Nicht überzeugt

Schöne Überschrift, was? Die bezieht sich nun nicht auf die Vorstellung von Enno Maaßen als Trainer des FC Augsburg. Sondern sie stellt vielmehr das Urteil dar, dass einige der jungen Talente des FC Augsburg immer wieder über den FC Augsburg fällen, wenn es um ihre sportliche Zukunft geht. Sie könnte auch lauten „nicht überzeugend“. Und während der FCA in den letzten Wochen nach der perfekten Trainerlösung gesucht hat, hat sich die Welt – oh Wunder – weitergedreht, und so manch ein Jugendspieler hat seine Entscheidung für die Zukunft getroffen.

Aktuelle Transfers bei den Jugendspielern

Was man an dieser Stelle nicht groß betonen muss. Die FCA-Talente sind mittlerweile begehrt. Die U19 hat in der höchsten Klasse ihre Staffel gewonnen und es bis in das Halbfinale um die deutsche Meisterschaft geschafft. Da sind richtig gute Jungs bei und kommen auch aus den jüngeren Jahrgängen noch nach. Und die warten nun nicht gerade darauf, dass der FCA zu Potte kommt. So hatte sich Dikeni Salifou schon früh entschieden, dass seine sportliche Zukunft bei Werder Bremen liegen wird. Mit Aaron Zehnter konnte der FCA eines seiner Top-Talente halten und mit einem Profi-Vertrag ausstatten. Gleiches gilt für den schon etwas älteren Henri Koudossou. Soweit so gut.

Das Gerangel wird durch die hohe Qualität auch um die deutlich jüngeren Talente größer. Der 17-jährige Noa-Gabriel Simic ist nun der nächste, der den FCA proaktiv verlässt und zur U19 von Borussia Dortmund wechselt. Er hatte in 18 Partien für die U19 11 Tore gemacht, und das mit gerade einmal 17 Jahren. Der Dortmunder U19 Trainer soll in ihm einen Wunschspieler sehen. Und selbst wenn sich der FCA nun selbst im Dortmunder Trainerpool bedient hat, so ändert dies nun nichts mehr an diesem Spielerwechsel. Genau, wie es einen stutzig machen sollte, dass Dzenan Pejcinovic bisher keinen Profivertrag in Augsburg unterschrieben hat. Am Unwillen des Vereins wird es nicht liegen. Vielleicht fehlt – mal wieder – auf Spielerseite die Überzeugung?

Die Bilanz der letzten Jahre

Über Stefan Reuters Bilanz mit der Jugend hat Irina hier im Blog zuletzt ausführlich geschrieben. Wenn man dies in Kürze zusammenfassen will: der FCA hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Mit Raphael Framberger kam gerade ein aktiv-eingesetzter Spieler der letzten Saison aus der eigenen Jugend. Vor der Saison hatte man mit Marco Richter und Kevin Danso zwei Eigengewächse ziehen lassen. Während Richter seinen Wechsel zu Hertha BSC vielleicht hinterfragt (ein etwas glücklicheres Händchen bei der Vereinswahl hätte man ihm schon wünschen können), hat Kevin Danso mit dem Rummel um seine Person alles richtig gemacht. Er hat für RC Lens 36 Pflichtspiele bei 5 Scorerpunkten absolviert und gezeigt, dass er das Potential zu einem erstklassigen Innenverteidiger ausschöpfen kann. Sein Marktwert ist zusätzlich auf 9 Mio. EUR laut transfermarkt.de geklettert. Und Danso ist weiterhin erst 23 Jahre alt.

Danso war nicht der erste, der seinen Abschied vom FCA quasi erzwang. Er steht in einer Reihe mit Erik Thommy, der trotz Bundesligadebüt in Augsburg seine Chancen in der Ferne (beim VfB Stuttgart) besser einschätzte. In der gleichen Reihe findet sich auch Marvin Friedrich wieder, der über Union Berlin bei Borussia Mönchengladbach gelandet ist. Friedrich war vom FCA nach Berlin ausgeliehen und beklagte, dass sich während seiner Leihe beim FCA niemand für ihn zu interessieren schien. Als Reaktion auf diese offensichtliche Fehlstellung wurde in der Folge Christoph Janker als Bindeglied zwischen Profis und Jugend und zur Betreuung der Leihspieler installiert. Einzig, die Erfolge lassen auf sich warten.

Die Verpflichtung von Aaron Zehnter ist ein Hoffnungsschimmer mit Blick auf die Jugend zuletzt. (Photo by Oliver Hardt/Getty Images for DFB)

Wendepunkt

Nun hatte der FC Augsburg mit Markus Weinzierl keinen Trainer, der dafür berüchtigt ist, auf die Jugend zu setzen. 10 Minuten vor Ende einer aussichtslosen Partie durften immer wieder die über 30jährigen Alt-Stars ran, anstatt dass Jugendspieler wichtige Minuten und Erfahrungen hätten sammeln dürfen. Die Frustration unter den Jugendspielern wuchs. Aber auch hier gilt: der Trainer hat sich nicht selbst ausgesucht. Man hat für den Klassenerhalt 2020/21, den Weinzierl durch die Partie gegen Bremen mit mehr Glück als Verstand sicherte, die Perspektive der Jugend geopfert. Die Verpflichtung von Enno Maaßen wird hier nun als Wendepunkt inszeniert. Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen hat Stefan Reuter sehr betont, dass Enno Maaßens Kompetenz in der Arbeit mit Jugendspielern ein Haupt-Kriterium für seine Verpflichtung war.

Das es beim Verein trotzdem keinen kompletten Sinneswandel gegeben hat, sieht man allerdings in Reuters Aussagen zu Tim Civeja im selben Interview. Civejas Namen hat er dabei selbst in Spiel gebracht: „Aber Tim Civeja zum Beispiel ist auf uns zugekommen und würde gerne nach dieser für ihn enttäuschenden Saison, in der er nicht einmal im Kader gewesen ist, einen anderen Weg einschlagen. (…) Wir wollen den Spieler aber nicht verlieren, sondern auch die Möglichkeit haben, ihn wieder zurückzuholen.“ Er scheint also direkt bereit, Civeja ziehen zu lassen. Kein Wort darüber mit Enno Maaßen zusammen zu überlegen, welche Perspektive man dem Spieler geben kann. Kein Wort darüber, wie man Spieler vom FCA überzeugen will. Civeja wurde im Nachgang zum Interview nun für ein Jahr nach Ingolstadt verliehen. Chance verpasst.

Strategie nachhaltig ändern

Stefan Reuter hat ja nicht unlängst Fehler selbst eingestanden. Aber gerade in diesem vielzitierten, aktuellsten Interview hat er erneut die Verpflichtung von Markus Weinzierl verteidigt. Hier ist nun die Frage, welchen Prioritäten der FCA nachhaltig verfolgt. Die Förderung der Jugend scheint es ja nicht vorrangig zu sein, wenn man diese für kurzfristige Ziele auch mal opfert. Ob sich die Strategie des FCA hier nun nachhaltig ändert? Zumindest ist dies bisher aus den öffentlichen Aussagen nicht direkt erkennbar. Trainer kommen und gehen in der Bundesliga. Der FCA braucht ein Wertegerüst, auf dessen Basis er Entscheidungen trifft und die Jugend hat hier eine wichtige Rolle zu spielen.

Der Erfolg einer strategischen Änderung wird sich gerade im Verhalten der Jugendspieler und Jungprofis selbst zeigen. Bleiben sie in Augsburg, bekommen sie ihre Chance und wird Vertrauen in sie gesetzt? Hält man den Kontakt auch in schwierigen Zeiten und während der ein oder anderen Leihe und intensiviert ihn dann vielleicht sogar? Kommen sie gerne nach Augsburg zurück? Hier wird es nicht nur auf Enno Maaßen ankommen, sondern auch auf das Management. Wobei Enno Maaßen die Kernaufgabe zukommt, den Jugendspielern ihre kurzfristige Perspektive aufzuzeigen, Vertrauen aufzubauen und Versprechen einzuhalten. Dann ist für die kommende Saison schon viel genommen, auch wenn die Fehler der letzten Zeit sich noch eine Weile auswirken werden, Ob wir nicht doch einen Rückfall in diese Zeiten erleben, ist damit jedoch nicht sicher gestellt.

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