Letzte Woche ging das Kapitel des Trainers Enno Maaßen beim FC Augsburg zu Ende. Grundsätzlich ist das schade. Enno war seit langem wieder ein Trainer, mit dem ich große Hoffnungen für eine sportlich bessere Phase verband. Bei Heiko Herrlich hatte ich diese Hoffnung von Anfang an nicht. Sie wurden dann auch schon vor dem ersten Spiel durch seine slapstickartigen Aussagen unmöglich gemacht. Die erneute Verpflichtung von Markus Weinzierl war eine Verzweiflungstat und endete auch so. Enno war eine gelungene Abwechslung.
Und so litt man zuletzt auch mit Enno mit. Ich spürte regelrecht wie belastend die Situation für ihn geworden war. Andauernd und immer wieder individuelle Fehler von Leistungsträgern. Andauernd und immer wieder verkorkste erste Halbzeiten. Als Fan hat man die Hände über den Kopf geworfen. Manche haben nach dem Spiel gegen Darmstadt ihrem Unmut laut Luft gemacht. Es konnte mit Enno Maaßen nicht weitergehen. Schade. Aber bevor wir mit einem neuen Trainer durchstarten, müssen wir nun einmal betrachten, wie es trotz aller Fußballkompetenz bei Enno so weit kommen konnte.
Holpriger Start
Ennos Start beim FCA bestätigte die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht. Spiele (bis auf gegen Leverkusen) endeten ohne Sieg und schon in der letzten Saison stand die Mannschaft mit Trainer schnell unter Druck. Doch dann konnte die Wende eingeleitet werden. In Bremen gelang dies, nachdem Enno gezeigt hatte, dass er pragmatisch reagieren, seinen Ansatz anpassen und sich auf die Möglichkeiten seiner Spieler einstellen konnte. Hätte Rafal Gikiewicz am Ende den Elfmeter nicht gehalten wäre die Kehrtwende in Bremen aber auch nicht geglückt. Im Gegensatz zu seiner ersten Saison ging ihm im zweiten Jahr auch dieses Spielglück ab. Manchmal liegt es auch an den kleinen Dingen.
Anpassungsfähigkeit
Anpassungs- und Lernfähigkeit sind zwei Tugenden, die man Enno Maaßen nicht abschreiben kann. Bei allen Veränderungen und Wechseln war aber am Ende nicht mehr klar, welche Art von Fußball er denn spielen lassen will. Sowohl gegen Bochum als auch Darmstadt zu Hause, war weder von Ballbesitzfußball noch von Intensität viel übrig. Der FCA hat unter Enno Maaßen genau das Gegenteil von dem erreicht, was er wollte: er hat seine fußballerische Identität eher verloren als gewonnen. Zumindest konnte die Mannschaft am Ende nicht mehr umsetzen, was Enno Maaßen von ihr wollte.
Über einen längeren Zeitraum ist es in dieser Hinsicht wohl wichtig klar zu definieren, was man eigentlich will. Und daran in schwierigen Phasen auch festzuhalten. Der Pragmatismus gegen Bochum und auch Freiburg hat Enno Maaßen nicht geholfen. Zwei mutige, beherzte Auftritte, in denen die Kerntugenden des FCA sichtbar gewesen wären, vielleicht schon eher. Ja, Fußball ist ein Ergebnissport. Am Ende darf man darüber aber nicht vergessen, was man eigentlich will.
Das fehlende Gerüst
Die Probleme lagen dann auch am Wandel im Kader. Die Elf, die noch gegen Bremen in der Lage war eine Wende einzuleiten, existiert in dieser Form nicht mehr. Florian Niederlechner verließ den Club im Winter und dümpelt mit Hertha in der zweiten Liga herum. André Hahn verletzte sich später im Saisonverlauf schwer und sein Vertrag wurde infolgedessen in Augsburg nicht mehr verlängert. Rafal Gikiewicz durfte im Sommer den Verein verlassen, nachdem er verletzungsbedingt die für eine Verlängerung seines Vertrags notwendige Anzahl von Spielen nicht erreichte. Carlos Gruezo, Kapitän seiner Nationalmannschaft, ging recht leise auch im Winter. Und mit Jeffrey Gouweleeuw hat man dem langjährigen Kapitän des FCA im Sommer mitgeteilt, dass man in 2024 nicht mit ihm verlängern wird. Jeff gab in Folge dessen das Kapitänsamt zurück.
Im Winter sah man keine Notwendigkeit erfahrene Spieler dazu zu holen. Im Sommer ging mit Daniel Caligiuiri ein weiteres Spieler mit langjähriger Bundesligaerfahrung. Mit Sven Michel holte der FCA auch einen älteren Spieler dazu, der aber nicht über langjährige Erfahrung in der Bundesliga verfügt. Über zwei Transferperioden hinweg hat der FCA sein Gerüst an erfahrenen Bundesligaspielern aufgelöst, ohne dass schon erfolgreich ein Neues installiert worden wäre. Eine schwierige Aufgabe für jeden Trainer.
Perspektive
Und vielleicht ist es genau dieser Punkt, an dem man merkte, dass Enno Maaßen seine erste Station in der Bundesliga absolvierte und mit Charakteren umgehen musste, die prominent und exponiert sind. Es gibt eben wohl einen Unterschied zwischen der U23 des BVB und einem Bundesligaverein. Daniel Caliguiri hat sich im Nachgang zu seinem Abschied öffentlich beschwert, dass er keine faire Chance bekam, Jeffrey Gouweleeuw drohte – noch während Maaßen da war – seine Seite der Geschichte zu erzählen und stellte den Jugendkurs öffentlich in Frage.
Maaßen erwähnte immer wieder, dass auf Grund des Umbaus der Mannschaft Zeit notwendig sei. Er vergaß dabei die andere Seite der Medaille: warum der Umbruch so groß geworden ist und von den erfahrenen Jungs am Ende kaum einer übrig blieb. Der Erfolg hat ihm an dieser Stelle nicht recht gegeben. Maaßen hätte im Teamaufbau zu einem anderen Mix finden müssen, um eine stabile Mannschaft zu formen.
Ausblick
Und so ist nur zu hoffen, dass im Anforderungsprofil an den neuen Trainer der Punkt „Teambuilding“ ein wichtiges Element war. Aus den Spielern, die jetzt beim FCA sind, muss schnell eine funktionierende Mannschaft werden. Die Spieler müssen das Vertrauen ihres Trainers spüren und sollten dazu aufgerufen werden, ihre Erfahrungen einzubringen. Der FCA braucht wieder starke Spieler, die nicht nur darüber reden, Verantwortung zu übernehmen sondern es auch aktiv tun. Bei Jess Thorup kann man zumindest guter Hoffnung sein.
Fußballerisch wird der Trainer eine Mannschaft vorfinden, die doch einiges kann. Es wird aber notwendig sein, dass diese Mannschaft die Überzeugung und das Selbstvertrauen wiederfindet, dies auch zu zeigen. Es ist eine machbare Aufgabe (anders herum wäre es schwieriger). Hoffen wir alle darauf, dass uns Jess Thorup aus dieser sportlich verkeilten Situation befreit und man die Befreiung auf dem Platz erkennen kann.