Auch in diesem Jahr dreht sich das Trainerkarussell in der Bundesliga wie verrückt. Hatte man gedacht, dass nach dem letzten turbulenten Sommer ein klein wenig Ruhe einkehren würde, so hat man sich gewaltig geschnitten. Stand heute gibt es gleich bei sieben Teams einen Wechsel an der Seitenlinie. Mittendrin statt nur dabei ist auch unser geliebter FCA, der nach Markus Weinzierls fragwürdigem Abgang ebenfalls wieder einmal auf der Suche ist. In den sozialen Netzwerken wird dabei heiß diskutiert, ob das Problem vielleicht auf einer ganz anderen Position zu finden ist. Ein Grund für uns von der RoGaz, mal genauer nachzuschauen. Mit welchen Trainern hat Stefan Reuter beim FC Augsburg bereits zusammen gearbeitet? Gab es sportlich gesehen jeweils eine Verbesserung?
Zweite Chance
Ganze 4 Jahre lang war Stefan Reuter ohne Tätigkeit im Sportgeschäft, bevor er in Augsburg schließlich die große Chance bekam, sich erneut als Manager zu beweisen. Seine Verpflichtung rief doch einiges an Überraschung hervor. Immerhin war er bei unseren blauen Nachbarn aus München nicht unbedingt erfolgreich gewesen, wie Irina im ersten Teil unserer kleinen Stefan Reuter – Serie sehr ausführlich beschrieben hat.
Und auch in Dortmund ist sein Abgang keineswegs geräuschlos verlaufen. Nach zwölfeinhalb Jahren bei den Schwarzgelben legte er sein zuletzt ausgeführtes Amt als Teammanager auf eigenen Wunsch nieder. Die Begründung: „Die Strukturen und Kompetenzen sind für mich nicht gegeben, um erfolgsorientiert zu arbeiten“, so Reuter gegenüber der BILD. Offensichtlich braucht Stefan Reuter aus seiner Sicht einen weitreichenden Zuständigkeitsbereich, um erfolgreich arbeiten zu können.
Und genau dies schien der heutige Ehrenpräsident Walther Seinsch ihm bieten zu können, denn am 27.12.2012 gab der damals 71Jährige bekannt, Stefan Reuter als Nachfolger von Jürgen Rollmann verpflichtet zu haben.
Wir freuen uns, dass wir mit Stefan Reuter einen absoluten Fachmann für den FC Augsburg gewinnen konnten. Er hat sich ganz kurzfristig zum FCA bekannt, weil er das Potenzial des Klubs erkannt hat.
Präsident Walther Seinsch zur Einstellung von Stefan Reuter
Ich denke, jeder von uns weiß noch, wie es um unseren FC Augsburg damals sportlich gesehen bestellt war. Mit gerade einmal 9 Punkten lag unser Herzensverein schon relativ weit abgeschlagen auf Rang 17 der Bundesligatabelle. Zwar waren es nur drei Zähler auf den Relegationsplatz, doch ans rettende Ufer waren es deren sogar 10.
Kein Grund aber für Stefan Reuter, den Kopf in den Sand zu stecken. „Wir haben drei Punkte Rückstand auf den Drittletzten. Es gibt auch die Möglichkeit der Entscheidungsspiele. Es wird schwierig, aber nicht unmöglich“, sagte er in einem Gespräch mit dem SID.
Weinzierl – Klappe, die Erste
Trotz zahlreicher kritischer Stimmen hielt der neue Sportdirektor damals an Trainer Markus Weinzierl fest. Der gebürtige Straubinger hatte erst im Juli den Posten von Aufstiegstrainer Jos Luhukay übernommen. Und dass es zum damaligen Zeitpunkt sportlich nicht rund lief, braucht bei diesen Verhältnissen wirklich keinen zu wundern. Vor Stefan Reuter gab es immerhin gleich zwei Manager innerhalb eines halben Jahres. Da kann keine Ruhe im Verein herrschen, die es aber doch braucht, um erfolgreich arbeiten zu können.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wir wissen alle, wie die Geschichte ausging. Das Duo Weinzierl und Reuter schien in jener ersten Amtszeit perfekt miteinander zu harmonieren. Immerhin durchlief der FC Augsburg unter ihnen die erfolgreichste Phase der Clubhistorie. Die Teilnahme an der Europa League, das zweimalige Erreichen des Achtelfinales im Pokal und die Plätze 5 und 8 in der Tabelle sprechen für sich. Zudem wurden der Sportdirektor und der Coach in der Saison 2013/14 vom Fußballmagazin 11FREUNDE als bester Trainer bzw. bester Manager des Jahres ausgezeichnet.
Auch die Statistiken zu jener Zeit zeigen, dass einfach alles passte. Sowohl neben als auch auf dem Platz. Nie mehr war die Punkteausbeute so hoch wie in Markus Weinzierls erster Amtszeit. So holte man in der Saison 2013/14 durchschnittlich 1,53 Punkte je Partie. In der Folgesaison waren es immerhin stattliche 1,44, die zum Einzug in die Europa League reichten. Und auch in puncto Zweikampfquote (Bestwert: 52,09%), Ballbesitz (52,29% ) und Passquote (76,44%) erreichte der FCA nie wieder so gute Werte.
Es hätte alle so schön sein und ewig so weiter gehen können. Es war auch soweit alles angerichtet, denn Weinzierl hatte seinen Vertrag sogar schon bis 2019 verlängert. Doch leider klopfte dann die große, böse Konkurrenz aus Gelsenkirchen an und wollte uns unseren Erfolgstrainer weg schnappen. Der wiederum war der Meinung, mit dem Team „alles erreicht zu haben, was wir zusammen erreichen konnten. Nun muss einer mit neuen Ideen und neuen Visionen übernehmen.“ In einem Gespräch mit der Wochenzeitung Ende Mai 2016 – und damit kurz nach Saisonende – sprach er sogar noch davon, dass sein Engagement auf Schalke nicht scheitern würde, da er sich „lange darauf vorbereitet“ habe.
Ich denke, nicht nur eine große Anzahl von Fans, sondern auch Stefan Reuter nahmen das Markus Weinzierl richtig übel. Vor allem auch, da Weinzierl seinen Vertrag über seinen Rechtsanwalt auflösen ließ. Nach wochenlangem Hickhack stimmte unser Sportdirektor schließlich der Auflösung des gültigen Arbeitspapiers zu und bescherte dem FCA damit eine Ablöse in Höhe von ca. 3 bis 5 Millionen Euro. Aber der Stachel der Enttäuschung saß sehr tief. Und wie man nun mehr oder weniger mitbekommen hat, tut er das auch noch heute.
Ein kurzes Intermezzo
Mit dem Abgang von Markus Weinzierl musste nun also nach 4 konstanten Jahren erstmals ein neuer Trainer von Stefan Reuter eingesetzt werden. Diesen fand er beim damaligen Ligakonkurrenten SV Darmstadt 98. Dirk Schuster hatte die Hessen 2012 in der 3. Liga übernommen und sie souverän ins deutsche Oberhaus geführt. Mit 38 Punkte hatte Schuster sogar genau gleich viele Punkte geholt wie der FC Augsburg in jener Spielzeit und war mit seinem Verein nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses zwei Plätze hinter den Fuggerstädtern auf Rang 14 gelandet.
Dirk Schusters Zeit in Augsburg war kurz und nicht unbedingt ansehnlich. Viele Stimmen beschwerten sich damals über die sehr defensive Ausrichtung der Taktik. Und die Statistiken geben ihnen Recht. Mit gerade einmal 0,79 Toren je Partie ist das mit Abstand der schlechteste Wert der Augsburger Bundesligageschichte. In den Kategorien Ballbesitz (45,29%), Laufleistung (109,58 km) und Passquote (73,09%) nahmen die Werte im Vergleich zu seinem Vorgänger deutlich ab. Lediglich was die Zweikampfquote anging, konnte Schuster dem Team mit 49,5% ähnliche Leistungen entlocken.
Trotz dieser Leistungen kam die Trennung für viele FCA-Fans zum damaligen Zeitpunkt dennoch überraschend. Immerhin war man auf dieser Position Konstanz gewöhnt und tabellarisch standen unsere Jungs mit 14 Punkten aus 14 Spielen auf Rang 13. Der Abstand auf den Relegationsplatz war jedoch auf 4 Punkte zusammen geschrumpft, nachdem man das Abstiegsduell gegen den HSV am 10.12.2016 mit 1:0 verloren hatte.
Zu viel anscheinend für Reuter, der 4 Tage später die Entlassung von Schuster bekannt gab. In der offiziellen Pressemitteilung hieß es: Nach eingehender Analyse der aktuellen sportlichen Situation sind die Verantwortlichen des FC Augsburg zu der Erkenntnis gelangt, dass unterschiedliche Auffassungen über die weitere sportliche Ausrichtung und die Art und Weise, wie der FCA Fußball spielen will, herrschen.
Stefan Reuter selbst begründete den Trainerwechsel am 15.12.2016 wie folgt: „Die letzten Wochen hat sich das angedeutet und es war eine Tendenz zu erkennen, die uns nicht gefallen hat. Und nach dem HSV-Spiel haben wir die Dinge nochmal intern besprochen und sind zu dem Schluss gekommen, jetzt auch kurzfristig zu handeln. Weil wir eben auch die Gefahr sehen, dass unsere Ziele in Gefahr geraten. Und das war der Grund, warum wir jetzt auch zwei Spieltage vor der Winterpause so eine Entscheidung treffen. Die entscheidenden Gründe sind einfach, dass man – wie ich es gesagt habe – dass man der festen Überzeugung ist, dass man gemeinsam die Zukunft nicht erfolgreich gestalten kann. Das Gefühl war einfach da, dass auch ein Stück weit die Überzeugung innerhalb der Mannschaft fehlt.“
Der offizielle Trennungsgrund waren laut Reuter also sportliche Gründe. Seltsam ist dabei allerdings, dass Dirk Schuster zuvor mit einem Veilchen beim Training aufgetaucht war. Angeblich kam er zwar von Hamburg mit einer Magen-Darm-Grippe zurück und stürzte nachts in seinem Badezimmer. Ob das jedoch so stimmt, bleibt fraglich, denn es gibt durchaus anderweitige Gerüchte. Alles in allem eine seltsame Episode für einen auf Konstanz bedachten Verein.
Vereinsinterne Lösung
Nach der doch recht kurzen Episode mit Schuster, sollte Manuel Baum schließlich für Ruhe und auch für Konstanz auf diesem Posten sorgen. Zuerst einmal war der damalige Chef des Nachwuchsleistungszentrum nur als Interimslösung geplant. Als dieser jedoch in den zwei Spielen vor der Winterpause – gegen Gladbach und den BVB – 4 Punkte einfahren konnte, beförderte man ihn kurzerhand zum Cheftrainer der Profimannschaft.
Sportlich gesehen war der Lehrer auf jeden Fall eine sichere Bank. Zwar zogen wir nicht in die internationalen Wettbewerbe ein, doch in Augsburg ist das übergeordnete Ziel ohnehin der Klassenerhalt. Und das schaffte Baum doch recht passabel mit einem 13. und einem 12. Platz in der Tabelle in den Jahren 2016/17 und 2017/18. Seine Punkteausbeute von 1,2 und 1,21 Zählern pro Spiel war im Übrigen auch die Zweitbeste nach Markus Weinzierl. Dies zeigt wiederum sehr deutlich, wie wichtig Kontinuität auf diesem Posten auch für das Team sein kann.
Doch dann kam schließlich die Saison 2018/19 und wenn ich heute so darüber nachdenke, dann war das Scheitern von Manuel Baum eigentlich schon lange vorher abzusehen. Am 02.11.2018 verstarb vollkommen überraschend eine große Konstante des Vereins. Peter Bircks – Aufsichtsratsvorsitzender, Geschäftsführer für Finanzen der KGaA und die gute Seele des FCA – erlag den Folgen eines Autounfalls. Dies stürzte den FC Augsburg in eine tiefe Krise, denn im Zeitraum vom 03.11.2018 bis einschließlich dem 26.01.2019 konnten die Jungs kein einziges Spiel mehr gewinnen. 3 Unentschieden und 7 Niederlagen stehen hier zu Buche. Ihr könnt mich gerne für verrückt halten, aber für mich deutet das auf Unruhen innerhalb des Vereins hin, was sich schnell auch mal auf die Mannschaft übertragen kann.
Stefan Reuter wusste natürlich Rat und holte mit Jens Lehmann einen erfahrenen Ex-Kollegen als Co-Trainer an Bord. Darüber möchte ich mich jetzt lieber nicht äußern. Nur so viel: Gefruchtet hat es nicht. Zwar konnte der FCA 10 Punkte einfahren, aber musste sich auch 5 Mal geschlagen geben. Und das mit sage und schreibe 21 Gegentoren in 9 Partien. So viel zu „Abwehr stabilisieren“…
Und auch hier gab es bei der Trennung eine ausschweifende Erklärung, die dem Zuhörer irgendwo bekannt vorkam: „Wir haben in den letzten Wochen und Monaten wirklich alles probiert, dass wir in der Konstellation mit Manuel Baum als Cheftrainer die Wende schaffen, die Weichen auf Erfolg stellen. Das ist uns leider nicht hinreichend gelungen. Und jetzt nach der klaren Niederlage gegen Hoffenheim und eben auch der Niederlage gegen Nürnberg hat uns die Überzeugung gefehlt, dass wir das nochmal dauerhaft hinkriegen. Die Leistungen waren einfach auch zu schwankend und das hat uns dazu bewogen, einen klaren Schnitt zu machen, um mit der Neuausrichtung in die nächsten Wochen zu gehen, den Saisonendspurt optimistisch anzugehen und die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft des FC Augsburgs zu stellen.“
Mit Manuel Baum musste übrigens nicht nur Co-Trainer Jens Lehmann, sondern auch der damalige Technische Direktor Stephan Schwarz seine Koffer packen, der 2013 als Chefscout beim FCA angefangen hatte. Ab 2017 unterstützte er den Sportdirektor bei der Kaderplanung und war auch für die Trainingsplanung mitverantwortlich. Zudem wurde er in alle Entscheidungen eingebunden und bildete mit Stefan Reuter sozusagen den sportlichen Denkapparat.
Mit dessen Entlassung begann also quasi die „Alleinherrschaft“ unseres Geschäftsführers für den sportlichen Bereich, denn die Stelle des Technischen Direktors wurde seitdem nicht neu besetzt. Zwar trafen Reuter, Ströll und Hofmann nach eigener Aussage die wichtigen Entscheidungen stets zusammen doch wie zuletzt bekannt wurde, schaffte es der Eine oder Andere auch mal, seine eigene Entscheidung bei den anderen Beiden durchzudrücken.
Positiver Schweizer
Auf jener Pressekonferenz, bei der das Ende von Manuel Baum verkündet wurde, stellte man mit Martin Schmidt gleich den neuen Trainer vor. Stefan Reuter beschrieb den Schweizer als erfahrenen Bundesligatrainer, der die Werte des FC Augsburg schätzt, verkörpert und hoch hält.
Ich persönlich mochte den Fußball, den wir unter Martin Schmidt zu sehen bekamen. Kämpferisch, bissiger Umschaltfußball, der in vielen Toren endete. In seinen ersten 6 Partien schossen die Jungs gleich einmal 14 Tore. Das große Problem war allerdings auch, dass man hinten die Abwehr nie wirklich dicht bekam und dadurch überdurchschnittlich viele Tore kassierte. Ein Grund hierfür mögen auch die Abstimmungsprobleme mit dem neu verpflichteten Torhüter Tomas Koubek gewesen sein.
Schmidt war für insgesamt 31 Spieltage Trainer unseres geliebten FCA. Dabei sah man 9 Siege, 7 Unentschieden und 15 Niederlagen. Das macht einen Punkteschnitt von 1,1. Auch in den übrigen Statistiken war die Leistung eher durchschnittlich. Was hierbei relativ auffällig ist, dass man unter dem heute 55Jährigen tatsächlich einen Leistungseinbruch hatte. Vor allem, was die Passquote anging. Die sank nämlich von einem Wert von ca. 76% auf 68%. Die Zweikampfquote dagegen blieb recht stabil bei 46%.
Der Zeitpunkt von Martin Schmidts Entlassung warf in der Fangemeinde aber dann doch einige Fragen auf. Zwar hatte das Team in der Rückrunde bis dato nur 4 Punkte geholt. Dennoch hatten die Jungs in der Allianz Arena einen Kampf hingelegt, der sich sehen lassen konnte. Zudem hatte der Schweizer Coach endlich reagiert und auf der Torhüterposition einen Wechsel vorgenommen. Ob ihm das vielleicht zum Verhängnis geworden sein könnte?
Fakt ist, dass Sportdirektor Stefan Reuter am 09.03.2020 die Trennung von Martin Schmidt bekannt gab. Dies begründete er wie folgt: „Die natürlich enttäuscht waren, weil sie es gerne selbst gedreht hätten, aber auch gesagt haben, aufgrund der Statistiken, die deutlich gegen uns sprechen, die deutlich in die falsche Richtung zeigen, was Passquote, was Zweikampfquote usw. angeht, haben sie volles Verständnis gehabt. Und wünschen dem FC Augsburg – uns allen – viel Erfolg, dass wir unser Ziel erreichen, die Klasse zu halten.“
Das lassen wir jetzt einfach mal so dahin gestellt, aber ich glaube, so ähnlich haben wir das schon mal gehört, oder?
Herrlich… wars nicht
Der ehemalige Teamkollege unseres Sportdirektors wurde schon einen Tag nach der Entlassung von Martin Schmidt als neuer Coach vorgestellt. Man muss dazu sagen, dass Herrlich keine einfache Zeit beim FC Augsburg hatte, denn unter ihm durfte nur ein einziges Spiel vor Zuschauern bestritten werden. Am 2. Spieltag der Saison 2020/21 durften 6.000 Zuschauer einen Sieg unserer Augsburger über Borussia Dortmund sehen. Corona sei es gedankt… Vielleicht wäre der Fußball auch ansehnlicher gewesen, wenn Fans in den Stadien zugelassen gewesen wären. Man weiß es nicht…
Die taktische Ausrichtung unter Herrlich war trotzdem sehr schwere Kost. Hatte man unter seinem Vorgänger noch attraktiven Offensivfußball bewundern dürfen, so stand nun die Defensive im Vordergrund. Zwar wurde unter Herrlich die Abwehr stabilisiert, aber nach vorne ging halt gar nichts. Unsere Stürmer um Florian Niederlechner, Alfred Finnbogason und Co. wurden in ein mentales Tief gesogen und trafen so gut wie gar nicht mehr.
Und auch die von Reuter geforderte Verbesserung in puncto Zweikampfquote, Passquote etc. traf nur bedingt ein. Insgesamt erreicht Heiko Herrlich in der Saison 2020/21 Werte von 73,05% angekommenen Pässen und 48,68% gewonnenen Zweikämpfen. Unter ihm liefen die Spieler tatsächlich am meisten – durchschnittlich 118,88 km pro Partie – allerdings gab man mit 9,48 Torschüssen auch die wenigsten Schüsse ab. Zudem fiel Herrlich immer wieder mit unangenehmen Situationen auf. Ich sage nur: Zahnpasta!
Als Fan war es ziemlich frustrierend, sich diese Leistungen Woche für Woche anschauen zu müssen. Viele forderten eine Entlassung des gebürtigen Mannheimers, doch Stefan Reuter zögerte. Das brachte den FCA nicht nur erneut in den Abstiegskampf, sondern ließ erste Stimmen und Zweifel gegenüber unserem Sportdirektor laut werden. Als sich die Augsburger in einem desaströsen Heimspiel gegen Tabellensiebzehnten allerdings 3 Gegentore in einer Halbzeit einfingen, war Heiko Herrlich nicht mehr zu halten.
Ich bin trotzdem der Überzeugung, dass es Stefan Reuter nicht leicht gefallen ist, seinen Freund zu entlassen. In der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Coaches sagte der Geschäftsführer Sport: „Weil wir natürlich in den letzten vier Spielen gegen direkte Konkurrenten – mit Ausnahme von Frankfurt, aber Schalke, Bielefeld und Köln – nur einen Punkt geholt haben. Und die Art und Weise wie die Mannschaft dann gespielt hat. Ich glaube, wir machen das hier nicht immer vom Ergebnis abhängig, sondern wir müssen spüren, dass die Überzeugung da ist. Und auch die Überzeugung innerhalb der Kabine da ist, dass wir das aus eigener Kraft schaffen. Das hat uns gefehlt und darum sind wir zu dem Entschluss gekommen, jetzt noch in dieser Saison auch zu reagieren.“
Im Übrigen war Heiko Herrlich der Einzige, der sich in einem öffentlichen Statement von den Fans verabschieden durfte.
Weinzierl – Klappe, die Zweite
Viele Fans in den sozialen Netzwerken haben ihn gefordert und sie haben ihn bekommen. Der Erfolgstrainer kehrte nach Hause zurück. In der Pressekonferenz zu seiner Vorstellung wirkte Stefan Reuter nach außen hin beinahe erleichtert, Markus Weinzierl wieder an seiner Seite zu haben. Die Unstimmigkeiten alter Zeiten seien schon längst ausgeräumt worden.
Alles anscheinend nicht ganz der Wahrheit entsprechend, wenn man auf die jüngsten Geschehnisse blickt. Immerhin hat Markus Weinzierl in seinem Interview bei Sky kurz nach Abpfiff schwer kritisiert.
Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil wir nicht gesprochen haben. Von daher ist es so, dass er gestern zu mir gesagt hat, er will eventuell nächste Woche oder am Montag reden. Es ist aber nicht nur auf das hin zu beziehen. Es ist in den letzten Wochen und Monaten ein Prozess gewesen, der gestern eben auch mit der Presseerklärung des Präsidenten in mir gereift ist… Wir haben die Liga gehalten als FC Augsburg. Ich glaube, wir haben das Budget vom Tabellenfünfzehnten und sind jetzt aktuell Tabellenvierzehnter. Haben es 3 – 4 Spieltage vor Schluss geschafft, im Endeffekt souverän geschafft. Es kam keine Zufriedenheit auf und das war auch so ein Signal für mich. Oder ein Zeichen für mich. Und dann… Wie gesagt, mehrere Gründe.
Markus Weinzierl im TV-Interview mit Sky
Auch in der Pressekonferenz ging es mit indirekten Vorwürfen weiter. Als FCA-Fan wusste man gleich gar nicht mehr, was man sagen sollte. Leute, die mich kennen, wissen, dass ich jetzt nicht unbedingt ein Fan davon war, Markus Weinzierl zurück zu holen. „Aufwärmen sollte man nur Gulasch“, hat mein Vater immer gesagt und er sollte auch in diesem Falle Recht behalten. Doch sein Abgang warf Fragen auf, die bis heute unbeantwortet geblieben sind.
Blickt man auf die Statistiken, dann hat sich das Team unter Weinzierl nur bedingt verbessern. Zwar schossen unsere Jungs mehr Tore (1,15 im Vergleich zu 1,11 unter Herrlich), kassierten aber gleichzeitig auch mehr Gegentore (1,65 im Vergleich zu 1,52). Zwar wirkte die Art Fußball zu spielen ein wenig ansehnlicher und man hatte den Eindruck, als stünde dort eine Einheit auf dem Platz, aber leider auch nicht in jeder Partie. Die Inkonstanz hatte uns auch in dieser Saison vollends im Griff. Das sieht man auch an den Werten der Passquote (71,34%), Zweikampfquote (47,65 %) und der Laufleistung (115,78 km), die allesamt schlechter sind als in der Herrlichschen Zeit.
Ich glaube, ich spreche trotzdem für uns alle, wenn ich sage, dass die Trennung nicht so verlief, wie sie sein sollte. Zu so etwas gehören aber immer zwei Parteien. Persönlich bin ich der Meinung, dass es im Hintergrund auf irgendeine Art und Weise Unruhen gegeben hat und Markus Weinzierl sich nicht wertgeschätzt haben muss. Aber ob man das dann in der Öffentlichkeit so austragen muss, ist die andere Frage.
Unser Sportdirektor zeigte sich natürlich sehr überrascht. „Das ist für mich schon überraschend, dass er das jetzt unmittelbar nach dem Spiel macht. Weil wir haben einen Sieg, die Stimmung im Stadion war sehr gut und positiv, die Fans haben gefeiert – auch die Mannschaft. Da hätte ich mir gewünscht, dass wir nächste Woche in aller Ruhe sprechen und uns da austauschen. Unterschiedliche Sichtweisen vielleicht austauschen“, so Stefan Reuter bei Sky.
Das war aber auch das Einzige, das er bisher verlauten ließ, denn seit dem 14.05.2022 hat man von keinem unserer Geschäftsführer irgendetwas zur aktuellen Situation zu hören bekommen.
Ligavergleich
Die Kritik an unserer sportlichen Leitung hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Immer wieder kann man sowohl in den Medien, als auch in den sozialen Netzwerken negative Stimmen darüber lesen, dass so viele Trainer verschlissen worden sind. Immerhin gab es nun in den letzten 3 Jahren mit Manuel Baum, Martin Schmidt, Heiko Herrlich und Markus Weinzierl 4 verschiedene Trainer mit unterschiedlichen Philosophien. Natürlich klingt das erst einmal viel und auch ich wünsche mir endlich Konstanz auf dieser Position.
Doch schaut man sich mal in der Bundesliga um, dann stellt man schnell fest, dass der FCA auf der Trainerposition mit Abstand nicht die meisten Wechsel vornimmt. Im Gegenteil, man gehört sogar zu den Vereinen, wo mit am wenigsten der Trainer ausgetauscht wird. In 11 Jahren Bundesligazugehörigkeit hatte man gerade einmal 7 Trainer. In der Zeit ab der Übernahme von Stefan Reuter am 01.01.2013 gab es gerade einmal 5 Trainerwechsel.
Spitzenreiter Stuttgart hatte in der gleichen Zeit 16 Trainer. Dahinter folgt gleich der HSV mit 15 Coaches. Um genau zu sein hatte fast jeder Verein mehr Rotation auf dieser Position als der FC Augsburg. Lediglich der SC Freiburg, der überhaupt keinen Wechsel vorgenommen hat, und Borussia Mönchengladbach mit 5 Cheftrainern haben hier mehr Konstanz. Kurz: Der FC Augsburg liegt im Ligavergleich auf einem wirklich sehr guten 3. Platz, den man sich mit Eintracht Frankfurt teilt, die seit 2013 ebenfalls nur 6 Coaches hatten.
Fazit
Auch wenn man auf die Anzahl der Übungsleiter seit April 2019 blickt, stellt man fest, dass in nahezu jedem Verein nahezu gleich viele Wechsel vorgenommen wurden. Nur Freiburg, Union, Greuther Fürth (kein Wechsel) und in Frankfurt (ein Wechsel) war der Verschleiß an Trainern geringer. Bayern, Dortmund, Gladbach und Bielefeld hatten wie der FC Augsburg jeweils 3 Trainer.
Von daher könnte man jetzt sagen, dass ja alles nicht so schlimm ist. Trotzdem darf es ein „Weiter so“ aus meiner Sicht nicht geben. Konstanz kann im Fußball sehr viel ausmachen, wie man daran sieht, dass der FCA seine erfolgreichste Zeit hatte, als man 4 Jahre lang mit Markus Weinzierl den gleichen Coach hatte. Durch hervorragende Teamarbeit hat man es geschafft, den Verein sogar in die internationalen Wettbewerbe zu bringen. Daran sieht man, dass das genau die Dinge sind, auf die es ankommt: Konstanz, Zusammenhalt und ein ruhiges Arbeitsklima.
Genau das ist es aber, was sich nicht nur die Fans, sondern auch die Spieler wieder zu wünschen scheinen. So sagte Kapitän Jeffrey Gouweleeuw nach der Partie gegen Greuther Fürth: „Wenn man jedes Jahr einen neuen Trainer hat, ist das nicht gut. Jetzt müssen wir mal wieder abwarten und schauen.“ Das klingt in meinen Ohren nicht nur unsicher sondern auch unzufrieden. Das kann man auch durchaus nachvollziehen, denn jetzt kommt wieder ein neuer Coach mit neuen Ideen, Techniken, Taktiken und eventuell Veränderungswünschen. Dinge, die die Spieler erneut von der Pike auf verinnerlichen müssen.
Deswegen können wir nur hoffen, dass die Verantwortlichen und vor allem Stefan Reuter nun ein glücklicheres Händchen haben, was die Auswahl des neuen Trainers angeht, damit endlich wieder Konstanz und Ruhe in den Verein einkehrt. Vielleicht können wir dann irgendwann einmal wieder über solch große Erfolge jubeln, die wir einst feiern durften.
Wir sind schon alle ganz gespannt, wer der neue Trainer nun letztlich werden wird. Peter Zeidler, der in St. Gallen gezeigt hat, wie erfolgreich er mit einem jungen Team arbeiten konnte? Hannes Wolf, der den VfB Stuttgart einst zum Zweitligameister machte und heute die deutsche U19 erfolgreich trainiert? Sebastian Hoeneß, der erst in Hoffenheim seinen Posten räumen musste? Oder wird es am Ende doch jemand ganz anders, mit dem wir alle nicht rechnen? Wir können nur eines tun: Abwarten und Tee / Kaffee / ein kühles Riegele trinken.