Frambos Bedeutung für den FCA

Wer hätte damit noch gerechnet? Im 188. Ligaspiel in der ersten Bundesliga unseres Vereins läuft zum ersten Mal ein Spieler aus der eigenen Jugend von Beginn an auf. Raphael Framberger fiel diese Rolle nun zu, nachdem der etatmäßige Rechtsverteidiger des FC Augsburg Paul Verhaegh krankheitsbedingt in Wolfsburg nicht einsetzbar war. Manuel Baum hatte den Mut ihm zu vertrauen anstatt Markus Feulner oder Georg Teigl aufzustellen. Am Tag danach heißt es durchatmen, denn – Debüt hin oder her – Framberger ließ sich nicht beeindrucken und spielte eine starke Partie. Zwar führte ein Freistoß nach einem Foul von ihm zum Gegentor, aber in der 38. Minute rettete er großartig nach einem Ballverlust von Jan Morávek und bereitete zudem später noch das Siegtor vor. Sein Auftritt war gekennzeichnet von Selbstbewusstsein und sein Vorstoß vor dem Siegtreffer, war nicht der einzige an diesem Nachmittag. Zeichnet sich nun eine Kehrtwende beim FCA in Bezug auf den Einsatz eigener Jugendspieler ab?

Während der FCA Jugendspieler vor allem wegen der Vorgaben der DFL zu sog. „Local Players“ mit Profiverträgen ausstatten muss, war bis vor kurzem klar, dass diese bei den Profis trotzdem nicht zum Zuge kommen. Der FCA muss mindestens vier Spieler im Profikader führen, die für mindestens drei Spielzeiten im Alter zwischen 15 und 21 in den eigenen Jugendmannschaften gespielt haben. Markus Weinzierl hatte aber erst im Herbst 2015 noch geurteilt: „Die Jungs sind engagiert, aber es ist nicht nur ein Schritt, sondern zwei, drei Schritte“. Unter Markus Weinzierl kam dann auch in der Europacup-Saison und mit großen Verletzungsproblemen kein Spieler aus der eigenen Jugend zu Einsätzen. Den Jugendspielern wurde von Weinzierl offensichtlich nichts zugetraut.

Das hatte sich schon unter Dirk Schuster geändert, unter dem auch Julian Günther-Schmidt zu Jokereinsätzen kam. Dass es nun dennoch Raphael Framberger ist, der als erstes nach über 5,5 Jahren in der ersten Bundesliga von Beginn an ran darf, ist zumindest ein kleines Wunder. Framberger wechselte im Alter von 8 Jahren zum FCA, als dieser 2004 noch selbst in der Regionalliga spielte. In den letzten 10,5 Jahren hat er viele Jugendmannschaften des FCA durchlaufen und ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Eigengewächs. Schon in seiner ersten U23-Saison 2014/15 hatte er einige Kadernominierungen bei den Profis, kam aber nicht zum Einsatz, bevor ihn dann ein Kreuzbandriss lange komplett außer Gefecht setzte. Jetzt ist er wieder zurück. Zwei Einsätzen vor der Winterpause bei der U23 folgte am Samstag direkt mit der ersten Kadernominierung der Startelfeinsatz bei den Profis.

Dieser Moment reiht sich für mich persönlich in eine Kette der ersten Male beim FCA ein, die aus immer mehr positiven Momenten besteht. Ich denke in diesem Zusammenhang gerne an den ersten Bundesligasieg in Mainz durch einen Elfmeter von Jan-Ingwer Callsen-Bracker, den zweiten Klassenerhalt durch den gehaltenen Elfmeter von Alex Manninger im Jahr 1 unter Weinzierl, den ersten Sieg gegen die Bayern nachdem Daniel Baier Mitchell Weiser düpiert hatte und Sascha Mölders auflegte, und den Einzug in den Europacup, nachdem auch wieder Sascha Mölders, den Schlusspunkt gesetzt hatte. Diese Liste ist nicht abschließend und ja, Raphael Framberger reiht sich nun in diese Liste ein. Andere Jugendspieler können zu ihm hochschauen und sehen, dass es klappen kann. Er ist seit gestern ein Leuchtturm für die Jugendarbeit des FCA.

Es bleibt zu beobachten, ob sich in dieser Hinsicht grundsätzlich etwas ändern wird. Der Abgang von Daniel Opare im Winter und der Einsatz von Raphael Framberger sind erste gute Anzeichen. Die Vertragsverlängerung von Christoph Janker könnte dem entgegen stehen. Mit Manuel Baum als Cheftrainer ist jemand verantwortlich, der die Jugendspieler kennt wie kein anderer, da er die letzten 2,5 Jahre die Jugendarbeit koordiniert hat. Eine einheitliche Spielphilosophie sollte zudem dazu führen, dass Jugendspieler besser bei den Profis integriert werden können. Ob sich Stefan Reuter und die weiteren Verantwortlichen bei der Kaderplanung davon beeinflussen lassen, bleibt abzuwarten. Wenn trotz der Verletzungssorgen im Sturm jetzt in der Winterpause kein weiterer Stürmer kommt, dann sollte dies zudem weitere Möglichkeiten für unsere Jugendspieler bedeuten und wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Aber für heute stärkt Raphael Frambergers Einsatz den Glauben daran, dass es klappen kann. Darauf können wir heute alle anstoßen und dann geduldig und in Ruhe weiter arbeiten (Übersetzung für Hr. Reuter: Frambergers Vertrag verlängern).

Helden aus der eigenen Jugend

Über fünf Jahre ist es her. Am 08.05.2011 hat das letzte Mal ein Spieler aus der eigenen Jugend ein bedeutendes Tor für den FC Augsburg geschossen. Stephan Hain hat damals gegen den FSV Frankfurt den Aufstieg in die erste Bundesliga perfekt gemacht. Ein Moment für die Ewigkeit:

Seit gestern wird wieder über einen Augsburger Nachwuchsspieler gesprochen. Der Name Marco Richter macht die Runde. Noch während der Sommerpause der ersten beiden Ligen hat die U23 des FC Augsburg in der Regionalliga Bayern zu Hause den SV Seligenporten mit 12:0 geschlagen. Marco Richter hat dabei 7 Tore für die Mannschaft von Christian Wörns beigesteuert. Marco Richter ist schon vorher als hoffnungsvolles Talent aufgefallen und Robert Götz hat in der Augsburger Allgemeinen erst vor kurzem im Lokalsport über ihn geschrieben. Nach dem Feuerwerk gegen Seligenporten wird Marco Richter eventuell ein Spieler, über den man bald auch im allgemeinen Sportteil lesen kann. Ob Marco Richter beim FC Augsburg der Durchbruch gelingt, darf dabei allerdings auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre bezweifelt werden.

In dieser Saison liegt die geringe Chance auf Einsatzzeiten zuerst am aufgeblähten Kader der ersten Mannschaft. Hier wird es schon schwierig Jugendspieler ins Training zu integrieren, ohne die Gruppengrößen zu sprengen. Auf der rechten defensiven Außenbahn beispielsweise ist der FCA neben seinem internationalen Topmann Paul Verhaegh mit Daniel Opare und Georg Teigl dreifach besetzt. Chancen für Raphael Framberger, den Rechtsverteidiger der U23, der hoffentlich bald von einer schweren Knieverletzung zurückkehrt, werden sich so nur schwer ergeben. Auf den zentralen offensiven Positionen sieht es ähnlich aus. Deswegen kam es schlussendlich auch zur Gala von Marco Richter, denn zum gleichen Zeitpunkt war die erste Mannschaft auf dem Weg ins Trainingslager. Auf seiner Position als hängende Spitze tümmeln sich Koo, Altintop und Usami. Auch Ji hat hier in der Vergangenheit schon gespielt.

Der letzte hoffnungsvolle Jugendspieler des FC Augsburg hat in der letzten Saison seine Leihe nach Kaiserslautern abgebrochen und ist frühzeitig zum FCA zurückgekehrt. Erik Thommy wurde mittlerweile an Jahn Regensburg verliehen. Die Daumen sind weiterhin gedrückt. Aber insgesamt sind das doch zu wenig Namen, die zu Einsatzzeiten im Profibereich gekommen sind. Zumindest kommt es mir auf Grund der Investitionen in das Nachwuchsleistungszentrum und der U23 in der vierten Spielklasse so vor. Was könnte sich also tun?

  1. Der FC Augsburg könnte seinen Profikader in dieser Transferperiode oder spätestens im Winter weiter ausdünnen, um eigenen Jugendspielern vermehrte Möglichkeiten zu verschaffen, sich im Training zu zeigen.
  2. Jugendspieler könnten früher Profiverträge erhalten, um proaktiv an Teams in der zweiten und dritten Liga verliehen zu werden und dort Spielpraxis auf einem Niveau über der eigenen U23 zu sammeln und sich so weiterzuentwickeln.
  3. Der FC Augsburg könnte bei Kaderentscheidungen vermehrt etwas enger planen, um Jugendspielern auch im Spielbetrieb der Bundesliga eine Chance zu geben.

Zu einer positiven Entwicklung gehören allerdings immer zwei Parteien. So darf man sich ruhigen Gewissens fragen, was aus Stephan Hain geworden wäre, wenn er a) in Augsburg geblieben wäre oder b) anstatt 1860 dem Angebot von Mainz 05 und Thomas Tuchel nachgegeben hätte. Das er jetzt wieder gegen die zweite Mannschaft des FC Augsburg im Dress der SpVgg Unterhaching antreten wird, hängt sicher auch an seinen Entscheidungen in der Vergangenheit. Wenn Marco Richters Vertrag im kommenden Sommer ausläuft, wird auch ihm eine schwierige Entscheidung ins Haus stehen.

Es kommt immer wieder die Frage auf, ob wir überhaupt Jugendspieler haben, die das Zeug für die Bundesliga mitbringen und bei denen sich diese Fragen stellen. Wenn wir daran nicht glauben, dann können wir die U23 abmelden und uns das Geld sparen. Ansonsten werden wir erst feststellen, ob die Fische schwimmen können, wenn wir sie irgendwann ins Wasser werfen. Dabei haben die Leistungen in der U23 sicher eine Indizwirkung, werden aber nie eindeutig zeigen, ob ein Spieler sich im Profibereich nachhaltig durchsetzen kann.

Die Schnittstelle zwischen U23 und Profiteam ist hierfür entscheidend. Das die Ausbildung von Jugendspielern schwieriger ist, als die Arbeit mit Profis, die über Jahre professionelles Training gewohnt sind, ist keine Frage. Ich hoffe diese Herausforderung war Teil des Anforderungsprofils an Dirk Schuster. Ansonsten sollten wir uns erneut darauf einstellen, dass Einsatzzeiten für eigene Jugendspieler in der Bundesliga sehr rar gesät sein werden. Daran können dann auch sehr gute Leistungen in der Regionalliga nur wenig ändern.

Was soll der Jugendwahn?

Die Bundesligasaison 2015/16 ist vorbei und der FC Augsburg hat trotz sehr erfolgreicher Europa League Beteiligung (#keineSau !!!) schon vor dem letzten Spieltag den Klassenerhalt gesichert. Während der Sommerpause werden momentan die Weichen für die neue Saison gestellt und die Mannschaft wird umgebaut. Neben diversen Vertragsverlängerungen wurden mit Georg Teigl und Andreas Luthe die ersten Spieler neu verpflichtet. Weitere Spieler werden kommen und  gehen. In Augsburg hält sich hartnäckig die Forderung, dass dies mit einer deutlichen Verjüngung des Kaders einhergehen muss. Aber warum? Ist unsere Mannschaft wirklich so alt? Wenn man sich auf transfermarkt.de das Durchschnittsalter unseres derzeitigen Kaders anzeigen lässt, dann liegt das Ergebnis bei 26,3 Jahren. Die Bandbreite liegt zwischen 24,9 und 27,6 Jahren. Der FC Augsburg liegt mit seiner Altersstruktur im oberen Quartil der Bundesligisten. Also ja, wir haben einen Kader, der älter ist als der von den meisten anderen Teams.

Die Frage, die sich hieran direkt anschließt: Ist es schlimm, dass unsere Mannschaft etwas älter ist? Ein Blick auf die transfermarkt.de Tabelle sortiert nach dem Durchschnittsalter zeigt, dass wir direkt zwischen Bayern München (27,1) und Borussia Dortmund (26,2) liegen. Die Absteiger diesen Jahres werden in dieser Hinsicht alle unter uns liegen. Hannover 96 hatte den durchschnittlich jüngsten Kader der Bundesligasaison mit 24,9 Jahren. Grundsätzlich ist sportlich also nichts schlimmes an unserem Durchschnittsalter zu erkennen.

Wenn ich jetzt auf die Leistungsträger unseres Teams schaue, dann kann ich so manche Sorge nachvollziehen. Der Boss, Daniel Baier, ist gerade 32 geworden. Mit Ragnar Klavan und Paul Verhaegh sind unsere Säulen in der Abwehr mit 30 bzw. 32 Jahren auch nicht mehr die jüngsten. Sie bilden seit Jahren Korsettstangen der Mannschaft und werden über kurz oder lang ersetzt werden müssen. Allerdings ist schon einiges passiert: Halil Altintop (33), der in den letzten Jahren eine prägende Figur war, ist in die Rolle eines Ergänzungsspielers zurückgedrängt worden. Tobi Werner (30) wurde vom etwas jüngeren Caiuby (27) auf die Bank verwiesen. Zudem hat sich mit Marwin Hitz ein Spieler zu internationaler Klasse entwickelt, der mit seinen 28 Jahren noch mehrere Jahre auf Topniveau spielen kann und einen Strategiewechsel auf der Torwartposition nach den alten Routiniers Simon Jentzsch und Alexander Manninger darstellt.

Und darum sollte es auch gehen: Topniveau. Spieler, die auch bei Vereinen mit internationalen Ambitionen bestehen könnten. Wir brauchen diese Spieler, weil sie in vielen Spielen den Unterschied ausmachen können, den entscheidenden Pass spielen, ein Tor erzielen oder einen Elfmeter halten. Spieler, die auf diesem Level schon in jungen Jahren spielen, sind für uns wirtschaftlich meist nicht darstellbar. Deshalb müssen wir entweder Spieler verpflichten, die zwar jung sind, aber noch nicht auf diesem Level spielen (z.B. Werner, Hitz zum Zeitpunkt ihrer Verpflichtung) oder schon etwas älter, bei ihrem Verein aber nicht wie gewünscht zum Zug kommen (damals z.B. Baier, Callsen-Bracker, Altintop). Und auch in dieser Hinsicht hat sich viel getan. Früher konnten wir junge Spieler mit Entwicklungsperspektive nur ausleihen (z.B. Kohr, Koo, Ji als sie ursprünglich zu uns kamen). Seit letztem Sommer und dem Baba-Transfer haben wir angefangen auch in der Mehrzahl junge Spieler fest zu verpflichten. So sind in der letzten Sommerpause und im Winter viele Spieler fest zum FCA gewechselt, denen man eine Entwicklungsperspektive attestieren kann:  J. Gouweleeuw (24), Max (22), Stafylidis (22), Opare (25), Kohr (22), Ji (24) und Ajeti (19). Und diese Spieler müssen wir nicht mehr abgeben, wenn die Leihe endet, sondern können selbst von ihrer Entwicklung profitieren. Ganz klar ist dabei, dass sich nicht alle Jungs wie gehofft entwickeln werden, aber viele zeigen doch sehr vielversprechende Ansätze und #HardKohr hat das Zeug Kult zu werden.

Wenn wir also im Sommer unseren Blick Richtung Transfermarkt richten, dann sollten wir nicht nur aufs Alter schauen. Die Mannschaft hat einen tollen Charakter und es spielen viele tolle Typen in Augsburg. Wir sollten zuallererst niemanden verpflichten, der für zu viel Unruhe sorgt oder nicht in die Mannschaft passt. Wenn wir an dieser Stelle ein gutes Gefühl haben, dann darf der entsprechende Neuzugang gerne etwas älter sein. Bei Alfred Finnbogason wird sich wohl auch niemand beschweren, dass er den Altersschnitt hebt.

Ich verdanke eines meiner persönlichen Highlights dieser Saison Piotr Trochowski. Sein Freistoß in Alkmaar wird mir noch sehr lange im Gedächtnis bleiben. Wir brauchen Spieler, die in solchen Spielen den Unterschied ausmachen. Das Fundament der Mannschaft steht und es kommt auf Verstärkungen in der Spitze an. Das Alter ist dann nebensächlich.

Nachtrag an den Bundestrainer: Alter ist wirklich nicht alles. Auch in diesem Sommer gehört Daniel Baier eigentlich in den Kader der Nationalmannschaft. Wie 2014. Da hattest Du mit Kramer einfach nur Glück.  

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