Stabil genug?


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette bei presse-augsburg.de.

Wenn man den Saisonstart des FC Augsburg betrachtet, dann kommen gemischte Gefühle auf. Einerseits hat der FCA sieben Punkte gesammelt und zumindest zweimal gewonnen. Das war in der letzten Saison schlechter. Auch im Pokal ist man weitergekommen. Dennoch ist die sportliche Situation unbefriedigend. Es hätten auf Grund der komischen Heimspiele gegen Bremen und Mainz auch mehr Punkte sein können. Auf der anderen Seite sind die bisherigen Auswärtsspiele gegen Heidenheim und Leipzig absolute Stimmungskiller. Zweimal 0:4 und viel zu wenig abgeliefert.

Eine Statistik haut aber über den Saisonstart hinweg gesehen ganz besonders rein: 15 Gegentore hat der FCA in den ersten 6 Bundesligapartien bisher kassiert. Das sind 2,5 Gegentore im Schnitt. Schlechter sind in dieser Kategorie bis dato nur Holstein Kiel und die TSG Hoffenheim. Wenn es nur darum ginge, dann wäre der FCA abstiegsreif. Nach einem stabilen Team sieht das in der Gesamtschau bisher nicht aus. Es gibt Anzeichen, die meiner Meinung nach allerdings auf eine nachhaltige Verbesserung hindeuten:

Nicht eingebrochen

Gegen Gladbach hat man zwar ein Gegentor kassiert. Tim Kleindienst ließ es sich nicht nehmen, eine Ecke einzuköpfen. Das verminderte den Vorsprung der Augsburger auf einen Treffer. Die Mannschaft fand aber in diesem Falle schnell wieder zu ihrem Spiel zurück und ließ kaum Unsicherheit aufkommen. So sollte es sein, wenn man ein Spiel an sich gut gespielt hatte bis zu diesem Zeitpunkt. Der FC Augsburg glänzte allerdings in den letzten Wochen auch dadurch, dass er Treffer gerne mal im Doppelpack kassierte. Gegen Mainz zu Hause oder gegen Leipzig auswärts. Aber nicht gegen Gladbach. Man ist einmal ausgerutscht, aber nicht gefallen. Ein Schritt nach vorne.

Stabilität auch in den Randphasen

Das Team hatte in den vergangenen Wochen immer wieder Probleme in den ersten 15 Minuten beider Halbzeiten. Es hat schlicht gedauert, bis man als Team im Spiel war und Mannschaften wussten das auszunutzen. Gegen Gladbach begann man in der ersten Halbzeit bewusst zurückhaltend. Aber man fand dann eben auch den eigenen Rhythmus und konnte sich immer mehr die Oberhand erarbeiten. Auch nach der Halbzeit gelang den Gladbachern nicht direkt der Ausgleich. Es ist noch nicht alles Gold was glänzt, und Freiburg wird gerade mit Blick auf einen schnellen Start ins Spiel den FCA testen. Erstmal sieht es so aus, als ob Jess Thorups mentale Sensibilisierungen angeschlagen wären.

Der X-Faktor ist da

Wenn Jess Thorup über seine Spieler spricht, dann hebt er manchmal den ein oder anderen hervor, der den X-Faktor hat. Spieler mit X-Faktor erlauben es einem Club, geduldig sein und im Spiel mit dem Ball sich auf deren Qualität verlassen zu können. Ermedin Demirovic hat in der letzten Saison gezeigt, dass er den X-Faktor hat. Ruben Vargas kann ein Spieler sein, der solche Momente kreiert. Demirovic ist allerdings weg und Vargas momentan verletzt. Da kam die Frage auf, wer diese Momente nun liefern kann. Und wenn die erste Antwort ein Innenverteidiger ist (Schlottis Abschluss sei an dieser Stelle trotzdem besonders hervorgehoben), dann muss man sich um ein Team Sorgen machen.

Wenn Neuzugänge wie Chrislain Matsima immer mehr ankommen, dann wird das Augsburger Team eventuell noch besser (Photo by Daniel Kopatsch/Getty Images)

In Augsburg haben sie aber im Sommer mehr als nur einen Spieler gefunden, der den X-Faktor auf den Rasen bringt. Frank Onyeka sorgt immer wieder für große Unruhe, wenn er aus dem Mittelfeld nach vorne stößt. Gegen Gladbach war dann auf einmal Alexis Claude-Maurice da, der eine gehörige Portion offensiver X-Faktor Ideen mit auf den Rasen brachte. Und man mag nicht vergessen, dass Samuel Essende recht mühelos in den ersten Wochen der Saison seine Wucht und Torgefährlichkeit unter Beweis gestellt hat.

Zusammenfinden

Diese vielen unterschiedlichen Charaktere müssen weiter zusammenfinden. Bei so manchem ist da noch deutlich Luft nach oben. Steve Mounié agierte bisher eher unglücklich. Auch Marius Wolf darf nun gerne mal 90+X Minuten voll überzeugen und in der Innenverteidigung kehrt keine Ruhe ein, weil sich Schlotti den Oberschenkel gezerrt hat. An dieser Stelle wird es aber weiter voran gehen, gerade vor dem Hintergrund zwischenzeitlicher Erfolgserlebnisse. Siege führen zu Vertrauen und stärken die Gemeinschaft, weil der Glaube an die gemeinsame Perspektive neue Luft erhält.

Nur die Ruhe

Wenn ich mir die Mannschaft des FCA anschaue, dann kommen mir regelmäßig Fragen. Warum wechselt der Trainer schon wieder das System? Wie kann man nur so leichte Tore kassieren? Auswärts so spielen? Und überhaupt, warum passt das nicht zu Beginn der Halbzeiten? Es läuft wahrlich noch nicht alles rund. Auf der anderen Seite hatte ich prognostiziert, dass es eine Übergangssaison für den FCA werden würde, alleine schon wegen des großen Kaderumbruchs. An die TOP10 mag ich da gar nicht denken. Dafür läuft es gar nicht so schlecht. Und es sind immer wieder positive Anzeichen zu erkennen, die weitere Hoffnung geben. Wichtig waren da vor allem die 3 Punkte gegen Gladbach, weil dadurch etwas Ruhe einkehrt. Fußball bleibt ein Ergebnissport und der FCA hat sich durch seine Ergebnisse erarbeitet, dass er seine Entwicklung weiter vorantreiben kann. Bei mir mittlerweile wieder mit mehr Hoffnung. Aber das nächste Auswärtsspiel kommt bestimmt. Oh…

Kurz vor der Ratlosigkeit

Wer FCA-Cheftrainer in diesen Tagen beobachtet, der wird erkennen, dass sich das ein oder andere wiederholt. Hatte man vor dem Spiel in Leipzig noch gehofft, dass die Leistung in Heidenheim ein einmaliger Ausrutscher war, so wurde man durch die erneute 0:4 Klatsche eines Besseren belehrt. Wenn man sich die Abwehr als einzelnen Mannschaftsteil nimmt, dann wurden Probleme nun über mehrere Wochen nicht gelöst.

Der FCA kassiert einfach zu viele Gegentore. Und immer wieder ist man zu Beginn des Spiels und nach der Halbzeitpause nicht voll da. War es Thorup nach seiner Ankunft noch gelungen, der Mannschaft wieder Selbstvertrauen einzuhauchen, so gelingt es seinem Team nun mehr nicht mal mehr Flanken ordentlich zu verteidigen. Oder konzentriert zu Beginn einer Spielperiode auf dem Platz zu stehen. Trübsal ist in Augsburg angekommen.

Einfache Fehler

Was dabei besonders auffällt: die Mannschaft scheitert nicht an komplexen Themen. Es sind die kleinen Dinge, die jeder Profi auf einem gewissen Niveau beherrscht, die momentan nicht abgerufen werden. Die zuvor genannten Flanken resultieren z.B. aus Einwurfsituationen, die schlecht verteidigt werden. Der FCA ist insgesamt im letzten Drittel zu passiv. Vom Thorupschen „Offensive Mindset“ ist ein Jahr nach seiner Ankunft nicht mehr viel zu sehen.

Als Ausrede lässt sich momentan noch verwenden, dass die Mannschaft sehr stark durcheinander gewürfelt wurde. 40 Transferbewegungen gab es auf dem Papier in diesem Sommer. Die halbe Stammelf wurde getauscht. Von den 5 Spielern in Abwehr und Tor sind 4 neu. Man kann also schon nachvollziehen, warum noch nicht alles perfekt läuft. Warum es trotzdem so viele einfache Fehler gibt, die leicht abstellbar sein sollten, verstehe ich persönlich nicht mehr. Wenn man die schlechte Schlussphase der letzten Saison noch zusätzlich mit beachtet, wird es Zeit den Kreislauf der negativen Ergebnisse langsam aber sicher mit einer kleinen Serie zu durchbrechen.

Konkurrenzkampf vs. Vertrauen

Dafür müssen Fehler aber auch Konsequenzen haben. Einerseits hat Jess Thorup in den letzten Wochen immer mal wieder darauf hingewiesen, dass er im Kader eine gewisse qualitative Breite zur Verfügung hat. Auf der anderen Seite hat er nun in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Gladbach betont, wie jeder seiner Spieler seine Rolle im Kader kennt und weiß, was von ihm erwartet wird. Über die Woche will er den Spielern das notwendige positive Gefühl und Vertrauen geben, so dass sie ihre Leistung abrufen können.

Einerseits bin ich kein Freund von erratischen Kaderreaktionen. Nur weil mal ein Fehler passiert, heißt das nicht, dass es ein Spieler grundsätzlich schlecht macht. Wenn nun aber eine personelle Konstellation, wie die in der Abwehr des FCA, über Wochen keine guten Leistungen abliefert und anscheinend nicht dazu führt, dass Spieler ihr Leistungsmaximum erreichen, muss sich etwas ändern. Es liegt dann am Trainer auch mal zu wechseln und nicht immer wieder die gleichen Spieler von Anfang an spielen zu lassen. Darauf warte ich bei Jess Thorup gerade. Oder seine Mannschaft straft uns alle, in dem sie nun endlich mal konstant ihre Leistung abruft.

Jeffrey Gouweleeuw fällt momentan – wie die gesamte Abwehr – mehr durch Schiedsrichterdiskussionen auf als durch gelungene Klärungen. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Systemfrage

Was bis dahin auch nicht verschwinden wird: die Systemfrage. Thorup wechselt bei den Grundformationen von 4er Kette auf 3er Kette und wieder zurück, Immer wieder stellt er um, ohne dass sich die Leistung dauerhaft verändert. In der Pressekonferenz wurde er nun diese Tage gefragt, wohin das führen soll und was sein langfristiger sportlicher Plan an dieser Stelle ist. Leider konnte er die Frage nicht so beantworten, dass ich verstanden hätte, wohin er langfristig will. Kurzfristig soll wohl die beste Elf spielen unabhängig vom System. Das kann ja im Umkehrschluss nur bedeuten, dass er entweder kein Wunschsystem hat, von dem er überzeugt ist, oder hierfür nicht die richtigen Spieler.

Alles in allem führt die Systemwechselei aus meiner Perspektive nur zu mehr Problemen. Ich hatte schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass bei diesen vielen Transferbewegungen zu viele taktische Variabilität jetzt am Anfang nicht sinnvoll ist.

Welche Impulse kommen?

Thorup hat weiterhin ein Arsenal an Möglichkeiten zur Verfügung, um der Mannschaft einen Schubs zu geben. Er könnte sich auf ein taktisches System festlegen, um schneller Automatismen zu schaffen und hierdurch vielleicht schneller Ergebnisse zu erzielen. Er könnt aber auch schlicht Spieler wechseln und anders einsetzen, so dass es besser klappt. Muss Jeffrey Gouweleeuw in der 3er Kette die mittlere Innenverteidiger-Position besetzen oder wäre Keven Schlotterbeck hierfür evtl. besser geeignet?

Es wird auf jeden Fall Zeit, dass der FCA aus der Passivität erwacht. Es muss ein Ende haben mit den schlechten Starts in die Halbzeiten. Das Team muss zeigen, dass es hellwach und bereit ist für die Aufgabe. Ansonsten wird der FCA nicht drum herum kommen – auch wenn Thorups Vertrag gerade erst verlängert wurde – die jährliche Trainerdebatte intern zu führen, ob die Impulse nicht von jemand anders kommen müssten. Das Geschäft ist an dieser Stelle sehr vorhersehbar. Im Gegensatz zum letzten Jahr bin ich in diesem Jahr noch nicht überzeugt, dass der Zeitpunkt schon gekommen ist. Enno Maaßen hatte 5 Punkte gesammelt bis zu seinem Abschied. Thorup hat momentan 4 Punkte auf dem Konto. Die weiteren Berechnungen dürft ihr selbst unternehmen.

Und jetzt?

Wenn man bei dem Spiel des FCA gegen St. Pauli bei Hamburger Bildern bleiben mag, dann war das ein toller Abstecher auf die Reeperbahn. Am Tag danach klingt das Erlebnis noch nach und es ist doch mal schön, an einem Montag das Grinsen nicht aus dem Gesicht zu bekommen. Am Dienstag nimmt das dann schon wieder etwas ab und jetzt in der Mitte der Woche steht die Frage im Raum: Und jetzt?

Pflichtaufgabe erfüllt

St. Pauli ist bis jetzt noch nicht in der ersten Liga angekommen. Cheftrainer Hürzeler ist im Sommer gegangen und das Team – so stabil es zusammen geblieben ist – zeigt momentan nicht die Substanz für die Bundesliga. Zumindest bisher. Gegen den FCA ist den Hamburgern wenig gelungen. Gerade offensiv war das – bis auf das Tor- harmlos. In der Defensive ergaben sich selbst für einen in letzter Zeit nicht vor Offensivkompetenz strotzenden Verein wie den FCA viele Chancen.

Ich hatte es vor dem Spiel im Millernton-Podcast gesagt: Wenn nicht gegen St. Pauli, gegen wen sonst sollte der FCA gewinnen. Es war der zwingende Zeitpunkt um die negative Ergebnisserie endlich zu beenden und mal wieder einen Dreier in der ersten Liga einzufahren. Das war der Anspruch gegen St. Pauli und den konnte man auch erfüllen. Mehr aber auch nicht. Bei allem Realismus: der FCA hätte es in der zweiten Halbzeit fast schon wieder geschafft, wie schon gegen Bremen, eine Führung noch aus der Hand zu geben.

Die Trickkiste weit geöffnet

Für das dennoch gute Spiel musste Jess Thorup aber auch alle Tricks auspacken, die er zur Verfügung hatte. Im ersten Spiel nach seiner Vertragsverlängerung stellte er um auf ein System mit 3er Kette in der Abwehr und gab zum ersten Mal Marius Wolf auf der rechten Schiene die Möglichkeit sein Talent von Beginn an auf den Platz zu zeigen. Das war aber nur einer von 5 Wechseln in der Startaufstellung. Dazu durfte auch Maxi Bauer in der Abwehr ran, genau wie Frank Onyeka nach gefühlt 1,5 Trainingseinheiten mit der Mannschaft im Mittelfeld den Vorzug vor Arne Maier bekam. Zusätzlich rutschte Ruben Vargas – nachdem nun alle Transferfenster geschlossen sind- wieder in die Startelf, wo er mit Rückkehrer Kristijan Jakic zusammen auflaufen durfte. Insgesamt hat der FCA so bisher 22 Spieler in der bisherigen Bundesligasaison eingesetzt. Kein anderer Club kommt bisher auf mehr.

Frank Onyeka war einer der neuen beim FCA, der für ordentlich Wirbel sorgte. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Einerseits ist das ein klares Mehr an Qualität auf dem Rasen gewesen. Die Neuzugänge kommen so langsam in Augsburg an und Jakic‘ Blessuren sind zumindest vorerst auskuriert. Das neue System hat zudem dazu geführt, dass der FCA prinzipiell – bis auf in einer schwächeren Phase in der zweiten Hälfte (wo kam die schon wieder her?) – stabil stand und auch nach vorne einiges an Gefahr erzeugen konnte.

Bonuspunkte bekommt Thorup an dieser Stelle von mir, weil Henri Koudossou sein Bundesligadebüt geben durfte und anscheinend auf der rechten Schiene als kompetent genug angesehen wird. Koudossou war zwar derjenige, der sein Debüt als eigener Nachwuchsspieler feierte, aber damit war es mit der Jugend und Thorup am Sonntag noch nicht vorbei. Auch der 20jährige Yusuf Kabadayi wurde erneut eingewechselt und konnte in der Nachspielzeit direkt den Deckel drauf machen auf die Partie mit seinem Treffer zum 3:1. Thorup hat mittlerweile in seiner Zeit in Augsburg drei eigenen Jugendspielern zum Debüt verholfen und gibt den ganz Jungen auch in wichtigen Situationen ihre Chancen. Es kommen Manuel Baum Gefühle auf und das ist zumindest in Bezug auf die Jugendförderung etwas Gutes.

Was ist es wert?

Jetzt am Freitag geht es direkt weiter. Und die einfache Antwort auf die Frage nach dem Wert des Siegs gegen St. Pauli ist: 3 Punkte. Die werden aber erst dadurch abgerundet, in dem der FCA auf dieser Partie aufbauen und gegen Mainz am Freitag, erneut zu Hause, direkt nachlegen und den nächsten Dreier einfahren kann.

Was wäre der Unterschied? Mainz hat ähnliche Ambitionen wie der FCA und ist längst in der Liga angekommen. Zuletzt hatten die Mainzer eine sehr gute Ergebnisserie und blieben vor der Partie gegen Bremen in 11 Spielen ungeschlagen. Mainz ist ein echter Gegner auf Augenhöhe und damit steht ein Kräftemessen an, bei dem sich zeigen wird, wer von beiden Teams einen guten Saisonstart für sich verbuchen kann. Und wer den Erwartungen dann doch weiterhin hinterherhinkt. Wo St. Pauli ein absoluter Pflichtsieg war, ist das Spiel gegen Mainz ein Fingerzeig. Ich bin gespannt, in welche Richtung es geht.

1,2,3,4,5,6,7: Thorup zählt sich selbst an

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Nur drei Pflichtspiele standen an, bevor die erste Länderspielpause schon wieder den Spielbetrieb der Vereine unterbrach, damit sich die Nationalmannschaften bei der Nations League miteinander messen können. Als FCA-Fan war ich nach dem Pokalspiel gegen Viktoria Berlin erstmal erleichtert. Immerhin hatte sich der FCA nicht blamiert und war gegen einen unterklassigen Club nicht ausgeschieden. Aber die entscheidenden Partien absolviert der FCA nicht im Pokal sondern in der Bundesliga, und hier war der Start enttäuschend.

Die Serie wächst an

Gegen Bremen war der FCA sauer auf den Schiedsrichter, der eine Elfmeterentscheidung verkackte. Auf der anderen Seite hatte der FCA selbst das Spiel nach der Halbzeitpause aus der Hand gegeben und den SV Werder ausgleichen lassen. Ganz unbeteiligt war das Team also nicht daran, dass Bremen einen Punkt aus der wwk Arena mitnahm und der FCA somit im sechsten Spiel in Folge (saisonübergreifend) in der Bundesliga nicht gewann.

Auf die Partie gegen Bremen folgte in Heidenheim ein erstes Debakel in dieser noch jungen Saison. Der FCA machte einfache Fehler in der Abwehr und geriet früh in Rückstand. Das Team hatte zwar in der Folge relevante Spielanteile, nach vorne fehlte aber die letzte Konsequenz und Durchschlagskraft. Ganz im Gegensatz dazu trat Heidenheim sehr durchschlagskräftig auf. Und so verlor man am zweiten Spieltag mit 0:4 gegen einen Gegner, gegen den man in der Vorsaison zweimal gewonnen hatte. Und der FCA bleibt somit auch im siebten Spiel in Serie in der Bundesliga ohne Sieg.

Selbstvertrauten ade?

Ein Grund, weswegen der Verein in der Vorsaison nach dem Spiel gegen den SV Darmstadt den Trainerwechsel von Enno Maaßen zu Jess Thorup vornahm, war das fehlende Selbstbewusstsein des Teams. Dieses Selbstvertrauen scheint auch im Moment nicht vorhanden zu sein. Dazu kommt, dass es für Jess Thorup im Moment auch nicht einfach ist, dieses wieder aufzubauen. Einerseits gab es in der Sommerpause viele Spielerwechsel. Kapitän Demirovic wechselte nach Stuttgart. Mit Felix Uduokhai und Niklas Dorsch wechselten weitere Spieler, die in der Vergangenheit schon die Binde beim FCA getragen hatten, den Verein. Als Ersatz kamen im Sommer vor allem Spieler, die mit Liga und Verein noch nicht vertraut sind. Woher soll das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Selbstvertrauen momentan kommen?

Der ein oder andere wird nun anmerken: Glücklicherweise ist doch jetzt Länderspielpause. Ja, aber der FCA verfügt über so viele Nationalspieler wie lange nicht und genau die sind jetzt in der Länderspielpause nicht beim FCA sondern mit ihren Nationalmannschaften unterwegs. Etwas unglücklich alles, aber so richtig voran geht es dann gerade auch nicht.

Wie sieht Thorups sportliche Lösung aus?

Aber auch auf dem Platz ist Jess Thorup als Lösungsfinder gefragt. Neben dem, dass er eine Mannschaft formen muss, die auf dem Platz auch als solche auftritt, stellen sich sportliche Fragen. Eine, die den FCA nun schon länger begleitet: aus welcher Grundformation heraus will man eigentlich antreten? Gegen Bremen hat man 60 Minuten mit der Raute gespielt und dann auf ein System mit 3er Kette gewechselt. Die 3er Kette hat gut funktioniert. Gegen Heidenheim orientierte man sich zurück zur 4er Kette und kassierte eine Klatsche.

Wenn Thorup mit den Medien redet, dann wird er meistens nicht besonders konkret. (Photo by Carsten Harz/Getty Images)

Es mag mir nicht in den Kopf, dass die Phase, in der ich so viele neue Spieler wie selten zuvor integrieren muss, die richtige ist, um von System zu System zu wechseln. Um schnell zu eingespielten Abläufen in kurzer Zeit zu kommen, kann es aus meiner Sicht nicht förderlich sein, immer wieder von System zu System zu wechseln. Und wie einen Gegner auseinander nehmen, wenn man halbgar einstudierte Systeme auf den Platz bringt und nicht ganz auf der Höhe ist, hat zuletzt Heidenheim eindrucksvoll gezeigt.

Ist Thorup überhaupt voll beim FCA?

Insgesamt sprechen die sportlichen Leistungen nun somit schon seit einer geraumen Weile nicht mehr für Jess Thorup als Trainer beim FCA. Dennoch hatte der kicker noch im Mai berichtet, dass der FCA den Vertrag über den Sommer 2025 hinaus verlängern wollte, um Konstanz auf dem Trainerposten zu schaffen. Eine Vollzugsmeldung gab es über den gesamten Sommer hinweg allerdings nicht.

Dies kann nun zweierlei bedeuten. Einerseits kann sich das Interesse des FCA geändert haben bzw. man hat sich entschieden, das Thema bis nach die Transferperiode zu verschieben. Andererseits kann es sein, dass Thorup gar kein längerfristiges Interesse daran hat, beim FCA zu bleiben. Ganz konkret ist Thorups Co-Trainer Interims-Nationaltrainer in Dänemark. Thorup hat die Nationalmannschaft immer als einen von zwei Traumjobs bezeichnet (neben der Trainerstelle in Kopenhagen, die er schon inne hatte). Bei seinem Absprung nach Kopenhagen war dieser auch früh während einer Saison erfolgt – Anfang November, um genau zu sein. Evtl. schielt Thorup auch auf einen Posten bei einem größeren Verein. Der FCA sollte hier im eigenen Interesse schnell für Klarheit sorgen. Im amerikanischen wird ein Trainer, der keine Zukunft mehr bei seinem Verein hat, als „lame duck“ übersetzt „lahme Ente“ bezeichnet, weil im die Glaubwürdigkeit fehlt, Konsequenzen durchzusetzen. Eine solche Situation sollte der FCA zwingend vermeiden.

Am Scheidepunkt

Und so kommt es, dass beim FCA schon sportlich früh in der Saison Spannung aufkommt. Wie geht es konkret weiter? Aus meiner Sicht gibt es zwei Möglichkeiten: Einerseits könnte man mit Thorup verlängern. Thorup hat auch schon letzte Saison sportliche Abläufe nach seiner Ankunft vereinfacht und seiner Mannschaft Selbstbewusstsein eingeimpft. Warum sollte er die Kurve nicht noch einmal bekommen? Dann bleiben die ersten beiden Spiele eine Randnotiz. Andererseits will der FCA vielleicht erst die sportliche Entwicklung abwarten, und sollte sich bei fehlender Überzeugung oder bei Fragezeichen bzgl. Thorups mittelfristiger Verfügbarkeit schneller von Trainer Thorup trennen als letztes Jahr von Enno Maaßen.

Vielleicht sieht es intern viel deutlicher aus. Nach außen vermittelt der FCA durch seine sportlichen Ergebnisse und die unterbliebene Vertragsverlängerung von Thorups Fragezeichen auf der Trainerposition. Mal schauen, wann sich diese auflösen. Bis dahin bleibt es spannend, rund um unseren Lieblingsclub. Etwas anderes war ja aber auch gar nicht zu erwarten.

Hat sich viel verändert?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette” bei presse-augsburg.de. 

In knapp einer Woche startet der FCA in Berlin im Pokal in die neue Saison. Kommt da Vorfreude auf? Anscheinend schon. Fans besuchten zuhauf das Freundschaftsspiel gegen Leicester in Kempten, beim Familientag gibt es lange Schlangen für Autogramme. Die neuen Trikots erfahren prinzipiell positiven Zuspruch, das Römer-Trikot geht durch die Decke, und auch der Dauerkartenverkauf zeigt weniger verfügbare Tickets als noch im Vorjahr. Dazu kommt, dass der FCA mit einigen Sponsoren neu abschließen oder verlängern konnte. Es sind kaum Gründe vorhanden, Trübsal zu blasen. Wie viel Euphorie ist dennoch berechtigt?

Tore, Tore, Tore

Am Ende sind es Tore, die in allen Ligen für Punkte sorgen werden. Mit Ermedin Demirovic hat der FCA seinen besten Offensivspieler abgegeben. Ob Mounié und Essende adäquater Ersatz sind, wird sich erst noch zeigen. Wenig förderlich ist zu diesem Zeitpunkt auch die ungeklärte Zukunft von Ruben Vargas, der sich den nächsten Schritt und einen Abgang vom FCA gut vorstellen kann, wofür es aber noch ein adäquates Angebot bräuchte – und evtl. dann auch weiteren offensiven Ersatz.

Was in diesem Zusammenhang im Vergleich zur Vorsaison auch flöten geht: die Chemie zwischen Tietz, Vargas und Demirovic. Die drei konnten einfach gut miteinander, hatten sich dazu entschlossen, miteinander die Gegner vor Probleme zu stellen. Auch diese Chemie zwischen den neuen Kollegen wird Zeit benötigen, bis sie wieder vorhanden ist. Sie wird allerdings notwendig sein, um für den FCA für genüg Tore zur sorgen.

Negative Vibes

Der FCA nimmt aus der alten Saison auch eine schlechte Serie mit. Zum Ende der Saison hat er fünfmal verloren. Teilweise hat er auch sehr schlecht gespielt, obwohl es gegen Leverkusen, die schon sicher Meister waren, am letzten Spieltag nicht die befürchtete Katastrophe gab. Dies führt nun nicht dazu, dass der FCA in das neue Jahr geht und auf die eigene Stärke vertrauen kann. Das Selbstbewusstsein ist sich mühevoll neu zu erarbeiten.

Dazu kommt, dass der FCA momentan im Kader schon noch ein paar Spieler hat, die mit ihrer jetzigen Situation nicht zufrieden sind. Irvin Cardona darf sich seit kurzem leihweise für Espanyol Barcelona betätigen und so ist zumindest diese Personalie gelöst. Er war mit seinen Abwanderungsgedanken aber nicht alleine. Zudem suchen Felix Uduokhai und Ruben Vargas nach neuen Herausforderungen. Die Frage ist mal wieder, ob sie sie finden. Für den FCA wird es wichtig sein für die Abgänge den Weg zu ebnen, um einerseits Ruhe zu schaffen und Ressourcen für Zugänge zu generieren.

Auf der Suche nach dem richtigen System

Und während man dann die Testspiele verfolgt, fragt man sich, in welchem System Jess Thorup seine Elf antreten lassen will. Einerseits wirkt das nach vorne, aus den oben genannten Gründen, immer noch nicht abgestimmt. Aber auch hinten kommt zumindest für den ein oder anderen Fan immer noch zu viel Unruhe auf. Dies liegt an Jess Thorups Hartnäckigkeit immer wieder eine 3er Kette aufzubieten.

Auf der Suche nach Lösungen: Ob es wieder so gut gelingt wie in manchen Phasen der letzten Saison? (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Warum diese 3er Kette nicht funktioniert? Es mag am Personal liegen. Jess ist auch in der personellen Besetzung wieder zu Jeffrey Gouweleeuw zurückgekehrt, der in seiner Karriere ein klassischer Innenverteidiger in einer 4er Kette war. Er wird als Kapitän nun noch mehr gesetzt sein, als sowieso vermutet. Auch Felix Uduokhai hat eine Präferenz zur 4er Kette geäußert. Patric Pfeiffer, eher geeignet für die zentrale 3er Ketten Position, kam bisher nicht überzeugend zum Zug und auch bei ihn wurde von Abwanderungsgedanken geschrieben. Es wird an Jess liegen, hieraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und entweder zu zeigen, dass die 3er Kette funktioniert oder endlich komplett davon abzulassen.

Die Wahrheit liegt auf dem Platz

Und so kommt rund um den FC Augsburg momentan noch nicht die große Euphorie über die sportliche Entwicklung auf. Dies liegt dann nicht nur daran, dass weiterhin – wie zu diesem Zeitpunkt üblich – am Kader gebastelt wird. Nein, es stellt sich auch die Frage, ob sich der FCA überhaupt verstärkt hat mit Blick auf die kommende Saison und dem qualitativ großen Abgang von Ermedin Demirovic.

Dazu kommt, dass Jess Thorup für sein Personal nach dem richtigen System sucht. Und spätestens an dieser Stelle, fragt man sich, ob sich vor dieser Saison so viel geändert hat im Vergleich zu davor, außer dass es mit dem ein oder anderen Neuzugang vergleichsweise früher geklappt hat (zum gleichen Zeitpunkt suchte man letztes Jahr noch einen Rechtsverteidiger). Enno Maaßen hat auch nach den richtigen Ansätzen gesucht (und sie leider nicht gefunden).

Wer Spannung mag, kommt damit mal wieder voll auf seine Kosten. Sportlich wird der FCA zeigen müssen, dass es besser läuft als im letzten Jahr und nach 5 Spieltagen in der Bundesliga werden wir alle mehr wissen. Alleine, die Wahrscheinlichkeit, dass Jess Thorup nach diesen immer noch Trainer ist, ist in dieser Saison wohl höher.

Viel Bewegung

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Der FC Augsburg stand bis vor kurzem bei vielen Augsburger Fußballfans kurzfristig nur an zweiter Stelle, zumindest so lange wie die Deutsche Nationalmannschaft an der EM teilnahm. Nach dem Ausscheiden der Nagelsmann-Truppe aus dem Turnier geht zumindest bei mir der Fokus klar Richtung Saisonvorbereitung des FCA.

Vier Wochen war Jess Thorup nach eigener Aussage im Urlaub. Derweil war der FCA ganz und gar nicht untätig. Ich habe vor kurzem einen Zwischenstand der Transferaktivitäten veröffentlicht. Seitdem ist schon wieder einiges passiert. Der FCA war zwar in der letzten Saison erfolgreich mit der 3. besten Bundesligasaison der Vereinsgeschichte und Platz 11. Dafür gibt es sehr viele Personalbewegungen in unterschiedlichen Bereichen und die ein oder andere organisatorische Neuerung. Kurz vor Start des Trainingslagers will ich einmal grob aufzeigen, was sich getan hat:

Transfers, Transfers, Transfers

Der FCA hat schon fett auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Neben den Leihrückkehrern gehören dem Team in der kommenden Saison fest an: Kristijan Jakic, Samuel Essende, Keven Schlotterbeck, Nediljko Labrovic, Yusuf Kabadayi und Steve Mounié. Ob sich in der kommenden Saison in der ersten Elf etwas tun wird? Mit Sicherheit. Auf welchen Positionen? Wir werden sehen.

Auf der Abgangsseite stehen mittlerweile Sven Michel, Iago und Tomas Koubek neben den bisher abgeschlossenen zwei Leihen von Lasse Günther und Marcel Lubik.

Insgesamt ist das schon sehr früh in der Transferperiode sehr viel Bewegung im Kader und gerade jetzt zum Trainingsstart eine große Truppe, die sich in der kommenden Woche auf den Weg in Trainingslager machen wird.

Das Trainingslager in Südafrika

Für die Trainer steht in Südafrika der Sport im Fokus. Für Manager Michael Ströll geht es aber auch darum, sich daran zu beteiligen, die Bundesliga im Ausland zu vermarkten. Im Podcast „Viererkette“ der Augsburger Allgemeine hat er auch erklärt, dass der FCA für das Trainingslager in Südafrika keine Kosten zu tragen hat. Es geht also um mehr als nur um das Sportliche.

Für die Mannschaft und einzelne Spieler wird das Trainingslager auch zu Komplikationen führen. Sollte ein Spieler im Zeitraum des Trainingslagers den Club verlassen, so muss er dann aus Südafrika zu seiner neuen Tätigkeitsstätte reisen. Sollte ein Spieler dazu stoßen wollen, wird es komplexer als nur mit dem Auto nach Österreich zu fahren. Es ist wohl gerade deshalb verständlich, warum der FCA versucht hat, möglichst viele Transfers früh unter Dach und Fach zu bringen. Ganz vermeiden werden sich die logistischen Schwierigkeiten im Laufe des Trainingslagers aber trotzdem nicht lassen.

Mal schauen, wie lange es dauert, bis die Abläufe wieder sitzen. Vielleicht länger als uns lieb ist. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Trainerteam

Zumindest das Trainerteam für die nächste Saison sollte aber mittlerweile stehen. Und während Jess Thorup im Urlaub war, gab es auch hier viel Bewegung. Mit Jonas Scheuermann hat sich der langjährigste Co-Trainer des FCA für eine neue Herausforderung in der Premier League entschieden. Die vakante Position wird Lars Knudsen ausfüllen, den Thorup letztes Jahr als Standardtrainer dazu geholt hat. Wer nun – auf Grund des nicht gerade üppigen Erfolgs im Standardbereich – gehofft hätte, das er dieses Thema abgibt: dem ist nicht so. Um die Standards kümmert sich Knudsen weiterhin zusätzlich. Mit Scheuermann geht ein emotionaler Leader im Trainerteam und jemand, der über viele Jahre seinen Beitrag geleistet hat. Viel Glück Dir, Jones!

Dazu war ja schon länger klar, dass man mit Torwarttrainer Marco Kostmann nicht verlängert. Hier kommt Marco Langer dazu, der zwar schon bei einigen Bundesligisten gearbeitet hat, aber eben zuletzt auch nicht mehr. Er darf sich nun selbst ein Bild der Keeper machen, bei denen Finn Dahmen die einzige Konstante ist. Und gerade der wird bis Anfang August ausfallen. Die Gemengelage im Tor ist offener denn je.

Konkurrenzkampf und gewünschte Abgänge

Die Kämpfe um die Plätze in Südafrika und auch danach in der Vorbereitung könnten auch neben dem Tor hochspannend werden. Der Konkurrenzkampf auf allen Positionen ist eröffnet. Entweder weil man sich – wie im Tor – bewusst dazu entschieden hat. Oder, weil Leistungsträger den Club verlassen haben (Iago) oder noch verlassen werden (Uduokhai, Demirovic, Vargas).

Gerade bzgl. der Spieler, die den FCA noch verlassen wollen, könnte Unruhe aufkommen. Wie lange will Ermedin Demirovic warten, bis er Sicherheit über seinen neuen Arbeitgeber hat? Kommt Ruben Vargas nach der EM überhaupt zum FCA zurück? Und wie geht die Situation aus, wenn Felix Uduokhai seine Wünsche auf dem Transfermarkt erneut schwinden sieht und der FCA auf einmal sehr üppig auf der Position der Innenverteidiger aufgestellt ist? Fragen über Fragen, die Marinko Jurendic und Team möglichst zeitnah zu klären haben.

Funktioniert es gleich?

Dafür, dass er FCA eine vergleichsweise sehr gute Saison gespielt hat, geht es doch recht bunt zu. Nächste Woche macht sich der FCA mit einem neu-formierten Trainer- und Funktionsteam, auf zu einem neuen Trainingslager-Ort und nimmt viele neue Spieler mit. Kann man sich immer aussuchen, wie viel Wechsel in einem Sommer passieren? Nein. Ist das vielleicht sehr viel Bewegung? Ja.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Dinge und Abläufe beim FCA in diesem Sommer mehr Zeit brauchen, als man sich von außen wünschen würde. Ich bin gespannt, wie schnell die Abläufe funktionieren und sich auf und neben dem Feld die Teams finden und der Zusammenhalt wächst. Für den Moment bin ich zwar optimistisch, aber auch verhalten. Mal schauen, welche Überraschungen der FCA in diesem Sommer noch für uns bereithält.

Wie soll es werden?

Hätte, wenn und aber. Im Nachhinein sind immer alle schlauer. Man mag sich fragen, welche Pläne der FC Augsburg sportlich für die kommende Saison hat. Heute spielen wir „Wünsch Dir was“ basierend auf folgendem Ausgangsszenario: Der FC Augsburg hat unter Jess Thorup eine respektable Saison gespielt. Thorup hat zuvorderst Erfolg gehabt, als er mit Viererkette und Raute hat spielen lassen. Im Schlussabschnitt der Saison hat er leidlich versucht eine Dreierkette auf den Rasen zu zaubern und es ist kläglich misslungen. Defensiv ging die Stabilität mal wieder verloren und offensiv war der FCA zu harmlos. Auf Grund der erfolgreichen Saison werden Ermedin Demirovic, Ruben Vargas und Felix Uduokhai voraussichtlich den Club verlassen. Ihr seid für den sportlichen Bereich der Augsburger verantwortlich und müsst euch entscheiden: Welche sportliche Ausrichtung (3er Kette / 4er Kette / etc.) strebt ihr in der kommenden Saison an und welche 3 Spieler verpflichtet ihr hierfür?

Ich habe mir die Mühe gemacht und neben meiner eigenen Meinung auch drei ausgewiesene Experten zu diesem Thema befragt, bevor es in der kommenden Woche für den FCA in die Saisonvorbereitung geht, und die Antworten nun einmal gebündelt zusammengestellt. Viel Spaß beim Lesen!

Jakob Kort (zirbelnews):

Basierend auf den Erkenntnissen der vergangenen Saison habe ich den Entschluss gefasst, den Kader nicht ausschließlich auf die hauptsächlich verwendete Raute anzupassen. Stattdessen hat aus meiner Sicht insbesondere der Saisonendspurt offenbart, dass man sich in puncto taktischer Grundausrichtung variabler aufstellen sollte. Ich plane deshalb mit einem 4-2-3-1 mit Hängender Spitze. Die drohende Demirović-Lücke hätte ich am liebsten mit Armindo Sieb geschlossen, der jedoch leider unmittelbar vor einem Wechsel zu Mainz 05 steht. Als Alternative fände ich Meschack Elia von Young Boys Bern spannend, wenngleich dieser wohl weitaus teurer wäre.

Noch offensichtlicher ist der Bedarf an neuen Außenverteidigern – die Betonung liegt hierbei auf dem Plural. Sowohl links als auch rechts hinten muss der FCA dringend nachlegen. Meine Wahl fällt in diesem Fall auf Killian Sardella vom RSC Anderlecht. Dort ist der 22-jährige, beidseitig einsetzbare Außenverteidiger absoluter Stammspieler und besitzt noch ein Jahr Restvertrag.

Ich schließe die Liste mit einem offensiven Flügelspieler ab. Um die große Auswahl dabei zumindest etwas einzuschränken, fokussiere ich mich hierbei auf Jan-Niklas Beste von Heidenheim. Der Vertrag des 25-jährigen Standardspezialisten läuft nächstes Jahr aus, finanziell dürfte der FCA reizvoller als der FCH sein. Ein Schnäppchen wäre Beste keineswegs, vom Spielertyp passt er jedoch perfekt ins System. Wie gut das Zusammenspiel mit großen Mittelstürmern wie Tietz, Essendé (oder Mounié) funktionieren könnte, ließ sich am Beispiel von Kleindienst eindrucksvoll erkennen.

Florian (Augsburger Allgemeine):

Die Frage, ob der FC Augsburg in Vierer- oder Dreierkette antreten soll, stellt sich meines Erachtens nicht so richtig. Viererkette isses – und das nicht nur, weil es dazu einen recht passablen FCA-Podcast gibt. Tatsächlich war Rot-Grün-Weiß in der jüngeren Vergangenheit aber immer dann am besten, wenn der jeweilige Trainer auf das Modell der zwei Innen- und zwei Außenverteidiger gesetzt hatte. Eine Dreier- beziehungsweise Fünferkette geriet dann recht schnell recht destruktiv, weil aus dem geschröpften Mittelfeld dann auch nicht mehr die großen Impulse kamen.

Diese Abwehrreihe muss aber mit Leben gefüllt werden – soll heißen: mit den richtigen Spielern. Der Transfer von Keven Schlotterbeck ist der Vorgriff auf den Abgang von Felix Uduokhai gewesen und könnte ein richtiger guter Griff gewesen sein. Kollegen, die den VfL Bochum begleiten, haben mir erzählt, dass die Enttäuschung über dessen Abgang beim alten Klub ganz schön groß war. Stichwort: emotional leader.

Bleibt der Wunsch nach zwei offensivstarken Außenverteidigern. Denn eine Konstante aus FCA-Sicht seit der Bundesligazugehörigkeit lautet: Hat Augsburg gute Außen, läuft es. Das war zu Zeiten von Verhaegh so – und das war bei Baba, Max oder zuletzt bei Mbabu nicht anders. Weil mit Iago der vielleicht am häufigsten unterschätzte Spieler der vergangenen Jahre weg ist, gibt es auf beiden Seiten hohen Handlungsbedarf. Wenn ich mir was wünschen könnte, würde ich für die linke Seite Tom Rothe holen. Der war in der vergangenen Saison bei Holstein Kiel der beste Außenverteidiger der zweiten Liga, ist erst 19 Jahre alt und gehört eigentlich Dortmund. Ist also kein klassischer Geheimtipp und nicht gerade billig. Gerne auch den zuletzt ausgeliehenen Mbabu halten – auch nicht kostengünstig, ich weiß.

Aber hey, Demirovic und Vargas spülen ja Geld in die Kassen. Stichwort Demi: Dessen Abgang wiegt schwer, sportlich wie menschlich. Gerne dafür einen Glatzel vom HSV, aber auch einen Spieler mit ähnlich ausgeprägtem Sozialverhalten noch bitte holen. Aus emotionaler Sicht wünsche ich mir seit Jahren eine Rückkehr des gebürtigen Augsburgers Gabriel Vidovic. Der steht bei den Bayern unter Vertrag, wird seit Jahren nur verliehen, ist im dortigen Starensemble ohne Chance und hat es in der vergangenen Saison in Zagreb gut gemacht. Deswegen: come home, Gabriel!

WOLFSBURG, GERMANY – MAY 14: Gabriel Vidovic of Bayern Munich in action during the Bundesliga match between VfL Wolfsburg and FC Bayern München at Volkswagen Arena on May 14, 2022 in Wolfsburg, Germany. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Tom Scharnagl (a.tv):

Stabilisierung. Das war nach dem Auf- und Ab unter Enno Maaßen das Gebot der Stunde. Jess Thorup hat genau das geliefert. Mit klaren Anweisungen hat er der Mannschaft Sicherheit gegeben, Laufwege führten (endlich) zu Ergebnissen. Und es scheint, als ginge es darum immer häufiger. Die meisten Mannschaften laufen viel, die Guten laufen noch dazu effizient und perfekt abgestimmt. Die technische Qualität im Kader lässt sich für mich im Moment nicht wirklich vorhersagen, zu unsicher ist der Verbleib prägender Spieler wie Engels, Vargas oder Demirovic. Ohnehin  wird aber auch in der kommenden Saison beim FCA vieles im athletischen Bereich entschieden. Zweikämpfe, Tempo, Laufbereitschaft – daran führt in Augsburg nichts vorbei.

Die taktische Grundordnung ist für mich da eigentlich eher weniger entscheidend, aber für eine 3-er Kette braucht es dominante Schienenspieler, die athletisch, technisch und taktisch hohes Bundesliga-Niveau haben. Das sehe ich derzeit nicht, deshalb wäre die 4-er Kette mein Favorit. Schlüsselpositionen bleiben für mich die Außenverteidiger und das Sturm-Zentrum. Vorne braucht es in dieser Liga Wucht und Cleverness, auf den (defensiven) Außen ist Tempo, Zweikampfhärte und Passqualität gefragt. Kreativität und Nervenstärke hingegen braucht es auf dem Transfermarkt. Es scheint ein größerer Umbruch im Kader zu werden. Jess Thorups Stabilisierungsqualitäten könnten erneut sehr gefordert sein.

Andy (Rosenau Gazette):

Warum sollte man etwas ändern, was gut funktioniert hat? Ich habe es schon am Ende der letzten Saison nicht verstanden, warum Jess Thorup die 4er Kette eingemottet hatte und ich verstehe es auch weiterhin nicht. Eine 3er Kette hat in Augsburg nicht mehr funktioniert seit Rainer Hörgl. Und manch eine(r) wird jetzt googeln müssen, wer das war. In der Innenverteidigung ist man da schon topp aufgestellt und für die Viererkette wird es nun wichtig werden, auf beiden Außenverteidigerpositionen nachzulegen und Spieler zu verpflichten, die eindeutig Bundesligaqualität haben.

Wenn man dann nach vorne schaut, dann sollte der FCA nicht zu verkopft an die Sache heran gehen. Im Mittelfeld bin ich dann gerne bereit, Variabilität zuzugestehen. Ich glaube allerdings prinzipiell, dass der FCA mit zwei Stürmern spielen will, wovon einer mit Tietz oder Essende Zielspieler wird und Räume als auch Ablagen für einen Demirovic-Nachfolger schaffen soll. Und hier gilt es zu klotzen und nicht zu kleckern. Der FCA muss jemand verpflichten, der schon in einer großen Liga und in einem ähnlichen Setup seine Treffsicherheit unter Beweis gestellt hat.

Am Ende sorgen dann die neuen Außenverteidiger mit für die defensive Stabilität und unser neuer Topscorer schießt uns nach Europa. Der FCA spielt dabei hauptsächlich in einem 4-1-3-2 System.

Unvollendet


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Das Ende der Saison des FC Augsburg hinterlässt eine gewisse Leere. Es fällt schwer diese Saison, die im sportlichen Niemandsland der Tabelle endete, einzuordnen. Einerseits ist es sportlich die ordentlichste Saison seit dem Einzug in die Europa League, andererseits stehen im Schlussspurt 5 Niederlagen in 5 Spielen zu Buche. Für die Macher des FC Augsburg bleibt einiges zu tun. Auf der Saison kann man dennoch aufbauen und zwar in Bezug auf folgende Punkte:

Entscheidungsfindung

Der FCA hat Mut bewiesen, indem er als erster Club in der abgelaufenen Saison Enno Maaßen vor die Tür gesetzt hat. Nicht nur war dies die richtige Entscheidung, sondern auch die Profilerstellung und das Matching mit Jess Thorup ist sehr gut gelungen und hat dazu geführt, dass sportlich die Wende herbeigeführt wurde.

Die Entscheidung für Jess Thorup war dabei aus unterschiedlichen Gründen heraus sehr gut. Einerseits kann er mit seiner Seniorität und mit seiner ruhigen, zugänglichen Art besser auf die Mannschaft einwirken. Andererseits wurden auch sportlich die richtigen Schlüsse gezogen, indem wieder mehr auf Raumdeckung und Viererkette gesetzt wurde. Insgesamt sehr gelungen.

Was passiert, wenn Jess Thorup eine Sommervorbereitung mit seiner Mannschaft arbeiten kann? Potential ist noch vorhanden. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Die Augsburger Werte

Und trotzdem könnte man sich nun lange über den Saisonabschluss beschweren, mit dem ergebnisschwachen Ausklang. Auch das tut in Augsburg niemand offensiv. Ja, es war auch das ein oder andere Gurkenspiel dabei, z.B. gegen Bremen. Was aber am Ende auch mit in die Beurteilung einfließt, ist das „Wie“ der Niederlagen am Ende.

Stuttgart und Leverkusen waren schlicht zu große Brocken für den FCA. Dennoch hat man die Möglichkeiten der Mannschaft in den letzten Spielen gesehen und auch, wie sie die Augsburger Werte auf den Rasen gebracht hat. Es wurde dem Gegner kein Zentimeter freiwillig überlassen. Die Mannschaft hat sich eben nicht zum Saisonausklang abschießen lassen, wie das vor Jahren gegen Wolfsburg oder in der letzten Saison in Gladbach der Fall war. Auch hier ein Schritt nach vorne (obwohl aus den Niederlagen trotzdem die richtigen Schlüsse zu ziehen sind).

Der Nachwuchs

Lange habe ich mit dieser Saison auch deswegen gehadert, weil ich mir mehr Einbindung der eigenen Jugendspieler versprochen hatte. Enno Maaßen wurde auch deswegen geholt und auch Jess Thorup wurde ein entsprechendes Händchen unterstellt. Dennoch war in dieser Hinsicht lange nichts zu sehen.

Kömür macht die Bude: zwischendurch hätte man das diese Saison nicht mehr geglaubt. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Auch dies hat sich zum Ende der Saison gedreht. Mert Kömür hat nicht nur Minuten bekommen, sondern am letzten Spieltag auch den Vorzug vor Pep Biel und durfte erstmalig in der Startelf ran. Für den Youngster war der Saisonendspurt unendlich wertvoll und er konnte mit seinem Tor in Leverkusen zeigen, über welche Anlagen er verfügt. Dazu kommt das Debüt von Mahmut Kücüksahin, das an dieser Stelle die Kirsche auf der Sahne ist. Die Augsburger Investitionen in das Nachwuchsleistungszentrum verpuffen anscheinend nicht komplett.

Hoffnungen für die neue Saison

Und während der FCA weiterhin keine Transfers für die kommende Saison verkündet hat, gibt es somit dennoch viele Gründe, warum man als FCA-Fan schon jetzt viel Hoffnung auf einen weiteren Schritt nach vorne haben sollte. Zum ersten sind Thorup und Jurendic zum ersten Mal in einer Sommertransferperiode zusammen an Bord und können Impulse geben und zusammen mit Michael Ströll Entscheidungen treffen. Zum zweiten hat Jess Thorup dann auch mit seiner Mannschaft in der Vorbereitung die Möglichkeit an spieltaktischen Elementen zu arbeiten, die während der Saison nicht vollends zur Zufriedenheit einstudiert werden konnten. Zum dritten ist der Startpunkt besser als im Jahr davor. Da darf man sich doch wohl einmal fragen, wie hoch man die Latte für diesen FCA im kommenden Jahr realistisch legen darf?

Kurskorrekturen

Bittere Niederlagen hat der FCA zuletzt hinnehmen müssen. Gegen Frankfurt ist der FCA genauso in der zweiten Halbzeit eingebrochen wie nun gegen Werder Bremen zu Hause. Das große Ganze ist noch nicht so stabil, wie man sich das als Fan wünschen würde. Es gibt weiterhin die ein oder andere Baustelle im sportlichen Bereich beim FCA. Diese Baustellen treten gerade offen zu Tage. Und mittelfristig ist es mir lieber, diese einmal aufzuräumen, um sportlich besser werden, als sich von der Europapokal-Euphorie blenden zu lassen.

Es ist für Thorup / Jurendic / Ströll der erste gemeinsame Sommer und ich erwarte, dass sie anpacken, ausmisten und für Ordnung sorgen. Und sich auch selbst mal ordentlich die Meinung sagen. Jetzt schon, um für die letzten Spiele noch einmal alle restlichen Energien zu mobilisieren. Für den gemeinsamen positiven Abschluss, der das Fundament für die kommende Saison bilden sollte.

Sportliche Ausrichtung

Auf den Rängen wird ja regelmäßig mit den Augen gerollt, wenn Jess Thorup das System wechselt, gestern wieder geschehen zur zweiten Halbzeit. Ein Mathelehrer von mir hat früher gesagt: „Einmal ist keinmal, zweimal ist einmal zu viel“. Es ist nun in kürzester Zeit das dritte Mal, das die Systemumstellung nichts oder nur negatives hervorgebracht hat. Klar, für Patric Pfeiffers dummen Fehler, als er den Elfmeter verschuldet, kann Thorup nichts. Dass er Pfeiffer eingewechselt und von diesem Wechsel und der Umstellung positives erwartet hat: Thorups Schuld.

Achja, nicht nur wir verstehen es nicht. Mit Tobias Escher versteht es auch ein ausgewiesener Taktik-Experte nicht. Da fehlt mir dann auch die Übernahme von Verantwortung auf Thorups Seite. Mit Enno Maaßen ging es den Berg hinab, als die öffentliche Kritikfähigkeit nicht mehr vorhanden war. Es sind nicht immer nur die Spieler Schuld. Es ist die Aufgabe des Trainers ein Team auf unterschiedliche Spielsituationen vorzubereiten. Ich habe nun nicht erkannt, dass im System mit 3 Innenverteidigern a) defensiv die Stabilität größer wäre b) offensiv dann noch was geht. Thorup wollte nach eigener Aussage mehr defensive Stabilität. In der ersten Halbzeit hat man kein Tor kassiert, in der zweiten 3. Manchmal sagen Zahlen mehr als Worte. Was sich in jedem Fall hier immer wieder debattieren lässt: wie wollen wir sportlich agieren? Es schadet nicht, hier neben eine Grundformation Alternativen zu haben. Sie müssen aber auch funktionieren. Hier ist Jess Thorup in dieser wichtigen Phase der Saison für mich etwas vom Kurs abgekommen.

Jess Thorup und das Offensive Mindset: Wo ist es hin? (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Mutlos

Ein Augsburger Wert ist „Mut“. Auch deswegen will ich noch ein bisschen länger bei der taktischen Umstellung bleiben. Für mich ist diese erneut „mutlos“. Aus meiner Sicht hat sich nach der ersten Halbzeit nicht die Frage gestellt: wie werden wir defensiv stabiler? Mir hat sich die Frage gestellt: wie können wir Kontrolle über das Spiel gewinnen und Bremen angreifen? Ganz provokativ gefragt: Gab es keine sportliche Lösung, die zu mehr Offensive und Spielkontrolle geführt hätte, um so Bremen mehr aus dem Spiel zu nehmen und Gefahr zu sorgen?

Es ist ja an dieser Stelle einfach zu kritisieren, ohne konstruktive Vorschläge zu machen. Aus meiner Perspektive hätte eine Hereinnahme von Niklas Dorsch anstatt von Patric Pfeiffer mehr Sinn gemacht, so Dorsch die Luft für 45 Minuten nach seiner langen Ausfallzeit hatte. Ich hätte so dann auf ein 4-2-3-1 umgestellt, in dem Dorsch und Jakic auf einer Doppel-6 gespielt hätten. Vargas und Engels wären auf die Außen gerutscht. Ob ich Tietz oder Maier runtergenommen hätte? Wahrscheinlich Maier, um Tietz für die Ablage der langen Bälle zu behalten, die dann über Vargas und Engels etwas breitere Ausrichtung für Gefahr gesorgt hätten. Aber das war anscheinend nicht die Idee des Trainers.

Über die konkrete Idee können wir auch lange diskutieren, aber wann ist denn verdammt noch mal unser Mut abhanden kommen? Wo ist das verdammte „Offensive Mindset“? Offensiv war das gegen Bremen ideenlos, genau wie über große Teile der zweiten Halbzeit gegen Frankfurt. Und da sprechen wir über Partien gegen absolute Mittelklasse-Mannschaften. Im Falle von Umstellungen, sollte es immer darum gehen, die Lösung zu finden, wie man gewinnen kann und nicht darum, wie man nicht verliert. Diese Diskussion hatten wir auch unter anderen Trainern schon und es scheint mir hier wichtig, schnell zu reagieren, damit sich Fehler nicht wiederholen.

Leistung des Teams

Und etwas anderes als den Mut wiederzufinden bleibt dem FCA ja gar nicht übrig. Mit einer mutigen Idee und einem mutigen Ansatz muss das Team nächste Woche nach Dortmund fahren und darf sich dort dann auch nicht von der unheimlichen Kulisse des Westfalenstadions vom Kurs abbringen lassen.

Dabei gilt es die Mannschaft richtig einzustellen und die richtigen Spieler für das Unterfangen zu identifizieren. Wer gestern das Spiel gesehen hat, der weiß, dass nicht nur Patric Pfeiffer Fehler gemacht hat. Kevin Mbabu war bei zwei Gegentoren defensiv nicht anwesend. Felix Uduokhai hatte unkonzentrierte Fehlpässe und Ballverluste im Spielaufbau. Mads Pedersen einen Stoppfehler in den Schlussminuten an der Außenlinie. Und Ermedin Demirovic hat mehr mit dem Schiedsrichter diskutiert als Fußball gespielt. Fehler, die nicht passieren, wenn man als Team im Flow ist, und die auch nur beispielhaft und symptomatisch für die Probleme stehen.

Symbolbild: Wo soll es hingehen für Vargas, Demirovic und Co? Die Klarheit fehlt. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Der Impuls kann auch nur aus dem Umfeld des Teams kommen. Es gilt jetzt alle auf das gemeinsame Ziel zu fokussieren. Das Ziel? In jedem einzelnen der letzten Spiele alles zu geben und mutig zu zeigen, zu was man fähig ist. Die Großen zu ärgern. Für die, die den nächsten Schritt machen wollen, um sich ins Rampenlicht zu spielen. Für die Nationalspieler: um den Platz in den EM-Mannschaften zu sichern. Für alle: um eine bestmögliche Ausgangsbasis, für die kommende Saison zu haben und mit einem positiven Gefühl in den Sommer zu gehen. Um zu zeigen, was für eine Saison das ist. Für die nächste Saison gilt es dann wieder: es sollen die bleiben, die bleiben wollen und sportlich helfen. Und es gilt hierbei eine Achse an Spielern zu identifizieren, die langfristig beim FCA zu Stützpfeilern werden können. Thorup hat schon mal zu wenig rotiert. Er ist wieder an diesem Punkt angekommen. Zeit, Bewegung ins Team zu bringen und über Gespräche die einzelnen Spieler abzuholen und mit an Bord zu nehmen für die letzten 3 Partien. Und wer nicht mehr an Bord will: dann halt nicht.

Paul-Renz-Akademie

Wo sich dann im Sommer auch einiges tun muss: bei der Paul-Renz-Akademie. Selbst in einem Spiel gestern, in dem die Situation recht auswegslos war und dann doch Dion Beljo kommt (der zu Ego-Dribblings und Abschlüssen aus 20m ansetzt. Was hier schief läuft, ist ein separates Thema), schafft es kein Spieler aus der Akademie zu Einsatzminuten. Mert Kömür, der zwar sein Debüt in dieser Saison geben durfte, wurde nicht berücksichtigt, als es darum ging offensiv Chancen zu kreieren.

Insgesamt ist das doch enttäuschend, denn es scheint so, als ob sich unten niemand aufdrängt. Neben Kömür und Lubik braucht es Jugendspieler, die nach einer Chance ganz oben verlangen und auch die Perspektive haben, sich bei den Profis durchzusetzen. Das kommt zu wenig, obwohl der FCA ordentlich in die Akademie investiert hat. Hier müssen nun die Strukturen weiter verbessert und Prozesse als auch Personen hinterfragt werden. Auch hier ist schon jetzt die Zeit gekommen, um die Weichen richtig zu stellen.

Zerrissenes Gesamtbild

Insgesamt wird durch die zwei letzten Spiele klar, dass beim FCA im sportlichen Bereich immer noch viel zu tun ist. Die Erfolgsphasen der Saison täuschen über die Probleme hinweg. Die Mannschaft kann taktisch nicht variabel genug agieren und lässt sich durch Rückschläge mal wieder aus dem Konzept bringen. Und das ist nicht falsch zu verstehen: ich bin heilfroh über die aufregenden, erfolgreichen Phasen der Saison. Wir sind immer noch im Rennen um Europa dabei. Das Team kann sich immer noch belohnen. Es wird wohl das drittbeste Jahr der Bundesligageschichte für den FCA werden.

Allerdings wäre es doch eine Schande, wenn diese Saison allzu schlecht endet. Und hier muss sich im sportlichen Bereich dann gerade jeder an die eigene Nase packen! Wie wurde kommuniziert und was? Warum wirkt das Team so mutlos und zurückhaltend? Was ist der Grund für die individuellen Fehler und die Unsicherheiten? Und dann: nur Mut! Das ist weiterhin ein tolles Team. Wir haben schön früher in der Saison Lösungen gefunden. Wie können wir in den kommenden Spielen ein möglichst unangenehmer und gefährlicher Gegner werden? Es ist dann doch Zeit in dieser Saison festzuhalten: Augsburg hält zusammen, und dann ist hier noch nicht aller Tage Abend. Nur dann!

Der FCA macht wieder Spaß

Die beiden vergangenen Spieltage liefen ergebnistechnisch ernüchternd für den FC Augsburg: 1:1 zu Hause gegen Köln, 3:1-Niederlage bei der TSG Hoffenheim. In der Nachbetrachtung der beiden Spiele ist die Stimmung trotzdem positiv.

„Wir spielen echt attraktiv“

„Wir sind mittlerweile ein anderes Augsburg geworden“, sagte Philipp Tietz nach dem Hoffenheim-Spiel am DAZN-Mikro. „Mittlerweile spielen wir echt attraktiv und die ganze Mannschaft hat es verdient, dass man uns als ernsthaften Gegner sieht.“ Wer behaupte, der FCA spiele einen „Grottenkick“, schaue keinen Fußball. Recht hat er. Der FCA macht wieder Spaß!

Vor allem die beiden zweiten Halbzeiten waren sehr schön anzuschauen. Gegen Köln spielte fast nur der FCA, belohnte sich aber nicht. Auch, weil – wie öffentlich kaum diskutiert – der Schiedsrichter kleinlich und vorschnell einen Uduokhai-Treffer aberkannte.

Bei der TSG zeigte der FCA in Hälfte zwei ein komplett anderes Gesicht zum überraschend schwachen Auftreten im ersten Durchgang. Auch hier wäre bei etwas mehr Glück (abermals stand einem Beljo-Tor ein Gegenspieler auf der Linie im Weg) mehr drin gewesen. Verdient wären in beiden Duellen wohl vier Punkte gewesen, am Ende wurde es nur einer.

Neunmal durfte der FC Augsburg in dieser Saison schon über drei Punkte jubeln. Nach (Photo by Leonhard Simon/Getty Images)

Herrlich-Zeiten sind vorbei

Die Stimmung rund um den Verein ist dennoch positiv. Das merkte ich nicht zuletzt am Sonntag auf der Rückreise von der trostlosen Bahnstation Sinsheim Museum/Arena gen Heimat. Die mitgereisten FCA-Fans waren freilich geknickt – erkannten aber auch, dass sich die Thorup-Elf im Laufe der Partie sowie während der gesamten Saison spielerisch gesteigert hatte.

Denkt man an die vergangenen Jahre zurück, ging der FCA gegen viele Gegner chancenlos unter. Unter Dirk Schuster, Heiko Herrlich oder Enrico Maaßen igelte man sich viel zu oft ein und beschränkte sich ausschließlich aufs Verteidigen, getreu dem Motto: Hauptsache nicht verlieren. Thorup will gewinnen. Auch, wenn man schon 0:2 hinten ist.

„Jess we Can“ (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Diese Philosophie ist der Mannschaft mittlerweile auch auf dem Platz anzumerken. Man denke etwa an das Heimspiel gegen Freiburg. Als Felix Uduokhai das 1:1 erzielte, freute er sich kurz, nahm den Ball in die Hand und rannte zurück zum Anstoßkreis. Die Botschaft: Wir sind hier noch nicht fertig. Am Ende gewann der FCA mit 2:1.

In diesem Spiel wurde der offensive Mut der Augsburger belohnt. Gegen Köln und Hoffenheim hingegen nicht. Zufrieden kann man mit der Augsburger Leistung letztlich trotzdem sein. Fernab der reinen Punkteausbeute ist das ein großer Fortschritt für den Verein. Der FCA macht wieder Spaß!

Und jetzt: Drei Punkte gegen Union Berlin, Heja FCA!

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