Wer aus der Mannschaft führt den FCA aus der Krise und in die Zukunft?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Diese Saison gestaltet sich immer schwieriger für den FC Augsburg. Kurz vor der Winterpause hat man seit Jahren zum ersten Mal in Augsburg wieder einen Trainer entlassen. Dirk Schuster wurde vor die Tür gesetzt, weil die sportliche Ausrichtung der Mannschaft nicht mehr mit den Vorstellungen der Geschäftsführung des Clubs übereinstimmte. Mit Manuel Baum kam zwar ein zwischenzeitlicher Aufschwung, aber aus der Abstiegsregion in der Tabelle konnte sich der FCA trotzdem nicht nachhaltig lösen. Mittlerweile ist der FCA vollends im Abstiegskampf angekommen. Einerseits liegt das sicher auch an der grundsätzlich großen Leistungsdichte in der Bundesliga. Andererseits hat sich der FCA für teuer Geld verstärkt und sollte genügend sportliche Qualität haben, um im Mittelfeld der Tabelle mitzuschwimmen, ohne sich allzu viele Sorgen zu machen. Zumindest ist das der Anspruch, wenn man nun doch endlich den Trainer mit der passenden Ausrichtung gefunden haben will.

Dennoch trifft den FCA eine Entwicklung in der Mannschaft besonders hart, die zwar vorhersehbar aber nicht planbar war. Die Mannschaft des FC Augsburg ist über viele Jahre an einem Gerüst gewachsen und dieses Gerüst ist natürlich gealtert und gereift. Letztes Jaht hat man dafür auch endlich mit Marvin Hitz fürs Tor eine sehr gute Konstante gefunden, die auf internationalem Niveau überzeugen kann und eigentlich sehr wenige entscheidende Fehler macht. Außer diesem Stützpfeiler ist aber kaum eine Stütze der Mannschaft mehr verlässlich in dieser Saison verfügbar. Ein nötiger Umbruch wird gerade in dieser Saison schon in ersten Schritten vollzogen. Ragnar Klavan wurde vor der Saison nach Liverpool abgegeben und obwohl man mit Martin Hinteregger einen adäquaten Ersatz gefunden hat, tat sich auf ein Mal an einer anderen Stelle in der Abwehr ein Fragezeichen auf. Paul Verhaegh hat entweder seine erste große Formkrise seit er für den FC Augsburg spielt oder der Leistungsabfall vor dem Karriereende kündigt sich nicht nur an sondern ist schon angekommen. Unser Kapitän, der es in Augsburg zum niederländischen Nationalspieler geschafft hat, spielt in dieser Saison konstant unter seinen Möglichkeiten und es ist nicht genau ersichtlich warum. Gegenüber seinem Gegenpart auf der linken Abwehrseite, Kostas Stafylidis, fällt er von der Leistung her deutlich ab. Hätte sich Raphael Framberger nicht am Knie verletzt, würden wir über diese Personalie im Saisonendspurt wohl noch häufiger diskutieren. In der jetzigen Situation fehlen hier schlichtweg die Alternativen.

Im Mittelfeld ergibt sich leider ein ähnliches Bild. Hier war während der gesamten Bundesligajahre des FCA Daniel Baier Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Ein genialer Fußballspieler, der in der Vergangenheit wohl nur aus Altersgründen von Jogi Löw keine Berücksichtigung für die Nationalmannschaft erfuhr, musste diese Saison nun schon einige Spiele mit Achillesehnenbeschwerden zuschauen. Vor allem im Spiel gegen den Ball ist Baier immer noch ein geschickter Balleroberer, der statistisch in der Bundesliga mit am meisten Pässe abfängt. Seine Erfahrung in der Spielkontrolle kann wohl von keinem anderen Spieler im Kader ersetzt werden. Die Verteidigungsversuche von Moritz Leitner in seinen bisherigen Einsätzen nach seiner Rückkehr zeigen wie hoch die Latte von Baier in der Vergangenheit gelegt wurde. Und so liegt es nicht nur daran, dass Baum seine taktische Ausrichtung und damit einhergehend seine Aufstellung regelmäßig ändert, dass dem FCA in der Zeit nach dem Abgang von Dirk Schuster die defensive Stabilität etwas abhanden gekommen ist.

Dabei sah es in der Defensive lange Zeit noch gut aus, und erst in der Rückrunde sind die riesigen Löcher aufgebrochen. Offensiv sucht der FCA diese Saison insgesamt doch sehr oft nach Lösungen und findet sie zu selten. Auf der 10er Position war über einige Jahre Halil Altintop ein wichtiger Leistungsträger. Altintop wird im Winter 35 Jahre alt und hat für mich mittlerweile am meisten Wert als Joker mit Einfällen von der Bank. Altintop kommt diese Saison auf eine sehr hohe Anzahl von Einsätzen. Er wird noch oft gebraucht, gerade weil in der Offensive viele Spieler mit hoher Qualität verletzt ausfielen. Caiuby, Finnbogason und Bobadilla haben alle mit Verletzungen lange gefehlt oder fehlen noch und diese Ausfälle kann der FCA nicht einfach so auffangen. Und somit ist Dong-Won Ji der Spieler mit den meisten Einsätzen in der Offensive. Er ist zwar mit 3 Toren in der Offensivabteilung einer der besten Torschützen zusammen mit Raul Bobadilla und  (beide hinter Altintop und Stafylidis mit je 4 Treffern) aber trotzdem oft nicht effektiv genug. Insgesamt ist Ja-Cheol Koo wohl in der Offensive noch am ehesten als Stützpfeiler zu bezeichnen. Danach kam bis zur Genesung von Raul Bobadilla lange niemand. Der ist allerdings nicht der typische Führungsspieler. Er geht zwar immer mit vollem Einsatz voran, übernimmt in kritischen Situation allerdings nicht das Kommando und legt den Hebel um. Wer wird das in Zukunft für den FCA machen? Viel wichtiger wohl: wer wird das nun im Abstiegskampf machen? Für diese Saison hoffe ich auf eine dauerhafte Genesung von Daniel Baier und das er uns erneut zum Klassenerhalt führt.  Boba wird hoffentlich die Tore dafür schießen, aber offensiv muss sich ein Leader zeigen. Hat Halil noch genügen Körner im Tank? Danach bin ich gespannt, wie im Sommer der Umbruch auch von Seite des Clubs weiter begleitet wird. Bei Abstieg droht wohl eine heftige Schocktherapie. Es wäre schön, wenn wir diese erneut vermeiden könnten. Dafür müssen die Führungsspieler sich allerdings zeigen und voran gehen.

Es gibt Gründe, warum es für Panik noch zu früh ist

Spektakel hat er uns versprochen, der Manuel Baum. Gut, es ist schon eine Weile her, aber so etwas wie gegen die Bayern gestern hat er damit wohl nicht gemeint. Unsere Mannschaft wurde hergespielt, phasenweise vorgeführt. Es tat weh beim Zuschauen. Es tut heute immer noch weh. Und es ist nicht das erste Mal. Auf Schalke und in Mainz sahen wir auch nicht gut aus, haben es dem Gegner zu einfach gemacht und Punkte leichtfertig abgegeben. Wir werden nach diesem Spieltag auf dem 16. Tabellenplatz, dem Relegationsplatz, stehen und am Mittwoch gegen Ingolstadt geht es um viel. Ingolstadt nochmal selbst rankommen zu lassen wäre fahrlässig und gefährlich. Die Mannschaft muss am Mittwoch eine Reaktion zeigen. Es braucht Feuer, Biss und Kampf. Die Zeichen dafür stehen nicht so schlecht, wie man nach den subjektiven Eindrücken der letzten Wochen urteilen möchte. Zuerst hat die Mannschaft in vielen Partien schon eine tolle Moral gezeigt. In Darmstadt haben wir nach Rückstand noch gewonnen. Zu Hause gegen Freiburg und Leipzig hat zumindest in beiden Partien der Einsatz immer gestimmt. Die Moral der Mannschaft stimmt immer noch, davon bin ich nach diesen Jahren überzeugt.

Nach dem Spiel gestern bin ich allerdings auch auf die Suche nach Statistiken gegangen, die eine Einordnung der Leistungen unter Manuel Baum erlauben. Manuel Baum hat den FCA mittlerweile in 12 Bundesligapartien betreut und eine Tabelle über diese Spiele sieht wie folgt aus:

Platz Team   Spiele Geschossen  Kassiert Differenz Punkte
1 Bayern München (M, P) 12 33 4 29 32
2 TSG Hoffenheim 12 24 12 12 22
3 Borussia Dortmund 12 23 12 11 22
4 Hamburger SV 12 15 20 -5 20
5 RB Leipzig (N) 12 18 16 2 19
6 VfL Wolfsburg 11 11 11 0 19
7 Werder Bremen 12 21 14 7 18
8 FC Schalke 04 12 15 12 3 17
9 Bor. Mönchengladbach 12 16 12 4 17
10 SC Freiburg (N) 12 16 22 -6 16
11 FC Augsburg 12 13 24 -11 15
12 1. FC Köln 12 19 18 1 14
13 Hertha BSC 12 13 19 -6 13
14 1. FSV Mainz 05 11 10 15 -5 12
15 Eintracht Frankfurt 12 7 16 -9 11
16 Bayer 04 Leverkusen 11 16 19 -3 11
17 FC Ingolstadt 04 11 12 18 -6 10
18 SV Darmstadt 98 12 6 24 -18 7

Die Leistungen der Mannschaft unter Manuel Baum sind im Zeitraum seiner Amtszeit sehr schwankend, aber zumindest insgesamt als mittelmäßig zu betrachten. Wir kassieren mittlerweile zu viele Tore (oh Wunder nach gestern), aber dafür sind wir nach vorne etwas gefährlicher geworden. Was sich mittlerweile rächt, ist die schlechte Ausbeute unter Dirk Schuster. Manuel Baum hat in weniger Spielen mehr Punkte geholt. Insgesamt würde ich gerne feststellen, dass wir damit eines der konstanteren Teams in der Liga sind. HSV und Werder Bremen haben beide ihre schlechte Phasen zu Saisonbeginn überwunden, während Köln, Hertha und Frankfurt sich zu großen Teilen auf ihren guten Hinrundenleistungen ausruhen. Wir haben uns etwas gesteigert, wohingegen Manuel Baum nicht der große Heilsbringer ist.

Haben wir das denn erwartet? Ich für meinen Teil möchte dem gerne widersprechen. Von Europa darf man träumen, und ja ich habe nach oben geschaut. Unser wirtschaftlicher Rahmen ist trotzdem immer noch beschränkt, es wird fieberhaft im Umfeld an einer Professionalisierung gearbeitet und wir investieren gerade auch in unsere Jugendspieler. Mit Kevin Danso und Tim Rieder standen gestern wieder zwei unserer Jungs in der ersten 11. Sie haben die wichtige Erfahrung einer Partie gegen Bayern München gemacht und werden sich weiterentwickeln. Ich glaube daran, dass diese Wettkampfpraxis entscheidend weiterbringen wird und dass wir für diese Investitionen, die Manuel Baum gerade verantwortet, mittelfristig belohnt werden. Wenn dann wie in München eine mannschaftliche Struktur verloren geht und die Dämme etwas brechen, dann kann ich damit gut leben. Die Leistungen die unsere Jugendspieler zeigen, entlohnen für so manches Leid und in dieser Hinsicht übertrifft Manuel Baum alle Erwartungen.

Jetzt heißt es für die restlichen Spiele zusammenzustehen. Wenn wir den Trend nur gegenüber einem aus Mainz und Leverkusen fortsetzen, dann reicht es für uns aus eigener Kraft zum Klassenerhalt. Mal wieder. Nur Zweifel sollten wir uns nicht selbst einreden. Dafür sind auch die schlechten Leistungen nicht aussagekräftig genug. Noch nicht. Ich wäre sehr froh, wenn es diese Saison überhaupt nicht soweit kommt.

Manuel Baum macht sich selbst Druck

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Wenn Trainer neu sind, dann hört man ihnen aufmerksamer zu als im späteren Verlauf ihrer Wirkungsdauer, außer der Trainer heißt Hans Meyer oder Christian Streich. Manuel Baum ist in Augsburg in der Winterpause offiziell vom Interims- zum Cheftrainer aufgestiegen. Seine Gewandheit im Umgang mit der Presse wird sich verbessern. Dennoch interessiert mich gar nicht so sehr, wie er etwas sagt, sondern der Kern seiner Aussagen. Vor dem Spiel gegen Wolfsburg war als Überschrift auf der Internetseite des FCA zu lesen: Baum: „Ziel sind drei Punkte“. Auch vor dem Spiel zu Hause gegen Hoffenheim fand sich dort ein ähnliches Zitat: Baum: „Wollen Punkte hier behalten!“. Nun vor dem Spiel gegen Werder Bremen heißt das Motto „Gegen Werder nachlegen“.

Fußball ist ein ergebnisorientierter Sport. Dirk Schuster hat in der Hinrunde Ergebnisse abgeliefert und z.B. in Bremen gewonnen. Die Art und Weise hat am Ende dazu geführt, dass er vom FCA rausgeschmissen wurde. Die Verantwortlichen haben laut den offiziellen Aussagen die Fußballphilosophie des Vereins nicht mehr erkannt und daher den Wechsel herbeigeführt. In den ersten Aussagen vom neuen Cheftrainer Manuel Baum nach der Winterpause geht es nun nicht so sehr um die Fußballphilosophie. Manuel Baum scheint auch kein Trainer zu sein, der damit hausieren geht, was er analysiert und wie er manche Dinge auf dem Platz umsetzen will. Er will auch für die Gegner des FCA möglichst schwer durchschaubar bleiben.

Dennoch tut er sich mit den obigen Überschriften keinen Gefallen.  In der Pressekonferenz vor dem Bremen-Spiel wurde einmalig erwähnt, dass man die spielerische Klasse nun auch zu Hause auf den Platz bringen will, während die „3 Punkte“ unzählige Male auftauchten. Er könnte anstatt dessen genau so gut sagen: „Wir wollen mutig spielen, offensiv deutlich Akzente setzen, über 90 Minuten dem Gegner Paroli bieten. Es soll eine Weiterentwicklung erkennbar sein.“ Das würde doch vollkommen ausreichen, obwohl ich mir selbst wünschen würde, er würde dies spezifizieren. Wenn man die sportlichen Herangehensweisen von Dirk Schuster und Manuel Baum vergleicht, dann stellt Manuel Baums Philosophie keinen einfachen Wechsel dar. Spieler müssen neues Wissen aufnehmen und auf dem Platz umsetzen, konsistent ohne spielentscheidende Fehler zu machen. Die ersten Ergebnisse vor der Winterpause waren zwar schmeichelhaft, aber eine solche Entwicklung braucht Zeit und geht nicht von heute auf morgen. Warum setzt er sich diesem Ergebnisdruck aus?

Gegen Hoffenheim hat die Mannschaft eine Halbzeit gut gespielt und wurde danach von Hoffenheim abgekocht. Was hängen bleibt ist, dass Baum ein Spektakel versprochen („Lohnt sich, ins Stadion zu kommen“) und nicht abgeliefert hat. Die Punkte gingen nach Hoffenheim. Nun nach dem Wolfsburgspiel, bei dem der FCA auf viele Stammkräfte verzichten musste, und trotzdem gewinnen konnte, mag die Situation harmlos wirken. Aber die Erwartungshaltung vor dem Spiel gegen Bremen steigt nun und es wird auch wieder Phasen geben, in denen die Ergebnisse ausbleiben.

Dabei kann Manuel Baum das Ergebnis auf dem Platz am Ende nur schwerlich beeinflussen. Es kommt auf die Spieler an, die seine Strategie umsetzen müssen. Selbst erfahrene Cheftrainer wie Carlo Ancelotti sehen den Fokus ihrer Arbeit im Training unter der Woche. Es ist ihm zu raten, dass er sich selbst nicht zu sehr unter Ergebnisdruck setzt. Hoffentlich wird ihm dieser Druck auch nicht intern von den Verantwortlichen gemacht. Denn was wirklich zählt ist, wie sich die Mannschaft sportlich weiterentwickelt. Kann er den Profis etwas beibringen? Spielen Sie besseren Fußball? Es sieht momentan noch gut aus. Sollte es eine Welle der Anfangseuphorie geben, so frage ich mich, wann diese Honeymoon Phase zu Ende geht. Sieg oder Niederlage hängen am Wochenende von sehr vielen Faktoren ab. Wenn die Spieler sich den Arsch aufreißen und Verbesserungen zu sehen sind, dann sollten wir in Augsburg alle ruhig bleiben. Zuallererst Manuel Baum selbst. Die Lehre aus der Verpflichtung von Dirk Schuster sollte doch wohl sein, nicht zu allererst den Fokus auf die Ergebnisse zu legen. Auch nicht, wenn es gerade ganz gut läuft. Oder haben wir nichts gelernt?

Frambos Bedeutung für den FCA

Wer hätte damit noch gerechnet? Im 188. Ligaspiel in der ersten Bundesliga unseres Vereins läuft zum ersten Mal ein Spieler aus der eigenen Jugend von Beginn an auf. Raphael Framberger fiel diese Rolle nun zu, nachdem der etatmäßige Rechtsverteidiger des FC Augsburg Paul Verhaegh krankheitsbedingt in Wolfsburg nicht einsetzbar war. Manuel Baum hatte den Mut ihm zu vertrauen anstatt Markus Feulner oder Georg Teigl aufzustellen. Am Tag danach heißt es durchatmen, denn – Debüt hin oder her – Framberger ließ sich nicht beeindrucken und spielte eine starke Partie. Zwar führte ein Freistoß nach einem Foul von ihm zum Gegentor, aber in der 38. Minute rettete er großartig nach einem Ballverlust von Jan Morávek und bereitete zudem später noch das Siegtor vor. Sein Auftritt war gekennzeichnet von Selbstbewusstsein und sein Vorstoß vor dem Siegtreffer, war nicht der einzige an diesem Nachmittag. Zeichnet sich nun eine Kehrtwende beim FCA in Bezug auf den Einsatz eigener Jugendspieler ab?

Während der FCA Jugendspieler vor allem wegen der Vorgaben der DFL zu sog. „Local Players“ mit Profiverträgen ausstatten muss, war bis vor kurzem klar, dass diese bei den Profis trotzdem nicht zum Zuge kommen. Der FCA muss mindestens vier Spieler im Profikader führen, die für mindestens drei Spielzeiten im Alter zwischen 15 und 21 in den eigenen Jugendmannschaften gespielt haben. Markus Weinzierl hatte aber erst im Herbst 2015 noch geurteilt: „Die Jungs sind engagiert, aber es ist nicht nur ein Schritt, sondern zwei, drei Schritte“. Unter Markus Weinzierl kam dann auch in der Europacup-Saison und mit großen Verletzungsproblemen kein Spieler aus der eigenen Jugend zu Einsätzen. Den Jugendspielern wurde von Weinzierl offensichtlich nichts zugetraut.

Das hatte sich schon unter Dirk Schuster geändert, unter dem auch Julian Günther-Schmidt zu Jokereinsätzen kam. Dass es nun dennoch Raphael Framberger ist, der als erstes nach über 5,5 Jahren in der ersten Bundesliga von Beginn an ran darf, ist zumindest ein kleines Wunder. Framberger wechselte im Alter von 8 Jahren zum FCA, als dieser 2004 noch selbst in der Regionalliga spielte. In den letzten 10,5 Jahren hat er viele Jugendmannschaften des FCA durchlaufen und ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Eigengewächs. Schon in seiner ersten U23-Saison 2014/15 hatte er einige Kadernominierungen bei den Profis, kam aber nicht zum Einsatz, bevor ihn dann ein Kreuzbandriss lange komplett außer Gefecht setzte. Jetzt ist er wieder zurück. Zwei Einsätzen vor der Winterpause bei der U23 folgte am Samstag direkt mit der ersten Kadernominierung der Startelfeinsatz bei den Profis.

Dieser Moment reiht sich für mich persönlich in eine Kette der ersten Male beim FCA ein, die aus immer mehr positiven Momenten besteht. Ich denke in diesem Zusammenhang gerne an den ersten Bundesligasieg in Mainz durch einen Elfmeter von Jan-Ingwer Callsen-Bracker, den zweiten Klassenerhalt durch den gehaltenen Elfmeter von Alex Manninger im Jahr 1 unter Weinzierl, den ersten Sieg gegen die Bayern nachdem Daniel Baier Mitchell Weiser düpiert hatte und Sascha Mölders auflegte, und den Einzug in den Europacup, nachdem auch wieder Sascha Mölders, den Schlusspunkt gesetzt hatte. Diese Liste ist nicht abschließend und ja, Raphael Framberger reiht sich nun in diese Liste ein. Andere Jugendspieler können zu ihm hochschauen und sehen, dass es klappen kann. Er ist seit gestern ein Leuchtturm für die Jugendarbeit des FCA.

Es bleibt zu beobachten, ob sich in dieser Hinsicht grundsätzlich etwas ändern wird. Der Abgang von Daniel Opare im Winter und der Einsatz von Raphael Framberger sind erste gute Anzeichen. Die Vertragsverlängerung von Christoph Janker könnte dem entgegen stehen. Mit Manuel Baum als Cheftrainer ist jemand verantwortlich, der die Jugendspieler kennt wie kein anderer, da er die letzten 2,5 Jahre die Jugendarbeit koordiniert hat. Eine einheitliche Spielphilosophie sollte zudem dazu führen, dass Jugendspieler besser bei den Profis integriert werden können. Ob sich Stefan Reuter und die weiteren Verantwortlichen bei der Kaderplanung davon beeinflussen lassen, bleibt abzuwarten. Wenn trotz der Verletzungssorgen im Sturm jetzt in der Winterpause kein weiterer Stürmer kommt, dann sollte dies zudem weitere Möglichkeiten für unsere Jugendspieler bedeuten und wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Aber für heute stärkt Raphael Frambergers Einsatz den Glauben daran, dass es klappen kann. Darauf können wir heute alle anstoßen und dann geduldig und in Ruhe weiter arbeiten (Übersetzung für Hr. Reuter: Frambergers Vertrag verlängern).

Gibt es einen sportlichen Plan?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Die Überschrift ist Programm beim FC Augsburg. Welche sportliche Identität hat unser Club im Moment und welche will er zukünftig haben? Die Verantwortlichen suggerieren, dass sie einen Plan haben. Stefan Reuter hat erst unlängst wieder auf die sportliche Philosophie verwiesen, als er am 28.12. die Verpflichtung von Manuel Baum als Cheftrainer des FCA verkündet hat:

Wir sind überzeugt, dass Manuel Baum der richtige Trainer ist, um die Philosophie des FC Augsburg im Sinne des Vereins umzusetzen und weiterzuentwickeln.

Der aufmerksame Beobachter fragt sich: Schon wieder? Klang das nicht bei Dirk Schuster genauso? Und um welche sportliche Philosophie geht es eigentlich?  Schuster selbst hatte bei seiner Vorstellung einige Hoffnungen geweckt. Auch damals ging es schon darum, die Mannschaft fortzuentwickeln. Schuster hatte angekündigt:

Aber wir wollen natürlich diese Mannschaft auch ein Stück voranbringen.

Der FCA kündigte in der Mitteilung zur Vorstellung von Dirk Schuster die folgende Marschroute an:

Das ist auch taktisch zu verstehen: Schuster will den FC Augsburg weiterhin als unangenehmen Gegner etablieren, der defensiv gegen den Ball arbeitet und es auch stärkeren Teams schwer macht. Andererseits möchte er kreative Impulse in der Offensive setzen.

Die Kehrtwende kam schnell. Die Verantwortlichen beim FCA waren wohl nach einem halben Jahr nicht mehr davon überzeugt, dass er der richtige Mann dafür ist, die ominöse Philosophie des Vereins umzusetzen:

Nach eingehender Analyse der aktuellen sportlichen Situation sind die Verantwortlichen des FC Augsburg zu der Erkenntnis gelangt, dass unterschiedliche Auffassungen über die weitere sportliche Ausrichtung und die Art und Weise, wie der FCA Fußball spielen will, herrschen.

Aber um welche Philosophie geht es eigentlich? Aus meiner Perspektive scheint es so, als ob die Hinrunde 2015/16, in der die Mannschaft von Markus Weinzierl v.a. in der Abwehr etliche Male wackelig stand, dazu geführt hat, dass ein Fokus auf die Defensive bei den Verantwortlichen wieder wichtiger geworden ist. Derweil war der FCA über 4 Jahre hinweg ein Trainerclub. Markus Weinzierl gestaltete die taktische Ausrichtung des Vereins, ohne dass der Verein ein festes Bild  bzw. eine sportliche Vision nach der Zeit mit Jos Luhukay gehabt hätte. Er hat die Mannschaft weg entwickelt von einer defensiven Mauermaschine hin zu einem spielstarken Gebilde, dass auch gegen talentiertere Teams taktische Ideen eindrucksvoll umsetzen konnte.

Nun scheint der FCA auf den Weggang von Markus Weinzierl schlecht vorbereitet gewesen zu sein. Im Hintergrund existierte wohl kein konkretes sportliches Konzept für die Profimannschaft, welche Art von Fußball in Augsburg gespielt werden soll, dem eine Liste mit geeigneten Trainern beilag. Zumindest hat der FCA in einem ersten Schritt keinen geeigneten Trainer gefunden, obwohl auch damals schon Manuel Baum direkt vor ihren Augen tätig war. So richtig beeindruckt waren sie wohl vor einem halben Jahr noch nicht. Aber wenn die sportliche Wunschvorstellung kreative Momente beinhaltet, dann hat Dirk Schuster auch in der Vergangenheit nicht gezeigt, dass er hierfür der richtige Trainer ist. Dirk Schusters Arbeit als Trainer sei in diesem Zusammenhang nicht angezweifelt. Zu eindrucksvoll waren seine letzten Jahre und auch die reinen Ergebnisse in Augsburg. Und geht es nicht eigentlich um die Ergebnisse?

Fragen über Fragen.  Zum Beispiel danach, ob es eine konkrete Vorstellung gibt, welche Art von Fußball beim FCA gespielt werden soll. Geht diese Vorstellung über drei Zeilen hinaus? Ich erwarte an dieser Stelle nicht, dass wir ein taktisch vorgeprägter Club wie der FC Barcelona werden, der in allen Jugendmannschaften und in der Profimannschaft genau ein Spielsystem praktiziert. Allerdings hat eine gewisse fußballerische Grundlinie enorme Vorteile. Wenn das System der Profimannschaft auch in den Jugendteams gespielt wird, so können Jugendspieler schneller Anschluss finden, wenn sie aufrücken. Zusätzlich ist der Kader grundsätzlich auch bei Trainerwechseln geeignet, die taktischen Anforderungen zum Großteil zu erfüllen und es braucht keinen großen Umbau. An der kolportierten Unzufriedenheit Schusters mit den Neuzugängen sieht man das Problem. Für mich als Fan auf der Tribüne definiert die sportliche Grundausrichtung zudem die Erwartungshaltung: Wenn grundsätzlich kreative offensive Elemente angekündigt werden, dann gibt es vielleicht mal eine Durststrecke, diese wird aber enden.

Und so ist das Scheitern von Dirk Schuster an den Anforderungen unseres Clubs wohl ein Zeichen, dass wir auf dem besten Wege zu einer sportlichen Identität sind. War die Verpflichtung von Dirk Schuster in diesem Zusammenhang ein Rückschritt, so wurde dieser nun korrigiert und hat vielleicht dazu beigetragen, dass die Verantwortlichen ein klareres Bild davon haben, was sie sportlich sehen wollen. Klar sollte sein, dass wir ein Club sind, der immer noch unterdurchschnittliche finanzielle Möglichkeiten hat. Entsprechend muss ein potentieller Trainer, konzeptionell und pädagogisch stark arbeiten. In einem zweiten Schritt stellt sich nun die Frage, wer dies am besten umsetzen kann. Manuel Baum scheint hierfür prinzipiell gut geeignet. Er wurde als Konzepttrainer beschrieben und scheint die Spieler zu erreichen. Der FCA braucht zudem keinen per se charismatischen Trainer, der die Öffentlichkeit sucht. Stefan Reuter im Rücken und ein relativ ruhiger Medienstandort sollten es auch einem eher introvertierten oder unerfahreren Trainer erlauben Erfolg zu haben.

Für uns auf der Tribüne hat die Entwicklung zwei Folgen: Zuerst werden wir nicht nur mehr Defensivfußball sehen. Wir können beruhigt aufatmen und uns auf kreative offensive Momente freuen. Mit der Entlassung von Dirk Schuster sind wir allerdings auch mutig geworden und haben den sicheren Pfad verlassen. Die Art, wie wir Fußball spielen, ist anscheinend wichtiger, als die reinen Ergebnisse. Dies könnte in der Zukunft auch dazu führen, dass wir mit unserem sportlichen Konzept absteigen, bevor wir uns zum Klassenerhalt mauern. Allerdings zeigt der Blick auf andere Clubs, dass die Strategie funktioniert. Hoffenheim und Mainz haben beide eine sportliche Identität entwickelt und spielen damit konstant in der Bundesliga. Der Blick geht bei beiden Clubs nach oben. Ein schneller Erfolg ist dennoch nicht zu erwarten. Konzepte und Trainer brauchen Zeit, um ihre Vorstellungen umzusetzen. Für die Zukunft stimmt mich die Entwicklung zumindest langfristig positiv. Ob Manuel Baum Erfolg haben wird, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Er hat keine Erfahrung in der Bundesliga und Stefan Reuters Trainertrefferquote ist verbesserungswürdig. Hoffen wir auf den Lucky Shot.

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