Mehr Demut

Der FC Augsburg besiegt den FC Bayern. Rot-Grün-Weiß kann stolz auf sich sein. © as

„Das ist etwas Besonderes und mit das Highlight im Jahr“, sagte Markus Weinzierl vor dem Heimspiel des FC Augsburg gegen den FC Bayern. FCA-Präsident Klaus Hofmann betont unterdessen gerne, wie beeindruckend es aus Augsburger Sicht sei, jede Saison zwei Mal gegen den Rekordmeister spielen zu dürfen. Auch Manager Stefan Reuter stellt die Wichtigkeit der Erstligazugehörigkeit allzu gerne in den Vordergrund. „Jedes Jahr länger in der 1. Liga macht uns stabiler und gibt uns mehr Kraft.“ Nur wohlklingende Worte, um vielleicht auch die sportliche Erwartungshaltung herunterzuschrauben? Keineswegs. Jeder FCA-Fan sollte tatsächlich dankbar sein, dass der eigene Verein seit nunmehr elf Jahren ununterbrochen gegen den FC Bayern spielt. Das habe ich persönlich erst am Wochenende gemerkt.

Nie mehr 2. Liga: das können nur wenige Teams von sich behaupten

Ich war am Freitagabend im Stadion. Was für ein Spiel! Viele Beobachter fühlten sich im Nachgang der Partie zurückerinnert an die wahre DNA des FC Augsburg. Leidenschaft und Kampfgeist statt spielerischer Finesse. Effizientes Umschaltspiel statt minutenlangem Ballbesitzgeschiebe. Der Auftritt der Schwaben kaschiert die bisher überwiegend mauen Auftritte dieser Saison zwar, macht gleichzeitig allerdings auch Mut. Mut, dass es auch diesmal mit dem Klassenerhalt klappt. Zwar würde auch ich mir wünschen, dass der Blick nach zuletzt eher schwachen Spielzeiten mal wieder in obere Tabellengefilden geht. Man sollte allerdings verstehen, dass die Erstligazugehörigkeit keine Selbstverständlichkeit ist. Seit dem Aufstieg 2011 ist der FC Augsburg ununterbrochen im Oberhaus vertreten. Nur sechs weitere Klubs sind noch nie aus der Bundesliga abgestiegen (Bayern, Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim, Leipzig und Union Berlin).

Nach dem Freitagabendspiel ging es für mich nach Norddeutschland zu Teams, die gerne mit dem FCA tauschen würden. Ich war bei den Spielen Hamburger SV gegen Jahn Regensburg (4:1) und Werder Bremen gegen Schalke 04 (1:1) im Stadion. Viel Tradition, aber eben auch Liga zwei statt Beletage.

Zu Gast im Weserstadion. Bremen und Schalke liegen aktuell ebenso wenig auf einem Aufstiegsplatz wie der HSV. © as

Abstieg in Liga zwei – und dann?

Hamburg, Bremen und Schalke gehören zu den Aufstiegsfavoriten. Dass alle drei in die Bundesliga zurückkehren, gilt jedoch zumindest als fraglich. Dass Vereine nach dem Abstieg direkt wieder in die Bundesliga aufsteigen, ist ein nahezu utopisches Wunschdenken. Das zeigt der Blick auf die aktuellen Teams im Unterhaus. 13 der 18 Klubs spielten bereits in der Bundesliga. Am längsten wartet Dynamo Dresden auf die Rückkehr.

Verein(Letzter) Abstieg in die 2. Bundesliga
Werder Bremen2021
Schalke 042021
SC Paderborn2020
Fortuna Düsseldorf2020
1. FC Nürnberg2019
Hannover 962019
Hamburger SV2018
FC Ingolstadt2017
SV Darmstadt 982017
FC St. Pauli2011
Karlsruher SC2009
FC Hansa Rostock2008
Dynamo Dresden1995

Wir wollen so schnell wie möglich wieder in die Bundesliga zurück. So oder so ähnlich äußerten sich in der Vergangenheit nahezu alle Absteiger. Bremen und Schalke etwa, die jüngsten Betroffenen. Aber auch der HSV, der seit nunmehr vier Jahren gegen Sandhausen und Aue statt Bayern und Dortmund spielt. Für dieses Trio ist der Druck in puncto Wiederaufstieg gewiss am größten. Sie werden schlicht in der Bundesliga erwartet. Aber auch Klubs wie Hannover, Düsseldorf oder Nürnberg wollen wieder zurück. Einfach ist das jedoch nicht. Die aktuellen Aufsteiger Fürth und Bochum mussten acht beziehungsweise elf Jahre warten.

FCA kontert Seinsch-Prognose

„Mir kommen immer die Worte von Walther Seinsch in den Kopf“, sagte Reuter nach dem Klassenerhalt 2020 und zitierte aus einem Gespräch mit dem früheren Präsidenten. „Er sagte mir: Herr Reuter, so groß ist der Druck nicht. Wir werden in den nächsten fünf Jahren definitiv zweimal absteigen. Das ist gar nicht zu verhindern, wenn man sich die Budgets in der Liga anschaut.“ Der FCA konnte es verhindern. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Klassenerhalt auch in Zukunft gelingt. Die Bundesliga gibt es nicht im Dauer-Abo. Erst recht nicht für kleine Vereine wie dem FC Augsburg.

Sollte Rot-Grün-Weiß in die 2. Bundesliga absteigen, stünde der Verein gewiss nicht vor dem sportlichen Ruin. Aus dem Corona-Jahr ging der FCA finanziell deutlich gefestigter als andere Klubs hervor. Trotz Einbußen habe der FCA weiterhin ein positives Eigenkapital von 53 Millionen Euro, sagte Hofmann auf der Mitgliederversammlung. „Unsere Eigenkapitalbasis hat nicht nachgegeben. Außer Bayern und Freiburg kann das kein anderer Verein behaupten.“

Darf der FC Augsburg auch in Zukunft in der Bundesliga jubeln? © Sebastian Widmann/Getty Images)

Die Bundesliga ist noch immer etwas Besonderes

Zudem gelten nach unserem Kenntnisstand nahezu alle Verträge auch für die 2. Bundesliga. Viele, gerade junge Spieler würden den Verein im Abstiegsfall zwar verlassen. Ein Ausverkauf zum Spottpreis ist jedoch nicht zu erwarten.

Dennoch wäre ein Abstieg freilich ein Rückschritt. In der 2. Liga gibt es viele Teams mit Aufstiegsambitionen. Mit der unmittelbaren Bundesligarückkehr kann Augsburg daher nicht planen. Nun wollen wir keine Schreckensszenarien verbreiten. Noch spielt der FC Augsburg schließlich in Liga eins. Die Mannschaft hat die Qualität, auch in der nächsten Saison zu den besten 18 Teams in Deutschland zu gehören. Das würde bedeuten, dass auch in Zukunft regelmäßige Spiele gegen den FC Bayern auf dem Programm stehen. Das ist in der Tat noch immer etwas Besonderes. Es lohnt sich, sich die Bedeutung der Erstligazugehörigkeit immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Andere Klubs wären froh, wenn sie an der Stelle des FCA wären – und in der Bundesliga spielen würden.

Derbysieger gegen Bayern!!!

Auch wenn auf den Tribünen 2G Pflicht herrschte, rief der FC Augsburg für das Spiel gegen den Rekordmeister aus München das Motto „3F“ aus. Freitagabend, Flutlicht, Fight! Ca. 26.000 Fans bekamen in der Augsburger Nebelsuppe eben jenen Kampf zu sehen, den sich viele von uns schon lange gewünscht haben. Und das über volle 90 Minuten! Zu verlieren hatte man ja nichts, da eine Niederlage gegen den FC Bayern München ja gerne einmal in der Punkterechnung eingeplant wird. Doch wir sollten uns alle täuschen, denn unser heißgeliebter FCA überraschte und ging als in meinen Augen verdienter Derbysieger vom Platz.

Zahlreiche Ausfälle auf beiden Seiten

Bereits vor der Partie war auf Augsburger Seiten klar, dass Felix Uduokhai aufgrund eines Sehnenrisses im Oberschenkel noch nicht wieder einsatzfähig ist. Auch Tobi Strobl fiel wegen seines Kreuzbandrisses natürlich aus. Doch als schließlich die Aufstellung der Fuggerstädter bekannt gegeben wurde, kam der Schock. Ruben Vargas fehlte, da er positiv auf das Corona-Virus getestet wurde. Ebenfalls schmerzlich vermisst wurden Florian Niederlechner (Mittelfußprellung) und Alfred Finnbogason (muskuläre Probleme).

Und so schickte Coach Markus Weinzierl folgende Elf in den Kampf gegen Bayern München:

Gikiewicz – Iago, Oxford, Gouweleeuw, Gumny – Pedersen, Dorsch, Maier, Caligiuri – Zeqiri, Hahn

Auf der Ersatzbank nahmen Koubek, Gruezo, Córdova, Gregoritsch, Morávek, Jensen, Winther, Günther und Framberger Platz.

Auch der amtierende Deutsche Meister kam mit einigen Männern weniger in die Fuggerstadt. Neben den positiv getesteten Spielern Niklas Süle und Josip Stanisic, fehlten zusätzlich Rechtsaußen Kingsley Coman (muskuläre Probleme) und 6er Joshua Kimmich. Der 26jährige Mittelfeldchef musste aufgrund Kontakt zu einem Covidpatienten zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit in Quarantäne.

So bekamen es unsere Augsburger Jungs mit der folgenden Startelf zu tun:

Neuer – O. Richards, Hernandez, Upamecano, Pavard – Goretzka, Sabitzer – Sané, Müller, Gnabry – Lewandowski

Die Bank der Münchener konnte sich mit Früchtl, Chuopo-Moting, Cuisance, Davies, Sarr, Roca, Nianzou, Tolisso und Musiala ebenfalls sehen lassen.

Wir sind ein Team!

Es war also angerichtet. Die Fans auf den Rängen waren gemäß den Vorgaben mit Masken ausgestattet, unter denen es laut Coach Markus Weinzierl ordentlich warm werden sollte.

Wir müssen am Feld Vollgas geben und da haben wir keine Maske auf. Da gilt’s eben, dass der Funke überspringt und dass es dann unter der Maske warm wird.

Trainer Markus Weinzierl über die Maskenpflicht

Um kurz vor halb 9 betraten die beiden Mannschaften unter den Klängen von „Wir müssen siegen“ das Grün der Augsburger WWK Arena. Und auch wenn es draußen wirklich kalt war, dürfte es jedem FCA Fan warm ums Herz geworden sein, als unsere Jungs die Bühne betraten. Durch die Bank weg trugen alle Spieler ein Shirt mit der Nummer 5 – verkehrt herum, sodass es auch ein Jeder sehen konnte.

In guten wie in schlechten Zeiten – der FCA ist ein TEAM!

Die Aussage war klar: „Wir sind ein Team und spielen für unseren verletzten Freund Tobias Strobl“. Eben jenem Tobi Strobl, dessen Saison aufgrund eines Kreuzbandrisses vorzeitig beendet ist. Ich selbst saß zuhause vor dem Fernseher und war mehr als gerührt ob dieser Aktion, die definitiv zu meinenHighlights dieser Partie zählte.

Kampf, Leidenschaft, Wille von Beginn an

Pünktlich um 20:30 Uhr pfiff Schiedsrichter Daniel Siebert die Partie vor 26.000 Fans an. Von Beginn an gingen die Augsburger Jungs früh drauf und zeigten sich aggressiv. Etwas, das die Fans in den letzten Wochen doch schwerlich vermisst haben. Doch nicht so gegen die Bayern. Das Team war ein ekliger Gegner und ließ erst nach 7 Minuten die erste kleine Chance durch Omar Richards zu, die aber weit über das Tor ging.

Selbst wagte man auch den einen oder anderen Vorstoß. Da man gleichzeitig mit zwei Viererketten die Räume sehr eng machte, schafften es unsere Fuggerstädter, die gefürchtete Anfangsviertelstunde ohne Gegentreffer zu überstehen. Wir von der RoGaz, die jedes Spiel in unserem Gruppenchat diskutieren, waren uns sicher. „Vielleicht bedeutet das Brechen des Fluchs ja, dass ein Punkt drin ist.“ An ein Wunder wagten wir bis dato aber nicht zu glauben.

Doch eben jene Überraschung passierte. In der

In der 23. Spielminute warf Bayern-Kapitän Neuer die Kugel ab zu Gnabry auf der linken Außenbahn, der von Daniel Caligiuri leicht angerempelt wurde. Schiri Siebert entschied auf Vorteil, was die Bayern im Anschluss monierten. Ihr Mann mit der Nummer 7 verlor im anschließenden Zweikampf den Ball nämlich an unseren Abwehr-Jeff. Die Pille landete bei Cali, der weiter zu Pedersen passte. Der kleine dänische Wirbelwind nahm an der Seite Iago mit, der auf Zeqiri flankte, welcher im 16er auf eine Gelegenheit lauerte. Allerdings wurde unser Schweizer Stürmer hart von Hernandez bedrängt, sodass er die Kugel lediglich ablegen konnte. Auf Mads Pedersen, der von etwa von der Strafraumkante aus volle Kanne mit Links abzog und erfolgreich ins rechte untere Ecke zu seinem ersten Bundesliga-Treffer einnetzte.

Alle Augsburger Fans: So!

Jubel auf den Tribünen und natürlich auch zuhause. Unfassbar… Der FCA führte gegen den deutschen Rekordmeister! Damit hätten wohl die Wenigsten gerechnet. Ich erwartete schon mit einem Aufbäumen der Bayern, doch überraschenderweise kamen in der Folge keine 300.000 Torschüsse. Zwar machten die Münchener etwas Druck, doch die Augsburger Defensive stand bombensicher und ließ nicht wirklich viel zu.

In der 35. Minute machte man stattdessen einen großen Schritt in Richtung „Wunder“. Wieder war es Andi Zeqiri, der sich nun gegen Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer durch setzte und den Ball auf auf Iago abgab, der an der Seitenlinie nach vorne zog. Unser Linksverteidiger flankte in den 16er, wo André Hahn höher stieg als Hernandez und die Führung per Kopf zum 2:0 ausbaute. Dazu kann ich auch heute nur eines sagen: Der HAHNsinn!!!

Kein Grund, sich auszuruhen. Weiter, immer weiter! (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Der Jubel auf den Rängen war jedoch noch gar nicht richtig abgeklungen, als der FC Bayern zur Antwort ansetzte. Am rechten Strafraum-Eck ließ man Pavard ungestört in die Mitte auf Müller flanken, der stark mit der Hacke auf Lewandowski verlängerte. Unser Beton Rafal Gikiewicz war zwar noch mit den Fingerspitzen dran, schaffte es aber leider nicht, die Kugel ins Seitenaus abzulenken. Und so ging man mit einem zwischenzeitlichen Spielstand von 2:1 in die Pause.

Bibbern bis zum Schluss

Natürlich war die Freude über die Führung zur Halbzeit riesengroß, aber ich war doch noch etwas vorsichtig. Immerhin spielte man gegen den FC Bayern München, dessen Qualität so gewaltig ist, dass sie einen Rückstand auch mal ganz schnell drehen können. Hat man ja gegen Mainz in der vergangenen Saison gesehen. Die lagen zur Pause sogar mit zwei Toren in Führung und in Hälfte zwei schenkte Bayern ihnen noch satte 5 Tore ein.

Das wollten unsere Augsburger aber in jedem Fall verhindern und so stellte Coach Markus auf eine 5er-Kette um. Mauern bis zum Abwinken lautete die Devise. Und das machten die Fuggerstädter wirklich gut. Man ließ auch nicht wirklich zwingende Torchancen zu, denn in der gesamten Partie weißt die Partie gerade einmal 4 direkte Schüsse aufs Tor durch die Bayern auf. Auf Augsburger Seiten waren es im Übrigen 3 direkte Torschüsse.

Um jetzt nicht jede Torchance der Münchener ausformulieren zu müssen, möchte ich das Wort gerne unserem Torwart überlassen, der seinen 50. Einsatz für den FC Augsburg im Interview mit dem FCA TV folgendermaßen beschrieb:

„Wir haben das Herz auf dem Platz gelassen und in der ersten Halbzeit schießen wir einfach ein Tor mehr wie Bayern. In der zweiten Halbzeit – super Arbeit gegen den Ball. Kompliment an die Mitspieler und jeden Feldspieler. Und Bayern hatte auch nicht so viele Möglichkeiten in der zweiten Halbzeit. Sie haben Qualität, jeder weiß das schon vor dem Spiel… Ich habe schon gelesen, sie schießen 3 Tore pro Spiel. Heute haben sie nur eins geschossen. Geile Arbeit, auch von Reece und Jeff. Wir haben heute einen kleinen Bus in unserem Strafraum geparkt, aber es hat gereicht.“

Rafal Gikiewicz nach der Partie im FCA TV

Also als klein würde ich den Bus nicht bezeichnen (ein Doppeldecker war es mindestens), aber das ist im Nachhinein auch echt egal. Fakt ist, dass unsere Jungs es über die Zeit brachten und keinen Geringeren als den Rekordmeister FC Bayern München ohne Punkte nach Hause schickte. Denn diese bleiben schön da, wo sie hin gehören und dringend gebraucht werden: In Augsburg!!!

Eskalation und Freude pur! (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Des einen Freud’…

Auch heute ist die Freude über diesen doch unerwarteten Sieg immer noch gewaltig. Mit Kampf, Wille, Leidenschaft und Mut belohnten sich die Jungs am Ende selbst und zeigten über die gesamte Partie hinweg, was wirklich in ihnen steckt. Einen großen Anteil daran trug sicherlich die richtige Einstellung durch Markus Weinzierl und sein Trainerteam. Immerhin kann Weinzierl Bayern, denn mit ihm an der Linie haben es die Fuggerstädter bereits nun zum dritten Mal geschafft, den überlegenen Nachbarn zu schlagen. Dieser sagte nach dem Sieg und der anschließenden Feier auf dem Platz in der Pressekonferenz folgendes:

Wir haben einen tollen Fight abgeliefert über 90 Minuten, haben zwei Tore erzielt jeweils wunderbar über die linke Seite. Und wenn du 2:0 in Führung bist, dann gibt das natürlich irgendwann den Glauben, dass du das wirklich auch schaffen kannst. Der Anschlusstreffer hat mich geärgert, weil es war eigentlich keine hundertprozentige Chance. In der zweiten Halbzeit war es dann so, dass wir natürlich gemerkt haben, dass Bayern immer stärker wird und auch gut gewechselt hat mit Musiala und mit Davies auf der linken Seite. Aber wir haben es mit allem Geschick und mit sehr viel Willen und einer guten Systematik dann auch verteidigt. Und dann brauchst du auch das notwendige Glück. Aber im Großen und Ganzen glaube ich schon, dass wir aufgrund der ersten Hälfte auch verdient gewonnen haben. Und das zu sagen gegen Bayern München macht mich unheimlich stolz. Da können die Jungs auch wirklich stolz drauf sein.“

Bayern kann er!

Auch Mads Pedersen trat nach der Partie noch immer breit grinsend vor das Mikrofon des FCA TV. Der flinke Flitzer durfte zurecht stolz auf sich sein, hat er doch gegen die großen Bayern sein erstes Bundesliga-Tor geschossen. Und was für eins – Vollspann und eiskalt. Wir gratulieren ihm sehr herzlich dazu.

Mads Pedersen: „Heute war brutal! So ein gutes Gefühl, das ist brutal! Mit der ganzen Mannschaft haben wir so gut zusammen gespielt und in der ganzen Woche brutal gut trainiert. Und dann heute auf dem Platz standen nicht nur 11 Mann zusammen, sondern auch der Trainer, die Spieler auf der Bank und auf der Tribüne. Alle zusammen! Und ohne die Fans und ohne alle hätten wir diesen Sieg nicht bekommen. Das ist brutal gut! … Das mit dem Tor war brutal gut! Ich habe auch ein bisschen Glück, dass der Ball zu mir kommt, aber ja, es war so, so, so gut!“

Auch Hahno, unser zweiter Torschütze, stellte sich danach den Fragen des Reporters und wirkte dabei sichtlich gelöst und stellenweise auch erleichtert.

André Hahn: „So stellt man sich den Freitagabend vor, so erträumt man ihn sich und es ist schön, dass es wahr geworden ist. Wir sind wirklich riesig glücklich darüber, dass wir den Sieg geholt haben. So können wir entspannt ins Wochenende starten und die Spiele auch entspannt verfolgen. … Ich denke, dass wir uns jetzt schon von Woche zu Woche gesteigert haben. Wenn ich jetzt das Stuttgartspiel nehme, haben wir auch schon eine gute Leistung gezeigt. Aber heute haben wir uns wirklich übertroffen. Wir haben wirklich mit den Fans im Rücken alles raus gehauen und haben endlich das gezeigt, was den FC Augsburg auszeichnet, mit Herz, Leidenschaft und Kampf dagegen gehalten und so konnten wir das Spiel gewinnen.“

Aber nicht nur deswegen, wenn es nach unserem Beton geht. Der hatte nämlich bei seinem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk seine ganz eigene Theorie.

Rafal Gikiewicz: „Heute war meine Mama auch da. Sie war jetzt bei fünf Spielen in der Bundesliga und wir haben 5 Siege eingefahren. Ich verliere nie, wenn meine Mama im Stadion sitzt. Sie bleibt jetzt bei uns und ich hoffe, dass die Heimserie jetzt weitergeht.“

Egal, was es auch war, aber die Augsburger Jungs sollen genau so weitermachen und auch in den kommenden Spielen ein solches Feuerwerk auf dem Platz zeigen. Und Mama Gikiewicz ist natürlich bei jedem Spiel herzlich willkommen, wenn danach drei Punkte auf dem Konto der Rot-Grün-Weißen landen.

… ist des anderen Leid

Während beim FCA natürlich Freude und Harmonie vorherrschten, sahen die Bayern die Niederlage natürlich sehr kritisch an. So monierte Stürmer Thomas Müller nach der Partie im Interview nach DAZN:

„Wir hatten ein wenig Pech mit dem Schiedsrichter. Das ist eigentlich ein Foul (Anm. vor dem 1:0). Einen Vorteil sehe ich hier nicht wirklich. Im ersten Moment kann ich den Schiedsrichter verstehen, er will den Vorteil geben, aber durch diesen Rempler ist es absolut keine Vorteilssituation, das haben wir auch schon auf dem Feld besprochen, aber der Schiedsrichter wollte bei seiner Meinung bleiben.“

Bayern-Kapitän Manuel Neuer kritisierte hingegen nicht nur die mangelhafte Defensiv- sondern auch die Offensivarbeit seiner Münchner.

„Was mir Sorgen macht, ist einfach, dass wir zu wenig Torchancen hatten. Normalerweise haben wir gegen so eine Mannschaft, ich glaube, im letzten Jahr fünf Tore erzielt, hatten Chancen en masse. Heute leider nicht.“

Anmerkung der Rosenau Gazette. Ja, in München waren es 5 Treffer, aber in der WWK Arena sah das auch immer wieder anders aus. Da gewann der FC Bayern zwar mit 0:1 durch Lewandowski, aber sie kamen auch gerade einmal auf 13 Torschüsse auf und neben das Tor. Im Jahr zuvor reichte es für den Rekordmeister lediglich zu einem 2:2-Unentschieden. Also bitte fair bleiben. Es ist immer ein Unterschied, ob man zuhause oder auswärts spielt.

Bayern-Trainer und Ex-Augsburger Julian Nagelsmann sah das nämlich ähnlich wie wir, als er sich in der anschließenden Pressekonferenz den Fragen der Journalisten stellte.

„Ja, zuallererst Mal, Glückwunsch Markus an dich und an Augsburg zu dem Sieg. In meinen Augen ist er auch nicht unverdient. Das mal vorne weg. Ich finde, dass wir in der ersten Halbzeit eigentlich extrem viel Platz hatten und den unglaublich schlecht genutzt haben. Wir haben sehr zurück gerichtet gespielt im eigenen Ballbesitz, sehr viele Rückpässe, hatten eigentlich im zentralen Mittelfeld eine große Überzahl, die wir ganz, ganz selten gut und zielgerichtet ausgenutzt haben. Wir haben dann eigentlich kaum Durchbrüche gehabt auf dem Flügel, die eigentlich sehr häufig möglich waren. Und dann waren wir relativ schnell 2:0 hinten. Auf sehr identische Art und Weise, wie wir auch im Pokal gegen Gladbach auch drei Tore gekriegt haben. Eine sehr ähnliche Art und Weise, wie wir dann auch gegen Freiburg dann am Ende ein Tor kriegen. Wie wir auch in der Champions League auch schon ein Tor gekriegt haben zuletzt gegen Benfica.“

Sichtlich angefressen lobte der gebürtige Landsberger auch unseren FCA.

„… Aber wenn du einem 2:0 hinterher läufst und Augsburg dann sehr körperbetont, leidenschaftlich und auch abgezockt spielt… Muss man auch sagen. Ich ärgere mich nicht über irgendwelche Zeitspiele, sondern ich finde, das muss so sein im Profifußball. Das ist einfach so, das gehört dazu. Das haben sie clever gemacht und am Ende auch nicht unverdient gewonnen.“

Ooooh wie ist das schön!

Nun sind ja doch schon ein paar Tage vergangen und doch fühlt sich dieser Sieg immer noch so „brutal gut“ an, wie Mads so schön gesagt hat. Einfach weil die Wenigsten wohl damit gerechnet hat, dass man die übermächtigen Bayern schlagen könnte. Natürlich ist im Fußball alles möglich. Aber man darf nicht vergessen, dass der Rekordmeister bereits 40 Tore geschossen hatte, bevor sie zu uns in die WWK Arena kamen. Das ist halt schon mal eine Ansage.

Aber an dieser Partie hat man sehr gut gesehen, dass Ballbesitz, Überlegenheit und auch der Kaderwert nicht alles ist, worauf es im Fußball ankommt. Mit einer überragenden Defensive kann man eine Offensivmacht auch mal schnell an den Rande der Verzweiflung bringen. Hinzu kommt, dass am Freitag eine Einheit auf und neben dem Platz vorherrschte. Jeder Spieler hat für den anderen geackert und die Fans haben sie getragen.

Die 3 Punkte, mit denen niemand gerechnet hat, sind auch tabellarisch unwahrscheinlich wichtig. Durch die Niederlage in Leverkusen, konnte der FCA den VfB Stuttgart hinter sich lassen. Und da die Arminia aus Bielefeld nur unentschieden gegen Wolfsburg spielte, konnte man den Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz auf 3 Punkte ausbauen. An Bochum und Hertha bleibt man dran, da auch diese beiden Vereine verloren haben. Sprich, mit einem Sieg gegen den Hauptstadtclub könnte man in der Tabelle weiter nach oben klettern. Ich bin der Meinung, dass Gikies Ziel vor ein paar Wochen – 20 Punkte am Ende der Hinrunde – durchaus realistisch einzuschätzen ist. Und wer weiß, vielleicht werden es ja auch ein paar mehr.

Fakt ist, dass dieser Sieg der Mannschaft richtig gut getan hat. Ich hoffe sehr, dass sie eine Menge Selbstbewusstsein daraus ziehen können. Wenn man diesen Mut und diese Leidenschaft mit in die nächsten Partien nimmt, kann nur wenig schief gehen. Ich vertraue auf die Jungs, dass sie das packen und am Samstag bei der „Alten Dame“ aus Berlin endlich mal den ersten Sieg im Olympiastadion einfahren. Dieser ist nämlich längst überfällig. Und wenn uns dieses Derby eines gezeigt hat, dann ja wohl, dass auch das Unmögliche möglich ist!

Doomsdays beim FCA

Aus dem Englischen übersetzt heißt „Doomsday“ „jüngstes Gericht“. Die Idee vom Jüngsten Gericht stammt aus Religionen wie dem Christen- oder Judentum und ist eng mit der Vorstellung der Auferstehung verknüpft. Natürlich wollen wir in der Rosenau Gazette nicht über Religion schreiben, sondern über Fußball. Und auch das Bild, wie der FCA vor dem jüngsten Gericht steht und dort über seine Auferstehung (oder eben seine ewige Verdammnis) entschieden wird, ist erstmal ein bisschen übertrieben.

Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass die letzten fünf bzw. sechs Spieltage gegen die Top-Mannschaften der Bundesliga für den FCA Wochen der Wahrheit gewesen sein werden. An ihnen entscheidet sich – und das eben vielleicht ein bisschen finaler als sonst –, wo wir uns aktuell verorten können (und müssen), wohin die weitere Reise geht und wahrscheinlich auch mit welchem Personal. Auch wenn nach wie vor an Trainer Heiko Herrlich festgehalten wird. Fester als es vielleicht so manchem Fan – mich eingeschlossen – lieb ist, wie gerade am Freitag mitgeteilt wurde.

Die Vorausschau auf den letzten dieser „Spieltage of Doom“ (danke, Andy, für die Idee), an dem wir am Sonntag (22. Spieltag, 21.02., 13:30 Uhr) gegen Bayer 04 Leverkusen antreten, will ich dazu nutzen, um auch nochmal kurz auf die anderen Spiele dieser „schicksalhaften“ Serie (Leipzig, Wolfsburg, Dortmund, Union und Bayern) zurückzublicken. Und auch darauf, was mir bei den Spielen Kopfzerbrechen bereitet, aber auch Hoffnung gemacht hat.   

#FCAB04: Formschwach gegen endspurtschwach

Als Letztes geht’s jetzt also gegen Bayer. Am vergangenen Spieltag hatte die Elf von Peter Bosz gegen hartnäckige Mainzer durch einen Doppelschlag spät den 2:2-Ausgleich kassiert und damit Punkte im Kampf um die CL-Ränge liegengelassen. Einen Rückschlag musste Leverkusen auch im Achtelfinale des DFB-Pokals vor zwei Wochen hinnehmen. Zwar war die Werkself, die sich schon in der regulären Spielzeit gegen Rot-Weiß Essen zahlreiche Chancen erarbeitet hatte, zunächst in der 105. Minute mit 1:0 in Führung gegangen. Allerdings hielt der Viertligist wacker dagegen, schaffte bis zum Ende der Verlängerung tatsächlich noch das 2:1 und machte damit seinem Ruf als „Pokalschreck“, der zuvor schon Bielefeld und Düsseldorf aus dem Turnier gekickt hatte, alle Ehre.

Der Leverkusener Mannschaft wird mittlerweile auch eine Tendenz nachgesagt, „Probleme im Endspurt“ zu haben und „in den Schlussminuten Siege zu verspielen“. Ein noch aktuelleres Beispiel dafür: Leverkusens Auftritt in der Europa League gegen Young Boys Bern. Obwohl Bayer in einer schier unglaublichen Aufholjagd einen 0:3-Rückstand (!) tatsächlich noch in ein 3:3 verwandelte, fing es sich tatsächlich noch das 4:3. Und wann? Na klar, wieder einmal spät, in der 89. Minute.

Damals noch für andere Teams an der Seitenlinie: mittlerweile ist Peter Bosz seit einer Weile in Leverkusen während Heiko Herrlich in Augsburg aktiv ist. Beide kennen sich aus früheren Begegnungen gut. (Foto via imago)

Trotz dieser Endspurtschwäche hat es sich Bayer spätestens seit dem 5. Spieltag im oberen Tabellendrittel der Liga gemütlich gemacht. Zweimal führte es die Tabelle in dieser Saison sogar an. Zu Buche steht aktuell Platz 5 mit 36 Punkten, mit einem Drei-Punkte-Puffer nach oben und unten. Da stehen aktuell Wolfsburg bzw. Dortmund.

Beim FCA zeigt die Formkurve dagegen klar nach unten. Seit drei Spieltagen stehen wir jetzt mit 22 Punkten auf Rang 13. Allerdings ist der Abstand zum Relegationsplatz inzwischen auf vier Punkte zusammengeschrumpft, aus den letzten sieben Spielen sprangen nur magere drei Punkte heraus. Dass es der FCA am Sonntag mit einem harten Brocken zu tun bekommt, zeigt auch der Direktvergleich. Noch nie hat der FCA in der Bundesliga gegen Bayer gewinnen können, unentschieden gingen nur 6 der bisher 19 Spiele aus. Die letzten fünf Partien gingen sogar alle verloren:

26.10.2020: Bayer 04 Leverkusen – FC Augsburg 3:1 
23.02.2020: Bayer 04 Leverkusen – FC Augsburg 2:0 
28.09.2019: FC Augsburg – Bayer 04 Leverkusen 0:3
26.04.2019: FC Augsburg – Bayer 04 Leverkusen 1:4
08.12.2018: Bayer 04 Leverkusen – FC Augsburg 1:0

Im Dezember 2018 saß bei Leverkusen übrigens noch Heiko Herrlich auf der Trainerbank, während beim FCA noch Manuel Baum die Geschicke lenkte. Obwohl Herrlich mit Bayer am 22.12.2018 noch einen Sieg gegen die Hertha eingefahren hatte, entschied sich die Geschäftsführung nur einen Tag später für die Trennung. „Rudi Völler begründete die Entscheidung gegen Herrlich mit der ‚Stagnation in der Entwicklung des Teams […]‘“, was so manchem FCA-Fan bekannt vorkommen dürfte. Herrlich leitete in seinen knapp eineinhalb Jahren bei der Werkself 64 Spiele. Nach ihm übernahm Peter Bosz. Dem darf Herrlich am Sonntag in der Arena die Grußfaust entgegenstrecken.

Voraussichtliche Aufstellung

Der Kicker stellt die folgende Aufstellung in Aussicht:

Gikiewicz – Oxford, Gouweleeuw, Uduokhai – Strobl, Gruezo – Framberger, Pedersen – Caligiuri, Benes – Hahn

Giki zwischen den Pfosten ist natürlich gesetzt. Felix Udoukhai hat seine Grippe inzwischen auskuriert und könnte damit neben Abwehrjeff Jeffrey Gouweleeuw und Reece Oxford in die Dreierkette und Startelf zurückkehren. Marek Suchy, der letzte Woche gegen Leipzig eingesprungen ist, müsste sich dann mit der Bank begnügen. Erfreulich ist, dass Raphael Frammi Framberger nach längerer Verletzungspause auf die rechte Außerverteidigerposition rücken könnte. Seinen Gegenpart übernimmt wohl wieder Mads Pedersen. Auch bei den restlichen Positionen deutet vieles darauf hin, dass Herrlich sie wie gegen Leipzig besetzen wird: Carlos Gruezo und Tobias Strobl ins zentrale Mittelfeld, Lászlo Bénes und Daniel Caliguiri auf den offensiv(er)en Außen und André Hahn davor als zentraler Angreifer. Auch wenn Oxford, Pedersen und Cali aktuell angeschlagen sind, sollten sie bis Sonntag wieder fit sein.

Tipps der Redaktion

Andy: 0:3 – Wir finden offensiv wieder keinen Zugang zum Spiel und defensiv bleiben die individuellen Fehler. Der Trend ist nicht unser Freund.

Andi: 0:2 – der FCA igelt sich hinten ein und fängt sich nach offensiver Ideenlosigkeit irgendwann das 0:1. Wenn die Mannschaft dann gefordert ist, nach vorne zu spielen, sorgt Leverkusen für die Entscheidung.

Irina: 1:3 – gegen Leverkusen gab’s noch nie was zu holen!

Franzi: 1:1 – Aus mir spricht (mal wieder) die Optimistin. Offensiv lassen wir Leverkusen kaum zum Zug kommen. Für ein Gegentor reicht’s trotzdem. Aber auch wir setzen effektivere Impulse nach vorne und kommen zu unserem Treffer. Ein Punkt bleibt hier!

#RBLFCA: Angriffsstärke(r) erst zum Schluss

Schon beim Blick auf die Startformation gegen RB Leipzig (21. Spieltag, 12.02., 2:1) war klar: Bei Heiko Herrlich standen alle Zeichen auf Abwehr. Und zwar so sehr, dass er Flo Niederlechner auf die Bank setzte und mit Reece Oxford noch einen weiteren (Innen-)Verteidiger brachte. In der Tat ging die Augsburger Defensive in der ersten halben Stunde effektiv und mitunter auch recht hart ans Werk. Oxford, Gouweleeuw und Suchy waren bis dahin alle schon mit Gelb verwarnt worden. Die gelbe Karte gab’s in der 34. Minute dann auch für unseren starken Mann zwischen den Pfosten, Rafal Gikiewicz. Aber nicht wegen Foul am Gegenspieler, sondern wegen Meckerns über den Schiedsrichter, der auf Strafstoß gegen den FCA entschied, nachdem Oxford beim Klärungsversuch Leipzigs Mukiele wohl, aber nicht final auflösbar leicht berührt hatte. Nach wiederholtem Elfmeter stand es in der 38. Minute dann 1:0 für RB, das fünf Minuten später auf 2:0 erhöhte.

Giki sieht gelb für seine berechtigen Einwände. Jeder Fliegenschieß führt gerade zu Elfern gegen uns. (Photo by Clemens Bilan – Pool/Getty Images)

Zu diesem Zeitpunkt saß ich schon recht zerknirscht vor dem Fernseher. Sicher, gegen eine giftige, torgefährliche Mannschaft wie Leipzig darf man durchaus mit 0:2 hinten liegen. Zumal nach einem Elfer und einem mehr oder weniger individuellen Abwehrfehler. Sorgen machte mir aber vor allem die Art und Weise, wie wir in Ballbesitz agierten. Kaum ein Pass kam nach Balleroberung beim Mitspieler an, selbst Standards wie Freistöße oder Ecken, von denen der FCA immerhin vier (sogar eine mehr als RB!) hatte, wirkten verstörend unkoordiniert. Dabei heißt es doch immer, Standards würden oft geübt!?

In der Halbzeitpause machte dann noch folgender Tweet von Max Kirchi die Runde:

Von diesen genau 0.0 xGoals in der ersten Hälfte war ich vollends bedient. Und weil ich auch in der zweiten Halbzeit zunächst keine Besserung erkennen konnte, schaltete ich nach ’ner Stunde aus Frust vorzeitig ab (obwohl ich das nie mache!). Dass sich danach noch etwas für uns tat, konnte ich nicht ahnen. Im Nachhinein ärgerte ich mich ein bisschen über mein Abschalten. Aber ob ich jetzt zugeschaut hatte oder nicht – mich freute es jedenfalls, dass nach der Doppeleinwechslung von Marco Richter und Flo Niederlechner in der 79. Minute offenbar doch noch ein bisschen Offensiv-Schwung in die Partie gekommen war. Und der FCA durch einen Elfer, verwandelt durch Routinier Cali, noch zum Anschlusstreffer.

Dieses späte, offensiver ausgerichtete „Aufbäumen“, wie es Heiko Herrlich nannte, machte auch mir Mut. Trotzdem bin ich der Meinung, der Wechsel unserer Offensivleute hätte früher kommen müssen. Und am Montag hörte ich in der „Schlusskonferenz“ vom Rasenfunk Moderator Max dann auch noch das aussprechen, was ich am Freitag schon die ganze Zeit gedacht hatte:

Bei allem, was gut aussieht gegen den Ball – hin und wieder gut aussieht, also ja auch nicht in jedem Spiel – stellt sich ja trotzdem die Frage: Ja, aber was wolltet ihr denn machen? Für den Fall, dass ihr 0:1 hinten liegt? Und da muss ich sagen: Offensiv ist das immer noch so so so so dünn, was der FCA bringt, dass man sich da echt die Frage stellt: Wie wollt ihr Spiele gewinnen?

Max-Jacob Ost vom Rasenfunk in der „Schlusskonferenz“ (15.02.2021)

Ja, das ist wirklich die entscheidende Frage; wie wollen wir Spiele gewinnen… Mit der Dauer-Baustelle „Spiel mit dem Ball“ tun wir uns jedenfalls nach wie vor schwer. Und doch ist uns gerade in der Schlussviertelstunde vereinzelt auch was gelungen. Darauf müssen wir aufbauen! Dagegen finde ich Diskussionen, ob diese oder jene Situation nun auch ein oder doch kein Elfmeter war, wenig hilfreich, weil sie nur von den eigentlichen Problemen ablenken.

#FCAWOB und #BVBFCA: Ideenlos im Mittelfeld

Probleme gab es auch gegen Wolfsburg (20. Spieltag, 06.02., 0:2). Zwar sorgte die solide Defensivarbeit der neu formierten Viererkette des FCA in der ersten halben Stunde dafür, dass die selbstbewussten Wolfsburger kaum zu nennenswerten Chancen kamen. Doch in der 38. Minute wurde der FCA dann eiskalt ausgekontert, der Lupfer von Wolfsburgs Weghorst landete hinter Giki im Tor. In der zweiten Hälfte traf Rechtsverteidiger Ridle Baku gleich drei Mal ins Augsburger Tor – wobei Treffer Eins und Drei nach VAR-Überprüfung aberkannt wurden. Glück für den FCA, dass es am Ende „nur“ 0:2 stand. Denn mit seinen langen Bällen in die Spitze kam der FCA selbst fast nie durchs Wolfsburger Abwehrbollwerk. Daran ändern konnte auch Leihgabe Lászlo Bénes nichts, auch wenn der Zehner bei seinem ersten Einsatz gleich in der Startelf stand und „gute Ansätze“ zeigte.

Ratlosigkeit und Enttäuschung nach dem Spiel gegen Wolfsburg. (Photo by Adam Pretty/Getty Images)

Ein guter offensiver Ansatz im Spiel gegen Dortmund (19. Spieltag, 30.01., 3:1) war das frühe 1:0 durch André Hahn nach gekonnt in den Strafraum gebrachtem Ball von Iago und Kopfballverlängerung von Niederlechner. Yesss! Endlich mal ein schön rausgespielter Angriff! Doch der BVB ließ sich vom Gegentor nicht beirren und presste, was das Zeug hielt. Der Kicker schrieb: „Die Zone um Augsburg Strafraum [glich] einem Belagerungszustand.“ Daraus folgte der Ausgleich noch in der ersten Halbzeit, in der zweiten setzte es dann das 2:1 und 3:1 – und das leider auch noch durch Eigentor von Uduokhai.

Jetzt ist ein 1:3 gegen ein Team wie Dortmund wieder nichts Verwerfliches (obwohl der BVB in den letzten drei Spielen selbst sieglos geblieben war…). Besonders alarmierend fand ich gegen den BVB und die Wölfe aber, wie ideenlos es im Mittelfeld zuging, wenn die Abwehrreihen der Gegner sich formiert hatten. Dann hieß es entweder blind vertikal passen (und damit meistens scheitern), quer oder gar nicht passen. Das lässt sich auch gut an den Passzahlen von Gruezo zeigen. Der passte gegen Dortmund lediglich 15-mal (!), gegen den VfL 21-mal. Dagegen passte ein ähnlich zentral aufgestellter Mann wie Dortmunds Delaney fast fünfmal so oft wie Gruezo, nämlich 72 Mal!       

#FCAFCU und #FCAFCB: Hoffnungsvolle Vorzeichen

Dass die Spiele gegen Dortmund und Wolfsburg so sang-, klang- und ideenlos verloren gingen, ließ mich ehrlich gesagt ziemlich ratlos zurück. Denn schließlich war gegen Union Berlin (18. Spieltag, 23.01., 2:1) nach einer schier nicht enden wollenden Torflaute ja endlich der Knoten bei Flo Niederlechner geplatzt! Und das nicht nur einmal, er netzte sogar doppelt ein (17./47. Minute). Nach dem ersten Tor, einem wuchtigen Schuss ins lange Eck, ließ er einen solchen Urschrei los, dass der wohl auch noch im angrenzenden Haunstettener Norden zu hören war. „So viel Energie, die sich da entlädt, muss doch auch den Rest der Mannschaft aufrütteln!“, dachte ich. Anders als später gegen Dortmund oder Wolfsburg galt das gegen Union offenbar auch noch. Wir konnten wichtige drei Punkte mitnehmen!    

Florian Niederlechner beim Torjubel. Hiervon wünschen wir uns mehr. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Auch im Spiel gegen Bayern (17. Spieltag, 20.01., 0:1), quasi der Auftakt der „Doomsdays“ für den FCA, lief es nicht so unheilvoll, wie ich nach der späten 0:2-Niederlage gegen Werder und dem ergebnismäßig klaren 1:4 gegen Stuttgart, das wir ab der 76. Minute (Gelb-Rot gegen Richter) in Unterzahl bestreiten mussten, eigentlich befürchtet hatte. Denn in der zweiten Hälfte ging „den Bayern […] die Dominanz ab, die Münchner hatten nach vorne kaum Ideen mehr“.  Hätte Finnbo den Elfmeter in der 76. Minute verwandelt und nicht unglücklich an den Pfosten gesetzt, hätten wir gegen die eigentlich dauerdominanten Bayern vielleicht sogar einen Punkt eingefahren! Und wer weiß, wie sich das auf die folgenden, im Rückblick ja leider ziemlich unbefriedigenden Partien (Ausnahme: Union) ausgewirkt hätte…

Wunschkonzert zum Schluss

Am Ende angelangt will ich jetzt noch ein kleines Wunschkonzert eröffnen und mir die besten Häppchen der FCA-Doomsdays rauspicken. (Bestimmt gibt’s auch am Jüngsten Tag Musik, Fanfaren oder Pauken oder sowas. So stell ich mir das zumindest vor.) Also: Machen wir’s am Sonntag gegen Leverkusen doch wie Mainz, RWE und YB Bern und schenken ihnen in der Schlussphase, in der sie öfter unkonzentriert zu sein scheinen, mindestens noch den Ausgleich ein. Denn wie wir in Leipzig gesehen haben, können wir auch offensiv. Starten sollten wir damit allerdings schon früher (und beherzter). Vielleicht hat ja schon die Rückkehr von Frammi als spielhungriger, tempostarker Rechtsverteidiger einen positiven Effekt. Und auch der Test am Montag gegen die Kickers aus Würzburg (3:1) hat einige offensive Hoffnungsschimmer aufblitzen lassen, unter anderem ein schön rausgespieltes Tor von Noah Sarenren Bazee. Der sitzt am Sonntag als mögliche Offensivverstärkung übrigens auch auf der Bank.

WTF kann Lewandowski alles?

Ich mag es nicht, bis Sonntag warten zu müssen. Das letzte Spiel am Spieltag zu haben. Jetzt waren wir im Pokal schon gar nicht mehr dabei und mussten trotzdem warten. Auf die Bayern. Auf Lewandowski. Auf den Alleskönner. Das mit dem Alleskönner hat wenig Neuigkeitswert – ich weiß.

Die Ausgangslage

Nach zwei Unentschieden zu Beginn der Rückrunde setzte es letzte Woche gegen Ingolstadt eine verdiente Niederlage. Zwei Standards reichten aus, um uns den Zahn zu ziehen. Nach vorne brauchte es einen Glücksschuß für das einzige Tor. Die hinteren Ränge der Tabelle kommen immer näher und während die anderen Schwaben zu ungeahnten Höhenflügen aufbrechen, müssen wir uns gegen das überragende Team der Bundesliga beweisen. Und auf Fehler der ersatzgeschwächten Innenverteidigung hoffen.

Das Ergebnis

3:1 für die Bayern – Die ersten wenigen Minuten waren überraschend. Dann schalteten die Bayern in den Automatikmodus. Sehr viel Ballbesitz und eine Passquote von 90%. Gewohnt sehr frühes Pressing und trotzdem wenig Möglichkeiten durch schnelle Gegenstöße gefährlich zu werden. Dazu mit Lewandowski und Müller zwei der weltbesten Spieler, die mit präzisen Angriffen das Spiel entschieden haben.

Worüber diskutieren wir am Montag?`

Was ist aus uns Augsburgern geworden? Waren wir doch vor kurzem noch Everybodys Darling, so pfeiffen wir jetzt über ein ganzes Spiel einzelne Spieler des Gegners aus. Warum? Dazu verpassen wir dem Sympathieträger des Gegners eine Gehirnerschütterung und schlagen dem östereichischen Fußballgott einen Zahn oder doch eher eine Kontaktlinse aus. Verletzen wir unsere Gegner absichtlich? Sind wir alle Monster? Oder kann man es auf Dauer einfach nicht allen Recht machen und war das auch nie das Ziel… Mia san Mia auf schwäbisch.

Was war gut?

Immer noch die defensive Stabilität – trotz 3 Gegentoren. Aber Weinzierl hat geschummelt. Jeffrey Gouweleeuw war quasi ein weiterer Defensivspieler, der sich um Thomas Müller kümmern sollte. Trotzdem entstanden die Tore nicht durch gravierende Abwehrfehler sondern hauptsächlich durch die Klasse der Bayern. Hong kann beim ersten Tor aktiver zum Ball, aber auch dann bin ich mir nicht sicher, ob er Lewandowski stoppen kann. Kann man Tor 2 verteidigen, wenn Thiago den Pass spielen kann? Und nach dem 2:0 war es dann auch vorbei. Wir schießen im Moment gegen die Bayern keine zwei Tore.

Was war schlecht?

Das liegt an der Offensive. Wir haben uns in den letzten Spielen schon schwer getan und ich würde das Spiel gegen die Bayern nicht zu hoch hängen. Im Mittelfeld gibt es hier überhaupt keine Luft zu atmen oder Spielzüge vorzubereiten. Philipp Max hatte einige gute Flanken und Bobadilla dadurch in der Anfangsphase eine gute Chance. Über rechts ging nach vorne allerdings gar nichts. In der Mitte sind wir das ja schon fast gewohnt, wo die Idee mit Trochowski verpuffte. Nach vorne muss spätestens gegen Hannover mehr kommen. Bobadillas Tor kurz vor dem Ende war hier hoffentlich nur ein Vorgeschmack.

Was passiert jetzt?

Jetzt kommt das Karnevalsspiel gegen Liverpool, für das wir hoffentlich die erfolgreiche Rotation aus der Hinrunde reaktivieren. Nächstes Wochenende müssen wir nach Hannover. Der Druck steigt im Abstiegskampf. Wir waren da nie raus und sind jetzt wieder mitten drin.

Und auf den Buinsess Seats?

Die vielen Gäste aus der Landeshauptstadt haben hoffentlich ein paar Worte darüber verloren, ob man jeden Werbedeal annehmen sollte und welche Symbolwirkung ein Fußballverein wie der FC Bayern hat. Vielleicht lief auf den Bildschirmen in der Lounge ja zwischendurch der Clip von WDR Sportinside (Begrenzte Vergügbarkeit über die Mediathek). Klaus Hofmann ist derweil in die Kurve gegangen und hat ein paar Euro in die Spendendose für die Liverpool Choreografie gesteckt und sich nach Simon erkundigt. Für den kann hier gespendet werden. Bei Facebook gibt es auch immer wieder Versteigerungen zu seinen Gunsten.

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