Euer Pessimismus ist unser Antrieb

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Vor der letzten Saison war im Umfeld des FCA deutlich wahrnehmbar, dass die Erwartungshaltung gestiegen war. In der Saison zuvor hatte man in der Europa League gespielt. Auf dem Transfermarkt hatte man wieder ordentlich Scheine hingeblättert beispielsweise für Martin Hinteregger und Johnny Schmid. Auch in der Lokalpresse wurde der Anspruch formuliert, dass sich der FCA mit diesem Hintergrund im Mittelfeld der Bundesliga etablieren müsse.

Ich habe schon vor einem Jahr leidenschaftlich dagegen angeschrieben. Was danach kam, ist bekannt. Dirk Schuster wurde als erster Trainer seit vielen Jahren im Herbst in Augsburg entlassen und wir kämpften ein Jahr verbissen um die Klasse. Zumindest am Ende kämpften wir.

Diese Saison sind die Vorzeichen etwas anders. Nachdem wir uns letzte Saison nur selten mit spielerisch attraktivem Fußball hervorgetan hatten, sind wir in diesem Jahr wieder designierter Abstiegskandidat. Das liegt vor allem auch daran, dass mit Hannover und Stuttgart erfahrene Erstligisten direkt wiederaufgestiegen sind. Diese sind uns mit ihrem wirtschaftlichem Umfeld weiterhin überlegen. Die Abstiege werden bei diesen Clubs als zwischenzeitliche Betriebsunfälle betrachtet, die nun behoben sind. Das führt dann in Teilen zu niederschmetternden Saisonprognosen so mancher Experten. Tobias Holtkamp, Kolumnist bei der Welt, hat direkt mal einen rausgehauen: Platz 18 für den FCA.

Bundesliga-Vorbereitung startet!! Hier schon mal vertraulich die Abschlusstabelle #exklusiv pic.twitter.com/VAS5ysl7CY

— Tobi Holtkamp (@Rune4) 3. Juli 2017

Auch die Stimmung unter den FC Fans hat sich nach meinem persönlichen Eindruck etwas abgekühlt. Es ist wieder Pessimismus eingekehrt. In tiefgreifender Analyse habe ich  festgestellt, dass der Augsburger – als Grantler Galore – somit quasi zu seinem Normalzustand zurückgekehrt ist. Falls ihr es noch nicht wusstet: Es geht alles den Bach runter in Augsburg, auch der FCA hat seine besten Zeiten schon gesehen. Das Problem daran: Wir sind gerade eben nicht abgestiegen und spielen nächstes Jahr schon wieder in der ersten Bundesliga.

Aber durch diese Wahrnehmung des FCA in Deutschland und Augsburg wird sich einiges erleichtern. Offensichtlich sind wir erstmal wieder der Underdog in allen Spielen in der nächsten Saison. Wir müssen nicht das Spiel machen, können den Gegner kommen lassen und so wird sich von der Spielgestaltung her einiges für uns verbessern. Wenn sich Manuel Baum von seiner Rhetorik in der kommenden Saison etwas verbessert, dann wird er auch keine Spektakel mehr versprechen und wir werden vielleicht trotzdem mehr Spiele wie das in der Rückrunde gegen den HSV sehen. Der Erwartungsdruck verschiebt sich. Die Psychologie ist vorerst wieder auf unserer Seite und wir können befreit aufspielen.

Es wird auch zu Hause leichter werden. Im Stadion werden sich weniger Menschen befinden, die Siege erwarten. Es werden eher Menschen da sein, die das Erlebnis erste Bundesliga an sich zu schätzen wissen. Das beinhaltete in den Bundesligajahren zumeist eine großartige Stimmung und einen leidenschaftlichen Support im Lechfeldstadion. Es hat sich in der Endphase der letzten Saison gezeigt, was wir erreichen können, wenn alle zusammen halten. Ich hoffe, dass sowohl die Mannschaft als auch die Fans dieses Gefühl in die neue Saison transportieren können.

Denn das Problem vor dieser Saison ist realistischerweise: Klare Abstiegskandidaten wie Darmstadt oder Ingolstadt sind nicht zu erkennen. Und selbst wenn wir schon einige Neuzugänge vermelden konnten und uns unter Manuel Baum stabilisiert haben, ist dieses Jahr die Herausforderung höher. Mit einer phasenweise dahingeschummelten Saison wie im letzten Jahr wird es vermutlich nicht reichen. Es wird Zeit, dass wir dauerhaft unsere eigene Mentalität wiederfinden. Und zu allem Pessimismus gehört eben auch eine gehörige Portion Trotz. Jedem der uns abschreibt, lasse ich gerne seine Meinung. Sollen die Leute das zum jetzigen Zeitpunkt ruhig tun. Aber wenn die neue Saison startet und das erste Spiel angepfiffen wird, dann werden wir es denn Zweiflern erneut zeigen. Zum siebten Mal. Und dieses Jahr sollte allen klar sein: Es wird die Nacht zum Tag gemacht, wenn die Klasse gehalten wurde.

 

Achtung: Uns kennt immer noch #keineSau

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Nun bin ich mit Sicherheit niemand, der die Dinge beim FCA immer über den grünen Klee lobt. Ich habe unter anderem die Entwicklung bei den Trikotpreisen, miese Auswahl beim Merchandise und auch fehlende vergünstigte Tagestickets für Bedürftige kritisiert. Nicht immer absolut sachlich, aber doch bemüht. Es gibt Themen, die man auf eine sachliche und ausgewogene Art kritisieren kann. Das fehlende Familienfest in diesem Jahr gehört hier sicher dazu. Das würde ich von der größten Tageszeitung in der Region erwarten. Ich als Blogger und Kolumnist habe meine Meinung, von einer großen Tageszeitung erwarte ich vor allem sachliche Berichterstattung. Dieses Bemühen muss man Johannes Graf aber absprechen, wenn er in der AZ fragt: Sinkt das Interesse am FCA? Dafür hat er Anhänger gefragt, was sie stört. Herausgekommen ist dabei Zerrbild, denn es sind genau 5 Anhänger zu Wort gekommen. Auf seine Frage gibt er keine Antwort und lässt diese im Raum stehen, suggestiv nach dem Motto: Das Interesse sinkt! In einem weiteren Beitrag nur drei Tage später suggeriert er sogar, dass der FCA mit seinem derzeitigen Verhalten seine Wurzeln vergessen würde und listet eine Reihe von Events auf, die nach seiner Meinung nötig sind, um Gelegenheitsgänger ins Stadion zu locken.

Ich behaupte dabei nicht, dass man die Frage nicht stellen kann, ob das Interesse am FCA sinkt. Wenn ich mir die Mühe mache, dann sollte ich allerdings auch auf vorhandene Informationen eingehen. Wie hat sich der Dauerkartenverkauf von der letzten hin zu dieser Saison entwickelt? Am Rande habe ich mitbekommen, dass wohl weniger Dauerkarten als in der Vorsaison verkauft worden sind. Wie sieht die Entwicklung bei Mitgliederzahlen und Fanclubs aus? Mir ist nicht bekannt, dass es hier einen nennenswerten Rückgang gab. Und das die Unterstützung auswärts geringer wird und Fans z.B. nicht mehr nach Dortmund fahren, lässt sich genau wie messen? Auch auf Grund geringer Ticketkontingente waren doch die Auswärtsspiele in Dortmund zumindest in den letzten beiden Jahren bzgl. der Gästekarten ausverkauft. Im DFB Pokal gegen Ravensburg war das Gästekontingent recht schnell weg. Ich stand vor ein paar Jahren in der ersten DFB-Pokal Runde in Oberhausen noch in einem spärlich gefüllten Gästeblock. Ja, der Vergleich hinkt, da Oberhausen deutlich weiter weg ist als Pfullendorf, aber mein Eindruck von den Auswärtspartien in den letzten Jahren zeigt kein schwindendes Interesse auch abseits der Europa League.

Die reißerischen Überschriften lassen vermuten, dass beim FCA generell etwas im Argen liegt. Insgesamt wirkt die Situation aber doch gar nicht erschreckend, wenn man mal genauer hinschaut. Natürlich gab es im letzten Jahr einen größeren Hype v.a. durch die Europa League. Ich kann mir vorstellen, dass sich das neben den Dauerkartenverkäufen auch positiv auf alle Erträge des FCA durchgeschlagen hat. Und jetzt ist die Europa League wieder weg. Nicht schlimm. Der FCA hatte im letzten Jahr eine Stadionauslastung von ca. 90 Prozent in der Bundesliga. Vielleicht sinkt diese nun auf 85 Prozent. Zielgröße ist dabei nicht 100 Prozent, wie ein Blick in den Wolfsburger Gästeblock schnell zeigt. Wie viel Aufwand und zusätzliches Marketing soll der Verein betreiben um ca. 2000 Plätze mehr zu füllen? Was bleibt dabei hängen? Nicht viel. Wenn man sich die Strukturen des FCA anschaut, der gerade eine Stadionfassade und ein neues Gebäude mit Fankneipe plant, dann steht dies sicher nicht ganz oben auf der Agenda. Es geht halt nicht alles und schon gar nicht gleichzeitig. Aber mal angenommen der Verein würde wirklich Plakatkampagnen und zusätzliche Events organisieren, um Fans zu moblisieren, dann gäbe es mind. 5 Personen in Fankreisen, die die zunehmende Kommerzialisierung kritisieren würden. Das Johannes Graf nun suggeriert, gewisse Maßnahmen wären absolut notwendig und der gemeine Fan hätte ansonsten ein Recht auf Enttäuschung, treibt nur die Erwartungshaltung dieser Gelegenheitsgänger weiter nach oben.

Daneben ist es aber auch nur die halbe Wahrheit. Aktionen, wie der Weiterverkauf von Trikots mit der Nummer 13, ohne die Nummer von Tobi Werner neu zu vergeben, werden unterschlagen. Das so einer guten Sache durch die Spenden für Simon geholfen und ein altgedienter Spieler geehrt wird, wird nicht erwähnt. Der Abend für die Fans mit dem Trainerteam war doch zumindest eine Reaktion auf das fehlende Familienfest. Kein würdiger Ersatz, aber eine Art Zeichen, dass angekommen ist, das etwas fehlt. Und wenn in der letzten Saison nicht so viel gefeiert wurde, dann kann das auch daran liegen, dass der FCA die Auwärtsfahrten in der Europa League finanziell unterstützt hat. Aber Johannes Graf hat anscheinend gar nicht danach gefragt, ob die Fans auch positive Dinge zu berichten haben. Wenn dann als Begründung für die fehlenden ausverkauften Spiele „die dürftigen Leistungen“ in der vergangenen Saison angebracht werden, dann will ich an dieser Stelle diagnostizieren, dass die Erwartungshaltung mittlerweile mehr als nur wolkig geworden ist. Der FCA war im letzten Jahr lange in drei Wettbewerben vertreten und hatte den Klassenerhalt vor dem letzten Spieltag sicher. Die letzte Saison war zumindest für mich (mal wieder) ein Feuerwerk an Highlights, das so schnell nicht überboten werden wird. Von „dürftigen Leistungen“ will ich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht schreiben. Aber die Erwartungshaltung scheint bei der AZ generell gestiegen zu sein, denn Robert Götz zieht in seinem aktuellen Kommentar eine Parallele zwischen Transferausgaben und ewarteten sportlichen Leistungen. Laut Götz müsse sich Reuter in dieser Saison daran messen lassen, dass die Transferausgaben im Mittelfeld der Liga liegen. Alles unter einem einstelligen Tabellenplatz ist dann wohl nicht mehr akzeptabel?

Über einen dieser Kommentare und Beiträge hätte man wohl hinwegsehen können. Bei drei Beiträgen in der letzten Woche will ich hier einhaken. Das sportliche Leistungen und Transferausgaben nicht immer direkt zusammenhängen, zeigt zumindest das Gejammer der HSV-Fans in meinem Umfeld. Einfacher wird es für den FCA auch nicht, wenn ein Aufsteiger wie RB Leipzig durch den Großkonzern im Rücken jegliche wirtschaftliche Vernunft über Bord werfen und 50 Mio. EUR investieren kann. Deswegen reagiere ich auf die Kommentare von Johannes Graf und Robert Götz auch so gereizt. Mir ist es wichtig, dass die Erwartungshaltung insgesamt realistisch bleibt. Vereinsseitig wurde von den Verantwortlichen immer wieder darauf hingewiesen, dass es wieder darum geht, die Klasse zu sichern. Das der Verein weiterhin nicht nur in Spieler sondern auch in die Infrastruktur investiert, kann nicht positiv genug bewertet werden. Diese Investitionen sind wichtig, um langfristig konkurrenzfähiger zu werden. In der organisierten Fanszene kann ich dieses Abdriften der Erwartungshaltung derweil auch nicht generell beobachten, wie das durch die Fanmeinungen suggeriert wird. Die überwältigende Choreo am ersten Spieltag und immer mehr organisierte Aktionen sind für mich ein Indiz dafür, dass der harte Kern wächst. Wer deswegen nicht alleine schon ins Stadion kommt, sondern auch noch zwei Halbe Freibier auf dem Silbertablett braucht, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Und wenn es dem FCA wirklich mal wieder schlechter gehen sollte, dann wird es genau auf diesen harten Kern ankommen. Der FCA spielt nun schon viel länger in der ersten Bundesliga, als das dem Verein irgendjemand zugetraut hätte. Wir müssen uns keine Sorgen machen, wenn wir am 5. Spieltag nicht auf einem einstelligen Tabellenplatz stehen oder nur 26.000 Zuschauer zu einem Heimspiel kommen.

Die Kurve hat die Marschroute am ersten Spieltag auch klar formuliert: „Egal was auch passiert, Augsburg hält zusammen“. Etwas anderes brauchen wir uns bis zum Beweis des Gegenteils gar nicht erst einreden lassen und dieser Satz ist nicht misszuverstehen.

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