Wo landet der FC Augsburg am Ende der Saison? Aktuell ist diese Frage sehr schwierig zu beantworten. Ist doch nicht mal klar, wo der FCA momentan steht. Rein nüchtern betrachtet: 21 Punkte, Platz 13. Tabellenmittelfeld. Nur: Was ist diese Platzierung wert? Steckt der FCA im Abstiegskampf oder darf man schon (leicht) nach oben schauen? Diese Antwort ist gar nicht so leicht zu beantworten.
Einerseits hat die Thorup-Elf komfortable neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz 16 und nur vier Zähler Rückstand auf Rang acht, der diese Saison für Europa reichen könnte. Denn die beiden europäisch besten Länder erhalten einen zusätzlichen Champions-League-Startplatz – plus die zwei Plätze für die Europa League & Conference League. Derzeit liegen Italien und Deutschland vorn. Laut aktueller Bundesligatabelle wären damit die achtplatzierten Hoffenheimer in der Conference-League-Quali.
Andererseits hat der FCA tatsächlich genau so viele Punkte auf dem Konto als zum selben Zeitpunkt der Vorsaison. Und da war es bis in die letzten Minuten der Saison unklar, ob es für den Klassenerhalt reicht. Es ist immer noch surreal, dass es die aktuell so brillant aufspielenden Stuttgarter nicht geschafft haben, zu Hause die schon geretteten Hoffenheimer zu schlagen.
Die Vier-Klassen-Bundesliga
Um die Leistung des FCA ein bisschen einzuordnen, lohnt der Blick auf die Konkurrenz. Die Bundesliga ist zurzeit eine Vier-Klassen-Gesellschaft, die sich wie folgt zusammensetzt.
1. Die Titelkandidaten: Leverkusen, Bayern
2. Die Europaanwärter: Stuttgart, Dortmund, Leipzig, Frankfurt, Freiburg
3. Das Mittelfeld: Hoffenheim, Bremen, Heidenheim, Wolfsburg, Gladbach, Augsburg, Bochum, Union Berlin
4. Die Kellerkinder: Köln, Mainz, Darmstadt
Die Grenzen sind fließend. Union Berlin blickt freilich eher gen Keller als Hoffenheim. So oder so liegen im Mittelfeld zwischen Platz 9 und 14 nur drei Punkte. Einige dieser Mittelfeldteams orientieren sich eher am Abstiegskampf. Für Bremen, Heidenheim, Bochum und den FCA geht es gewiss erst mal um den Klassenerhalt. Mit dem wollen Gladbach, Hoffenheim und Wolfsburg eigentlich gar nichts zu tun haben, sie schielen auf die europäischen Plätze. Diese hatte Union die letzten Jahre im Dauerabo, da wirkt Abstiegskampf fern.
Wegweisende Partie in Bochum
Nun geht es für den FCA nach Bochum. Eine Mannschaft, die ich vor der Saison klar zu den Abstiegskandidaten gezählt habe. Und die für mich auch noch nicht wirklich raus ist aus dem Abstiegskampf. Aber: Ist das der FC Augsburg? Das Spiel in Bochum ist bei dieser Frage ein wegweisendes. Ein Sieg gegen den VfL und man darf träumen. Vom Klassenerhalt. Von einer entspannten Saison. Oder von mehr. Eine Niederlage und man sollte gar nicht erst anfangen, von mehr zu reden.
Montagmorgen nach dem letzten Sonntagsspiel in der Bundesligasaison für den FC Augsburg. 0:3 hat man zu Hause verloren. Am Ende wurde es deutlich, nachdem Dortmund lange mit einem Mann in Überzahl spielte. Die Schützenhilfe in Sachen Klassenerhalt blieb aus. Und am Ende muss sich der FCA mal wieder hauptsächlich über sich selbst ärgern.
Dummheiten
Immer und immer wieder stellt ich die Mannschaft in dieser Saison selbst ein Bein. In diesem Falle in Person von Felix Uduokhai, der nicht nur gegen Dortmund vom Platz flog, sondern der Mannschaft nun auch im entscheidenden Spiel in Gladbach fehlen wird (eine gerechte Strafe für das Vergehen wäre, dass Felix nächste Woche mit mir den Spieltag verbringen und meine Nervosität aushalten muss).
Ja, die rote Karte war hart. Ja, der VAR ist scheiße. Diesen Zweikampf in dieser Situation so zu führen, ist allerdings das grundsätzliche Problem. Und diese Fehler begleiten den FCA durch die Saison. Wenn wir sie nächste Woche nicht abstellen können, ist die Relegation ein realistisches Szenario.
Noch stehen wir
Auch nach dem Platzverweis oder auch dem 0:1 steckte niemand zurück. Die Mannschaft hielt sich selbst im Spiel und hatte über Irwin Cardona auch eine sehr gute Chance um zum Ausgleich zu kommen. Alleine, zählbares war an diesem vermaledeiten Nachmittag nicht zu verbuchen.
Was mich allerdings in dieser Phase fast umgehauen hat, war die Wucht des Supports von der Ulrich Biesinger Tribüne. Laute und dauerhafte Gesänge. Gänsehaut! Ich hoffe, wir testen nicht aus, wie viel dieses Supports den FCA auch in die zweite Liga begleiten würde. Nach 6 ausverkauften Spielen am Stück steht der FCA abseits des Platzes so gut da wie schon lange nicht mehr. Der Wille der Mannschaft und der Support aus der Kurve sind eine gute Voraussetzung für das Finale am Samstag.
Entscheidung
Am Samstag in Gladbach wird sich nun entscheiden, was sich schon viel früher hätte entscheiden können. Die Mannschaft muss Zeugnis darüber ablegen, ob sie direkt die Klasse halten kann. Dabei hat sie weiterhin alle Zügel in der eigenen Hand. Was unbedingt vermieden werden muss: Auf Schützenhilfe aus Leverkusen oder Hoffenheim dürfen wir uns nicht verlassen. Und Gladbach sollte, nachdem sie Leverkusen erfolgreich geärgert haben, niemand unterschätzen.
Am Ende wird es nun darauf ankommen, dass nächsten Samstag die beste Mannschaft des FC Augsburg zeigt, dass sie gegen einen überaus mittelmäßigen Bundesligagegner Punkten kann, wenn es darauf ankommt. Egal, welche Entscheidungen der Schiedsrichter trifft. Wieviel Glück wir auch immer im Spielverlauf haben werden. Am Samstag kann es keine Ausreden geben.
Der Ernst der Lage
Die negative Serie nun in der zweiten Hälfte der Rückrunde, abseits ganz weniger Ausnahmen, sollte dazu führen, dass man das ein oder andere hinterfragt. Auch im sportlichen Bereich und in und um das Trainerteam herum. Über die letzten Wochen ist mir das zu viel Kuschelatmosphäre. Enno Maaßen betont immer wieder, dass die Mannschaft einen Funken Leichtigkeit behalten muss und man das Positive hervorheben will.
Andererseits steht man nun kurz vor dem Abgrund. Niemand will Relegation spielen. Immer wieder wurde hervorgehoben, dass andere Clubs unsere Lage beneiden würden. Mittlerweile hat sich ein Club nach dem anderen selbst gerettet und ich beneide die Hoffenheimer oder Bremer Fans, die sich das Spektakel am letzten Spieltag ganz entspannt anschauen können. Am Ende braucht es Ergebnisse und der Ernst der Lage sollte allen klar sein.
Wendepunkte
Es gibt immer wieder spezielle Spiele und Vorkommnisse, die den Verlauf der weiteren Vorkommnisse entscheidend prägen. In der Hinrunde war es das Spiel gegen die Hertha, das hier eine entscheidende Rolle eingenommen hat. In der Rückrunde ist es nun das Spiel in Gladbach, das zu einem solchen Wendepunkt werden wird.
Entweder der FCA kann ab der folgenden Woche in die Planung für die nächste Bundesligasaison einsteigen. Oder man muss sich auf die Lotterie Relegation einlassen, in der es dann erneuter, bis dahin dann länger nicht erbrachter Klassenbeweise bedarf. Es wäre doch sehr erfreulich, wenn die entscheidenden Punkte nun in Gladbach eingefahren würden.
Führungsspieler
In Gladbach wird es nun auch darauf ankommen, dass die Führungsspieler ein konzentriertes und fehlerfreies Gerüst bilden. Nachdem sich Felix Uduokhai hier selbst aus der Verantwortung genommen hat, bleibt als Eckpfeiler Jeff Gouweleeuw, auf den es mehr denn je ankommen wird. Daneben wird Ermedin Demirovic eine Schlüsselrolle einnehmen müssen.
Ansonsten kämpfen die Spieler teilweise mit sich selbst. Mads Petersen, der ein absoluter Mentalitätsspieler ist, konnte gegen Dortmund nach einer Verletzung nur eine Halbzeit mitwirken. Elvis Rexhbecaj kämpft so kurz vor dem Saisonende mit seiner Form. Arne Maier mit der Gesundheit. Ein schlechter Zeitpunkt für fehlende Prozente und eine wankende mannschaftliche Struktur. Zeit, dass sich der ein oder andere hervortut und auch Niklas Dorsch zeigt, welche Rolle er in Augsburg einnehmen will.
Abschiede
Ach wie gerne würde man in dieser Situation einen fitten André Hahn auf dem Rasen sehen. Einen Spieler, der ein ums andere Mal angerannt ist für diesen Club. Der mit seiner Dynamik vor dem gegnerischen Tor aufgetaucht ist und sich leider schwer verletzt hat und dessen Vertrag nun nicht verlängert wird. André Hahn in Topform könnte momentan sehr helfen. André Hahn wird fehlen. Kein Spieler hat für den FC Augsburg so viele Tore in der Bundesliga aus dem Spiel heraus erzielt (Finnbogason durch 9 Elfmeter ein paar Tore mehr). Hahn ist ein Schlüsselspieler der Bundesligajahre. Und ein sehr guter Typ.
Der FC Augsburg hat es in diesem Jahr geschafft, den Spielern, bei denen der Abgang zum jetzigen Zeitpunkt feststeht, eine würdige Verabschiedung auf dem Rasen zu bereiten. Es war nicht ganz wie in Liverpool mit großem Spalier , aber es ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.
Heraus stach dabei Hahn, der sich – nach dem offiziellen Teil der Verabschiedung – mit seiner Frau und seinen Kindern den Kindern auf der Stadionrunde anschloss und seine eigene Ehrenrunde lief. Am Samstag in Gladbach spielt das Team nun auch für André Hahn, damit seine letzte Saison in Augsburg nicht als Abstiegssaison in die Bücher eingeht. Auf jetzt!
Das Wochenende war für FCA Fans ernüchternd. Nachdem man zu Hause gegen Union Berlin eines der besseren Teams der Liga geschlagen hatte, ist man gegen Bochum erneut leer ausgegangen. Immerhin hat die Konkurrenz keine Überraschungen geliefert und ging in vielen Fällen leer aus oder mit nur einzelnen Punkten vom Platz.
Überraschend kam das Ergebnis gegen Bochum derweil nicht. Auch gegen Hertha BSC haben wir diese Saison zweimal verloren, gegen Stuttgart einen mageren Punkt geholt. Bei Hoffenheim haben wir wohl zwischendurch gedacht, dass es sich bei dem Team um einen höherwertigen Konkurrenten handelt. Anders ist der 3er gegen die Sinsheimer Truppe nicht zu erklären. Insgesamt ist die Ausbeute gegen Teams aus dem Keller besorgniserregend und auch dafür verantwortlich, dass wir zu diesem späten Zeitpunkt in der Saison immer noch mit dem Abstieg zu tun haben. Und im
Frühe Indikatoren
Dass sich auch gegen Bochum nichts ändern würde, hatte sich schon direkt nach dem Spiel gegen Union angedeutet. Direkt nach dem Spiel haben sowohl Stefan Reuter als auch Enno Maaßen betont, dass man nun gegen Bochum nachlegen müsste. Es wurde der Fokus direkt auf Bochum gelenkt und man darf sich fragen, ob dies bei irgendeinem anderen Team in dieser Form notwendig gewesen wäre. Bochum war der letzte direkte Konkurrent auf dem Spielplan in dieser Saison. Man konnte sich realistisch genau in dieser Partie selbst aus dem Abstiegskampf herausnehmen. Bochum war „die Partie“ im Saisonendspurt, in der man nochmal hätte auftrumpfen können. Warum musste deren Bedeutung überbetont werden? Sie hätte absolut klar sein sollen.
Andererseits war das Team nicht so richtig im Abstiegskampf angekommen. Enno Maaßen betonte noch vor dem Spiel gegen Union, dass man sich vor allem auf sich selbst konzentriere und schlecht Stimmung nichts bringen würde. Es gibt allerdings wohl einen Anspruch den ein Team erfüllen sollte, der nichts mit der Stimmung in demselben zu tun hat. Und dies ist gegen die direkte Konkurrenz in dieser Saison selten geglückt. Wenn man auf der Suche nach Gründen in die Analyse einsteigt, dann kommt hier wohl auch die Frage auf, ob der an die Mannschaft formulierte Anspruch der richtige ist.
Spätere Indikatoren
Später in der Woche habe ich mir dann zumindest die Augen gerieben. Im Kicker Transferticker tauchten gleich vier Meldungen betreffend den FCA auf. Bei Mergim Berisha wurde über einen direkten Weiterverkauf spekuliert, wenn man nun die Kaufoption zieht. Bei Arne Engels wurde suggeriert, der FCA würde ihn bei einem Mondangebot direkt nach 6 Monaten ziehen lassen. Auch bei Iago wurde ein Wechsel im Sommer nahegelegt. Und natürlich durften auch die Spekulationen über Ricardo Pepi und mögliche Ziele im Sommer weiter vorangetrieben werden.
Die Vielzahl der Meldungen suggeriert, dass nicht ein anderer Verein oder ein einzelner Berater mit dem kicker gesprochen hat. Es liegt dagegen nahe, dass ein Verantwortlicher des FCA ein Hintergrundgespräch mit dem kicker geführt hat. Der Zeitpunkt desselben und auch die Veröffentlichung der Meldungen suggeriert, dass – entgegen der öffentlichen Kommunikation – nicht jeder in der Organisation die Bedeutung der letzten Partien angenommen hat. Diese Störfeuer sind in der derzeitigen Phase schlicht unnötig.
Grundtugenden
In der Bundesliga geht es eng zu wie nie. Es gibt keinen Gegner, gegen den man im Vorbeigehen Punkte mitnehmen kann. Der FCA hat gegen die sportlich hochklassigen Gegner Wege gefunden, zu überraschen. Hier ist die Bühne groß und die Jungs wissen, dass sie alles und ein bisschen mehr abrufen müssen, um erfolgreich zu sein. Sobald die Gegner unterhalb des FCA in der Tabelle stehen, schleicht sich allerdings der Schlendrian ein. Auf einmal lässt man sich – wie gegen Bochum gesehen – direkt zu Beginn überraschen oder man schlampt im Spielaufbau. Immer und immer wieder stolpert man über individuelle Fehler in einzelnen Situationen. Dann kostet es umso mehr Mühe wieder in Partien zurückzufinden und gelingt auch oftmals nicht. Das Muster wiederholt sich.
In dieser Saison mache ich mir weiterhin keine großen Sorgen bzgl. des Abstiegs. Es ärgert mich als Fan dann aber doch, dass die Mannschaft ihr Potential in den Spielen gegen die direkte Konkurrenz oftmals nicht ausschöpfen kann. Es ärgert mich, dass wir es nicht schaffen, mit einem Fokus auf unsere Routinen und Ansätze eine solche Partie auch einfach mal deutlich zu gewinnen. Wir haben in dieser Saison nicht einmal mit mehr als einem Tor Abstand gewonnen. Wir lassen uns von Gegnern, die sportlich nicht unser Potential besitzen, auf deren Niveau ziehen und schlagen.
Nach dem Spiel gegen Bochum stellte Enno fest, dass der Bochumer Sieg dann auch verdient war, weil Bochum es am Ende unbedingt wollte. Man hätte auch feststellen können, dass es der Mannschaft nicht gelungen ist, zwar mit breiter Brust aber auch der notwendigen Demut die Situation anzunehmen und sich von Bochum nicht beirren zu lassen. Dabei muss uns allen bewusst sein, dass der zukünftige sportliche Erfolg des FCA vor allem davon abhängt, dass man für diese Partien wie in Bochum einen Schlüssel findet. Wenn wir es selbst regeln müssen, sind wir auch in dieser Saison nun weiterhin auf Überraschungen gegen große Clubs angewiesen. Hoffen wir, dass es nicht schief geht.
Der FCA gewinnt nach einer aufopferungsvollen Partie mit einem knappen 1:0 gegen den Champions League Aspiranten Union Berlin. Schütze des goldenen Tores war Stürmer Dion Beljo, der eine präzise Flanke von Ruben Vargas volley verwandeln konnte. Die ausverkaufte WWK-Arena tobte, der FCA hielt das Ergebnis, trotz einer Drangphase der Berliner zum Ende hin. Mit diesen drei Punkten konnte sich die Maaßen-Elf im Abstiegskampf etwas absetzen – doch was bleibt, sind Fragezeichen und Erleichterung?! Der Klassenerhalt, so viel steht fest, ist aber längst noch nicht in trockenen Tüchern.
Verletzungen
Neben dem verletzten Torwart Rafal Gikiewicz und den langzeitverletzten Strobl, Hahn und Oxford gesellte sich zuletzt Julian Baumgartlinger zu dieser illustren Runde. Der Mittelfeldspieler steht wegen einer Menikusverletzung vor dem verfrühten Saisonaus. Fredrik Jensen und Iago plagt seit geraumer Zeit ebenfalls eine hartnäckige Blessur, Mergim Berisha laboriert an Sprunggelenksproblemen. Zu allem Überfluss war Nathaniel Mbuku grippal erkrankt. Man muss sich hier die Frage stellen, wie die Truppe wohl spielen würde, wenn alle Mann mal an Bord wären…. diese Verletzungsmisere zieht sich schon durch die ganze Saison.
Umstellungen
Durch diese Ausfälle ist der Coach zu Umstellungen gezwungen. Eine Personalie, die mittlerweile nicht mehr ganz so heiss diskutiert wird, ist Tomas Koubek. Der Tscheche stand erneut von Beginn an im Kasten, Daniel Klein saß als temporäre Nummer zwei auf der Ersatzbank.
Trainer Enno Maaßen stellte sodann auf nur einer Position um, für Renato Veiga startete Innenverteidiger Maximilian Bauer. Mergim Berisha schaffte es überraschend-unüberraschend in den Spieltagskader, Maaßen prognostizierte schon in der PK vor dem Spiel einen Kurzeinsatz des Stürmers. Der kicker sah in der gewählten Startformation ein 3-4-2-1, Transfermarkt ein flaches 3-4-3. Die defensive Dreierkette bildeten jedefalls die drei etatmäßigen Innenverteidiger Jeff Gouweleeuw, Felix Uduokhai und Bauer vor Torhüter Koubek, das defensive Mittelfeld Engels und Rexbecaj, die defensiven Außenparts bekleideten Pedersen und Maier, die offensiven Flügel Demirovic und Vargas, im Zentrum positionierte sich Dion Beljo als Mittelstürmer.
Sieben Partien sieglos
Ein wenig zitterten mir ja schon die Knie, als ich die Dreierkette als Startformation bildlich vor mir sah. Gemäß Transfermarkt ging der FCA bisher in dieser Saison nur einmal mit einer initialen Dreierkette als Sieger von Platz. Dies am zweiten Spieltag beim Auswärtssieg beim ehemaligen Angstgegner Bayer Leverkusen, der FCA gewann 1:2.
Die Viererkette ist einfach gefühlt irgendwie die „Safety Zone“ der Augsburger, das probate Mittel der Wahl, man weiß die Formation besser umzusetzen. Für eine Viererkette hat der FCA eher das geeignete Personal, denn für die Dreierkette fehlen die passenden Schienenspieler. Zumindest lässt sich dies mit Blick auf die erspielten Punkte mutmaßen.
Vor Spielbeginn waren die Fakten und der Anblick der Tabelle fast erdrückend, der FCA steckte nachweislich im Formtief. Die letzten sieben Partien sieglos, bei vier Unentschieden und drei Niederlagen, darunter das 5:3 gegen den deutschen Rekordmeister. Und natürlich die unglücklichen Partien gegen Schalke und Wolfsburg, in denen der FCA bereits sicher geglaubte Punkte (spät) noch aus der Hand gab.
Sechs Punkte Abstand
Vor der Partie gegen Union Berlin hatte der FCA (31 Punkte) als Tabellen-13. knappe drei Punkte Vorsprung auf den Relegationsranginhaber VfL Bochum (28 Punkte). Sowohl Schalke (-28) als auch Hertha (-25) und Bochum (-36) weisen nach dem 31. Spieltag weiterhin katastrophale Tordifferenzen auf. Der FCA kann eine Tordifferenz von -15 vorweisen, der 14. Hoffenheim steht bei -10 und der aktuelle Relegationsplatzinhaber VfB Stuttgart ebenfalls bei -15.
Nun hat der FCA wichtige drei Punkte eingefahren, bleibt auf Rang 13 stehen und baut den Abstand auf den 16. sowie 17. Platz auf sechs Punkte aus, bei noch verbleibenden drei Partien und auszuspielenden neun Punkten. Ein gewisses Polster ist zwar vorhanden, aber es ist noch kein Grund, die Klassenerhaltsparty bereits heute freudig zu planen.
Befreiungsschlag
Ja, der Sieg war gewissermaßen ein Befreiungsschlag und kann Sicherheit geben. Der Mannschaft Sicherheit geben, gegen Bochum auswärts am kommenden Spieltag befreiter aufzuspielen und endlich das volle Potenzial zu entfalten. Ich bin mir sicher, das Potenzial steckt irgendwo in den Tiefen der Truppe und wartet nur, endgültig ausbrechen zu dürfen. In der vergangenen Hinrunde haben wir Ansätze davon bereits gesehen.
Dennoch war – trotz des formidablen Ergebnisses – nicht alles rosig in Augsburg, viele Fehler wurden erneut gemacht und den Unionern sehr viele Räume dargeboten. Das gilt es schleunigst abzustellen. Offensiv sind wenige lichte Momente vorhanden gewesen, man muss quasi immer auf einen kaltschnäuzigen Mittelstürmer im Sturmzentrum hoffen, der dann eiskalt scored, wenn beispielsweise ein Ruben Vargas einmal in der Partie erfolgreich über seinen Flügel durchbrechen kann. So gesehen und geschehen gegen Union in Minute 53. Statistisch war dies eine der zwei Flanken, die der FCA in diesem Spiel erfolgreich an den Mann gebracht hat (12% angekommene Flanken bei 17 Flanken insgesamt).
Die Statistiken sprechen jedenfalls pro FCA, auch wenn es auf dem Spielfeld nicht immer danach aussah: Die Laufleistung stimmte, laut Kicker verzeichnete der FCA einen Torschuss mehr als sein Gegner, die Passquote liegt gefühlt im FCA-Durchschnitt bei rund 73 Prozent. Erfreulich die Quote der erfolgreichen Dribblings, diese lag bei etwa 88 Prozent. Der Ballbesitz in der heimischen Arena lag bei 38 Prozent, durchaus erwartbar und die Zweikampfquote bei 52 Prozent. Kann man nicht meckern. Würden bei 13 Torschüssen nur etwas mehr als ein Tor bei herauskommen und manche Offensivszenen besser ausgespielt werden, wäre der geneigte Fan noch zufriedener, als man es bei diesem wichtigen Heimdreier ohnehin schon sein muss.
Stats, Stats, Stats
Gegen Bochum sind sicherlich andere Attribute und Werte gefragt als gegen den Tabellenvierten aus der Hauptstadt. Die Elf von Thomas Letsch spielte im Laufe dieser Saison in mehreren Variationen der Viererkette, ist eine die „lauffaulsten“ Mannschaften der Liga. Die Bochumer können statistisch gesehen genauso wenig mit dem Ball anfangen wie die Augsburger (Stichwort: Ballbesitzquote). Während der FCA die schlechteste Passquote aller Bundesligisten aufweist (72.7%), steht der VfL Bochum nur knapp davor (73,9%) auf Platz 17.
Der VfL Bochum ist eine der zweikampfstärksten Teams der Liga, während der FCA statistisch hingegen eher als zweikampfschwach einzuordnen ist. Eine Vorgabe gegen Bochum wird definitiv das Annehmen der Zweikämpfe sein, sowie eine gewisse Giftigkeit in den Zweikämpfen miteinzubringen. Aufpassen muss der FCA in den Luftduellen: In puncto gewonnener Kopfballduelle ist der VfL Ligaspitze! Der FCA kann dafür intensive Läufe und Sprints, hier ist der FCA in der erweiterten Ligaspitze bzw. im soliden Mittelfeld wiederzufinden, während der VfL Bochum hierbei im Tabellenkeller steht.
Bitte nachlegen!
Ich persönlich wünsche mir, dass der FCA mutiger nach vorne spielt. Seine Chancen in der Offensive sucht, seine flinken Flügelspieler besser in Szene setzen kann und die Zweikämpfe annimmt. Lieber gelbe Karten für eine resolute Zweikampfführung, als für das (unnötige) Meckern. Bochum wird hier eine Herausforderung sein, denn sie wissen, wie man im Abstiegskampf Zweikampfduelle für sich erfolgreich gestaltet.
Mergim Berisha wäre ein wahnsinnig wichtiges Element für die etwas lahmende Offensive, Niklas Dorsch wird gezwungenermaßen den Platz neben „Rex“ bekleiden. Rookie Arne Engels fehlt definitiv wegen der fünften gelben Karte. Ich glaube fast, ein schnörkelloser Spielstil gepaart mit resoluter Zweikampfführung und einer sattelfesten Defensive sollte gegen Bochum das Erfolgsrezept sein. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Matchball liegt jedenfalls jetzt beim FCA, verwandelt die Mannschaft ihn, ist der Klassenerhalt definitiv sicher. Die Mannschaft muss gegen Bochum aber definitiv noch ihre Hausaufgaben erledigen, denn sicher ist in dieser dynamischen und wilden Bundesliga an Spieltag 32 noch gar nichts.
Chance wieder einmal nicht genutzt. In den vergangenen drei Partien hätte der FC Augsburg einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt gehen können. Gegen Schalke und Wolfsburg verhinderten vermeidbare Gegentore in der Nachspielzeit den Sieg, beim 1:3 gegen Köln ließ die Mannschaft Kreativität und Entschlossenheit vermissen: eine der schlechteren Saisonleistungen, nach der auch aufgrund der Ergebnisse der Konkurrenz die Luft im Abstiegskampf dünner wird.
Sieben Spieltage vor Saisonende steht der FCA mit 29 Punkten auf Rang 13. Der Relegationsplatz ist sechs, der Abstiegsrang sieben Punkte entfernt. In den verbleibenden Partien geht es gegen Leipzig (A), Stuttgart (H), Frankfurt (A), Union (H), Bochum (A), Dortmund (H) und Gladbach (A). Kein leichtes Programm, zumal in den direkten Duellen gegen VfB und VfL die Gefahr besteht, dass die Konkurrenten näher an die Schwaben heranrücken. Dennoch gibt es einige Dinge, die dem FC Augsburg Mut machen können. Ein Überblick.
Abstiegskampferprobt
Der FCA kann Abstiegskampf. Seit der Europa-League-Saison ist die Mannschaft mal mehr, mal weniger gefährdet. Der Verein weiß eigentlich, mit dem Druck umzugehen. Die aktuelle Stimmung im Club ist ruhig, Chefcoach Enrico Maaßen wirkt auf den Pressekonferenzen bedacht. Und: die Ausgangslage ist immer noch vergleichsweise entspannt. Was auch an Mutmacher Nummer zwei liegt.
Schwache Konkurrenz
Wer dieses Jahr aus der Bundesliga absteigt, lässt sich noch nicht sagen. Stuttgart setzt auf Trainer Nummer Vier, während Hertha BSC trotz Platz 17 an Chefcoach Sandro Schwarz festhält. Am Freitag gehts zum Abstiegsgipfel auf Schalke. Die Knappen schöpfen nach Zwischenspurt trotz Katastrophen-Hinrunde wieder neuen Mut, kommen aber auch nicht wirklich von den Abstiegsplätzen weg. Aktuell drei Punkte vor dem Relegationsrang liegt Bochum, deren Leistungsvermögen normal schlechter als das des FCA sein sollte. Auch Hoffenheim ist schlechter platziert als Augsburg, verschaffte sich nach drei Siegen in Serie aber etwas Luft im Keller.
Fünf Teams hinter Augsburg. Es liegt nahe, dass es auch diese Saison wieder zwei (+1) Teams geben wird, die hinter den Schwaben landen. Das liegt auch an der Qualität des FCA und Mutmacher Nummer drei.
FCA-Kader
Die Chefetage des FCA entschied sich in der Winterpause für einen ungewöhnlichen Umbruch: Sieben Neuzugänge, fünf Abgänge. Zwar haben nicht alle neuen Spieler gleichermaßen eingeschlagen, insgesamt erhöhte sich aber die Qualität im Kader, allen voran durch Toptransfer Arne Engels.
Sperren und Verletzungen dünnen den Kader zuletzt allerdings aus. Immerhin: Nach Reece Oxford kehrt Mitte April auch Ermedin Demirovic von seiner Rotsperre zurück. Er wird im Schlussspurt mit Mergim Berisha den Angriff bilden. Der Neu-Nationalspieler plagte sich zuletzt mit Sprunggelenkproblemen. Er befindet sich aber ebenso vor der Rückkehr zur Mannschaft wie Felix Uduokhai, der gegen Köln sogar im Kader stand.
Auch bei Kelvin Yeboah geht es leicht bergauf. Der Winterneuzugang (Leihe) trainiert nach Außenbandriss derzeit individuell und soll in den letzten Spielen bei der Mission Klassenerhalt helfen. Das erhoffen sich die Verantwortlichen auch von Niklas Dorsch, den zuletzt eine Nasen-OP zurückwarf.
Die Kaderrückkehrer erhöhen in jedem Fall die Qualität der Mannschaft und sind ein zusätzliches Pfund im Abstiegskampf. Zu einem solchen können auch die Fans avancieren.
Unterstützung
Die Augsburger Anhängerschaft hat derzeit Bock auf den FCA. In den jüngsten drei Heimspielen war das Stadion jeweils ausverkauft, auch für die Partien gegen Stuttgart und Dortmund gibt es keine Karten mehr und auswärts stieg der Kartenverkauf ebenso an. Der Verein wirkt attraktiver als noch in Präcorona-Zeiten. Die Unterstützung für den FCA ist also gegeben – und kann in den letzten Spielen noch wichtig werden. Das alles macht Mut für die verbleibenden sieben Bundesligaspiele. Nun muss der FCA seine Chance nur noch nutzen.
Viel hat sich beim FC Augsburg getan, seitdem Klaus Hofmann und Markus Weinzierl selbst ihre Abschiede im Sommer kommuniziert haben. Mit Enno Maaßen gibt es einen neuen, jungen, hungrigen Cheftrainer, der den FC Augsburg zwischenzeitlich zum bis dato besten Saisonstart der Bundesligajahre geführt hat. Das Schließen der Lücke an der Spitze des FC Augsburg 1907 e.V. hat etwas länger gedauert. Dem Verein steht mittlerweile Markus Krapf vor, der seit seiner Ernennung als Vorstandsvorsitzender versucht, Impulse zu setzen und Entwicklungen anzustoßen.
Und dennoch gibt es Bereiche, in denen noch Luft nach oben ist in der Entwicklung des FCA. Augen auf: Heute geht es darum, was immer noch nicht besser geworden ist, rund um den FC Augsburg.
Fanrechte
Nach den Pyroeinsätzen in der ersten Pokalrunde, gab es eine restriktive Ansage von Seiten des Vereins, dass Choreografien von offizieller Seite freizugeben wären. Es war nicht die erste solcher Ansagen in den letzten Jahren. Das miteinander aller Beteiligten rund um den Fußballplatz ist ein wackeliges Gerüst. Es scheint in der letzten Zeit weiterhin so, als ob gerade die Polizei kein Problem damit hat, die Lage eskalieren zu lassen. In Mainz wurde vor kurzem beim Spiel gegen Köln Pfefferspray eingesetzt. Beim Derby zwischen HSV und St. Pauli zeigen Videobilder, wie ein Polizist auf einen Fußballfan einprügelt.
Gerade beim Auswärtsfahren kann es einem die Laune schon mal verhageln. Schon recht früh in der Saison haben FCA Fans berichtet, wie sie in Bremen von Werder Fans attackiert wurden. Und auch beim Auswärtsspiel gegen Stuttgart verlief bei weitem nicht alles reibungslos. Eine geplante Choreografie der Augsburger Fanszene wurde verhindert. Die Kontrollen am Stadioneingang wurden mit absurder Langsamkeit durchgeführt, so dass einige der Anhänger trotz rechtzeitiger Anreise den Anpfiff und einen Teil der ersten Halbzeit verpassten. Von den Schlangen am Getränkestand gar nicht erst zu sprechen, derweil der Gästebereich nicht ausverkauft war. Die grundsätzliche Behandlung von Fußballfans lässt weiterhin zu wünschen übrig und es ist auch beim FCA Zeit, dass sich hier was tut.
Einstellung auf dem Platz
Wenn dann auf dem Rasen der Ball rollt, hat sich der FCA eine eklige Spielweise angeeignet, die ich befürworte und die Gegner schon mal an den Rand des Wahnsinns treiben kann. Diese Spielweise hat allerdings auch eine Rückseite der Medaille. Nicht jeder Zweikampf wird mit Sinn und Verstand geführt. Nicht jedes Einsteigen ist in dieser Form notwendig. Beispielhaft möchte ich das Spiel gegen RB Leipzig hervorheben. Klar, der Iago-Platzverweis ist die Spitze des Eisbergs. Die gelbe Karte von Mergim Berisha war allerdings auch nicht gerade schlau. Der Ellbogen war da einfach drüber in dem Kopfballduell und führte dann dazu, dass auf Grund dieser gelben Karte Florian Niederlechner auf dem Platz blieb, als es darum ging, dass nach dem Iago-Platzverweis defensiv gewechselt werden musste.
Insgesamt führt der FCA die Liga in der Kartenstatistik an. Und eben nicht, weil die Spielweise das erfordert. Sondern auch, weil man teilweise undiszipliniert in der Zweikampfführung und im Verhalten auf dem Platz ist. Weil man zu viel und zu deutlich mit dem Schiedsrichter diskutiert. Ganz klar ist an dieser Stelle auch, dass nicht alle Entscheidungen der Schiedsrichter korrekt waren. Es hätte dem Team und den Verantwortlichen trotzdem nicht geschadet, in der ein oder anderen Situation mehr einen kühlen Kopf zu bewahren. Und es braucht hier auch klare Ansagen von Trainerseite.
Auswechslungen und Einsätze der Jugendspieler
Und in mancher Situation wäre es gut vom Trainer gewesen, Spieler vor ihrem Schicksal zu bewahren. Hätte Enno Maaßen Elvis Rexhbecaj gegen Stuttgart, nachdem schon feststand das Carlos Gruezo gegen Frankfurt gelb-gesperrt fehlen würde, vor seiner gelben Karte vom Platz genommen, hätte das die Lage gegen die Frankfurter Eintracht verbessern können. Andererseits ist schlicht nachgewiesen, dass frühe und vermehrte Wechsel die Siegchancen erhöhen können. Gegen Stuttgart, bei offensichtlichem Kräfteverschleiß, Arne Maier nicht früher zu bringen, ist mir ein Rätsel. Maaßen wechselt grundsätzlich viel weniger als sein Vorgänger Weinzierl.
Nicht jede Veränderung ist in diesem Zusammenhang positiv. Bei der durch Ausfälle und Verletzungen geprägten Kadersituation hätten zwangsläufig mehr Spieler aus dem eigenen Nachwuchs auf Minuten kommen müssen. Hier wurde in der Hinrunde bisher nur Lukas Petkov öfter eingesetzt. Gerade einen Aaron Zehnter vermisste man in der Bundesliga auf dem Platz bisher. Und das gerade wo Enno Maaßen zum FC Augsburg kam, um diese Jungs zu entwickeln und ihre Perspektiven zu verbessern. Zumindest an den Einsatzzeiten ist das momentan (noch?) nicht zu erkennen.
Kader und Vertragsverlängerungen
Die wenigen Auswechselungen haben aber vielleicht in der Mehrzahl mit dem an manchen Stellen sehr dünn besetzten Kader zu tun. Wollte man vor der Saison noch einen Stürmer dazu nehmen und klappte das mit der Berisha-Leihe grundsätzlich, so gab man dann aber auch noch dem Drängen von Ricardo Pepi nach und ging im Sturm schon dünn besetzt in die Saison. Auch auf den offensiven Außen fehlte angesichts der Verletzungen von Noah Sarenren Bazee und Ruben Vargas zu Saisonbeginn schon immer die Tiefe. Auf die Verpflichtung eines Neuzugangs verzichtete man trotzdem. Nach dem Ausfall von André Hahn schmerzte das umso mehr. In der Innenverteidigung hatte man zwischenzeitlich schlicht gr0ßes Verletzungspech. Aber es ist eben auch so, dass die nicht gemachten Hausaufgaben aus dem Sommer gerade nach der Systemumstellung vor dem Spiel gegen Bremen deutlich zu Tage traten, wo jetzt deutlich mehr offensive Kräfte zum Einsatz kommen. Die Augen richten sich mit Spannung auf die Winterpause.
Hier könnte sich der FCA neben dem ein oder anderen Zugang auch schon mit den Weichen für die kommende Saison beschäftigen. André Hahns Vertrag läuft aus, und gehört verlängert, zumindest um 1 Jahr. Freddy Jensens Vertrag läuft aus und Jensen sollte bleiben. Dazu hat man für Rafal Gikiewicz eine Vertragsoption. Welche Gründe sollte es hier geben, diese nicht zu ziehen? Im Falle einer Neuverpflichtung könnte man so zumindest eine Ablöse erzielen. Die Zeiten, in denen wir gute Spieler ziehen lassen – wie zuletzt im Falle von Rani Khedira – und nichts im Gegenzug erhalten, sollten vorbei sein. Hier hätte auch längst etwas passieren können. Die TSG Hoffenheim hat seit der Sommerpause mit 3 Spielern Verträge verlängert. Auch andere Bundesligisten waren nicht untätig. Man fällt hier mal wieder etwas zurück.
Abseits der rosa Brille
Was am Ende verbleibt sind die unerfüllten Hoffnungen. Ja, die Saison verlief zeitweise super. Aber am Ende ist es so oft wie im Heimspiel gegen RB Leipzig: es hätte noch besser sein können. Die personellen Sorgen waren zeitweise groß und hemmten die Möglichkeiten. Dies ist dabei auch ein selbstgemachtes Problem durch die Kaderzusammenstellung und das Verhalten auf dem Platz. Und dennoch kam die Jugend nicht zum Zug und hat es rund ums Stadion nicht immer Spaß gemacht.
Als Fußballfan gibt man die Hoffnung ja nicht auf. Wer weiß es schon, vielleicht erleben wir die Rückrunde unseres Lebens. Dann muss sich an manchen Stellen aber definitiv noch etwas tun. Und die Veränderungen beim FCA haben ja die Managementpositionen nur bedingt betroffen. Die Augen richten sich so zumindest seit Abpfiff der Partie gegen den VfL Bochum auf Stefan Reuter. Was passiert in der ersten gut vorbereiteten Transferphase seit dem Abschied von Klaus Hofmann? Es bleibt spannend.
Während zu Wochenbeginn der neue Präsident des FC Augsburg e.V. medial verkündet wurde (wir berichteten), bereiteten sich die Profis des Clubs auf die wichtige Auswärtspartie gegen Bundesligaaufsteiger Werder Bremen vor. Neu-Präsident Markus Krapf gab sogleich die Marschroute vor: „Man muss wieder zusammenrücken“ – ergo: es geht nur gemeinsam! Schön zu sehen daher, dass rund 500 FCA-Fans die über 700 Kilometer und sieben Autofahrtstunden gen Norden in Kauf nahmen. Und dies an einem Freitagabend um 20:30 Uhr – absolut fanunfreundliche Anstoßzeit auswärts im weit entfernten Weserstadion.
Vor dem Spiel
Außer den Langzeitverletzten (Strobl, Uduokhai, Oxford, Dorsch) waren alle Mann an Bord und traten die Reise nach Bremen an. Leicht angeschlagen war vor der Partie lediglich Arne Maier, der immerhin auf der Bank Platz nahm. Auch Freddy Jensen und Iago kehrten pünktlich vor dem Spiel zurück und stellten daher ernsthafte Optionen für die Startaufstellung dar.
Geburtstagskind Jensen blieb zu Beginn jedoch erstmal auf der Bank, stattdessen starteten Gruezo und Rexbecaj im zentralen Mittelfeld. Vorne in der Sturmzentrale begannen – recht ungewohnt – gleich drei Angreifer mit Niederlechner, Berisha und Demirovic. André Hahn ersetzte Daniel Caligiuri auf dem rechten Flügel. Enno Maaßen verwarf gedanklich vor der Partie also sein obligatorisches 3-5-2 und besann sich vielmehr auf ein 4-4-2 mit starkem Offensivdrang.
„Es wird auch aufgrund der Wetterbedingungen ein sehr intensives Spiel.“
FCA-Trainer Maaßen am DAZN-Mikro vor dem Spiel
Werder-Coach Ole Werner nahm eine Veränderung im defensiven Mittelfeld vor: „Königstransfer“ Jens Stage, an dem vor nicht allzu langer Zeit auch der FCA konkretes Interesse hatte, startete für Niklas Schmidt. Dies begründete der Bremen-Trainer vor der Partie wie folgt:
„Augsburg wird vermehrt auf lange Bälle setzen. Da wird es zu vielen Duellen in der Luft und um zweite Bälle kommen.“
Es regnete Freitagabend ziemlich stark im Bremer Umland – dementsprechend nass und rutschig war auch das Geläuf. Trotz dessen kamen 41.000 Fans ins Weserstadion. Die Augsburger Mannen zeigten sich direkt von Beginn an engagiert und hatten in Minute zwei die erste Chance des Spiels. Berisha suchte mit der flachen Hereingabe Sturmpartner Niederlechner, doch Werder-Goalie Pavlenka konnte den Ball parieren. Auch die nächsten Chancen in den ersten zehn Minuten verzeichneten die Augsburger, doch entweder stand ein Mitspieler im Abseits (Hahn, Niederlechner) oder ein Bremer konnte noch klären. In der achten Minute ergab sich so die beste Chance bis dato für den FCA: Flo Niederlechner, einmal nicht im Abseits, legte sich die Kugel am Hintermann der Bremer vorbei, verstolperte diese jedoch ins Toraus.
Werders erste richtige Chance ereignete sich in Minute zehn, Ducksch und danach Stage per Kopf, doch Gikiewicz im Augsburger Kasten hatte keine Mühe, diese beiden Abschlüsse zu parieren. Gefühlt war dies aber ein Hallo-Wach-Effekt für die Bremer, die sodann mutiger nach vorne spielten und die Abschlüsse suchten. So in Minute 14, als Stage auf Ducksch spielte, der direkt abziehen konnte, aber in Gikiewicz seinen Meister fand. Wenn der FCA gefährlich wurde, dann waren entweder Berisha oder Demirovic entscheidend beteiligt. In der 26. Minute brachte Augsburgs letzter Neuzugang eine zielgenaue Ecke an den ersten Pfosten, der aufgerückte Innenverteidiger Bauer kam an die Kugel, aber Füllkrug konnte (mit der Schulter) schlimmeres verhindern.
Bremen musste sodann in Minute 30 erstmals wechseln: Der angeschlagene Pavlenka musste mit bandagiertem Oberschenkel vom Platz, Zetterer kam mit 27 Jahren zu seinem Bundesligadebüt. Dieser Wechsel schadete den Bremern nicht, ganz im Gegenteil: In der 31. Minute erzielten die Grün-Weißen das vermeintliche 1:0 – jedoch wurde das Tor aufgrund einer Abseitsstellung per Videobeweis zurückgenommen. Der Bremer Jung befand sich einen Schritt im Abseits und blockte bei der Torerzielung durch Füllkrug zwei Augsburger entscheidend. Danach schienen beide Mannschaften ein wenig den Fuß vom Gaspedal nehmen zu wollen und es ging nicht mehr ganz so viel nach vorne. Einzig Florian Niederlechner köpfte kurz vor der Halbzeit eine Bogenlampe auf die Bremer Torlatte. Nach vier Minuten Nachspielzeit ging es für alle 22 Mannen verdientermaßen in die Kabinen zum Pausentee.
Eine Führung der Augsburger wäre – aufgrund der vielen Chancen – nicht unverdient gewesen, jedoch muss man die eklatante Chancenverwertung hier bemängeln und sich freuen, dass die Bremer das vermeintliche Führungstor nicht anerkannt bekommen hatten. Das wäre wohl ein deftiger Nackenschlag für offensiv deutlich bemühtere Augsburger gewesen. Eine von Zweikämpfen geprägte Partie war es bis dato allemal. Der verletzte Bremer Leonardo Bittencourt urteilte in der Halbzeitpause im DAZN-Interview: „Augsburg hatte schon die eine oder andere Aktion mehr im Strafraum, deswegen ist das 0:0 gerade noch gerecht.“
Zweite Halbzeit
Beide Mannschaften kamen unverändert aus den Kabinen und der FCA gab direkt Vollgas. Erst schloss Berisha – etwas übereilt – nach Ballgewinn ab, setzte den Ball aber deutlich über das Bremer Gehäuse, dann zog Niederlechner aus rund 18 Metern ab, Zetterer hatte damit aber keine Mühe. Wieder Niederlechner und Berisha, die jeweils etwas zu übereilt Schüsse aus der zweiten Reihe abgaben und nicht ihr Ziel fanden. Auch Bremen versuchte, die Offensivmannen im Sturmzentrum einzubinden, dies gelang jedoch nur selten, aber wenn, dann gefährlich. Erst konnte Weiser in Minute 59 einen Abschluss wagen, jedoch hatte Gikiewicz den Ball sicher. Dann kam Ducksch am zweiten Pfosten zum Kopfball, es war wieder Gikiewicz, der den Ball über die Latte lenkte.
Der bis dato beste Angriff der noch jungen Halbzeit führte zur Augsburger Führung: Gruezo auf Berisha, der mustergültig nach innen in den Strafraum gab, dort war Demirovic mitgelaufen und musste nur noch einschieben. Augsburg führte – und Bremen wechselte. Unter anderem kam Burke – der Bremer Superjoker – für Schmid. Jensen ersetzte beim FCA Torschütze Demirovic. In Minute 76 eine Großchance für den FCA. Berisha lupfte nach Fehlpass von Jung den Ball über Zetterer hinweg, aber der Ball ging nur an die Latte. Auch Bremen kam zu Chancen: Weiser auf Schmidt im Strafraum, doch Gikiewicz kam aus dem Kasten und parierte.
Die letzten knapp zehn Minuten der Partie waren dann kurios und rasant zugleich: Erst gab es einen umstrittenen Handelfmeter für Bremen. Bauer bekam ein Zuspiel von Ducksch aus kürzester Distanz an den Arm, die Szene wurde per Videobeweis aber nicht überprüft. Die Augsburger protestierten heftig, in Folge dessen sahen sowohl Gouweleeuw als auch Gruezo die gelbe Karte. Der in dieser Saison noch torlose Ducksch trat den Elfmeterschuss an – und Gikiewicz hielt. Nach einer angeblich provozierenden Armbewegung von Gikiewicz nach dem gehaltenen Elfmeter stürmten Bremer Fans in den Innenraum des Weserstadions, die Partie war sodann kurzfristig unterbrochen. Gikiewicz sah wegen der Geste in Richtung Fans die gelbe Karte. Caligiuri kam dann noch in der siebten Minute der Nachspielzeit für Berisha, keine Minute später dann der erleichternde Abpfiff einer intensiven Partie. Zum Elfmeter sagte Bauer nach dem Spiel: „Ganz ehrlich, was soll ich bei der Situation aus kürzester Distanz machen. Das ist für mich kein Elfmeter.“ Wohl wahr!
Erkenntnisse
Enno Maaßen wich von seiner bevorzugten Formation ab – und gewann prompt. Es war aber nicht alles gold, was glänzt(e). Am Ende der Partie hatte der FCA auswärts mehr Torschüsse (15:12 aus Augsburger Sicht), aber eine katastrophale Passquote (53 (!!) Prozent) sowie eine schlechtere Zweikampfquote (47 Prozent) als die Bremer. Besonders in puncto Ballbesitz war zu merken, dass das nicht das Maaßensche System darstellte, nur 30 Prozent Ballbesitz gegen einen Gegner auf Augenhöhe sprachen Bände. Das ist in dieser Saison die niedrigste Quote in Sachen Ballbesitz. Zum Vergleich: Gegen die Hertha und auch gegen Hoffenheim hatte der FCA mehr Ballbesitzanteile zu verbuchen. Gegen Freiburg (bei der 0:4 Niederlage) hatte der FCA gar mehr Ballbesitz (53 Prozent) als der Gegner selbst
Intensiv geführt wurden die Zweikämpfe, hier war der FCA in der ersten Halbzeit etwas bissiger als in der zweiten. Zudem war die Laufintensität und das Tempo konstant hoch. André Hahn lief beispielsweise 12,14, Iago 11,35 und Rexbecaj 11,29 Kilometer. Die Innenverteidiger hatten zum Teil ihre liebe Not mit den beiden agilen Bremer Angreifern, die Zweikampfquote sprach hier Bände: Während Marvin Ducksch und Niclas Füllkrug jeweils 67 Prozent ihrer Zweikämpfe gewannen, kam Jeffrey Gouweleeuw beispielsweise nur auf 25 Prozent. Maximilian Bauer kam immerhin auf 58 Prozent Zweikampfquote.
Die Torgefährlichkeit bzw. die Qualität der Abschlüsse lassen sich zum Teil auch auf den sogenannten xG-Wert zurückführen („expected goals“): „Das xGoals-Modell weist die Torerzielungs-Wahrscheinlichkeit für jeden Abschluss aus. Die Torwahrscheinlichkeit wird hierbei nach jedem Torschuss in Echtzeit berechnet, sodass Informationen über den Schwierigkeitsgrad des Schusses und die Wahrscheinlichkeit eines Treffers vorliegen.“ Für Bremen stand dort Freitagabend nach Abpfiff 1,84 zu Buche, für den FCA 1,78. Der Elfmeter, der den Bremern zugestanden wurde, schlägt beispielsweise mit 0,77 zu Buche. Das heißt im Umkehrschluss, Bremen hätte statistisch gesehen zwei Tore machen können, hat jedoch keinen Treffer erzielt. Das ist dann nicht besonders effizient. Auch der FCA hätte gut und gerne ein Tor mehr erzielen können.
Der FCA stand fünfmal im Abseits (gefühlt vier von fünf Mal war dies Florian Niederlechner). Bremen hingegen nur einmal. Durch das häufige Abseitsstehen nimmt man sich selbst gute Torchancen! Natürlich sagt das auch was über die Qualität der Hintermannschaft der Bremer aus, denn da saß die Abseitsfalle halt besonders gut. Aber es sagt auch was über das Stellungsspiel des Angreifers aus. Ggf. muss Niederlechner so Geschwindigkeitsnachteile kompensieren. So oder so, das häufige „im Abseits stehen“ wird einem schon bei den Junioren abtrainiert. Wenn ein Spieler im Speziellen da solche Probleme zu haben scheint, muss man da baldigst mal gegensteuern.
Fazit & Ausblick
Ein Drittel der Hinrunde ist nun ausgespielt. Sechs Punkte hat der FCA nun auf der Haben-Seite. Dieser Sieg – wenn auch knapp und etwas dreckig – war wichtig für die Mannschaft und deren Selbstbewusstsein. War wichtig für die geschundene Fanseele. Und war natürlich wichtig für FCA-Funktionäre und den Coach selbst. Geforderte und in Augsburg gern gesehene Attribute wie Galligkeit, Giftigkeit, Leidenschaft und Kampfgeist hat man in großen Teilen wieder auf dem Platz sehen können. Zudem hat man vorne in der Offensive nun gefühlt so viele qualitativ hochwertige Torabschlüsse gehabt, wie in den ganzen anderen Partien zuvor zusammen. Ggf. ist diese Formation halt doch passender für den existierenden Kader, als das von Enno Maaßen bevorzugte System mit dem Ziel Ballbesitzfußball. Der Ansatz war wichtig und richtig, die Umsetzung zum Großteil auch.
Werder und Augsburg Fans werden wohl aber keine Freunde mehr: Gikiewicz wurde eigenen Aussagen zu Folge die ganze Partie über beleidigt, zum Teil war das auch in den Interviews danach noch zu hören. Nach dem gehaltenen Elfmeter zeigte Gikiewicz eine „Pssst“-Geste Richtung Bremen Fans, die diese sichtlich gegen ihn aufbrachte. Auch wenn „Giki“ da sicherlich im und nach dem Spiel etwas über die Stränge geschlagen hat: Er hat den – unberechtigten – Elfmeter überragend halten können. So langsam entwickelt Rafa sich zum „Elferkiller“, denn das ist nun schon der zweite dieser Saison, den er bravourös hält.
Das Malträtieren des Elfmeterpunktes vor Ausführung durch Ducksch hätte er aber auch gut und gerne sein lassen können. Insgesamt hatten die Bremer Offiziellen dann ziemliche Wut auf die Augsburger Vertreter, so mochte Werder-Coach Werner Enno Maaßen gar nicht erst verabschieden und nach der Partie sagte Clemens Fritz, dass das Verhalten der Augsburger Bank in manchen Szenen alles andere als respektvoll war. Zuletzt blieb der FCA der obligatorischen Pressekonferenz nach dem Spiel fern, angeblich, um den Flieger gen Heimat noch zu erwischen. Ganz schön viel Trubel.
„Auf die Emotionen im ganzen Stadion war der gehaltene Elfmeter eine perfekte Reaktion. Ich freue mich, dass ich jetzt zwei von zwei Elfern in dieser Saison gehalten haben, und wir nun sechs Punkte auf dem Konto haben. Aus dem Spiel können wir viel Selbstvertrauen tanken.“
Bemühungen, offensiv wie defensiv hat man gegen Bremen eindeutig sehen können, der Aufwand wurde belohnt. Etwas Glück gehört immer dazu im Fußball. Generell sind wichtige Werte endlich mal wieder auf dem Platz zu sehen gewesen, das freut den Fan! Gegen den FC Bayern am kommenden Samstag wird sich nun zeigen, wie gut die Mannschaft wieder diese Werte wie mannschaftliche Geschlossenheit und Giftigkeit auf den Platz bekommt. Lehrmaterial haben die Augsburger von den Stuttgartern erhalten, die am sechsten Spieltag den Bayern ein 2:2 (in letzter Sekunde) abtrotzten.
Es wird wichtig sein, hier nicht offensiv ins Verderben zu rennen, aber auch nicht Beton anzurühren. Am wichtigsten wird wohl sein, sich nicht die Tordifferenz (die eh schon miserabel ist mit -6) weiter zu verderben. Ergo: Nicht zu viele Gegentore zu kassieren. Man hoffe nun, dass der Sieg der Mannschaft Aufwind gibt und sie sich gegen die schier übermächtigen Bayern so weit motivieren können, dass man zumindest nicht mit einer Vielzahl an Gegentreffern in die angrenzende Länderspielpause geht. Das wäre wohl wichtig für Club und Fans, Stichwort Zusammenhalt. Den neuen Präsidenten dürfte dies nun durchaus freuen: Zum Antritt gleich drei Punkte, ihm wichtige Attribute bei Fans und Mannschaft gesehen, drei Präsente für „El Presidente“.
Zuletzt wollen wir als Rosenau Gazette noch Danke sagen: Danke an E-Sportler Philipp, der nach fünf Jahren Zugehörigkeit zur eSport-Mannschaft des FCA seine Karriere beendet. Danke für alles Philipp und alles Gute!
Heute war wohl ein kleiner Premierentag im heimischen Augsburg. Während ich, Irina, das erste mal auf der Pressetribüne in der WWK-Arena saß, beorderte FCA-Coach Enno Maaßen direkt das erste mal Neuzugang Mergim Berisha in die erste Elf! Er sollte ein gefährliches Angriffsduo mit Ermedin Demirović bilden, der anstelle des zuletzt verliehenen Pepi stürmte . Zudem spielten Gumny, Gruezo und Caligiuri von Beginn an – sie ersetzten Iago, Framberger und Jensen. Iago und Jensen mussten beide verletzungsbedingt aussetzen.
Ein Wiedersehen gab es vorallem mit Ex-Augsburger und Eigengewächs Marco Richter, der unlängst nach überstandener Krebserkrankung wieder Bundesligaminuten sammeln durfte. Eine Schweigeminute wurde für die Opfer des Terroranschlags der olympischen Spiele von München im Jahr 1972 abgehalten. Ein emotionaler Moment, die ganze Pressetribüne stand und so auch der Rest des Stadions.
Erste Halbzeit – Durchaus gefällig
Und dann ging es auch schon los: Das 21. Duell zwischen der alten Dame und dem FCA begann hierbei durchaus druckvoll. Die Heimmannschaft gab vor tosender Kulisse direkt Vollgas und so auch die Gäste aus der Hauptstadt. Die erste Chance des Spiels durften die Herthaner durch Kanga für sich verzeichnen. Viele kleine Nickligkeiten prägten das Spiel, dies fand seinen Höhepunkt in der Szene des Spiels in Minute 23: Berisha auf Demirovic, der Uremovic umkurvte und von diesem gehalten wurde. Demirovic kam sodann zu Fall, dies alles rund 20 Meter vor dem Berliner Tor.
Vielerorts wurde diese Szene als Notbremse gesehen und folgerichtig wäre dies dann eine rote Karte für Hertha gewesen. Schiri Osmers gab aber nur gelb. Warum nur gelb? Man könnte hier nun argumentieren, dass der Herthaner Plattenhardt noch in Ballnähe stand, also hätte eingreifen können. Ob dies in Realgeschwindigkeit tatsächlich so funktioniert hätte, ist zumindest zu bezweifeln. Zudem wäre ein weiterer Augsburger in Schlagweite gewesen, der im Zweifel ebenso hätte abschließen können. So bleibt hier leider ein fader Beigeschmack. Den daraus resultierenden Freistoß schoss Berisha in die Mauer. Da war eindeutig mehr drin!
Colinas Erben argumentieren in ihrer Kolumne für ntv:
„Die Fernsehbilder sprechen insgesamt eher für eine Rote Karte als für eine Verwarnung, aber sie widerlegen die Entscheidung des Unparteiischen auf dem Feld nicht eindeutig. Das Foulspiel nur als Unterbindung eines aussichtsreichen Angriffs zu bewerten und nicht als Vereitelung einer offensichtlichen Torchance, war daher zumindest kein klarer und offensichtlicher Fehler, sondern eine Entscheidung im Ermessensbereich von Harm Osmers. Dass der Video-Assistent nicht intervenierte, war deshalb korrekt – zumal auch ein On-Field-Review die Zweifel nicht beseitigt hätte. Bei einer Roten Karte hätte der VAR aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls nicht eingegriffen. Bisweilen ist eben nicht nur eine Entscheidung möglich und vertretbar.“
Vor dem Halbzeitpfiff wurde es noch ein wenig munterer: Erst kam Berisha zum Abschluss, traf aber nur den linken Pfosten, dann brachte dieser in der nachfolgenden Szene eine Flanke in den Fünfer, die Kempf vor Demirovic klären konnte. In Minute 31 die erste Verwarnung für den FCA: Carlos Gruezo sah gelb für eine Grätsche. Aber auch die Hertha blieb nicht untätig: Ejuke schlenzte den Ball knapp am Pfosten der Augsburger vorbei. Enno Maaßen wechselte kurzerhand Gruezo, immerhin gelb vorbelastet aus, der wohl bei seiner nächsten Aktion mit gelb-rot vom Feld geschickt worden wäre. Für ihn kam Julian Baumgartlinger ins Spiel.
Ohne weitere nennenswerte Aktionen ging es in einem spielerisch limitierten, aber durchaus phasenweise hitzigen Spiel in die Halbzeitpause. Ein kurzes Zwischenfazit: Der FCA zeigte gute Ansätze, kam wenige Male gefährlich vor den gegnerischen Kasten. Hertha spielte offensiv etwas gefälliger, hatte jedoch viel Glück in der Bewertung der Zweikampfszene zwischen Uremovic und Demirovic. Ein Unentschieden war zu diesem Zeitpunkt ein äußerst gerechtes Resultat.
Zweite Halbzeit – Planlos & harmlos
Arne Maier musste sodann in der Kabine bleiben, ist weiterhin wohl angeschlagen. Wir hoffen auf schnelle Genesung und nur eine kleine Blessur. Für ihn kam Ruben Vargas in die Partie. Mal wieder hatte zum Start die Hertha die ersten Chancen: Lukebakio wagte den Schuss aus der Distanz und prüfte damit Goalie Gikiewicz im Augsburger Kasten. Auch Tousart befand dies ein paar Minuten später als ein geeignetes Mittel und zog aus rund 18 Metern einfach mal ab, zielte nur knapp rechts daneben.
In Minute 57 dann der Nackenschlag für die Augsburger Elf: Außenverteidiger Plattenhardt durfte unbedrängt flanken und fand dort Lukebakio, der keine Mühe hatte, die Flanke per Kopf zu verwerten. 1:0 – Führung für die Hertha – und aufgrund der Drangphase der Berliner seit Beginn der zweiten Halbzeit war dies nicht mal unverdient. Hier hat insbesondere aber beim FCA die Zuordnung mal wieder nicht gepasst, Mads Pedersen war der Bewacher vom Torschützen und ist knapp zehn Zentimeter kleiner als ebenjener. Der Videobeweis besagte hier in der Szene übrigens, dass Lukebakio bei seinem Kopfball nicht im Abseits stand.
Wieder lief der FCA also einem Rückstand hinterher, vor 25789 Zuschauer*innen in der WWK Arena tat sich die Maaßen-Elf weiterhin sehr schwer, spielerische Mittel zu finden. Offensive Momente? Größtenteils Fehlanzeige. Rexhbecaj mit einem harmlosen Kopfball aus rund 15 Metern, Christensen konnte jedoch abwehren, ebenso wie Caligiuris Eckball. Im Gegenteil: Vielmehr setzte die Hertha alles drauf und dran, mit einem Tor zum 2:0 nachzulegen. In der 69. Minute wurde auf Seiten der Berliner Marco Richter unter Applaus eingewechselt, er kam für den agilen Ejuke.
Enno Maaßen versuchte noch, mit den beiden Oldies Hahn und Niederlechner (für Berisha und Demirovic) Erfahrung und Abgeklärtheit in die Partie zu bringen. Dies fruchtete aber nicht so wirklich, wie Enno Maaßen hinterher in der Pressekonferenz quasi zugeben musste. Die positionsgetreuen Wechsel bei Rückstand muteten allerdings ein wenig risikoarm an. Die spielerischen Impulse, die die beiden Eingewechselten einbrachten, waren tendenziell auch eher marginal. Ein Lichtblick: In Minute 82 verlies Elvis Rexhbecaj, wie immer unermüdlich rackernd, den Platz und Jungspund Lukas Petkov kam in die Partie. Immerhin ein Nachwuchsspieler, der aufgrund der Personalengpässe und Verletzungssorgen nahe an der ersten Mannschaft zu sein scheint!
Ein ganz großes Manko zeigte sich insbesondere in Halbzeit zwei: Immer wieder wurde deutlich, dass Pässe nicht ankamen oder zu ungenau waren. Dies erschwerte Offensivmomente immens und / oder diese verpufften komplett. Der FCA war anfällig für Fehler im Spielaufbau, diese nutzten die Herthaner für schnelle Gegenangriffe. So auch in der dritten der vier Minuten Nachspielzeit: Erst kam der FCA zu einer Torchance, konnte diese jedoch nicht verwerten, weil Christensen ein Eigentor seines Vordermanns Uremovic vereitelte. Dann strömten die Herthaner zum letzten Gegenangriff aus, allen voran Davie Selke, der auf den mitgelaufenen Marco Richter abgab. Dieser hatte dann kaum Mühe, Gikiewicz zu umspielen und zu verwandeln. 2:0 – Messe gelesen, danach direkt Abpfiff.
Gesamtfazit
Was bleibt war und ist der schlechteste Saisonstart des FCA in der Bundesliga seit 2012/13. War die erste Halbzeit hierbei noch gefällig, nahm dies in der zweiten Halbzeit kontinuierlich ab. In der ersten Halbzeit konnte Neuzugang Berisha sein Können im Ansatz unter Beweis stellen und kombinierte trotz nur kurzer Akklimatisierung ansehnlich mit Sturmpartner Demirovic, beide jeweils ohne einen eigenen Treffer beizusteuern. In Halbzeit zwei kam von beiden – wie von der gesamten Mannschaft – jedoch nur noch wenig. Berisha konnte man hier noch die Eingewöhnungsphase in Augsburg zu Gute halten. Demirovic bemängelte hinterher im Gespräch mit den Medien, dass der letzte Pass nicht ankam. Florian Niederlechner wurde noch deutlicher: Es läge nicht am Sturm, dass man offensiv so harmlos war. Auch ein Robert Lewandowski würde beim FCA derzeit keinen Treffer erzielen, da zum Beispiel zielgenaue Flanken fehlten, um sich Großchancen vor dem gegnerischen Tor zu erarbeiten.
Pech hatte man auch bei der Bewertung der Zweikampfszene in Minute 23. So auch bei den Auswechslungen von Gruezo, der sich eine frühe gelbe Karte einfing und Maier, der mal wieder angeschlagen zu sein scheint. Ohne Maier fehlte eindeutig das strukturierende Element im Mittelfeld, ohne ihn ging nach vorne gefühlt gar nix. In der Verteidigung musste erneut improvisiert werden, denn Iago stand kurzfristig nicht zur Verfügung. So begann Bauer als linker Innenverteidiger in der Dreierkette, vor ihm Mads Pedersen. Auf der anderen Seite begann Gumny als rechter Innenverteidiger, davor Daniel Caligiuri. Insbesondere Bauer gefiel und bestach mit seiner starken Zweikampfquote, aber auch seine Passquote konnte sich sehen lassen. Kapitän Gouweleeuw fiel hierbei ein wenig ab, verlor unter anderem den Zweikampf vor der Flanke auf Lukebakio, die zum 1:0 für die Hertha führte.
Beim 2:0 für Hertha zeigte sich das FCA-Dilemma dann in voller Pracht: Verpasste man es vorne in der Szene zuvor, den Ball im Hertha-Kasten unterzubringen, kassierte man quasi im Gegenzug das Tor zum Endstand durch Richter. Den entscheidenden Zweikampf verlor Baumgartlinger im Mittelfeld, dem hier einfach das Tempo fehlte, um mit Selke mitzusprinten. Allerdings für mich auch die Frage, ob diese Absicherung das Gelbe vom Ei ist, hierfür sollte doch ein etwas schnellerer Spieler ausgewählt werden?! Ebenso bezeichnend, wie offen die Augsburger standen, sodass drei Herthaner nur zwei Augsburgern gegenüberstanden, die auch noch läuferisch unterlegen waren. Wie uneigennützig Selke dann auf Richter ablegte, war dann einfach ein Beispiel an Teamgeist und gegenseitiger Gönnung. Wenns läuft, dann läufts halt einfach.
Beim FCA war aber nicht zu spüren, dass sie das Spiel noch rumreißen wollten und – noch viel schlimmer – es gab einfach keine Ansätze, die untermauern konnten, dass der FCA noch Möglichkeiten hatte, das Spiel zu seinen Gunsten zu gestalten. Bei einem xG Wert von 0,31 auch kein Wunder – und das gegen einen direkten Konkurrenten. Gegen ein Team, das vermutlich wie der FCA lange um den Abstieg spielen wird. Gegen ein Team auf Augenhöhe sind wir also derzeit immer noch nicht in der Lage, gegenzuhalten und zumindest hier noch unentschieden zu spielen. Fehlt hier ggf. auch ein wenig das Mindset der Mannschaft? Man spricht ja oft von Galligkeit, von Gierigkeit. Ich finde, davon sieht und spürt man nicht sonderlich viel derzeit. Florian Niederlechner resümierte, dass dieser schwache Start in die neue Saison auch das Selbstvertrauen der Mannschaft gesenkt hat. Das kann man zumindest als (berechtigtes) Argument werten.
Was fehlt derzeit noch?
Ein Blick auf die Statistik zeigte, dass die Gastmannschaft die Oberhand hatte. 15 Torschüsse zu 7 (pro Hertha), 80% Prozent Passquote, 52 % Ballbesitz. Der FCA hatte eine marginal bessere Zweikampfquote (51:49 %) und legte die etwas bessere Laufleistung an den Tag. In den entscheidenden Szenen war die Hertha heute jedoch bissiger, williger und griffiger. Sie scheinen in der Teamentwicklung einfach schon einen Schritt weiter zu sein als der FCA und konnten Selbstbewusstsein für die weiteren Spiele tanken.
Der FCA rutscht auf den Relegationsrang mit nur drei Punkten und steht vor schwierigen Spielen, auswärts in Bremen am kommenden Freitag sowie das Wochenende darauf gegen Bayern zuhause. Niederlechner schlug medial vor: „Es täte uns gut, wenn wir uns auf die Basics zurückbesinnen. Das Spiel auf die zweiten Bälle etwa.“ Er nannte auch Beispiele der Ligakonkurrenz, wie Mainz oder Union etwa, die einen passenden Spielstil an den Tag legen und letzten Endes auch erfolgreich damit sind.
Weiterhin bin ich etwas ratlos bezüglich des In Game Coachings von Enno Maaßen. Es ist mir ein Rätsel, warum nicht nach der Führung von Hertha konsequent umgestellt und etwas mutiger gewechselt wurde. Womöglich ist die Antwort die, dass wir derzeit nichts adäquates auf der Bank sitzen haben. Als Krönung dieses unschönen Augsburger Nachmittags ergab sich als Zweitligarundenpaarung im DFB-Pokal die Ansetzung FC Augsburg gegen den FC Bayern. Schwieriger geht’s wohl kaum.
Mein finales Fazit: Es fehlt nach wie vor die Kreativität sowie ein offensiver Plan. Geht Maier aus der Partie, gibt es kaum mehr offensive Struktur. Dorsch fehlt derzeit einfach immens. Schade, dass die Transferphase nun zu Ende ist und ein Spieler ala Okugawa nicht den Weg an den Lech gefunden hat. Für mich sind die Stürmer bei uns die ärmsten Spieler, da sie kaum gefüttert werden mit passablen Vorlagen. Berisha hat sich beispielsweise in dieser Partie sehr viel selbst erlaufen und erarbeitet.
Eins bleibt Fakt: Enno Maaßen hat noch viel Arbeit vor sich und das braucht weiterhin Zeit. Zeit, die dem FCA teuer zu stehen kommen könnte im Abstiegskampf. Zeit, die der FCA ggf. gar nicht haben kann. Ob Enno die richtigen Spieler für sein System zur Verfügung stehen, ist nach wie vor die große Frage. Eine T-Frage ist aber auch weiterhin und zu so einem Saisonzeitpunkt nicht sinnvoll. Die Augsburger Fans äußerten jedenfalls ganz laut nach dem Spiel ihren Unmut mit Pfiffen und dies muss man auch nachvollziehen können.
Es wird sich zeigen, in welche Richtung diese Saison verläuft und wie arg man in Augsburg zusammenhält, schließlich hat man sich dies einst als Mantra auferlegt. Es wäre schön, wenn man diesen Zusammenhalt ganz bald auch wieder auf dem Feld sehen dürfte.
So langsam steigt die Spannung und die Vorfreude auf das erste Pflichtspiel der Saison. Am morgigen Sonntag geht es im niedersächsischen Lohne gegen Blau-Weiß Lohne – einem Vertreter der Regionalliga Nord. Doch bevor wir uns endgültig auf die Partie der ersten Runde des DFB Pokals einstimmen, soll noch die Kaderanalyse des Sommers 2022 abgeschlossen werden. Was noch fehlt? Eigentlich die Paradeposition eines jeden Bundesligisten. Denn wer sorgt für Spektakel und schießt die Tore? Genau, der Sturm. Wer kreiert gefährliche Momente und spielt Chancen heraus? Das offensive Mittelfeld. Warum eigentlich? Weil beim FCA hier (schon seit geraumer Zeit, möchte man fast sagen) der Schuh drückt. Mit diesen Worten steigen wir nun ein in die Detailbetrachtung:
Offensives Mittelfeld
Stammspieler
Das offensive Mittelfeld ist quasi seit Abgang von Ja-cheol Koo im Jahr 2019 verwaist. Seither wurde noch keine Idealbesetzung gefunden. Dieses geforderte Profil kann am ehesten Fredrik Jensen erfüllen. Seit Sommer 2018 spielt der Finne schon beim FCA, sein Vertrag läuft noch bis Sommer 2023. Der Offensivspieler wäre längst unumstrittener Stammspieler, wenn ihm nicht immer eine Blessur oder gar hartnäckigere Verletzung dazwischen käme. Daher verwundert es nicht allzu sehr, dass der 24jährige in seinen vier Jahren in Augsburg bis dato nur 41 Bundesligaspiele absolvieren konnte (1 Tor, 4 Assists). Für den holländischen Club Twente Enschede kam Jensen in 42 Spielen auf der „Zehn“ zum Einsatz. Er erzielte hierbei neun Tore und gab fünf Vorlagen. Drücken wir Freddy die Daumen, dass seine Knochen heile bleiben und er in der kommenden Saison eine tragende Rolle in Augsburg spielen kann.
Eine potenzielle Stammkraft könnte hier auch Arne Maier sein, obwohl dieser nun wohl kurzfristig – nach der Verletzung von Dorsch – erst einmal auf der „Sechs“ gefordert sein wird. Der 23jährige zentrale Mittelfeldspieler hat definitiv Offensivpotenzial, dies bewies er zuletzt im Testspiel gegen Stade Rennes. Dort konnte er den ein oder anderen tollen Steckpass spielen und seine Mitspieler in Szene setzen, so auch die Vorlage für Demirovic zum 1:1 aus Augsburger Sicht. In seiner noch kurzen Bundesligakarriere kam er zwar bisher nur dreimal im offensiven Mittelfeld zum Einsatz, seine Performance zuletzt auf der Position macht jedoch Lust auf mehr.
Ergänzungsspieler
Auf der zehner Position könnte ebenfalls Maurice Malone spielen. Das Augsburger Eigengewächs ist polyvalent veranlagt und kann daher ohne große Qualitätseinbußen sowohl im Zentrum als auch auf den Flügeln eingesetzt werden. Seine Qualitäten sind hier sicherlich der Antritt und die Schnelligkeit ebenso wie Torgefährlichkeit. Diese konnte er in der Saison 20/21 schon beim Drittligisten Wehen-Wiesbaden unter Beweis stellen (35 Einsätze, 12 Tore, 9 Vorlagen).
Ebenso flink und agil wie Maurice Malone ist Ruben Vargas – eigentlich gelernter Außenbahnspieler – unterwegs. Der derzeit verletzte Schweizer ist aber auch schon auf der offensiven Mittelfeld-Position getestet worden. Zum Beispiel beim 1:1 gegen Arminia Bielefeld in der Vorsaison – und wusste zu gefallen. Wenn der quirlige Linksaußen wieder fit zur Verfügung steht, wird er zu aller Erst natürlich auf den Flügeln benötigt – aber er scheint auch eine denkbare Alternative auf der „Zehn“ zu sein.
Perspektivsspieler
Zwei Talente aus den U-Mannschaften sind hier noch als Perspektivspieler geführt, da sie in der kommenden Saison vermutlich eher keine tragende Rolle innehaben werden. Doch man sage niemals nie: Wenn sich weiterhin so viele Ausfälle ergeben, kann ein kurzfristiges Bundesligadebüt doch ganz schnell in greifbare Nähe rücken. Zum Beispiel Franjo Ivanovic könnte dies gelingen: Der 18jährige Kroate ist sowohl auf dem linken Flügel als auch im offensiven Mittelfeld beheimatet. Dies bewies er zuletzt in der U19 des FCA, zum Sommer 2022 ist er in die Augsburger U23 aufgerückt. In der vergangenen Saison spielte er zweimal auf der „Zehn“. Auch für die kroatische U19-Juniorennationalmannschaft durfte er auf dieser Position schon mehrfach starten.
Teamkollege Dion Berisha ist diese Position ebenfalls zuzutrauen. Der 19jährige spielt derzeit in der U23 des FCA und wird hauptsächlich auf beiden Flügeln eingesetzt. In der vergangenen Saison absolvierte er 14 Spiele für die höchsterfolgreiche U19, er steuerte acht eigene Treffer bei und legte weitere drei Tore auf. In der Saison 20/21 spielte er hauptsächlich im zentralen und offensiven Mittelfeld, in sechs Partien gelangen ihm sechs Scorerpunkte (fünf Treffer, eine Vorlage). Dion Berisha wird in der laufenden Regionalliga Bayern Saison sicherlich ein Leistungsträger der Augsburger U23 sein und wer weiß, vielleicht bekommt man ihn auch das ein oder andere mal bei den Profis zu sehen.
Mit Mert Kömür könnte ein richtiger Senkrechtstarter entdeckt worden sein. Der vor kurzem 17 Jahre alt gewordene U19-Spieler durfte zuletzt ins Trainingslager der Profis nachreisen. Der beidfüßige Offensivspieler ist hauptsächlich auf der Zehn zuhause. In der vergangenen Saison spielte Kömür, der auch deutscher U-Nationalspieler ist, 16 Partien für die U17 des FCA. Hierbei gelangen ihm fünf Tore und vier Vorlagen. Ein ziemlich interessanter Spieler und einer für die Zukunft. Kann man nur hoffen, dass man ihn nicht – wie einige andere hochveranlagte Nachwuchstalente – zu Konkurrenten ziehen lassen muss.
Sturm
Stammspieler
André Hahn ist eine echte Maschine – wird Jahr für Jahr älter und bleibt doch konstant (gut) in seinen Leistungen. Der einmalige Nationalspieler Deutschlands wird im August 32 Jahre alt und ist dennoch ein wichtiger Leistungsträger in Augsburg. Im Mannschaftsrat ist er auch diese Saison wieder präsent, ebenso wie auf dem Rasen. Dort beackert er wahlweise den rechten Flügel oder besetzt das Sturmzentrum. Letzte Saison stürmte Hahn 13 Mal für den FCA, hierbei erzielte er drei Tore und gab zwei Assists. Bei Hahno magelt es nie an Einsatzwille, Kampfgeist und Gier, ausschließlich die Geschwindigkeit nimmt langsam ab.
Florian Niederlechner ist wohl der typische Mittelstürmer im Augsburger Kader, der entweder zentral oder als hängende Spitze agieren kann. In 142 Bundesligapartien traf der 31jährige 33 mal und gab 19 Torvorlagen. In der vergangenen Saison wurde die Offensivkraft in 21 Partien als Stürmer eingesetzt und einmal als hängende Spitze. Dem gebürtigen Ebersberger gelangen hier zehn Scorerpunkte (5 Tore, 5 Assists). Nach den MLS-Gerüchten um Niederlechner war dem Stürmer anzumerken, dass er nicht mehr so befreit aufspielen konnte. Auch an seine glorreichste Augsburger (Anfangs-)Zeit konnte er auch nicht mehr anknüpfen.
Ermedin Demirovic war zuletzt Gegenstand des Tauschdeals zwischen Augsburg und dem SC Freiburg. Während der beste Augsburger Torschütze der Vorsaison, Michael „Gregerl“ Gregoritsch nach Freiburg weiterzog, reiste „Demi“ direkt nach Scheffau zu seinen neuen FCA-Teamkollegen. Der 24jährige ist hauptsächlich im Sturm zuhause, kann aber auch auf Rechtsaußen spielen. Während seine letzte Saison in Freiburg nicht so glücklich verlief (31 Partien, 2 Tore, 3 Vorlagen) konnte er in seiner Debütsaison aufmerksam auf sich machen. In 30 Spielen gelangen ihm fünf eigene Treffer und zehn weitere legte er Teamkameraden auf. In den Testspielen in der Saisonvorbereitung war zu merken, der Nationalspieler Bosniens muss sich noch in der Fuggerstadt akklimatisieren. Gegen Stade Rennes gelang ihm aber ein Treffer in Abstaubermanier, dort hat er sein Stürmer-Gen definitiv aufblitzen lassen.
Ergänzungsspieler
Kommen wir nun zur Kategorie Ergänzungsspieler: In dieser tummeln sich einige Spieler, die eher auf anderen Positionen beheimatet sind und dort schon näher vorgestellt wurden. Unter anderem Maurice Malone, der bei Wehen-Wiesbaden in der Saison 20/21 im Sturm mehrfach aufgestellt wurde. Als Mittelstürmer spielt er hierbei sechsmal (drei Assists: ein Tor, zwei Vorlagen) und als hängende Spitze insgesamt viermal (vier Tore, eine Vorlage). Auch bei Zweitligist Heidenheim spielte er dreimal im Sturm, ein Tor gelang ihm jedoch nicht.
Freddy Jensen ist im Zentrum zuhause und deshalb ist er auch für die Stürmerposition so interessant. Für die finnische Auswahl spielt er häufiger im Sturmzentrum, beispielsweise gelangen ihm in der Nations League im Jahr 2020 in drei Spielen als Mitteltürmer drei Tore und dies, obwohl er gegen Irland und Bulgarien nur 25 respektive 27 Minuten eingesetzt wurde. Neben Jensen scheint auch Noah-Sarenren Bazee eine interessante Sturmoption zu sein, wenn auch nicht die naheliegendste. Der derzeit verletzte Offensivallrounder kann auf beiden Flügeln und in der Spitze eingesetzt werden. Hier primär als hängende Spitze: In seiner Karriere spielte er zweimal als Mittelstürmer und 13 mal als hängende Spitze. Es gelangen ihm in 15 Partien neun Scorerpunkte (sechs Tore, drei Vorlagen). Bei Bazee sind sicher die interessantesten Aspekte seine enorme Schnelligkeit und der rasante Antritt.
Zuletzt muss hier natürlich noch Rekordtransfer und US-Boy Ricardo Pepi genannt werden. Der Stürmer weilt seit Januar 2022 beim FCA, konnte sich bisher jedoch auf dem Platz kaum nennenswert in Szene setzen. Der 19jährige ist hauptsächlich im Sturm zuhause, kann aber auch auf den Außenbahnen eingesetzt werden. Als Mittelstürmer gelangen ihm in 52 Partien 23 Treffer und vier Torvorlagen. In der Bundesliga spielte er in der vergangenen Saison elfmal, er stand hierbei 475 Spielminuten auf dem Platz. Ich glaube, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass Pepi die Zukunft gehört. Erste gute Ansätze waren und sind zu sehen, man muss auch bedenken, dass der Youngster mit einem gewaltigen 13-Mio.-Euro-Rucksack auf dem Rücken herumläuft. Das geht nicht spurlos an einem vorbei.
PERSPEKTIVspieler
Alem Japaur ist hier sicher ein kleiner Geheimtipp. Er war Teamkollege von Simic und Pejcinovic, deren Namen (medial) in aller Munde waren, nicht zuletzt aufgrund deren Transfers zu Ligakonkurrenten des FCA. Einer der in Augsburg verblieb war besagter Alem Japaur: Der 18jährige muss sich bei seiner Torausbeute aber gar nicht verstecken, denn ihm gelangen in der vergangenen U19-Bundesligasaison in 18 Spielen neun Treffer und drei Vorlagen. Der ehemalige U17-Nationalspieler Bosniens ist hierbei überwiegend im Sturmzentrum zuhause. Ein definitiv und überaus interessanter Akteur, der in der kommenden Saison für die U19 auflaufen wird.
Fazit
Beim FCA herrscht derzeit in der Zentrale eigentlich auf den ersten Blick kein Personalmangel. Wenn dann ist es ein Mangel qualitativer Natur, denn quantitativ stehen – wie die vorhergehende Auflistung beweist – genügend Spieler zur Verfügung auf den betrachteten Positionen. (Wobei Bazee und Vargas aber noch verletzt fehlen bzw. noch Trainingsrückstand haben!) Was sich jedoch zeigt ist eine Stürmerflaute: Gegen Stade Rennes fiel nach drei Wochen und einigen Testspielen Abstand das erste Stürmertor durch Demirovic. In den Testspielen richteten es überwiegend die treffsicheren Verteidiger.
Im offensiven Mittelfeld hat Arne Maier seine Ambitionen untermauern können. Enno Maaßen war nach dem Spiel gegen Rennes auch voll des Lobes. Jedoch – und das wird die kurzfristige Lösung sein – muss Arne Maier wohl den Ausfall von Niklas Dorsch kompensieren, ohne dies 1:1 zu können. Zu unterschiedlich sind die beiden Akteure in ihren Veranlagungen. Maier wird dies naturgemäß etwas offensiver interpretieren als der verletzte Dorsch. Gruezo wird dem Jungspund zur Seite stehen, Freddy Jensen stünde als erste Option eine Position weiter vorne zur Verfügung, sofern verletzungsfrei. Interessant für mich die beiden Personalien Ivanovic und Kömür!
Im Sturm gibt es eine engere Auswahl und einige Perspektivspieler. Enno Maaßen kann sich derzeit – sofern nicht weitere Zu- oder Abgänge erfolgen – zwischen erfahrenen (Hahn, Niederlechner) oder jungen-wilden Spielern (Pepi, Demirovic) entscheiden. Perspektivspieler hier für mich Malone und Japaur. Wobei man sogar Pepi als Perspektivspieler bezeichnen könnte, denn er wird Zeit brauchen. Das werden auch Augsburger Funktionäre nicht müde zu betonen. Was auch betont wird – nicht zuletzt im Rahmen der Pressekonferenz vor dem DFB Pokal Erstrundenmatch gegen Lohne – ist die Suche nach Zugängen in der Offensive. Hier hofft der FCA wohl auf die zunehmende Dynamik des Transfermarkts.
Für mich hat die Kombination Hahn und Demirovic gegen Rennes ganz ordentlich ausgesehen. Florian Niederlechner als Joker – es gibt schlechteres. Insgesamt wird es weiterhin Zeit brauchen, das Maaßsche System zu verinnerlichen und ein gepflegtes Offensivspiel aufzuziehen. Daher müssen sich insbesondere die Spieler, die zuletzt andere Spielweisen gewöhnt waren wie Hahn und Co., definitiv umgewöhnen. Es wird spannend sein, zu sehen, wem die Umstellung gelingt und bei wem als erstes der Torknoten platzt. Und es wird interessant sein zu beobachten, ob der FCA die Einschätzung hier teilt und ob ggf. noch externe Neuzugänge mit qualitativer Eignung folgen. Ich würde sagen: ja!
Keine Person in Augsburg steht derzeit so arg im Scheinwerfer und auch in der Kritik wie Stefan Reuter. Wir nehmen die letzten Geschehnisse zum Anlass, um dem aktuellen „SpoDi“ des FCA eine Serie zu widmen. Beginnen wir einmal mit der Vorgeschichte des Stefan Reuter, der nicht immer Sportfunktionär war, sondern einst erfolgreicher Spieler hierzulande.
Kindheit und Jugend
Stefan Reuter wurde am 16. Oktober 1966 als mittlerer Sohn dreier Kinder von Fritz und Elle Reuter im mittelfränkischen Dinkelsbühl geboren. Er hat zwei Geschwister, Jörg und Ursula. Dinkelsbühl ist seinerseits eine große Kreisstadt im Landkreis Ansbach, rund 100 Kilometer von Augsburg entfernt und beheimatet 11.882 Einwohner*innen (Stand: 31.12.2020). Bedeutend sicherlich die Lage: Die Stadt liegt direkt an der Romantischen Straße, die älteste Ferienstraße Deutschlands, die in Füssen im Ostallgäu endet.
Im Alter von fünf jungen Jahren begann er in der Nachbarschaft- beim TSV 1860 Dinkelsbühl – das Fußballspielen. Dort hat er alle Jahrgänge bis zu den B-Junioren durchlaufen, seine Neffen Jonas (31) und Lukas (27) spielen heute noch dort, beim Kreisligisten in der KL Nürnberg/Frankenhöhe 1. Wenn es die Zeit zulasse, so Reuter, besucht er selbst seine Heimat – dort leben neben seinen Neffen noch seine Eltern sowie sein Bruder Jörg. 11 Jahre spielte Reuter in Dinkelsbühl, dann rief den talentierten Kicker die große Welt des Fußballs. Entdeckt hatte Reuter 1982 Günter Gerlin, ehemaliger Trainer des 1. FC Nürnberg und der SpVgg Greuther Fürth.
So wechselte Stefan Reuter mit 15 Jahren zum damaligen Zweitligisten 1. FC Nürnberg. Wir schreiben das Jahr 1982. Bei den prominenten Franken, beim „Club“, reifte Reuter zum Juniorennationalspieler heran, durchlief die U17 (1 Spiel) und U18 (7 Spiele) Deutschlands. In seiner Jugend vertrat er die Deutsche U16-Auswahl im UEFA-Wettbewerb „U-16“, der im Sommer in Deutschland stattfand. Mit seinen Teamkollegen sicherte sich Reuter mit einem 2:0 im Finale gegen die Sowjetunion als Einwechselspieler die Europameisterschaft der U16-Junioren.
Auch für die U18 Deutschlands kam er zum Einsatz (8 Spiele), ebenso für die U21-Nationalmannschaft, dort debütierte er am 24. September 1985 in Eskilstuna und erzielte prompt zwei Tore gegen die schwedische Auswahl. Darüber hinaus trat er im Jahre 1987 mit der Bundeswehr-Nationalmannschaft bei der Militär-WM an und errang mit seinen Mitstreitern den zweiten Platz. In seiner Jugend war Stefan Reuter aber nicht nur ambitionierter Kicker, sondern auch erfolgreich in der Leichtathletik. Er konnte die Bezirksmeisterschaft im Weitsprung gewinnen und war darüber hinaus noch bayerischer Meister in der Disziplin Crosslauf.
Profikarriere
Zehn Tage vor seinem 18. Geburtstag – es war der 06. Oktober 1984 – durfte Reuter für den Club in der zweiten Liga debütieren, gegen Kickers Offenbach am 9. Spieltag. Der „Glubb“ gewann 3:2 auswärts in Hessen. Zu Saisonende stieg der junge Stefan als rechter Mittelfeldspieler mit seiner Mannschaft in die Bundesliga auf und verweilte dort bis zur Saison 1987/88. Für den 1. FC Nürnberg bestritt Reuter 125 Pflichtspiele, erzielte als Defensivspieler 13 Tore. Zudem lief er dreimal im DFB-Pokal auf und traf zweimal ins gegnerische Tor. Am 18. April 1987 durfte Reuter zum ersten Mal für die deutsche A-Nationalmannschaft spielen. Sein Debüt gab der damals 20jährige beim 0:0 gegen Italien in Köln. Er wurde in Minute 63 für Wolfgang Rolff eingewechselt. Für die deutsche Auswahl absolvierte Stefan Reuter insgesamt 69 Partien.
1988 wechselte Reuter dann zum FC Bayern München, für den er insgesamt 95 Ligaeinsätze (4 Tore) verzeichnete sowie 10 UEFA-Pokal (1 Tor)- und 12 Landesmeisterpokal-Spiele (3 Tore). Er gewann mit den Münchner Bayern drei Titel und wechselte dann 1991 nach Italien zu Juventus Turin. Dort verweilte er genau eine Saison, bevor er sich dem BVB anschloss. 1992 riss das Kreuzband. 2000 erlitt er einen Knorpelschaden im Knie. Dennoch konnte Reuter 502 Bundesligapartien bestreiten. In Dortmund beendete er 2004 seine Karriere. Mit dem BVB gewann der gebürtige Franke in zwölf Saisons acht Titel. 1997 gewann er mit den Dortmundern die Champions League, nach einem 3:1 über Juventus Turin, seinen Ex-Club. Torschütze zum 1:0 sowie 2:0 übrigens der ehemalige Augsburger Karl-Heinz „Kalle“ Riedle, der im Finale in Minute 67 ausgewechselt wurde, für ihn kam Heiko Herrlich. Ebenfalls ein alter Augsburger Bekannter.
Stefan Reuter nahm sowohl an der WM 1990 als auch an der WM 1998 teil. 1990 errang er mit der deutschen Elf den Titel und erhielt in Folge das silberne Lorbeerblatt als Ehrung dieses Erfolgs. Weiterhin bestritt er die EM 1992 sowie 1996. Sein letztes Spiel für die deutsche Auswahl war das erste Vorrundenspiel der WM 1998 gegen die USA. Insgesamt wurde Stefan Reuter in seiner aktiven Laufbahn Weltmeister (1x, 1990), Europameister (1x, 1996), Champions League Sieger (1x, 96/97 mit dem BVB), Deutscher Meister (5x, 2mal mit dem FC Bayern und 3 mal mit dem BVB), Deutscher Zweitligameister (1x, 84/85 mit dem Club), U17-Europameister (1x, 1984), 1x Weltpokalsieger (1998, mit dem BVB) sowie deutscher Superpokalsieger (5x insgesamt). Zudem war Reuter zweimaliger UEFA-Cup-Finalist mit der Borussia aus Dortmund (2001/02, 1992/93). 502 Bundesligaspiele konnte Reuter in Summe bestreiten, 47 Einsätze im UEFA-Cup, 44 in der Champions League und 34 im DFB Pokal. Darüber hinaus absolvierte er 28 Partien in der Serie A und 8 im italienischen Pokal, der Coppa Italia.
Funktionärslaufbahn – BVB & 1860
2004 beendete Stefan Reuter – seine zugegebenermaßen glanzvolle – aktive Karriere beim BVB, übrigens als letzter verbliebener Weltmeister von 1990. Schon im Jahr 2000, parallel zu seiner Profilaufbahn, absolvierte Reuter einen Kurzlehrgang für Nationalspieler und erhielt die Lizenz des Fußballlehrers. Nach seinem Karriereende im Jahr 2004 wird er Assistent beim BVB, gab diese Position schon 2005 aber wieder auf. 2006 wechselte Reuter als Manager zum damaligen Zweitligisten 1860 München. Zuvor erfolgte beim TSV 1860 der Rauswurf von Trainer Reiner Maurer sowie Manager Roland Kneißl, dem Vorgänger Reuters auf der Position des Managers.
„Wir sind uns einig mit Stefan Reuter. Und wir sind sehr zufrieden mit seiner Verpflichtung, denn uns waren ja gleich zwei Leute ausgefallen.“
Damaliger Löwen-Präsident Karl Auer zur Verpflichtung von Stefan Reuter im Jahr 2006
Stefan Reuter erhielt bei den Löwen einen Vertrag bis 31.12.2008. „1860 ist für mich eine Riesenherausforderung. Das Wichtigste ist zunächst, dass das Sportliche wieder im Vordergrund steht, und ich bin überzeugt, dass die anvisierten Ziele erreicht werden können“, so Reuter damals zu diesem Schritt. In einem Kicker-Interview im Jahr 2006 gab Stefan Reuter an, dass die Management-Position in einem Fußballclub sein selbst gesetztes Ziel war.
Was Stefan Reuter schon immer in seinem Machtbereich sah- als Manager sieht er sich offensichtlich mit absoluter Kompetenz ausgestattet: „Dass es von den Profis bis zu den Amateuren und Jugendteams, vom Physiotherapeuten bis zum Zeugwart keinen Vertrag geben wird, der nicht meine Unterschrift trägt. Und ich frage auch keinen, ob ich mich auf die Bank oder in Spielersitzungen setzen darf. Aber die Kompetenz für die Mannschaft liegt klar beim Trainer.“
1860 als Sprungbrett und die Doppelrolle
2008 wurde Reuter dann zum Geschäftsführer der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA bestellt. Er war damals zu dem Zeitpunkt alleiniger Geschäftsführer des TSV 1860. Zuvor wurde der ehemalige Geschäftsführer Stefan Ziffzer entlassen, weil dieser eine Brandrede gegen den Club-Präsidenten Albrecht von Linde gehalten hatte. „Der Fisch stinkt vom Kopf her, und bei uns ist der Kopf der Präsident (…) Dieser Präsident ist eine Schande.“, so Ziffzer auf der Pressekonferenz nach dem 1:1 gegen den VfL Osnabrück, das dem TSV den Klassenerhalt sicherte. Noch im VIP-Raum wurde Ziffzer dann von von Linde die fristlose Kündigung ausgesprochen.
Überhaupt, es waren damals chaotische Tage bei den Löwen. „Bis Ende des Jahres müssen die „Löwen“ 1,5 Millionen Euro Eigenkapital aufbringen, um die Auflagen bzw. Bedingungen der Deutschen Fußball Liga (DFL) zu erfüllen“, berichtet der Kicker anno dazumal. Der Kicker berichtet zum damaligen Zeitpunkt von internen Machtkämpfen und finanziellen Schwierigkeiten. Reuter, selbst auch in der Kritik, sah sich Gerüchten ausgesetzt, er solle durch Miroslav Stevic ersetzt werden. Reuter lehnte damals einen Rücktritt ab.
2009 sah es sportlich nicht besser aus für den Club mit den großen Ambitionen und der großen sportlichen Historie. Platz elf bekleidete der TSV in der zweiten Liga, zu wenig für den Traditionsverein mit Erstligaträumen. Wirtschaftlich sah es ebenfalls fatal aus (die Rede war von drei Mio. Euro Schulden), daher stieg 2009 ein Investor namens Nicolai Schwarzer, Inhaber der Schwarzer Unternehmensgruppe, bei den Löwen ein. Zudem wurde der Job von Stefan Reuter, der zuletzt Geschäftsführer und Sportdirektor in einem war, auf mehrere Schultern verteilt. Neuer Sportdirektor wurde Ex-Löwenspieler Miroslav Stevic. „Mit Herrn Reuter sind wir im Gespräch über sein verändertes Aufgabenfeld. Wir würden ihn gern dafür gewinnen“, so Präsident Rainer Beeck. Die Augsburger Allgemeine vermeldete damals, Stefan Reuter solle Geschäftsführung und Sponsoren-Betreuung übernehmen.
Bereits zehn Minuten vor der einberufenen Pressekonferenz, um unter anderem den Investor vorzustellen, ließ Stefan Reuter vor den anwesenden Journalisten verlauten: „Das Angebot, das mir nicht einmal konkret vorliegt, kann ich nicht annehmen.“ Die drei anwesenden Vorstände, darunter SPD-Fraktionschef Maget, sollen peinlich berührt gewesen sein – denn sie wussten von diesem Vorhaben Reuters noch gar nichts. Na, bei wem klingelt es gerade? Gewisse Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen. Der Tagesspiegel schrieb damals, „Die Verhandlungen mit dem Investor hatten seit Monaten hinter dem Rücken des Geschäftsführers stattgefunden.“ Das Resultat: Reuter nahm das Angebot der Löwen nicht an und schied am 03.02.2009 aus dem Amt aus.
Reuter war einst Partner von Marcus Höfl, Ehemann von Ski-Olympia-Siegerin Maria Höfl-Riesch, den man in Augsburg auch kennen sollte, saß er doch bis 2021 beim FCA (besser gesagt, der GmbH & Co KGaA) im Aufsichtsrat. Mit Höfl war er bei einer Marketing-Agentur namens brandicons tätig, die Klienten wie Franziska van Almsick oder Johannes B. Kerner betreute.
Sportdirektor beim FC Augsburg
Stefan Reuter ist seit 27.12.2012 beim FC Augsburg als Nachfolger von Jürgen Rollmann in Funktion des Geschäftsführers Sport tätig. In dieser Saison war der FCA, und zu diesem Zeitpunkt besonders, abstiegsgefährdet, stand man doch nach 17 Spieltagen mit 9 Punkten auf Platz 17 der Bundesligatabelle. Noch nie hatte bis dato ein Verein mit dieser Punktzahl noch die Klasse gehalten. Aber mit vereinter Kraft – und Trainer Markus Weinzierl – spielte der FCA die siebtbeste Rückrunde aller Clubs und hielt sensationell die Klasse. Ein weiteres Highlight war natürlich die Teilnahme an der Europa League in der Saison 2015/2016, die Saison zuvor verlief absolut fantastisch und der Verein beendete diese mit 49 Punkten auf Platz 5. Zwischenzeitlich stand man sogar auf einem Champions League Rang.
Doch nach diesem Highlight, der internationalen Rundreise des FCA unter dem Motto „In Europa kennt uns keine Sau“, entwickelte der Club sich dann schleichend in die falsche Richtung, anstatt bergauf ging es langsam aber sicher wieder bergab. Platz 12 mit 38 Punkten in der Saison 15/16, Platz 13 mit 38 Punkten in der Saison 16/17, Platz 12 in der Saison 17/18 mit 41 Punkten, Platz 15 in der Saison 18/19 mit 32 Punkten, erneut Platz 15 mit 36 Punkten in der Saison 19/20, Platz 13 mit 36 Punkten in der Saison 20/21 sowie zuletzt Platz 14 mit 38 Punkten. Mit Markus Weinzierl holte Reuter vergangenes Jahr – mehr oder weniger unfreiwillig – einen alten sowie erfolgreichen Bekannten an den Lech. Von seinem Spezl Heiko Herrlich hatte man sich in Augsburg mehr erwartet, als einen biederen Spielstil und eine brenzlige Saison mit knappem Klassenerhalt. Stellt sich nun die Frage, ob Stefan Reuter seine „Herzensangelegenheit“, den FCA, nach vorne bringen kann oder ob er ihn herunterwirtschaftet. Aktuell sitzt Stefan Reuter, verdienter FCA-Funktionär und großer Spieler der deutschen Bundesligahistorie, auf jeden Fall an einem sehr langen Hebel. Man weiß nur aktuell nicht ganz genau, ob er den Hebel umlegen kann und den FCA wieder in sicheres Fahrwasser bringt. Oder ob es (groteske) 1860-Züge annimmt. Zu wünschen wäre den Fans, dem Verein, der Region und Stefan Reuter selbst ersteres.
Privates
Stefan Reuter erwarb erfolgreich die Mittlere Reife in seiner Heimatstadt Dinkelsbühl, das Abitur hat er zwecks Karriere sein lassen. Sein Spitzname als Profi lautete Turbo, wegen seiner dynamischen Spielweise als Fußballspieler. Privat war Stefan Reuter 25 Jahre mit Birgit, der Mutter seiner drei Kinder, Jessica, Jennifer und Stefan junior, verheiratet. Seit 2015 ist er jedoch mit der Architektin Annette (55) liiert.
Sein Sohn Stefan junior ist heute 22 Jahre alt, beackert ebenfalls den rechten Flügel und steht derzeit beim Regionalligisten SV Heimstetten unter Vertrag. Um nicht mit seinem Vater verwechselt zu werden aufgrund desselben Vor- und Nachnamens, wird Stefan Reuter junior privat „Stevie“ genannt. Sein Vertrag in Heimstetten läuft am 30.06.2022 aus – vielleicht wechselt der Reuter-Spross in die zweite Mannschaft des FCA. (reine Spekulation!) Verabschiedet wurde er zuletzt jedenfalls von Seiten des Clubs. Wir sind gespannt, wohin es ihn als nächstes zieht.
Reuter junior sagte 2021 im Interview mit fussball.de zu der Frage, warum er nicht zum FCA II gewechselt ist, übrigens folgendes: „Weil ich kein Angebot bekommen habe. (lacht) Aber Spaß beiseite. Wenn es sich ergeben sollte, würde ich das jetzt nicht kompromisslos ausschließen. Aber es wäre schon eine sehr komische Situation. Abgesehen davon war es genau die richtige Entscheidung, nach Heimstetten zu wechseln.“ In 33 Spielen erzielte der rechte Mittelfeldspieler 3 Tore und gab eine Torvorlage, zudem sah er 9 gelbe Karten. Er entstammt der Jugendakademie der Münchner Löwen. Neben dem Fußball absolviert Stefan „Stevie“ Reuter noch ein BWL-Studium in seiner Heimatstadt München.
Wie geht’s weiter?
Alles in allem ist Stefan Reuter die handelnde Person, die den FCA seinerzeit auf Kurs gebracht hat, nachdem der Club nach dem Aufstieg schon kurz darauf wieder ins Straucheln geriet. Ich glaube, dankbar sind wir alle, für diese tollen Momente zusammen, viele richtige Entscheidungen, eine unglaubliche Zeit, an deren Ende 11 Jahre Bundesliga stehen. Für Augsburg eine Menge und was ganz besonderes. Aus Sorge um den Verein beäugen aber – zurecht – viele Fans und Anhänger*innen die Machenschaften und Vorgänge rund um den FCA äußerst kritisch. Ich denke, das muss man sich – trotz aller Demut, Verehrung und toller Zeiten – gefallen lassen. Wir werden sehen, wohin dies führt.
Als nächstes lest ihr hier in der Rosenau Gazette, welche Trainer sich in der Amtszeit von Stefan Reuter die Ehre gaben. Zudem möchten wir im Rahmen dieser Serie noch auf die Transfers innerhalb seiner Amtszeit sowie auf seinen Kommunikationsstil eingehen. Also: Stay tuned!
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