Mit Hoffnung im Herzen

Am Wochenende habe ich in meiner Kolumne bei Presse Augsburg kritisiert, wie die Augsburger Allgemeine hohe Erwartungen an den FCA herbeischreibt. Robert Götz ist danach bei Facebook in Kontakt mit mir getreten und hat sich sachlich mit meiner Argumentation auseinandergesetzt. Er hat mich allerdings auch gefragt, welche Erwartungen ich selbst an den FCA in dieser Saison habe. Das halte ich in diesem Zusammenhang für eine legitime Frage. Es ist immer leicht die Erwartungshaltung anderer Menschen zu kritisieren, ohne selbst Erwartungen formulieren zu müssen. Entsprechend fing ich an über seine Frage nachzudenken und wollte schon fast wieder auf Facebook direkt antworten. Die Antwort wäre allerdings etwas umfangreicher geraten und ist vielleicht für den ein oder anderen interessant. Es folgt meine Prognose für diese Saison gerade noch rechtzeitig vor dem zweiten Spieltag – der Versuch von (realistischen?) Erwartungen an den eigenen Verein.

Das Schlechte

  • Letzte Saison hatte ich mich über den holprigen Saisonstart gewundert. Dieses Jahr wäre ein positiver Saisonstart eine Überraschung. Durch den Trainerwechsel in der Sommerpause erscheint es mir unrealistisch, dass sofort zu Saisonbeginn alle notwendigen Automatismen greifen. Auch die Länderspielpause ist nicht mehr im früheren Umfang hilfreich, da im Kader des FC Augsburg mittlerweile viele Nationalspieler stehen. Nachdem zudem Spieler wie Jonathan Schmid und Martin Hinteregger, die hoffentlich in dieser Saison wichtige Beiträge leisten, spät verpflichtet wurden, erwarte ich eine holprige erste Phase der Saison.
  • Auf Spieler aus der eigenen Jugend werden wir dabei weiterhin nicht zurückgreifen. Das liegt daran, dass der Kader des FCA immer noch übervoll ist. 3-4 mögliche Spieler für die Rechtsverteidigerposition sind nur das deutlichste Beispiel. Auch auf den offensiven Positionen gibt es weiterhin zu viele Kandidaten, als dass geeignete Jugendspieler sich im Training überhaupt zeigen könnten. Die Marco Richters des FCA müssen daher darauf hoffen, dass einige Transfers in der Winterpause zu Besserung und weiterer Ausdünnung des Kaders führen.
  • Ob die Saison positiv verläuft hängt stark vom Fundament der Mannschaft ab. Dieses Fundament hat mit Ragnar Klavan in der Sommerpause einen starken Stützpfeiler verloren. Es wird sich zeigen, ob sich einer der neueren Innenverteidiger zu einer vergleichbar verlässlichen Größe entwickeln kann. Daneben kämpft Paul Verhaegh mittlerweile regelmäßig mit Verletzungen. Auch Daniel Baier hat in der letzten Saison zum ersten Mal relevante Pausen bekommen und zwischendurch aussetzen müssen. Das vorhandene Fundament bröckelt. Es wird notwendig sein, dass neben Marwin Hitz weitere Spieler sich spielerisch weiterentwickeln, um sportlich konstant voranzugehen.

Das Gute

  • Der FCA verfügt durch diverse Transfers in den letzten Jahren über eine Gruppe Spieler, die genau diesen Sprung zu Leistungsträgern schaffen könnte. Ich erhoffe mir, dass zumindest eine Auswahl aus Caiuby, Koo, Kohr, Stafylidis, Finnbogason und/oder Gouweleeuw bessere und konstante Leistungen bringt und gezeigtes Potential dauerhaft auf dem Platz in zählbares ummünzen kann. Jeder dieser Spieler hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er entscheidende Beiträge leisten kann. Dies muss durch das bröckelnde Fundament von manchem jetzt regelmäßiger passieren, damit es am Ende nicht eng wird.
  • Ich erwarte, dass Dirk Schuster es schafft, dass wir zu unserer Gefährlichkeit über die offensiven Außenpositionen zurückkehren. Wir werden weiterhin nicht in der Lage sein, Gegner spielerisch zu schlagen oder dauerhaft spielerische Lösungen zu finden. Allerdings ist eine bedeutende Komponente der Defensivtaktik von Dirk Schuster schnelles Umschaltspiel. In 2013/14 hatten wir in Augsburg eine der besten Flügelzangen der Liga mit Tobi Werner und André Hahn. Durch die taktischen Umstellungen erwarte ich, dass wir in dieser Saison über diese Positionen wieder mehr Torgefahr ausstrahlen. Die Transfers von Schmid und Usami bestätigen den Fokus bei der Kaderzusammensetzung.
  • Durch die vorgenannten Gründe glaube ich nicht, dass wir in dieser Saison sorglos den Klassenerhalt sichern können. Aber auch wenn Schwierigkeiten auftauchen sollten, sich Spieler nicht wie geplant entwickeln oder am Ende vielleicht auch Pech dazu kommt, hoffe ich, dass wir uns alle in Augsburg erinnern, dass die erste Bundesliga keine Selbstverständlichkeit ist. Ich erwarte vom Verein weiterhin äußerste Ruhe und einen kühlen Kopf in schwierigen Situationen. Wirtschaftliche Vernunft muss weiterhin oberste Priorität haben.

Ich als Fan werde auch diese Saison wieder angehen, als ob es unsere letzte Bundesligasaison ist. Jedes Spiel genießen, mitnehmen was möglich ist und am Ende schauen ob es reicht. Dabei hoffe ich darauf, möglichst viele nette Menschen zu treffen, gemeinsam auf die guten Zeiten anzustoßen und Hoffnung zu haben. Wir spielen immer noch samstags um 15:30 Uhr. Es kann also nur gut werden.

Achtung: Uns kennt immer noch #keineSau

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Nun bin ich mit Sicherheit niemand, der die Dinge beim FCA immer über den grünen Klee lobt. Ich habe unter anderem die Entwicklung bei den Trikotpreisen, miese Auswahl beim Merchandise und auch fehlende vergünstigte Tagestickets für Bedürftige kritisiert. Nicht immer absolut sachlich, aber doch bemüht. Es gibt Themen, die man auf eine sachliche und ausgewogene Art kritisieren kann. Das fehlende Familienfest in diesem Jahr gehört hier sicher dazu. Das würde ich von der größten Tageszeitung in der Region erwarten. Ich als Blogger und Kolumnist habe meine Meinung, von einer großen Tageszeitung erwarte ich vor allem sachliche Berichterstattung. Dieses Bemühen muss man Johannes Graf aber absprechen, wenn er in der AZ fragt: Sinkt das Interesse am FCA? Dafür hat er Anhänger gefragt, was sie stört. Herausgekommen ist dabei Zerrbild, denn es sind genau 5 Anhänger zu Wort gekommen. Auf seine Frage gibt er keine Antwort und lässt diese im Raum stehen, suggestiv nach dem Motto: Das Interesse sinkt! In einem weiteren Beitrag nur drei Tage später suggeriert er sogar, dass der FCA mit seinem derzeitigen Verhalten seine Wurzeln vergessen würde und listet eine Reihe von Events auf, die nach seiner Meinung nötig sind, um Gelegenheitsgänger ins Stadion zu locken.

Ich behaupte dabei nicht, dass man die Frage nicht stellen kann, ob das Interesse am FCA sinkt. Wenn ich mir die Mühe mache, dann sollte ich allerdings auch auf vorhandene Informationen eingehen. Wie hat sich der Dauerkartenverkauf von der letzten hin zu dieser Saison entwickelt? Am Rande habe ich mitbekommen, dass wohl weniger Dauerkarten als in der Vorsaison verkauft worden sind. Wie sieht die Entwicklung bei Mitgliederzahlen und Fanclubs aus? Mir ist nicht bekannt, dass es hier einen nennenswerten Rückgang gab. Und das die Unterstützung auswärts geringer wird und Fans z.B. nicht mehr nach Dortmund fahren, lässt sich genau wie messen? Auch auf Grund geringer Ticketkontingente waren doch die Auswärtsspiele in Dortmund zumindest in den letzten beiden Jahren bzgl. der Gästekarten ausverkauft. Im DFB Pokal gegen Ravensburg war das Gästekontingent recht schnell weg. Ich stand vor ein paar Jahren in der ersten DFB-Pokal Runde in Oberhausen noch in einem spärlich gefüllten Gästeblock. Ja, der Vergleich hinkt, da Oberhausen deutlich weiter weg ist als Pfullendorf, aber mein Eindruck von den Auswärtspartien in den letzten Jahren zeigt kein schwindendes Interesse auch abseits der Europa League.

Die reißerischen Überschriften lassen vermuten, dass beim FCA generell etwas im Argen liegt. Insgesamt wirkt die Situation aber doch gar nicht erschreckend, wenn man mal genauer hinschaut. Natürlich gab es im letzten Jahr einen größeren Hype v.a. durch die Europa League. Ich kann mir vorstellen, dass sich das neben den Dauerkartenverkäufen auch positiv auf alle Erträge des FCA durchgeschlagen hat. Und jetzt ist die Europa League wieder weg. Nicht schlimm. Der FCA hatte im letzten Jahr eine Stadionauslastung von ca. 90 Prozent in der Bundesliga. Vielleicht sinkt diese nun auf 85 Prozent. Zielgröße ist dabei nicht 100 Prozent, wie ein Blick in den Wolfsburger Gästeblock schnell zeigt. Wie viel Aufwand und zusätzliches Marketing soll der Verein betreiben um ca. 2000 Plätze mehr zu füllen? Was bleibt dabei hängen? Nicht viel. Wenn man sich die Strukturen des FCA anschaut, der gerade eine Stadionfassade und ein neues Gebäude mit Fankneipe plant, dann steht dies sicher nicht ganz oben auf der Agenda. Es geht halt nicht alles und schon gar nicht gleichzeitig. Aber mal angenommen der Verein würde wirklich Plakatkampagnen und zusätzliche Events organisieren, um Fans zu moblisieren, dann gäbe es mind. 5 Personen in Fankreisen, die die zunehmende Kommerzialisierung kritisieren würden. Das Johannes Graf nun suggeriert, gewisse Maßnahmen wären absolut notwendig und der gemeine Fan hätte ansonsten ein Recht auf Enttäuschung, treibt nur die Erwartungshaltung dieser Gelegenheitsgänger weiter nach oben.

Daneben ist es aber auch nur die halbe Wahrheit. Aktionen, wie der Weiterverkauf von Trikots mit der Nummer 13, ohne die Nummer von Tobi Werner neu zu vergeben, werden unterschlagen. Das so einer guten Sache durch die Spenden für Simon geholfen und ein altgedienter Spieler geehrt wird, wird nicht erwähnt. Der Abend für die Fans mit dem Trainerteam war doch zumindest eine Reaktion auf das fehlende Familienfest. Kein würdiger Ersatz, aber eine Art Zeichen, dass angekommen ist, das etwas fehlt. Und wenn in der letzten Saison nicht so viel gefeiert wurde, dann kann das auch daran liegen, dass der FCA die Auwärtsfahrten in der Europa League finanziell unterstützt hat. Aber Johannes Graf hat anscheinend gar nicht danach gefragt, ob die Fans auch positive Dinge zu berichten haben. Wenn dann als Begründung für die fehlenden ausverkauften Spiele „die dürftigen Leistungen“ in der vergangenen Saison angebracht werden, dann will ich an dieser Stelle diagnostizieren, dass die Erwartungshaltung mittlerweile mehr als nur wolkig geworden ist. Der FCA war im letzten Jahr lange in drei Wettbewerben vertreten und hatte den Klassenerhalt vor dem letzten Spieltag sicher. Die letzte Saison war zumindest für mich (mal wieder) ein Feuerwerk an Highlights, das so schnell nicht überboten werden wird. Von „dürftigen Leistungen“ will ich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht schreiben. Aber die Erwartungshaltung scheint bei der AZ generell gestiegen zu sein, denn Robert Götz zieht in seinem aktuellen Kommentar eine Parallele zwischen Transferausgaben und ewarteten sportlichen Leistungen. Laut Götz müsse sich Reuter in dieser Saison daran messen lassen, dass die Transferausgaben im Mittelfeld der Liga liegen. Alles unter einem einstelligen Tabellenplatz ist dann wohl nicht mehr akzeptabel?

Über einen dieser Kommentare und Beiträge hätte man wohl hinwegsehen können. Bei drei Beiträgen in der letzten Woche will ich hier einhaken. Das sportliche Leistungen und Transferausgaben nicht immer direkt zusammenhängen, zeigt zumindest das Gejammer der HSV-Fans in meinem Umfeld. Einfacher wird es für den FCA auch nicht, wenn ein Aufsteiger wie RB Leipzig durch den Großkonzern im Rücken jegliche wirtschaftliche Vernunft über Bord werfen und 50 Mio. EUR investieren kann. Deswegen reagiere ich auf die Kommentare von Johannes Graf und Robert Götz auch so gereizt. Mir ist es wichtig, dass die Erwartungshaltung insgesamt realistisch bleibt. Vereinsseitig wurde von den Verantwortlichen immer wieder darauf hingewiesen, dass es wieder darum geht, die Klasse zu sichern. Das der Verein weiterhin nicht nur in Spieler sondern auch in die Infrastruktur investiert, kann nicht positiv genug bewertet werden. Diese Investitionen sind wichtig, um langfristig konkurrenzfähiger zu werden. In der organisierten Fanszene kann ich dieses Abdriften der Erwartungshaltung derweil auch nicht generell beobachten, wie das durch die Fanmeinungen suggeriert wird. Die überwältigende Choreo am ersten Spieltag und immer mehr organisierte Aktionen sind für mich ein Indiz dafür, dass der harte Kern wächst. Wer deswegen nicht alleine schon ins Stadion kommt, sondern auch noch zwei Halbe Freibier auf dem Silbertablett braucht, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Und wenn es dem FCA wirklich mal wieder schlechter gehen sollte, dann wird es genau auf diesen harten Kern ankommen. Der FCA spielt nun schon viel länger in der ersten Bundesliga, als das dem Verein irgendjemand zugetraut hätte. Wir müssen uns keine Sorgen machen, wenn wir am 5. Spieltag nicht auf einem einstelligen Tabellenplatz stehen oder nur 26.000 Zuschauer zu einem Heimspiel kommen.

Die Kurve hat die Marschroute am ersten Spieltag auch klar formuliert: „Egal was auch passiert, Augsburg hält zusammen“. Etwas anderes brauchen wir uns bis zum Beweis des Gegenteils gar nicht erst einreden lassen und dieser Satz ist nicht misszuverstehen.

Wie ich mir ein neongelbes Trikot mit der Nr. 13 bestellte

Am 03. August hat der FC Augsburg den Transfer von Tobi Werner zum VfB Stuttgart bestätigt und Werner sich selbst mit einem ergreifenden Abschiedsvideo von den Fans in Augsburg verabschiedet. Direkt nach dem Transfer bin ich in meiner monatlichen Kolumne auf die bedeutende Rolle und inspirierende Geschichte von Tobi Werner während seiner 8 Jahre in Augsburg eingegangen. Als Fazit kann man feststellen, dass die Karriere von Tobi Werner in Augsburg hollywoodartige Züge hatte, er über mehrere Jahre für den FCA unglaubliche sportliche Leistungen auf dem Feld erbrachte und er wohl für viele Jugendliche ein großartiges Vorbild abgibt.

Ich bin ein großer Fan davon, solche Spieler auch nach ihrer Karriere bei einem Verein aktiv in Erinnerung zu behalten und mag Konzepte wie einen „Ring of Honor“, die z.B. in der NFL gelebt werden und bei denen Spielernamen im Stadion sichtbar gemacht werden, um die Erinnerung an die entsprechenden Spieler zu wahren. In Deutschland sind solche Ideen noch nicht so weit verbreitet, aber Tobi Werner wäre einer dieser Spieler, die einen Platz in dieser Runde aus meiner Sicht beim FCA mehr als verdient hätten. Entsprechend haben wir uns über dieses Thema direkt nach Tobi Werners Transfer auf Twitter ausgetauscht. Dabei habe ich eine Idee geäußert, die mir kurzfristig realistisch und umsetzbar schien:

Schon am Tag danach ging Tobi Werner selbst mit der traurigen Nachricht an die Öffentlichkeit, dass seine Frau und er um ihr gemeinsames Kind trauern, das am Donnerstag den 04.08.2016 tot zur Welt kam. Eine solche Nachricht lässt einen selbst innehalten, die eigenen Kinder dankbar in die Arme schließen und die geäußerten Ideen schnell wieder vergessen. Es gibt wichtigeres als Spielerehrungen und Fußball und die Bundesliga.

Beim FCA hatte aber jemand aufmerksam mitgelesen und die Idee aufgegriffen. Genau eine Woche nach der Verkündung des Transfers hatte sich der FCA festgelegt, Tobi Werners Nummer zumindest für diese Saison nicht mehr zu vergeben. Trikots mit seiner Nummer und seinem Namen können allerdings weiterhin im Fanshop gekauft werden. Die Einnahmen aus dem Verkauf dieses Trikot-Flocks spendet der FCA für die weiteren Rehamaßnahmen an den FCA-Fan Simon, der letzte Saison auf der Rückfahrt vom Auswärtsspiel in Gladbach verunglückt war. Tobi Werner hatte Simon selbst in der Klinik besucht und ihn auch in seinem Abschiedsvideo erwähnt.

Kurz hatte ich doch die Meldung gelesen und mich gewundert. Mit Erlösen hatte ich nicht nur die Flock-Erlöse sondern den Gesamterlös aus dem Verkauf der Trikots gemeint. Wie hoch dieser per Trikot ist, lässt sich nur schwer schätzen, ginge aber weit über die 15 EUR für den Trikotflock hinaus. Man kann nicht alles haben und ich bin sehr dankbar dafür, dass der Verein die Idee überhaupt aufgegriffen und sich dafür bedankt hat. Verdienten Spielern auch bei ihrem Abschied den nötigen Respekt entgegenzubringen ist eine tolle Sache und hat in der Vergangenheit (z.B. bei Alex Manninger) nicht immer gut geklappt. Im gleichen Zug einen verunglückten Fan zu unterstützen ist umso besser. Gerade in den letzten Wochen, wo ich doch auch viele verwunderte Äußerungen aus Fankreisen gelesen habe, die den Familientag in diesem Jahr vermissen und sich beschwert haben, der FCA würde nicht mehr so viel für die eigenen Fans tun, ist es bemerkenswert wie schnell der Verein auf manche Anregungen reagiert. Auch die Organisation einer Saison-Auftaktveranstaltung für Fans, bei der das neue Trainerteam vorgestellt wird, fällt in diese Kategorie. Veränderungen wird es dabei immer geben. Aber es liegt auch an jedem selbst, dazu beizutragen, dass unser Verein weiterhin so sympathisch bleibt. Ich habe nun erstmal mein Versprechen eingelöst, dass ich etwas flapsig in Zusammenhang mit meiner Idee auf Twitter geäußert hatte:

Das neongelbe Trikot ist echt hässlich, aber immerhin werde ich zukünftig leicht zu erkennen sein. Das nächste Mal, werde ich mich hüten, solch flapsige Versprechen abzugeben und meinem Verein mehr zutrauen. Vielleicht mal wieder den Einzug ins internationale Geschäft, oder so?

Die unwahrscheinliche Geschichte des Tobi Werner

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Es muss qualvoll gewesen sein. Am letzten Spieltag der Saison 2007/2008 spielte Carl Zeiss Jena in Augsburg. Jena war zu diesem Zeitpunkt schon abgestiegen, konnte Augsburg aber noch mit in den Abgrund ziehen. In der Woche vor dem Spiel wurde bekannt, das Tobi Werner nach der Saison von Jena nach Augsburg wechseln würde. Er verbrachte das gesamte Spiel auf der Bank. Die Partie endete 1:1 unentschieden und der FCA hielt nur durch das bessere Torverhältnis gegenüber den Kickers aus Offenbach die Klasse. Wenn ich mich an diese Partie im Rosenaustadion erinnere, stellen sich mir immer noch die Nackenhaare auf. Zwei Jahre nach dem Aufstieg in die zweite Liga war der FC Augsburg dem erneuten Abstieg in die Drittklassigkeit nur knapp entkommen. 

Während seiner letzten Saison in Jena war Tobi Werner im Profifußball angekommen und mit 8 Toren und 6 Vorlagen ein Leistungsträger in einer schwachen Jenaer Mannschaft. Nach seinem Wechsel nach Augsburg sollte er in seinem ersten Jahr direkt eine ähnliche Rolle übernehmen. 32 Einsätze, in denen er hauptsächlich unter dem Trainer Holger Fach 6 Tore und 7 Vorlagen beisteuerte, waren ein sehr solider Einstand. Allerdings überzeugte der FCA damals sportlich selten. Viele FCA-Fans verdrängen dieses Jahr deswegen aus ihrem Gedächtnis.

Es kam mit Jos Luhukay ein neuer Trainer, und mit Ibrahima Traore und Axel Bellinghausen im Sommer 2009 starke Konkurrenz für seine linke Seite. 7 Einsätze in der zweiten Liga in 2009/10 (1 Tor/1 Vorlage) und 21 Einsätze in 2010/11 (5 Tore/2 Vorlagen) teilweise auch auf der rechten Seite ließen zumindest auf den Rängen Zweifel aufkommen, ob Tobi Werner jemals mehr als ein durchschnittlicher Zweitligaspieler sein würde. Die Mannschaft schaffte in 2011 den Aufstieg in die erste Liga. Tobi Werner ist einer dieser Aufstiegshelden, war aber damals kein Anker der Mannschaft. Wenn man zu dieser Zeit in Augsburg Umfragen durchgeführt hätte, welcher Spieler den Sprung in die erste Liga nicht schafft und wem man zum Abshied raten würde, dann hätte Tobi Werner wohl einen führenden Platz eingenommen. Er selbst war anderer Meinung und er sollte Recht behalten. 

Vor dem ersten Bundesligajahr des FC Augsburg wurde vielerorts spekuliert, wann der Abstieg unseres Provinzvereins feststehen würde. Unter Jos Luhukay wurde defensiv sehr solider Fußball gespielt und die Klasse letztendlich gehalten. Tobi Werner schoss ein Tor und bereitete ein weiteres vor. Das Bundesligamärchen in Augsburg ging weiter, aber das dauerhafte Zittern war noch nicht überwunden. Jos Luhukay wechselte nach Berlin, Markus Weinzierl kam. Mit ihm zuerst auch die schlechteste Hinrunde des FCA in der Bundesliga, bevor er nach der Winterpause wundersamerweise den Klassenerhalt sicherte. Tobi Werner spielte 30mal, erzielte 5 Tore und bereitete  7 weitere vor. Wie der FC Augsburg selbst war er nun komplett in der Bundesliga angekommen. Das verflixte zweite Jahr war überstanden. Was danach kam, sind bis jetzt die besten Jahre der Vereinshistorie. In 2013/14 wurde der FCA Achter, Tobi Werner spielte 31mal, schoss 9 Tore und bereitete 9 vor. Im Jahr des Europa League Einzugs spielte er erneut 31mal, erzielte 8 Tore und bereitete 5 vor. Er war ein Anker dieser tollen Mannschaften, ein Stützpfeiler, und die Zweifler waren zur Ruhe gebracht.

In der letzten Saison kamen zwar erneut 13 Bundesligaeinsätze hinzu, allerdings wurde Tobi Werner durch ein langwierige Verletzung zurückgeworfen und konnte sich in der zweiten Saisonhälfte nicht mehr gegen die starke Konkurrenz im Kader durchsetzen. Tobi Werner wechselt zur Saison 2016/17 zum VfB Stuttgart in die zweite Bundesliga. Tobi Werner bleibt zum heutigen Tag der Rekordtorschütze des FCA in der ersten Liga. Unvergessen sind seine Turban-Auftritte. Tobi Werner bleibt ein Spieler, der in den Geschichten über diese erfolgreichen Jahre, eine bedeutende Rolle einnehmen wird. 

Bei den Fans wird er dabei immer eine Sonderrolle haben. Eine Sonderrolle, die er durch sein eigenes Verhalten geschaffen hat. So war er es, der Simon, den verunglückten Ultra-Fan, in der Unfallklinik in Murnau besuchte. Und er ist es, der durch seine Leistungen den FCA symbolisierte wie kein anderer. Weniger athletisch als mancher Konkurrent, technisch vielleicht auch nicht ganz so versiert, hatte er immer ein größeres Herz und einen größeren Glauben an sich selbst als alle anderen. Es war nicht möglich, nicht mit ihm zu leiden oder sich nicht mit ihm zu freuen. Und wenn nach seinem Wechsel nach Stuttgart nur eine Eigenschaft von ihm in Augsburg verbleiben soll, so ist es dieser Glaube an sich selbst. Vor einigen Jahren hat keiner an uns geglaubt und die Zeiten der Zweifler werden wieder kommen. Aber so wie Tobi Werner sich von außen nicht hat sagen lassen, wo seine Grenzen liegen, so sollten wir das auch nicht tun. Wir sollten weiter Visionen haben und nach vorne schauen. Unsere besten Jahre liegen noch vor uns. 

Das wir dabei Tobi Werner wiedersehen ist selbstverständlich. Er sieht sich als Teil der Familie und das ist sehr schön. Mit seiner Familie ist er in Augsburg heimisch geworden. Identifikation ist was das Fan-Sein ausmacht und diese Identifikation ist ein starkes Band, das unterschiedlichste Menschen und auch uns mit Tobi Werner verbindet. Bessere Vorbilder für unsere Jugend kann es nicht geben und ich hoffe Tobi Werner gibt seine Überzeugungen an Jugendspieler in Augsburg nach seiner aktiven Karriere weiter. Wer, wenn nicht er, soll unsere eigene Jugend spätestens dann auf Bundesliganiveau heben?

 

Helden aus der eigenen Jugend

Über fünf Jahre ist es her. Am 08.05.2011 hat das letzte Mal ein Spieler aus der eigenen Jugend ein bedeutendes Tor für den FC Augsburg geschossen. Stephan Hain hat damals gegen den FSV Frankfurt den Aufstieg in die erste Bundesliga perfekt gemacht. Ein Moment für die Ewigkeit:

Seit gestern wird wieder über einen Augsburger Nachwuchsspieler gesprochen. Der Name Marco Richter macht die Runde. Noch während der Sommerpause der ersten beiden Ligen hat die U23 des FC Augsburg in der Regionalliga Bayern zu Hause den SV Seligenporten mit 12:0 geschlagen. Marco Richter hat dabei 7 Tore für die Mannschaft von Christian Wörns beigesteuert. Marco Richter ist schon vorher als hoffnungsvolles Talent aufgefallen und Robert Götz hat in der Augsburger Allgemeinen erst vor kurzem im Lokalsport über ihn geschrieben. Nach dem Feuerwerk gegen Seligenporten wird Marco Richter eventuell ein Spieler, über den man bald auch im allgemeinen Sportteil lesen kann. Ob Marco Richter beim FC Augsburg der Durchbruch gelingt, darf dabei allerdings auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre bezweifelt werden.

In dieser Saison liegt die geringe Chance auf Einsatzzeiten zuerst am aufgeblähten Kader der ersten Mannschaft. Hier wird es schon schwierig Jugendspieler ins Training zu integrieren, ohne die Gruppengrößen zu sprengen. Auf der rechten defensiven Außenbahn beispielsweise ist der FCA neben seinem internationalen Topmann Paul Verhaegh mit Daniel Opare und Georg Teigl dreifach besetzt. Chancen für Raphael Framberger, den Rechtsverteidiger der U23, der hoffentlich bald von einer schweren Knieverletzung zurückkehrt, werden sich so nur schwer ergeben. Auf den zentralen offensiven Positionen sieht es ähnlich aus. Deswegen kam es schlussendlich auch zur Gala von Marco Richter, denn zum gleichen Zeitpunkt war die erste Mannschaft auf dem Weg ins Trainingslager. Auf seiner Position als hängende Spitze tümmeln sich Koo, Altintop und Usami. Auch Ji hat hier in der Vergangenheit schon gespielt.

Der letzte hoffnungsvolle Jugendspieler des FC Augsburg hat in der letzten Saison seine Leihe nach Kaiserslautern abgebrochen und ist frühzeitig zum FCA zurückgekehrt. Erik Thommy wurde mittlerweile an Jahn Regensburg verliehen. Die Daumen sind weiterhin gedrückt. Aber insgesamt sind das doch zu wenig Namen, die zu Einsatzzeiten im Profibereich gekommen sind. Zumindest kommt es mir auf Grund der Investitionen in das Nachwuchsleistungszentrum und der U23 in der vierten Spielklasse so vor. Was könnte sich also tun?

  1. Der FC Augsburg könnte seinen Profikader in dieser Transferperiode oder spätestens im Winter weiter ausdünnen, um eigenen Jugendspielern vermehrte Möglichkeiten zu verschaffen, sich im Training zu zeigen.
  2. Jugendspieler könnten früher Profiverträge erhalten, um proaktiv an Teams in der zweiten und dritten Liga verliehen zu werden und dort Spielpraxis auf einem Niveau über der eigenen U23 zu sammeln und sich so weiterzuentwickeln.
  3. Der FC Augsburg könnte bei Kaderentscheidungen vermehrt etwas enger planen, um Jugendspielern auch im Spielbetrieb der Bundesliga eine Chance zu geben.

Zu einer positiven Entwicklung gehören allerdings immer zwei Parteien. So darf man sich ruhigen Gewissens fragen, was aus Stephan Hain geworden wäre, wenn er a) in Augsburg geblieben wäre oder b) anstatt 1860 dem Angebot von Mainz 05 und Thomas Tuchel nachgegeben hätte. Das er jetzt wieder gegen die zweite Mannschaft des FC Augsburg im Dress der SpVgg Unterhaching antreten wird, hängt sicher auch an seinen Entscheidungen in der Vergangenheit. Wenn Marco Richters Vertrag im kommenden Sommer ausläuft, wird auch ihm eine schwierige Entscheidung ins Haus stehen.

Es kommt immer wieder die Frage auf, ob wir überhaupt Jugendspieler haben, die das Zeug für die Bundesliga mitbringen und bei denen sich diese Fragen stellen. Wenn wir daran nicht glauben, dann können wir die U23 abmelden und uns das Geld sparen. Ansonsten werden wir erst feststellen, ob die Fische schwimmen können, wenn wir sie irgendwann ins Wasser werfen. Dabei haben die Leistungen in der U23 sicher eine Indizwirkung, werden aber nie eindeutig zeigen, ob ein Spieler sich im Profibereich nachhaltig durchsetzen kann.

Die Schnittstelle zwischen U23 und Profiteam ist hierfür entscheidend. Das die Ausbildung von Jugendspielern schwieriger ist, als die Arbeit mit Profis, die über Jahre professionelles Training gewohnt sind, ist keine Frage. Ich hoffe diese Herausforderung war Teil des Anforderungsprofils an Dirk Schuster. Ansonsten sollten wir uns erneut darauf einstellen, dass Einsatzzeiten für eigene Jugendspieler in der Bundesliga sehr rar gesät sein werden. Daran können dann auch sehr gute Leistungen in der Regionalliga nur wenig ändern.

Hinten in der Mitte ist es kompliziert Teil 2

Erst letzte Woche hatte ich mich detailliert mit der Situation in der Innenverteidung beschäftigt. In dieser Woche ist dann einiges passiert, was diese Position für diese Saison beeinflusst.

Am Dienstag hat der FCA verkündet, dass er Gojko Kacar ablösefrei für zwei Jahre verpflichtet. Kacars Vertrag beim HSV war nach der letzten Saison ausgelaufen. In der Pressemitteilung zur Verpflichtung hat der FCA betont, dass Kacar „auch in der Innenverteidigung eingesetzt werden kann“. Auf dieser Position hatte er sich in Hamburg wieder in den Kader gekämpft, nachdem er vorher schon aussortiert, in die zweite Mannschaft degradiert und verliehen wurde. Kacar passt gut in das Beuteschema des FCA. Immer wieder werden hochveranlagte und erfahrene Profis verpflichtet, die vielleicht noch ein paar gute Jahre im Tank und in Augsburg die Aussicht auf ein ruhigeres Arbeitsumfeld haben. Hoffen wir, dass er in Augsburg im Herbst seiner Karriere erneut aufblüht.

Denn auf Kacar könnte es schon bald in der Innenverteidigung ankommen. Am Mittwoch gab der FCA den Wechsel von Ragnar Klavan nach Liverpool bekannt. Klavan war in den letzten Jahren mit Paul Verhaegh zusammen der verlässlichste Abwehrspieler des FCA. Von Verhaegh hebt ihn zusätzlich ab, dass er nie länger verletzt gefehlt hat. Er hat dauerhaft seine internationale Klasse unter Beweis gestellt und war ein Stützpfeiler, an dem sich andere Spieler orientieren konnten. Bei Offensivpressing von gegnerischen Mannschaften, hat er zusätzliche Aufgaben im Spielaufbau übernommen. Nachdem Jürgen Klopp in Liverpool auch auf Innenverteidiger setzt, die neben solider Abwehrarbeit Stärken in der Spieleröffnung haben, könnte Klavan in Liverpool zu einigen Einsätzen kommen.

Wer beim FC Augsburg zukünftig den Stützpfeiler in der Innenverteidigung bilden wird, ist dabei weit offen. Marvin Friedrich fehlt es an Erfahrung und auch Jeffrey Gouweleeuw hat noch Entwicklungspotential. Christoph Janker traue ich die Rolle nicht zu und bei Jan-Ingwer Callsen-Bracker würde ich mich überhaupt freuen, wenn er nach seiner schweren Verletzung nochmal in der Bundesliga auflaufen kann. Ich will gar nicht sagen, dass es nicht funktioniert. Aber war den Dortmundern auch so mulmig, als auf einmal Hummels und Subotic übernommen haben? Beide waren damals gerade um die 20 Jahre alt. Das der FCA keine fertigen Spieler verpflichten kann, zeigt der Vestergaard Transfer, der für 14 Mio. EUR von Bremen nach Gladbach gegangen ist. In diesen Welten sind wir trotz fortwährender Transfererlöse nicht angekommen.

Trotzdem darf man sich ruhigen Gewissens fragen, ob ein Aushilfsinnenverteidiger wie Kacar oder die anderen Alternativen im Kader einen Mann mit internationaler Klasse wie Klavan dauerhaft ersetzen können. Zum jetzigen Zeitpunkt sieht mir das nach einem deutlichen sportlichen Verlust aus, der sich nicht in der relativ geringen Ablösesumme ablesen lässt. Ich bin mir allerdings nicht sicher, dass sich dieser Verlust durch einen Transfer – unter Berücksichtigung unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten – überhaupt auffangen lässt. Eventuell müssen wir unseren jungen Spielern die Entwicklungschance geben und sollten diese nicht durch einen weiteren Transfer verbauen.

Wir in Augsburg behaupten immer wieder, dass wir ein geduldiges Publikum sind. In den letzten Jahren gab es selten Anlass dies über einen längeren Zeitraum nachzuweisen. Nun mit einem neuen Trainer, der sich eingewöhnen muss, und mit einigen Spielertransfers auch auf wichtigen Positionen, könnte die Stunde der Geduld  geschlagen haben. Nach Jahren mit einstelligen Tabellenplätzen und Europapokalteilnahmen hoffe ich, dass uns als Publikum diese Kerneigenschaft nicht abhanden gekommen ist. Langfristig haben wir seit langem zwei junge, hochveranlagte Innenverteidiger, die über mehrere Jahre ein sehr gutes Duo bilden können. Die Reaktion von den Rängen wird bei Fehlern ein Einflussfaktor sein. Haben wir die Geduld und das Vertrauen ihnen ihre Chance zu geben und diese evtl zu verlängern?

Es wird Zeit, dass es wieder losgeht!

Hinten in der Mitte ist es kompliziert

Es ist Sommer und dauert noch mehrere Wochen bevor die ersten Pflichtspiele anstehen. Nachdem der FCA das Training wieder aufgenommen hatte, damit sich der neue Trainer Dirk Schuster einen Überblick über den Kader verschaffen kann, wurden die Spieler auch schon wieder in den Urlaub geschickt, bevor die Mannschaft das Training wieder aufgenommen hat. Die Saison wird lang genug. Wer am Ende zum ersten Pflichtspiel auf dem Platz steht ist dabei in manchen Mannschaftsteilen noch völlig offen. Vor allem in der Innenverteidigung hat es sich vor kurzem noch  gewaltig geballt. Auf zwei Planstellen kamen sechs Bewerber, die sich um die Plätze stritten. Der FC Augsburg hat realistisch Bedarf für maximal 4 Innenverteidiger, wobei ich die vierte Position gerne perspektivisch besetzt sehen würde. Abgänge waren daher unvermeidlich. Nun ist Jeong-Ho Hong nach drei Jahren in Augsburg und mit einem Jahr Vertragsrestlaufzeit nach China gewechselt. Der FC Augsburg erhält eine stattliche Ablöse dafür, dass es Hong nie dauerhaft zum Stammspieler in der Bundesliga gebracht hat. So verbleiben nur noch 5 Spieler, die momentan mehr oder weniger bundesligatauglich sind, auf einer Position, auf der man vor kurzem noch von einem Luxusproblem sprechen konnte.  Lasst uns kurz auf die einzelnen Spieler schauen:

  • Jan-Ingwer Callsen-Bracker

Das Urgestein in der Gruppe. Im Verein seit Januar 2010. 6,5 Jahre in denen er mit dem FC Augsburg viele Höhen erlebt hat. Unvergesslich  sein Elfmeter in Mainz in der ersten Bundesligasaison, der uns den ersten Bundesligasieg beschert hat. Letztes Jahr der Pechvogel, nachdem ihn ein Belgrader Spieler im Sensationsspiel in Belgrad schwer verletzt hat. Mittlerweile 31 Jahre alt und noch mit Vertrag bis 2017. Kann noch nicht wieder am Training teilnehmen, nachdem der Heilungsprozess immer noch Zeit braucht. Fit zumindest ein sehr solider Back Up. Wird Zeit brauchen, bis er auch bzgl. seiner Fitness und Belastbarkeit wieder auf Bundesliganiveau spielen kann. Aber wann wird das wieder der Fall sein? Ein Wechsel scheidet auf Grund der gesundheitlichen Probleme aus.

  • Ragnar Klavan

Der Leistungsträger in der Gruppe. Der einzige Innenverteidiger im Verein, der nachhaltig seine internationale Klasse unter Beweis gestellt hat. Routiniert im Zweikampf und mit zusätzlichen Qualitäten im Spielaufbau. Da er auch schon 30 Jahre alt und mit Vertrag bis 2017 ausgestattet ist, wird gemunkelt, dass sich Klavan seinen Traum von der Premier League noch erfüllen will. Der FCA kann es sich wohl nicht erlauben, ihn nächstes Jahr ablösefrei gehen zu lassen. 140 Spiele in 4 Jahren haben aus ihm allerdings einen Stützpfeiler der Mannschaft gemacht, dessen Abgang eine sportliche Herausforderung darstellen würde. Ich würde ihn gerne mit einem Rentenvertrag in Augsburg sehen, sollte aber meinen Optimismus zügeln.

  • Christoph Janker

Janker kam vor 1,5 Jahren aus Berlin und war von Anfang an als Ersatzmann eingeplant. Mit seinen 31 Jahren wird aus ihm auch kein dauerhafter Stammspieler in der Bundesliga mehr werden. Sein Vertrag wurde im Winter verlängert, nachdem sich Callsen-Bracker schwer verletzt hatte. Die Vertragslaufzeiten von Hong und Klavan spielten dabei sicher auch eine Rolle. Wenn er spielen musste, dann nutzen schon einige Gegner Fehler im Stellungsspiel und seine fehlende Schnelligkeit aus. Für Janker wird es wohl keine Interessenten geben und ein Wechsel scheint unrealistisch. Mir würde es unwohl, wenn er der erste Backup auf der Position wäre.

  • Jeffrey Gouweleeuw

Der goldene Löwe wirkt bisher wie eine Topverpflichtung von Reuter im letzten Winter, die strategisch genau zur richtigen Zeit kam. Gouweleeuw hat gezeigt, dass er das Zeug zum Stammspieler in der Bundesliga hat. Zweikampfstark und körperlich äußerst robust, ist er defensiv verlässlich. Fraglich ist noch, wie sich seine Qualitäten in der Spieleröffnung weiterentwickeln lassen. Hier erwarte ich in der kommenden Saison die nächsten Schritte. Seine Zeit kommt jetzt!

  • Marvin Friedrich

Friedrich kam im Zuge des Weinzierlwechsels im Sommer von Schalke 04. Er ist sehr jung, hat aber bei Schalke schon erste Einsatzminuten in der Bundesliga und international erhalten. Er wird trotzdem noch Zeit brauchen, um sich spielerisch weiterzuentwickeln und körperlich robuster zu werden. In der ersten Saison würde ich von ihm noch nicht zu viel erwarten. Für die Zukunft kann er allerdings ein wichtiger Baustein werden.

Wie soll das enden? Ich weiß es nicht. Es wird sich wahrscheinlich noch etwas bewegen. Ich wünsche mir das Klavan verlängert. Er würde mit Jeffrey Gouweleeuw ein tolles Duo bilden. Wenn Klavan geht, bin ich gespannt, wer sich neben Gouweleeuw durchsetzen kann. Wie hoch wird der Druck auf Friedrich von Anfang an?  Kommt zusätzlich noch jemand, oder sieht Dirk Schuster jemanden wie Dominik Kohr als potentiellen Ersatz in der Innenverteidigung? Friedrich ist mir im Moment noch zu unerfahren, um ihn fest einzuplanen. Wir sollten ihn auch nicht verheizen. Dabei ist defensive Stabilität ein Leitsatz von Dirk Schuster. Die Innenverteidigung ist der Kern. Ich würde diese Position gerne früher als später mit hoher Qualität in die Saison starten sehen.

Was bleibt vom Theater zwischen Schalke und dem FCA?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de. 

Als der Wechsel von Markus Weinzierl nach Schalke konkreter wurde, war ich schnell dabei zu fordern, dass der FC Augsburg Markus Weinzierl nicht unter Wert abgeben sollte und dieser sehr hoch wäre. Einen zweistelligen Millionenbetrag hatte Klaus Hofmann letztes Jahr selbst aufgerufen, bei mir wurde daraus der 10. Mio. EUR Mann. 10 Mio. EUR wurden es am Ende nicht, aber ganz ohne Gegenleistung hat der FC Augsburg seinen Erfolgstrainer und dessen Team nicht gehen lassen. Weinzierls eigener Wechsel war dabei wohl nur die erste von drei Transaktionen und die Zusammenhänge werden wohl erst durch ein bisschen Abstand deutlich. Nachdem beide Vereine über Wechselmodalitäten Stillschweigen vereinbart haben, betreibe ich etwas gehobene Kaffeesatzleserei. Genau das Richtige für die Sommerpause bis zum ersten Stadionbier der neuen Saison.

Am 17. Juni 2016 hat der FC Augsburg die Verpflichtung von Marvin Friedrich bekannt gegeben. Der 20jährige Innenverteidiger wechselt fest von Schalke 04 zum FC Augsburg und unterschrieb einen Vertrag über 3 Jahre mit Verlängerungsoption. Stefan Reuter hat Friedrich im Rahmen der Verpflichtung wie folgt beschrieben: „Marvin Friedrich ist ein großes Nachwuchstalent, das auch schon in der deutschen U19- bzw. U20-Nationalmannschaft am Ball war. Wir sind sicher, dass Marvin sich in unserer Mannschaft in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird“. Friedrich kam bei Schalke in der letzten Saison sowohl in der Bundesliga als auch in der Europa League auf erste Einsatzminuten.

Ich rieb mir verwundert die Augen. Marvin Friedrich ist ein Spieler, den Vereine wie Schalke 04 normalerweise ausleihen, um ihm Spielpraxis zu verschaffen. Seine Einsätze für die Jugendnationalmannschaften und auch der Profivertrag bei Schalke 04 sind Indikatoren für sein großes Potential. Früher hätten wir einen Spieler dieses Kalibers ausgeliehen. Wir haben ihn aber fest verpflichtet. Nun ist Marvin Friedrich sicher noch nicht so weit wie Mats Hummels, als ihn Dortmund im Alter von 20 Jahren (erst nach einer Leihe) für 4,2 Millionen EUR fest verpflichtete. Wobei die Ablöse damals schon moderat bemessen war. Allerdings hat auch Neven Subotic in 2008 bei seinem Wechsel von Mainz 05 nach Dortmund im Alter von 19 Jahren schon 4,5 Millionen EUR gekostet. Ablösesummen sind seitdem erheblich gestiegen, was durch den Transfer für Jannik Vestergard für geschätzte 11 Mio. EUR von Bremen nach Mönchengladbach in diesem Sommer eindrucksvoll bestätigt wird. Ich glaube trotzdem nicht, dass der FC Augsburg mehrere Millionen für Marvin Friedrich überweisen muss. Dafür ist das Risiko, dass aus Marvin Friedrich ein Knowledge Musona der Innenverteidigung wird, zu groß und das Geld in Augsburg weiterhin nicht im Überfluss vorhanden. Zudem haben wir den Schalkern ja unseren Erfolgstrainer überlassen.

Rückblick: Am 02. Juni hat der FC Augsburg verkündet, dass Markus Weinzierl den FC Augsburg Richtung Schalke verlassen wird. In der Pressekonferenz in diesem Zusammenhang hat Stefan Reuter deutlich betont, dass die vertragliche Regelung mit Schalke 04 nur Markus Weinzierl selbst, allerdings nicht sein Trainerteam umfasst. Der FCA hat im Gegenzug direkt Dirk Schuster samt Trainerteam von Darmstadt 98 verpflichtet. Schalke 04 hat für Markus Weinzierl eine Ablöse bezahlt, die allerdings wohl nicht den ursprünglichen Forderungen des FC Augsburg entsprach. Es ist wohl auch davon auszugehen, dass die Vereine sich zu diesem Zeitpunkt auch schon über den Wechsel der Assistenztrainer von Markus Weinzierl und den Wechsel von Marvin Friedrich zumindest grundsätzlich einig waren. Am 15. Juni hat der FC Augsburg die Öffentlichkeit darüber informiert, dass die Verträge mit Weinzierls Assistenztrainern Wolfgang Beller und Tobias Zellner aufgelöst wurden. Knapp zwei Wochen nach Weinzierls eigenem Wechsel. Wobei davon auszugehen ist, dass Weinzierl seinen eigenen Wechsel mit dem Wechsel seiner Assistenten verknüpft hat. Trainer arbeiten heutzutage meist in festen Teams und Wechsel in den Teams sind im Erfolgsfall selten.

Warum den Wechsel erst jetzt finalisieren und verkünden? Der FC Augsburg musste sich mit Marvin Friedrich einigen und ihn von einem Wechsel überzeugen. Das kann Zeit in Anspruch genommen haben. Zudem hilft die dazwischenliegende Zeit wohl vor allem Schalke 04, um den Zusammenhang beider Transfers nicht allzu deutlich zu machen. Es scheint, als ob Markus Weinzierl der Wunschkandidat auf Schalke war. Für den FC Augsburg gab es keine Gründe, Weinzierl günstig aus seinem Vertrag zu lassen. Am Ende kann man in Augsburg mit dem Ergebnis wohl leben. Ein Trainer, der evtl. mit der sportlichen Ausrichtung in Augsburg nicht mehr ganz zufrieden war, hat den Verein nach 4 Jahren verlassen. Der Verein hat hierfür wohl eine Rekordablöse kassiert und einen hoch veranlagten Spieler fest verpflichten können. Weinzierls Erfolgsdruck auf Schalke wird nicht zusätzlich durch eine immense Ablösesumme erhöht. So oder so ähnlich, ist das Ganze besser gelaufen, als ich zuerst erwartet hätte. Jetzt muss nur noch aus Dirk Schuster unser neuer Erfolgstrainer werden und Marvin Friedrich spätestens in der übernächsten Saison relevante Spielminuten erhalten. Das Fundament ist durch die Verpflichtung wieder etwas breiter geworden.

#Idontgettired of Alex Esswein

Sommerpause. Die Zeit, in der viele Fans hoffen, dass ihre Mannschaft im nächsten Jahr besser spielt und abschneidet, weil man jetzt ein paar Kracher verpflichtet hat. Ich habe nichts gegen Verstärkungen, so lange wirtschaftlich nachhaltig gehandelt wird, aber mir ist wohl bewusst, dass jedem Zugang auch ein Abgang gegenüberstehen muss. Nach der Europa League Saison sollte es rein rechnerisch diesen Sommer beim FC Augsburg mehr Abgänge als Zugänge geben. Spieler, die in den letzten Jahren unsere Farben vertreten und in unserem Fall im Kollektiv die Erwartungen übererfüllt haben, werden Augsburg verlassen. Sascha Mölders war im Winter so ein trauriger Fall. Auch bei anderen Spielern kehrt bei Abschiedsgedanken bei mir etwas Melancholie ein, weil ich hohe Erwartungen hatte und immer wieder hoffe, dass diese in Augsburg von den Spielern erfüllt werden. Alex Esswein fällt in diese Kategorie.

Meine erste Erinnerung an Alex Esswein geht auf ein Bundesligaspiel im August 2011 zurück. Augsburg und Nürnberg spielten im Frankenstadion gegeneinander und Esswein markierte nach tollem Solo das spielentscheidende Tor für Nürnberg. Ich war mit meinem Schwiegervater – einem Club Fan – vor Ort und musste meinen Ärger im Zaun halten. Im März 2013 traf Esswein für den Club erneut gegen uns, bevor er im Januar 2014 von Nürnberg nach Augsburg wechselte. Damals freute ich mich, dass wir diesen talentierten Spieler verpflichten konnten, immer noch jung und mit einem Hang zur Torgefährlichkeit in entscheidenden Situationen. Endlich für und nicht gegen uns. Das Esswein in seiner Zeit in Nürnberg nur 7 Tore erzielte und gerade gegen uns zweimal erfolgreich war, ist mir damals nicht aufgefallen.

Nach nun 2,5 Jahren in Augsburg steht Alex Esswein erneut an einem Scheidepunkt in seiner Karriere. Sein Vertrag in Augsburg läuft noch bis 2017 und so kann der FCA nur noch in diesem Sommer eine Ablöse für ihn erzielen. Die Alternative wäre, dass Esswein seinen Vertrag in Augsburg verlängert. Die ersten Wechselgerüchte sind mittlerweile aufgetaucht. Esswein ist mit seiner Schnelligkeit und Torgefährlichkeit für viele Clubs immer noch interessant. Zudem ist er mit nun 26 Jahren immer noch relativ jung und sollte einige weitere Jahre auf hohem (?) Niveau spielen können.

Esswein hat während seiner Zeit in Augsburg Akzente setzen können. 70 Spiele sind zusammen gekommen. Dabei hat ihm allerdings lange die nötige Effektivität vor dem Tor gefehlt. 5 Tore sind zu wenig auf einer Position, auf der es Andre Hahn in Augsburg zum Nationalspieler gebracht hat. In Augsburg könnte der Trainerwechsel für Alex Esswein allerdings neue Möglichkeiten eröffnen. Dirk Schuster setzt sehr auf Konterangriffe, für die Esswein auf Grund seiner Schnelligkeit prädestiniert scheint. Allerdings erwartet Schuster auch konsequente Defensivarbeit. In diesem Bereich hat sich Esswein zwar schon unter Weinzierl phasenweise verbessert gezeigt, aber die Defensivarbeit ist bei ihm immer noch ein Manko. Essweins Fortschritte wurden dabei auch immer wieder durch Verletzungen behindert. Neben einem Kniescheibenbruch und einem Muskelbündelriss fiel er mehrmals durch muskuläre Probleme aus. In der Hinrunde hatte ich dann gehofft, dass der Knoten geplatzt ist. Er erzielte Tore gegen Hannover, die Bayern und den VfB Stuttgart. In einigen guten Partien war er teilweise der offensiv gefährlichste Spieler. Leider blieb es bei einer Phase.

Ich kann daher nachvollziehen, warum der Trennungsschmerz bei einem Abschied begrenzt wäre. Andererseits ist Esswein für mich ein Typ mit Ecken und Kanten. Kein glatter Musterprofi. Zusätzlich kann er in Spielen die Entscheidung bringen, auch von der Bank. Diese Eigenschaften lassen ihn trotz seiner Verletzungshistorie und unkonstanter Leistungen in den Fokus anderer Vereine rücken. Wenn man betrachtet, welche Entwicklungen Konstantin Rausch oder Sandro Wagner unter Dirk Schuster genommen haben, so würde ich gerne sehen, wie hoch wir die Latte für Alex Esswein beim FC Augsburg noch legen können. Eine Vertragsverlängerung um ein Jahr sollte kein allzu großes Risiko und für Esswein eine entsprechende Probezeit darstellen. Dann können wir seine Instagram Hashtags in der Realität überprüfen. Ansonsten wird er für einen anderen Verein treffen. Hoffentlich nicht wieder gegen uns, aber wir wissen ja alle wie das dann laufen wird.

Jetzt hat das Karussell in Augsburg ausgedreht

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de. 

Gefühlt die halbe Rückrunde und seit dem letzten Spieltag hat sich das Trainerkarussell  in Augsburg – mal etwas schneller, mal auch wieder langsamer – gedreht.  Jetzt ist es zum Stillstand gekommen. Der Wechsel von Markus Weinzierl zu Schalke 04 wurde genauso offiziell bestätigt wie der Wechsel von Dirk Schuster von Darmstadt 98 zu uns. Nach 4 Jahren wird somit Dirk Schuster Markus Weinzierl als Cheftrainer beim FC Augsburg ablösen. Was bedeutet das nun für den FC Augsburg?

Als erstes will ich Markus Weinzierl und seinem Team ausdrücklich für die Arbeit in den letzten 4 Jahren danken. Er hat seine Position in Augsburg angetreten, nachdem wir gerade ein einziges Jahr Bundesliga gespielt hatten, und vor allem durch seine Arbeit sind weitere 4 Jahre dazu gekommen. Wir spielen nächstes Jahr unsere sechste Saison in Folge in der Bundesliga. Das ist immer noch unglaublich und war vor Jahren für mich unvorstellbar. Markus Weinzierl und sein Team sind zu einem großen Teil für diesen sportlichen Höhenflug verantwortlich. Das Trainerteam hat uns unvergessliche Momente beschert, indem es nicht nur immer wieder die Klasse gehalten hat, sondern auch die Großen immer wieder ärgern wollte. 2 Siege gegen die Bayern (wie Baier Weiser den Ball abnimmt, passt und Mölders verwandelt bzw. Bobadilla mit einem Traumabschluss) und etliche gute Spiele und Resultate gegen die weiteren Vereine da oben zeigen auch den Anspruch dieses Trainers. „Nur“ die Klasse zu halten, war ihm schon nach dem ersten Jahr nicht mehr genug und so ist die Qualifikation für die Europa League auch seiner Begeisterung für den sportlichen Wettkampf zuzuschreiben. Umso mehr muss diesen Trainer der Beginn dieser Saison genervt haben. Ich hätte mir gewünscht, dass er weiterhin und langfristig in Augsburg tätig sein will, aber dem ist wohl nicht so. Der FC Augsburg konnte am Ende nicht mit der Entwicklung des Markus Weinzierl Schritt halten. Aber unser Ziel ist weiterhin der langfristige Verbleib in der Bundesliga und ich bin sehr gespannt, wie lange Markus Weinzierl sich bei Schalke 04 halten kann. Am Ende hat Markus Weinzierl wohl auch mit seiner Ablöse einen erneuten Rekord gesetzt, auch wenn die Ablöse in jedem Fall zu gering ausgefallen ist. 4 Jahre sind für eine Trainerstation eine lange Zeit und ich hoffe wir denken nicht schon bald sehnsuchtsvoll an die Kontinuität auf dieser Position zurück.

Mit Dirk Schuster kommt nun einer, der selbst bei seinem letzten Verein mehrere Fußballwunder vollbracht hat. Auch bei ihm scheint der Verein nun aber seine Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, wohingegen Dirk Schuster weiterhin ambitioniert nach oben strebt. Zu uns. Mit uns. Ein ungewohntes Gefühl, das auch mit dem Eindruck verbunden ist, dass Dirk Schuster schnell von uns überzeugt war. Wir sind wer geworden. Angekommen. Etabliert. Dabei hat er in Darmstadt aus sehr wenig sehr viel gemacht und ich bin gespannt, wie er nun zurecht kommt mit einer Mannschaft, die selbst schon über eine Struktur verfügt und mehr Potential besitzt als seine bisherigen Teams. Man konnte allerdings schon in Darmstadt erkennen, dass er sehr gut mit erfahrenen und ausrangierten Profis arbeiten kann, diese weiterentwickelt und einen Zugang findet. Das war über Jahre unser Erfolgsrezept in Augsburg und wird ihm sicher weiterhin einen Vorteil verschaffen. Es wird sich zeigen, ob wir auch in Augsburg den extremen Langballfußball zu sehen bekommen, der in Darmstadt an der Tagesordnung war. Insgesamt scheint mir der Augsburger Kader gut geeignet zu sein, um Dirk Schusters taktische Vorstellungen umzusetzen. Der Transfer eines schnellen Außenbahnspielers wie Georg Teigl passt gut in die konterorientierte Philosophie. Das Dirk Schuster aus den gleichen Gründen wir Markus Weinzierl gewechselt ist und auch er immer höher und weiter strebt, sollte uns zu diesem Zeitpunkt nicht abschrecken. Ich hoffe, wir müssen darüber in 2,5 Jahren nochmals nachdenken.

Nun ist es sehr einfach, Markus Weinzierl vorzuwerfen, dass er auf Grund des Geldes und der sportlichen Perspektive nach Schalke gewechselt ist. Dies wird sicher einen bedeutenden Anteil an der Entscheidung ausgemacht haben. Dazu kommt aber wohl, dass die sportlichen Vorstellungen zwischen Weinzierl auf der einen Seite und dem FC Augsburg auf der anderen Seite in der letzten Saison nicht mehr ganz zusammen gepasst haben. Weinzierl hat zu Beginn der Hinrunde offensiver spielen lassen und es sind postwendend die Ergebnisse ausgeblieben, wobei die Leistungen der Mannschaft nicht schlecht waren. Ich habe zu diesem Zeitpunkt oft von einer Ergebniskrise gesprochen. Allerdings hat man immer wieder Lücken in der Defensive offenbart, die zu Gegentoren führten. Im Laufe der Saison gab es eine Umkehr zu mehr defensiver Stabilität, die sich in positiven Ergebnissen niederschlug. Aus den Interviews von Markus Weinzierl z.B. mit der Zeit habe ich den Eindruck gewonnen, dass man sich intern nicht immer uneins war bzgl. der sportlichen Ausrichtung der Mannschaft. Mein Eindruck ist, dass Markus Weinzierl tendenziell einen offensiveren Fußball spielen wollte, der Verein aber nicht von diesem Konzept überzeugt war. Die Trainerwechsel lösen diese Spannung nun auf und beim FC Augsburg ist die sportliche Strategie mit Dirk Schuster nun wieder klar und eindeutig. Stefan Reuter hat den Trainerwechsel ausführlich erläutert. Während der Pressekonferenz führte er zwei wesentliche Gründe für Dirk Schuster an. Zum einen kann Dirk Schuster aus geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten viel herausholen und zum anderen will der FC Augsburg zukünftig sehr kompakt stehen und schnell umschalten. Man könnte aus Reuters Antwort auf die folgende Frage die Überzeugung herauslesen, dass mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten des FC Augsburg die angedachte Spielphilosophie von Markus Weinzierl oder generell ein etwas offensiverer Fußball nicht erfolgreich umsetzbar ist. Die Verpflichtung von Dirk Schuster ist damit als eine Rückkehr zu einem Konzept des Defensivfußballs zu sehen, welches offensiv auf Konterangriffe setzt.

Der Trainer ist dabei immer ein Vorbild und wenn Markus Weinzierl die Leidenschaft, die wir als Fans von den Spielern erwarten, nicht mehr authentisch vorleben kann, dann ist die Zeit für einen Wechsel wohl gekommen. Mir scheint, dass die Differenzen bzgl. der sportlichen Ausrichtung der Mannschaft am Ende zu groß wurden. Stefan Reuter ist dabei momentan in einer undankbaren Lage. Er ist in der Situation von Eltern, die übermütige Kinder wieder zur Vernunft bringen müssen. (Ich meine damit nicht die lokale Presse) Unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten sind immer noch gering, unsere Jugendabteilung hinkt hinterher und wir investieren weiter in die Infrastruktur. Für den Verein kommt es nicht darauf an, überaus attraktiven Fußball zu spielen, sondern weiter immer wieder die Klasse zu halten. Die letzten Jahre zeigen aus meiner Sicht, dass dieser Weg richtig ist, sonst wären wir nie in Europa gelandet oder hätten die Bayern geschlagen (ja, zweimal).

Spielerisch sollten wir deshalb keine Wunderdinge erwarten, sondern uns wieder auf unsere Wurzeln besinnen. Beißen, kratzen und die Großen ärgern. Mir ist es lieber, es steht dabei jemand an der Seitenlinie der zu 100% Bock hat und mit dem FC Augsburg weit kommen will, als das jemand nur seine Pflicht erfüllt und die sportliche Philosophie nicht mit trägt. Markus Weinzierl ist dabei immer authentisch geblieben und es hat über eine lange Zeit vieles gepasst. Bis zum Ende hat er sehr professionell seinen Job erledigt. Bei Dirk Schuster hoffe ich das auch, habe aber Zweifel. Er polarisiert. Er ist ein Typ. Fünf seiner Spieler haben zufälligerweise eine Gelbsperre bei der Partie gegen die Bayern abgesessen. Darüber ob die Gelbsperren bewusst abgeholt wurden, kann nur spekuliert werden. Darmstadt wurde in der vergangenen Saison allerdings vorgeworfen zu tricksen. Ich kann mich damit anfreunden, nicht den attraktivsten Fußball zu sehen. Ich erwarte aber von einem Trainer, dass er in jedem Spiel die bestmögliche Mannschaft zur Verfügung hat und alles gibt, um alle 34 Spiele der Saison sportlich fair zu gewinnen. Die sportliche Führung geht wohl davon aus, dass Dirk Schuster mit seiner Mentalität zu uns passt. Tricksen und Mätzchen ärgern mich, auch und besonders beim eigenen Team. Bei Markus Weinzierl würde ich behaupten, dass er das sehr ähnlich gesehen hat. Dirk Schuster muss mich überzeugen.

Meine Erwartungen sind für die nächste Saison allerdings grundsätzlich gering. Ich kann mich gut an die erste Halbserie unter Markus Weinzierl erinnern. Wenn wir bald Dirk Schuster beurteilen, sollten wir alle diese Erinnerungen ausgegraben haben. Der Plan in Augsburg war immer langfristig. Die Reise geht weiter. Mit leichter Übelkeit nach zu langer Fahrt im Trainerkarussell sagen wir: Adieu Markus Weinzierl, Servus Dirk Schuster. Es gibt viel zu tun. Packen wir es an. Auf unsere Art. Die hat uns dahin gebracht, wo wir momentan sind.

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