Spieler der Stunde trifft es wohl ganz gut. Ein bisschen hat es gedauert, bis sich Noahkai Banks eingewöhnt hatte im Profiteam des FCA. In der Zeit vor der Winterpause reichte es zumindest für Kadernominierungen, aber das Bundesligadebüt musste noch warten. Im Januar überschlugen sich nun die Ereignisse. Noahkai spielte gegen Stuttgart lange auf Grund Maxi Bauers früher Verletzung, kam sowohl gegen Union und Bremen rein und durfte letztendlich gegen Heidenheim starten. Hier machte er seine Sache sehr gut. Dass der FCA drei der vier Partien gewann, rundet das persönliche Gesamtbild ab. Ein guter Moment um mit dem Youngster aus der eigenen Jugend zu sprechen.
Andy: Wie gut lief die Zeit seit der Winterpause bisher für Dich?
Noahkai: Ganz ehrlich: das hätte ich mir nicht besser erträumen können.
Andy: Dann lass uns doch mal bei dem Spiel gegen Stuttgart beginnen. Maxi Bauer hatte sich ja eine Gehirnerschütterung geholt, es aber erst nochmal probiert. Wann hast Du realisiert: Heute ist der Tag meines Bundesligadebüts?
Noahkai: Erstmal habe ich das nicht realisiert, weil Henri (Koudossou, Anm. d. Red.) und ich wurden ja beide zum Warmmachen geschickt. Maxi hatte es dann ja auch nochmal versucht. Als er dann zum zweiten Mal lag, und mir der Athletik-Trainer auf die Schulter tippte, da wurde mir dann klar, dass ich jetzt ins Spiel kommen werde. Da ging der Puls dann auch mal kurz hoch.
Andy: Gegen Stuttgart habt ihr dann noch verloren, aber für dich war es bestimmt trotzdem ein besonderer Tag. Wann hast Du realisiert: Das war jetzt der Debüttag?
Noahkai: Ich bin mit meiner Mutter und meinem kleinen Bruder nach Hause gefahren, aber es war ein bisschen wie im Film. Realisiert habe ich es da noch nicht, dass ich zum ersten Mal Bundesliga gespielt hatte. Das kam dann irgendwann später, als ich eine Nacht drüber geschlafen hatte.
Andy: Dann folgten zwei weitere Spiele gegen Union und Bremen, in denen Du in beiden hereinkamst. War das vorher abgesprochen oder war das auch eine Überraschung?
Noahkai: Nein, das wusste ich vorher auch nicht. Es war natürlich toll, dass ich dann gleich mehrmals ran durfte.
Andy: Dabei hast Du sowohl links als auch rechts in der Innenverteidigung gespielt. Macht das für Dich einen Unterschied?
Noahkai: Nein. Ich habe in der Jugend schon auf beiden Seiten gespielt und für mich ist es egal auf welcher Seite ich eingesetzt werde.
Andy: Der Höhepunkt war dann sicher das Heimspiel am Wochenende gegen Heidenheim. Wann wusstest Du Bescheid, dass Du von Anfang an spielen durftest und wie war da die Gefühlslage?
Noahkai: Der Trainer hat mit mir am Freitag gesprochen und es mir gesagt. Da bin ich dann schon etwas nervös geworden und habe die Nacht von Freitag auf Samstag nicht gut geschlafen. Wenn Du startest, bereitest Du dich auch nochmal ganz anders auf das Spiel vor. Aber sobald ich auf dem Platz war und das Spiel losging, war die Nervosität sofort wieder weg.
Andy: Die Statistiken bestätigen, dass da keine große Nervosität sichtbar war. Wie gehst Du grundsätzlich mit Druck um?
Noahkai: Ich mache mir keinen Druck. Ich spiele seit ich klein bin Fußball und habe Vertrauen in meine Fähigkeiten. Und ich selbst versuche auch möglichst wenig über meine Leistungen nachzulesen.
Andy: Die Vorbereitung auf einen Startelfeinsatz ist wahrscheinlich trotzdem eine andere. Wie sieht das konkret aus?
Noahkai: Man schaut sich natürlich an, gegen wen man spielt. Gegen Heidenheim war klar, dass Paul Wanner mir auf dem Feld begegnen wird. Da schaut man sich dann das ein oder andere Video an, um sich vorab über Tendenzen des Gegenspielers zu informieren. Mir war z.B. auch vorher bewusst, dass Sirlord Conteh extrem schnell ist.
Auf das Duell mit Conteh hatte sich Banks gezielt vorbereitet. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)
Andy: Wie war im Nachgang zum Spiel das Feedback, außer dass Du viele Nachrichten erhalten hast, und deine tollen Statistiken überall geteilt wurden?
Noahkai: (lacht) Ja, es waren mehr Nachrichten als sonst. Ich habe im Nachgang auch mit Jess Thorup und Marinko Jurendic gesprochen, die mir Feedback gegeben haben. Das war für mich das wichtigste Feedback.
Andy: Was wurde hier konkret thematisiert?
Noahkai: Die Konzentration über das gesamte Spiel hinweg war ein Thema, über das wir gesprochen haben. Fehlervermeidung ist hier sehr wichtig, da die Fehler auf der Position ja sehr schnell zu Gegentoren führen können.
Andy: Ihr habt ja mittlerweile eine erhöhte Tendenz aus der Innenverteidigung mit vor zu rücken und euch ins Offensivspiel mit einzubringen. Wie werden diese Vorstöße ausgelöst und was ist der Gedanke dahinter?
Noahkai: Ja, das machen wir mittlerweile öfter. Dabei gibt es keinen festen Auslöser, sondern es kommt auf die individuelle Spielsituation an. Wenn wir so die erste Kette überspielen können, dann ergreifen wir die Chance gerne.
Andy: Wenn Du insgesamt auf diese Saison zurückschaust, wie beurteilst Du deine Entwicklung selbst und woran machst Du des fest, dass Du – nachdem Du zuerst nicht für den Kader berücksichtigt wurdest – mittlerweile öfter im Kader standest und jetzt auch regelmäßig spielen durftest?
Noahkai: Ich habe mich deutlich weiterentwickelt und gesteigert. Es war schon eine Umstellung für mich im Profiteam. Ich bin froh, dass sich die Steigerung auch in den Einsatzzeiten widerspiegelt und ich eine Chance nach der nächsten bekommen habe.
Andy: Kannst Du das konkret festmachen, in welchen Bereichen Du dich am meisten gesteigert hast?
Noahkai: Die Strafraumverteidigung ist einer der Bereiche. In der Jugend wurde hier deutlich mehr mannorientiert gespielt, jetzt bei den Profis wird hier raumorientiert gespielt. Hier haben mir die erfahrenen Spieler wie Jeff (Gouweleeuw, Anm. d. Red) immer wieder wichtige Tipps gegeben. Dazu bin ich in meiner Zweikampfführung cleverer geworden.
Andy: Insgesamt seid ihr ja eine sehr starke Innenverteidiger-Gruppe. Wie gehst Du mit dem Konkurrenzkampf um?
Noahkai: Ich finde das positiv. Wir müssen jeder immer 100% geben und pushen uns gegenseitig und profitieren alle davon.
Andy: Was ist unter diesen Voraussetzungen in dieser Saison noch für dich möglich?
Noahkai: Ich will mich weiter steigern und möglichst viele Einsatzminuten bekommen.
Andy: Und was ist für das Team noch drin, nach diesem Wechselbad der Gefühle bisher?
Noahkai: Als erstes müssen wir von Spiel zu Spiel schauen, dass wir unsere Leistung bestätigen und die Serie aufrechterhalten. Darüber hinaus haben wir natürlich ambitionierte Ziele und wollen möglichst viel erreichen.
Andy: Danke für die Zeit und ich drücke die Daumen für alle Ziele.
Es ist Sonntag, der FCA hat 3mal in Folge in der Liga gewonnen und nach 19 Ligaspielen 25 Punkte. Der Abstand auf den Relegationsplatz beträgt 11 Punkte. Es ist ein Tag des Feierns und Grinsens. Der Sieg gegen Heidenheim war nach den zwei Auswärtssiegen gegen Union und Bremen genau die Bestätigung, die es gebraucht hat, damit vorerst klar ist: der Blick geht nicht mehr angsterfüllt nach unten. Der FCA darf momentan nach oben schauen.
Nicht alles Gold, was glänzt
An diesem heutigen Tage wollen wir daher mal schnell über die Punkte springen, die trotzdem im Notizbuch von Jess Thorup stehen sollten, weil die Arbeit nicht zu Ende ist:
Man hat das Spiel in der zweiten Halbzeit aus der Hand gegeben. Es lag nur an der Heidenheimer Abschlussschwäche und etwas Glück, dass der FCA nicht kurz vor Schluss noch in Rückstand geriet. Es hätte auch ausgehen können, wie eines der Heimspiele in der Hinrunde, die man unglücklich verlor. Hätte, wenn.
Dieses Fallen ins Passive ist dem FCA in der Saison nun mehrmals passiert. Es ist ein Szenario an dem wohl auch mental nochmal gearbeitet werden muss, in diesen Situationen dann konsequenter auf ein zweites Tor zu spielen.
Wie viel Erfolgsaussichten der FCA hier außerhalb von Standardsituationen gehabt hätte, sei dann aber auch dahin gestellt. Man zeigte mal wieder ein gutes Spiel bis zum letzten Drittel und fand danach kaum gute offensive Lösungen oder es fehlte die letzte Genauigkeit.
Insgesamt lässt sich somit festhalten: Es war bei weitem nicht das beste Saisonspiel dieses Teams. Man hatte am Ende vor allem das nötige Quäntchen Glück, dass man hier den Sieg holte. Hatte man auch oft genug nicht. Aber Überhöhen sollte man den Erfolg dann trotzdem nicht.
Schlotterbeck on Fire: Viel Liebe für die Spieler, die rein kamen.. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)
Highlights
Das Spiel hat dann aber positive Aspekte zu bieten, die man neben dem Resultat hervorheben darf.
Die erste Halbzeit und das Spiel insgesamt bis ca. zur 60. Minute war okay. Klar, offensiv ginge mehr, aber insgesamt hat man einem Gegner, gegen den man in der Hinrunde 0:4 verlor, unter Kontrolle gehabt.
Die Vereinskommunikation und Jess Thorup heben mittlerweile immer mehr hervor, wie gut es für die eigenen Jugendspieler läuft. Und das mit Recht. Noahkai Banks gab gestern ein beachtliches Debüt. Zweikampfstark und souverän viel nicht auf, dass dies für ihn das erste Bundesligaspiel von Beginn an war. Mert Kömür kam von der Bank und schlug die Ecke zum Siegtreffer. Arne Maier muss eine Schippe drauf legen, um weiter vor ihm in der Hackordnung zu bleiben. Und Henri Koudossou hätte ich gerne gesehen, es reichte aber leider nicht ganz, nach der leichten Verletzung aus der Vorwoche. Marius Wolf verpasste die Chance nachhaltig Werbung in eigener Sache zu machen. Jess Thorup hat Spieler aus der eigenen Jugend ins Rampenlicht gerückt und sie zahlen es ihm mit Leistung zurück. In mittlerweile 30 Pflichtspieleinsätzen (in der Vorsaison waren es insgesamt 5).
Der Knackpunkt waren aber gestern die Spieler, die von der Bank kamen. Tietz‘ Abschluss führte zur Ecke. Kömür schlug und Schlotterbeck köpfte. Schlotterbeck hatte dies gegenüber Thorup angekündigt und Wort gehalten. Ich habe immer wieder gefordert, dass man bis zum Ende versucht Spiele zu gewinnen. Das hat man gestern getan und das rührt mich sehr, dass man nicht mit dem Punkt zufrieden war. Und solche Typen mit dieser Qualität von der Bank bringen zu können, ist ein großes Plus. Viel Liebe für diese letzten Minuten.
Was jetzt?
Für heute rufe ich in die Welt: Jetzt schlagen wir erstmal St. Pauli und dann kommen wir klar auch im DFB Pokal gegen Stuttgart weiter. Ist doch nur die logische Konsequenz.
Ab morgen bahnt sich dann vielleicht der Skeptiker in mir wieder die Bahn. Letzte Saison war das Team auch in der Situation oben noch anklopfen zu können und dann kam der Einbruch. Jetzt kommt die Phase, wo sich dann wirklich zeigen wird, ob sich das Team im Vergleich zum letzten Jahr wirklich weiterentwickelt und einen Schritt nach vorne gemacht hat.
Der Realist in mir fordert für die nächsten Wochen einfach weiter Auswärtsspiele, für die man sich nicht schämen muss. Und dann schauen wir mal, wo uns das mit dem nötigen Quäntchen Glück diese Saison noch hinführt. Träumen ist auf jeden Fall geiler als bangen. Heja FCA!
Es ist kurz vor Weihnachten und der FCA spielt in Kiel. Keven Schlotterbeck verletzt sich und muss ausgewechselt werden. Für ihn kommt Henri Koudossou und Dimitris Giannoulis rückt in die Innenverteidigung. Das restliche Desaster hat man als FCA Fan durchlitten und wird uns noch eine ganze Weile gedanklich begleiten. Wir spulen zum Heimspiel gegen den VfB. Maxi Bauer verletzt sich und muss ausgewechselt werden und Noahkai Banks feiert in der Innenverteidigung sein Bundesligadebüt. Beide Einwechslungen stehen beispielhaft für einen Richtungswechsel in der Augsburger Arbeit mit der eigenen Jugend.
Thorups Bilanz mit der Jugend
Noahkai Banks ist mit seiner Einwechslung der nächste Spieler aus der eigenen Jugend, der unter Jess Thorup debütieren darf. Vor ihm war dies schon Koudossou, Kömür und Kücüksahin vergönnt gewesen. In der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Stuttgart macht Thorup deutlich, dass er keinen Zweifel daran hatte, Noahkai Banks einzuwechseln und dies ja dazugehören würde, wenn man auf die jungen Spieler zählen würde.
Als Skeptiker kommen mir Fragen hierzu in den Sinn. Warum hat Thorup Banks nicht schon gegen Kiel für Schlotterbeck gebracht? Weil Schlotterbeck links in der Innenverteidigung spielt und Banks ein Rechtsfuß ist? Weil die Personalkonstellation eine andere war? Diese Entscheidungen wird man von außen nie komplett nachvollziehen können. Wir kennen die Trainingsleistungen, die Fitness und mentale Verfassung der Spieler und den Plan fürs Spiel nicht. Wir wissen nachher nur, ob ein Plan funktioniert hat oder wie gegen Kiel leider auch nicht. Und auch das erkennen wir nur am Ergebnis.
Auch in der folgenden Partie gegen Union Berlin reibt man sich schon wieder die Augen. Das Spiel ist noch nicht final entschieden, und Thorup wechselt Kömür und Banks ein. Der FCA gewinnt auswärts und dabei spielen 3 Spieler aus dem eigenen Nachwuchsbereich eine Rolle. Ein Vierter sitzt noch auf der Bank. Thorups Fußball hat (noch?) nicht die gewünschte Sexyness erreicht, aber eines kann man ihm nicht vorwerfen: Er ist seit Manuel Baum der erste Trainer, der wieder auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs setzt. Die Bilanz bis hierhin spricht klar für ihn.
Die Spieler
Mahmut Kücüksahin hat in dieser Saison den schwersten Stand. Im zentralen Mittelfeld hat sich der FCA kurz vor der Saison dazu entschlossen mit Frank Onyeka noch einen Spieler aus der Premier League dazu zu holen. Nun müssen selbst erfahrene Spieler wie Arne Maier um Einsatzzeiten kämpfen und auch Tim Breithaupt blieb zuletzt nur ein Bankplatz. Mahmut Kücüksahin, der am letzten Spieltag gegen Leverkusen sein Bundesligadebüt feiern durfte, geriet dadurch in der Profimannschaft ins Hintertreffen und bekam diese Saison noch keine Chance. Aber für Kadernominierungen wie gegen Union Berlin reichte es zumindest schon und seinen Namen ließ Thorup auf einer Pressekonferenz als mögliche Alternative auch schon fallen. In dieser Gruppe ist er trotzdem eine Ausnahme.
Anders erging es dem 18jährigen Noahkai Banks. Banks, der erst im Dezember 18 geworden war, eilte voraus, mit einer großen Veranlagung gesegnet zu sein. Alleine schon der Fakt, im Alter von 18 Jahren körperlich mit Bundesligaspielern konkurrieren zu können, ist beachtlich. Für Banks ist vorteilhaft, dass der FCA mittlerweile fest mit 3er Kette spielt und sich dadurch mehr Möglichkeiten für ihn ergeben, wenn gesetzte Spieler verletzt oder gesperrt sind. So ergab sich nun durch Maxi Bauers Verletzung seine Debütchance. Banks ist weiterhin sehr früh dran in seiner Entwicklung und sollte behutsam aufgebaut werden.
Der nächste Debütant in Action: Noahkai Banks gegen Stuttgart. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)
Nachdem Mert Kömür schon in der letzten Saison in der Bundesliga debütieren und starten durfte, vergisst man schnell, dass er auch erst 19 Jahre alt ist. Kömür bekommt mittlerweile regelmäßig Einsatzchancen und durfte nun schon in 9 Pflichtspielen für über 200 Minuten ran und Jess Thorup erklärte auch öffentlich, wie nah Kömür an der Konkurrenz dran ist. Es ist aus meiner Sicht nur eine Frage der weiteren harten Arbeit, Geduld und gezielten Förderung, dass Kömür den Sprung schafft und auch ab und an für den FC Augsburg starten wird.
Den größten Einfluss aller Spieler aus dem eigenen Nachwuchsbereich hatte in dieser Saison allerdings Henri Koudossou. ich hatte mich mit Koudossou vor einiger Zeit unterhalten und selten hat ein Interview so Spaß gemacht. Koudossou steht momentan bei 16 Pflichtspielen und über 700 Einsatzminuten. Eine Vorlage im Pokal im Karlsruhe kommt dazu. Gegen Union war er der beste Spieler im Team. Hier stellen sich andere Fragen: Verlängert sich sein Vertrag auf Grund einer entsprechenden Klausel wirklich? Wohin führt der Weg für ihn noch?
Weiter, immer weiter
Koudossou wird dabei in den sozialen Medien (und auch hier im Blog wurde entsprechende kommentiert) vorgeworfen, kein echter FCA Nachwuchsspieler zu sein. Das ist eine – aus meinen Augen – unfaire Betrachtung. Koudossou ist ein bisschen spät dran in seiner Entwicklung. Aber er kam in 2020 um in der U23 des FCA, der letzten Jugendmannschaft, zu spielen. Er hat 2 Jahre in der Regionalliga die Knochen hingehalten, bevor er für seine Entwicklung zweimal verliehen wurde.
Anstatt Koudossou den Status des eigenen Nachwuchsspielers abzusprechen, sollte das Modell Koudossou den FCA anregen über das Jugendspielerrecruiting nachzudenken. Es verwundert in diesem Zusammenhang auch nicht, dass Koudossou in der zweiten Jahreshälfte geboren ist. Diese Spieler werden in ihren Jahrgängen eher benachteiligt, weil sie in ihrer Entwicklung hinterherhängen und haben rein auf Grund ihres Geburtszeitpunkts geringere Chancen sich auf Profi-Niveau durchzusetzen. Während sich viele Clubs um die begabtesten 10jährigen balgen, ist der Fall Koudossou eine Erinnerung daran, dass genügend talentierte Fußballer durch die NLZ-Talentförderung fallen und auf ihre Entdeckung und Entwicklung warten.
Dabei könnte Jess Thorup noch länger eine prägende Rolle für den FCA spielen. Er könnte der Trainer werden, der auf eigene Nachwuchsspieler nachhaltig den größten Einfluss in der Vereinsgeschichte hat. Für die Zeit der Bundesligazugehörigkeit ist er jetzt schon Nahe dran. Neben den kurzfristigen Resultaten der letzten Woche ist diese Entwicklung eine, die zusätzlich Hoffnung macht, das sich beim FCA im sportlichen Bereich nachhaltig etwas in die richtige Richtung bewegt. Darauf ein lautes: „Weiter so!“.
Es ist Anfang August und sportlich überlagen die Olympischen Spiele in Paris noch vieles. Die Bundesliga pausiert nach der Europameisterschaft noch. Mein Blick geht gerade bewusst nicht in Richtung der Profis. Jetzt in der Sommerpause habe ich mir vorgenommen auch mal über den Tellerrand zu schauen. Mir genauer anzuschauen, was auch im Jugendbereich beim FCA passiert. Und habe mich dafür mit Markus Feulner unterhalten.
Feulner ist nun auch schon fast 10 Jahre beim FCA. 2015 kam er, um den Profis mit seiner Erfahrung unter die Arme zu greifen. Zwischen 2017 und 2019 unterstützte er auf dem Feld bei der U23, parallel übernahm er schon Traineraufgaben im Jugendbereich. Selbst gegen den Ball kickt er mittlerweile nicht mehr aktiv, dafür ist er aber nun auch schon eine Weile kein Co-Trainer mehr. Letztes Jahr hat er die U17 als Cheftrainer auf einen erfolgreichen 6. Platz geführt. Dieses Jahr ist er der neue Cheftrainer der U19 des FCA, der letzten Mannschaft bevor aus Jungs Männer werden. In dieser Position kann er seinen Teil beitragen, wenn es darum geht, wer es in den Profibereich schafft. Und gerade in diesem Bereich, konnte man in den vergangenen Jahren kaum Erfolge in Form von Durchbrüchen bei den eignen Profis beim FC Augsburg sehen.
Das Ziel
Aber um was geht es da im Jugendbereich eigentlich? Meisterschaften? „Natürlich wollen wir in der Jugend erfolgreichen Fußball spielen. Von Titeln will ich da gar nicht sprechen, weil es Vereine gibt, die deutlich mehr Geld im Jugendbereich investieren und Talente für Millionenbeträge verpflichten. Da müssen wir kleinere Brötchen backen.“ Mit der U19 Meister zu werden ist aber auch nicht das vornehmliche Ziel. Feulner geht es darum, dass möglichst viele seiner Jungs den Sprung in den Profibereich schaffen: „Die Ausbildung steht an erster Stelle.“ Angesprochen auf die fehlende Durchlässigkeit beim FCA stellt er klar, dass es ja nicht für jeden in die Bundesliga gehen kann. Und an Hand von Beispielen zeigt, er dass auch in den letzten Jahren der ein oder andere dabei war, der es gepackt hat.
Feulners Problem, dass er ganz der Medienprofi mit vielen Jahren Profierfahrung nicht direkt benennen kann: die Profiabteilung hat nun in der Vergangenheit nicht gerade auf die Talente aus dem NLZ gewartet. Die Euphorie ist allerdings groß, sobald wir auf Heinz Moser zu sprechen kommen, den Marinko Jurendic aus Zürich im letzten Sommer mitgebracht hat. Heinz Moser bearbeitet seitdem diese Schnittstelle zwischen Jugend und Profis beim FCA federführend und ist für Feulner mittlerweile ein Kernelement: „Heinz Moser hat in diesem Bereich einen riesigen Erfahrungsschatz und ist für uns an dieser Stelle sehr wichtig. Das war ein sehr guter Schachzug vom Verein. Er ist zudem ein absoluter Fußballfachmann und tauscht sich mit uns regelmäßig aus. Da lernen wir alle noch viel“ Aus Feulners Mund klingt das ganz klar danach, dass der Club hier auf dem richtigen Weg ist, seine Ziele in Zukunft besser zu erreichen.
Markus Feulner hat zu seiner Zeit von den ganz Großen gelernt. Hier sieht man ihn im Austausch mit Jürgen Klopp. (Photo by Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)
Erst geben, dann nehmen
Für Feulner war der FCA aber auch vor Heinz Moser schon auf dem richtigen Weg und er kann dies an Beispielen schnell benennen. Einerseits freue ich mich, wenn Feulner mir kurz von Franjo Ivanovic erzählt, der den Sprung geschafft hat. Ich google später nach: er spielt seit letztem Sommer bei HNK Rijeka in Kroatien und hat dort in 41 Pflichtspielen 12 Tore und 2 Vorlagen auf seinem Habenkonto verbucht. Auch Einsätze für die kroatische U21 Nationalmannschaft standen auf dem Programm. Ivanovic ist zwar nicht beim FCA geblieben, aber hier für den Profifußball wohl zur Genüge ausgebildet geworden.
Für Feulner ist ein wichtiger Zwischenschritt für die Spieler zwischen Jugend und Bundesligafußball, irgendwo im bezahlten Fußball ihre Chance zu suchen und sich zu beweisen: „Die Öffentlichkeit vergisst oft diesen einen Schritt, dass ein Spieler in der ersten Elf Verantwortung tragen und daran wachsen muss. Es besteht immer der Wunsch, dass ein Spieler mit 19 rauskommt und direkt funktioniert. Florian Wirtz oder Jamal Musiala sind aber Ausnahmen. Es braucht Zeit und Verantwortung für die Entwicklung und deswegen ist es wichtig, dass Spieler vielleicht auch anderswo ihre Chance bekommen. Bei den geringen Unterschieden in der Bundesliga ergeben sich hier verständlicherweise nur wenig Einsatzchancen.“
Im Gespräch mit Feulner kommt aber noch etwas anderes heraus: es braucht immer zwei Seiten, die für einen Spieler den richtigen Pfad identifizieren. Und manchmal ist das Talent eines Spielers unbestritten, die Vorstellungen bzgl. Entwicklungsgeschwindigkeit und Entlohnung passen aber nicht zusammen. Hier gehört Feulner eher zum konservativen Lager. Für ihn liegt viel an den Spielern. Sie müssen zeigen, dass sie das Vertrauen verdient haben. Er tendiert dazu, als Verein Spielern eher niedriger dotierte Verträge zu geben. Geld und Erwartungen von außen können gerade bei jungen Spielern dazu führen, dass der Fokus abhanden kommt. Auch Social Media kann hier störend wirken, weswegen alle Jugendspieler ab einem gewissen Alter beim FCA im Medienumgang geschult werden. Das Risiko, dass Jungs abheben, ist in jedem Fall real. Aber auch Druck spielt hier eine große Rolle. „Die Jungs machen sich selbst den größten Druck oder er wird von draußen reingebracht. Ich versuche ihnen den Druck zu nehmen. Sie haben angefangen Fußball zu spielen, weil es Spaß gemacht hat und das soll es auch weiterhin. Dafür muss man lernen auch mit Rückschlägen umzugehen.“
Auf dem Platz
Am Ende kommt es für die Spieler darauf an, auf dem Platz regelmäßig ihre Leistung zu bringen und zu zeigen, was in ihnen steckt. Für Feulner kommt es hierbei auch darauf an, sich selbst einschätzen zu können: „Die Jungs müssen ihre Stärken kennen. Keiner kann auf dem Platz alles machen, aber die Dinge, die sie dann machen, sollen sie mit einer möglichst hohen Qualität machen und dann werden wir ihre Fähigkeiten sehen.“ Als ich ihn direkt darauf anspreche, ob das der größte Schritt für die Jungst ist, Konstanz reinzubringen und verlässlich zu sein, bestätigt dies Feulner klar: „Es ist schon verlockend, den Fokus bei den ersten Erfolgen zu verlieren. Die Jungs müssen weiterhin viel investieren, um sich weiterzuentwickeln und auch an den Positionen zu bleiben, die sie sich hart erarbeitet haben. Es ist der Verzicht auf viele Dinge für die ganz große Bühne.“
Wenn man nicht auf Partys kann, dann muss man anders auf sich aufmerksam machen. Im Bild: Markus Feulner, the Player. (Photo by Andreas Rentz/Bongarts/Getty Images)
Was die Jungs auf dem Platz zeigen sollen, hängt von den sportlichen Vorgaben des jeweiligen Trainers ab. Einerseits hat der FCA eine grundsätzliche Linie, was in den Jugendmannschaften umgesetzt werden soll. Auf der anderen Seite bleiben für Trainer wie Feulner genügend Möglichkeiten, ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen. Feulner sieht die Trainer am NLZ hier gut abgestimmt: „Wir sprechen hier sportlich im NLZ eine Sprache. Auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, dass die Jungs von jedem Trainer andere Dinge mitnehmen können, weil jeder Trainer etwas anders tickt. Unterschiedliche Trainer erwarten die Jungs im Profibereich ja auch.“ Bei Feulner mangelt es dabei nicht an eigenen Erfahrungen und konkretem Fußballfachverstand. Viel hat er gesehen und sich von überall her Einflüsse mitgenommen. Beim FCA hat er die Möglichkeit als Trainer authentisch zu agieren und sich selbst zu verwirklichen, vielleicht auch etwas mehr als in einem gewachsenen NLZ.
Die Aufgabe für die neue Saison
Feulners neues Team setzt sich dabei in der laufenden Saison zusammen aus Jungs, die noch aus der alten U19 stammen, und solchen, die er nun aus der U17 mitbringt. Die U19 war im letzten Jahr – im Gegensatz zu seinem Team – wenig erfolgreich. Nur vier Siege führten zu einem letzten Platz in der obersten Junioren-Spielklasse. Entscheidend ist für Feulner an dieser Stelle die Qualität. Ich habe Feulner darauf angesprungen, welche Aufgabe in diesem Bereich vor ihm liegt, diese U19 Spieler mitzunehmen. „Ich glaube, die Jungs haben für sich selbst den Anspruch, die letzte Saison nicht so stehen zu lassen. Die Jungs wollen noch härter arbeiten und Leistung zu bringen.“ erklärt er mir, als ich ihn darauf anspreche, ob er hier zusätzlich motivierend unterstützen müsste.
Das erste Spiel der U19 Bundesliga hat Feulners U19 trotz zweier Tore von Mauro Hämmerle zum zwischenzeitlichen Ausgleich 2:3 gegen Ingolstadt verloren. Das sollte man aber zu diesem Zeitpunkt nicht überinterpretieren. Ich glaube an dieser Stelle, dass Feulners Weg als Trainer nicht bei der Augsburger U19 enden wird. Nach dem Gespräch mit Markus Feulner werde ich die Augsburger U19 in der jetzigen Saison aber erst einmal etwas genauer verfolgen.
Zu Beginn der Saison 2019/20 wechselte der damals 14jährige Aaron Zehnter von der Jugendabteilung der Würzburger Kickers zum FC Augsburg. Sein Weg seitdem ist wirklich beeindruckend, denn für ihn ging es in gerade einmal drei Spielzeiten steil nach oben. Zuerst feierte er mit der U19 die Staffelmeisterschaft, an welcher er selbst einen großen Anteil hatte, bevor er schließlich im letzten Jahr seinen Profivertrag unterschrieb. Auch sein Debüt in der Bundesliga sowie im Pokal hat der Linksverteidiger bereits hinter sich. Wie es zu alldem kam und wie hart es für einen Jugendspieler manchmal sein kann, darüber durfte ich im Trainingslager mit ihm sprechen.
Birgit: Hallo Aaron, erst einmal Dankeschön, dass du dir die Zeit genommen hast. Im Mai hast du dich verletzt. Wie geht es dir heute? Bist du schon wieder zu 100 Prozent fit und kannst an allen Trainingseinheiten teilnehmen?
Aaron: Ja, das geht schon wieder. Ich habe am Sonntag mit dem Mannschaftstraining (Anm.: 16.07.2023) begonnen. Man tastet sich langsam heran, um ein gutes Gefühl zu bekommen, weil die Verletzung doch an einer Stelle war, die ich als Fußballer sehr oft benutze – bei jedem Pass und bei jedem Schuss. Ich merke durch die Pause leider, dass ich ein bisschen aufzuholen habe, weil ich sechs Wochen lang leider überhaupt nichts am Ball machen konnte. Da war ich nur beim Krafttraining und Fahrrad fahren. Erst nach sechs Wochen konnte ich anfangen mit Jogging und nun eben wieder ins Mannschaftstraining einsteigen.
Birgit: Aber es läuft soweit gut, oder?
Aaron: Ja, das läuft sehr gut.
Birgit: Das freut mich. Wenn wir schon beim Trainingslager sind: Gibt es dort Dinge, die dir besonders gut gefallen im Vergleich zum normalen Trainingsalltag?
Aaron: Man kann sich hier voll auf den Fußball konzentrieren, weil man immer einen gewissen Input bekommt. Im Trainingslager lernt man sich selbst auch am besten kennen, zum Beispiel, was einem besonders gut tut. Man kann beispielsweise nachmittags irgendwo ein Eisbad nehmen. Je nachdem, was man gerade braucht.
Birgit: Schladming ist ja auch eine wunderschöne Gegend. Ihr macht auch Teambuildingmaßnahmen. Zuletzt konnte man euch beim Rafting sehen. Auch das hast du gut überstanden, oder? Das hat sicherlich großen Spaß gemacht.
Aaron: Ja, das war sehr gut. Ich habe das früher auch schon einmal mit der U17 gemacht. Es ist immer sehr lustig, vor allem, wenn man Achterteams hat und das ganze mit einem Guide macht.
Birgit: 2019 bist du von der Jugendabteilung der Würzburger Kickers in die Jugendabteilung des FC Augsburgs gewechselt. Warum genau hast du dich für den FCA entschieden? Wie kam es dazu?
Aaron: Dazu kam es, da ich von Scouts bei einem Turnier, bei dem ich mit den Würzburger Kickers teilgenommen habe, und bei einem Testspiel in Darmstadt gesehen wurde. Daraufhin wurde ich zu einem Probetraining eingeladen. Ich habe dann länger überlegt, weil ich auch bei anderen Clubs gewesen bin. Am Ende hatte ich die Entscheidung zwischen Augsburg und RB Leipzig. Doch beim FC Augsburg hat mich das Familiäre überzeugt und die Entfernung nach Würzburg war nicht ganz so groß. Deswegen habe ich gesagt, dass ich hier meinen Weg gehen werde, da einfach alles gepasst hat.
Birgit: Diese Entscheidung hast du auch nie bereut, oder?
Aaron: Nein, das habe ich auf gar keinen Fall.
Birgit: Beim tollsten Club der Welt ist das auch unmöglich. Du wurdest an unserem Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet. Wie hast du dort den Alltag für dich empfunden? Das ist doch sicher ziemlich anstrengend, Schule und Training unter einen Hut zu bringen. Ich stelle mir das in so einem jungen Alter nicht einfach vor. Vor allem, wenn die Familie nicht in der Nähe ist.
Aaron: Man braucht auf jeden Fall eine gewisse Zeit, bis man sich reinfindet. Es gehört alles dazu: von Schulwechsel über eine neue Mannschaft bis hin zu einem komplett neuen Umfeld. Man ist die ganze Woche über nicht bei der eigenen Familie. Das ist eine große Umstellung. Es gab auch ein paar Spieler, die nach einem halben Jahr abgebrochen haben und zurück gewechselt sind, weil sie mit diesem Umschwung nicht zurecht gekommen sind. Bei mir hat das aber gut geklappt. Ich bin einmal in der Woche nach Hause gekommen, aber es gab auch Phasen, in denen ich drei bis vier Wochen komplett in Augsburg gewesen bin. Der Alltag war aber nicht immer einfach. Zuerst Frühstück am NLZ um 07:00 Uhr und dann Schule bis ca. 15:00 Uhr. Am Freitag bis 13:00 Uhr. Danach ging es zurück in die WG, in der ich gewohnt habe. Von dort aus ging es sofort ins Training. Es gab eigentlich nie eine Zeit, in der man mal drei oder vier Stunden mittags nichts zu machen hatte. Man war immer in Bewegung. Und wenn man dann so um 20:00 – 20:30 Uhr nach Hause gekommen ist, musste man noch essen und gleichzeitig noch ans Lernen denken. Da war der Kopf manchmal schon zu.
Birgit: Das kann ich mir vorstellen, dass man danach platt ist. Du hast ja die Entwicklung der heutigen Paul-Renz-Akademie mitbekommen. Kann man da Vergleiche ziehen, was jetzt besser ist als vor vier Jahren?
Aaron: Speziell das Thema Essen würde ich hier ansprechen, weil es früher doch ein bisschen ausbaufähig gewesen ist. Vor der Coronapandemie, die ich ja auch voll miterlebt habe, musste man vor ans NLZ, das ungefähr 500 Meter entfernt war, dort frühstücken und dann in die Schule. Die Wege waren zwar kurz, aber morgens um 07:00 Uhr hat man nicht immer so viel Lust. Zu diesem Zeitpunkt war das aber leider nicht anders möglich. Manchmal haben wir zuhause gefrühstückt und sind auch selbst zum Einkaufen gegangen. Als Corona kam, wurde ein Nachtdienst in das Leben eingebaut, der morgens das Frühstück vom Bäcker abgeholt und uns gebracht hat. Für uns war das ein bisschen umständlich, da es Zeit raubt und wir das nicht gewohnt waren. Man hat es nach der Pandemiezeit beibehalten und es gab dann Frühstück bei uns zuhause oder man hat es sich in die Schule mitgenommen. Als das NLZ fertig war, bin ich eigentlich schon direkt in meine eigene Wohnung gezogen. Das, was ich aber von allen gehört habe, ist es mit der neuen Paul-Renz-Akademie und dem Internat wirklich top geworden.
Birgit: Letztes Jahr – also in der Saison 2021/22 – bist du mit der U19 Staffelmeister geworden und ich würde sagen, dass du doch einen relativ großen Anteil daran hast. Vier Tore und vierzehn Torvorlagen muss man erst einmal schaffen. Ist man da ein bisschen stolz auf sich selbst?
Aaron: Auf das Erreichte kann man sicherlich stolz sein. Man darf nicht immer zu kritisch mit sich selbst sein. Das gehört auf jeden Fall auch mal dazu, aber man darf sich auf seinen Erfolg auch nicht ausruhen. Natürlich sollte man auch aus den Spielen herausziehen, was man nicht so gut gemacht hat, aber man darf auch stolz sein, wenn man auf so eine Saison zurück blickt, Staffelmeister geworden ist und in fast jedem Spiel Scorerpunkte hatte.
Birgit: Es war eine tolle Saison. Da ist man als Fan schon stolz, dass auch der Nachwuchs so eine starke Leistung zeigt. Du hast allgemein eine sehr schnelle Entwicklung beim FC Augsburg hingelegt, denn es waren gerade einmal drei Spielzeiten von der Jugendabteilung bis du deinen Profivertrag unterschrieben hast. Hand aufs Herz: Wie doll hast du dafür gearbeitet und auf was musstest du alles verzichten?
Aaron: Wenn man es ganz hart sagt, dann musste man schon ein wenig auf die Jugend verzichten. Es gab viele aus meinem Umfeld in Würzburg, die jedes Wochenende feiern gegangen sind. Ich dagegen hatte oft ein Turnier oder ein wichtiges Spiel und bin in Augsburg geblieben. Eigentlich war ich nie feiern. Ich war in diesem Punkt sehr streng zu mir selbst und habe mir gesagt, dass ich das in 15 Jahren immer noch nachholen kann. Aber im Fußball kann ich meine Jugend nicht mehr nachholen. Aus diesem Grund bin ich diesen Schritt gegangen.
Birgit: Du durftest recht schnell zwei Debüts feiern. Eins im Pokal gegen Blau Weiß Lohne und natürlich deinen ersten Bundesligaeinsatz in der WWK ARENA. Welches hat sich für dich besser angefühlt?
Aaron: Das Bundesliga-Debüt in der WWK ARENA. Es war zwar ein bisschen kürzer, aber es ist ein schönes Gefühl, wenn man vor dieser Kulisse auftreten darf. Man ist zwar ein bisschen nervös, wenn man rein kommt und will dann automatisch auf Sicherheit spielen. Aber am Ende realisiert man es erst eine Woche später, was da passiert ist. Es geht einfach so schnell. Ich wurde gefühlt eingewechselt und saß kurze Zeit später abends auf meiner Couch. Wenn man es dann aber realisiert, ist es unglaublich schön.
Der größte Moment seiner bisherigen Laufbahn: Das Bundesliga-Debüt gegen Bayer 04 Leverkusen (Photo by Adam Pretty/Getty Images)
Birgit: Ich stelle mir das sehr nervenaufreibend vor, da es auch noch gegen unseren Angstgegner Leverkusen gewesen ist. Du kamst in der 90. Minute bei einem Stand von 1:0 rein. Auf einer Skala von 1 bis 10 warst du wahrscheinlich bei 100 Prozent Nervosität, oder?
Aaron: Gefühlt schon, ja.
Birgit: Aber es hat doch gut funktioniert. Ihr habt das Ding nach Hause gebracht. Was würdest du eigentlich sagen, war bisher dein größter Erfolg? Gibt es etwas in deiner bisherigen Karriere, woran du dich dein Leben lang erinnern wirst?
Aaron: Es gibt in jedem Jahr ein Highlight. Ich habe mit dem Fußball angefangen, um natürlich irgendwann in der Bundesliga zu spielen. Deswegen ist der größte Erfolg bisher das Bundesligadebüt gegen Bayer Leverkusen. Ob ich das aber in 20 Jahren immer noch sage, das kann ich nicht sagen, aber ich werde mich immer daran erinnern. Oder in 50 Jahren, dass ich Staffelmeister geworden bin und eine sehr gute Saison gespielt habe. Oder an die Saison damals bei den U15-Kickers, als ich auch eine tolle Spielzeit hatte. Da habe ich ca. 20 Tore und 30 bis 40 Vorlagen hingelegt.
Birgit: Ich war an dem Tag auch im Stadion und habe sehr gerne deinen Namen gerufen. Hast du irgendein Vorbild – sei es jetzt beim FCA oder allgemein im Fußball? Oder privat vielleicht irgendjemanden, zu dem du aufsiehst?
Aaron: Was meinen Ehrgeiz angeht, habe ich immer zu meinem Papa aufgeschaut. Der hat zwar nicht hochklassig gespielt, aber er war immer voll dabei. Ich habe früher mit ihm auf dem Platz trainiert und da gab es kein „Lass ich mal schön den Aaron gewinnen.“ Da habe ich gelernt, dass man auch mal verliert. In unserem Team schaue ich so ein bisschen auf die älteren Spieler, da sie schon vieles erlebt haben. Selbst von Felix Uduokhai, der jetzt in der Mitte seiner Karriere steht, kann ich sehr viel lernen, weil er ein Musterprofi ist. Man kann sich aber von jedem Spieler das abschauen, das man für sich selbst braucht.
Birgit: Wie sehen für diese Saison deine Ziele aus? Persönlich und für den FC Augsburg.
Aaron: Ich fange mal mit dem FCA an. Ich wünsche mir, dass wir nicht so eine Zittersaison spielen wie letztes Jahr. Sprich, dass man nicht bis zum 34. Spieltag am Rand oder vor dem Fernseher sitzt und fast einen Herzinfarkt bekommt. Es sollte eine Saison werden, in der es natürlich auch Höhen und Tiefen geben wird, aber in der man trotzdem gute Spiele macht und die Punkte holt, sodass man am Ende frühzeitig gesichert ist. Für mich persönlich erhoffe ich mir mehr Einsätze als letztes Jahr und mich in jedem Training weiterentwickeln zu können. Natürlich habe ich über die Regionalligamannschaft auch noch Entwicklungspotenzial, in der ich auch elf Einsätze hatte. Wenn dort auch nochmal einige dazukommen, dann ist es für mich perfekt. Doch mein Hauptziel ist es, so viele Bundesligaeinsätze wie möglich zu bekommen.
Drücken wir ihm die Daumen, dass er in dieser Saison viel Spielzeit bekommt (Photo by Oliver Hardt/Getty Images)
Birgit: Ich drücke dir die Daumen, dass du das schaffst, denn wir Fans wünschen es uns alle. Du bist ja auch schon für den DFB in verschieden Jugendmannschaften aufgelaufen. Ist das auch etwas, das du dir für die weiter entfernte Zukunft vorgenommen hast, in der Nationalmannschaft zu spielen? Gibt es einen Traum, den nächsten Schritt zu gehen oder konzentrierst du dich voll und ganz auf das Hier und Jetzt?
Aaron: Der Hauptfokus liegt natürlich hier auf dem Verein. Der geht immer vor. Aber die Nationalmannschaft ist ein Höhepunkt, auf den man auf jeden Fall stolz sein kann, da man sein Land vertritt. Es ist mein Ziel, auf meiner Position so viel Spielzeit wie möglich zu bekommen und sich auch dorthin weiter zu entwickeln.
Birgit: Du hast jetzt eine Saison hinter dir, in der du sowohl in der zweiten Mannschaft gespielt hast, aber eben auch ins Profisein reinschnuppern konntest. Was sind denn die größten Unterschiede zwischen Jugend- und Amateurfußball und dem Herrenbereich? Ich bin der Meinung, das wird doch ein wenig unterschätzt, dass es bei den Herren doch anders zugeht.
Aaron: Es gab für mich damals schon einen Unterschied zwischen der U19 und der U23. Zu meinem Kollegen, mit dem ich in der WG zusammengewohnt habe, habe ich das auch gesagt, weil unsere Mannschaft technisch eine sehr gute Qualität hatte. Aber man merkt es schon. Der Hauptfaktor in der U23 ist einfach, dass dort Männer spielen und dass man nicht so wie in der Jugend gegen Spieler des gleichen Alters ran muss. Da ist der Herrenbereich schon wesentlich stärker. Und zum Profibereich ist es dann noch einmal eine gewaltige Steigerung. Das Körperliche und ganz besonders die Schnelligkeit im Spiel – das Tempo an sich und auch das Passtempo – sind gar nicht damit zu vergleichen. Eine Halbzeit in der ersten Bundesliga fühlt sich so an wie ein ganzes Spiel in der U23. Vor ein, zwei Jahren, als der FCA schon einmal eine solche Zittersaison gespielt hat, saß ich auch vor dem Fernseher und dachte mir, wie schwach die Mannschaft auf dem Platz agiert. Aber im Profitraining ist mir dann bewusst geworden, wie schnell und schwer dieses Spiel ist. Da merkt man erst einmal, wie viel Kraft man aufwenden muss.
Birgit: Das klingt schon nach sehr großen Unterschieden. Dann sind natürlich auch große Gegner und große Namen dabei. Da spielt sicher auch der Respekt davor eine große Rolle. Aber was machst du abseits des Fußballplatzes, wenn du jetzt nicht gerade trainierst oder spielst?
Aaron: Im Moment bin ich noch ein bisschen auf der Suche nach etwas, was ich noch neben dem Fußball machen kann. Etwas, das ein bisschen für Ablenkung sorgt. Momentan habe ich eigentlich nur Fußball im Kopf. Seitdem ich letztes Jahr mit der Schule fertig geworden bin, habe ich ein Jahr pausiert, da der Sprung in den Profibereich doch groß war. Da wollte ich nicht direkt irgendwelche Kurse beginnen, um mich voll fokussieren zu können. Aber ich habe schon einiges im Hinterkopf. Vielleicht mache ich einen Englischkurs oder ähnliches. Etwas, in das man nicht so viel Zeit investiert, da es die zweite Priorität neben dem Fußball sein muss, aber das einen auch im Fußballleben weiterbringt.
Birgit: Das bringt dich sicher weiter, da jede Mannschaft doch irgendwo international in sich selbst ist.
Aaron: Das merke ich hier auch. Hier im Team gibt es auch sehr viele verschiedene Sprachen.
Birgit: Es ist auf jeden Fall eine sehr gute Idee, da du dir ja auch für nach der Karriere sicher schon Gedanken machst. Da gibt es aber Stand heute noch keine wirklichen Pläne, oder?
Aaron: Nein, einen konkreten Plan habe ich diesbezüglich noch nicht.
Birgit: Deine Karriere hat ja auch gerade erst angefangen und nimmt jetzt dann sicher bald so richtig Fahrt auf. Was gefällt dir denn an Augsburg und der Umgebung besonders?
Aaron: Vor einem Jahr bin ich in eine Wohnung nach Haunstetten gezogen. Davor in Oberhausen war alles etwas beengt. Jetzt bin ich in einer ruhigen Gegend, wo ich einfach mal spazieren gehen kann und meine Ruhe habe. Das ist sehr schön. Allgemein gibt es in Augsburg sehr viele ruhige Orte. Aber man ist auch in 20 Minuten in der Stadt und hat dann alles, was man braucht. Augsburg hat auch eine wunderschöne Altstadt.
Birgit: Augsburg ist auf jeden Fall schöner als Leipzig. Für mich persönlich ist auch Familie immer ein ganz wichtiger Faktor und wie ich weiß, bist du auch sehr eng mit deiner Familie verbunden. Deine Eltern haben dich auch ins Trainingslager begleitet. Was bedeutet es dir, dass du so eine Unterstützung bekommst?
Aaron: Das ist ein sehr schönes Gefühl, dass meine Eltern immer hinter mir stehen und mich unterstützen. Als ich noch keinen Führerschein hatte, haben sie mich in Würzburg überall hingefahren. Ich will gar nicht wissen, wie viele Kilometer das gewesen sind. Da ist schon sehr viel Unterstützung dabei, für die ich wahnsinnig dankbar bin. Vor allem, weil sie ja nicht wussten, ob ich den Sprung schaffe oder nicht. Manche Eltern machen das über viele Jahre hinweg und dann beginnt der Sohn am Ende doch eine Ausbildung, weil es für den Fußball nicht reicht. Es war dann aber trotzdem nicht umsonst, da man auch als Elternteil immer wieder neue Leute kennenlernt. Das ist auch schön, weil man gleichzeitig noch in ganz Deutschland herum kommt.
Birgit: Eine letzte Frage noch: Wie lautet dein Tipp für das Spiel am ersten Spieltag gegen Borussia Mönchengladbach?
Aaron: Viele Fans haben vielleicht noch ein bisschen Angst, wenn sie an die letzte Saison zurückdenken, aber ich bin recht zuversichtlich. Daher tippe ich einen 3:1-Heimsieg.
Birgit: Das würde ich auf jeden Fall so nehmen. Noch einmal vielen Dank für deine Zeit und das Interview.
Die U19-Junioren des FC Augsburg nahmen am vergangenen Wochenende am Mercedes-Benz Junior Cup im Sindelfinger Glaspalast teil – und befanden sich dort in bester Gesellschaft. Unter anderem traten neben dem FCA die U19-Auswahlen von Manchester United, Rapid Wien, Galatasaray Istanbul und Benfica Lissabon an. Bei dem seit 1991 ausgetragenen Turnier gaben sich schon prominente Kicker wie Manuel Neuer, Leroy Sané und Joshue Kimmich einst die Ehre.
Die Mannschaft
Nachdem sich einige Mitspieler der U19 bei den Profis im Trainingslager in Spanien befanden, musste Coach Alexander Frankenberger ein wenig umdenken. Da in der Halle sowieso andere Systeme und Formationen gefordert waren, fielen die personelle Abwesenheit von Lubik, Zehnter, Kömür, Dell’Erba und Co. zwar auf, aber es standen trotzdem genug Spieler zur Verfügung für das geforderte Sechs-gegen-Sechs mit fliegendem Blockwechsel.
Im Tor stand in Abwesenheit von Marcel Lubik, der bei den Profis verweilen darf, der 18jährige Alen Kenjar: Der 1.88 Meter große Schlussmann stammt aus der Augsburger Jugend und war zwischenzeitlich an den SSV Ulm ausgeliehen. Vor ihm agierte in der Defensive Kapitän Nick Rasoulinia, ebenfalls 18 Jahre jung und auf dem Großfeld Innenverteidiger. Er stammt aus der Jugend des 1. FC Köln, beim FCA ist er seit 2021 unter Vertrag.
Der 18jährige Litauer Titas Buzas spielte ebenso offensiv wie Roemeo Ivelj (17), Max Bachner (17) und Alem Japaur (18). In der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest spielt Buzas im offensiven Mittelfeld, Ivelj ist Linksaußen, während Bachner und Japaur als Mittelstürmer fungieren. Titas Buzas kam im letzten Sommer erst von Dynamo Kiew an den Lech. Ivelj ist ehemaliger U17 Nationalspieler Kroatiens und stammt ebenso wie Japaur aus der Augsburger Jugend. Japaur war ebenfalls U17-Nationalspieler, aber für sein Heimatland Bosnien-Herzegowina. Bachner ist wie Buzas seit Sommer 2022 für den FCA am Ball, er entstammt dem Nachwuchs des VfB Stuttgart.
Der 2020 aus der Burghauser Jugend nach Augsburg gewechselte Dominik Soptirean (17) ist ebenso wie Namensvetter Dominik Lindermeir (17) defensiv ausgerichtet. Soptirean spielt auf dem Großfeld normalerweise als Innenverteidiger, Lindermeir ist Mittelfeldakteur und stammt aus dem eigenen Nachwuchs. Der aus Deggendorf stammende Niederbayer Simon Mühlbauer (17) ist defensiver Mittelfeldspieler und kam ebenso wie Simon Lichtensteiger (17) in der Halle zum Einsatz. Lichtensteiger durchlief die Jugendmannschaften des FC Memmingen, bevor er im Jahr 2019 zum FCA stieß.
Vor- und Zwischenrunde
Bei zweimal neun Minuten Spielzeit und zwei Minuten Halbzeitpause wurden die acht teilnehmenden Mannschaften in der Vorrunde auf zwei Gruppen verteilt. Während sich in Gruppe A der Lokalmatador VfB Stuttgart RB Leipzig, Galatasaray Istanbul und Manchester United stellen musste, bekam es der FCA mit Rapid Wien, dem 1. FC Köln und Benfica Lissabon zu tun.
Am vergangenen Samstagnachmittag standen die Augsburger Mannen erstmals dem Cup-Gewinner von 2020 gegenüber. Rapid Wien galt auch in diesem Turnier als Favorit auf die Trophäe. Gegen die Vertreter aus Österreich führte der FCA lange 2:0, bis sich Rapid seiner Stärke bewusst wurde und die Partie mit 4:2 drehte. Die Tore für den FCA erzielten Buzas und Japaur.
Die U19 des FCA: Präsentierten sich stark auf einem hochrangig besetzten Nachwuchsturnier in Sindelfingen. (Foto: FCA)
Die zweite Partie bestritten die Augsburger gegen Benfica Lissabon und gewannen souverän mit 2:0. Hier lauteten die Torschützen Japaur und Rasoulinia. Zum Abschluss der Vorrunde kam der FCA gegen Köln nicht über ein 2:2 hinaus, weswegen es nur für Rang drei reichte. Für die beiden Tore zeigten sich Buzas und Rasoulinia zuständig.
Als Dritter ging der FCA also in die Zwischenrunde und stand dort zuerst dem Gewinner der Gruppe A, Manchester United, gegenüber: Die Engländer gingen früh mit 1:0 in Führung, doch der FCA erzielte kurz vor der Halbzeit den Ausgleich. Drei Minuten nach Seitenwechsel dann die Führung des FCA, die dieser bis zum Abpfiff halten konnten. Torschützen hier Rasoulinia sowie Lindermeir. Zum Abschluss schlug der FCA den VfB Stuttgart mit 1:0 durch das goldene Tor von Romeo Ivelj. Durch die beiden Endresultate zog der FCA als Gruppenerster und als einzig verbliebener deutscher Vertreter ins Halbfinale ein.
Halbfinale und Endplatzierung
Der Gegner an diesem Nachmittag im ersten Halbfinale: Galatasaray Istanbul. Die aus der Türkei angereisten Mannen wussten eine riesige Fanbase hinter sich, die im Sindelfinger Glaspalast ordentlich Stimmung machte. In der zweiten Halbzeit legte der FCA in Person von Ivelj vor, jedoch gelang den Gegnern 20 Sekunden vor Abpfiff der Ausgleich. Leider zogen die Augsburger im Entscheidungsschießen den Kürzeren, trotz zwei gehaltener Bälle von Keeper Kenjar.
Im Spiel um Platz drei bezwang der FCA sodann erneut Manchester United. Mit dem 1:0 durch Titas Buzar beendeten die Augsburger Mannen das hochrangig besetzte Nachwuchsturnier mit einem starken dritten Platz. Trainer Alexander Frankenberger war mit dem ersten Auftritt bei diesem Turnierformat, das seit 1991 in der Form ausgetragen wird, sehr zufrieden: „Es war ein tolles Turnier, bei dem wir unsere Erwartungen sogar übertroffen haben. Nicht nur, was die Platzierung betrifft, sondern auch in der Art und Weise. Wir können stolz darauf sein, welche Vereine wir hinter uns gelassen haben. Ein bisschen Wehmut ist natürlich dabei, weil wir sogar kurz vor dem Finaleinzug standen. Das Fazit lautet deshalb: Super, fast perfekt!“
Gewonnen hat den Cup 2023 übrigens die Auswahl von Rapid Wien, die das Turnier ungeschlagen und mit der Maximalpunkzahl von 15 Punkten aus Vor- und Zwischenrunde abschlossen. Gratulation an den Gewinner und an unsere Jungs, das war ein grandioses Turnier und eine super Werbung für den Junioren-Fußball.
In der Vorbereitung verletzt und trotzdem nicht ausgeliehen. Erst später in der Saison in Gang gekommen. In der ersten Liga. Von 15 Saisonspielen 13 mal im Kader gestanden. Die anderen beiden Male eben noch nicht fit. 7 Einsätze in der Bundesliga. 141 Bundesligaminuten gesammelt. Dazu 45 Minuten gegen die Bayern im Pokal. Das Debüt hatte er schon vorher gefeiert. Jetzt ist er in der ersten Liga angekommen: Herzlich Willkommen, Lukas Petkov.
Petkovs Weg
Bis hierin ist dann auch die Karriere des Lukas Petkov lehrbuchmäßig verlaufen. Als Friedberger Jung in der Jugend beim FCA groß geworden, schaffte er es irgendwann bis in die U23 beim FC Augsburg und erregte Aufmerksamkeit auch bei den Verantwortlichen des Profiteams. Am letzten Spieltag der Saison 2020/21 war es ihm dann sogar vergönnt in der Bundesliga zu debütieren. Am 34. Spieltag am 22.05.2021 durfte er 3 Minuten gegen den FC Bayern ran.
Trotzdem war der Sprung zu den Profis noch weit und Petkov entschied sich mit dem FCA zusammen zu einem Zwischenschritt. In der letzten Saison (2021/22) konnte Petkov in der dritten Liga sehr viel Spielzeit für den SC Verl sammeln. 37 Spiele waren das maximal mögliche bei einer Gelbsperre. In diesen kam er auf 16 Torbeteiligungen. Dazu 5 Partien im Westfalenpokal. Spielhärte auf Herrenniveau. Die richtigen Voraussetzungen für die Zeit jetzt.
Lukas Petkov mit vollem Einsatz für Verl. Ein wichtiger Karriereschritt. (Photo by Michael Titgemeyer/Getty Images for DFB)
Die Jugend unter Enno Maaßen
Enno Maaßen ist auch als Trainer zum FCA geholt worden, weil er sich den Ruf erarbeitet hatte, mit jungen Talenten erfolgreich arbeiten zu können. Zumindest legt die Vor-Station und der Erfolg als Trainer der U23 von Borussia Dortmund das nahe. Nun ist direkt in der ersten Halbserie unter Enno Maaßen Lukas Petkov fester Bestandteil der Bundesligamannschaft geworden. Es scheint, dass sich hier zwei gefunden haben, bei denen es passt. Petkov war weit genug und beide können sich den Sprung in die Bundesligamannschaft schon jetzt als Erfolg auf ihre Saisonbilanz schreiben.
Damit ist jetzt zusätzlich eine Vorbildfunktion für die eigenen Jugendspieler geschaffen. Nachdem sich noch im Sommer Dzenan Pejcinovic für eine Zukunft in Wolfsburg entschieden hatte und dort zuletzt seine erste Kadernominierung für sich verbuchen konnte, gibt es jetzt wieder einen jungen Profi in Augsburg, der es aus der eigenen Jugend zu den Profis geschaffen hat (Genau, Frambo, mit 27 ist man im Profifußball nicht mehr jung). Es kann in Augsburg funktionieren und das gibt doch allen Hoffnung.
Die Lücke geschlossen
Damit ist dem FCA mit Enno Maaßen schon jetzt etwas gelungen, was zwischenzeitlich Heiko Herrlich als auch Markus Weinzierl nicht hinbekommen haben. Die letzten beiden Durchbrüche, die in Augsburg stattgefunden hatten, waren Kevin Danso ab März 2017 und Marco Richter ab Februar 2018. Beide sind dabei um eine Leihe herum gekommen und es hat auf Anhieb geklappt. Bei Petkov hat nun das Leih-Prinzip funktioniert.
Kevin Danso kam in seiner ersten Bundesligasaison auf 7 Einsätze. Die hat Lukas Petkov in dieser Saison schon jetzt egalisiert. Bei Marco waren es 12 Einsätze. Das sollte jetzt in der Rückserie kein allzu großes Problem darstellen. Der Fußabdruck in dieser ersten Saison wird ein großer sein. Relevant und berichtenswert. Unter dem Radar ist das nicht mehr.
Brust raus – hier steht ein Bundesligaspieler. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)
Wer ist der Nächste?
Und das macht Hoffnung. Hoffnung auf mehr. Auf mehr Spieler, die aus der eigenen Jugend in die Profimannschaft hochstoßen und sich dort etablieren. Aaron Zehnter durfte im Pokal schon einmal ran und ist wohl momentan am nächsten dran. Dazu durften Josué Mbila und Daniel Katic sich auch schon über Kadernominierungen freuen. Im Sommer gibt es dann wieder Leihrückkehrer. Wem wird hier wie Petkov der Durchbruch gelingen?
Seit langem ist es wieder so, dass man als FCA Fan genauer hinschaut, wer aus der Jugend nachrücken könnte. Die Jungs könnten wieder Chancen bekommen, sich zu zeigen. Auch Enno Maaßen will die Jungen nicht unter den Bus werfen. Aber manchmal möchte man auch ihm zurufen: nur Mut. Ich habe viel Hoffnung, dass es sich für alle als vorteilhaft erweisen könnte. Aber zuerst schauen wir weiterhin gespannt auf Lukas Petkov und drücken die Daumen. Die ersten Treffer und Torbeteiligungen in der Bundesliga werden kommen. Und warum sollte sich Petkov nicht festsetzen und die angespannte Kadersituation in der Offensive nachhaltig für sich zu nutzen wissen? Ich bin schon jetzt ein großer Fan.
Schöne Überschrift, was? Die bezieht sich nun nicht auf die Vorstellung von Enno Maaßen als Trainer des FC Augsburg. Sondern sie stellt vielmehr das Urteil dar, dass einige der jungen Talente des FC Augsburg immer wieder über den FC Augsburg fällen, wenn es um ihre sportliche Zukunft geht. Sie könnte auch lauten „nicht überzeugend“. Und während der FCA in den letzten Wochen nach der perfekten Trainerlösung gesucht hat, hat sich die Welt – oh Wunder – weitergedreht, und so manch ein Jugendspieler hat seine Entscheidung für die Zukunft getroffen.
Aktuelle Transfers bei den Jugendspielern
Was man an dieser Stelle nicht groß betonen muss. Die FCA-Talente sind mittlerweile begehrt. Die U19 hat in der höchsten Klasse ihre Staffel gewonnen und es bis in das Halbfinale um die deutsche Meisterschaft geschafft. Da sind richtig gute Jungs bei und kommen auch aus den jüngeren Jahrgängen noch nach. Und die warten nun nicht gerade darauf, dass der FCA zu Potte kommt. So hatte sich Dikeni Salifou schon früh entschieden, dass seine sportliche Zukunft bei Werder Bremen liegen wird. Mit Aaron Zehnter konnte der FCA eines seiner Top-Talente halten und mit einem Profi-Vertrag ausstatten. Gleiches gilt für den schon etwas älteren Henri Koudossou. Soweit so gut.
Das Gerangel wird durch die hohe Qualität auch um die deutlich jüngeren Talente größer. Der 17-jährige Noa-Gabriel Simic ist nun der nächste, der den FCA proaktiv verlässt und zur U19 von Borussia Dortmund wechselt. Er hatte in 18 Partien für die U19 11 Tore gemacht, und das mit gerade einmal 17 Jahren. Der Dortmunder U19 Trainer soll in ihm einen Wunschspieler sehen. Und selbst wenn sich der FCA nun selbst im Dortmunder Trainerpool bedient hat, so ändert dies nun nichts mehr an diesem Spielerwechsel. Genau, wie es einen stutzig machen sollte, dass Dzenan Pejcinovic bisher keinen Profivertrag in Augsburg unterschrieben hat. Am Unwillen des Vereins wird es nicht liegen. Vielleicht fehlt – mal wieder – auf Spielerseite die Überzeugung?
Die Bilanz der letzten Jahre
Über Stefan Reuters Bilanz mit der Jugend hat Irina hier im Blog zuletzt ausführlich geschrieben. Wenn man dies in Kürze zusammenfassen will: der FCA hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Mit Raphael Framberger kam gerade ein aktiv-eingesetzter Spieler der letzten Saison aus der eigenen Jugend. Vor der Saison hatte man mit Marco Richter und Kevin Danso zwei Eigengewächse ziehen lassen. Während Richter seinen Wechsel zu Hertha BSC vielleicht hinterfragt (ein etwas glücklicheres Händchen bei der Vereinswahl hätte man ihm schon wünschen können), hat Kevin Danso mit dem Rummel um seine Person alles richtig gemacht. Er hat für RC Lens 36 Pflichtspiele bei 5 Scorerpunkten absolviert und gezeigt, dass er das Potential zu einem erstklassigen Innenverteidiger ausschöpfen kann. Sein Marktwert ist zusätzlich auf 9 Mio. EUR laut transfermarkt.de geklettert. Und Danso ist weiterhin erst 23 Jahre alt.
Danso war nicht der erste, der seinen Abschied vom FCA quasi erzwang. Er steht in einer Reihe mit Erik Thommy, der trotz Bundesligadebüt in Augsburg seine Chancen in der Ferne (beim VfB Stuttgart) besser einschätzte. In der gleichen Reihe findet sich auch Marvin Friedrich wieder, der über Union Berlin bei Borussia Mönchengladbach gelandet ist. Friedrich war vom FCA nach Berlin ausgeliehen und beklagte, dass sich während seiner Leihe beim FCA niemand für ihn zu interessieren schien. Als Reaktion auf diese offensichtliche Fehlstellung wurde in der Folge Christoph Janker als Bindeglied zwischen Profis und Jugend und zur Betreuung der Leihspieler installiert. Einzig, die Erfolge lassen auf sich warten.
Die Verpflichtung von Aaron Zehnter ist ein Hoffnungsschimmer mit Blick auf die Jugend zuletzt. (Photo by Oliver Hardt/Getty Images for DFB)
Wendepunkt
Nun hatte der FC Augsburg mit Markus Weinzierl keinen Trainer, der dafür berüchtigt ist, auf die Jugend zu setzen. 10 Minuten vor Ende einer aussichtslosen Partie durften immer wieder die über 30jährigen Alt-Stars ran, anstatt dass Jugendspieler wichtige Minuten und Erfahrungen hätten sammeln dürfen. Die Frustration unter den Jugendspielern wuchs. Aber auch hier gilt: der Trainer hat sich nicht selbst ausgesucht. Man hat für den Klassenerhalt 2020/21, den Weinzierl durch die Partie gegen Bremen mit mehr Glück als Verstand sicherte, die Perspektive der Jugend geopfert. Die Verpflichtung von Enno Maaßen wird hier nun als Wendepunkt inszeniert. Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen hat Stefan Reuter sehr betont, dass Enno Maaßens Kompetenz in der Arbeit mit Jugendspielern ein Haupt-Kriterium für seine Verpflichtung war.
Das es beim Verein trotzdem keinen kompletten Sinneswandel gegeben hat, sieht man allerdings in Reuters Aussagen zu Tim Civeja im selben Interview. Civejas Namen hat er dabei selbst in Spiel gebracht: „Aber Tim Civeja zum Beispiel ist auf uns zugekommen und würde gerne nach dieser für ihn enttäuschenden Saison, in der er nicht einmal im Kader gewesen ist, einen anderen Weg einschlagen. (…) Wir wollen den Spieler aber nicht verlieren, sondern auch die Möglichkeit haben, ihn wieder zurückzuholen.“ Er scheint also direkt bereit, Civeja ziehen zu lassen. Kein Wort darüber mit Enno Maaßen zusammen zu überlegen, welche Perspektive man dem Spieler geben kann. Kein Wort darüber, wie man Spieler vom FCA überzeugen will. Civeja wurde im Nachgang zum Interview nun für ein Jahr nach Ingolstadt verliehen. Chance verpasst.
Strategie nachhaltig ändern
Stefan Reuter hat ja nicht unlängst Fehler selbst eingestanden. Aber gerade in diesem vielzitierten, aktuellsten Interview hat er erneut die Verpflichtung von Markus Weinzierl verteidigt. Hier ist nun die Frage, welchen Prioritäten der FCA nachhaltig verfolgt. Die Förderung der Jugend scheint es ja nicht vorrangig zu sein, wenn man diese für kurzfristige Ziele auch mal opfert. Ob sich die Strategie des FCA hier nun nachhaltig ändert? Zumindest ist dies bisher aus den öffentlichen Aussagen nicht direkt erkennbar. Trainer kommen und gehen in der Bundesliga. Der FCA braucht ein Wertegerüst, auf dessen Basis er Entscheidungen trifft und die Jugend hat hier eine wichtige Rolle zu spielen.
Der Erfolg einer strategischen Änderung wird sich gerade im Verhalten der Jugendspieler und Jungprofis selbst zeigen. Bleiben sie in Augsburg, bekommen sie ihre Chance und wird Vertrauen in sie gesetzt? Hält man den Kontakt auch in schwierigen Zeiten und während der ein oder anderen Leihe und intensiviert ihn dann vielleicht sogar? Kommen sie gerne nach Augsburg zurück? Hier wird es nicht nur auf Enno Maaßen ankommen, sondern auch auf das Management. Wobei Enno Maaßen die Kernaufgabe zukommt, den Jugendspielern ihre kurzfristige Perspektive aufzuzeigen, Vertrauen aufzubauen und Versprechen einzuhalten. Dann ist für die kommende Saison schon viel genommen, auch wenn die Fehler der letzten Zeit sich noch eine Weile auswirken werden, Ob wir nicht doch einen Rückfall in diese Zeiten erleben, ist damit jedoch nicht sicher gestellt.
Mit hehren Zielen ist Klaus Hofmann als Präsident des FC Augsburg gestartet. Er wollte die Quote der Spieler, die beim FC Augsburg in der ersten Mannschaft spielen und aus der eigenen Jugend stammen, erhöhen. In der Saison 2021/22 ist sie dennoch so niedrig wie seit langem nicht. Außer Raphael Framberger, der schon vor Jahren sein Debüt im Trikot des FCA feierte, kommt kein Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu Einsatzzeiten. Nicht nur in der Tabelle sondern auch im Bereich der Entwicklung eigener Jugendspieler ist der FCA weit davon entfernt, die eigenen Ziele zu erreichen. Man könnte sogar meinen, man hätte sie aufgegeben. Was ist passiert?
Hochgelobt und abgehoben
Markus Weinzierl verkündete noch in seiner ersten Amtszeit, dass die Jugendspieler in Augsburg weit weg wären von der ersten Mannschaft. Doch nach Weinzierls Abschied tat sich was. Zwischenzeitlich kamen einige Spieler aus der eigenen Jugend in Augsburg zu ihrem Profidebüt. Kevin Danso war lange der Vorzeige-Nachwuchsspieler. Schnell war durch seine Leistungen in den Jugendmannschaften klar geworden, dass er das Talent für großes hat. Frühzeitig durfte er unter Manuel Baum debütieren. Sich fest spielen. Fehler machen. Zum A-Nationalspieler für Österreich werden. Und in Schwächephasen auf der Bank sitzen.
Danso viel es anscheinend schwer die Konsequenzen seiner Leistungsschwankungen zu akzeptieren. Er wollte Stammspieler sein und wurde erst an den FC Southampton und nachfolgend an Fortuna Düsseldorf verliehen. Nach seiner Rückkehr wurde ihm eröffnet, dass er sich in Augsburg dem Wettbewerb um die Plätze zu stellen habe. Er versuchte seinen Abgang zu erpressen. Der FCA fand mit RC Lens eine Lösung, wo er nun mit 23 Jahren Stammspieler in der Ligue 1 in Frankreich ist. Warum er seine Zukunft nicht mehr in Augsburg gesehen hatte, wird eines der Rätsel rund um den FC Augsburg bleiben. Vielleicht liegt die wesentliche Ursache aber in diesem Fall schlicht im abgehobenen Selbstverständnis des Spielers selbst.
Aus der Jugend Leistungsträger im Herrenteam. Danso und Richter haben den Durchbruch geschafft. In Augsburg spielen sie allerdings keine Rolle mehr. (Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)
Bei aller Unruhe die Perspektive woanders gesucht
Etwas anders gelagert ist die Geschichte bei einem anderen Spieler des Augsburger Nachwuchses, der sich in Augsburg durchgesetzt hatte und nun sein Glück woanders sucht. Marco Richter ist ein Lausbub. Ihn verbindet mit Danso, dass er Talent bis zum Umfallen hat. Darüber hinaus hat er sich aber in der Kommunikation nach außen immer professionell verhalten und sich über Jahre beim FCA durchgesetzt und war zu einem wichtigen Spieler im Kader des FCA geworden. Richter derweil ist ein Spieler der meiner Einschätzung nach sehr davon profitieren kann, wenn es Ruhe in der sportlichen Führung des Vereins, v.a. beim Cheftrainer, gibt. In Augsburg aber wechselten Richters Aufgaben unter den unterschiedlichen Trainern immer wieder. Baum, Schmidt und Herrlich sorgten nicht dafür, dass Richter zu einer festen Position und konstanten Leistungen fand.
Wechselwünsche und Gedanken kamen entsprechend regelmäßig immer wieder ans Tageslicht. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass Richter von Volker Struth beraten wird, der eine der größten Beratungsagenturen führt, und dessen Aushängeschild Toni Kroos ist. Er schafft es regelmäßig seine Spieler an Clubs zu vermitteln, wo sie den nächsten Schritt machen sollen. Richter hatte früh im Kopf, dass der nächste Schritt nicht mehr in Augsburg stattfinden sollte. Nachdem in Gerüchte in Köln und Gladbach sahen, ging er im vergangenen Sommer zur Hertha nach Berlin. Und im Umfeld des FC Augsburg darf man sich fragen, warum auch in diesem Falle der FCA seine sportliche Vision und die Rolle des hochverlangten Eigengewächses darin nicht nachhaltig vermitteln konnte.
Vernachlässigt
Damit ist die Geschichte derer, die aus dem Augsburger Nachwuchs den Weg in die Bundesliga gefunden haben aber noch nicht auserzählt. Der ein oder andere Fan des FC Augsburg rieb sich zuletzt mit einiger Verwirrung die Augen. Simon Asta, vormals großes Talent auf der Rechtsverteidigerposition, spielte bei Fürth gerade auf dieser Leidensposition der Augsburger 90 Minuten in der Bundesliga. In Augsburg hatte man vor 1,5 Jahren dem Wechselwunsch Astas nachgegeben und ihn fest nach Fürth ziehen lassen. Mittlerweile ist er in Fürth in der Bundesliga angekommen und wurde unlängst auch in der deutschen U21 Nationalmannschaft berücksichtigt. Ähnlich lief es vormals bei Marvin Friedrich, der erst in Augsburg verletzt fehlte, nach Berlin zu Union verliehen wurde, und dann nicht mehr zurückkehren wollte. Nur, dass Friedrichs Entwicklung in Berlin noch rasanter war und Friedrich bei Schalke ausgebildet wurde und nicht in Augsburg.
Die fehlende Betreuung der Leihspieler führte dazu, dass man Christoph Janker installierte, um genau diese zu übernehmen. Auch die Schnittstelle zum Nachwuchsleistungszentrum fällt ganz grundsätzlich in sein Arbeitsgebiet. Rainer Maurer hatte sich zu diesen Themen erst vor kurzem auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Freiburg geäußert. Er hatte kommuniziert, dass diese Schnittstelle coronabedingt gelitten hatte. Der FC Augsburg hatte vergleichsweise wenig Infektionen in der ersten Mannschaft. Wenig Einbindung der Jugendspieler in den Profibetrieb könnte hier geholfen haben. Sie hat aber auch die Brücke gekappt und den Jugendspielern die Möglichkeit genommen, sich zu zeigen und oben anzuklopfen. Hier gilt es jetzt zügig, wieder mehr Durchlässigkeit zu schaffen, und den eigenen Jugendspielern vermehrt Perspektiven aufzuzeigen, bevor sie ihre Zukunft auch woanders suchen. Danso und Richter waren hier als Vorbilder eventuell zuletzt prägender als Raphael Framberger, der immer als Vorzeigeobjekt der Jugendarbeit dienen muss.
Mit Tim Civeja war die Hoffnung verbunden, den nächsten Startelfkandidaten aus der Jugend gefunden zu haben. Er ist vorerst, wie auf diesem Foto, wieder etwas in den Hintergrund geraten. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
Ist Jugendförderung eine Priorität?
Und hierbei werden die Jugendspieler auch beobachten, wie es den Spielern ergeht, die in Augsburg Profiverträge haben und mit der ersten Mannschaft trainieren. In der Öffentlichkeit erinnert man sich an einen davon schon kaum noch. Derweil war in der letzten Saison Tim Civeja der heiße Name unter den Nachwuchsspielern des FC Augsburg. Unter Heiko Herrlich war er ganz nah dran an der Mannschaft, durfte debütieren und wurde nur ausgebremst, weil ihn eine Verletzung lange zum Zuschauen verdammte. In dieser Saison und unter Markus Weinzierl ist Tim Civeja wieder ein bisschen in der Versenkung verschwunden. Selbst als mit Tobi Strobl und Carlos Gruezo zwei zentrale Mittelfeldspieler ausfielen und auch während der Corona-Erkrankung von Arne Maier kam Civeja nicht zum Zug.
Und so stellt sich in Augsburg mittlerweile schon die Frage, welche Rolle die Förderung der eigenen Jugend bei den Prioritäten der sportlichen Führung spielt. Gerade in Zeiten, in denen man schnell einen zweistelligen Millionenbetrag für ein US-Talent ausgibt, und in denen die eigene Jugend keine Berücksichtigung in der ersten Mannschaft findet, führt dies vielleicht bei dem ein oder anderen mehr zu Abwanderungsgedanken. Gerade die ausgeliehenen Talente um Maurice Malone, Lukas Petkov und Co. werden sich fragen, inwiefern sie in Augsburg die optimalen Bedingungen für ihre Zukunft vorfinden. Alles in allem scheint es, als ob der FCA nach den rosigen Zeiten der Talententwicklung unter Manuel Baum in diesem Bereich in der Entwicklung stagniert, wenn nicht sogar zurück fällt.
Der große Schnitt im Sommer?
Kurzfristig kommt aber nun doch Spannung ins Thema. Durch viele Ausfälle und Erkrankungen ist die Personaldecke gegen Wolfsburg mehr als dünn. Das Spiel der U23 wurde auf Grund der Platzverhältnisse in der Rosenau abgesagt. Wenn sich hier nicht schon am Sonntag für den ein oder anderen aus dem Nachwuchsbereich die Chance ergibt sich zu zeigen, dann wird das wahrscheinlich in dieser Saison ganz grundsätzlich nichts mehr.
Nachdem die sportliche Situation zudem weiter kritisch bleibt, wird wohl hier gerade niemand den Finger mit Nachdruck in die Wunde legen. Im schlimmsten Fall wird der FCA im Sommer allerdings hier eine weitere Baustelle haben, bzgl. der er zumindest sein Auftreten in der Öffentlichkeit korrigieren sollte. Wenn nicht sogar Nacharbeiten an Strategie und Fundament notwendig sind. Die Trennung von U23-Trainer Sepp Steinberger zum Saisonende ist ein Zeichen, dass es im Gebälk kracht. Im Profibereich hat Weinzierl auch in seiner zweiten Amtszeit die Kompetenz bzgl. der Integration der Spieler des eigenen Nachwuchses vermissen lassen. Die Trainerentscheidung für die Profis über den Sommer hinaus ist zumindest noch nicht nach außen kommuniziert worden. Es wäre schön, wenn dieses Thema hier eine wichtige Rolle spielen würde.
Das erste Pflichtspiel ist in der Saison 2021/22 schon wieder Geschichte. Man will sich auf die Bundesliga freuen. Derweil, es fällt mir in manchen Momenten schwer. Warum, fragt ihr euch vielleicht. Ich versuche es zu erklären.
Wenn ich von Fans anderer Vereine angesprochen werde, wie langweilig der FC Augsburg doch sei, dann empfinde ich das als Kompliment. Kompliment deswegen, weil es genügend Clubs gibt, die negativ immer wieder auffallen und auch deswegen konsequenterweise in den letzten Jahren abgestiegen sind. Letzte Saison hat es nun Schalke 04 erwischt. Ein paar Jahre vorher konnte sich der HSV nicht mehr retten. Wenn der FCA als „graue Maus der Bundesliga“ bezeichnet wird, dann sehe ich das als eine Art Auszeichnung. Darauf kann man aufbauen und sich weiterentwickeln.
Die Vorfreude könnte groß sein vor der kommenden Saison. Der Blick ist trotz Jubel über den ersten Sieg getrübt. (Copyright: Eibner-Pressefoto / Buenning EP_ABG via Imago)
Und dabei stößt mir dann gar nicht so recht negativ auf, dass es mit einem Spieler mal etwas Uneinigkeit gibt, und man sich nicht immer unter den besten Voraussetzungen trennt. Bei 30 Spielern im Kader kann nicht ein jeder immer zufrieden sein und der ein oder andere ist auch mal schlecht beraten und das Theater kommt an die Öffentlichkeit. Mund abputzen, weitermachen. Bye, bye Kevin Danso. So lange Leistungsträger wie Ruben Vargas oder Rafal Gikiewicz verlängern, alles kein Problem.
Bei all dem Fokus auf das Sportliche, den dieser Zirkus mit sich bringt, verliere auch ich manchmal den Blick auf das Wesentliche. Klaus Hofmann hatte als Ziel seiner Präsidentschaft beim FC Augsburg ausgerufen, dass er mehrere eigene Jugendspieler in der ersten Elf der Bundesligamannschaft sehen will. Gerade deshalb wird und wurde in den letzten Jahren schon viel Geld in die Infrastruktur gesteckt. Nur die Infrastruktur selbst trainiert keine Mannschaft und verbessert keinen Spieler. Das machen die Trainer im Jugendbereich.
Die Trainer sind der Kern des Nachwuchsleistungszentrums. Und gerade hier ist der FCA nun negativ in die bundesweiten Schlagzeilen gerückt, auch schon bevor 61 Mitarbeiter des Zollamts Unterlagen mitgenommen hatten, um „Beschäftigungs- und Entlohnungsmodalitäten von nebenamtlich beziehungsweise ehrenamtlich beschäftigten Fußballtrainern“ zu untersuchen. Einer der Augsburger Jugendtrainer hat bei WDR Sport Inside den Vorgang wie folgt kommentiert:“Es ist gut, wenn jetzt was passiert. Die Trainer dort wurden lange genug ausgebeutet.“
Gegenüber Sport Inside hatte der FCA widersprochen:“Wir halten uns mit unseren Vereinbarungen an das Mindestlohn-Gesetz und können den von Ihnen geschilderten Sachverhalt mit der Behauptung eines ehemaligen Nachwuchstrainers nicht bestätigen.“ Derweil sich bei der Augsburger Allgemeinen weitere Trainer gemeldet hatten, die die problematischen Umstände bestätigten. Untersucht wird das Ganze nun von der Staatsanwaltschaft und wir werden sehen, zu welchen Ergebnissen das Verfahren kommt.
Das reine Abklatschen ist nicht mehr. Dafür hat der Ruf zuletzt zu sehr gelitten. (Copyright: Eibner-Pressefoto / Buenning EP_ABG via Imago)
Schuld und Unschuld aus rein rechtlicher Perspektive sind das Eine, die moralische Komponente etwas ganz Anderes. Auch wenn es rein rechtlich möglich sein sollte, die Jugendtrainer so zu bezahlen, wie in der Vergangenheit geschehen (und dies wird nun ja wohl gerichtlich geklärt werden), so wird diese Bezahlung ja nicht im geringsten dem Stellenwert der Jugendtrainer in der Organisation gerecht. Als Mitglied kann man sich ja wohl verhöhnt vorkommen, wenn es wieder heißt: jeder Euro geht in die Jugend. Es müsste eher heißen: euer Geld fließt nicht in eine angemessene Bezahlung der Jugendtrainer. Im Gegenteil. Auch das Gerede von der FCA-Familie, ist dann halt auch nur genau das: Gerede. Vom Umgang Mensch zu Mensch in der Organisation mal ganz zu schweigen.
Auf der nächsten Mitgliederversammlung gäbe es viel zu besprechen. Nachdem Klaus Hofmann Anteile am Verein hinter dem Rücken der Mitglieder an einen amerikanischen Investor weiterverkauft hatte, ist dies nun das zweite Thema innerhalb von wenigen Monaten, bei dem ich mir als Mitglied verwundert die Augen reibe. Auch beim vorliegenden Thema wird natürlich nicht proaktiv von Seite des Vereins kommuniziert. Mit Verweis auf das laufende Verfahren hat man diesmal vielleicht sogar eine gute Ausrede gefunden. Als Mitglied fragt man sich aber als erstes: wann wird es denn nun wohl diese Mitgliederversammlung geben? Dort geht es dann mehr als nur ums Sportliche, sondern um die Identität und Werte unseres Vereins. Ich glaube, dies wird spannender und bedeutungsvoller als jeder Abstiegskampf. Wie gerne wäre ich da einfach wieder nur die graue Maus.
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