Gewaltbereit?

Der FC Augsburg spielte in der abgelaufenen Saison eine seiner besten Runden in der Bundesliga und auch der Sommer war nun nicht von Negativschlagzeilen geprägt. Einerseits konnte der FCA namenhafte Spieler für sich gewinnen. Marius Wolf, Keven Schlotterbeck und Co. greifen ab morgen für den FCA in der Bundesliga an. In so manchem Auswärtsspiel wird man das coolste Trikot der Liga – das Römertrikot – im Einsatz bewundern können. Und wem das noch nicht genügend „Feel Good“ Stimmung rund um den FCA ist, der hat noch nicht das Instagram Profil von Franz-Josef entdeckt, dem Golden Retriever von Geschäftsführer Michael Ströll. Franz-Josef war dabei als mit dem VfB Stuttgart um Ermedin Demirovic ging und er durfte Marius Wolf die Pfote reichen.

Wenn es in der Berichterstattung in der letzten Saison um die Fans des FC Augsburg ging, waren die Nachrichten nicht immer positiv. An der ein oder anderen Stelle war das ganz schön irritierend (ausgeklammert sei hier explizit das Pyro-Thema, zudem ich vor einiger Zeit schon etwas geschrieben hatte). Neben den Fans hatte aber, wenn man im Nachgang die Saison Revue passierten lässt, die Polizei einen Mega-Aussetzer zu verbuchen. Dazu kam eine veränderte Strategie im Umgang mit den Fans als auch wurde von Seiten der Faninteressenvertretung Rot-Grüne-Weiße Hilfe harsche Kritik am Vorgehen der Polizei geäußert. Bevor es gegen Werder Bremen im eigenen Stadion wieder losgeht, will ich mir dieses Spannungsfeld einmal näher anschauen und einen Ausblick auf die kommende Saison wagen.

    Kakophonie der Nachrichten

    Über was konnte man also in den Medien so alles lesen, wenn es um die Fans des FC Augsburg in der Saison 2023/24 ging:

    Einerseits mag ich an dieser Stelle eines direkt festhalten: Alle Vorfälle fanden nicht im Stadion statt. Die Stadien sind sicherer denn je.

    Derweil ist es so, dass die Fans immer wieder ins Presse-Schlaglicht rutschen, auch weil Pressemitteilungen der Polizei von manchen Medien ohne große weitere Recherchen in die Berichterstattung übernommen werden. Von den oben genannten Vorfällen, ist fraglich, ob im Falle des Aufeinandertreffens zwischen St. Pauli und FCA-Fans überhaupt etwas relevantes passiert ist. In Buchloe wurden die FCA Fans angegriffen. Die Rot-Grün-Weiße Hilfe hatte zu beiden Fällen öffentlich Stellung genommen. In manchen Fällen bedeutet dies: Viel Wind um wenig bis nichts, außer Klicks auf Medienportale.

    Nicht alles schönreden

    Dennoch bleiben Vorfälle, die man nicht ignorieren sollte. Zuvorderst wirft der Vorfall in Mainz Fragen auf. Hauptsächlich, weil er im Gegensatz zur Schlägerei in Linz, in direktem Zusammenhang mit einem Bundesligaspiel steht.

    Einige Augsburger Fans pflegen seit mittlerweile vielen Jahren ein Fehde mit manchen Mainzer Fans. Dies liegt wohl immer noch darin begründet, dass die Mainzer vor ca. 17 Jahren dem Augsburger Ultra-Fanclub „Rude Boys“ nach einem Zweitligaspieltag in Mainz die Zaunfahne entwendet hatten. Der Fanclub hatte sich im Nachgang aufgelöst und darauf folgend wurde der derzeit prägende Ultra-Fanclub „Legio Augusta“ gegründet. Seitdem prallen immer wieder Mainzer und Augsburger Fans aufeinander und der Konflikt köchelt weiter vor sich hin.

    In diesem Falle stellt sich das Geschehen für mich wie folgt dar: die Augsburger Ultras haben in Mainz in der Innenstadt „Präsenz gezeigt“. Ganz bewusst und mit der Absicht zu provozieren. Hierauf reagierten die Mainzer prompt. Im Zuge der folgenden Schlägerei flogen Flaschen und es wurden Gürtel als Waffen eingesetzt. Und ganz ehrlich: da hat der Spaß ein Loch. Mag man vielleicht bei klassischen Hooligan-Prügeleien auf der grünen Wiese die Meinung vertreten „sollen sie sich doch die Köpfe einschlagen, wenn sie es so wollen“. Dies kann hier nicht gelten. Der Unterschied: Hier können sehr leicht auch Unbeteiligte unter die Räder kommen. In Linz waren sich die Beteiligten der Schlägerei nicht zu schade, diese direkt am Donauufer vom Zaun zu brechen. Eine Person stürzte in den Fluss. Was ein Mist!

    Da bleibt dann an dieser Stelle auch nicht zu unterschlagen: die Randale im Zug zurück aus Darmstadt sind auch völlig inakzeptabel. Hier waren „die Ultras“ wohl nicht beteiligt. Wenn diese aber nun mit dem Bus in so manche Innenstadt fahren, um dort Verwüstung zu hinterlassen – bzw. das Entstehen einer solchen mindestens in Kauf zu nehmen – dann macht es das auch nicht besser.

    Die Augsburger Fans waren in den letzten Jahren immer wieder mit ihrem sozialen Engagement im Fokus und ich habe dieses regelmäßig positiv hervorgehoben. Leider relativiert sich hier das Bild im Rückblick auf die abgelaufene Saison ein bisschen und mit Bezug auf die erkennbare Gewaltbereitschaft an einigen Stellen, will ich ganz klar sagen: Wäret den Anfängen.

    Es werden immer mehr Fans, und damit werden automatisch mehr negative Vorfälle auftreten. (Photo by ALEXANDRA BEIER/AFP via Getty Images)

    Dein Freund und Helfer?

    Die ein oder andere staatliche Behörde muss man dann hierzu auch nicht lange bitten. Die Schlägerei in Mainz führte dazu, dass auch Augsburger Fans, bei einer sog. Hooligan-Razzia im Fokus landeten. Auch in Linz wurden Anzeigen erhoben, wie der Presseberichterstattung aus Österreich zu entnehmen war.

    Die Polizei ist aber mitnichten immer nur aufklärend und deeskalierend unterwegs. Gerade bundesweit ist zu erkennen, dass gefährliche Situationen in und um die Stadien meist einher gehen mit einer direkten Beteiligung der Polizei wie hier in Frankfurt. In Augsburg waren die größten Gefahrenquellen in dieser Saison der mittlerweile verurteilte Böllerwerfer aus Hoffenheim und ein Polizist, der seine Dienstwaffe unverantwortlich gebrauchte. Ich habe dies zum Anlass genommen, um mich zum Vorgehen der Polizei mit der Pressestelle der Polizei auszutauschen.

    Zum Schusswaffeneinsatz, der leicht Menschenleben hätte kosten können, heißt es von der Polizei lapidar: „Es handelt sich um einen Einzelfall der straf- und dienstrechtlich entsprechend aufgearbeitet wurde.“ Weiter gefragt hatte ich, ob die Herangehensweise in Bezug auf das Tragen und den Einsatz von Schusswaffen bei Fußballspielen überdacht würde. Die klare Antwort: „Nein.“. In England tragen Polizisten grundsätzlich keine Schusswaffen. In Deutschland mag man das noch nicht mal in und um das Stadion überdenken. Soviel Einsicht kennt man sonst nur von vereinzelten Fußballfans.

    Kommen wir dann vielleicht auch kurz zurück zur sog. Hooligan-Razzia. Einerseits mag man an diesem Begriff die reißerische Aufbereitung des Sachverhalts in der Presse konstatieren. Gemeint sind damit Wohnungsdurchsuchungen auch bei Augsburger Fans nach der Schlägerei in Mainz, bei denen nach Tatkleidung und Mobiltelefonen gesucht wurde. Das Vorgehen in diesem Zusammenhang rief harsche Kritik der Rot-Grün-Weißen Hilfe hervor. Die Pressestelle der Polizei ließ hierzu verlauten: „Nach aktuellem Stand ist kein rechtswidriges Verhalten der Beamten bekannt.“ Da könnte man ja fast vermuten, dass man den Vorfall untersucht hat, bzw. die Untersuchungen noch laufen. Mitte Mai antwortete mir die Polizei hierzu: „Es gibt diesbezüglich keine Untersuchungen seitens der Polizeipräsidiums Schwaben Nord.“ Hier kann man dann doch deutlich einen Unterschied in der Verfahrensweise erkennen: Wenn Du dich als Fans prügelst, kann es sein, dass eine Razzia bei Dir vorgenommen wird. Wenn Du als Polizist bei der Razzia etwas über die Stränge schlägst, dann wird ein Mäntelchen des Schweigens über die Sache gelegt. Derweil die Polizei – genau wie die Ultras – Eskalationen und Vorfälle auf einzelne Personen schiebt. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern Stand Juli weiterhin an.

    Ansonsten ist dem Austausch mit der Polizei meinerseits wenig zu entnehmen. Zu den Einsätzen rund um das Stadion werden „aus einsatztaktischen Gründen grundsätzlich keine Angaben zu Kräfteansätzen“ gemacht. Eine nennenswerte Veränderung ist hier aus Sicht der Polizei aber nicht zu beobachten, obwohl bestehende Sicherheitskonzepte nach Auskunft der Polizei regelmäßig angepasst werden. Das ist in der Beantwortung widersprüchlich. Das Ziel der Polizei ist dabei „die Gewährleistung der Sicherheit aller Besucher im Stadion“. Welche konkreten Gefährdungen vorliegen, vor denen die Polizei die Besucher z.B. hinter der Ulrich-Biesinger-Tribüne schützt, mag sie allerdings nicht mitteilen. Auch hier war von Fan-Seite ein vermehrtes Polizeiaufkommen und teilweise provokantes Verhalten konstatiert worden. Man mag provokant die Frage stellen, ob die Provokation mancher Ausschreitungen für die Polizei sogar insofern hilfreich ist, um die eigenen Einsätze zu rechtfertigen. So manche Fangruppierungen gehen dieser aber im Zweifel auch nicht aus dem Weg.

    Auftritt des Ordnungsamts

    Bei den Einsätzen rund um die Stadien hat es die Polizei allerdings nicht belassen. Die Vorfälle in Linz und Mainz sorgten auch dafür, dass die Polizei seit vielen Jahren mal wieder den Versuch anstrengte, Betretungsverbote beim Augsburger Ordnungsamt zu bewirken.

    Der letzte Versuch beim Ordnungsamt Betretungsverbote zu bewirken lag dabei schon viele Jahre zurück in 2018. Und so ist dieser Fakt dann auch etwas, dass für die These der Rot-Grün-Weißen Hilfe spricht, dass sich Vorgehensweisen der Polizei in den letzten Jahren grundsätzlich geändert haben.

    In der vergangenen Saison hat das Ordnungsamt eine zweistellige Fallanzahl mit der Polizei diskutiert und in drei Fällen Betretungsverbote bis zum Saisonende erlassen, gegen die die betroffenen Fans teilweise gerichtlich vorgingen. In der Presse war dann teilweise von den Urteilen in diesem Zusammenhang zu lesen, da ein unabhängiges Gericht ein Stadionverbot für ein Legio-Mitglied bestätigte. Vorgelegte polizeiliche Unterlagen würden laut dem Gericht seine Gewaltbereitschaft sowie eine generelle Gewaltbereitschaft der Ultraszene des FCA belegen. OK.

    Das Ordnungsamt ist hier aber grundsätzlich in der Zwickmühle. Einerseits ist es geboten mit der Polizei grundsätzlich konstruktiv zusammenzuarbeiten, andererseits sind die Betretungsverbote starke Grundrechtseingriffe, die zu Recht gerichtlich überprüft werden können und oftmals der gerichtlichen Überprüfung nicht Stand halten. Mit der Beschränkung der Betretungsverbote bis zum Saisonende und der Beschränkung auf 3 Fälle hat das Ordnungsamt – für die Zwischenrolle, die es hier einnimmt – Fingerspitzengefühl gezeigt und trotzdem ein Signal an manche Fangruppierung gesendet, dass die Vorgänge in Linz und Mainz Konsequenzen haben. Ich mag konstatieren, dass dieser Teil des Systems aus meiner Sicht zuletzt funktioniert hat, gerade auch weil man die Maßnahmen zeitlich direkt bis zum Saisonende beschränkt hat.

    Aufgeladene Stimmung

    Das Spannungsfeld zwischen Fans und Polizei birgt trotzdem auch in der kommenden Saison Potential für weniger euphorisierende Nachrichten. Dies liegt sowohl daran, dass durch den steigenden Zuschauer-Zuspruch beim FCA die absolute Chaotenanzahl steigen wird und Vorfälle, wie auf der Rückfahrt von Darmstadt nicht gänzlich zu verhindern sein werden. Es ist aber auch zu erkennen, dass die Augsburger Ultras nicht jeder Eskalation mit rivalisierenden Fanszenen aus dem Weg gehen und dabei auch Kollateralschäden in Kauf nehmen.

    Wer nun darauf hofft, dass die Polizei grundsätzlich mit Fingerspitzengefühl deeskalierend einwirkt, der sollte realistisch bleiben. Es ist regelmäßig im Zusammenspiel zwischen Fußballfans und Polizei zu erkennen, dass die Polizei eher zur Eskalation beiträgt.

    Hoffnung setze ich weiterhin auf die deeskalierende Fansozialarbeit. Und hinter verschlossenen Türen vielleicht auch auf einen Wandel sowohl bei Polizei als auch bei Ultras. Ein Schuss im Fußballstadion sollte sich genauso wenig wiederholen, wie die Flaschenwürfe in der Mainzer Innenstadt oder die darauf folgenden Razzien. Manchmal sind die Hoffnungen für eine neue Saison ganz einfacher Natur.

    P.S.: Ich mag in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass der Alkohol vor und während der Spiele mit Sicherheit seine Rolle zur Verschärfung so mancher Situation beiträgt. Die Rolle von Alkohol bei Fußballspielen ist aber ein Fass, das an dieser Stelle das Thema sprengen würde.

    Auftakt

    Zum zehnten Mal seit dem Bundesligaaufstieg gewinnt der FCA in der ersten Runde des DFB-Pokals. Zweimal hieß der Gegner in der 2. Runde dann München oder Leipzig. In der 3. Runde gab es in diesem Zeitraum auch bereits zwei Vergleiche mit den Münchnern. Die Auslosung findet am 1. September statt und vielleicht erhält der FCA ein Heimspiel, was bisher nur drei von neunmal der Fall war.

    Auf das erste Spiel gegen Bremen folgt die Auswärtspartie in Heidenheim, die Heimspiele gegen St. Pauli und Mainz und der Auftritt in Leipzig. Nach diesen vier Spielen wird eine erste Standortbestimmung möglich sein – auch weil der Saisonstart mit den verbundenen Ungewissheiten schwerer sein könnte als er scheint.

    Nur zweimal war der SV Werder in den letzten 14 Jahren besser platziert als in der vergangenen Saison. Zwei Tore fehlten am Schluss auf den 8. Tabellenplatz und die Qualifikationsspiele zur Conference-League.

    Einige Veränderungen im Bremer Kader: Jiří Pavlenkas Vertrag lief aus und Christian Groß beendete seine Karriere. Skelly Alvero, der bisher  von Olympique Lyon ausgeliehen war, wurde fest verpflichtet und Keke Topp, der im Pokalspiel gegen Cottbus dreimal erfolgreich war, kommt nach fünf Jahren bei Schalke wieder nach Bremen zurück. Von Rapid Wien ist Marco Grüll gekommen. Auch Marvin Duksch, der treffsicherste Spieler der vergangenen Saison, könnte dem Verein wohl erhalten bleiben, da bisher kein Wechsel zustande kam.

    Abseits des Sports die  Meldung, das Willi Lemke verstorben ist. Er war von 1981 bis 2016 in verschiedener Form für den SV Werder prägend tätig. In seiner Zeit als Manager gewannen die Bremer dabei je zweimal die Meisterschaft und den DFB-Pokal sowie 1992 den Europapokal der Pokalsieger. In Erinnerung geblieben sind auch die verschiedenen  Kontroversen mit Uli Hoeneß.

    Zu Beginn der 62. Bundesligaspielzeit wieder die fast obligatorischen Prognosen zu Meisterschaft und Abstieg. Vorne werden wieder München, Dortmund, Leipzig und Leverkusen genannt, hinten die Aufsteiger, Heidenheim, Bochum und der FCA. Auch Union, Mainz und Bremen werden zumeist in der hinteren Tabellenhälfte gesehen. Wie es dann tatsächlich kommt, ob es wieder eine Überraschungsmannschaft in die eine oder andere Richtung geben wird, macht aber eben den Reiz der Liga aus. Gerade die letzte Spielzeit war in ihrem Ablauf beispielhaft.

    Wie wird die Saison des FCA laufen? Geht es nur um den Klassenerhalt oder gelingt es frühzeitig die erforderlichen Punkte zu erzielen und einen sicheren Abstand vom Tabellenende konstant zu halten? Entsprechend dem Spielplan könnte den ersten Begegnungen hier eine größere Relevanz zukommen.

    In der ewigen Tabelle steht der FCA, bezogen auf die letzten 13 Spielzeiten, auf Platz 12, unter Berücksichtigung der Teams, die in diesem Zeitraum ausschließlich in der 1. Bundesliga spielten, auf Platz 8. Dies bedeutet eben auch, dass einige Mannschaften mit größerem Renommee es nicht gelang dauerhaft in diesem Zeitraum erstklassig zu bleiben.

    Dies bestätigt nicht nur die Arbeit von über einem Jahrzehnt Bundesligafußball in Augsburg, sondern sollte auch etwas mehr Sicherheit in den verschiedenen Phasen einer Saison geben.

    Jeder Punkt und jedes Ergebnis zählt, noch wichtiger aber ist, dass sich die neuformierte Mannschaft schnellstmöglich findet, und auch die gute Heimbilanz des letzten Jahres fortführt. Nach Platzierung war dies, in der Saison 2021/ 22 war es einen Punkt mehr, die beste der letzten neun Jahre.

    Erst zweimal konnte der FCA das Auftaktmatch in der Bundesliga gewinnen: In der Saison 2018/19 gegen Fortuna Düsseldorf und zwei Jahre später bei Union Berlin.

    Auch mit den zwei Niederlagen in der vergangenen Spielzeit ist die Bundesligabilanz gegen Werder positiv. Diese fortzuführen wäre ein gelungener Start in die 14. Bundesligasaison in Folge. Gutes Spiel!

    Nur der FCA!

    Kaderanalyse Sturm: Was leistet das Dreieck?

    Im Sturm ist beim FC Augsburg in dieser Saison kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Im Zentrum dieses Umbaus stand vor allem Ermedin Demirović, der letztlich für die Rekordsumme von 21 Mio. Euro plus Boni zum VfB Stuttgart gewechselt ist. Finanziell ist das für den FCA eine große Hausnummer. Spielerisch verliert er mit Demi seinen Toptorschützen (15 Treffer und 10 Assists in der vergangenen Spielzeit). Menschlich seinen Kapitän und einen super Kerl, der mit seiner mitreißenden Art in nur zwei Saisons völlig zurecht die Herzen von Mitspielern und Fans erobert hat.

    Was hat sich Jess Thorup einfallen lassen, um diese Lücke zu schließen und eine funktionierende Offensive zu formen?

    Erwartungen an den „Wolf“

    Noch bevor klar war, dass Demi tatsächlich zur schwäbischen Ligakonkurrenz wechselt, wurde Samuel Essende geholt. Der 26-Jährige Kongolese kommt vom portugiesischen FC Vizela, für den er in der vergangenen Saison 15 Treffer erzielt hat. Wie Demi für den FCA. Als typischer Neuner, der in den Testspielen schon mit seiner physischen Präsenz und seinen schnellen Läufen aufgefallen ist, kommt Essende aber eher für Dion Beljo. Der Kroate kam in den eineinhalb Jahren, in denen er für den FCA aufgelaufen war, nie über eine Jokerrolle hinaus. Daher ließ er sich nun für ein Jahr zu Rapid Wien ausleihen.

    Essende, der mit Spitznamen auch „Wolf“ genannt wird, war auf keiner seiner bisherigen Stationen in Belgien und Frankreich so erfolgreich wie in Portugal. Daher sind die Erwartungen an ihn jetzt natürlich groß. Ob er sie erfüllen kann, wird auch davon abhängen, ob die Verbindung zwischen Mittelfeld und Vorderreihe gelingt und die Bälle dort ankommen. Beim Test gegen Olympique Marseille war davon leider noch nicht allzu viel zu sehen. Im Pokalspiel gegen Viktoria Berlin legte Arne Maier dagegen schön für seinen Vordermann auf. Auch auf das Zusammenspiel mit dem Sturmpartner wird es ankommen. Denn Thorup plant aller Voraussicht nach mit einer Doppelspitze bzw. mit einem Dreieck aus Sturm und 10:

    „Wir versuchen im Moment, diese Relation wieder aufzubauen, wie letzte Saison mit Tietzi, mit Demi, mit Vargas. Wir versuchen hier wieder ein, sagen wir, Dreieck zu schaffen.“

    Jess Thorup auf der Pressekonferenz vor Viktoria Berlin vom 16.08.2024

    Konstant torgefährlich

    Fester Sturmpartner von Essende könnte insofern Steve Mounié werden. Er kickte zuletzt vier Jahre bei Stade Brest in der französischen Ligue 1 und kam ablösefrei an den Lech. Der 29-Jährige hat neben Frankreich auch Erstligaerfahrung in England und kann mit durchschnittlich 7,6 Toren pro Saison (gerechnet auf die letzten acht Jahre) und regelmäßig einigen Vorlagen eine sehr solide Bilanz vorweisen.

    Steve Mounié wirft sich auch in die Zweikämpfe. (Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

    Das macht ihn jetzt nicht zum alleinigen Demi-Nachfolger. Denn schon in puncto Torquote und Marktwert (ca. 6 Mio. Euro) bleibt der beninische Nationalspieler hinter Demi zurück. Behält Mounié aber seine Konstanz bei Toren und Vorlagen auch im Augsburger Sturm bei, wäre er allemal eine wichtige Stütze im Offensivgefüge, die verlässlich ihre Leistung abspult und für die nötigen Treffer sorgt. Geht man nach den Testspielen, bilden Essende (rechts) und Mounié (links) als klassische Knipser die erste Garnitur. Im Pokalspiel musste Mounié wegen eines Infekts pausieren.  

    Tietzi, der Römer

    An Mouniés Stelle lief Phillip Tietz auf, die direkte Konkurrenz auf dieser Position und der letzte Verbliebene der Sturmformation der vergangenen Saison. Denn auch Sven Michel hat den FCA Richtung Paderborn verlassen, Irvin Cardona wurde diesmal zu Espanyol Barcelona ausgeliehen. Gegen Viktoria Berlin konnte Tietzi, der Ex-Darmstädter, nicht nur einen Pfostentreffer und einen feinen Assist für Elvis Rexhbecaj verbuchen. Er arbeitete auch energisch nach hinten mit und belohnte sich zum Schluss selbst mit einem Kopfballtreffer. Was seine letztjährige Bilanz angeht, liegt er mit Mounié in etwa gleich auf (8 Tore, 4 Assists). Der Trainer wird sich daher für denjenigen entscheiden, der besser in Form ist.

    Tietz, der dieses Jahr in den Mannschaftsrat berufen worden ist, hat allerdings noch einen Vorzug: Er nimmt mit seiner Kämpfermentalität so ein bisschen die alte Rolle von Demi ein und peitscht seine Nebenleute immer und immer wieder nach vorne. Dass der stets gut gelaunte 27-Jährige auch eine gute Figur als Model abgibt, hat er nicht zuletzt bei der Präsentation des inzwischen schon legendären Römertrikots bewiesen, das in Berlin Pflichtspiel-Premiere feierte. Heieiei, ist das schick!

    Unser vierter Stürmer?

    Auf der PK vor dem Pokalspiel sagte FCA-Cheftrainer Thorup auch, dass drei neue Stürmer geholt worden seien, womit er neben Essende und Mounié zweifellos auch Yusuf Kabadayi meinte. Der 20-Jährige, der in der Bayern-Jugend ausgebildet wurde, war bei deren Zweitbesetzung fast ausschließlich auf dem linken Flügel aktiv. Auf Schalke, wohin er letzte Saison verliehen war, wurde er in der Offensive flexibel auf allen Positionen eingesetzt – vom rechten Mittelfeld bis zur Sturmspitze.

    Auch im Pokalspiel kam Yusuf Kabadayi wieder zu Einsatzminuten. Ab der 66. Minute ersetzte er Samuel Essende. (Foto: FC Augsburg)

    Hier sieht Thorup Kabadayi aktuell wohl auch, als Backup für Essende und als Nr. 4 in der Stürmer-Rangordnung. Obwohl er noch den Status eines Offensiv-Talents innehat, dürfte er zumindest in der zweiten Spielhälfte dennoch regelmäßig zum Einsatz kommen und das Spiel, einmal in die Breite gezogen, nach wie vor auch von den Flügeln gefährlich machen.

    Kein Dreieck ohne 10er

    Wie Andy im Kadercheck Mittelfeld schon analysiert und unser Cheftrainer selbst gesagt hat: Hinter den beiden Spitzen soll ein flexibler 10er positioniert werden, der einerseits selbst Zug zum Tor entwickelt, andererseits seine Vorderleute mit Pässen in die Tiefe versorgt. Jüngst scheint hier Ruben Vargas wieder zur Verfügung zu stehen, sollte er den FCA doch nicht verlassen. Thorup betonte aber, noch „drei, vier weitere Möglichkeiten“ zu haben, wie „Kömür, Engels, Maier, Okugawa oder Mbuku“. Nathanel Mbuku wird allerdings wahrscheinlich noch abgegeben. Somit hat Arne Engels beim Kampf um diese Position aktuell die Nase vorn.

    Auch wenn der FCA-Sturm bis auf Phillip Tietz einmal komplett umgekrempelt wurde, scheint der Umbau soweit auch abgeschlossen zu sein. Spannend könnte es aber nochmal auf der 10 werden, sollte für Vargas doch noch ein Angebot eingehen und sich alle Seiten auf einen Transfer einigen. Denn bei einem Weggang wäre womöglich nochmals gleichwertige Verstärkung nötig. Wie stark der Schweizer diese Rolle in der Raute interpretiert und wie groß daher der Verlust wäre, hat man gerade auch wieder im Pokal sehen können. Da lief Vargas nochmal für den FCA auf.

    Kaderanalyse Mittelfeld: Stabilität und Unsicherheit

    An dieser Stelle der Kaderanalysen kann man feststellen, dass Jess Thorup in der Vorbereitung wohl seine Grundformation gefunden hat. Mit Jeff Gouweleeuw in der Innenverteidigung als Anker wird er weiterhin regelmäßig mit einer Viererkette in der Abwehr antreten. Davor hat sich in der ersten erfolgreichen Phase in der letzten Saison eine Raute etabliert.

    Diese Raute kommt nicht ganz ohne Sorgen. Die Besetzung der 10er Position mit Ruben Vargas und dessen große Flexibilität haben etwas kaschiert, dass das gerade noch vorne schon recht steif und zentrumsorientiert daher kommen kann. Die Raute bringt das Problem mit sich, dass sie im Mittelfeld nicht mit der großen Breite glänzt. Dafür ist es essentiell, dass offensiv die Außenverteidiger mit nach vorne kommen, um diese Breite zu schaffen. Gegen den Ball wird es viel Aufwand für die vorderste Reihe und die 8er die Räume auf den Außen zu schließen und dabei die Zentrumsdominanz nicht zu verlieren.

    Wie jedes taktische System kommt die Raute mit Vor- und Nachteilen daher. In meinem Kader-Check für das Mittelfeld werde ich davon ausgehen, dass der FCA in dieser Positionsgruppe vier Positionen zu besetzen hat: eine 6er, zwei 8er und eine Zehner-Position. Außenbahnspieler braucht dieses System eben nicht und dies werde ich am Kader nicht kritisieren. Ob die Entscheidung für dieses System die richtige ist, wird die Saison zeigen, wobei das Team eben letzte Saison seine beste Phase damit hatte.

    Der 6er

    Und das lag in der letzten Saison dann auch am Zugang von Kristijan Jakic im Winter. Jakic ist die perfekte Einzel-6. Er ist in der Lage, das ganze Spielfeld in der breite abzudecken und hat auch die notwendige Zweikampfhärte, um zwischenzeitlich auch körperlich Zeichen zu setzen. Schön wäre es gewesen, wenn Jakic das Trainingslager in Südafrika visabedingt nicht verpasst hätte. Aber vielleicht hat seiner geschundenen Achillessehne die etwas längere Pause nicht geschadet.

    Nun glänzt Jakic bisher nicht mit großer Verfügbarkeit und fehlte direkt in seiner ersten Halbserie länger verletzungsbedingt. Damit passt er gut zu seinem derzeitigen Stellvertreter Niklas Dorsch. Niklas Dorsch hat in den letzten Jahren das Verletzungspech gepachtet und ist in der Hackordnung nun hinter Jakic, der auch die Vize-Kapitänsrolle von Dorsch übernommen hat, zurück gerutscht. Es kamen deshalb auch Wechselgerüchte auf, Einsatzmöglichkeiten sollte er aber dennoch genügend vorhanden sein.

    Dies gilt auch für Nachwuchs-Ass Tim Breithaupt, der in seiner ersten Saison Jakic schon das ein oder andere Mal vertreten durfte, wenn Dorsch auch fehlte. Das hat er für einen jungen Neuling in der Bundesliga sehr vielversprechend gemacht und es wird hier spannend zu sehen sein, wie Breithaupt in diesem Team zu seinen Chancen kommt.

    Die 8er

    Die vielen Einsatzmöglichkeiten liegen eben im System begründet, das auf den zwei 8er Positionen weitere zentrale Mittelfeldspieler voersieht, die Box-2-Box flexibel sind und unterschiedliche Aufgaben übernehmen können. Und das hat Dorsch dann zum Ende der abgelaufenen Saison hin auch gemacht. Ich glaube, dass dies prinzipiell auch eine Rolle ist, die ihm vielleicht sogar noch mehr liegt als die Sechser.Position. Warum? Dorsch hat einen risikofreudigen Spielstil und Jakic in seinem Rücken als Absicherung erlaubt ihm weiter Risiken einzugehen. Dazu kommt sein feiner Fuß und seine Stärke bei Abschlüssen aus der Distanz. Dorsch auf der 8 ist damit etwas, auf das ich mich freue.

    Ob er hier dann schon direkt erste Wahl ist, wird Jess Thorup entscheiden müssen. Er hat auf dieser Position wahrlich die Qual der Wahl und drei Spieler waren hier über die letzte Saison hinweg auf Augenhöhe. Hier wäre zuerst Elvis Rexhbecaj zu nennen, der schon viele Spiele in der Bundesliga vorzuweisen hat und der zentral extrem flexibel einsetzbar ist. Rexhbecaj hat seine Stärken im Spiel gegen den Ball und ist dort eine Wucht. Mit dem Ball wirken seine positiven Aktionen manchmal überraschend, aber er weiß es schon auch im 16er des Gegners aufzutauchen und torgefährlich zu werden.

    In der ersten Elf würde ich aber gegen Viktoria Berlin ein anderes Duo in der Startelf vermuten. Es gibt eine Paarung, die wahrscheinlich die größte Offensivkompetenz mitbringt. Der erste Teil dieser Paarung ist Arne Maier. Maier hat jüngst in diesem Sommer seinen Vertrag in Augsburg verlängert und glaubt entsprechend an seine Aussichten. Maier ist in diesem System auf der 8 sehr gut aufgehoben. Er kann aus der Tiefe kommen und hat mehr Feld vor sich. Und mittlerweile sollte er defensiv stark genug sein, um die nötige Konstanz reinzubringen.

    An der Seite von Maier könnte sich dann einer der Überraschungsspieler der letzten Saison wiederfinden. Dies ist Freddy Jensen, der diese Saison nun auch als Vize-Kapitän angeht. Jensen war in seinen Einsätzen unter Thorup im letzten Jahr – und bevor ihn eine Verletzung stoppte – super effektiv und wahrscheinlich von allen genannten Spielern mit am stärksten.

    In der Vorbereitung immer wieder auf der 10 getestet: Arne Engels (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

    Die 10

    Das war ja bis jetzt alles dicht besetzt und mit viel Auswahl für Trainer Jess Thorup versehen. Wo ist da der Haken? Der kommt jetzt. Jess Thorup hatte für die 10er Position in der letzten Saison die Top-Lösung gefunden, als er Ruben Vargas von außen nach innen zog. Ruben Vargas ist sogar noch da, will aber eigentlich weg und den nächsten Schritt machen. Der FCA müsste in diesen Sommer oder Winter verkaufen, um nach Transfererlöse zu erzielen, nachdem Vargas-Vertrag in 2025 ausläuft. Es geht also ein große Lücke auf.

    Aber Jess Thorup wäre ja nicht Jess Thorup, wenn er hier keine Idee hätte. In den letzten Tests hat er auf der 10er Position Arne Engels eingesetzt. Engels kommt wie Vargas historisch vom Flügel hat beim FCA aber schon auf der 8er-Position gespielt. Für die 8 fehlt im aber in manchen Situationen die klare defensive Linie. Offensiv ist er vielleicht besser aufgehoben. Ob er hier die nötige Qualität für die Bundesliga hat: wir werden sehen. Ob er beim FCA bleibt, wo gerade Gerüchte von einem Interesse Celtic Glasgows kursieren, dazu.

    Dahinter drängt Top-Talent Mert Kömür weiter nach vorne. Kömür durfte im Saisonendspurt in Leverkusen von Beginn an ran und konnte mit einem Tor glänzen. Es wäre natürlich ein Coup, wenn er sich den Startplatz sichert und den Durchbruch schafft. Mutig ist es allemal mit dieser Kaderbesetzung auf der Position in die Saison zu gehen, sollte Vargas wie vermutet den Verein verlassen. Aber Mut gehört halt auch mit dazu. Masaya Okugawa rechne ich indes keine Chancen aus und erwarte auch hier einen Abschied noch diesen Sommer, so sich ein Interessent findet.

    Fazit

    Einerseits ist das Mittelfeld damit der Mannschaftsteil, wo es bisher am Stabilsten zugeht. Andererseits birgt dieser Mannschaftsteil trotzdem einige Unsicherheiten. Funktioniert die Raute erneut und kann der FCA aus diesem System genügend defensive Stabilität schaffen und aber auch nach vorne unberechenbar genug bleiben?

    Und so sehr ich dann von den personellen Optionen auf der 6er und den 8er Optionen überzeugt bin, so sehr bin ich gespannt, wie die 10er Position besetzt wird und mit welchem Erfolg. Man mag, wie im Falle von Jeff Gouweleeuw in der letzten Saison auf ein Umdenken von Vargas und Jurendic hoffen, so dass Vargas vielleicht doch noch längerfristig verlängert. Und ansonsten richtet es hoffentlich Engels. Noch ist die Qualität da. Ich hoffe, sie findet den Weg auf den Platz.

    Pokalauftakt

    Genau drei Monate sind seit dem letzten FCA-Pflichtspiel vergangen. Dazwischen die Europameisterschaft und zuletzt die Olympiade. Gerade dort ließ sich beispielhaft bei anderen Mannschaftssportarten erkennen, was es bedeutet als Team aufzutreten, und auch in den entscheidenden Momenten – bis zur letzten Sekunde – an den Erfolg zu glauben.

    Neu, in der von  Marinko Jurendić und Jess Thorup zusammengestellten Mannschaft, sind auch Nediljko Labrovic, Keven Schlotterbeck, Dimitrios Giannoulis, Samuel Essende und Steve Mounié. Die genannten, und der von Frankfurt fest verpflichtete Kristijan Jakić, standen im letzten Testspiel gegen Olympique Marseille in der Startelf. Neu dabei ist auch Marius Wolf.

    Nur in einer der bisherigen Bundesligaspielzeiten schoss der FCA mehr Tore als zuletzt – 15 davon Ermedin Demirović, der nach Stuttgart gewechselt ist.

    Der Aufenthalt in Südafrika und die wenigen Testspiele ermöglichen keine wirklichen Rückschlüsse – es wird wieder Zeit für richtigen Fußball. Am kommenden Sonntag spielt der FCA im DFB-Pokal bei Viktoria Berlin im Friedrich-Jahn-Sportpark.

    Zweimal, 1908 und 1911, wurde der Verein, der seit 2013 als FC Viktoria 1889 Berlin Lichterfelde-Tempelhof e. V. antritt, bei vier Endspielteilnahmen Deutscher Meister. Neben 23 anderen Berliner Vereinen war die Viktoria eines von 86 Mitgliedern in der Gründungsversammlung des Deutschen Fußball-Bunds 1900.

    Mit über 1500 aktiven Mitgliedern in 63  Mannschaften, darunter 47 Jugendteams,  stellt der Verein aus Lichterfelde die größte Fußballabteilung in Deutschland. Mit dem Konzept zur Förderung des Mädchen- und Frauenfußballs hat die Viktoria den erstmals vergebenen Innovationspreis des Berliner Fußball-Verbands im Bereich „Spielkultur, Training und (Aus-)Bildung“ gewonnen. Aktuell spielen die Frauen, die seit 2022 in einer GmbH organisiert sind und in den nächsten Jahren die Bundesliga anvisieren, in der Regionalliga Nordost.

    Die Herrenmannschaft spielte in der Saison 2021/ 22 in der 3. Liga und stieg erst am letzten Spieltag ab. In den vergangenen Regionalligaspielzeiten erreichte die Viktoria Platz 12 und Platz 3. Nach drei Spieltagen und der Niederlage in Altglienicke stehen die Himmelblauen aktuell auf Platz 7. In den bisherigen Auftritten im DFB-Pokal unterlagen die Berliner 2014 Eintracht Frankfurt 0 : 2, 2019 Arminia Bielefeld 0 : 1 und 2022 dem VfL Bochum 0 : 3.

    Lang ist die Historie der Fußballstadion Berlins. Bundesliga bzw. 2. Liga werden und wurden nicht nur in der Alten Försterei und im Olympiastadion gespielt. Im Mommsenstadion spielte neben TeBe auch der SC Charlottenburg. Der Spandauer SV spielte im Stadion am Askanierring und Wacker 04 im Poststadion. Einige Heimspiele trug Blau-Weiß 90 Berlin zu Beginn der 90er-Jahre auch im Friedrich-Jahn-Sportpark aus.

    Bekannte Stadien, in denen keine Bundesligaspiele stattfanden bzw. finden konnten sind und waren u.a. das Hans-Zoschke-Stadion,  das Dynamo-Stadion im Sportforum, das Stadion am Gesundbrunnen und das Stadion der Weltjugend.

    In der Regionalliga spielt die Viktoria im Stadion Lichterfelde. Für das DFB-Pokalspiel gegen Augsburg weicht der Verein wieder in den Friedrich-Jahn-Sportpark aus. Wohlmöglich wird es das letzte Spiel in dem 1951 erbauten „Großen Stadion“ sein. Im Zuge der Errichtung des ersten Inklusionssportpark Berlins soll es abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden.

    Zehnmal spielte die Nationalmannschaft der DDR in dem Stadion, der BFC Dynamo trug seine Europapokalsiele dort aus, erreichte neun seiner Meisterschaften dort. Vorwärts Berlin, die bis 1972 das Stadion nutzten, wurde in dieser Zeit sechsmal DDR-Oberligameister.

    Eine konkretere Erwartungshaltung wird sich für den FCA nach dem Pokalauftritt und den ersten Bundesligaspielen einstellen. Wichtig ist dabei auch wieder wie schnell sich die Mannschaft findet und auch in schwierigeren oder engeren Situationen auftritt. Gerade hier auch als gesamtes Team einen nächsten Schritt zu machen, könnte sich auch auf die sportlichen Zielsetzungen hinsichtlich der anstehenden Saison auswirken.

    Bisher hat der FCA in keiner DFB-Pokal-Runde auswärts zweimal in der gleichen Stadt gespielt. Dies wäre auch ein Ziel für diese Saison – am besten den zweiten Auftritt dann im Mai 2025. Gutes Spiel!

    Nur der FCA!

    Hat sich viel verändert?

    Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette” bei presse-augsburg.de. 

    In knapp einer Woche startet der FCA in Berlin im Pokal in die neue Saison. Kommt da Vorfreude auf? Anscheinend schon. Fans besuchten zuhauf das Freundschaftsspiel gegen Leicester in Kempten, beim Familientag gibt es lange Schlangen für Autogramme. Die neuen Trikots erfahren prinzipiell positiven Zuspruch, das Römer-Trikot geht durch die Decke, und auch der Dauerkartenverkauf zeigt weniger verfügbare Tickets als noch im Vorjahr. Dazu kommt, dass der FCA mit einigen Sponsoren neu abschließen oder verlängern konnte. Es sind kaum Gründe vorhanden, Trübsal zu blasen. Wie viel Euphorie ist dennoch berechtigt?

    Tore, Tore, Tore

    Am Ende sind es Tore, die in allen Ligen für Punkte sorgen werden. Mit Ermedin Demirovic hat der FCA seinen besten Offensivspieler abgegeben. Ob Mounié und Essende adäquater Ersatz sind, wird sich erst noch zeigen. Wenig förderlich ist zu diesem Zeitpunkt auch die ungeklärte Zukunft von Ruben Vargas, der sich den nächsten Schritt und einen Abgang vom FCA gut vorstellen kann, wofür es aber noch ein adäquates Angebot bräuchte – und evtl. dann auch weiteren offensiven Ersatz.

    Was in diesem Zusammenhang im Vergleich zur Vorsaison auch flöten geht: die Chemie zwischen Tietz, Vargas und Demirovic. Die drei konnten einfach gut miteinander, hatten sich dazu entschlossen, miteinander die Gegner vor Probleme zu stellen. Auch diese Chemie zwischen den neuen Kollegen wird Zeit benötigen, bis sie wieder vorhanden ist. Sie wird allerdings notwendig sein, um für den FCA für genüg Tore zur sorgen.

    Negative Vibes

    Der FCA nimmt aus der alten Saison auch eine schlechte Serie mit. Zum Ende der Saison hat er fünfmal verloren. Teilweise hat er auch sehr schlecht gespielt, obwohl es gegen Leverkusen, die schon sicher Meister waren, am letzten Spieltag nicht die befürchtete Katastrophe gab. Dies führt nun nicht dazu, dass der FCA in das neue Jahr geht und auf die eigene Stärke vertrauen kann. Das Selbstbewusstsein ist sich mühevoll neu zu erarbeiten.

    Dazu kommt, dass der FCA momentan im Kader schon noch ein paar Spieler hat, die mit ihrer jetzigen Situation nicht zufrieden sind. Irvin Cardona darf sich seit kurzem leihweise für Espanyol Barcelona betätigen und so ist zumindest diese Personalie gelöst. Er war mit seinen Abwanderungsgedanken aber nicht alleine. Zudem suchen Felix Uduokhai und Ruben Vargas nach neuen Herausforderungen. Die Frage ist mal wieder, ob sie sie finden. Für den FCA wird es wichtig sein für die Abgänge den Weg zu ebnen, um einerseits Ruhe zu schaffen und Ressourcen für Zugänge zu generieren.

    Auf der Suche nach dem richtigen System

    Und während man dann die Testspiele verfolgt, fragt man sich, in welchem System Jess Thorup seine Elf antreten lassen will. Einerseits wirkt das nach vorne, aus den oben genannten Gründen, immer noch nicht abgestimmt. Aber auch hinten kommt zumindest für den ein oder anderen Fan immer noch zu viel Unruhe auf. Dies liegt an Jess Thorups Hartnäckigkeit immer wieder eine 3er Kette aufzubieten.

    Auf der Suche nach Lösungen: Ob es wieder so gut gelingt wie in manchen Phasen der letzten Saison? (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

    Warum diese 3er Kette nicht funktioniert? Es mag am Personal liegen. Jess ist auch in der personellen Besetzung wieder zu Jeffrey Gouweleeuw zurückgekehrt, der in seiner Karriere ein klassischer Innenverteidiger in einer 4er Kette war. Er wird als Kapitän nun noch mehr gesetzt sein, als sowieso vermutet. Auch Felix Uduokhai hat eine Präferenz zur 4er Kette geäußert. Patric Pfeiffer, eher geeignet für die zentrale 3er Ketten Position, kam bisher nicht überzeugend zum Zug und auch bei ihn wurde von Abwanderungsgedanken geschrieben. Es wird an Jess liegen, hieraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und entweder zu zeigen, dass die 3er Kette funktioniert oder endlich komplett davon abzulassen.

    Die Wahrheit liegt auf dem Platz

    Und so kommt rund um den FC Augsburg momentan noch nicht die große Euphorie über die sportliche Entwicklung auf. Dies liegt dann nicht nur daran, dass weiterhin – wie zu diesem Zeitpunkt üblich – am Kader gebastelt wird. Nein, es stellt sich auch die Frage, ob sich der FCA überhaupt verstärkt hat mit Blick auf die kommende Saison und dem qualitativ großen Abgang von Ermedin Demirovic.

    Dazu kommt, dass Jess Thorup für sein Personal nach dem richtigen System sucht. Und spätestens an dieser Stelle, fragt man sich, ob sich vor dieser Saison so viel geändert hat im Vergleich zu davor, außer dass es mit dem ein oder anderen Neuzugang vergleichsweise früher geklappt hat (zum gleichen Zeitpunkt suchte man letztes Jahr noch einen Rechtsverteidiger). Enno Maaßen hat auch nach den richtigen Ansätzen gesucht (und sie leider nicht gefunden).

    Wer Spannung mag, kommt damit mal wieder voll auf seine Kosten. Sportlich wird der FCA zeigen müssen, dass es besser läuft als im letzten Jahr und nach 5 Spieltagen in der Bundesliga werden wir alle mehr wissen. Alleine, die Wahrscheinlichkeit, dass Jess Thorup nach diesen immer noch Trainer ist, ist in dieser Saison wohl höher.

    Kaderanalyse Defensive: Wie sieht die finale Innenverteidigung aus?

    Vor einem Jahr noch stand Jeffrey Gouweleeuw beim FC Augsburg auf dem Abstellgleis. Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter wollte damals eine neue Hierarchie schaffen, in der der Niederländer, bis dato sieben Jahre lang beim FCA, keine Rolle mehr spielte. Nach Auslaufen seines Vertrages 2024 sollte er den Verein verlassen. Das Kapitänsamt, das er 2020 von Daniel Baier übernommen hatte, legte Jeff dann von sich aus nieder.

    Inzwischen hat sich Stefan Reuter aus der Geschäftsführung zurückgezogen. Der damalige Trainer Enrico Maaßen steht mittlerweile in Diensten des FC St. Gallen. Und Jeffrey Gouweleeuw? Der stellte in der abgelaufenen Saison unter Jess Thorup mehr denn je unter Beweis, dass er in der Innenverteidigung immer noch eine wichtige Stütze ist. Dementsprechend wurde sein Vertrag dann doch noch verlängert. Auch die Kapitänsbinde vertraute ihm der Chefcoach kürzlich wieder an. Der „Abwehr-Jeff“ ist also back und damit als Nr. 1 gesetzt. In der Viererkette auf der rechten Innenverteidiger-Position, in der Dreierkette als zentraler Innenverteidiger. Aber wer kommt auf den Positionen neben ihm zum Zug?

    Fester Partner gesucht

    Auf der linken Innenverteidigerposition hatte sich Felix Uduokhai vor allem in der letzten Saison einen Stammplatz erarbeitet. Vor vier Jahren fest zum FCA gekommen, absolvierte der 26-Jährige 33 von 34 Partien, fast alle über die komplette Spielzeit. Nur in Köln fehlte er wegen einer Gelb-Rot-Sperre. Mit und gegen den Ball hatte er zu alter Stärke zurückgefunden. Allerdings hatte „Udo“ schon letztes Jahr einen Wechselwunsch hinterlegt, Gladbach und der SSC Neapel sollen interessiert am Ex-Wolfsburger gewesen sein. Diesen Wunsch bekräftigte er kürzlich nochmals. Einen fast sicher geglaubten Transfer zu Beşiktaş Istanbul sagte er aber in letzter Minute ab. Inzwischen soll die Frankfurter Eintracht Interesse angemeldet haben.

    Noch trainiert Uduokhai in Augsburg. Trotzdem stehen bei entsprechenden Angeboten die Zeichen auf Abschied. Daher hat sich der FCA schon mit Keven Schlotterbeck vom SC Freiburg verstärkt. Der 27-Jährige, der letzte Saison an den VfL Bochum ausgeliehen war, wird derzeit als Nachfolger von Udo aufgebaut bzw. – bei dessen Verbleib – als direkter Konkurrent. Im Testspiel gegen Leicester City blitzte z.B. schon „Schlottis“ Kopfballstärke auf. Per Kopf erzielte er den 1:0-Siegteffer. Bekannt ist er zudem für seine Zweikampfstärke. Mit 63% gewonnenen Zweikämpfen in der letzten Saison liegt er sogar noch vor Udo (61%) und Jeff (56%). Auch beim Spielaufbau ist der große Bruder von Nico Schlotterbeck eine Hilfe für defensive Mittelfeld. Trotzdem muss er sich wohl zunächst mit der Nr. 3 in der Innenverteidigung begnügen, sollte Udo wider Erwarten doch noch eine weitere Saison beim FCA verbringen. Sollte Udo gehen, ist er die Nr. 2.

    Für Felix Uduokhai könnten die letzten Tage in Augsburg angebrochen sein. (Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

    Ringen um die Ersatzplätze

    Beim FCA war man sehr stolz, als man letztes Jahr schon recht früh Patric Pfeiffer vom Aufsteiger SV Darmstadt 98 verpflichten und sich dabei gegen durchaus namhafte Konkurrenz durchsetzen konnte. Nach den ersten Spieltagen machte sich allerdings Ernüchterung breit. Der gebürtige Hamburger tat sich in der Bundesliga noch schwer, ihm unterliefen einige Fehler beim Passspiel und bei der Ballannahme. Nur viermal stand der 1,96 m-Mann in der Startelf, nur zweimal spielte er über die vollen 90 Minuten. Und das auch nur, weil Gouweleeuw zu Beginn der Saison wegen einer OP fehlte und Pfeiffer ihn zusammen mit Maxi Bauer in der Dreierkette ersetzen musste. Das war dem 24-Jährigen zu wenig, jüngst ließ auch er Wechselabsichten verlauten und eine Leihe für ein Jahr steht wohl kurz bevor.

    Das ist nachvollziehbar, denn Maximilian Bauer scheint als Backup auf der rechten Innenverteidiger-Position in der Rangfolge noch vor Pfeiffer zu liegen. Zumindest durfte immer der 24-Jährige, der bereits ein Jahr eher aus Fürth nach Augsburg gekommen war, starten, wenn sich Jess Thorup für die (von vielen Fans inklusive mir ziemlich ungeliebte) Dreierkette entschieden hatte. Zudem machte Bauer gleich in seiner ersten Saison beim FCA mit starken Leistungen (Kicker-Note: 3,89) von sich reden. Eigentlich als klassischer Ersatzmann geholt, wurde der gebürtige Vilshofener ab August 2022 zwangsläufig zur Stammkraft, weil er für den wochenlang verletzten Uduokhai (Kicker-Note: 3,76) einspringen musste. An diese Leistung kam er bis dato nicht mehr heran, steht unter Thorup aber dennoch vor Pfeiffer.

    Rückkehrer vs. Youngster

    Auch Reece Oxford fiel in besagtem Sommer 2022 wegen einer Knie-OP in der Verteidigung aus. Im Fußball soweit nichts Ungewöhnliches. Das sollte aber nur der Anfang einer Leidensgeschichte sein, die bis heute andauert.

    In der Saison 2021/22 hatte sich der damals 22-Jährige an der Seite von Gouweleeuw zum heimlichen Augsburger Shootingstar aufgeschwungen. Die Rosenau Gazette widmete ihm damals eine kleine Lobeshymne. Doch dann wurde „Ox“ vom Pech verfolgt: Erst obige OP, dann muskuläre Probleme, danach eine Corona-Infektion und als Folge schließlich Long Covid. Das machte eine langwierige Reha in London notwendig. Lange wusste man nicht, ob und wann der Engländer wieder nach Augsburg zurückkehren kann. Zum diesjährigen Trainingsstart sagte Jess Thorup im Augsburg Journal:

    „Wir sind in engem Kontakt mit ihm. Er war bereits für Tests in München, ist jetzt wieder zurück in London. Ich hoffe, er kommt bald wieder zurück zu uns. Entweder vor oder nach dem Trainingslager, das hängt von den Testergebnissen ab.“

    Vor Kurzem postete der heute 25-Jährige jetzt eine Instagram-Story, die ihn im FCA-Trainingsshirt auf dem Rad im Augsburger Fitnessraum zeigte. Reece ist also zurück! Offen ist zwar noch, ob und wann er wieder eine echte Alternative auf der linken Abwehrseite sein kann. Aber schon der eine oder andere Kurzeinsatz wäre ein riesiger Erfolg! Welcome back, Ox!       

    Ein paar Kurzeinsätze sind auch dem 17-jährigen Noahkai Banks zu wünschen. Im Juli bekam der Deutsch-Amerikaner seinen ersten Profivertrag vorgelegt. Er spielt seit der U10 für den FCA und gilt auf der rechten Abwehrseite, ggf. auch als Außenverteidiger, als großes Talent. Über diesen Status wird er in der kommenden Saison aber nicht hinauskommen. Wahrscheinlicher sind Einsätze in der zweiten Mannschaft.

    Konstanz in der Außenverteidigung?

    Im Grunde seit dem Weggang von Paul Verhaegh vor sieben Jahren gilt die rechte Außenverteidigung als Problemkind beim FCA. Weder Raphael „Frami“ Framberger noch Stephan Lichtsteiner konnten die Position dauerhaft ausfüllen. Auch Robert Gumny, 2020 vom polnischen Club Lech Posen geholt, hatte bis zu seinem Kreuzbandriss im Frühjahr oftmals so seine Probleme. Kevin Mbabu hatte seinen Job letzte Saison gerade in der Vorwärtsbewegung sehr ordentlich gemacht und sich auch sofort gut mit seinen Teamkollegen verstanden. Jedoch hatte sein Club, der FC Fulham, keine Kaufoption vorgesehen und so ging der Schweizer Nationalspieler nach einjähriger Leihe zurück nach England.

    Marius Wolf ist jemand, der sich immer voll reinhängt. Ab jetzt beim FCA. (Foto: Michael Regan/Getty Images)

    Auch wenn trotzdem Gespräche über eine mögliche Mbabu-Ablöse geführt wurden, arbeitete der FCA parallel an einem anderem Transfer: an dem von Marius Wolf, der inzwischen auch vollzogen wurde. Der 29-Jährige kommt nach Leihen zum FC Köln und zur Hertha ablösefrei von Borussia Dortmund, hatte aber 2017/18 in Frankfurt seinen Durchbruch. Dort bestach er auf der Außenbahn vor allem mit seiner Schnelligkeit, seinem Umschaltspiel und seinen guten Hereingaben. Seine Stärken liegen also, wie schon bei Mbabu, im Offensivspiel, das der gebürtige Coburger beim FCA auf der rechten Seite beleben soll. Auf dem Platz dürfte Wolf, ganz nach seinem Hashtag #UNLEASHTHEWOLF, immer alles in die Waageschale werfen. Am Familientag saß er aber noch auf der Tribüne.

    Mehrere Alternativen

    Hinter Wolf ist aktuell Mads Pedersen einsatzbereit. Eigentlich ist der quirlige Däne, der seit fünf Jahren beim FCA spielt, mehr auf der linken (defensiven) Außenbahn zu Hause. Wenn Not am Mann ist (und das ist/war gerade der Fall), kann „Mini“ aber auch auf Rechts. Enno Maaßen war es, der den Linksfuß dort erstmals ausprobierte. Pedersen ist einer, der sich voll und ganz mit dem FCA und seinen Fans identifiziert. Nicht umsonst wurde er kürzlich auch wieder in den Mannschaftsrat berufen. Auch wenn er manchmal ein wenig übermotiviert über den Platz fegt (ein Beispiel ist sein grobes Foul letzte Saison in Mainz, für das er glatt Rot sah), so kann er als wieselflinker Backup rechts oder links durchaus frischen Wind auf die Außenbahn bringen.

    Stärker defensiv veranlagt ist dagegen Robert Gumny. Der Pole hat sich noch nicht wieder ganz von seinem Kreuzbandriss erholt, den er im März im Training erlitten hatte. Inzwischen ist er aber nach Augsburg zurückgekehrt und trainiert schon wieder individuell. Je nachdem, wie schnell „RoGu“ sein Comeback feiern kann, wollen die Verantwortlichen nach Informationen der Rosenau Gazette kurz vor Ende der Transferperiode auf der RAV-Position nochmal tätig werden. Ob Gumny (oder der potentielle Neuzugang) dann Stellvertretung oder Konkurrenz sein werden, wird abhängig von der Leistung sein, die Wolf als designierte Nr. 1 in den nächsten Wochen zeigt.

    Leicester City, den Testspielgegner, kennt Dimitrios Giannoulis noch aus der Liga (Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

    Ziel: Einsatzminuten vs. Stammplatz

    Ähnlich wie bei Banks reicht es bei Henri Koudossou noch nicht dauerhaft für die erste Mannschaft. Der 24-Jährige, der 2022 beim FCA seinen ersten Profivertrag unterschrieb und für Spielpraxis die letzten beiden Jahre nach Österreich (Lustenau: damals 1. Liga) und Holland (Den Haag: 2. Liga) ausgeliehen war, ist auf der rechten wie linken Seite flexibel einsetzbar. Der FCA dürfte seinen 2025 auslaufenden Vertrag daher am ehesten verlängern, um ihn erneut verleihen oder mit Spielminuten weiter an die FCA-Profis heranführen zu können. Für Arne Engels oder Maxi Bauer, vereinzelt schon als RAV eingesetzt, sollte das die Ausnahme (!) bleiben.   

    Was die Besetzung der linken Abwehrseite angeht, bestehen weniger Wenns und Abers. Denn mit dem Transfer von Dimitrios Giannoulis aus der englischen Championship wurde letztlich der Abgang von Iago nach Brasilien kompensiert. Der 28-jährige Grieche, der für sein Land auch in der Nationalmannschaft aufläuft, hat ein ähnliches Profil wie sein Vorgänger. Er spielt mit viel Offensivdrang, um nach Ballgewinn seine Mitspieler mit Pässen und Hereingaben zu versorgen. Gerade in der ersten Saisonhälfte war Giannoulis bei Norwich gesetzt. Damit sollte er auch in Augsburg vor Pedersen einen Stammplatz sicher haben.

    Alles in allem ist die Besetzung der Außenverteidigung schon weiter vorangeschritten als die Innenverteidigung. Sollte Wolf rechts einschlagen und Gumny zum Saisonstart fit werden, ist dort keine Veränderung mehr geplant. Auf der LAV-Position ohnehin nicht. Wie die Innenverteidigung künftig aussieht, wird sich in den nächsten Tagen entscheiden. Die große Frage ist, ob Udo geht oder nicht und inwiefern man dann noch nachlegen kann oder muss.

    Den nächsten Schritt

    Es ist Anfang August und sportlich überlagen die Olympischen Spiele in Paris noch vieles. Die Bundesliga pausiert nach der Europameisterschaft noch. Mein Blick geht gerade bewusst nicht in Richtung der Profis. Jetzt in der Sommerpause habe ich mir vorgenommen auch mal über den Tellerrand zu schauen. Mir genauer anzuschauen, was auch im Jugendbereich beim FCA passiert. Und habe mich dafür mit Markus Feulner unterhalten.

    Feulner ist nun auch schon fast 10 Jahre beim FCA. 2015 kam er, um den Profis mit seiner Erfahrung unter die Arme zu greifen. Zwischen 2017 und 2019 unterstützte er auf dem Feld bei der U23, parallel übernahm er schon Traineraufgaben im Jugendbereich. Selbst gegen den Ball kickt er mittlerweile nicht mehr aktiv, dafür ist er aber nun auch schon eine Weile kein Co-Trainer mehr. Letztes Jahr hat er die U17 als Cheftrainer auf einen erfolgreichen 6. Platz geführt. Dieses Jahr ist er der neue Cheftrainer der U19 des FCA, der letzten Mannschaft bevor aus Jungs Männer werden. In dieser Position kann er seinen Teil beitragen, wenn es darum geht, wer es in den Profibereich schafft. Und gerade in diesem Bereich, konnte man in den vergangenen Jahren kaum Erfolge in Form von Durchbrüchen bei den eignen Profis beim FC Augsburg sehen.

    Das Ziel

    Aber um was geht es da im Jugendbereich eigentlich? Meisterschaften? „Natürlich wollen wir in der Jugend erfolgreichen Fußball spielen. Von Titeln will ich da gar nicht sprechen, weil es Vereine gibt, die deutlich mehr Geld im Jugendbereich investieren und Talente für Millionenbeträge verpflichten. Da müssen wir kleinere Brötchen backen.“ Mit der U19 Meister zu werden ist aber auch nicht das vornehmliche Ziel. Feulner geht es darum, dass möglichst viele seiner Jungs den Sprung in den Profibereich schaffen: „Die Ausbildung steht an erster Stelle.“ Angesprochen auf die fehlende Durchlässigkeit beim FCA stellt er klar, dass es ja nicht für jeden in die Bundesliga gehen kann. Und an Hand von Beispielen zeigt, er dass auch in den letzten Jahren der ein oder andere dabei war, der es gepackt hat.

    Feulners Problem, dass er ganz der Medienprofi mit vielen Jahren Profierfahrung nicht direkt benennen kann: die Profiabteilung hat nun in der Vergangenheit nicht gerade auf die Talente aus dem NLZ gewartet. Die Euphorie ist allerdings groß, sobald wir auf Heinz Moser zu sprechen kommen, den Marinko Jurendic aus Zürich im letzten Sommer mitgebracht hat. Heinz Moser bearbeitet seitdem diese Schnittstelle zwischen Jugend und Profis beim FCA federführend und ist für Feulner mittlerweile ein Kernelement: „Heinz Moser hat in diesem Bereich einen riesigen Erfahrungsschatz und ist für uns an dieser Stelle sehr wichtig. Das war ein sehr guter Schachzug vom Verein. Er ist zudem ein absoluter Fußballfachmann und tauscht sich mit uns regelmäßig aus. Da lernen wir alle noch viel“ Aus Feulners Mund klingt das ganz klar danach, dass der Club hier auf dem richtigen Weg ist, seine Ziele in Zukunft besser zu erreichen.

    Markus Feulner hat zu seiner Zeit von den ganz Großen gelernt. Hier sieht man ihn im Austausch mit Jürgen Klopp. (Photo by Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

    Erst geben, dann nehmen

    Für Feulner war der FCA aber auch vor Heinz Moser schon auf dem richtigen Weg und er kann dies an Beispielen schnell benennen. Einerseits freue ich mich, wenn Feulner mir kurz von Franjo Ivanovic erzählt, der den Sprung geschafft hat. Ich google später nach: er spielt seit letztem Sommer bei HNK Rijeka in Kroatien und hat dort in 41 Pflichtspielen 12 Tore und 2 Vorlagen auf seinem Habenkonto verbucht. Auch Einsätze für die kroatische U21 Nationalmannschaft standen auf dem Programm. Ivanovic ist zwar nicht beim FCA geblieben, aber hier für den Profifußball wohl zur Genüge ausgebildet geworden.

    Für Feulner ist ein wichtiger Zwischenschritt für die Spieler zwischen Jugend und Bundesligafußball, irgendwo im bezahlten Fußball ihre Chance zu suchen und sich zu beweisen: „Die Öffentlichkeit vergisst oft diesen einen Schritt, dass ein Spieler in der ersten Elf Verantwortung                tragen und daran wachsen muss. Es besteht immer der Wunsch, dass ein Spieler mit 19 rauskommt und direkt funktioniert. Florian Wirtz oder Jamal Musiala sind aber Ausnahmen. Es braucht Zeit und Verantwortung für die Entwicklung und deswegen ist es wichtig, dass Spieler vielleicht auch anderswo ihre Chance bekommen. Bei den geringen Unterschieden in der Bundesliga ergeben sich hier verständlicherweise nur wenig Einsatzchancen.“

    Im Gespräch mit Feulner kommt aber noch etwas anderes heraus: es braucht immer zwei Seiten, die für einen Spieler den richtigen Pfad identifizieren. Und manchmal ist das Talent eines Spielers unbestritten, die Vorstellungen bzgl. Entwicklungsgeschwindigkeit und Entlohnung passen aber nicht zusammen. Hier gehört Feulner eher zum konservativen Lager. Für ihn liegt viel an den Spielern. Sie müssen zeigen, dass sie das Vertrauen verdient haben. Er tendiert dazu, als Verein Spielern eher niedriger dotierte Verträge zu geben. Geld und Erwartungen von außen können gerade bei jungen Spielern dazu führen, dass der Fokus abhanden kommt. Auch Social Media kann hier störend wirken, weswegen alle Jugendspieler ab einem gewissen Alter beim FCA im Medienumgang geschult werden. Das Risiko, dass Jungs abheben, ist in jedem Fall real. Aber auch Druck spielt hier eine große Rolle. „Die Jungs machen sich selbst den größten Druck oder er wird von draußen reingebracht. Ich versuche ihnen den Druck zu nehmen. Sie haben angefangen Fußball zu spielen, weil es Spaß gemacht hat und das soll es auch weiterhin. Dafür muss man lernen auch mit Rückschlägen umzugehen.“

    Auf dem Platz

    Am Ende kommt es für die Spieler darauf an, auf dem Platz regelmäßig ihre Leistung zu bringen und zu zeigen, was in ihnen steckt. Für Feulner kommt es hierbei auch darauf an, sich selbst einschätzen zu können: „Die Jungs müssen ihre Stärken kennen. Keiner kann auf dem Platz alles machen, aber die Dinge, die sie dann machen, sollen sie mit einer möglichst hohen Qualität machen und dann werden wir ihre Fähigkeiten sehen.“ Als ich ihn direkt darauf anspreche, ob das der größte Schritt für die Jungst ist, Konstanz reinzubringen und verlässlich zu sein, bestätigt dies Feulner klar: „Es ist schon verlockend, den Fokus bei den ersten Erfolgen zu verlieren. Die Jungs müssen weiterhin viel investieren, um sich weiterzuentwickeln und auch an den Positionen zu bleiben, die sie sich hart erarbeitet haben. Es ist der Verzicht auf viele Dinge für die ganz große Bühne.“

    Wenn man nicht auf Partys kann, dann muss man anders auf sich aufmerksam machen. Im Bild: Markus Feulner, the Player. (Photo by Andreas Rentz/Bongarts/Getty Images)

    Was die Jungs auf dem Platz zeigen sollen, hängt von den sportlichen Vorgaben des jeweiligen Trainers ab. Einerseits hat der FCA eine grundsätzliche Linie, was in den Jugendmannschaften umgesetzt werden soll. Auf der anderen Seite bleiben für Trainer wie Feulner genügend Möglichkeiten, ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen. Feulner sieht die Trainer am NLZ hier gut abgestimmt: „Wir sprechen hier sportlich im NLZ eine Sprache. Auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, dass die Jungs von jedem Trainer andere Dinge mitnehmen können, weil jeder Trainer etwas anders tickt. Unterschiedliche Trainer erwarten die Jungs im Profibereich ja auch.“ Bei Feulner mangelt es dabei nicht an eigenen Erfahrungen und konkretem Fußballfachverstand. Viel hat er gesehen und sich von überall her Einflüsse mitgenommen. Beim FCA hat er die Möglichkeit als Trainer authentisch zu agieren und sich selbst zu verwirklichen, vielleicht auch etwas mehr als in einem gewachsenen NLZ.

    Die Aufgabe für die neue Saison

    Feulners neues Team setzt sich dabei in der laufenden Saison zusammen aus Jungs, die noch aus der alten U19 stammen, und solchen, die er nun aus der U17 mitbringt. Die U19 war im letzten Jahr – im Gegensatz zu seinem Team – wenig erfolgreich. Nur vier Siege führten zu einem letzten Platz in der obersten Junioren-Spielklasse. Entscheidend ist für Feulner an dieser Stelle die Qualität. Ich habe Feulner darauf angesprungen, welche Aufgabe in diesem Bereich vor ihm liegt, diese U19 Spieler mitzunehmen. „Ich glaube, die Jungs haben für sich selbst den Anspruch, die letzte Saison nicht so stehen zu lassen. Die Jungs wollen noch härter arbeiten und Leistung zu bringen.“ erklärt er mir, als ich ihn darauf anspreche, ob er hier zusätzlich motivierend unterstützen müsste.

    Das erste Spiel der U19 Bundesliga hat Feulners U19 trotz zweier Tore von Mauro Hämmerle zum zwischenzeitlichen Ausgleich 2:3 gegen Ingolstadt verloren. Das sollte man aber zu diesem Zeitpunkt nicht überinterpretieren. Ich glaube an dieser Stelle, dass Feulners Weg als Trainer nicht bei der Augsburger U19 enden wird. Nach dem Gespräch mit Markus Feulner werde ich die Augsburger U19 in der jetzigen Saison aber erst einmal etwas genauer verfolgen.

    Kaderanalyse Tor: Wer wird die Nummer 1?

    Kein Keeper stand in der Bundesliga häufiger für den FC Augsburg im Tor als Marwin Hitz. 141 Spiele im Oberhaus machte der Schweizer für Rot-Grün-Weiß. 2018 verließ Hitz den FCA. Seitdem hat es kein Keeper geschafft, nachhaltig auf sich aufmerksam zu machen und eine ähnlich lange Ära im Augsburger Tor zu prägen. Rafal Gikiewicz hätte das Potenzial dazu gehabt, doch wechselte er 2023 (nicht ganz frei von Störgeräuschen) in die Türkei. Jetzt spielt er in Polen.

    Ich persönlich würde mir mal wieder einen Torwart wünschen, der über Jahre im Verein bleibt. Neben Gikiewicz gelang das nach Hitz auch anderen Keepern nicht: Andreas Luthe, Fabian Giefer, Gregor Kobel (ausgeliehen), Tomas Koubek. Und Finn Dahmen? Der scheint nach nur einer Saison auch schon wieder abgeschrieben, oder?

    Durchwachsene erste Dahmen-Saison

    Dahmen kam noch in der Stefan-Reuter-Zeit. Der Verein hatte den U21-Europameister lange zuvor beobachtet und schließlich 2023 nach Augsburg gelotst. Sein Premierenjahr verlief durchwachsen. Lange wartete Dahmen auf das erste Spiel ohne Gegentreffer. Auch, weil er immer wieder selbst patzte. Stark auf der Linie, teils vogelwild beim Abfangen und Einschätzen von hohen Bällen. Der Kicker gab Dahmen die schlechteste Durchschnittsnote aller Bundesliga-Stammkeeper.

    Ob es in der neuen Saison besser wird? Unklar. Dahmen kann sich bislang noch nicht beweisen. Er schleppt noch die Folgen einer Verletzung aus der Vorsaison mit sich herum, konnte lange gar nicht trainieren und wird wohl noch ein paar Wochen Zeit brauchen.

    Weiß im Eins-gegen-Eins durchaus zu überzeugen: Finn Dahmen (Photo by Leon Kuegeler/Getty Images)

    Zum Saisonstart steht damit aller Voraussicht nach Nediljko Labrović im Tor. Der Kroate wechselte im Sommer aus Rijeka in die Fuggerstadt, ist eineinhalb Jahre jünger und zehn Zentimeter größer als Dahmen. In seiner Heimat gilt er als großes Talent. Nun wird sich zeigen, ob er auch außerhalb Kroatiens funktioniert.

    Thorup: „Weiß nicht, wer Nummer eins wird“

    Trainer Jess Thorup ist vom neuen Keeper zumindest überzeugt, wie er im Interview mit der Augsburger Allgemeinen erklärte.

    Labrovic hat hohes Entwicklungspotenzial. Das war für mich wichtig. Er hat auch Fähigkeiten, die uns sofort weiterhelfen können. Er ist groß, er kann die Box verteidigen, er ist mit den Füßen gut, er hat Ausstrahlung und Persönlichkeit. Er hat für mich alles, was ein Torhüter haben muss.

    Eine Einsatzgarantie bedeuten die Lobeshymnen allerdings nicht.

    Aber ich weiß nicht, wer jetzt die Nummer eins wird, das müssen sie mir auf dem Platz zeigen.

    Labrovic konnte es bislang noch nicht so oft zeigen, wie er sich das vorgestellt hat. Wegen Visa-Problemen verpasste er das Trainingslager in Südafrika. So stehen bislang 135 Testspielminuten zu Buche. 45 gegen Schwaben Augsburg, 90 zuletzt gegen Leicester. Labrovic kassierte kein Gegentor, konnte sich vor allem gegen Leicester ein paar mal auszeichnen.

    Augsburgs neue Nummer 22, und bald auch die 1? Nediljko Labrovic (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

    Wirklich ernst wird es zum Saisonstart in Berlin und gegen Bremen. Überzeugt Labrovic hier, hat Trainer Thorup wenig Grund, ihn rauszunehmen. Auch, wenn Dahmen wieder fit ist. Patzt Labrovic, steht ein motivierter zweiter Keeper bereit. Für Thorpup eine scheinbar angenehme Situation: „Wir wollen, wie auf jeder anderen Position, auch bei den Torhütern mehr Konkurrenzkampf. Muss ein Spieler auf dem Platz kämpfen, wird jeder Spieler besser.“ Auch der dritte Keeper?

    Wer wird dritter Torwart?

    In Südafrika waren auch noch andere Keeper mit dabei: Daniel Klein und Tobias Jäger. Klein kam vor Corona aus Hoffenheim, Jäger durchläuft seit Jahren sämtliche Nachwuchsteams. Einer von ihnen wird dritter Torwart in der Augsburger Bundesligasaison werden. Nach Informationen der Rosenau Gazette ist die Entscheidung hier schon so gut wie gefallen: Daniel Klein komplettiert das Augsburger Torwarttrio.

    Das bedeutet aber nicht, dass Jäger keine Zukunft im Verein hat. Der 19-Jährige soll vorangig in der U23 eingesetzt werden. Der FC Augsburg will ja ohnehin auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs setzen. Auf der Torwartposition hat man das unter anderem mit Marcel Lubik gezeigt. Der langjährige Augsburger Juniorenspieler ist aktuell in die zweite polnische Liga ausgeliehen. Er soll Spielpraxis sammeln und nächste Saison mit neuen Erfahrungen zum Team stoßen.


    Frage der Woche: Was bleibt vom Trainingslager in Südafrika?

    Der FCA ist wieder zurück aus Südafrika und morgen steht schon das Testspiel gegen Leicester in Kempten an. Heute hat der FCA seinen eigenen Rückblick auf das Trainingslager in Südafrika veröffentlicht. Natürlich erscheint darin alles tipp-topp. Auch für uns ist jetzt der richtige Moment gekommen, um einmal auf die Zeit des FCA in Südafrika zurückzublicken. Was bleibt von dieser Reise, diesem Trainingslager und diesen Testspielen?

    Andy

    Dann eröffne ich in dieser Woche doch mal den Reigen. Was bleibt? Instragram-Fotos bleiben. Auch die Erlebnisse in Südafrika bleiben den Beteiligten. Aber ist das genug?

    Für mich steht das Trainingslager in Südafrika für verpasste Chancen. Michael Ströll hat in der Viererkette kundgetan, dass man sich der Auslandsvermarktung der DFL nicht komplett verweigern will. Man macht also mit beim Werbe-Prozedere der DFL, und reist nach Südafrika. Warum gerade Südafrika? Sind die Übertragungsrechte der DFL in Südafrika bzw. den afrikanischen Ländern so lukrativ? Warum hat es für den FCA nicht für eine Asien-Reise bzw. die USA gereicht? Vielleicht ist es auch so, dass der FCA hierfür nicht attraktiv genug ist. OK, aber dann lassen wir es doch gleich. Muss man jetzt unbedingt mitmachen und zu welchem Preis?

    Warum jetzt nörgeln am Reiseland? Jakic und Labrovic durften auf Grund von falsch ausgestellten Visa nicht einreisen. Und obwohl der FCA stets betont hat, dass die sportliche Entwicklung im Vordergrund steht, konnte der neue Keeper sich im Trainingslager somit nicht einspielen mit seinen Vorderleuten. Auch die Abwesenheit von Führungsspieler Jakic schmerzte. Zusätzlich lässt sich in Frage stellen, wie aussagekräftig das erste Testspiel nach all den Reisestrapazen war. Im zweiten war dann die Leistung trotz Akklimatisierung vor Ort nicht gut. Der Sport im Fokus? Sicherlich nicht mit den gewünschten Resultaten.

    Kommen wir zu einem weiteren Punkt, bzgl. dem der FCA seine Rolle vielleicht überschätzt. „Unser Besuch war für die Menschen vor Ort von großer Bedeutung.“ wird Michael Ströll von Vereinsseite zitiert. Der FCA kommt also nach Südafrika und lässt sich das bezahlen, macht für die DFL Werbung und ist davon überzeugt Gutes zu tun. Dabei agiert der FCA nicht langfristig oder nachhaltig und ohne das Vermarktungsinteresse der DFL hätte es die Reise wohl überhaupt nicht gegeben. Durch die Reise werden ein sechsstelliger Betrag in Südafrika an Geldmitteln ausgegeben, der nicht in Bildung oder Korruptionsbekämpfung fließt sondern in Fußballmarketing. Vielleicht hätte es Alternative Einsatzmöglichkeiten für die Geldmittel gegeben, die eine größere Bedeutung für die Menschen gehabt hätten als der Besuch des FCA. Aber nur ganz vielleicht.

    Entsprechend ist es jetzt einmalig so, dass ich die Entscheidung des FCA bedingt durch die Visathemen und die Reisestrapazen für sportlich falsch einschätze. Und Bedeutung? Bedeutung hat der FCA vor allem in der Region. Hierauf sollte auch weiter sein Fokus liegen. Wenn er sich andernorts engagieren will, dann bitte langfristig und mit klarem Plan für nachhaltige Partnerschaften.

    Nedilijko Labrovic verpasste das Trainingslager und die Vorbereitungsspiele in Südafrika wegen Visa-Problemen. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

    Franzi

    Ich komme bei unserer Frage der Woche diesmal zu einem zwiegespaltenen Ergebnis. Einerseits leuchtet es mir vollkommen ein, dass inmitten des Veränderungsprozesses, der beim FCA vor nunmehr einem Jahr in Gang gesetzt wurde, auch in puncto Saisonvorbereitung neue Wege beschritten werden wollen. Andererseits lässt mich die gezeigte sportliche Leistung in den beiden Testspielen daran zweifeln, dass das Training im Mannschaftsressort im südafrikanischen White River schon große Früchte getragen hat.

    Wirtschaftliche und persönliche Bereicherung

    Aus wirtschaftlicher Sicht hat sich das Trainingslager in Südafrika für den FC Augsburg schon jetzt gelohnt. Da der FCA ganz offiziell als Markenbotschafter für die Bundesliga unterwegs war, übernimmt die DFL alle Kosten, die ihm für die Reise in das Land an der Südspitze Afrikas entstanden sind. Wie die Viererkette berichtet, dürften das für den gesamten Tross ca. 500.000 Euro sein, wobei für unseren Verein am Ende sogar noch ein kleines Plus herausspringt.

    Wie schon an anderer Stelle geschrieben, stellen die zehn Tage Trainingslager auch eine Bereicherung in persönlicher Hinsicht dar. Ob Spieler, Staff oder mitgereiste Journalist*innen – sie alle berichteten von unvergesslichen Erfahrungen, die sie z.B. im Kruger Nationalpark, bei sozialen Projekten oder im Austausch mit den Menschen vor Ort gemacht haben. Vor allem über Social Media wurden diese Momente von Vereins- wie Spieleraccounts sehr eindrücklich präsentiert.

    Mediale Fehlleitung?

    Die Kehrseite dieser medialen Begleitung ist, dass man als Fan den (möglicherweise auch falschen) Eindruck gewinnen konnte, es komme mehr aufs „Drumherum“ als auf die sportliche Vorbereitung an. Auch wenn dem Vernehmen nach meist zwei Einheiten auf dem Programm standen und immer wieder betont wurde, dass „der Hauptfokus des Trainingslagers ganz klar auf dem Sportlichen“ liege, konnte man sich angesichts der vielen Bilder abseits des Trainingsplatzes dieses Eindrucks kaum erwehren. Fast als Bestätigung konnte man dann auch das zweite Testspiel gegen den TS Galaxy FC sehen, das nach schwacher Leistung vor allem in der ersten Spielhälfte folgerichtig 1:2 verloren ging.

    Insofern bleibt für den FCA nach der Rückkehr aus Südafrika – sportlich – noch eine Menge zu tun. Das ist die bittere Erkenntnis. Die erfreuliche ist, dass bis zum ersten Pflichtspiel noch etwas mehr als zwei Wochen Zeit bleiben, um nun auf dem heimischen Trainingsplatz mit der ganzen Mannschaft (inklusive Jakić und Labrović!) an den noch vorhandenen Schwächen zu arbeiten.

    Andi

    PR-technisch war das Trainingslager ein Erfolg. Der FC Augsburg hat seine Followerzahl laut Rogaz-Berechnungen auf Instagram von 220.000 Mitte Juli auf knapp 255.000 gesteigert, ein Plus von etwa 15 Prozent. Das ist für die Außenwirkung des Vereins ein Erfolg.

    Sportlich bleiben jedoch Fragezeichen. Die Spiele in Südafrika waren wenig überzeugend. Mei, Testspiele halt. Sollte man nicht überbewerten. Das stimmt. Trotzdem hat der FCA noch einiges an Arbeit vor sich. Der Kader ist bei Weitem noch nicht fertig zusammengestellt. Wechsellwillige Spieler sind noch da (Cardona, Uduokhai), die Problemstelle Rechtsverteidigung immer noch nicht besetzt und obendrein die Systemfrage scheinbar noch völlig offen.

    Hinzu kommt ein Problem, dass die Verantwortlichen seit Wochen vor sich herschieben: Wer wird Kapitän? Die Binde trug zuletzt der einst als Captain degradierte Jeffrey Gouweleeuw. Mal auch Felix Uduokhai oder Fredrik Jensen. Diese Frage muss spätestens Mitte August geklärt werden.

    Ebenso, wer überhaupt im Tor steht. Der Stammkeeper der letzten Saison, Finn Dahmen, ist noch nicht fit. Der Neuzugang, Nediljko Labrović, durfte wie Landsmann Jakic nicht nach Südafrika reisen.

    Der FCA hat also noch viel Arbeit vor sich. Schöne Bilder aus dem Kruger-Nationalpark sollten nicht darüber hinwegtäuschen..

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