Money, Money: „Welche Liga wollen wir?“

„Die DFL füttert ihr fettestes Kind 15 Mal mehr als ihr kleinstes. Für die FAIR-Teilung der TV-Gelder!“ Dieses Banner platzierten die Fans von Union Berlin im Heimspiel gegen Mainz gut sichtbar an der Gegengerade. Sie kritisierten damit die Verteilung der Medienerlöse, für die die Deutsche Fußball-Liga (DFL) verantwortlich ist. Auch wir wollen nun einen Blick auf die Ausschüttung der Fernseheinnahmen werfen und stellen wenig überraschend fest: Es muss sich etwas ändern – Ansonsten schaufelt sich die Bundesliga ihr eigenes Grab.

Das „fetteste Kind“, der FC Bayern, kassiert laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung 113 Millionen Euro an TV-Einnahmen, das „kleinste“, Zweitligaaufsteiger Würzburg, etwas mehr als 7,5 Millionen Euro. Das entspricht ziemlich genau einem Fünfzehntel des Bayern-Anteils. Bei diesen Angaben handelt es sich um die Vermarktung der nationalen und internationalen TV-Gelder. Der FC Bayern generiert knapp 40 Prozent seiner DFL-Medienerlöse (42,3 Millionen Euro) durch internationale Vermarktung.

Der FCA profitiert noch immer von 2015

Der FC Augsburg bekam dem Kicker zufolge vergangene Saison 6,8 Millionen Euro aus diesem Topf. Entscheidendes Kriterium ist hier die Qualifikation für Europa. Weil der FCA in den letzten zehn Jahren international vertreten war, gibt es einen Zuschuss von der DFL. Union Berlin hingegen bekommt lediglich einen Solidaritätsbeitrag von 3,4 Millionen Euro. Alle Zweitligisten zusammen erhalten in Summe 6,5 Millionen Euro. Ein ziemlich kleines Stück des Europa-Kuchens.

Die internationale Ausschüttung ist also ganz klar an die Leistungen in Champions League und Europa League gekoppelt. Daraus resultiert zwangsläufig, dass die besseren Klubs mehr Geld bekommen. Geld, mit dem sie sich eher wieder für das internationale Geschäft qualifizieren.

Auch beim Blick auf die nationale Verteilung ist sofort ersichtlich, dass Top-Teams bevorzugt werden. Wie der Kicker (Ausgabe vom 26. Juli) berichtet, erhält der FC Bayern von der DFL 70,64 Millionen Euro und Bundesligaaufsteiger Arminia Bielefeld mit 29,80 Millionen Euro weniger als die Hälfte davon. Der FC Augsburg rangiert im unteren Bundesligamittelfeld und kassiert demnach 42,87 Millionen Euro.

Wie kommt diese Verteilung zustande?

So werden die nationalen TV-Gelder derzeit verteilt (Foto: Screenshot dfl.de)

Das Konzept der DFL fußt auf vier grundlegenden Säulen. Den größten Teil nimmt der Bestand ein, worunter eine klassische Fünf-Jahres-Wertung zu verstehen ist. Die jüngste Saison wird dabei am höchsten gewichtet. Ähnlich sieht es bei der Nachhaltigkeit aus. Hier werden alle Spielzeiten der letzten 20 Jahre in einen Topf geworfen und gleich gewichtet. In der dritten Säule geht es um die Einsatzminuten von U23-Spielern. Sie hat wie Säule 2 aber nahezu keinen Einfluss auf die Endtabelle. Komplizierter gestaltet sich der Bereich Wettbewerb, der knapp ein Viertel des Gesamtbetrages ausmacht. Dieser Bereich wird grundsätzlich gleich ermittelt wie Säule 1, wendet allerdings einen anderen Verteilungsschlüssel an. Es wird mit einem abweichenden Prozentsatz gearbeitet, sodass etwa die ersten sechs Teams denselben Betrag erhalten. Der FC Bayern kassiert hier also nicht mehr als der Sechstplatzierte. Nichtsdestotrotz thront der Rekordmeister natürlich an der Spitze der TV-Tabelle.

Die TV-Tabelle der 1. und 2. Bundesliga

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Die Verteilung der TV-Gelder laut Kicker. (Foto: Screenshot Kicker e-magazine).

Beim Betrachten der Grafik kann man den Verteilungsschlüssel mit viel Wohlwollen nachvollziehen. Nur allzu gerne spricht die DFL hier von einer gesunden Verhältnismäßigkeit im Vergleich zwischen dem Erst- und Letztplatzierten. Die Unterschiede seien letztlich mit sportlichem Abschneiden begründbar. Aber sind sie das wirklich? Eigentlich möchte man ja meinen, dass es schlicht fair ist, dass die Topteams mehr Geld bekommen. Sie haben es sich durch Leistung ja auch verdient. Das stimmt und ist gleichzeitig zu kurz gedacht.

Denn wenn die Großen der Liga mehr Geld einnehmen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in Zukunft oben mitspielen. Folglich kassieren sie wieder mehr Kohle, nur um erneut zu den besten der Liga zu gehören. Ein Teufelskreis, der dazu führt, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander driftet. Das ist schlicht Fakt, wie im Bundesliga-Report der DFL öffentlich nachzulesen ist: Der durchschnittliche Umsatz der sechs umsatzstärksten Bundesligisten ist 200 Millionen Euro höher als der durchschnittliche Umsatz der sechs darauffolgenden Vereine.

Ist das noch fair?

Das Ungleichgewicht betrifft im Übrigen nicht nur die Bundesligisten, sondern zieht sich wie ein Rattenschwanz ins Unterhaus. Der durchschnittliche Umsatz der sechs umsatzschwächsten Bundesligisten ist 30 Millionen Euro höher als der durchschnittliche Umsatz der sechs umsatzstärksten Vereine der 2. Bundesliga. Dass das maßgeblichen Einfluss auf den sportlichen Wettbewerb hat, ist am Beispiel der Relegation eindrucksvoll ersichtlich. Seit Wiedereinführung der Aufstiegsspiele zwischen dem 16. der 1. und dem 3. der 2. Bundesliga im Jahr 2009 hat sich in zwölf Partien neun Mal der Erstligist durchgesetzt. (Im Jahr 2010 scheiterte der FC Augsburg in der Relegation am 1. FC Nürnberg.) Wenn wie vergangene Saison ein Klub fast den siebenfachen Marktwert des Kontrahenten vorzuweisen hat, ist das kaum verwunderlich.

2020 musste sich der FC Heidenheim nur aufgrund der Auswärtstorregel gegen Werder Bremen geschlagen geben. Der Klub, der über 34 Spiele hinweg absoluten Murks auf den Rasen gestolpert hatte, durfte in der Bundesliga bleiben, während der FCH für eine starke Saison nicht belohnt wurde. (Photo by CARMEN JASPERSEN/AFP via Getty Images)

Ungerecht? Na und?!

Ja mei, dann sollen die anderen Klubs halt besser wirtschaften, möchte der gemeine Münchner entgegnen. Wenn man nur auf den eigenen Verein blickt, wirken solche Aussagen nachvollziehbar. Der FC Bayern hat es sich sportlich absolut verdient, die Nummer Eins im Land zu sein, weil er seit Jahrzehnten fantastische Arbeit leistet. Es wäre daher unfair, den FCB die alleinige Verantwortung für das Ungleichgewicht in der Bundesliga aufzuhalsen.

Mittlerweile ist Fußball-Deutschland aber eben an einem Punkt angelangt, an dem der übermächtige Rekordmeister schlicht nicht mehr zu schlagen ist. Selbst ein 9-Punkte-Rückstand scheint kein Problem zu sein für den amtierenden Triple-Sieger. Die Bundesliga avanciert somit immer mehr zur Langweil-Show. Wie etwa in Frankreich ist der Titel quasi schon vor der Saison vergeben. Wenn man sich die beiden letzten Spielzeiten ansieht, kann man fast befürchten, dass dies bald auch für die internationalen Plätze gilt.

Daher muss sich etwas ändern. Die TV-Gelder müssen anders verteilt werden. Eine spannendere, ausgeglichenere Liga kann doch eigentlich nur im Sinne der DFL sein. Und im Sinne des FC Bayern? Sind die Roten überhaupt noch auf die nationale Konkurrenz angewiesen? Der Begriff European Super League geistert seit geraumer Zeit durch die Säbener Straße.

Interessant und erschreckend zugleich ist, dass bei den 113 Millionen Euro Einnahmen des FC Bayern die großzügigen Zuwendungen der UEFA noch gar nicht mitgerechnet sind. Bis zu 135 Millionen Euro (!) erhält der FC Bayern für den Gewinn der Champions League. Derartige millionenschwere Beihilfen sorgen dafür, dass die Größenverhältnisse in den nationalen Ligen zementiert werden. Der Dauerdominanz steht nichts mehr im Wege.

Nicht nur sportlich ein immens wichtiges Tor: Kingsley Comans Siegtreffer im Champions-League-Finale gegen Paris bescherte dem FC Bayern einen Rekordgewinn. Noch nie kassierte eine Mannschaft in der Königsklasse mehr. (Photo by MANU FERNANDEZ/POOL/AFP via Getty Images)

Corona als Brandbeschleuniger

Die Corona-Krise erschütterte ganz Fußball-Deutschland und potenzierte die Probleme in einigen Vereinen gewaltig. 13 der 36 deutschen Profiklubs sollen von einer Insolvenz bedroht gewesen sein, als die Saison im Frühjahr unterbrochen war. Fehlende Zuschauereinnahmen, gesunkene TV-Honorare – zwischenzeitlich sah es wohl ziemlich düster aus für so manche Erst- und Zweitligisten.

Das sagt im Grunde genommen zwei Dinge aus: Erstens, viele Vereine lebten offensichtlich jahrelang über ihren Verhältnissen. Im Januar verkündete die DFL stolz einen Rekordumsatz. Mal wieder. Es war der nächste Rekordumsatz nach zuvor bereits 14 Rekordumsätzen. Finanzielle Liquidität sollte also vorhanden sein. Eigentlich. Es kann nicht sein, dass ein ganzes Fußballunternehmen vor dem Ruin stehen soll, nur weil ein paar Wochen nicht gespielt wird. Es scheint also nicht immer die wirtschaftlich intelligenteste Entscheidung getroffen und der Blick mitunter zusehr auf den kurzfristigen Erfolg geworfen worden zu sein. Das ist am Beispiel FC Schalke 04 auf dramatische Art und Weise ersichtlich.

In Augsburg sorgt Corona derweil ebenso für Kopfzerbrechen. Doch dank vernünftigem Wirtschaften steht Rot-Grün-Weiß auch in Pandemiezeiten auf einem vergleichsweise gesunden Fundament.

Die Corona-Krise traf auch den FC Augsburg. Millionenschwere Transfers der Marke Tomas Koubek waren in diesem Sommer nicht drin. Also lotste Manager Stefan Reuter Rafal Gikiewicz, Tobias Strobl und Daniel Caligiuri ablösefrei an den Lech. (Foto: Martin Meissner / POOL / AFP)

Zweitens, Corona fungiert als eine Art Brandbeschleuniger, der die Schere in der 1. und 2. Bundesliga weiter auseinander gehen lässt. Denn es liegt auf der Hand, dass Vereine wie der FC Bayern oder RB Leipzig besser durch die Krise steuern als kleinere Klubs. Beim Branchenprimus in München konnte trotz Corona der Mega-Transfer Leroy Sané eingetütet werden, Leipzigs Hauptsponsor Red Bull stundete den Sachsen mal eben 100 Millionen Euro an Krediten. Somit wurde aus Schulden urplötzlich Eigenkapital. Herzlichen Glückwunsch!

Klein gegen Groß: Ein ungleiches Duell

Die Spitzenteams der Bundesliga werden in den aktuellen Krisenzeiten nicht zugrunde gehen. Womöglich stehen sie aufgrund ihrer vernünftigen Finanzpolitik sogar besser da als die internationale Konkurrenz aus Barcelona oder Turin. Aber den mittelstarken und kleinen Profiklubs wird es immer schwieriger gemacht, langfristig mit „denen da oben“ mitzuhalten. An dieser Stelle sei ausdrücklich erwähnt, wie stolz es einen FCA-Fan machen darf, dass der eigene Klub immer noch in der Bundesliga dabei ist. Denn beim Blick auf die letzten Jahre fällt auf, dass es Aufsteiger eigentlich überhaupt nicht leicht haben.

Seit der FC Augsburg 2011 in die Beletage aufgestiegen ist, haben sich viele Vereine daran versucht, langfristig in der 1. Liga Fuß zu fassen. Das ist auch einigen Klubs wie Hertha BSC, Eintracht Frankfurt, dem SC Freiburg oder RB Leipzig (bei weitem kein klassischer Emporkömmling) gelungen. Gleichzeitig mussten sich aber viele Vereine nach spätestens zwei Spielzeiten wieder verabschieden: Nürnberg, Fürth, Braunschweig, Ingolstadt, Darmstadt, Düsseldorf, Paderborn. Die Liste ist lang. Folgt nun Union Berlin? Ginge es nach den TV-Einnahmen müsste man diese Frage mit einem klaren Ja beantworten, denn dort rangieren die Eisernen auf einem direkten Abstiegsplatz.

Union Berlin ist 2019 in die Bundesliga aufgestiegen – und konnte sich trotz den zweitwenigsten TV-Einnahmen vergangene Saison im Oberhaus halten. Nur der SC Paderborn kassierte weniger. Können die Köpenicker erneut den Branchengepflogenheiten trotzen? (Foto: Adam Berry/Bongarts/Getty Images)

Wie nun hoffentlich klar geworden ist, geht die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander.

Wie könnte man es nun aber besser machen?

Mitte Oktober wurde bekannt, dass insgesamt 14 Klubs der 1. und 2. Bundesliga auf das DFL-Präsidium zugingen, um für eine ausgewogenere Verteilung der Mediengelder ab der Saison 2021/22 zu plädieren. Neben Mainz, Bielefeld und Stuttgart soll den Vorschlag auch der FC Augsburg unterstützen und ein entsprechendes Papier unterschrieben haben. Es ist stark, dass sich der FCA hier so deutlich positioniert – und das nicht erst seit heute. Bereits im Juni meinte Präsident Klaus Hofmann im FCA-Stadionkurier: „Der Fußball muss sich entscheiden, ob er wieder ein sportlicher Wettbewerb werden will oder einfach nur noch Unterhaltungsindustrie sein möchte. Für Ersteres müssen die Parameter geändert werden.“ Die entsprechenden Klubs haben nun Anstoß für ein Umdenken gegeben – nun liegt es an der DFL, sich Gedanken zu machen.

„Der Fußball muss sich entscheiden…“ Klaus Hofmann sieht die derzeitigen Entwicklungen äußerst kritisch. (Foto: Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images).

Gleiches Geld für alle?

Jan Lehmann, kaufmännischer Vorstand von Mainz 05 forderte im Sommer, die Medienerlöse komplett einheitlich zu verteilen. Gleiches Geld für alle! Im Kicker (Ausgabe vom 26. Juli) stellte er unmissverständlich klar, dass Erfolge eines Klubs „in ganz großen Teilen auf dem eingesetzten Geld“ beruhen. Für Lehmann ist klar: „Die Argumentation Leistungsprinzip ergibt keinen Sinn mehr, weil die Erträge in den UEFA-Wettbewerben enorm gewachsen sind.“

Man kann die Deutsche Fußball-Liga durchaus für die Verteilung der TV-Gelder kritisieren. Angesichts der millionenschweren Beihilfen des europäischen Fußballverbandes sollte die DFL allerdings nicht als alleiniger Sündenbock für das nationale Ungleichgewicht verantwortlich gemacht werden. Im Gegenteil. Die UEFA ließ die Medienerlöse in den letzten Jahren explodieren – höher, schneller, größer, weiter. Wohl auch mit dem Gedanken an eine European Super League versuchte sie, dass die Königsklasse für Topklubs der Marke FC Bayern oder Paris Saint-Germain attraktiv bleibt. Womit wir wieder beim viel zitierten Teufelskreis angelangt sind.

Eine gleiche Verteilung des TV-Gelder könnte diese Entwicklung stoppen, so Lehmann. „Man müsste die Medienerlöse der Bundesliga, national wie international, komplett gleich verteilen und der 2. Liga wieder mehr Geld zur Verfügung stellen. Auch von den Einnahmen aus dem internationalen Wettbewerb sollten die nicht beteiligten Vereine einen Teil erhalten. Das mag bei manchen Klubs als nicht gerecht empfunden werden, die Frage ist nur: Welche Liga wollen wir?“ Die Zeit, um eine Antwort zu finden, drängt. 2021 wird die Verteilung der TV-Gelder neu geregelt.

Warum #TeamMarktwert nicht zu Ende denkt

Gleich vorweg: #TeamMarktwert ist eine schwierige Geschichte für mich. Als überzeugter Augsburger, ist mir bewusst, dass die Idee der „Traditionsclubs“ dazu führen würde, dass der FC Augsburg bei gleichbleibender sportlicher Leistung einen geringeren Anteil aus den TV Erlösen zugeordnet bekommt (in 2015/16 waren wir bzgl. der Zuweisungen auf Platz 8 in der Bundesliga, vor allen Vereinen, die #TeamMarktwert begründet haben). Ganz objektiv werde ich das Thema daher nicht betrachten können. Allerdings besteht ein wesentlicher Teil meiner beruflichen Arbeit daraus, Markenwerte zur ermitteln und angemessene Preissysteme zu bestimmen. Wenn eine solche Diskussion wie die um #TeamMarktwert aufkommt, dann schaue ich mit zwei Brillen auf die Thematik. Es ist ein bisschen wie 3D. Ich werde euch im Folgenden versuchen zu beschreiben, was ich sehe. Mal schauen, wie weit wir kommen.

Was will #TeamMarktwert?

Im Moment werden die Fernsehgelder der Bundesligisten (80% des Gesamttopfs) nach zwei Schlüsseln aufgeteilt. Ungefähr 65% der Fernsehgelder werden gleichmäßig aufgeteilt und bilden einen einheitlichen Sockelbetrag. Die restlichen ca. 35% werden abhängig vom sportlichen Erfolg verteilt, wobei die letzten 5 Jahre zu Grunde gelegt werden und die Jahre abhängig von der vergangenen Zeit linear gewichtet werden (letztes Jahr 5x, fünftletztes Jahr 1x).

Zusätzlich zu diesen zwei Verteilungskriterien soll laut #TeamMarktwert in einer dritten Säule der „Marktwert“ der Clubs berücksichtigt werden. Genannt werden hierzu Kennzahlen wie Fanbasis, Beliebtheit, Bekanntheit, TV-Reichweite und Interaktionsraten in Social Media. Die Neuverteilung soll zusammen mit dem neuen Fernsehvertrag ab der Saison 2017/18 gelten. Ob die prozentualen Anteile der dritten Säule von der ersten oder zweiten Säule abgeschnitten werden sollen, wurde meiner Kenntnis nach nicht präzisiert.

Wie begründet sich der vorgebrachte Anspruch von #TeamMarktwert?

Die beteiligten Clubs argumentieren, dass ihre „Attraktivität“ (ihr sog. Marktwert) dazu führt, dass mehr Menschen Bundesliga im Fernsehen schauen. Ein möglichst großes Interesse am Produkt Bundesliga führt z.B. über Abonnentenzahlen oder Werbeerlöse zu einem höheren Wert der Fernsehrechte und damit zu einer größeren Zahlungsbereitschaft von Sky und eventueller Konkurrenz. Diesen Beitrag zum Wert der Bundesliga wollen sich die Clubs entlohnen lassen. Dieser Gedanke ist nicht nur von mir noch sehr gut nachvollziehbar.

Wie ist die Interessenslage der einzelnen Clubs. außerhalb #TeamMarktwert? 

Ich habe auf Grund unterschiedlicher Reaktionen (nicht von offiziellen Vertretern, aber von Fans auf Twitter, etc.) 3 Gruppen neben #TeamMarktwert identifiziert. Die Einteilung ist etwas vereinfacht, also seid mir bitte nicht böse, wenn euer Club aus eurer Sicht in der falschen Gruppe gelandet ist (ich schaue hier v.a. nach Gladbach und Hannover, wo die Einteilung schwierig ist).

Vorneweg marschieren mit den Bayern, Dortmund, Schalke und Gladbach vier Clubs, bei denen man zuerst vermutet hätte, die Diskussion kann ihnen doch recht egal sein, denn ihre Anteile an den Fernsehtöpfen, werden sich durch eine breite Fanbasis und nachhaltigen sportlichen Erfolg wohl auch im neuen System nicht ändern. Allerdings sind diese Clubs darauf aus, die Fernsehgelder insgesamt zu maximieren. Der Gesamttopf wächst aus ihrer Sicht am meisten, wenn „attraktive“ Clubs wie der HSV oder Stuttgart, weiter in der Bundesliga spielen und Fans anlocken. Sie wollen so v.a. ihre Wettbewerbsfähigkeit in Europa sicherstellen bzw. verbessern.

In einer zweiten Gruppe tummeln sich Wolfsburg, Leverkusen, Hoffenheim und Ingolstadt. Von Großkonzernen getragen und aufgebaut, steht immer im Zweifel, ob der Hauptzweck des Unternehmens der Sport ist (bei RBL gibt es keinen Zweifel, aber das nur am Rande). Sie würden im neuen Verteilungssystem einen geringeren Anteil an Fernsehgeldern erhalten, könnten dies aber evtl. durch erhöhte Zuschüsse der Konzerne im Hintergrund wieder ausgleichen.

In der letzten Gruppe sammeln sich die Clubs um Mainz, Augsburg, Darmstadt und Hannover. Es fehlt die traditionsreiche Bundesligahistorie der Clubs um #TeamMarktwert (Plätze 15,25, 33 und 41 im Vergleich zu den Plätzen 2,4,5,9,10 und 12 in der ewigen Tabelle der Bundesliga), die wohl zum sog. Marktwert der entsprechenden Teams erheblich beigetragen hat. Allerdings haben alle diese Vereine mit sportlichen Ergebnissen aufhorchen lassen, die über ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten lagen. Wenn die sportlichen Ergebnisse nun einen geringeren Anteil der Verteilung ausmachen bzw. der Sockelbetrag sinkt, so wird dies zu einem geringeren Anteil an Fernsehgeldern führen, der die Wettbewerbsposition im Vergleich zum Rest der Liga deutlich verschlechtert. Nachdem diese Vereine die sinkenden Einnahmen nicht durch Großunternehmen im Hintergrund ausgleichen können, besteht hier wohl die größte Gefahr, dass ein veränderter Verteilungsschlüssel im Sinne des #TeamMarktwert zu Einschnitten und damit schlechteren sportlichen Ergebnissen bzw. Abstieg führt.

Was sollte das Interesse der DFL sein und wie sollten die Fernsehgelder verteilt werden?

Die DFL sollte ihr eigenes Produkt nicht nur schützen, sondern dessen Wert langfristig maximieren. Dieses Produkt sind die ersten beiden Fußballligen, wobei der Hauptteil des Werts mit Sicherheit auf der ersten Bundesliga liegt. Nachdem diese Diskussion insgesamt kommerziell geprägt ist, habe ich kein Problem damit, für diese langfristige Wertmaximierung ein rein wirtschaftliches Vorgehen zu wählen. Die DFL muss ihren Gewinn maximieren. Ob die Traditionsclubs „gerecht“ entlohnt werden, sollte dabei nicht das Hauptziel sein. Wie das geht, kann man beim FC Bayern (erste Grafik im Link)  gut sehen. Der Club spielt dauerhaft in der europäischen Spitze mit. Er ist das einzige deutsche Fußballunternehmen auf diesem Niveau. Dabei spielen Fernseheinnahmen eine wichtige Rolle (allerdings sowohl im In- als auch im Ausland, wo die DFL noch deutlich hinterherhinkt), denn sie machen insgesamt ca. 30% der Einnahmen der Clubs aus. Gewinn zu erwirtschaften ist dabei dauerhaft wichtig, da nur so weitere Investitionen in Stadien bzw. Spieler möglich werden, ohne von 50+1 abweichen zu müssen und auf Kapital von Investoren angewiesen zu sein. Die Vereine der Liga müssen daher jeder für sich wirtschaftlich sinnvoll handeln und versuchen, ihre Erträge zu maximieren.

Die DFL ist einer schwierigen Situation, denn sie hat nicht viele direkte Einflussmöglichkeiten, um die Vereine in diese Richtung zu lenken. Die Verteilung der Fernsehgelder ist wohl ihre effektivste Möglichkeit, um das Handeln der Clubs zu beeinflussen. Dabei ist der derzeitige Ansatz schon nicht vollkommen. Manche Standorte haben per se bessere Möglichkeiten, da der Wirtschaftsraum mehr Menschen und Unternehmen und daher mehr Sponsoren- bzw. Zuschauerpotential beheimatet. Die Vereine des #TeamMarktwert sind in solchen Gegenden zu Hause. Diese besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sollten schon jetzt bei kompetentem Management zu besseren sportlichen Ergebnissen führen. Diese Vereine sollten schon jetzt mehr Fernsehgelder kassieren als z.B. der FC Augsburg. Im genauen Gegensatz dazu hat z.B. der HSV (Gründungsmitglied #TeamMarktwert) dieses Jahr einen Rekordverlust von 16,9 Mio. EUR verkündet. Auch die anderen Vereine haben Probleme. Hertha hat in 9 Jahren gerade zweimal Gewinn erwirtschaftet. Als Verantwortlicher bei der DFL würde mich das stutzig machen.

Wer selbst ein Aktiendepot hat, denkt sehr genau darüber nach, welche Einzelwerte er kauft oder verkauft. Wenn es sich bei den Mitgliedern des #TeamMarktwert um Aktien handeln würde, so wären zumindest 4 von 6 in den letzten Jahren stetig gesunken. Köln und Hertha haben sich gerade wieder etwas erholt, aber wer will dieser Erholung dauerhaft trauen? Die Liga soll in genau diese Werte investieren, in dem Sie ihnen mehr Fernsehgelder zuweist? Ich würde es nicht machen. Wenn Werte sinken und ich keine Strategie sehe, wie die Entwicklung umgekehrt werden kann, verkaufe ich diese Werte. Stoße sie ab, um meine Verluste gering zu halten. Denn nur mit Gewinnen kann ich noch mehr investieren und meinen Wert ausbauen. Die schwammigen und undefinierten Merkmale (Fanbasis, Beliebtheit, Bekanntheit, TV-Reichweite und Interaktionsraten in Social Media) sind nicht dazu geeignet, Clubs in diesem Zusammenhang zu beurteilen. Diese Merkmale müssen sich im wirtschaftlichen Ergebnis niederschlagen, sonst sind sie „brotlose Kunst“.

Von mir gibt es kein „Weiter so“. Der jetzige Verteilungsschlüssel hat Fehler. Ein Sockelbetrag bietet keine Anreize und schafft es nicht, die Lücke zwischen unterschiedlich potenten Vereinsstandorten zu schließen. Sportlicher Erfolg hängt schon jetzt langfristig stark von den wirtschaftlichen Möglichkeiten eines Vereins ab. Der Vorschlag von #TeamMarktwert ist keine Lösung. Wenn profitable Vereine einen Verlust von 17 Mio. EUR in Kauf nehmen würden, so könnten Sie mit diesem Geld viele Sky-Abos oder Clicks in Social Media kaufen bzw. Fans zu Auswärtsspielen fahren. Durch die Umverteilung der Fernsehgelder würde das Produkt Bundesliga langfristig nicht besser. Falsche Anreize würden gesetzt. Der Fußball ist marktwirtschaftlichen Realitäten unterworfen, ob es einem gefällt oder nicht. Marktwert ensteht, wenn ich mit meiner Marke Gewinn erwirtschaften kann. Der HSV würde nicht einmal mit den nationalen Fernseheinnahmen des FC Bayern Gewinn erwirtschaften. Wenn wir über neue Verteilungsschlüssel nachdenken, dann doch über harte betriebswirtschaftliche Kennzahlen wie die EBIT-Marge. Von Wirtschaftsprüfern geprüft und so leicht zu manipulieren, wie die Endtabelle der Bundesliga. Es geht nicht darum, das Produkt Bundesliga kurzfristig interessant zu halten sondern langfristig im Vergleich mit dem Wettbewerb zu verbessern. Ich traue das #TeamMarktwert nicht zu. Ich will das die Bundesliga ein lebendiges Produkt bleibt, das sich ändert und anpasst. #TeamMarktwert hat daran kein Interesse.

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