Erster großer Thorup-Rückschritt

Vor den Spielen in Bochum und Mainz haben der Kollege Andy und ich zwei ähnliche Artikel veröffentlicht: Quo vadis, FCA? Was ist diese Saison drin? Europa oder Abstiegskampf?

Die Kernaussage: Geht es gut, darf man nach oben schauen. Wirds nichts, dann war’s das vorerst. Nun sollte man die Saison nicht an einzelnen Spielen festmachen, aber klar ist: Der FCA hat beide wegweisenden Duelle verpatzt. In Bochum rettete die Thorup-Elf der Videoassistent mit einem Elfmeter in der Nachspielzeit zum Remis, in Mainz verlor man verdient mit 0:1.

Diese beiden Spiele sind ein herber Dämpfer in dieser Saison und ein erster großer Rückschritt unter Thorup. Der neue Coach hatte im Klub eine Euphorie entfacht. Die Mannschaft spielte für Augsburger Verhältnisse attraktiv. Das Publikum honorierte das, was man etwa an der guten Zuschauerquote in dieser Saison sieht. Der FCA schien auf einem richtig guten Weg.

Gegen Leverkusen, Bayern und Leipzig machten die Augsburger ein tolles Spiel. Aus diesen drei Duellen hätte man mehr als nur einen Punkt verdient gehabt. Die beiden letzten Auswärtsspiele haben die Stimmung allerdings sehr getrübt.

Der FCA kann ein Spiel (noch) nicht spielerisch prägen

Klar ist nun: Auch Jess Thorup gelingt es nicht, gegen vermeintlich schwächere Gegner zu überzeugen. Muss der FC Augsburg das Spiel machen, versagt er. „Der FC Augsburg, der nur lange Bälle geschlagen hat, gehört der Vergangenheit an.“ Dieser Satz stammt von Philipp Tietz, im Nachgang an das Leipzig-Spiel. Letztlich wurde der FCA dann doch recht schnell von dieser vermeintlich überwundenen Vergangenheit eingeholt.

Gegen Mainz wirkten die Schwaben vollkommen ideenlos. Elvis Rexbehcaj hatte zwar einen schönen Abschluss aus der Distanz, aber nicht einen guten Pass in der Offensive. Sein Mittelfeldkompagnon Arne Engels – eigentlich einer der talentiertesten Spieler im Kader – tat es ihm gleich und hielt sich aus dem Augsburger Angriffsspiel ebenso raus. Er verbuchte am Ende die zweitmeisten langen Bälle im Spiel (8). Die Statistiker zählen einen langen Ball ab 30 Meter. Die meisten davon spielte einmal mehr Jeffrey Gouweleeuw. Er brachte von seinen zehn Versuchen aber auch nur zwei an den Mann. Und wo wir schon bei gruseligen Passquoten sind: Kevin Mbabu spielte fast jeden dritten Pass zum Gegner oder ins Aus.

Die Augsburger kamen in Mainz laut Kicker auf eine Passquote von 71 Prozent, schlechter war man unter Thorup nur zweimal: In Köln (70) und in Bochum, wo unterirdische 62 Prozent aller Pässe an den Mitspieler gelangten. Bedeutet: Der FCA ist nach wie vor kein Team, das einem Spiel seinen Stempel aufdrücken kann. Zu oft reagiert die Mannschaft, statt zu agieren. Zur Wahrheit gehört ja, dass dieses Konzept gegen viele Teams in der Liga funktioniert. Umso bitteres ist es, dass es dann genau gegen die schwächeren Konkurrenten nicht klappt.

Am Ende eines gruseligen Spiels gab es dann noch einen echten Aussetzer. (Photo by Neil Baynes/Getty Images)

Jetzt kommen die entscheidenden Spiele

Wie ist das Auftreten in Mainz nun einzuordnen? Rückschritte sind in einer Entwicklung normal und sogar nötig, um langfristig Erfolg zu haben. Aber wenn man vor der Saison laut über die Conference-League orakelt (Demirovic), muss man sich irgendwo auch daran messen lassen. Nicht falsch verstehen, niemand erwartet Tabellensphären à la Rang Sieben. Das wäre nach dem Fast-Abstieg der vergangenen Spielzeit vermessen. Wenn man allerdings sieht, wer aktuell so zwischen Rang sieben und zehn platziert ist, muss man sich als FC Augsburg vor niemandem verstecken. Die Mannschaft ist gut genug, um vor Bremen oder Heidenheim in der Tabelle zu stehen. Sie muss es nur regelmäßig zeigen. Auch und vor allem gegen vermeintlich schwächere Gegner.

Die Chance dazu hat der FCA in den kommenden Spielen. Freiburg, Darmstadt, Heidenheim, Wolfsburg, Köln. Noch immer ist die Chance da, aus der aktuellen Saison eine gute zu machen. Mit dem Abstiegskampf hat Rot-Grün-Weiß nach wie vor wenig zu tun. Sieben Punkte vor dem Relegationsplatz sind nicht ohne. Ausruhen sollte sich der FCA aber keineswegs. Denn dass die Lage vergleichsweise entspannt ist, liegt (mal wieder!) mehr am Unvermögen anderer als an der eigenen Leistung. Denn tatsächlich hat der FCA aktuell weniger Punkte als zum selben Zeitpunkt der Vorsaison …

An welchen Vereinen sollte sich der FCA orientieren?

Der FC Augsburg spielt eine solide Saison. Vier Siege nach 13 Spielen sind in Ordnung. Hochgerechnet wären das 10 Siege nach 34 Spieltagen. Das reicht in der Regel für den Klassenerhalt. Womöglich eine zu einfache Rechnung, aber doch ein Beleg für die bisher gute Arbeit von Neucoach Enno Maaßen.

Wie gut ist der FCA im Ligavergleich?

Mehr als ein Drittel der Saison ist gespielt. Man kann das Leistungsvermögen der 18 Bundesligateams mittlerweile etwas einschätzen. Die Einschätzung des FCA ist allerdings nicht ganz so einfach.

Wo stehen die Schwaben diese Saison? Aktuell: im eher sicheren, unteren Mittelfeld.

Bleibt der FCA auf Rang 13, ist das eine passable erste Maaßen-Saison, auf der man aufbauen kann. Klettert der FCA in der Tabelle sogar noch ein paar Plätze, kann dem Verein um dem mitunter in der Kritik stehenden Manager Stefan Reuter nur gratuliert werden. Wird der FCA in den Tabellenkeller gezogen, steht der neue Trainer vor seiner bisher härtesten Aufgabe seiner Karriere. Quo vadis, FCA?

Jubel beim FCA: Maximilian Bauer und Robert Gumny nach dem 3:2-Sieg auf Schalke. Drei Big Points im bisherigen Saisonverlauf. (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Mit welchen Vereinen kann der FCA mithalten? Siege gabs gegen die Aufsteiger Bremen und Schalke sowie die die Champions-League-Teams Bayern und Leverkusen. Dazu zwei Remis gegen Wolfsburg und Leipzig. In der Summe: Platz 13 mit 14 Punkten.

Statistik vs. Realität

Nun kann man im Internet sehr viele Statistiken zur Fußball-Bundesliga finden. Auch solche, die die statistische Leistung von Teams mit dem tatsächlichen Ertrag vergleichen. Expected Goals zum Beispiel. Augsburg sollte diese Saison statistisch 13,8 Tore erzielt haben, hat de facto aber 16. Die Chancenverwertung passt. Gleichzeitig erspielen sich aber auch nur zwei Teams weniger statistische Tore. Union Berlin und Bochum. In dieser Statistik liegt der FCA also vergleichsweise gleich auf mit dem Tabellen-17. und dem Dritten. Expected Goals sollten also nicht überbewertet werden.

Dann gibt es noch die Expected Points: Sie messen, wie viele Punkte eine Mannschaft aus den bisherigen Spielen hätte holen „müssen“ – basierend auf Statistiken wie den Exptected Goals. Hier liegt der FCA auf einem Abstiegsplatz, hätte statt der 14 nur 9 Punkte „verdient“. Der VfB Stuttgart übrigens doppelt so viele.

Diese neumodischen Parameter mögen ihre Berechtigung haben – beißen sich aber an der Realität. Überinterpretieren sollte man sie nicht.

Ja, Statistiken. Aber welche Statistik stimmt schon? Nach der Statistik ist jeder vierte Mensch ein Chinese. Aber hier spielt gar kein Chinese mit

Kommentatorenlegende Werner Hansch während eines Fußballspiels.

Bremen, Köln, Mainz: Ein Trio als Marker

Dann kann man es ja auch mit subjektivem Beobachten probieren. Bremen, Mainz und Köln sind meiner Meinung nach drei Teams, an denen es sich zu orientieren lohnt. Sie liegen in der Tabelle vor Augsburg.

Drei Teams: Ein Aufsteiger, ein Europapokalteilnehmer und ein langjähriger Bundesligist. Nicht der schlechteste Marker.

Bremen, Köln und Mainz spielen bisher eine mehr als ordentliche Saison. Mitunter an den europäischen Plätzen kratzend, aber auch potentiell gefährdet für schlechtere Phasen. Vielleicht kann der FCA davon profitieren, denn er liegt keineswegs weit von ihnen entfernt. Nach aktuellem Stand kann der FCA mit diesen Teams absolut mithalten, auch wenn zweimal verloren wurde. Das 1:2 gegen Mainz war vermeidbar, der Sieg in Bremen dramatisch.

In Bremen gewann der FCA mit 1:0. Ermedin Demirovic verwertet eine Vorlage von Mërgim Berisha (Photo by Selim Sudheimer/Getty Images)

In einigen Statistiken wie der Passquote oder dem Ballbesitz liegen diese Teams vor dem FCA. In anderen Bereichen hat der FCA die Nase vorn, etwa bei den gewonnenen Kopfballduellen oder den Sprints. Insgesamt scheint das Leistungsvermögen des Trios für die Maaßen-Elf nicht unerreichbar.

Warum also nicht diese Klubs als Orientierung nehmen? Prognose: Steht der FCA am Ende in der Tabelle vor mindestens einem dieser Teams, war es eine sehr starke Saison.

Eine ambitionierte Aufgabe, die der FCA für den Klassenerhalt wohl nicht zwingend erfüllen muss – an der es sich aber lohnt zu orientieren.

Abgesagt


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Eigentlich hätte der FC Augsburg an diesem Wochenende gegen Mainz 05 spielen sollen. Nach dem Punkt zu Hause gegen Dortmund und dem Auswärtssieg gegen Bielefeld war die Truppe von Markus Weinzierl zuletzt gut in Form. Mainz steht allerdings wohl infolge positiver Corona-Befunde nicht die nach der DFL-Spielordnung notwendige Mindestanzahl an Spielern zur Verfügung. Über die Neuansetzung soll zeitnah entschieden werden.

Mainz, wie es singt und lacht?

Die Mainzer waren in Wochen vor dem jetzigen Corona-Massenausbruch eher lax mit der pandemischen Lage umgegangen. Allen voran Sportvorstand Christian Heidel warb schon Anfang Februar vor dem Spiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim beim Pay-TV-Sender Sky, vor dem erneuten Virus-Ausbruch im Mainzer Kader, offensiv dafür wieder Normalität einkehren zu lassen: „Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo wir versuchen, Normalität walten zu lassen. Das betrifft auch den Fußball. (…) Wir müssen es jetzt – so wie es in anderen europäischen Ländern auch der Fall ist – wieder laufen lassen“. Er fügte in diesem Zusammenhang vielsagend hinzu: „Deutschland ist ein bisschen bekannt dafür, dass wir sehr, sehr viel Panikmache walten lassen. Ich genieße eine Atmosphäre wie in Spanien, wie locker man dort damit umgeht. Am Dienstag ist dort die Pandemie beendet“. Ein finaler Satz in dem Interview war: „Es wird sich hier und da jemand anstecken, das werden wir nicht verhindern können. Aber wir müssen mit dieser Pandemie leben“.

Auf der anderen Seite steht der FC Augsburg, der mitten im Abstiegskampf steckt, und dem eine Verlegung des Spiels nun gar nicht in den Kram passt. Sportlich ist man gut drauf. Wirtschaftlich entstehen Kosten wohl in sechsstelliger Höhe. Das man in Augsburg nach den vorhergegangenen Aussagen des Mainzer Verantwortlichen Heidel zumindest mit der Stirn gerunzelt hat, als der Club die Auswärtspartie nach der Partie gegen Dortmund nun auch verlegen wollte, verwundert daher nicht.

Normalität wollen und einfordern und ein paar Wochen später Spielverlagerungen beantragen. Christian Heidel ist beim Thema Corona zwischenzeitlich falsch abgebogen. (Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Die Gesundheit der Spieler

Und als nun Heidel die Entscheidung der DFL im Sinne „der Gesundheit der Spieler“ lobte, kommt mir als Mainzer Außenstehenden schon ein wenig die Zornesröte ins Gesicht geschossen. Als erstes wäre es wohl viel mehr im Sinne der Spieler gewesen, ein Hygienekonzept zu implementieren, dass eine solche Masseninfektion (zufällig genau nach Karneval) verhindert hätte. Markus Weinzierl hatte auf der Spieltags-Pressekonferenz noch darauf hingewiesen, dass es hierzu keine einheitlichen Standard der DFL gibt. Dies entlässt jedoch nicht jeden einzelnen Club aus der Verantwortung selbst ein Konzept zu implementieren, dass seine Arbeitnehmer bestmöglich schützt. In Mainz sehe ich es als sehr zweifelhaft an, dass dies dort der Fall war.

Dazu stellt sich schon die Frage der Willkür. Wo waren denn alle die Verfechter eines fairen Wettbewerbs und der Spieler-Gesundheit, als der FC Bayern mit Rumpftruppe gegen Gladbach verlor? Oder als Hertha BSC stark ersatzgeschwächt eine Reihe von Spielen absolvieren musste und nun arg in Abstiegsnöten steckt? Omnikron hält die Republik seit Monaten in Atem. Es wäre längst notwendig gewesen, wie in anderen Sportarten auch, mehr Spielverlegungen im Sinne der Spielergesundheit und für einen fairen Wettbewerb vorzunehmen. So bleibt die Entscheidung im Sinne von Mainz 05 nur ein Ausreißer in einer Kette von Vorgängen in denen sich bisher immer den wirtschaftlichen Notwendigkeiten gebeugt wurde.

Die richtige Entscheidung

Und nichtsdestotrotz, bei allem Unverständnis gegenüber den scheinheiligen Mainzer Aussagen und der sonstigen Handlungsweisen der DFL, bleibt es eine korrekte Entscheidung, die Partie gegen Mainz 05 zu verschieben. Der Gesundheit der Spieler gehört längst eine höhere Bedeutung zugeordnet (u.a. auch beim Thema Kopfverletzungen). Willkürlich erscheint das Ganze auch nur, weil das Handlungsmuster der DFL bisher ein Falsches war.

Markus Weinzierl hat auf der Spieltagspressekonferenz vor dem Mainz-Spiel betont, dass vor der Saison klar war, dass man sich auf eine Lotterie einlasse. Dies war im Fußball schon häufig so. Mit dem VAR wollte man dies ein wenig eliminieren. Sprechen wir lieber nicht darüber, wie hier der aktuelle Stand ist. Verletzungen und die Gesundheit der Spieler als auch weitere äußere Umstände konnten schon früher Saisons ruinieren oder entscheidenden Einfluss auf den Saisonverlauf nehmen. Was er mit seiner Aussage hoffentlich meinte: wir sind psychologisch darauf vorbereitet, dass unvorhergesehene Schwierigkeiten auftreten. Wenn Mainz 05 dann – wann auch immer – in Augsburg antritt, werden wir vorbereitet sein.

Eine souveräne Reaktion hätte anders ausgesehen, bei allem Ärger den man bzgl. der Mainzer Kommunikation verspüren kann. (Photo by Thomas Lohnes/Getty Images)

Fehlende Souveränität

Nach vielen Kappeleien mit den Mainzern in der Vergangenheit und einer Scheiß-Partie in der Hinrunde ist mal wieder Wiedergutmachung angesagt. Davor ist es allerdings unablässig, dass der FCA in seiner Außendarstellung souveräner auftritt. Nach all dem oben stehenden haben es die Verantwortlichen trotz allem geschafft, dass der FCA als Buhmann da steht. Das ist nun schon auch eine Leistung in der Geschichte. Mainz war nun am Ende der Ritter der Sympathie im Kampf für die Gesundheit seiner Spieler und den fairen Wettbewerb und die Augsburger gaben die knallharten Vertreter ihrer wirtschaftlichen Interessen und der negativen Seite des Fußballs.

Derweil ist dem Liebhaber des gepflegten Rasensports schon seit Jahrzehnten klar, dass es am Ende weniger darauf ankommt, wer Recht hat oder bekommt, sondern, was das Richtige ist. Und es ist schlichtweg richtig, dass die Liga sich darauf fokussieren sollte, einen fairen Wettbewerb mit gesunden Spielern sicherzustellen. Das dies nun auch mal dazu führt, dass der Einzelfall für den FCA nachteilig ist, touché. Es sollte uns in Augsburg alle dazu bewegen, zusammenzustehen, die freie Woche zur Regeneration zu nutzen, und in den anstehenden Spielen alle gemeinsam Gas zu geben. Und aus eigener Kraft die Klasse zu halten.

Katastrophenbericht aus Mainz

Den Saisonstart des FCA durchwachsen zu nennen, wäre vielleicht vor der Partie gegen Mainz 05 noch beschönigend gewesen. Jetzt danach ist es schlciht falsch. Ein komisches Gefühlswirrwarr hatte mich die Tage vor dieser Partie erfasst. Für mich persönlich sollte es die erste Paarung seit langem wieder im Stadion sein und es hatte sich über die Zeit vorher ein gewisses Gefühl der Entwöhnung eingestellt. Ich hatte einerseits privat einiges um die Ohren. Andererseits war das Beobachtete auf dem Rasen nicht dazu geeignet, Euphorie zu entfachen. Mainz zudem ist ein Bundesligastandort, der bei mir kein Event-Feeling aufkommen lässt. Andererseits ist der Stadionbesuch ein Teil meiner Identität und es wurde einfach mal wieder Zeit.

Dabei war die Ausgangslage trügerisch. Mainz wartete auf ein eigenes Erfolgserlebnis. Man könnte aus der Entfernung eine schwächere Phase attestieren. Dennoch hatte sich die Mannschaft der 05er seit der Winterpause der vergangenen Saison prächtig gefunden und in der Rückrunde eine wahre Erfolgsserie hingelegt (und den unmöglichen Klassenerhalt geschafft). Auswärts am Freitagabend: es gibt in der Bundesliga sowohl schwerere als auch einfachere Aufgaben. Nach unserem „durchwachsenen“ Saisonstart war eine gesunde Portion Pessimismus daher vollends angebracht. Und dies nicht nur wegen dem kalauer-geprägten Stadionsprecher der Mainzer, dessen Humor sehr unserem Offensivspiel gleicht (gewollt und nicht gekonnt. Hust.)

Sportlich befand sich der FC Augsburg vor der Partie gegen Mainz 05 in einer schwierigen Phase. Die Punkteausbeute zuletzt gegen Bielefeld war ungenügend. So kann keine Ruhe reinkommen. Nun bot sich gegen Mainz 05 die Chance auswärts zu punkten, bevor nach dem Pokalspiel unter der Woche, auch im Heimspiel gegen Stuttgart zählbares herausspringen sollte. Danach wird es gegen Wolfsburg und die Bayern erstmal wieder schwieriger mit realistischen Punkteerwartungen. Um erfolgreicher Fußball zu spielen, bedarf es einiger Verbesserungen. Gegen Mainz sollte es sie nicht geben.

Aktiv und gierig

In die Zweikämpfe kommen. Längere Ballbesitzphasen haben. Die Kontrolle über das Spiel übernehmen. Zumindest hatte sich das Markus Weinzierl so gedacht und in der Pressekonferenz vor dem Spiel kommuniziert.

Zweite Minute direkt ein kleiner Schreckmoment. Ball nach innen zuglassen. Vargas mit dem Ballgewinn nach Mainzer Fehlpass in der vierten Minute war ein Fünkchen Hoffnung bevor die Fassade bröckelte. Mainz mit drei Torabschlüssen in den ersten 7 Minuten. Oxford zu spät im Zweikampf in der 10 Minute am Mittelkreis und direkt mit gelb verwarnt. Ein schwacher unkonzentrierter Start in die Partie und mit Sicherheit erstmal nicht der erhoffte aktive Beginn. Für die Krönung sorgt Robert Gumny, der slapstickartig über den Ball schlug und so den Gegentreffer in Minute 11 erst ermöglicht. Fehler, die auf diesem Niveau nicht passieren dürfen und bestraft werden. Und natürlich ging es viel zu schnell.

Reaktion auf Rückschläge

Was mich sofort danach interessierte: Wie reagierte die Mannschaft? Schon mehrmals in dieser Saison fielen Gegentore in Serie. So auch diesmal. Minute 14 und es geht schon wieder zu leicht. Mainz kommt erneut zum Abschluss. Minute 15 und das 2:0 für Mainz 05 fällt. Vorausgegangen durften sich die Mainzer erneut durch die Augsburger Abwehr kombinieren. Jeff saß zwar zwischenzeitlich auf dem Hosenboden, konnte allerdings nicht klären. Direkt nach dem zweiten Gegentreffer stellte Weinzierl das System um, in dem er André Hahn instruiert und dieser die Kollegen informiert. Trotzdem: keine Besserung in Sicht.

Alles Umstellen hat nichts gebracht. (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Die Staffelung mit Caliguiri, Vargas und Cordova offensiv passte in manchen Situationen überhaupt nicht. Und mehr braucht man zum Offensivspiel dann auch nicht zu sagen. Der FCA wirkt zeitweise wie ein Team, das einen neuen Coach bekommen hat und gerade in die Vorbereitung startet. Markus Weinzierl wird auf der Pressekonferenz nach dem Spiel davon sprechen, dass ein anderer Plan fürs Spiel kommuniziert war, als er von den Spielern umgesetzt wurde. Und so ging es munter weiter, zumindest von Mainzer Seite. Oxford lässt Flanken. Gumny lässt einköpfen. Augsburg lässt Mainz das 0:3 machen. Im Gegenzug legt sich Cordova den Ball zu weit vor. In der nächsten Szene lässt sich Gouweleeuw im Mittelfeld den Ball abnehmen. Cali mit dem Ballverlust in der 40. Auch vorher gab es weitere Gelegenheiten für Mainz. Meist reicht ein Pass und die Augsburger Abwehr ist ausgehebelt. Mainz könnte noch deutlicher führen. Die Augsburger Spieler haben sich in die vollständige Passivität verabschiedet und sehnen die Halbzeit herbei.

Über Verantwortung

Der geneigte Leser wird es wissen: meine Anreise ist nicht ganz so weit. Aber selbst ich beginne mich verarscht zu fühlen, bei dem was ich dort sehe. In der zweiten Hälfte kommt Strobl als Mann in der Mitte der 3er Kette für Gumny. Zeqiri darf für Cordova ran. Der Ball läuft auch mal etwas länger in den Augsburger Reihen. Es bleibt absolut harmlos. Gouweleeuw spielt weiter unbedrängt Bälle zur gegnerischen Ecke. Es wirkt, als ob Mainz den Fuß vom Gas genommen hätte. Wir können weiterhin nichts ausrichten. Als Mainz dann doch mal kurz auch aufhört gegen den Ball zu arbeiten, schießt Zeqiri den Ehrentreffer. Mainz stellt direkt den alten Abstand wieder her.

Frustriertes Hinterherschauen (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Und auch heute zeigt sich wieder: am Ende müssen es die Spieler auf dem Platz richten. Die sportliche Verantwortung hat Markus Weinzierl inne. Und heute können wir ganz deutlich sagen: die Honeymoon Phase nach der Rückkehr ist zu Ende. Das ist der schlechteste Fußball, den diese Mannschaft seit langem gespielt hat. Ich zumindest bin bedient.

Wendepunkte

Lange Zeit zum Grübeln bleibt nicht. Am Mittwoch geht es im Pokal nach Bochum. Am folgenden Wochenende kommt der VfB Stuttgart nach Augsburg. Danach wird das Programm wie angesprochen deutlich schwerer. Vor diesen Begegnungen gegen Wolfsburg und die Bayern bráucht es ein Erfolgserlebnis und Bundesligapunkte, sonst ist die erste Krise der Saison da. Wobei man sich an diesem kalten Mainzer Abend fragen muss, ob dieser Begriff nicht jetzt schon angebracht wäre. Ab wie vielen Partien mit mindestens vier gegnerischen Treffern man hiervon sprechen sollte? Oder ist der Gradmesser die Anzahl der Partien ohne mehr als einen eigenen Treffer? Ach, ihr könnt euch eine beliebige statistische Kategorie aussuchen, das Team spielt schlicht schlechten Fußball. Markus Weinzierl pickte sich bei der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Mainz die Zweikampfquote in der ersten Halbzeit heraus. Und das im Oktober live und in der Kälte mit eigenen Augen zu sehen entlockt mir gerade nur noch lautes Loslachen, nachdem Mainz den Ball in der Endphase neben das leere Tor schießt anstatt hinein und die Mainzer Fans von Augsburg und zweiter Liga singen.

Sportlich und mental braucht es jetzt Ansatzpunkte. Es braucht einen Wendepunkt. Dringend. Und auch wenn mir heute der Glaube dafür fehlt, so ist doch morgen wieder ein neuer Tag. Ach, wie möchte ich dieses Spiel schnell vergessen (getippt, während die Mainzer Fans die Laola-Welle durchs Stadion schicken). Und im DFB-Pokal am Mittwoch weiter kommen. Da ist er wieder der naive Fanglaube. Hoffentlich wie der FCA, einfach nicht unterzukriegen.

Ein Wort: Richtungsweisend

Der FC Augsburg hat bislang sieben Punkte auf dem Konto. Das ist mehr als so mancher Fan beim erstmaligen Blick auf das Auftaktprogramm erwartet hätte. Mich eingeschlossen. An der Alten Försterei ist es immer schwierig zu bestehen und vier Europapokal-Teilnehmer besiegt man als kleiner FCA auch nicht mal eben im Vorbeigehen. Nach zwei Niederlagen gegen Leipzig und Leverkusen wartet auf die Mannschaft von Trainer Heiko Herrlich mit dem FSV Mainz 05 nun ein Gegner auf Augenhöhe. Auf dem Papier sind die Schwaben Favorit. Was kein Vorteil sein muss.

Augsburg fühlt sich in der Rolle des Außenseiters deutlich wohler als in der des Spielgestalters. In der Vergangenheit hatte der FCA einige Probleme, wenn er mal das Spiel machen musste. Vor allem unter Martin Schmidt mangelte es in der Offensive an kreativen Ideen. Unter Herrlich sind in den Ballbesitzphasen schon einige Verbesserungen zu erkennen. Davon, den Gegner das eigene Spiel aufzudrücken, ist Rot-Grün-Weiß aber noch weit entfernt. Das gilt insbesondere gegen schwächere Teams. Der Auftakt in Berlin wurde dank enormer Effizienz und Rafal Gikiewicz gewonnen und nicht wegen der eigenen Dominanz. Was nicht bedeutet, dass der FCA gegen Union schlecht gespielt hat. Im Gegenteil. Es waren eben andere Attribute, die das Spiel entschieden haben.

Sei´s drum wird sich so manche(r) im Augsburger Lager (zurecht) denken. Am Ende geht es um Ergebnisse. Und das ist auch am Samstag (15.30) gegen Mainz das wichtigste. Gewinnt der FC Augsburg, kann man sich in der oberen Tabellenhälfte festsetzen. Setzt es die dritte Niederlage in Folge, geht der Blick erst einmal wieder nach unten. Auch wenn die Saison noch jung ist, das Duell gegen den FSV kann getrost als richtungsweisend angesehen werden.

Das letzte Spiel gegen Mainz war umkämpft. Wird es am Samstag ähnlich intensiv? (Foto: Kai Pfaffenbach/Pool via Getty Images)

Über den Gegner

Es kriselt gewaltig in Mainz. Nachdem die Nullfünfer bereits in der vergangenen Saison gegen den Abstieg spielten, deutet derzeit vieles daraufhin hin, dass dies auch in dieser Spielzeit der Fall sein wird. Ja, es sind erst fünf Partien gespielt und der FSV hatte mit Leipzig, Leverkusen und Gladbach gewiss auch kein leichtes Auftaktprogramm. Doch die sportliche Misere von 0 Punkten und einem Torverhältnis von 4:15 ist ohnehin nur die Spitze des Eisbergs.

In der Vergangenheit bewies Mainz eindrucksvoll, was es heißt, aus wenig Etat viel Ertrag zu machen. Seit dem erneuten Aufstieg im Jahr 2009 haben sich die Rheinhessen kontinuierlich in der Bundesliga gehalten und zwischenzeitlich sogar für die Europa League qualifiziert. Davon scheint der FSV derzeit so weit entfernt, wie Tomas Koubek von der Startelf. In einer Kicker-Umfrage zur Lage in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt waren 79 Prozent der rund 23.000 Teilnehmer der Meinung, Mainz steige diese Saison ab.

Auch wenn die Formkurve leicht nach oben zeigt, der FSV Mainz 05 steckt gewaltig im Schlammassel. Nach dem Duell in Augsburg kommt es zum Krisengipfel gegen Schalke.(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Nach einer überraschend defensiven Transferperiode krachte es beim Karnevalsverein im September so richtig. Aus Solidariät mit dem degradierten Stürmer Adam Szalai boykottierten die Profis das Training. Der angezählte Coach Achim Beierlorzer schien damit endgültig den Draht zur Mannschaft verloren zu haben. Nach einer 1:4-Niederlage am 2. Spieltag gegen Stuttgart musste der Trainer gehen. Interimsweise sprang Co-Trainer Jan-Moritz Lichte ein. Wie lange der 40-Jährige die Verantwortung noch inne hat, wird die sportliche Entwicklung zeigen. Gegen Leverkusen und Gladbach war phasenweise ein Spielkonzept zu erkennen und die Niederlagen waren beide zumindest vermeidbar. Doch am Ende geht es, wie so oft im Profigeschäft, um Ergebnisse.

Die Fakten zu #FCAM05

Harmlos: Kein Bundesligaklub gab in den ersten Spielen weniger Schüsse ab als der FC Augsburg (wie Schalke 37). Gegner Mainz macht in dieser Statistik ebenfalls keine gute Figur und rangiert einen Platz davor (44).

Starker Rückhalt: Mainz-Keeper Robin Zentner hat die meisten Torschüsse der Liga gehalten (23). Knapp dahinter folgt Rafal Gikiewicz (22).

Tor-Dürre beendet?: Florian Niederlechner hat in dieser Saison noch nicht getroffen. Vorweg, das ist absolut kein Drama. In der vergangenen Rückrunde war der Stürmer ebenso lange ohne Torerfolg geblieben, knipste dann aber ausgerechnet gegen Mainz.

Unfair: Jagt da jemand den Gelb-Rekord von Jürgen Gjasula? Nach fünf Spielen hat FSV-Kapitän Danny Latza bereits vier gelbe Karten gesammelt. Kein Spieler in der Liga hat mehr.

Zweikampfstark: Daniel Caligiuri hat mit 82 Zweikämpfen diese Saison die zweit-meisten Duelle für sich entschieden. Nur Herthas Matheus Cunha (85) hat mehr gewonnen.

Caligiuri ist schon jetzt Führungsspieler in Augsburg. Der Ex-Schalker stand in allen bisherigen Pflichtspielen in der Startelf. (Foto via imago)

Die letzten Begegnungen

14.06.2020: FSV Mainz 05 – FC Augsburg 0:1

07.12.2019: FC Augsburg – FSV Mainz 05 2:1

03.02.2019: FC Augsburg – FSV Mainz 05 3:0

30.10.2018: FC Augsburg – FSV Mainz 05 3:2 n. V. (Pokal)

15.09.2018: FSV Mainz 05 – FC Augsburg 2:1

Am 31. Spieltag der vergangenen Saison durfte der FC Augsburg jubeln. Nach dem 1:0-Sieg in Mainz war der Klassenerhalt zum Greifen nah. (Foto: Pool/Kai Pfaffenbach/Pool via Getty Images)

Presseschau

Michael Gregoritsch war in der vergangenen Hinrunde an den FC Schalke 04 ausgeliehen. Beim letzten Sieg der Knappen feierte der Östereicher sein Debüt und traf direkt. Das war im Januar. Mittlerweile ist Gregoritsch wieder zurück in Augsburg – und darüber offenbar sehr froh, wie am Mittwoch in der SportBild zu lesen war.

„Nach dem letzten Jahr war es gut, in ein Umfeld zu kommen, das ruhig ist, mir Sicherheit bietet,“ meinte der 26-Jährige und erklärte, von der Entlassung Martin Schmidts gewissermaßen profitiert zu haben: „Man muss so ehrlich sein: Der Trainerwechsel zu Heiko Herrlich, von dem ich viel Vertrauen bekomme, war für meine Ausgangssituation sicher gut, weil ein neuer Coach unbefangen ist.“ Herrlich baut voll und ganz auf den Offensivmann. Gregoritsch stand bisher in allen Pflichtspielen in der Anfangsformation.

Zahlte das Vertrauen mit dem wichtigen 2:1 in Berlin zurück: Michael Gregoritsch ist zurück beim FCA. (Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Was macht eigentlich Nikola Djurdjic?

Von 2014 bis 2016 stand Nikola Djurdjic beim FC Augsburg unter Vertrag. Nach einem starken Jahr in Fürth (33 Spiele, zehn Tore, zwei Vorlagen) wechselte der Serbe in die Fuggerstadt. Beim FCA war der Stürmer nie wirklich Stammspieler, weswegen ihn die Verantwortlichen zwei Mal verliehen. Zu Fortuna Düsseldorf und nach Malmö. Wieder in Augsburg angekommen hatte es Djurdjic schwer, sich gegen Alfred Finnbogason & Co. zu behaupten. Also wechselte er in seine Heimatstadt zu Partizan Belgrad.

Ein Fehler? „Als das Angebot von Partizan Belgrad kam, konnte ich nicht widerstehen, denn es war immer mein Wunsch, einmal im schwarz-weißen Trikot aufzulaufen. Stefan Reuter wollte mich damals nicht ziehen lassen und im Nachhinein habe ich leider die falsche Entscheidung getroffen“, erklärte Djurdjic vor einem Jahr im FCA-Stadionkurier. Nach einem unglücklichen Jahr war für den Stürmer auch schon wieder Schluss. Über Dänemark landete Djurdjic dann in Stockholm beim Traditionsklub Hammarby IF, wo er endlich aufblühte. 47 Torbeteiligungen (27 Treffer, 20 Assists) in 54 Spielen belegen dies eindrucksvoll. Die starke Saison wäre beinahe sogar mit der Meisterschaft gekrönt worden, doch am letzten Spieltag sicherte sich Stadtrivale Djurgadens den Titel.

Nach zwei erfolgreichen Jahren in Schweden wechselte Djurdic Anfang des Jahres nach Asien. Mit 34 Jahren lässt der einfache serbische Nationalspieler seine Karriere bei Chengdu Better City ausklingen – in der zweiten Liga Chinas.

In 17 Spielen für Rot-Grün-Weiß gelangen Nikola Djurdjic ein Tor und zwei Vorlagen. Langfristig in Augsburg Fuß fassen konnte der Serbe nicht. (Foto via Imago)

Die voraussichtliche Aufstellung

Ruben Vargas war vergangene Saison unumstrittener Stammspieler, stand in 29 seiner 33 Bundesligaeinsätze in der Startelf. Zuletzt hatte der flinke Schweizer auf dem Flügel aber das Nachsehen. Der gesetzte Daniel Caligiuri und ein wiedererstarkter André Hahn bekamen von Herrlich das Vertrauen ausgesprochen. Zweiterer agierte dabei gewohnt fleißig, ließ mitunter aber die nötige Durchschlagskraft vermissen. Deshalb sehen wir Vargas gegen Mainz in der Startelf.

Darüber hinaus könnte auch Michael Gregoritsch eine Pause bekommen. Fredrik Jensen drängt in die Startelf. Marco Richter scheint indes im Kader zu fehlen. Der 22-Jährige spielte am Freitag überraschend für die U23. Das defensive Mittelfeld muss sich derweil steigern, um die Startelfansprüche weiter rechtfertigen zu können. Mit Tobias Strobl steht auch hier ein mit den Hufen scharrendender Ersatzmann bereit.

Ein Fragezeichen steht derweil noch hinter dem Einsatz von Florian Niederlechner. Wie Herrlich auf der Pressekonferenz vor dem Spiel erklärte, habe der Stürmer „Probleme im Bauchbereich“ und sei deshalb vorsorglich zum Arzt geschickt worden. Falls Niederlechner ausfällt, stünde Fredrik Jensen bereit. Auch Alfred Finnbogason sei nach seiner Oberschenkelverletzung wieder eine Option für den Kader

Gikiewicz – Framberger, Gouweleeuw, Uduokhai, Iago – Gruezo, Khedira – Caligiuri, Gregoritsch, Vargas – Jensen

Startelf-Comeback? Nach seiner Vorlage in Leverkusen drängt sich Ruben Vargas auf (Foto via Imago).

Tipps

Andy: 4:2 – nach unglücklichem, frühen 0:2-Rückstand zeigt der FCA seine spielerische Klasse und gewinnt verdient. Das Ergebnis ist am Ende für die Mainzer noch schmeichelhaft.

Irina: 3:1 – der FCA zeigt bei einem Gegner auf Augenhöhe, was er drauf hat und gewinnt souverän.

Andi: 2:1 – der FCA tut sich als Favorit lange schwer und Mainz ist der erwartet unangenehme Gegner. Caligiuri schießt den FCA zum Sieg und entwickelt sich immer mehr zum Spieler im Kader, auf den man am wenigsten verzichten möchte.

Von Mainz lernen, heißt sich etablieren lernen

Auf diesem Weg einen herzlichen Glückwunsch auch von unserer Seite zum 10. Geburtstag der Legio Augusta. Erst die Ereignisse beim Auswärtsspiel in Mainz vor 10 Jahren in der zweiten Liga führten schließlich zur Gründung. Damals fanden die Spiele in Mainz noch am Bruchweg statt und ich habe selten so ein geselliges Beisammensein rund um ein Stadion erlebt. Diese Atmosphäre ist leider mit dem Stadionneubau auf der grünen Wiese verloren gegangen und ich fahre nicht mehr ganz so gerne nach Mainz. Insgesamt hat der FSV Mainz 05 einen eindrucksvollen Weg hinter sich und zählt mittlerweile zu den etablierten Erstligisten. Der FC Augsburg ist auch dabei diesen Sprung zu schaffen. Ich habe in der Vergangenheit immer mal wieder nach Mainz geschielt, um zu verstehen, wie diese Weiterentwicklung vorangetrieben wurde. Nun ist es in Mainz nicht mehr ganz so ruhig, wie noch vor ein paar Jahren. Vor unserem Auswärtsspiel habe ich die Gelegenheit genutzt, mit Mara Pfeiffer eine ausgewiesene Expertin im Hinblick auf den FSV Mainz 05 zu befragen. Mara hat eine Kolumne bei der Allgemeinen Zeitung und beschäftigt sich auch sonst viel mit ihrem Verein. Ich hoffe, ihr Hang zur Fußballromantik wirkt ansteckend auf euch. 

Rosenau Gazette (RG): Mainz war von der Entwicklung als Verein immer ein Vorbild für mich als Augsburger. Ihr habt es mit bescheidenen Mitteln und auf sehr sympathische Art und Weise geschafft, euch langfristig in der Bundesliga zu etablieren. Dabei war es bis zuletzt immer sehr ruhig in eurem Umfeld. Dies hat sich im letzten Jahr geändert. Was war passiert?

Mara Pfeiffer (MP): Flapsig könnte man sagen: eine Normalisierung der Verhältnisse. Um genauer zu erklären, was passiert ist, muss man relativ weit ausholen. Für meine Begriffe gab es im Verein den ersten Bruch, als Thomas Tuchel nach der Saison 2013/14 seinen Vertrag vorzeitig beendet hat. Mein Gefühl war damals, Christian Heidel hat daran geglaubt, mit Tuchel als Mainz 05 in der folgenden Saison in der Europa League noch einen nächsten Schritt machen zu können. Plötzlich war Tuchel weg, mit seinem Nachfolger Kasper Hjulmand lief es nicht wie erhofft und ich denke, in dieser Zeit reifte bei Heidel der Entschluss, auch noch mal etwas Anderes zu machen. Das hat er ja dann mit seinem Weggang zu Schalke 2016 auch umgesetzt.

Sportlich muss man sagen wurde das gut aufgefangen, unter anderem dank Heidel selbst, der seinen Nachfolger Rouven Schröder noch nach Mainz geholt und eingearbeitet hat. Im Verein lagen aber, wie sich dann zeigte, einige Dinge schief, und die kamen nach und nach ans Licht. Dazu gehörte unter anderem, dass der ehrenamtliche Präsident Harald Strutz ein monatliches Salär erhielt, das mit dem Begriff Ehrenamt gar nicht harmonierte. Vereinfacht kann man sagen, Heidel hatte das Glück, zu dem Zeitpunkt schon weg zu sein – und der Zorn entlud sich ausschließlich über Strutz. Der hat zudem aus meiner Sicht den Fehler gemacht, nicht in die Offensive zu gehen und alles sofort aufzuklären. Ich glaube bis heute, dann wäre er nach wie vor Präsident, denn die Fans hätten ihm und dem alten Vorstand, die den Verein ja mit zu dem gemacht haben, was er ist, viel verziehen, wenn Fehler eingestanden worden wären. Man kann aber niemandem verzeihen, der seine Schuld nicht wirklich einsehen mag.

Apropos: Auch Heidel kann man definitiv einen Vorwurf machen. Er hatte das Versprechen gegeben, Mainz nicht zu verlassen, bevor nicht alles für die Zeit nach ihm geregelt sei. Aber er muss natürlich gewusst haben, was im Argen lag, und dass diese Dinge dem Verein nach seinem eigenen Wechsel um die Ohren fliegen würden.

Um mal zum Ende zu kommen, der Verein hat sich im Jahr nach Heidel noch mit Strutz eine neue Struktur verpasst. Es gibt nun einen Aufsichtsrat und einen hauptamtlichen Vorstand, der Blick geht endlich wieder in die Zukunft – wenn auch mit einem Umweg. Denn zwischen dem erst im Juni gewählten, ehrenamtlichen Vereinsvorsitzenden Johannes Kaluza und dem restlichen Verein, mittlerweile auch den Fans, knirscht es gewaltig. Momentan läuft alles auf eine Neuwahl Anfang 2018 raus. Es ist also noch nicht alles im Lot, aber hoffentlich auf dem Weg dorthin. Die aktuelle Saison wird definitiv auch abseits des Platzes noch mal spannend.

RG: Du hast selbst in einer Deiner Kolumnen gefragt: „Wie sehr müssen eigentlich wir Fans uns an die Nase fassen dafür, nicht genauer hingeschaut, nicht mehr Fragen gestellt zu haben?“ Wie notwendig ist es aus Deiner Sicht, dass sich Fans aktiv im Verein einbringen, auch in Zeiten in denen es gut läuft?

MP: Man hört immer öfter, dass nur verklärte Fußballromantiker noch den Standpunkt vertreten, Fans seien wichtig für den Verein. Dann bin ich bekennende Fußballromantikerin. Ich glaube, dass es elementar wichtig ist, als Fan aktiv im Verein mitzuwirken. Natürlich hat das Grenzen, und ich möchte keine sportlichen oder wirtschaftlichen Entscheidungen treffen. Aber als Fan sollte man denen, die wirken, schon auf die Finger schauen und die Mitgliederversammlung nicht nur nutzen, um einmal im Jahr den VIP-Bereich von innen zu sehen. Und wenn es um die Struktur des Vereins geht, um sein Selbstbild, um soziales Engagement, sollten Fans sich aus meiner Sicht ohnehin ganz aktiv einbringen.

RG: Wie wichtig siehst Du Transparenz von Seiten eines Fußballvereins, um Mitglieder an Prozessen zu beteiligen?

MP: Man macht sich etwas vor, wenn man glaubt, es würde funktionieren, alles immer komplett offenzulegen. Aber ich darf als Fan schon erwarten, dass mir Dinge erklärt werden. Auch das Stichwort Compliance finde ich in dem Zusammenhang wichtig, aktuell wird dazu bei Mainz 05 ein Leitfaden entwickelt. Es kann beispielsweise nicht sein, dass plötzlich niemand mehr weiß, wie viele VIP-Tickets eigentlich für umme im Umlauf sind. Die Zeiten, in denen man in einem Verein gewisse Entscheidungen aus der Lamäng trifft, sind vorbei. Es muss Regeln für Entscheidungsprozesse geben. Bei einer Strukturveränderung wie der, die Mainz 05 gerade hinter sich gebracht hat, passieren natürlich auch Dinge, die sich schnell als schwierig oder fehlerhaft herausstellen können. In Mainz wird der ehrenamtliche Vereinsvorsitz von vielen Seiten als nicht mehr zeitgemäß erachtet, eine Kritik, die ich so nicht teile. Wieso nicht den Präsidenten als Ehrenamt belassen, ohne ihn aber gleichzeitig zum Vorstandsvorsitzenden zu machen, weil sich mit dem Begriff einfach andere – falsche – Erwartungen verbinden? Fehler sind in einem solchen Prozess wohl unvermeidbar, entscheidend ist der Umgang damit. In Mainz wäre im Sommer eine intransparente Veränderung im Verein nach der aufgeheizten Vorsaison das Aus für die emotionale Bindung vieler Fans gewesen. Der Verein hat gut daran getan, die Mitglieder intensiv einzubeziehen, auch wenn dieses Procedere mancherorts als altmodisch belächelt wurde. Aber noch sind wir hier ein Verein, zum Glück! Und da haben die Mitglieder eben Rechte (und Pflichten). Die sollten jetzt auch nicht beschnitten werden, nur weil eine Einzelperson sich mit einer selbstgewählten Aufgabe verhoben hat.

RG: Im November hatten die Mitglieder des FSV Mainz 05 für die Gründung einer Fanabteilung gestimmt, die sich unter anderem um die Bereiche Auswärts, Soziales Engagement, Infrastruktur, Fan-Service, Öffentlichkeitsarbeit und Identifikation kümmern soll. Warum ist eine institutionelle Verankerung dieser Arbeit in einer Fanabteilung aus Deiner Sicht wichtig?

MP: Die Gründung der neuen Fanabteilung wurde bereits in der Satzungsänderung verankert und inzwischen hat deren Arbeit Fahrt aufgenommen. Es gibt AGs zu verschiedenen Themen und der Verein bekennt sich mit zwei hauptamtlichen Mitarbeitern zur Bedeutung der Abteilung. Das empfinde ich als sehr positiv. Ganz entscheidend finde ich zudem die Möglichkeit, dass hier gemeinsam das Selbstbild des Vereins definiert werden kann, also fernab von Marketing und ähnlichem Getöse, aus der Fanszene heraus. Ich wünsche mir, dass noch viel mehr Fans es als Chance begreifen, ihren Verein aktiv mitzugestalten und sich künftig einbringen. Was die Frage nach der institutionellen Verankerung angeht, so sehe ich darin eine Anerkennung des Vereins für die Arbeit, die da geleistet wird. Man weiß also von Vornherein, der Verein steht hinter der Mitarbeit der Fans, das ist ein wichtiges Zeichen.

RG: Zuletzt gab es nun in Mainz eine Crowdfunding Aktion für ein Fanhaus. Glaubst Du an Crowdfunding im Zusammenhang mit Fußballvereinen, die grundsätzlich ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen folgen, um über dieses Instrument die Fans mehr mitzunehmen und zu beteiligen?

MP: Man muss da unterscheiden, denke ich. Als Bundesligist selbst ein Crowdfunding anzuleiern, das wäre eher schwierig. Hier in Mainz lief das ja etwas anders. Das vom Verein unabhängige Fanprojekt arbeitet an einem Fanhaus. Das Gebäude war da, die Mietbedingungen und Teile der Finanzierung geklärt. Allerdings sorgt unter anderem der Denkmalschutz dafür, dass die Kosten doch an der einen oder anderen Stelle erheblich sind. Die Plattform „crowfFANding“ bietet die Möglichkeit, Projekte durchzuführen mit hoher Fanbeteiligung. Das erste war zum Erhalt der Südkurve in Jena, dann bekam das Fanhaus den Zuschlag. Die komplette Aktion ist super durchgezogen worden und die Idee, mit beispielsweise Sitzschalen aus dem Bruchweg oder wiederaufgelegten Traditionstrikots Spendenanreize zu schaffen, hat toll funktioniert. Ich glaube, man kann das Thema Funding nicht überstrapazieren, aber für so eine einmalige Aktion, die eben nicht vom Verein selbst ausgeht, halte ich es für absolut geeignet.

RG: Wie siehst Du nun den weiteren Weg in Mainz? Gibt es eine Rückkehr zur heilen Welt, in der der Karneval wieder im Vordergrund steht?

MP:Ähem. Man spricht in Mainz tatsächlich von der Fastnacht! J Die Tatsache, dass es im Song „Karnevalsverein“ heißt rührt daher, dass er ursprünglich von gegnerischen Fans angestimmt wurde, um die Mainzer zu verhöhnen. Aber mir ist klar, das muss außerhalb von Mainz etwas verwirrend sein… Ich glaube, es ist in den nächsten Monaten wichtig, die vorhandenen Fäden (wieder) zusammenzuführen. Wir sind nun mal der Karnevalsverein, das sollten wir uns auch erhalten. Das darf eine Professionalisierung und einer Erweiterung des Selbstverständnisses aber nicht im Wege stehen. Die Idee, das Thema Identifikation vor allem der Fanabteilung zu übertragen, halte ich für sehr gut und wichtig. Auch sonst müssen Fans aller Couleur wieder an einen Tisch kommen. Kommunikation ist wichtig und so abgedroschen das klingt, Leute in der Verantwortung kommen und gehen, Fans bleiben. Daraus erwächst auch Verantwortung.

RG: Danke Dir Mara für diese wichtigen Worte, denen auch ich als Augsburger nur zustimmen kann. Der erste Schritt in der Kommunikation ist damit schon geschafft. Die nächsten Schritte werden dadurch hoffentlich leichter.

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