworenes Team – Nico Schneck und Heiko Herrlich (Foto via Imago)

Gemeinsam stellten die beiden das Spielsystem von einem 4-4-2 mit Doppel 6 auf ein 4-2-3-1 um und zeigten wirklich wunderschönen Offensivfußball. 62 geschossenen Tore und 20 Siege (in 43 Spielen) kommen nicht von ungefähr.

Herrlichs Zeit bei Bayer Leverkusen

Herrlichs Zeit bei Bayer 04 Leverkusen dauerte in etwa 1,5 Jahre. Vom 01.07.2017 bis 23.12.2018 durfte er dort zusammen mit Nico Schneck anheuern. Wie auch schon zuvor setzten die beiden überwiegend auf ein offensiv ausgerichtetes 4-2-3-1. Allerdings stellten die beiden auch gerne einmal auf ein 3-4-3 um.

Das Ergebnis der Zusammenarbeit von Herrlich und Schneck kann sich gerade in der ersten Saison sehen lassen. Kurz vor Schluss verspielte man zwar noch einen Platz in der Champions League, doch sicherte man sich mit Tabellenplatz 5 die Teilnahme an der Europa League. Auch ein Blick auf die verschiedenen Daten zeigt wie gut die beiden harmonierten. So schoss man beispielsweise durchschnittlich 15 Mal pro Spiel auf den gegnerischen Kasten. 1,7 dieser Schüsse landeten im Tor, denn am Ende der Saison standen ganze 58 Tore auf der Habenseite.

Sieht nach taktischen Spielchen aus! (Foto via Imago)

In die folgende Spielzeit 2018/19 startete man nicht überragend. Mit 3 Niederlagen aus den ersten drei Partien lag man auf dem letzten Tabellenplatz. Doch das Team Herrlich / Schneck schaffte es bis zu seiner Entlassung am 23.12.2018, die Mannschaft auf Platz 9 zu bringen. Die Spieldaten sehen auch hier nicht schlecht aus: In 17 Partien schoss man im Durchschnitt 14 Mal aufs Tor, traf dabei 26 Mal und lief in etwa 120 km pro Spiel. Die Passquote lag bei satten 80 Prozent.

Fragwürdige Entlassung

In der Europa League lief es bei Bayer recht ordentlich: Mit 4 Siegen, einer Niederlage und einem Unentschieden erreichte man unangefochten die Tabellenführung. 16 Tore konnte man in den 6 Vorrundenspielen erzielen und ca. 86 Prozent der Pässe kamen beim eigenen Mann an.

Warum also entließ man Heiko Herrlich und Nico Schneck, obwohl sie im Zeitraum kurz vor ihrer Freistellung vier der letzten fünf Pflichtspiele gewinnen konnten? Dazu äußerte sich Sportdirektor Rudi Völler wie folgt:

Vor allem mit dem schlechten Saisonstart hatten wir schon seit vielen Wochen eine Diskussion. Die Entwicklung war leider nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben.

https://www.sportbuzzer.de/artikel/heiko-herrlich-entlassung-details-bayer-leverkusen-reaktionen/

Einerseits kann man diese Aussage schon nachvollziehen. Die Vereinsführung hat sich bei einem so wertvollen Kader sicher eine bessere Platzierung in der Liga gewünscht. Der Zeitpunkt der Entlassung wirft allerdings einige Fragen auf.

Bisheriges Fazit

Wie man bisher sehen kann, spielte Heiko Herrlich mit seinen Co-Trainern Roman Týce und Nico Schneck ansehnlichen und vor allem auch sehr effizienten Offensivfußball. Alleine wenn man auf die Anzahl der Schüsse pro Spiel und die Torausbeute der einzelnen Mannschaften blickt, wird deutlich, dass unser Coach eigentlich immer sehr auf so ein System setzte.

Doch es gibt eine Station in Heiko Herrlichs Vita, bei der es ähnlich passiv lief wie derzeit bei uns in Augsburg. Diese Episode dauerte relativ genau ein halbes Jahr. Aber was dort genau passiert ist, das sehen wir uns im zweiten Teil unserer kleinen Co-Trainer Serie an. Ihr dürft gespannt sein!

André Hahn, du geile Sau

Es gibt momentan so viele Dinge, bezüglich derer sich ein jeder irrt. Umso leichter sollte es einem fallen, dies zuzugeben. Bei mir ist heute der Moment gekommen, um öffentlich meine Meinung zur sportlichen Perspektive von André Hahn zu korrigieren. Vor der Saison hatte ich ihm einen schweren Stand hervorgesagt. Ich hatte nicht mehr viel mehr als die Rolle eines Ergänzungsspielers vermutet. Welch ein gravierender Fehler.

Wenn wir heute abstimmen würden, dann würde ich zwar Gike immer noch als wichtigsten Spieler der Saison beim FCA sehen. André Hahn würde ich allerdings gerne im direkten Vergleich zur letzten Saison den Pokal für den meistverbesserten Spieler übergeben. Welch eine Märchenstory.

Was vor dieser Saison geschah

Mittlerweile ist es über 8 Jahre her, seit André Hahn von den Kickers aus Offenbach zum FCA wechselte. In den anderthalb Jahren, die auf seinen Wechsel folgten, gelang ihm der Durchbruch in der Bundesliga. Er wurde zum Nationalspieler. Zu brachial war sein Offensivdrang. Eiskalt seine Abschlüsse. Es folgte der Wechsel auf Grund einer Ausstiegsklausel nach Gladbach. Spiele auf internationalem Niveau. Tore. Verletzungen. Zum 01.07.2017, während das Chaos beim HSV schon herrschte, der Wechsel dorthin, um eine neue Herausforderung zu suchen.

Ein Jahr später, als Absteiger mit dem HSV, die Rückkehr nach Augsburg. Im Jahr nach seiner Rückkehr bekam er direkt viel Spielzeit. 32 Pflichspieleinsätze standen zu Buche. 5 Tore und 5 Vorlagen standen dabei zusätzlich in der Statistik. Eine solide, wenn auch durchwachsene Bilanz. Letzte Saison dann nur noch 16 Pflichtspieleinsätze und gerade mal 2 Tore. Gerade mal 4 Spiele über 90 Minuten. Es schien, als neigte sich die Zeit des André Hahn dem Ende entgegen. Eine Rückkehr verbunden mit der Hoffnung die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen. Enttäuschte Hoffnung bis dahin.

Ungünstige Vorzeichen vor der Saison

Nun hätte man eventuell vermuten können, dass sich gegen Ende der letzten Saison schon abgezeichnet hätte, wie André Hahn unter Heiko Herrlich aufblühen würde. Eine Sehnenreizung setzte Hahn allerdings in der zweiten Saisonhälfte außer Gefecht. Am Ende reichte es im Schlussspurt gerade noch zu vier Kurzeinsätzen.

Auch für die Abwehrarbeit ist sich André Hahn nie zu schade (Foto: Andreas Gora via Imago)

Und diese Kurzeinsätze hätte ich auch für diese Saison wieder vermutet. Gerade auch weil der FCA mit Richter, Vargas und Bazee seine explosiven Offensivspieler halten konnte. Dazu kam in der Sommerpause noch mit Daniel Caligiuri ein weiterer Veteran mit viel Qualität an Bord. Die Ausgangslage war für Hahn nicht gerade vorteilhaft.

Ein toller Saisonstart

Dennoch setzte sich Hahn im internen Konkurrenzkampf durch, und traf direkt am ersten Spieltag gegen Union Berlin und später gegen Mainz 05 sogar doppelt. Es schien alles wie am Schnürchen zu laufen. Der FCA startete toll in die Saison. Hahn war in toller Form mit dabei und an Toren beteiligt. Herrlich scheint dabei gerade an der Vielseitigkeit Hahns einen Narren gefressen zu haben. Er lässt ihn auf dem Flügel ran, aber auch gerne im Sturmzentrum.

Was Hahn dabei in allen Rollen zu Gute kommt, ist sein unbedingter Einsatzwille. Offensivpressing oder Mittelfeldpressing, Hahn kann beides und ist gerade gegen den Ball viel unterwegs und zermürbt den Gegner. Nachdem Herrlichs Fokus in dieser Saison oftmals war, die defensive Stabilität zu stärken, verwundert es nicht, dass er dabei immer wieder gerne auf André Hahn zurückgreift.

Widerstände im Saisonverlauf

Und so könnte die Geschichte nun einfach märchenhaft bis zum heutigen Tage weiter gehen immer getreu dem Motto: „und wenn sie nicht gestorben sind…“. Dann wäre es allerdings nicht die Geschichte des André Hahn. Hahn infizierte sich nämlich dann mit dem Corona-Virus und fiel nach dem 09. Spieltag erstmal bis nach der verkürzten Winterpause aus. Erst gegen Köln konnte er wieder eingreifen und musste sich über zwei Kurzeinsätze auch erst wieder ans Team heranarbeiten.

Aber erneut ist nun der Knoten geplatzt. In den letzten 5 Partien kam er immer über 90 Minuten zum Einsatz. 3 Tore und 1 Vorlage stehen im Statistikbuch. Auf 7 Tore und 3 Vorlagen kommt er in der Bundesliga bisher. Und dies in einer Saison, in der dem Team so ein bisschen die Offensivkraft abhanden gekommen ist. Umso wichtiger ist jeder einzelne Treffer.

Manchmal ist nicht geschimpft, eben nicht genug gelobt

Die Entscheidung für diesen Text ist dann nach dem Hoffenheim-Spiel gefallen. Ein Spiel, in dem Hahn in der ersten Halbzeit einen Vargas-Pass mustergültig verwertete. Die alte Geschwindigkeit ist wieder da. Der Antritt, vor dem sich Gegner schon in 2014 fürchteten. Dazu eine schnörkellose Ballannahme und ein trockener Abschluss ins lange Eck. Fußball kann so einfach aussehen und so viel Spaß machen. Bei WhoScored ergab seine Leistung 7,9 Punkte und damit seinen besten Saisoneinsatz. Was zumindest ich bei Hahn manchmal ausblende, ist sein starkes Kopfballspiel. 5 Luftduelle konnte er gegen Hoffenheim nämlich zudem für sich entscheiden.

Seine Sprungkraft ist auch in Jubelsprüngen in letzter Zeit wieder sehr gut erkennbar. (Foto: emspor via Imago)

Und so sehr ich Gike hinten im Tor zu schätzen weiß, gibt es keine Siege ohne Tore. Hahn hat diese Saison davon bisher am meisten geschossen für den FCA. Zeit die individuellen Leistungen nun auch mal gebührend zu loben, gerade weil ich nicht mehr mit ihnen gerechnet hätte. Und nachdem Hahn nun nach den Spielen über die sozialen Medien ein paar Worte an die Fans gerichtet hat, will ich gerne ein paar Worte an ihn richten:

„Lieber André, wir haben alle mitbekommen, dass die letzten Jahre und auch diese Saison nicht immer leicht waren für dich. Ich weiß es sehr zu schätzen, wie du sichtbar Vollgas gibst und dich immer wieder zurück gearbeitet hast. Und ich gönne Dir jedes deiner Erfolgserlebnisse von ganzen Herzen. Wie gerne ich gegen Hoffenheim in Stadion dein Tor gefeiert hätte. Ausgerastet wäre. Aber solange Du weiter beim FCA bist, werde ich daran glauben, dass ich weiter solche Tore und Leistungen von Dir sehen werde. Wir sehen uns im Stadion! Dein Andy von der RoGaz „

P.S.: Jogi Löw scheinen die abschlussstarken Zentrumsspieler abhanden gekommen zu sein. Ich hätte da ja eine Idee, und würde glatt eine Sascha Mölders Aktion andenken, um bei einem Comeback dabei zu sein. Wer sich noch spontan erinnert, in welche Stadt Sascha Mölders damals gefahren ist, der packe es in die Kommentare.

Es ist ok


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Viele Personalentscheidungen rund um den geliebten Club werden entweder mit riesigen Hoffnungen und Erwartungen gesehen, oder es wird der Schrecken direkt hinter der nächsten Ecke vermutet. Das Umfeld des FC Augsburg war dabei schon immer ein ruhiges und in letzter Zeit sind kaum Gerüchte nach außen gelangt.

Rani Khedira mal wieder

Und warum nun genau in diesen Tagen die Personalie Rani Khedira erneut in einigen Medien aufgegriffen wurde, weiß nun auch keiner so genau. Letzten Sommer, im Juni 2020 sah es so aus, als ob eine Verlängerung Khediras beim FCA nicht viel mehr als eine Formalie wäre. Aus der Formalie wurde eine Hängepartie. In diesem Zusammenhang betonte Stefan Reuter: „Die gegenseitige Wertschätzung ist da“. Im November 2020 stellte Khedira selbst noch fest: „Wir machen uns keinen Stress. Noch sind es sieben Monate, da ist nicht die allergrößte Eile angesagt.“ Bis zum Januar hatten sich die Vorzeichen dann gedreht. Eine Verlängerung war anscheinend schon fast vom Tisch. Khediras Aussage vor drei Monaten: „Wir werden sehen, ob sich die Ambitionen des FCA und meine decken“. Zudem immer wieder die Hinweise aufs Ausland. Ende Januar klang es dann nun so, als ob der FCA sein Angebot zurückgezogen hätte.

Die Planungen für die kommende Saison sind nun Corona-bedingt nicht gerade einfach. Hohe Millionenbeträge an Einnahmen gehen den Vereinen momentan verloren. Während der FCA laut AZ noch überlegte, ob er unter diesen Bedingungen Rani Khedira erneut ein Angebot zur Vertragsverlängerung vorlegen sollte, hat sich Rani Khedira laut kicker schon anderweitig orientiert. Laut Sky geht es zu Union Berlin. Wahrscheinlich auch Corona-bedingt ist ein Wechsel ins Ausland erstmal vom Tisch. Union Berlin wirbt diesmal dem FCA einen ablösefreien Spieler ab. Zuletzt war dies den Augsburgern im Sommer mit Rafal Gikiewicz gelungen.

Khedira hat beim FCA schon einiges mitgemacht. (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Wie aufgezeigt hat die Personalie Khedira eine Vorgeschichte. Gespräche über eine Verlängerung des im Sommer auslaufenden Vertrags gab es in der Vergangenheit zur Genüge. Nur zusammen einen gemeinsamen Nenner haben Verein und Spieler anscheinend nie gefunden. So durfte Khedira nun in diese Saison gehen, ohne dass sein Kontrakt über diese hinaus Gültigkeit besitzt. Er kann am Ende der Saison den Verein somit ablösefrei verlassen (und ein ordentliches Handgeld einstreichen).

Ein Fixpunkt im Kader

Khedira ist derweil seit dieser Saison der dienstälteste Spieler im defensiven Mittelfeld (zumindest wenn man Jan Moravek etwas offensiver sieht). Nach dem Abgang von Daniel Baier in der Sommerpause war meine Vermutung, dass er hier in dieser Saison die große Konstante sein würde. So sah es dann zu Saisonbeginn auch aus. Khedira und Carlos Gruezo bildeten regelmäßig das Duo vor der Abwehr. Zwischenzeitlich verdrängten dann Tobias Strobl und auch Tim Civeja Khedira etwas, bevor nun – bedingt auch durch Civejas Verletzung – Khedira seinen Stammplatz zuletzt wieder zurückeroberte.

Die etwas schwankenderen Einsatzzeiten Khediras in dieser Saison sollten dabei das sportliche Gesamtbild von ihm nicht trüben. Sein Wechsel vor fast vier Jahren von RB Leipzig zum FCA hat sich für beide Seiten voll ausgezahlt. Der FCA hatte ablösefrei einen Spieler gefunden, der die Mannschaft verstärkte und sich in diesen Jahren zu einem Fixpunkt im Kader entwickelte. Über 120 Pflichtspiele hat er in diesem Zeitraum für den FCA absolviert. Eine sehr stattliche Zahl.

Wohin geht Khediras Blick in der Zukunft? (Foto: nordphoto GmbH / Engler nph00076 via Imago)

Khedira selbst konnte seine Bundesligatauglichkeit vollends unter Beweis stellen und sich in der ersten Liga etablieren. Dazu war er in der Öffentlichkeit einer der ruhigeren Charaktere, der stets ein professionelles Bild abgab. Er wäre für einige Vereine eine solide Verstärkung in der Breite. Es würde mich zudem nicht wundern, wenn er am Ende bei einem neuen Verein mehr spielen dürfte als gedacht. Bei Union Berlin sollte er den Stamm der Mannschaft verstärken. In jeder Sicht hat er sich selbst in die Lage versetzt im Alter von 27 Jahren den besten Vertrag seiner Profikarriere zu unterzeichnen.

Entscheidungsgründe

Warum lässt man so einen nun zu einem anderen Verein ziehen? Es kann sein, dass man sich für einen Verbleib Khediras wirtschaftlich arg strecken hätte müssen. Khedira selbst liebäugelte selbst mit einem Wechsel ins Ausland und gerade in England liegen die wirtschaftlichen Möglichkeiten vieler Clubs immer noch über denen der Bundesliga und gerade des FCA. Wer weiß, welche Beträge noch im letzten Sommer gefordert hatte? Es stellt sich wie immer die Frage, wie teuer ein Verbleib Khediras geworden wäre.

Derweil es aus Club-Sicht wohl nicht nur ums Geld geht. Khediras weitere sportliche Entwicklung sorgt zumindest bei mir nicht für die allergrößten Hoffnungen. Es ist zumindest zweifelhaft, ob Khedira sportlich dauerhaft Leistungsträger bleiben würde und sich auf dem Platz noch deutlich verbessern könnte. Nicht gerade eine Situation, in der man euphorisch die Geldbörse zückt.

Welche Rolle hat Khedira für das Gerüst?

Nun wird das Sportliche ja auch beeinflusst durch das Zusammenspiel der einzelnen Spieler nicht nur auf dem Platz. Khedira scheint nun keiner der Spieler zu sein, die in dieser Gruppe einen negativen Einfluss ausüben oder die Gruppenprozesse stören würde. Um eine Verlängerung zu deutlich verbesserten Konditionen allerdings rechtfertigen zu können – und ohne den Einfluss einer Verbesserung der Konditionen im Mannschaftsgefüge zu unterschätzen – müsste er wohl einer der wichtigsten Gerüstspieler im Kader sein.

Rani Khedia bei einem TV Auftritt. Es ist immer schade, gute Typen gehen zu sehen (Foto via Imago)

Abschließend scheint es so, als ob der FC Augsburg sich bewusst dazu entschieden hätte, Khediras Wechsel in Kauf zu nehmen und ihn nicht aggressiv weiter an den Club binden zu wollen. Dies hängt auch damit zusammen, dass man mit Khedira wohl zu keiner gemeinsamen Sicht bzgl. der zukünftigen sportlichen Entwicklung (und evtl. seiner Bezahlung in diesem Zusammenhang) gekommen war. Khediras Entscheidung für Union ist nun auch eine gegen die Perspektive in Augsburg.

Khedira ist zwar ein guter, aber kein herausragender Kicker. Er gehört auch nicht zu den absoluten Führungsspielern im Kader. Khedira scheint ein netter und umgänglicher Mensch zu sein und ich wünsche ihm nur das Beste. Sein Wechsel ist trotzdem ok. Der FC Augsburg baut die Mannschaft nach dem kleinen Umbruch im letzten Sommer weiter um. Die Identifikation mit dem Augsburger Projekt wird bei den Personalentscheidungen wieder wichtiger. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf tut der Umbruch nicht mehr ganz so weh.

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