Über die letzten Wochen hinweg haben wir, wie schon in den letzten Sommern immer, einzelne Spieler zu ihren verdienten Ehren verholfen. Wir haben den MVP, den meistverbesserten Spieler und den Rookie der abgelaufenen Saison gewählt. Und heute gibt es die Ergebnisse:
Der MVP: Ermedin Demirovic
Man könnte sagen, das war klar. Demirovic hat die beste Saison eines Augsburger Offensivspielers in der Bundesliga gespielt. Noch nie hat ein Augsburger Spieler 15 Tore in einer Bundesliga-Saison geschossen. Und dazu viele Tore aufgelegt. Und eine wichtige Rolle als Kapitän für die Mannschaft übernommen. Herzlichen Glückwunsch Demi, Du hast Dir die Ehre des MVPs der abgelaufenen Saison redlich verdient.
Das Problem kommt nun: damit hat er nun auch Begehrlichkeiten geweckt und würde sich selbst wohl nicht wehren, den nächsten Schritt zu machen. Wer soll diese Lücke schließen? Oh Demi, my Demi.
Der meistverbesserte Spieler: Freddy Jensen
Freddy Jensen als offensiver Leistungsträger. Das hätte ich nicht für möglich gehalten vor der letzten Saison. Freddy Jensen ist dies geglückt und er war zwischenzeitlich Stammspieler. Das Label des Ergänzungsspielers hat er abgestreift. Und sich damit zu Recht den Titel des meistverbesserten Spielers der Saison 2024/25 gesichert.
Und sich dann leider verletzt. Das lässt nun bei Freddy Jensen die Frage offen: was kommt noch? Kann er in der nächsten Saison an die gute Phase anknüpfen und erneut richtig durchstarten?
Der Rookie: Mert Kömür und Philipp Tietz
Es ist ein einzigartiges und tolles Ergebnis, denn auf Mert Kömür und Philipp Tietz entfielen gleich viele Stimmen. Ich habe mich selbst auch schwer getan, mich zwischen den beiden Jungs zu entscheiden. Einerseits hat Mert uns im Saisonausklang verzaubert, spätestens mit dem Tor gegen Leverkusen. Ein echtes Eigengewächs. Wir sind das halt nicht gewohnt. Auf der anderen Seite werde ich nicht müde zu erwähnen, wie sehr ich Philipp Tietz mag. Und dessen Saison war für einen Spieler, der vorher noch nicht Bundesliga gespielt hat, einfach bombastisch. Viel Liebe für beide und dieses Unentschieden.
Wie in jedem Sommer wählen wir nach dem Saisonende Spieler des FCA, zuletzt den MVP. In dieser Abstimmung geht es um den meistverbesserten Spieler des FCA in der abgelaufenen Saison. Dabei geht es um Spieler, die schon in der Vorsaison beim FC Augsburg waren, die sich aber nun in dieser Saison merklich verbessert haben. Nachfolgend die Kandidaten (und vergesst nicht ganz am Ende abzustimmen):
Freddy Jensen
Freddy Jensens Zeit beim FC Augsburg war bisher geprägt gewesen von Verletzungen und verpassten Chancen. Die Verletzungen sollten ihm auch in dieser Saison erhalten bleiben. Seine Chance hat Freddy allerdings eindrucksvoll genutzt, als Jess Thorup Trainer beim FC Augsburg wurde. Direkt nach dem Trainerwechsel war Jensen nicht mehr aus der Startelf wegzudenken.
Dies liegt vor allem an seiner Variabilität, aber auch an seinen Qualitäten gegen den Ball. Dazu konnte er sich auch immer wieder gezielt ins Offensivspiel mit einbringen und am Ende stehen in 22 Spielen 2 Tore und 5 Vorlagen zu Buche. Es ist mit Sicherheit Jensens beste Saison in Augsburg bisher gewesen und er hat sich offensichtlich eindrucksvoll verbessert. Genug, um von euch gewählt zu werden?
Ruben Vargas
Vargas Entwicklung in Augsburg ist eine der Up and Downs. In seiner ersten Saison in Augsburg schien er direkt einzuschlagen. Danach verebbte die Leistungskurve leider wieder etwas. In dieser Saison sah es nun auch zu Beginn nicht rosig aus und Vargas war im Winter schon fast weg. Am Ende entschied er selbst sich, zu bleiben und in Augsburg Eindruck zu hinterlassen.
Und das gelang ihm in der Rückrunde eindrucksvoll. Am Ende stehen für ihn 4 Tore und 4 Vorlagen zu Buche, die sich vor allem ergeben haben, weil er seine Abschlussqualitäten zentraler unter Beweis stellen durfte. Als Thorup im Winter auf die Raute im Mittelfeld umstellte, zog er Vargas von außen in die Zentrale und der schien noch nie etwas anderes gespielt zu haben. Ein deutlicher Leistungssprung und definitiv eine Verbesserung!
Felix Uduokhai
Auch Felix Uduokhai war schon auf dem Absprung, aber schon im letzten Sommer. Er entschied sich schlussendlich zu bleiben und eine Saison in Augsburg dranzuhängen. Und wie sich das gelohnt hat für ihn! Einerseits konnte er über 33 Spiele zeigen, dass er belastbar und verfügbar ist. Andererseits hatte der FCA über viele Phasen der Saison ein Top-Innenverteidiger-Duo mit Uduokhai und Gouweleeuw, in dem sich Uduokhai immer wieder durch entschlossenes Handeln auch nach vorne hervortat. 2 Tore zeigen an dieser Stelle, dass es keine brotlose Kunst war.
Ich habe in seiner Zeit beim FCA noch keine so gute, weil belastbare, verlässliche und wichtige Saison von Felix Uduokhai beim FCA gesehen. Er hat sich definitiv verbessert und konnte erneut überzeugen.
Abstimmung
Für wen entscheidet ihr euch? Wer hat euch am meisten überzeugt mit seiner Leistungssteigerung? Stimmt jetzt ab und begründet gerne in den Kommentaren:
Wer ist der meistverbesserte Spieler der Saison 2023/24?
Vor kurzem hatte ich ja schon darüber geschrieben, von welchen Transfers ich im Sommer fest ausgehe. Daneben gibt es einige weitere spannende Personalien. Spieler, die nicht immer sportlich überzeugt haben, deren Verträge auch in 2025 auslaufen. Was soll der FCA in diesen Fällen machen: verlängern oder einen Transfer anstreben? Und was wollen die Spieler? Konkret geht es um die folgenden Fälle:
Arne Maier
Maier ist mittlerweile seit 2,5 Jahren beim FCA. Davon war er 2 Halbserien quasi abgeschrieben, 3 Halbserien trat er wie ein absoluter Leistungsträger auf. Was soll man nun daraus machen? Maier war bei Enno Maaßen am Ende genau so außen vor, wie am Anfang bei Jess Thorup. Bei beiden Trainern hat er – teilweise in ungewohnten Rollen – überzeugt. Wäre Maier ein konstanter Leistungsträger, könnte ihn der FCA im Sommer nicht halten, weil Maier das Interesse anderer Clubs geweckt hätte.
In der derzeitigen Situation sollten beide Parteien von einer Verlängerung profitieren. Der FCA wird genügend personelle Wechsel im Sommer zu verarbeiten haben und es liegt nun an Jess aus Maier einen konstanten Leistungsträger zu machen. Maier auf der anderen Seite wird – sollte er konstant performen – ein Jahr später bessere Angebote bekommen, so er denn überhaupt aus Augsburg weg will. Warum der ganzen Sache nicht noch etwas mehr Zeit geben? Aber nur weil es Sinn macht, muss es ja nicht unbedingt passieren.
Robert Gumny
Bei Robert Gumny darf sich der FCA die folgende Frage stellen: Ist Gumny die erste Wahl für die Nachfolge von Kevin Mbabu, wenn dieser nach dieser Saison nach England zurückkehrt (und außerhalb der Gehaltsmöglichkeiten des FCA liegt)? Die Beziehung mit Gumny ist durchwachsen. Er hat einerseits sehr gute Partien gespielt, andererseits aber auch mächtige Böcke geschossen und nur phasenweise Bundesligaqualität abgeliefert.
Auch Gumny muss sich fragen, was er in seiner professionellen Karriere noch erreichen will. In Augsburg wäre er ein Luxus Backup, der rechts hinten und im Notfall in der Innenverteidigung aushelfen könnte. Was ist aber seine Ambition? Ich würde mich freuen, wenn der FCA – ähnlich den Verlängerungen mit Pedersen und Jensen im letzten Sommer – mit Gumny verlängert, so lange die Erwartungen und Möglichkeiten klar abgesprochen sind. Könnte Sinn machen, wenn beide Parteien es wollen.
Freddy Jensen
Jensen ist mittlerweile einer der dienstältesten Spieler in Augsburg. Er ist seit 2018 beim FCA und hat in Augsburg schon viele Trainer kommen und gehen sehen. Jensen war – auch immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen – meist nur Ergänzungsspieler. Mit der Ankunft von Jess Thorup hat sich für ihn viel verändert. Er ist auf einer der beiden 8er Positionen eine feste Kraft und dankt mit Torbeteiligungen.
Die Frage bzgl. Jensen ist: kann er konstant weiter diese Leistungen bringen? Selbst wenn offensiv weitere Neuzugänge im Sommer in Augsburg dazustoßen, müssen diese erst einmal Jensens Niveau erreichen. Sollte man mit Jensen nicht verlängern, müsste man bei einem möglichen Abgang einen adäquaten Ersatz finden (und gleichzeitig offensiv ja auch andere Lücken stopfen). Auf der anderen Seite könnte man für Jensen wohl eine Ablöse erhalten (wer hätte das letzten Sommer gedacht). Alles in allem fallen mir allerdings keine Gründe ein, warum man Jensens Vertrag nicht direkt wieder um 2 Jahre verlängern sollte.
Bonus
Wenn wir über Spieler mit unsicherer Zukunft sprechen, dann möchte ich auf zwei weitere Spieler zusätzlich eingehen. Einerseits wäre hier Sven Michel zu nennen. Michel ist 33 Jahre alt und hat auch noch bis 2025 Vertrag. Über eine Verlängerung brauchen wir hier aus meiner Sicht nicht sprechen. Ob Michel im Sommer überhaupt bleiben sollte? Der FCA wird eine gewisse Kadertiefe brauchen und Michel ist ein guter Typ. Da braucht man nun die Pferde nicht scheu machen.
Als letztes komme ich auf Niklas Dorsch zu sprechen, bei dem ich schon im Sommer einen Abgang für sinnvoll erachtet hätte. Dorsch kommt diese Saison erneut gesundheitsbedingt nicht so zum Zuge, wie er gerne würde. Daneben ist die 6er Position mit Kristijan Jakic seit dem Winter sehr gut besetzt. Dorsch müsste wohl – im jetzigen System – auf eine der 8er Positionen ausweichen. Ob das passt? Dorsch bleibt eine der größten unerfüllten Hoffnungen in der jüngeren Transfervergangenheit und ich könnte sowohl den FCA als auch Dorsch im Sommer verstehen, wenn sie einen Abschied als die beste Option für die Zukunft sehen würden.
Viel zu tun
Insgesamt bleibt viel zu tun für Jurendic, Ströll und alle Beteiligten beim FCA. Neben Transfers, die wie selbstverständlich wirken, gibt es eben auch einige offene Enden, bei denen noch nicht ganz so klar ist, wie es weitergeht. Der FCA hat einige Spieler an Bord, die sich durch ihre Leistungen weitere Vertragsjahre verdient hätten, so sie denn bleiben wollen. Bei diesen Spielern wird sich zeigen, wie groß der Umbruch im Sommer sein wird. Wenn sie gehen sollten, müssten Jurendic und Co. mächtig auf die Tube drücken, um die Abgänge zu kompensieren. Während wir auf den Rängen das letzte Saisondrittel nun so richtig genießen können, laufen beim FCA wohl schon längst die Vorbereitungen auf die kommende Saison in der ersten Liga. Was das wohl wird.
Freddy Jensen ist nun schon seit 3,5 Jahren in Augsburg, nachdem er vorher mehrere Jahre bei Twente Enschede in den Niederlanden gespielt hatte. Ursprünglich kommt er aus Finnland. Finnland ist ein faszinierendes Land und ich habe die Gelegenheit in der Länderspielpause genutzt, mit ihm über seine Heimat zu sprechen. Das nachfolgende Interview steht damit in einer Reihe mit den Beiträgen über Jan Moraveks, Alfred Finnbogasons und Michael Gregortischs Heimatorte. Viel Spaß beim Lesen!
Andy: Heute geht es ja wenig ums Sportliche. Wir sprechen gerne mit Spielern über ihre Heimat. Ich kann vorausschicken, ich war noch nie in Finnland. Also werde ich heute viel Neues lernen. Du kommst ja aus Porvoo. Vielleicht erzählst du einfach mal von Porvoo.
Freddy: Porvoo ist eine schöne kleine Stadt ungefähr eine halbe Stunde von Helsinki entfernt. Es hat ungefähr 50.000 Einwohner. Im Sommer ist es eine wirklich schöne Stadt. Es gibt viel Tourismus und einen Fluss (Anmerkung: den Porvoonjoki). Ich bin in Porvoo aufgewachsen. Es ist meine Heimat. Jeder kennt jeden und es ist eine ganz ruhige Stadt. Da man aber in der Nähe von Helsinki ist, wird das auch nicht langweilig.
Andy: Ich habe Fotos gesehen. Für dich ist das wahrscheinlich selbstverständlich, aber in Porvoo gibt es sehr viele rote Häuser. Was hat es mit diesen roten Häusern auf sich?
Freddy: Ich kenne die Geschichte der roten Häusern nicht genau, aber wir nennen sie fågelholk. Kennst du das Wort fågelholk (Anmerkung: Vogelhäuschen)? Das sagen wir immer. Das sind die Vogelhäuschen von Porvoo. Das sind diese alten Häuser von Porvoo und meine Oma hat in einem der roten Häuser früher gewohnt.
Andy: Das sieht wirklich sehr malerisch aus. Man kann sich das gut vorstellen, dass das im Sommer ein wirklich hübscher Anblick ist.
Freddy: Die schönste Stadt der Welt.
Andy: Und wir reden nicht über Augsburg. Was Porvoo ja auch besonders macht: in Porvoo sprechen ca. 30 Prozent der Menschen Schwedisch als Muttersprache., wie Du ja auch. Wie ist das in so einer Stadt, die zweisprachig funktioniert?
Freddy: Es gibt eine finnische Schule und eine schwedische Schule. Eigentlich ist das ganz normal im Süden von Finnland. Da hast du immer Leute, die Finnisch sprechen und welche, die Schwedisch sprechen. Deswegen habe ich auch viele Freunde, die kein Schwedisch sprechen, aber auch viele Freunde, die eigentlich nur Schwedisch sprechen. Für mich war das immer cool. Da konnte ich immer Finnisch reden mit jedem und auch Schwedisch. Auch in der Mannschaft in Porvoo waren sowohl Jungs die Finnisch und auch Schwedisch gesprochen haben. Für mich ist das ganz normal, dass Leute auch nur Finnisch reden. Mein Opa spricht nur Finnisch, also haben wir mit ihm nur Finnisch geredet. Mit meinen Eltern oder meinem Bruder ist es nur Schwedisch.
Andy: Man wächst mittlerweile mehrsprachiger. Dazu kommt Englisch, weil in Finnland w vieles im Fernsehen auch nicht übersetzt wird.
Freddy: Ja, das ist ein großes Problem in Deutschland. Ich habe auch Englisch gelernt, um „Friends“ zu gucken. Da habe ich Englisch gelernt, nur um die Serie anzuschauen. Aber ja, in Finnland macht man das nicht, dass man die Serien übersetzt. Aber hier in Deutschland macht ihr das. Warum macht ihr das? Das macht es schwieriger Englisch zu lernen.
Andy: Und die Qualität macht es nicht besser, das kann man auch dazu sagen.
Freddy: Dann hast du Johnny Depp mit „Oh Nein, was machst du?“
Andy: Zurück zu Porvoo. Was hat man für Hobbies in Porvoo? Geht man Fischen?
Freddy: Also in der Jugendzeit habe ich Fußball, Floorball und Handball gespielt. Und mit meinen Freunden habe ich natürlich auch Eishockey gespielt. Eishockey ist sehr groß in Finnland. Grundsätzlich hast Du in Finnland natürlich überall die schönen Seen. Viele Leute fischen oder jagen. In Finnland kannst du immer etwas in der Natur machen.
Andy: Wenn man dich jetzt in der Natur aussetzen würde, glaubst du, du würdest aufgrund dessen, was du über die Natur gelernt hast in deinem Leben, zwei Tage überleben können?
Freddy: Easy! Ich würde da 20 Jahre überleben. Kein Problem! Es ist einfacher, als in der Stadt zu leben.
Andy: Das heißt, du bist gerne in der Natur und du suchst jetzt auch immer noch die Natur? Ist dir das eine Hilfe im Alltag, ab und zu mal in den Wald zu gehen?
Freddy: Ja, das interessiert mich sehr. Augsburg ist eine schöne Stadt. Man kann hier gut essen und Kaffee trinken. Aber ab und zu muss ich ein bisschen raus aus dem Stadtleben und dann gehe ich in den Wald laufen oder einfach irgendwohin mit meiner Freundin z.B. in die Berge. Das ist einfach schön für mich und ich finde meine innere Ruhe.
Andy: Wenn wir von innerer Ruhe sprechen: Alfred Finnbogason hat das vor Kurzem in einem Interview gesagt: nur weil er aus Island kommt, empfindet er trotzdem Kälte. Es ist nicht so, dass er es nicht kalt findet. Wie ist das bei Dir?
Freddy: An Weihnachten war ich in Finnland und da war es minus 22 Grad oder so. Ja, das ist schon kalt, aber für mich ist das auch normal. Ich bin mit der Kälte aufgewachsen. Da muss man nur die Mütze und die Handschuhe anziehen, dann geht das. Und dann haben wir natürlich die Saunas. Dann gehst du in die Sauna, dann ist alles gut.
Andy: Nun kommt ja im Winter zur Kälte auch noch die Dunkelheit. Wie sind hier deine Erfahrungen?
Freddy: Selbst für mich ist es ab und zu schwer in Finnland im Dezember und Januar. Da hast du vielleicht drei oder vier Stunden etwas Licht und dann ist es wieder komplett schwarz. Es ist schon krass. Ich habe auch ein kleines Haus in Lappland und da ist ein zwei Stunden ein kleines Licht. Viele Leute sagen, ich will nach Finnland für zwei Wochen. Dann sage ich immer „Nein, mach das nicht“. Selbst für mich ist es schwer, wenn ich in Lappland bin für zwei Wochen. Dann flippe ich aus. Aber für jemanden, der aus Mitteleuropa kommt, reichen drei bis fünf Tage.
Andy: Mit was bist du in deiner Kindheit als Frühstück aufgewachsen?
Freddy: Purro (Anmerkung: Haferbrei). Jeden Morgen in den ersten 20 Jahren meines Lebens war das immer morgens mein Frühstück: Haferbrei. Nur Haferbrei.
Andy: Süß oder nicht süß?
Freddy: Nicht süß. In Finnland gibt es nur etwas Süßes, wenn man zu einem Brunch geht. Beim Frühstück zuhause macht das niemand so. Niemals!
Andy: Was gibt es sonst in Finnland besonderes zu essen, was es hier nicht gibt?
Freddy: Elchfleisch. Und Rentierfleisch.
Andy: Schmeckt dir das? Findest du das lecker?
Freddy: Super. Ja, das ist wirklich gut. Sehr teuer, aber wirklich gut. Aber sonst… Finnland ist jetzt kulinarisch nicht so ausgefallen, das es vieles gibt, was es in Deutschland nicht gibt.
Andy: Das heißt, wenn du nach Hause kommst, was steht dann regelmäßig auf dem Tisch?
Freddy: Also wenn ich nach Hause gehe, dann gibt es immer das Essen von Mama Jensen. Wir essen sehr viel Fleisch in Finnland. Nicht so viel Pasta und Reis, sondern viel mit Fleisch und Gemüse. Wir sind ein sehr fittes Land. Deswegen viel Fleisch und Gemüse.
Andy: Jetzt hast du vorhin schon gesagt, dass Porvoo relativ nah bei Helsinki ist. Mal angenommen, ich würde sagen „Freddy, ich mache einen Wochenendtrip nach Helsinki jetzt am Wochenende.“ Dann würdest du sagen „Mach unbedingt diese drei Dinge.“
Freddy: Die Hauptstadt ist immer etwas Besonderes. Helsinki ist auch ein Stück Heimat für mich. Es ist eine große Stadt, aber mit dem Herz einer kleinen Stadt. Als erstes gehst Du nach Löyly. Da ist eine öffentliche Sauna. Da kannst du im Eiswasser schwimmen. Wenn du in der Sauna bist, dann siehst du das ganze Meer und den Strand von Helsinki. Sehr cool. Danach auf nach Stockmann. Das ist das Herz von Helsinki. Da läufst du nur durch die Stadt und findest automatisch etwas Cooles. Und zum Abschluss gehst du noch irgendwo in ein Pub. Und dann bestellst du ein Bier und zahlst 15 Euro für das Bier und denkst dir so „Was ist das teuer“, aber das gehört auch dazu.
Andy: Du bist ja relativ jung zum FC Twente in die Niederlande. Was war abseits des Fußballs kulturell die größte Umstellung für dich?
Freddy: Ich war 15 und in Finnland war Fußball eher ein Hobby für mich . Es machte Spaß Fußball zu spielen, aber du denkst nicht direkt „Das hier ist mein Job und ich werde jetzt ein professioneller Fußballspieler.“ Aber dann bei Twente hat man schon sehr schnell gemerkt, dass alle Spieler bei den Profis spielen wollen und dass es sehr schnell gehen kann im Profifußball. In einer Woche bist du Alles und in der nächsten bist du Nichts. Das war schon eine schwierige Zeit, das erste Jahr. Und das hat meine Einstellung verändert, was es bedeutet ein Fußballer zu sein. Aber es hat gut geklappt und ich bin mit 17 bei den Profis gelandet und habe viele Spiele gespielt. Das war eine schöne Zeit.
Andy: Holländer sind ja dafür bekannt sehr direkt zu kommunizieren. Skandinavier sind dagegen vergleichsweise zurückhaltend und diplomatisch. Hat dich das überrascht?
Freddy: Im Fußball ist das immer so. Da ist es immer sehr direkt. Man sagt, was man will und was einen stört. Für mich war das auch in meinem jungen Alter normal, dass Menschen, Trainer und Staff sehr direkt sind und sagen, was sie wollen und was ich machen sollte. Einfach ist das auch. Das macht deinen Kopf frei. Du weißt genau, was sie wollten und was du tun sollst. Das hilft auch. Aber ja, wenn ich finnische Leute mit den Holländern vergleiche, dann sind die Holländer schon ein bisschen direkter als die Skandinavier.
Andy: Was ich auch faszinierend fand, als ich mich ein bisschen eingelesen habe, ist, dass wohl die Finnen die glücklichsten Menschen auf der Erde sind. Und Du hast schon in deinem Einstandsinterview über dich selbst gesagt, dass Du ein entspannter Typ bist. Hilft Dir diese Einstellung?
Freddy: Ich weiß nicht, ob mir das hilft oder nicht, aber so bin ich. So bin ich auch immer schon gewesen. Ich werde an mir auch nichts verändern. Ich bin ein relaxter Typ. Ich werde meine Persönlichkeit für niemanden ändern. Das ist, wer ich bin.
Andy: Okay, Schlussrunde. Jetzt bist du über den FC Twente in Augsburg gelandet und mittlerweile seit 3,5 Jahren da. Was nimmst du von hier mit, wenn Du den Verein dann vielleicht doch einmal verlässt?
Freddy: Ich mag, dass die Leute wirklich das Leben in der Stadt genießen – sei es beim Mittagessen draußen auf der Terrasse oder auf der Straße. Das war schon immer mehr ein südeuropäisches Ding. In Finnland gehen viele Menschen aus, um sich bis zum Blackout zu betrinken. Das können die Deutschen auch, aber andererseits können sie auch einfach nur ausgehen und ein nettes Mittagessen genießen, ein Glas Wein trinken und um fünf Uhr nach Hause gehen. Und auch die Direktheit der Menschen ist hilfreich. Da gibt es nicht viele Obs und Abers und Wenns. Irgendwann werde ich die Stadt und den Club verlassen, aber ich werde sie sicher auch vermissen
Andy: Wie Du auch jetzt manches aus Finnland vermisst?
Freddy: Bald lebe ich seit 10 Jahren im Ausland, was verrückt ist. Es gibt Dinge, die ich nicht an Finnland geschätzt habe, weil ich sie für selbstverständlich erachtet habe. Am Ende liebe ich Finnland wirklich sehr. Und ich liebe die Tatsache, dass es nur 5,5 Mio. Einwohner sind und nicht 83 Mio. wie in Deutschland. Das sind die kleinen Dinge für mich. Ich war niemals ein Großstadtjunge. So bin ich nicht. Ich mag meinen Freiraum und ich mag die Freiheit. Wenn ich – wir haben ein Sommerhaus auf einer Insel – wenn ich da mit einem Traktor fahren will, dann fahre ich mit dem Traktor. Das sind Kleinigkeiten, die ich jetzt vermisse, und die ich wahrscheinlich für selbstverständlich genommen habe, als ich in Finnland war. Einfache Dinge, wie meine Familie zu sehen, denn ich sehe sie vielleicht nur zwei oder drei Mal im Jahr. Es gibt gute und schlechte Dinge, wenn man in einem anderen Land lebt. Aber die guten Erinnerungen und Erfahrungen nimmst du mit. Und die schlechten lassen dich stärker für dein Heimatland fühlen.
Andy: Das ist wahrscheinlich ein ziemlich guter Schluss für das Interview
Freddy (lachend): Ja, lass uns aufhören. Finnland ist das größte und glücklichste Land. Hoy!
Randnotizen:
Erin Mayer hat ihre Ergebnisse zur kulturellen Eigenart der Kommunikation in unterschiedlichen Ländern in ihrem Buch „The Culture Map“ festgehalten. Das Holländer eine direkte Kommunikation pflegen, ist ein Ergebnis ihrer Arbeit. Genau wie die zurückhaltende Art der Kommunikation in Skandinavien.
Wenn Ihr denkt, Eisbaden klingt interessant, schaut euch mal Videos von Wim Hof an.
Wer glaubt, proteinreiche, fleischlastige Ernährung ist der einzige Weg zu einem langen Leben, der sollte ich auf Netflix schleunigst die Folge von „Um die Welt mit Zac Efron“ in Sardinien anschauen.
Noch nicht genug Zeit heute hier verdödelt? Angry Birds stammt auch aus Finnland. Lies sich nicht galant im Interview unterbringen, aber könnte für die weitere Unterhaltung heute sorgen.
Es ist das erste und wahrscheinlich auch für lange Zeit einzige Mal, dass man mit dieser Überschrift zu einem großen Turnier einen Text beginnen kann. Trotz Corona hat die UEFA nicht darauf verzichtet, die Euro 2020 (was ein Wahnsinn, noch nicht einmal die Jahreszahl anzupassen) in vielen Städten über den Kontinent verteilt spielen zu lassen. Es ist Sommerpause, ich habe einen Hang die Nationalmannschaft besser zu finden, als ich sollte (eine typische Fußballfanangewohnheit) und schaue doch ab und an mir Spiele des Turniers an. Dabei kamen mir ein paar Gedanken, die ich gerne festhalten will.
Beste Wünsche für die eigenen Spieler
Drei Spieler, die für nächste Saison vertraglich momentan beim FCA gebunden sind, spielen bei diesem Turnier mit. Die größte Rolle für seine Mannschaft hat dabei wahrscheinlich Michael Gregoritsch. Nach Einwechslung und Treffer in Spiel 1 durfte er in Spiel 2 von Beginn an ran, bevor er in Spiel 3 von außen verfolgte, wie die österreichische Mannschaft ins Achtelfinale des Turniers einzog. Wie wäre es mit einem entscheidendem Treffer in einem K.O.-Spiel? Freddy Jensen und Ruben Vargas wurden beide in Spiel 2 eingewechselt, nachdem es in der ersten Partie nicht zum Debüt gelangt hatte. Ich bin dabei immer hin und her gerissen. Einerseits würde ich die Jungs am liebsten in Watte packen, damit sie sich bei der Nationalmannschaft nicht verletzen. Andererseits wünsche ich Ihnen nur die besten Erfolgsmomente und Erfahrungen.
Gregerl ist zudem eine der spannendsten Personalien in diesem Sommer. Gregerls letzte Saison war eine große Enttäuschung. Herrlich und Gregerl passte nicht so richtig. Gregerl in Topform und mit Selbstvertrauen wäre ein Gewinn fürs Team. Einen ordentlichen Transfererlös würde er jetzt im Sommer wohl nicht einbringen. Evtl. würde er trotzdem gerne eine neue Perspektive bei einem anderen Club suchen. Markus Weinzierl kann auch mit Spielern, um die man sich aktiv kümmern mudd. Caiuby und Raul Bobadilla spielten teilweise übermenschlich. Wenn Weinzierl Gregerl mal nicht auf die rechte Spur zurückführen könnte?
Die Gesamtgemengelage
Dieses große Turnier fühlt sich trotz allem komisch an. Das liegt nun nicht nur an der Zuschauerbegrenzung in vielen Stadien. Das liegt auch daran, dass es keine öffentlichen Events und Public Viewing gibt. Martin Hinteregger hat das vor Turnierbeginn so ausgedrückt:
„Dass das ein großes Turnier ist, ist schwer vorstellbar, aber vielleicht kommt mit dem Anpfiff das Feeling, wenn zumindest ein paar Zuschauer im Stadion sind“
Martin Hinteregger
Auch bei mir lief das ähnlich. Als dann erstmal der Fernseher lief, war die EM-Stimmung dann schon etwas gefunden. Naja, zumindest dann wenn das Spiel denn regulär übertragen wurde. Ein Teil der Spiele ist ja bei Magenta TV gelandet. Und die Server hielten natürlich nicht. Es sollte irgendwo möglich sein, einen EM-Pass zu kaufen und alle Spiele sehen zu können. Mit diesen vielen Quellen verliert doch jeder den Überblick und der Spaß geht verloren. Mit diesen vielen Übertragungspartnern macht sich die UEFA das Produkt langfristig kaputt. Unverständlich, wo man doch eigentlich nur aufs Geld schaut.
Spieler als Helden
Wie mit den Spielern indes umgegangen wird, ist weiterhin überaus kritikwürdig. Während Christian Eriksen Herz still stand, hielten die Kameras der Zentralregie voll drauf und es waren die dänischen Spieler, die eine Sichtbarriere um ihren Mannschaftskameraden bildeten. Es waren auch die Mannschaftskameraden, die am schnellsten zur Stelle waren und Eriksen das Leben retteten.
Die UEFA hatte schon kurz darauf ein Ultimatum für diese Spieler: entweder spielt ihr heute zu Ende oder morgen um 12 Uhr mittags. Ernst jetzt? Aber ja. Und obwohl medizinische Zwischenfälle immer mal wieder vorkommen im Rahmen von Wettbewerbspartien gibt es keine Regelung wie dann verfahren wird. Kein „ab dieser Schwere brechen wir ab und nachgeholt wird nach mindestens X Tag (en) Pause und dem Angebot psychologischer Betreuung“. Derweil zum Beispiel mögliche Werbeaktivitäten von Spielern genau geregelt sind, gibt es für den Fall eines medizinischen Notfalls kein Protokoll (genau wie Spieler nach Kopfverletzungen weiterhin keinem Protokoll unterliegen und geschützt werden).
Spieler finden ihre Vorbildrolle
Spannend ist sehr wohl zu beobachten, wie manch Spieler seine Vorbildrolle findet. Christiano Ronaldo, der Colaflaschen zur Seite stellt und sagt: „Trinkt Wasser“ (und wer Ronaldo sagt, sollte ich bitte auch die Folge 004 FRÜF zu den Vergewaltigungsvorwürfen gegen ihn anhören). Paul Pogba, der die Flasche Heineken entfernt. Auch hierfür wird es jetzt schleunigst eine Regelung geben, die den Spielern das verbietet. Manchmal ist man eben schnell im Regeln. Die UEFA sieht die Spieler noch lange nicht als Partner auf Augenhöhe. Obwohl es weiterhin die Spieler sind, die ihre Knochen hinhalten und die Arbeit auf dem Platz machen. Ohne Spieler keine Spiele. Man fragt sich, wie lange, sie das überhaupt noch mitmachen, dass ein Verband sich auf ihre Kosten die Taschen vollmacht und das Geld irgendwo in der Intransparenz versickert. Dass es noch keine Spielerberater gibt, die Spieler dagegen aufgebracht haben.
Und so kommt es nun, dass ich zwar die UEFA und ihre Haltung in vielen Dingen für schwierig halte, die fortschreitende Kommerzialisierung kritisiere und dennoch mit diesen Spielern fiebere. Mit den Kimmichs und Goretzkas, die es da gibt und die positiv vorangehen in dieser Welt. Mal schauen, wie lange ich das durchhalte und wie sich meine Laune entwickelt. Zumindest momentan bin ich zuversichtlich, dass ich am Mittwoch wieder mit Spannung dabei bin, wenn es gegen die Ungarn geht. Auch, weil man sich bei manchen Spielen etwas mehr wünscht, dass man gewinnt. Und, dass die Arena in München in Regenbogenfarben leuchtet.
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