#Nazisraus, aber unpolitisch an der Seite der AfD?

Diese Tage ist etwas seltenes passiert. Ich habe euch ja schon berichtet, dass ich auf Twitter aktiv bin. Dort hat sich vor kurzem etwas beängstigendes zugetragen. ZDF-Journalistin Nicole Diekmann hatte #Nazisraus getwittert und daraufhin Morddrohungen vom rechten Rand erhalten. Im Anschluss haben sich viele Personen und Organisationen auf Twitter solidarisiert und daraufhin auch #Nazisraus getwittert. Darunter am Folgetag der Aktion auch unser FCA: 

Darunter hatte der FCA zusätzlich erneut ein Video gepostet, was schon etwas älter ist und darauf hingewiesen, dass die Aussagen immer noch aktuell seien. 

Ich habe mich über beide Tweets unglaublich gefreut. Klare Aussagen in diesem Zusammenhang waren in der Vergangenheit leider selten. Man schafft es im Trainingslager diverse Videos zu produzieren, aber zu diesem Thema muss man zwei Jahre zurückblättern. Auch liegt eine andere Kontroverse genau zu diesem Thema noch gar nicht so lange zurück. 

Noch vor kurzem die AfD gewähren lassen

Eine Jahreshauptversammlung im Umfeld einer englischen Woche und man könnte als Verein hoffen, dass sich an die Ereignisse niemand mehr lange erinnert. Vor allem, da es eigentlich nur positive Ergebnisse zu berichten gab. Der FC Augsburg ist in einer tollen Verfassung, rein von den wirtschaftlichen Zahlen her betrachtet. Dennoch ist mir diese Jahreshauptversammlung bis jetzt in Erinnerung geblieben. Der FC Augsburg hat es geschafft, dass sich AfD-Politiker in der ersten Reihe der Versammlung sonnen und ich mich in diesem Umfeld immer weniger wohl fühle. Nun hat jemand, der ähnlich wie ich denkt, dies lautstark bemängelt, worauf hin sich der FC Augsburg in Person von Peter Bircks festlegte und kund tat, dass der FC Augsburg ein unpolitischer Verein sei. Johannes Graf hat den Vorfall auf Twitter kurz zusammengefasst:

Reaktion mit großer Aussagekraft

Eine Reaktion in dieser Form ist zurückhaltend im Vergleich zu den eindeutigen Reaktionen anderer Vereine. Johannes Graf stellte dies in einem anderen Tweet heraus:

Derweil ist die Haltung des FCA aus meiner Sicht äußerst gefährlich. Dies liegt daran, dass eine fehlende klare Abgrenzung dazu führt, dass man annehmen könnte, der FCA stünde auf der Seite der AfD.  Die AfD läuft in Chemnitz an der Seite der Rechtsradikalen, äußert klare rechtsradikale Parolen und bedient sich insgesamt der Rhetorik vergangener Zeiten. Wenn es um die Auswahl zwischen demokratischen Parteien ginge, dann würde ich vom FCA auch erwarten, dass er sich unpolitisch verhält. Wenn er in der ersten Reihe prominent AfD-Vertreter im Landtagswahlkampf toleriert, dann hat das mit „unpolitisch“ nichts mehr zu tun. Er bietet einer Partei eine Bühne – nicht das er das mit Markus Söder nicht auch schon gemacht hätte – die weiterhin dabei ist die Grenzen der Verfassung auszutesten.

Der FCA taumelte in die falsche Richtung

Aber spätestens auf der Jahreshauptversammlung ist klar geworden, dass der FCA öffentlich einen Richtungswechsel vollzogen hatte. Der FC Augsburg in Person seiner Vertreter hatte keine Scheu die AfD öffentlich zu verteidigen und deren Ausfälle dadurch zu relativieren. Mit den Tweets in dieser Woche erfolgte nun ein erster Hoffnungsschimmer, dass der Verein nicht komplett haltungslos („unpolitisch“) geworden ist. 

Man hätte auch damals schon dem wehrten Herren der AfD schlicht mitteilen können, dass ihm genau bewusst ist, welche Symbolwirkung er in der ersten Reihe ausstrahlt und dass man sich sein Verständnis erhoffe, wenn man ihn darum bitte, sich weiter hinten zu platzieren. Eigentlich gar nicht so schwer. Vielleicht ist dem Verein damals einfach die Kontrolle entglitten und man hat sich einmalig öffentlich blamiert. Ist man jetzt auf dem Weg zurück zu einem Verein der sich aktiv gegen rechts engagiert? Dann ist es mit zwei Tweets nicht getan. Auch ein aktuelles Video wäre mir zu wenig. Die aktive Unterstützung von Initiativen, die sich gegen rechts engagieren und Präsenz von Vereinsvertretern in diesem Umfeld wäre toll. Nachhaltig und langfristig sollte das Ganze auch sein. Man merkt: Ich traue diesen beiden Tweets noch nicht.

Unsere gesellschaftlichen Errungenschaften sind keine Selbstverständlichkeit und müssen nachhaltig mit friedlichem Engagement verteidigt werden. Auch in diesem Zusammenhang war der FCA nun lange sieglos. Es wird Zeit, dass der FCA schnell aktiv seine Rolle in diesem Zusammenhang findet und mit anpackt, ansonsten bleibt er auch in diesem Bereich ein Abstiegskandidat. Es wäre schön, wenn es auch abseits des Platzes in der Rückrunde einen Richtungswechsel gibt. Zumindest in diesem Bereich bin ich seit dieser Woche wieder etwas optimistischer. 

Wie wir von Mainz 05 lernen können und umgekehrt

Dieser Beitrag wird freundlichst präsentiert vom August Gin, denn wenn der August dabei ist, dann ist auswärts ein Heimspiel.

Es mag daran liegen, dass Mainz direkt vor meiner Tür liegt. Oder es liegt an der wunderbaren Mara Pfeiffer (@wortpiratin auf Twitter), die mir immer wieder vermittelt, was in Mainz wichtiges passiert und was man wissen, sollte, wenn man wieder nach Mainz reist. Eh schon klar, dass ich auch dieses Jahr wieder nach Mainz zum Auswärtsspiel fahre. Ihr wisst, für mich ist es nach dem Spiel bei der Eintracht in Frankfurt die kürzeste Route. Und so will ich euch kurz vor dem Auswärtsspiel in Mainz einen Eindruck vermitteln, was passiert ist, seit der FCA das letzte Mal hier gespielt hat. Weiterhin ist Mainz 05 dem FCA in einigen Bereichen voraus, und ich würde mich freuen, wenn wir uns an der ein oder anderen Stelle etwas abschauen könnten.

Haltung

Kürzlich versammelte sich die AfD in Mainz während der FSV Mainz 05 auswärts in Nürnberg spielte. Der FSV Mainz 05 nutzte die Möglichkeit, um sich deutlich in Richtung der Partei zu positionieren, deren Führungskräfte in einer Reihe mit bekannten Neonazis in Chemnitz marschierten. Der FSV Mainz 05  nutzte die Möglichkeit – zum zweiten Mal, nachdem er sich schon solidarisch mit dem SV Babelsberg 03 gezeigt hatte – um sich deutlich gegen Fremdenhass und Nazis zu positionieren. Ein Fußballverein kann eine große Öffentlichkeit erreichen und das hat der FSV Mainz 05 mit der nachfolgenden Anzeige geschafft.

In Augsburg hat die AfD auch schon einen Parteitag abgehalten und viele Bürger haben sich gegen die Partei positioniert und friedlich demonstriert. Vom FC Augsburg war in diesem Zusammenhang nichts zu hören. Der FCA hatte sich in der letzten Saison auch nicht mit dem SV Babelsberg 03 solidarisiert. Dem FCA fehlt momentan die Haltung, die Mainz 05 in der Öffentlichkeit zeigt, und die unterschiedlichste Künstler und Kulturtreibende von den Toten Hosen bis zu Helene Fischer öffentlich demonstrierten (#wirsindmehr). In Zeiten, in denen die Grenzen zu nationalistischen und offen rassistischen Bewegungen immer mehr verschwimmen, ist es längst überfällig, dass sich der FCA noch deutlicher positioniert. Von Mainz 05 kann er dabei doch einiges lernen. Ich hoffe Michael Ströll schaut sich das ein oder andere ab und beschränkt sich dabei nicht nur auf die langfristigen Marketingverträge.

Eine Heimat für die Fans

Im letzten Jahr hatte der FSV Mainz 05 eine Fanabteilung im Verein gegründet, um die Belange der Fans organisatorisch in die Vereinsarbeit einzubetten. Nun am 11.08.2018 war es soweit und die Fans konnten zudem ihre neue Heimat einweihen: das Fanhaus in Mainz. Über die nächsten mind. 10 Jahre wird das Fanprojekt Mainz in diesem Haus beheimatet sein, indem sich auch eine Fankneipe und ein Jugendtreff befindet. Während man in Augsburg gerade das Funktionsgebäude für die Geschäftsstelle fertig gestellt und in diesem Zuge auch eine Fankneipe eröffnet hat, ist das Fanprojekt weiterhin in der Reese Kaserne angesiedelt. Über ein eigenes Haus und einen etwas zentraleren Anlaufpunkt würde man sich dort vielleicht auch freuen. Vor allem wäre es aber schön, wenn man den Fans grundsätzlich eine breitere Anlaufstelle bieten würde. Wie in vielen Bereichen macht Mainz 05 uns hier vor, wie man sich als Verein weiter professionalisiert und sein Selbstverständnis erweitert.

Auswärts über den eigenen Tellerrand schauen

Und während Mainz nun vielleicht nicht mehr die aufregendste Auswärtsfahrt des Jahres ist, da man sich gut kennt und das Stadion nun wahrlich keine Stimmungshochburg ist, so bieten diese Themen doch genügend Möglichkeiten über den eigenen Tellerrand zu schauen. In Mainz findet man auch im Umfeld des Spiels immer wieder nette Menschen, die einen freundlich begrüßen und mit denen man sich nett austauschen kann. Ich werde sowieso den Weg auf mich nehmen, da der Weg kurz und die Anreise mit der S-Bahn unbeschwerlich ist. Ich kann aber nur allen Augsburger Anhängern raten, nach Mainz zu reisen, um sich ein Bild davon zu machen, in welche Richtung sich der FCA in den nächsten Jahren noch entwickeln kann. Zumindest abseits des Platzes fällt es mir hier immer besonders leicht, am gelebten Beispiel Anregungen zu gewinnen.

Auf dem Platz haben sich die Rollen in letzter Zeit etwas verkehrt und der FCA hat mittlerweile öfters die Nase vorn. Das wird aus meiner Sicht auch heute so bleiben, denn ich glaube das Manuel Baum die Länderspielpause gut genutzt und mit seiner Mannschaft intensiv gearbeitet hat. Am Ende wäre es ja nur nett, wenn wir uns beim FSV Mainz 05 für die Anregungen abseits des Platzes mit fußballerischem Anschauungsunterricht revanchieren würden. Als Gast sollte man ja nicht ohne Geschenke anreisen. Dann kann vielleicht auch der FSV Mainz 05 noch etwas von uns lernen.

Viel zu tun abseits des Platzes

Es war etwas ruhiger hier an dieser Stelle über den Sommer. Manchmal muss man sich etwas zurückziehen, um wieder Kraft zu schöpfen und Orientierung zu finden. Dazu konnte ich mir über einige Dinge so meine Gedanken machen. Während sportlich die letzte Saison mehr als zufriedenstellend abgeschlossen wurde, ist beim FCA weiterhin nicht alles Gold was glänzt. Auch nach 111 Jahren nicht. Aber langfristig sind auch nicht alle mit der sportlichen Situation zufrieden. Sportliches Mittelmaß und schon liest man die ersten Kommentare, ob das für den FCA dauerhaft genug ist. Derweil der Club die wirtschaftliche Vernunft nicht verliert, werden von außen die Erwartungen schon wieder nach oben getrieben. Woher die Mittel für die weitere Entwicklung kommen sollen, bleibt dabei gerne unbeantwortet. Wir laufen immer noch gegen Windräder (wirtschaftliche Möglichkeiten z.B. in Stuttgart) an und gewinnen Jahr um Jahr unseren eigenen Titel des Nichtabsteigers.

Das Sommerpause ist, erkennt man auch daran, dass auf einmal Themen aufgewärmt werden, die gerade in Augsburg keine Aktualität haben. So kommentierte der geneigte AZ-Redakteur schon mal, wie sich die Liga von Ultras verarschen lässt und wirft dabei Randalierer, kriminelle Gewalttäter und Ultras in einen Topf. Es ist eine alte Debatte und Johannes Graf hätte sicher Augsburger Beispiele benannt, wenn es sie denn in der abgelaufenen Saison gegeben hätte. Es gab sie nur halt nicht. Wie viele Vorfälle mit Augsburger Fanbezug gab es  in der abgelaufenen Saison und wie viele gab es insgesamt in der Liga? Vielleicht können wir auch gleich noch mit den Vorjahren vergleichen und es würde uns auffallen, dass es kein relevantes, systemisches Gewaltproblem in deutschen Stadien gibt. Ich würde sonst nie überlegen, meine 4-jährige Tochter mit ins Stadion zu nehmen. Es muss ja nicht gleich der M-Block sein.

Dass der FCA gut daran tut, diese Kommentare von außen zu ignorieren, zeigt sich an einer Meinungsäußerung aus dem letzten April. Damals hatte Johannes Graf geäußert, dass das Modell Reuter auf den Prüfstand gehöre. In der Transferperiode danach lieferte Reuter ordentlich ab und brachte mit Manuel Baum zusammen die Mannschaft sportlich ein ganzes Stück nach vorne . Das Modell Reuter ist wohl momentan immer noch über jeden Zweifel erhaben.

Derweil gibt es abseits des Platzes einige offene Baustellen beim FCA, die eher weniger adressiert werden. In der letzten Sommerpause hatte ich einige Bereiche identifiziert, in denen der FCA sich weiter verbessern kann. Manche Probleme werden wir wohl kurzfristig nicht lösen. So wird wohl langfristig im Stadion mit Bezahlkarte bezahlt. Immerhin stellt der FCA sicher, dass es keine Ausfälle für die Fans gibt. Dass auch Gästefans eine Bezahlkarte nutzen müssen, ist weiterhin ärgerlich. Warum wir weiterhin auswärts öfters das Ausweichtrikot in grau tragen als unser grünes Auswärtstrikot gehört in die Kategorie der ungelösten Fragen. Anstatt in grau bzw. in dieser Saison schwarz (welches sich nur durch Logo/Sponsor von der Leipziger Variante unterscheidet) zu spielen, würde ich auch auswärts lieber das Heimtrikot sehen, wenn farblich das Auwärtstrikot nicht akzeptiert wird. So hat man das früher doch auch gehandhabt und es war kein Problem. Solange wir nicht wieder auf Neonfarben zurückgreifen, will ich darüber allerdings nicht allzu viel nachdenken.

Mich beschäftigen vor allem zwei Themen:

Die Einbindung von Fans und Mitgliedern beim FCA 

Über die Strukturen beim FCA habe ich schon des öfteren geschrieben. Ich verstehe auch die Rolle des Klaus Hofmann immer weniger. Welche Position nimmt er genau ein? Fakt ist, dass die Mitglieder des Vereins die Mehrheit der Stimmrechte an der KGaA halten, im Aufsichtsrat allerdings nicht vertreten sind. Dort findet man nur Investorenvertreter. Nun bietet der FCA seit neuestem Fan- und Mitgliedersprechstunden an und feiert auch gerne zusammen im Rahmen von 111-Jahr-Feier und Familienfest oder lädt die Fanclubs zum Grillen ein. Bei der Sprechstunde darf man sich vorher anmelden und als Bittsteller erscheinen. Ich übertreibe vielleicht ein bisschen, aber aktive Mitbestimmung in festen Strukturen, die über den momentanen guten Willen der Verantwortlichen hinaus geht und sicherstellt, sieht doch komplett anders aus.

Die fehlende Haltung des FC Augsburg

Der SV Babelsberg 03 hat über die Landesgrenzen hinaus Aufsehen erregt, da der Verein für Anti-Nazi-Sprechchöre eine Strafe zahlen sollte. Zumindest fanden sich die Sprechchöre in der Begründung der Strafe wieder, woraufhin sich der Verein weigerte die Strafe zu begleichen und angedroht bekam, vom Spielbetrieb ausgeschlossen zu werden. Viele Vereine nutzten die Gunst der Stunde, um sich mit den Babelsbergern zu solidarisieren. Der SC Freiburg und Fortuna Düsseldorf nahmen die Soli-Shirts  mit dem Aufdruck „Nazis raus aus den Stadien“ in die eigenen Fanshops in eigenen Farben auf und verkauften diese zu Gunsten des SV Babelsberg. Der FC Augsburg äußerte sich nicht.

Und kurz bevor nun die achte Bundesligasaison des FC Augsburg startet, bereiten mir diese Themen Kopfschmerzen. Der Übergang von Walther Seinsch zu Klaus Hofmann bedeutet anscheinend auch einen Übergang vom gesellschaftlich engagierten Club (z.B. zusammen mit der Stiftung Erinnerung) zum inhaltsleeren Investorenmodell. Und während ich hier sitze und diese Zeilen schreibe, weiß ich nicht, ob mich das nicht mehr trifft, als ein sportlicher Abstieg (der mich im Fall der Fälle zum Heulen bringen würde). Zumindest langfristig entfremde ich mich von meinem Verein etwas, denn ich bekomme auch aus der Entfernung mit, wie von manch einem im Stadion über „die Kanaken“ geschimpft wird. Wie sehr ich mir in diesem Zusammenhang mehr wünsche als nur die nächste inhaltsleere Marketingkampagne. Getrieben und mitbestimmt von der großen Mehrheit des Vereins. Es bleibt in der Zukunft viel zu tun und ich hoffe wir packen es gemeinsam an und feiern uns nicht nur selbst.

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