RoGaz Kaderanalyse 2022: Mittelfeld zentral

Schon bevor wir uns mit der Thematik der Kaderanalyse näher beschäftigt hatten, gab es Positionen bei denen wir mehr Handlungsbedarf gesehen hatten, als bei anderen. Direkt ins Auge stach hier der Bereich des zentralen Mittelfelds. Zwar hatte der FCA bei Arne Maier die Option auf eine feste Verpflichtung gezogen, was durch dessen Leistungen in der vergangenen Saison auch überaus gerechtfertigt war. Auf der anderen Seite ging Niklas Dorsch mit einem Schlüsselbeinbruch in die Sommerpause und musste diesen erstmal auskurieren. Zudem entschied man sich den auslaufenden Vertrag mit Jan Moravek nicht zu verlängern und auch mit Tim Civeja ein Talent aus der eigenen Jugend für eine Saison nach Ingolstadt zu verleihen.

Als Enno Maaßen nach der Generalprobe gegen Stades Rennes auf die personelle Lage angesprochen wurde, fiel der Satz: „Die Spieler schwinden“. Gemeint war hier v.a. auch das zentrale Mittelfeld und kurzfristige Entwicklungen bzgl. dieser Positionsgruppen, auf die wir im folgenden eingehen werden. Vielleicht einmal vorweg: die Positionsgruppen die damit gemeint sind, sind die der 6er, 8er und 10er. Hier gibt es eine gewisse Variabilität. Gegen Rennes waren es vom Start weg 3 Spieler die sich die Aufgaben in diesem Bereich teilten. Mit dieser Größenordnung ist grundsätzlich zu rechnen.

Stammspieler

Niklas Dorsch

Die Stammspieler, die der FC Augsburg im zentralen Mittelfeld zur Verfügung hat, verleiten etwas zum Träumen. Nun hatte Niklas Dorsch etwas Probleme in seine erste Bundesligasaison hineinzufinden. Danach konnte er sein enormes Potential mehrfach zeigen. Er ist ein Rhythmusgeber. Er kann das Spiel beschleunigen oder verlangsamen. In diesem Zusammenhang ist er essentiell für den FC Augsburg, und es gibt im Kader niemanden, der ihn gleichwertig ersetzen könnte. Umso tragischer ist nun der angebrochene Mittelfuß, den er sich gegen Stades Rennes zugezogen hat. 6 Wochen Trainingspause, ca. 8 Wochen bis zum nächsten Einsatz erklären, warum „die Spieler schwinden“.

Arne Maier

Arne Maiers feste Verpflichtung beim FC Augsburg wäre eigentlich ein Selbstläufer gewesen, wenn er nicht geschlaucht von U23 und Olympia beim FCA angekommen wäre und ihn dann sukzessive kleinere Verletzungen und eine Corona-Erkrankung immer wieder zurückgeworfen hätten. Gerade offensiv hat Maier immer wieder entscheidende Impulse gegeben durch seine 8 Scorerpunkte, so dass ich ihn auf der 8/10 stärker sehe, als auf der 6. Insgesamt ist der FC Augsburg allerdings nun schon sehr früh darauf angewiesen, dass Arne Maier fit und in Form bleibt. Er ist ein echter Stützpfeiler des Teams.

Ergänzungsspieler

Freddy Jensen beim FCA nun eher zentral und etwas defensiver. Die Kernfrage bleibt doch aber, ob er dauerhaft gesund bleiben kann. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Carlos Gruezo

Gruezo ist ein klassischer 6er, der stark darauf spezialisiert ist, gegen den Ball zu arbeiten. In 17 Partien spielte er in der abgelaufenen Saison knapp 1000 Minuten für den FCA. Zu mehr kam es auf Grund einer Verletzung nicht und auch weil er im Spiel mit dem Ball limitiert ist. Gruezo sollte beim FCA eher jemand für die Kadertiefe sein, auch um vielleicht zu helfen eine Führung abzusichern. Den Beweis, dass er die Qualität zum Stammspieler hat, ist er trotz seiner Erfolge mit der Nationalmannschaft in der Bundesliga bisher schuldig geblieben.

Fredrik Jensen

Fredrik Jensen war lange jemand, den man beim FCA offensiver gesehen hat, entweder auf außen, im Sturm oder auf der 10. Enno Maaßen scheint ihn nun eher zentraler und vielleicht auf der 6 zu sehen. Seine stärkste Position sollte die 10 bleiben, wo er – wenn gesund – ein toller Backup für Arne Maier wäre. Gerade die Gesundheit hat ihm aber immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht und unter Markus Weinzierl kam es am Ende der abgelaufenen Saison noch nicht einmal mehr zu Kadernominierungen. Seine 12 Einsätze bei 410 Minuten in der letzten Saison zeigen, dass Jensen momentan nicht mehr als ein Ergänzungsspieler sein kann. Auch wenn wir gerne von mehr träumen würden.

Tobias Strobl

Kommen wir zum nächsten, der von Verletzungen außer Gefecht gesetzt wurde. Es war es eine Sprunggelenksverletzung, die Tobias Strobl zum Start der abgelaufenen Saison außer Gefecht gesetzt hatte. Dann folgten genau 5 Einsätze in der Bundesliga, bevor er sich das Kreuzband riss und weiterhin nicht auf dem Trainingsplatz zu finden ist. Ob der 32jährige dem FC Augsburg in der Bundesliga überhaupt noch einmal helfen kann, bleibt dahin gestellt. So dünn, wie die Positionen besetzt sind, hoffen wir auf die schnellstmögliche aller vollständigen Genesungen.

Perspektivspieler

Fabian Wessig im Halbfinale der U19 Deutschen Meisterschaft gegen Hertha BSC Berlin. Viele Einsätze für die U23 letztes Jahr machen Hoffnung auf mehr beim 19jährigen. (Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Felix Götze

Felix Götze ist ein Rückkehrer. Er war nun zweimal zum 1. FC Kaiserslautern ausgeliehen und konnte in der abgelaufenen Saison mithelfen, dass die Roten Teufel über die Relegation in die zweite Liga aufsteigen. Unumstrittener Stammspieler war nach seiner Kopfverletzung zu Saisonbeginn nicht mehr, auch weil ihn immer wieder kleinere Wehwehchen außer Gefecht setzten. Für 23 Partien und ca. 1200 Minuten reichte es dennoch. Ob es für die Bundesliga reicht? Ich mag es bezweifeln. Bei einer etwas dickeren Personaldecke würde ich tippen, dass Felix Götze uns noch in dieser Sommerpause fest verlässt. Beim derzeitigen Personalstand wird er uns eventuell als Notnagel erhalten bleiben und seine Chance auf Einsätze gerade zu Saisonstart fast zwangsläufig bekommen.

Mahmut Kücüksahin

Außer man sieht Mahmut Kücüksahin schon so weit, dass man ihm den direkten Sprung zu den Profis zutraut. Kücüksahin hatte letzte Saison als Stützpfeiler die U19 ins Halbfinale um die deutsche Meisterschaft geführt. Daneben bekam er erste Einsatzchancen in der U23. Für diese Saison ist er dort nun voll eingeplant und stand in den ersten beiden Partien direkt auf dem Platz. In der Vorbereitung durfte er bei den Profis reinschnuppern und Enno Maaßen sich ein Bild von ihm machen. Die Einsätze bei der U23 deuten nun an, dass er die Saison dort wohl brauchen wird, um sich weiter zu entwickeln. Der Name sollte uns allerdings dann vielleicht im Winter oder auch in der Saison 2023/24 nicht überraschen.

Fabian Wessig

Auch den 19jährigen Fabian Wessig hat sich Enno Maaßen angeschaut. Wessig kam in der letzten Saison schon im Stamm der U23 des FC Augsburg auf 31 Einsätze. Parallel spielte er um die deutsche U19 Meisterschaft mit. Ein aufregendes Jahr liegt somit hinter ihm. Im Profikader scheint er sich nun vorerst nicht hat festbeißen können. Mal schauen, ob der Name im Profibereich des FC Augsburg noch einmal auftaucht.

Fazit

Enno Maaßen hat auch Mads Pedersen als eine Möglichkeit für die zentralen Positionen ins Spiel gebracht. Pedersen ist allerdings auch auf links oder rechts gefordert und kann nun mal nur einmal spielen. Er wird irgendwo zum Einsatz kommen und sich den Arsch aufreißen, wie wir es von ihm gewohnt sind.

Dennoch braucht es gerade auf den zentralen Positionen Spezialisten, die genau wissen, was dort zu tun ist. Und die Anzahl der Spezialisten für diese Positionen ist schlicht und ergreifend gerade zu gering. Für 3 Positionen gibt es gerade 4 fitte Spieler und der gegen Rennes erkrankte Fredrik Jensen ist hier schon mitgerechnet. Gerade weil Dorsch und Strobl länger ausfallen werden und auch weil es im Kader gerade einmal zwei Spieler mit Stammelf-Qualität gibt, muss hier unbedingt nachgelegt werden. Meine Forderung wäre hier, dass zwei weitere Spieler kommen sollten, auch weil die Ergänzungsspieler nicht so weit zu sein scheinen, dass sie hier helfen können. Ein Neuzugang sollte den Kader in der Spitze verstärken. Ein weiterer eine Ergänzung darstellen. Kandidaten habe ich an anderer Stelle schon früher vorgestellt. Nicht mehr alle sind mittlerweile verfügbar, weil auch andere Vereine nicht untätig bleiben.

So sehr auch ich eine Verkleinerung des Kaders für sinnvoll halte, so hat sie den FC Augsburg im zentralen Mittelfeld an die Grenzen gebracht, bevor die Saison überhaupt gestartet ist. Auf keiner Position sind Neuzugänge gerade so dringend wie dort. Hier wird sich in den nächsten Wochen zeigen, wie Stefan Reuters Transfersommer zu beurteilen ist.

Kaderanalyse: Abwehr

Nachdem wir bereits in den letzten Tagen die anderen drei Mannschaftsteile unter die Lupe genommen haben, widmen wir uns im letzten Teil der Abwehr. Die Reihenfolge der präsentierten Mannschaftsteile hat hierbei keinerlei Bedeutung. Nachdem es zuletzt jedoch in der Abwehr noch einen Abgang gegeben hat und noch ein paar Namen im Netz kursieren, hatten wir mit dem Kadercheck der Abwehr noch ein wenig gewartet. Kurz vor dem Bundesligaauftakt am nahenden Samstag nun also unsere Einschätzung der Defensive:

Linksverteidiger

Hier konkurrieren sich die zwei Teilzeitkräfte der Vorsaison: Iago und Mads Pedersen. Beide sind (noch) nicht der ersehnte Thronfolger von Philipp Max, der im vergangenen Sommer auf links eine große Baustelle hinterlassen hat. Dies liegt mitunter auch an den Verletzungen, die sich beide nominellen Linksverteidiger zugezogen hatten. Zuletzt fehlten sie sogar zeitgleich….

Der wieder genesene Iago hat gegen Greifswald den Vorzug erhalten, kommt – ebenso wie Pedersen – aus einer längerwierigen Verletzung und war noch nicht allzu lang im Mannschaftstraining. In den Testspielen hatte Markus Weinzierl mangels Masse sogar Kilian Jakob aus der U23 des FCA reaktiviert, der durchaus zu überzeugen wusste. Jakob, der im Jahr 2018 im Trikot des FCA in der Bundesliga debütiert hat, kehrte zuletzt erst von einer Leihe zurück. Auch Robert Gumny kann diese Position aushilfsweise bekleiden, wird jedoch eher auf rechts gebraucht – hierzu später mehr.

Unsere Einschätzung: Rückkehrer Iago hat derzeit leicht die Nase vorne, im Pokalspiel gegen Greifswald hat er mit zwei Vorlagen glänzen können. Jedoch ist der Vorsprung derzeit nur marginal und sollte der verletzungsanfällige Iago ausfallen oder nicht überzeugen, steht ein ebenbürtiger Vertreter in Pedersen bereit. Beide sind schnell und offensiv für Aktionen gut, jedoch können beide in der (defensiven) Rückwärtsbewegung noch zulegen. Auf der Position benötigen wir definitiv aber keine externe Verstärkung mehr.

Rechtsverteidigung

Der eben erwähnte Robert Gumny duelliert sich auf der Rechtverteidiger-Position mit Eigengewächs Raphael Framberger. Der 25jährige gebürtige Augsburger durfte gegen Greifswald starten, wusste jedoch nicht unbedingt zu überzeugen. Vielmehr hatte er immense Schwierigkeiten mit seinem wuseligen Gegenspieler Lukas Knechtel. Gut zu sehen war dies beim überraschenden Gegentor in der zweiten Spielminute. In der Vorwärtsbewegung kann „Frami“ auf ordentlich Speed zurückgreifen, harmoniert gut mit dem vor ihm positionierten André Hahn.

Robert Gumny hat sich jedoch in Framis Abwesenheit zu einem Stammplatz-Anwärter gemausert. Ein enges Rennen, welches wohl zugunsten des Spielers entschieden wird, der das System von Weinzierl besser verinnerlicht hat. Daniel Caligiuri kann auf dieser Position als Notnagel fungieren, hat diese Rolle bei seinem Ex-Club Schalke 04 ab und an bekleidet. Hier sprechen wir aber von einem echten Notnagel, denn Daniel Caligiuri ist offensiv eingeplant und ist aufgrund seines Alters auch nicht mehr der spritzigste.

Unser Frami hier mit „Reserve-Leible“ im Duell mit Neuzugang Arne Maier (links). (Foto via imago)

Zuletzt hatten Gerüchte die Runde gemacht, dass der FCA am MLS-Spieler Tajon Buchanan dran ist. Der Kanadier erinnert in Ansätzen an Bayern-Juwel Davies – kann rechts offensiv sowie defensiv auflaufen. Diese Polyvalenz machen ihn sehr wertvoll und dies haben einige europäische Clubs erkannt. Der 22jährige scheint die MLS nun verlassen zu wollen, der SC Freiburg und Club Brügge werden derzeit als heißeste Kandidaten für einen Wechsel genannt. Der FCA scheint hier mittlerweile aus dem Rennen zu sein. Sein Marktwert beträgt derzeit vier Mio. Euro (Quelle: Transfermarkt). Zuletzt wusste er beim Gold Cup mit der kanadischen Nationalmannschaft zu überzeugen. Er hat es in die Elf des Turniers geschafft, gewann zudem die Trophäe des besten Jugendspielers. So ein Spieler zieht natürlich alle Blicke auf sich.

Unsere Prognose: Gumny und Framberger liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Framberger ist eminent verletzungsanfällig, hat sich nach wie vor noch nicht vollends in der Bundesliga akklimatisiert. Gumny wirkt hier unbekümmerter und spritziger, ist aber noch jung – ihm gehört aber definitiv die Zukunft. Nach dem Greifswald-Spiel würde es nicht wundern, wenn Coach Weinzierl einen Wechsel auf der Rechtsverteidiger-Position vornimmt.

Aber ob er die Abwehrformation kurzfristig nochmals ändern möchte? Wir werden es wohl erst am kommenden Samstag final sehen. Ein externer Neuzugang scheint hier nicht ausgeschlossen, aufgrund des verletzungsanfälligen Framis scheint dies ggf. sogar notwendig zu sein. In Buchanan hätte man einen polyvalenten Shootingstar an der Angel, jedoch scheint der FCA hier bereits aus dem Rennen zu sein. Tendenz: Es bleibt bei der alten Besetzung.

Innenverteidigung

Hier sind die Möglichkeiten des FCA derzeit sehr begrenzt. Jeffrey Gouweleeuw war zuletzt indisponiert aufgrund von Adduktorenproblemen. Gegen Greifswald in der ersten Runde des DFB-Pokals hat ihn Frederik Winther adäquat ersetzt. Kehrt Kapitän Jeff gegen Hoffenheim fit zurück, ist er gesetzt und verdrängt den jungen Dänen wieder auf die Bank. Dieser hat jedoch in Ansätzen gezeigt, dass er ein solider Backup sein und auch als Torschütze in Erscheinung treten kann.

Sein Nebenmann ist – wie schon in der letzten Saison – der neue dritte Kapitän des FCA. Felix Uduokhai hat trotz der Strapazen seiner Olympia-Teilnahme einen Stammplatz sicher. Der FCA kann sich wirklich glücklich schätzen, dass der ambitionierte Innenverteidiger den Verein nicht verlassen will, sondern weiß, was er am Verein hat. Ganz im Gegensatz zu seinem ehemaligen Konkurrenten auf dieser Position: Kevin Danso verlies nach einem öffentlichen Hin und Her den Verein gen Frankreich. Der Erstligist RC Lens überweist gem. dem Kicker 5,5 Mio. Euro. Mögliche Bonuszahlungen noch nicht einberechnet.

Falls die etablierten Stammkräfte einmal ausfallen sollten, steht neben Winther noch Reece Oxford bereit. Der junge Engländer ist wieder zurück, trainiert noch individuell. Für den Ligastart ist er wohl noch keine Option, jedoch ist eine Rückkehr in den Spieltagskader im Laufe des August realistisch. Zuletzt seien an dieser Stelle zwei „Notnagel“ genannt: Tobias Strobl, derzeit ebenfalls im Krankenstand weilend, durfte in der Vorbereitung einmal in der Innenverteidigung ran (in Abwesenheit von Uduokhai). Dies ist jedoch nicht seine Paradeposition und sollte nur in absoluter Notlage in Frage kommen.

Weiterhin rückte ein gewisser Dominic Schmidt aus der U23 des FCA in den Blickpunkt und machte in den Testspielen eine gute Figur. Im letzten Test gegen Cagliari musste Schmidt früh für den verletzten Kapitän ran und spielte seine Rolle ganz abgeklärt. Ihn behalten wir einmal im Hinterkopf, denn sollten die Optionen weiter rar werden, kommt er ggf. wieder ins Spiel. Externe Zugänge sind hier nicht ausgeschlossen, zuletzt wurde medial von einem Interesse des FCA am Bremer Innenverteidiger Marco Friedl bekannt. Dieser weist einen Marktwert von 7,5 Mio. Euro auf (Quelle: Transfermarkt).

Dominic Schmidt war den meisten FCA Fans vor dem Cagliari Testspiel kein Begriff – nun kennen wir den Mann mit der stylischen Frisur alle. Er könnte bei Personalengpässen die Überraschung der Saison sein…?! (Foto via imago)

Unsere Prognose: Jeff scheint wieder auf dem Platz zu weilen, daher gehen wir derzeit von dem altbewährten Duo Gouweleeuw und Uduokhai aus. Dahinter wird die Luft jedoch ziemlich dünn. Winther hat sich als ernsthafte Option erwiesen, Schmidt wäre des weiteren noch ein Notnagel. Oxford und Strobl sind angeschlagen bzw. trainieren individuell. Ein externer Neuzugang scheint hier nicht ausgeschlossen, hier müssen jedoch die Modalitäten passen.

Fazit

Die berühmte Viererkette lautet zu Ligastart also

Iago - Uduokhai - Gouweleeuw - Gumny

Externe Neuzugänge scheinen nicht ausgeschlossen, da die Personaldecke in der Defensive aufgrund einiger verletzungsbedingter Ausfälle und des Abgangs von Kevin Danso extrem dünn ist. Auch hier hoffen wir, wenn ein Zugang nötig erscheint, auf die entsprechende Qualität des Spielers. Zudem auf die persönliche Eignung, denn noch ein unzufriedener Spieler mit Neigung, seine Gedanken publik zu machen, kann sich der FCA nicht leisten. Hier wäre entweder ein entspannter sowie erfahrener Backup wie Suchy oder Lichtsteiner wünschenswert. Alternativ wäre sicher auch ein formbares Talent wie Buchanan, der durchaus polyvalent ist, erstrebenswert. Bis Transferschluss wird es in der Abwehr definitiv spannend – Ende derzeit noch unbekannt!

Datenbrille: Dani, du fehlst

Eigentlich war Teil 3 unserer kleinen Daten-Serie in Zusammenarbeit mit Createfootball schon früher geplant. Aber dann ging es nach dem bitteren 2:3 gegen Köln (31. Spieltag) beim FCA plötzlich hoch her: Trainerwechsel, verlorenes Schlüsselspiel in Stuttgart (32. Spieltag; 2:1) und damit mitten reingeschlittert in den Abstiegskampf, der am Samstag zu Hause gegen den ebenfalls abstiegsgefährdeten SV Werder Bremen (33. Spieltag; 2:0) in einem nervenaufreibenden Fight endgültig vom Tisch war. Da hieß es auch für die Rosenau Gazette: Business as usual is erstmal nich. Der Verein gibt manchmal einfach die Themen vor.

Trotz alledem kann ein kleiner datenbasierter Kadercheck auch jetzt noch zeigen, an welchen Stellen im Mannschaftsgefüge es in dieser so merkwürdigen Saison mehr oder weniger gelaufen ist. Und auch ein wenig erklären helfen, warum der FC Augsburg sich gerade in den letzten, prä-weinzierlschen Spielen so unglaublich schwer getan hat. Eine Frage, die uns dabei auch umgetrieben hat, ist, ob Carlos Gruezo und Tobias Strobl im Mittelfeld den Weggang unseres Capitanos Daniel Baier kompensieren konnten. Was sagen die Daten dazu?

Teil 3 von 3, unser „Daten-Finale“, jetzt also nach dem großen (gottseidank geglückten!) FCA-Saison-Finale.

Offensive: ausbleibende Torgefahr

Dauerbaustelle war in dieser Saison sicherlich die Offensive. Wer die Spiele unserer Jungs in den letzten Monaten verfolgt hat, für den oder die ist das nichts sonderlich Neues. Aber einige Mannschaftsdaten belegen die Probleme im Offensivspiel und die dadurch ausbleibende Torgefahr nochmal ganz eindrücklich.

Der FCA erzielte bisher* die viertwenigsten Tor pro Spiel. Nur die (immer noch) abstiegsgefährdeten Köln und Bielefeld sowie Schalke, seit dem 30. Spieltag erster feststehender Absteiger, schnitten noch schlechter ab. Zudem kamen pro 90 Minuten nur 2.78 Schüsse aufs Tor. Zum Vergleich: In der Saison 19/20, die bis auf die letzten neun Spieltage unter Trainer Martin Schmidt absolviert wurde, waren es noch 3.69. In der Saison 18/19, in der Manuel Baum bis auf die letzten sechs Spiele auf der Trainerbank gesessen hatte, sogar 4.38 Torschüsse.

Personifizierte Torflaute: Flo Niederlechner

Diese Tor- und Torschussflaute verkörperte Flo Niederlechner wie keine andere Offensivkraft in dieser Saison. Bei 24 Einsätzen kam er auf magere 3 Tore. Seine Chancenverwertung ist im Vergleich zur letzten Saison drastisch abgefallen (von 30% auf 17%).

Dabei darf man aber nicht vergessen, dass er unter Herrlich nicht so oft die Chance bekommen hat, sich zu beweisen. Unter Vorgänger Schmidt stand der Mittelstürmer in allen Spielen (25) in der Startelf und durfte fast immer die vollen 90 Minuten durchspielen. Unter Herrlich (40 Spiele) durfte Niederlechner dagegen nur 24-mal von Beginn ran, wurde oft aus- oder erst eingewechselt (18- bzw. 9-mal) und stand 3-mal – ohne Verletzungsgrund – gar nicht im Kader. Im Rückblick sagte er dazu: „Das war keine leichte Zeit für mich in den letzten Wochen, ich hab‘s auch nullkommanull verstanden“.

Dani Baier hat sich beim FCA vor allem durch seine vorwärts gerichteten Pässe fast unersetzlich gemacht. Flo Niederlechner durch seine Buden. (Foto via Imago)

Defensive: innen hui, außen pfui

Die Abwehr zählte in dieser Spielzeit zu den stabileren Mannschaftsteilen. Vor allem die Innenverteidigung spielte eine solide Saison. Zwar ließ man mit 12.42 Schüssen pro Spiel die drittmeisten aller Bundesliga-Teams zu, steht aber mit 1.41 Gegentoren pro Spiel im oberen Liga-Mittelfeld (Platz 8).

Umso schmerzlicher ist da die Sehnenverletzung und -OP von Felix Udoukhai, die ihn jetzt für das Saisonfinale und auch die EM außer Gefecht gesetzt hat. Wie gut er und Abwehr-Jeff Gouweleeuw aufeinander abgestimmt waren, sah man z.B. auch gegen Stuttgart. Denn genau diese Abstimmung zwischen Gouweleeuw und Reece Oxford als Udo-Ersatz war da eben mehrmals nicht geglückt. So hatte der Gegner bei seinen zwei Treffern viel zu leichtes Spiel.

Ausbleibender Support fürs Angriffsspiel

Anders sieht es in der Außenverteidigung aus. Createfootball hat uns hier detaillierte Daten zu Rechtsverteidiger Raphael Framberger, Robert Gumny (rechts/links) und Linksverteidiger Iago im Vergleich zu 46 anderen Außenverteidigern in der Liga zur Verfügung gestellt. Mit einer sehr schwachen Zweikampfführung sticht hier unser Frambo auf der rechten Seite heraus (nur 57.14% erfolgreiche Defensivzweikämpfe und damit ligaweit Platz 41 von 49). Gumny dagegen schneidet hier hervorragend ab (68.49%; Platz 2), auch Iago hat einen überdurchschnittlichen Wert bzw. Rang bei erfolgreichen Defensivzweikämpfen (63.16%; Platz 14). Bei den Luftduellen machen alle drei keine sonderlich gute Figur (Iago: Platz 24, Gumny: Platz 34, Frami: Platz 38).

Das Problem in der Augsburger Außenverteidigung war aber nicht zwingend das Defensivverhalten, sondern die Unterstützung für die Offensive. Das unterstreichen vor allem zwei Werte. In puncto Passgenauigkeit tut sich erneut unser Augsburger Eigengewächs negativ hervor (mit 62.75% angekommener Pässe besetzt Frami den wenig ruhmreichen letzten Platz in der Liga). Und auch Iago (Platz 36) und Gumny (Platz 30) haben sich in diesem Punkt nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Bei Frami lief es besser bei Flanken (39.13% angekommene machen Platz 13). Dagegen nimmt hier der Pole mit nur 7.14% (!) pro Spiel den letzten Platz ein. Zum Vergleich: Herthas Peter Pekarik steht hier mit 62.5% erfolgreichen Flanken pro Spiel ganz oben auf dem Treppchen.

Mittelfeld: Schaltung ausbaufähig

Eine Frage, die die RoGaz beim Daten-Kadercheck vor allem mit Blick aufs defensive Mittelfeld beschäftigt hat, war auch: Wie haben sich Tobias Strobl und Carlos Gruezo auf dieser Position in der Nachfolge von Daniel Baier geschlagen? Unser Mittelfeldchef war nach Ankunft Herrlichs in Augsburg im März 2020 bekanntlich mehr und mehr auf die Ersatzbank verbannt worden. Bis sein Vertrag – nach noch zuvor erfolgter Verlängerung – schließlich vorzeitig aufgelöst wurde. Carlos Gruezo, zur Saison 19/20 zum FCA gekommen, hatte Baier bereits so manches Mal auf der Doppelsechs (neben Rani Khedira) ersetzt. Tobias Strobl war dann zur Saison 20/21 – und als möglicher Baier-Nachfolger – neu verpflichtet worden.        

Im statistischen Vergleich zwischen den dreien zeigt sich zunächst das. Alle haben in etwa gleich viele Pässe pro Spiel empfangen (Spanne reicht hier von 18.77 bis 21.97). Bieten sich als Anspielstation im Zentrum also gleichermaßen an. Dasselbe gilt für Zweikämpfe: Strobl, Gruezo und Baier haben hier erneut ziemlich ähnliche Werte (Spanne: 7.69 bis 8.10).

Worin Baier seine Nachfolger allerdings eindeutig aussticht, ist zum einen sein überragendes Abwehrverhalten. Noch in seiner letzten Saison eroberte der 36-Jährige pro Spiel 11.02 Bälle (Strobl: 8.10, Gruezo: 7.78), fing 6.11 Bälle ab (Strobl: 5.01, Gruezo: 4.06) und gestaltete 1.41 Luftduelle erfolgreich (Strobl: 1.05, Gruezo: 0.48). Dani rackerte also, was das Zeug hielt.

Bei Tobias Strobl und Carlos Gruezo, die als Nachfolger unseres Capitanos ins Team rückten bzw. aufgebaut wurden, ist die Vorwärtsschaltung noch ein wenig gehemmt. (Foto: Tim Rehbein/RHR-FOTO/Pool)

Vorwärts mit dem Capitano

Zum anderen lassen sich Baiers Vorzüge aber vor allem in den vorwärts gerichteten Pässen ausdrücken. Mit 14.7 solcher Pässe pro Spiel (Strobl: 12; Gruezo: 9.6) brachte sich der Capitano viel mehr in das Spiel nach vorne ein. Zwar haben seine Nachfolger die leicht bessere Passquote (Strobl: 83.7%; Gruezo: 82.2%; Baier: 79.6%). Aber ihr Spiel war dabei viel eher auf Sicherheits- als auf Risikopässe ausgelegt, die Baier aus seinem Schaltzentrum vor der Abwehr auf die Außen und in die Spitze verteilte.

Kombiniert man jetzt die fehlenden Impulse aus dem Mittelfeld in die Offensive mit den teils schwachen Pass- und Flankenwerten der Außenverteidigung, lässt sich die Torflaute in dieser Saison – auch ganz unabhängig vom glücklosen Niederlechner – vielleicht ein wenig erklären. Ungefähr so: Kein Baier, der die Bälle auf die Außenbahnen oder nach vorne schiebt, plus wenige und unpräzise Pässe in die Gefahrenzone macht eben: ausbleibende Torgefahr.

Durch die Datenbrille haben wir gesehen, dass es an mindestens drei Stellen im Kader in dieser Saison mehr oder weniger große Baustellen gegeben hat. Torflaute in der Offensive, wenig Mithilfe für den Angriff aus der Außenverteidigung und ein kaum aufbauendes defensives Mittelfeld (im doppelten Sinn) wie noch zu Zeiten von Dani Baier. Sie alle hängen – wie in einem Zirkel – miteinander zusammen und haben ihren Teil dazu beigetragen, dass sich der FCA plötzlich in einem Abstiegsszenario wiedergefunden hat, das „die Tabelle bis zuletzt verschwiegen hat“.

„Bauarbeiter“ Weinzierl

Rückkehrer Markus Weinzierl hat sich dieser offenen, durch die Daten sehr ersichtlichen Baustellen jetzt angenommen. Gleich im ersten Spiel gegen seinen früheren Verein VfB Stuttgart zitierte er Flo Niederlechner wieder in die Startelf, der es seinem Trainer auch prompt mit dem zeitweiligen 1:1-Ausgleich dankte. Im Showdown gegen Bremen warf sich Niederlechner nur so in die Zweikämpfe, wobei der wichtigste dann auch in der Ampel-Karte gegen die Bremer resultierte (was für eine Erlösung!). Und auch ganz allgemein sprach Weinzierl dem FCA-Torjäger Nr. 1 der letzten Saison sein Vertrauen aus.

Auch auf die Baustelle Außenverteidigung begab sich Weinzierl sofort. Gegen die Schwaben hatte es sich vor allem Iago – ganz anders als noch im Spiel gegen Köln – in der gegnerischen Hälfte regelrecht gemütlich gemacht. Das zeigen die beiden Heatmaps. Dort machte er 75% seiner ohnehin starken 93% Pässe und flankte auch doppelt so oft wie noch in Köln. Wenn da mal die Baustelle nicht ein gehöriges Stück vorangekommen ist!

Die helle Stelle links vor dem gegnerischen Sechzehner war Iagos Lieblingsplatz gegen Stuttgart. Quelle: Whoscored.com
Gegen Köln hielt sich Iage vor allem in der eigenen Hälfte vor der Grundlinie auf. Quelle: Whoscored.com

Und im (defensiven) Mittelfeld ließ Weinzierl anstatt Strobl neben Rani Khedira, den es nach der Saison bekanntlich zu den Eisernen nach Berlin zieht, nun schon zweimal Routinier Jan Morávek auflaufen. Der 31-jährige Tscheche hatte unter Herrlich zuletzt ersatzweise gegen Frankfurt gespielt, da die beiden Stammspieler für das Match gegen Köln geschont werden sollten. Allerdings hatte sich schon da gezeigt, wie wertvoll Morávek besonders bei der Ballverteilung aus dem (etwas offensiveren) Zentrum nach vorne ist. Und damit vielleicht die Baier’sche Lücke im Schaltkreis besser schließen kann als so manch anderer Spieler…

Bedenkt man jetzt, wie schnell „Bauarbeiter“ Weinzierl mit dem vorhandenen Kader-„Material“ mit ein paar „Umbauten“ passable Ergebnisse erzielen konnte (trotz 1:2 gegen Stuttgart frischer Zug nach vorn; Kampf pur beim 2:0 gegen Bremen), lässt sich jetzt vielleicht auch eine andere Frage besser beantworten. Sie ist in den letzten Wochen unter uns Fans heiß diskutiert worden. Vor allem, als noch Heiko Herrlich die Trainerbank drückte. Nämlich, ob im Augsburger Kader mehr Potential steckt, er es aber (womöglich aus taktischen Gründen) nicht entfalten „darf“. Oder, ob der aktuelle Kader einfach nicht mehr entfalten „kann“, er schlichtweg zu schwach ist. Max vom Rasenfunk hatte dazu eine ziemlich eindeutige Haltung:

Bei denen geht NICHTS, aber auch wirklich NICHTS spielerisch zusammen. Und es KANN nicht sein, dass diese Mannschaft das nicht kann. Sondern diese Mannschaft SOLL halt so spielen, das IS auch ok, aber ich finds megaSCHEIßE.“

Max in der Schlusskonferenz vom 5.4.2021 zum Spiel des FCA gegen die TSG Hoffenheim

Ich finde, angesichts der kürzlich geleisteten Sofort-Arbeiten von Weinzierl kann man Max da durchaus zustimmen. Der Kader kann offenbar mehr, wenn er denn darf. Zudem bin ich zuversichtlich, dass der Trainer Ideen hat, wie er die Lücke schließen kann, die Dani Baier – nun auch datenbasiert bestätigt – offensichtlich im Mittelfeld hinterlassen hat. Spannend wird z.B. auch, wie mit dem Abgang von Khedira umgegangen wird. Das soll hier aber nicht mehr Thema sein. Um Transferangelegenheiten kümmert sich die Rosenau Gazette bald an anderer Stelle. Word!

Danke für den Datensupport

Mit diesem Text geht nun also auch die kleine Daten-Serie zu Ende, die in Kooperation mit den Jungs von Createfootball entstanden ist. Dadurch haben wir Gelegenheit bekommen, zu erfahren, was man sich unter dem (im Fußball nach wie vor noch nicht ganz geläufigen) Beruf des „Datenscouts“ vorstellen kann (Teil 1). Zudem haben wir den 2:1-Sieg des „FC Effizienz“ gegen die TSG aus Hoffenheim datenbasiert besprochen (Teil 2). Und zum Schluss haben wir jetzt eben einzelne Mannschaftsteile durch die Datenbrille inspiziert und dabei festgestellt, dass Dani fehlt (Teil 3). Markus Weinzierl aber schon gute Ideen zum Lückenfüllen gezeigt hat. Danke für euren Support, Mats und Quirin!

Heja!

* Die Saisonwerte stammen vom 26. April, d.h. sie geben den Stand nach 31 Spieltagen wider. So können sie auch für eine vorläufige „Bilanz“ unter Heiko Herrlich stehen, der ja genau nach diesem 31. Spieltag von seinem Trainerposten beim FCA entbunden wurde. Zwar sind die Vergleichswerte aus den Vorsaisons auf der Basis von 34 Spielen zustande gekommen, sodass die Berechnungsgrundlage um 3 Spiele größer ist als bei den Werten für die laufende Saison. Trotzdem lassen sich gerade bei weit auseinanderliegenden Werten – trotz ihrer nicht ganz exakten Vergleichbarkeit – interessante Tendenzen aufzeigen.  

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