Surprise, Surprise

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Als der FCA im Sommer auf dem Transfermarkt unterwegs war, verpflichtete der Club Spieler, die in Augsburg keiner kannte. Matsima, Onyeka und Claude-Maurice im Speziellen, sorgten neben Samuel Essende für Fragezeichen. Was konnte man von diesen Spielern erwarten? Dazu gab der FCA kaum Geld für seine Neuzugänge aus. So günstig, kann doch niemand gute Spieler verpflichten. Nach ein paar Wochen nun ist klar: Surprise, Surprise, die Jungs können was. Dem FCA ist dabei einiges gut gelungen im Sommer auf dem Transfermarkt, gerade wenn man sich unterschiedliche Merkmale der Spieler anschaut:

Die Erfahrenen

Der FCA hat Spieler dazu geholt, die dem Kader Substanz geben. Ja, es wurde zuletzt unter anderem im sehr hörenswerten FCA-Spezial des Rasenfunks mit Gast Florian Eisele festgestellt, dass der FCA vielleicht im nächsten Sommer nicht direkt erneut die großen Millioneneinnahmen generieren wird. Dies liegt aber an etwas Positiven: der FCA hat im Sommer auch Erfahrung in den Kader dazu geholt.

Das war 1. bitter notwendig. Mit Demirovic, Dorsch, Uduokhai u.a. sind dem FCA eben auch Spieler abhanden gekommen, die schlicht und einfach auch Matchpraxis auf hohem Niveau mitbringen. Diese Erfahrung sorgt für weniger deutliche Ergebnisse und trägt nun auch in der letzten Phase dazu bei, dass die Mannschaft solider liefert (und zuletzt nicht mal mehr in Wolfsburg verloren hat).

In diese Kategorie fallen die Verpflichtungen von Marius Wolf, Dimitrios Giannoulis und Keven Schlotterbeck. Auch Frank Oneyka fällt in diese Kategorie, auch wenn man Frank the Tank nur für eine Saison ausleihen konnte. Für alle Neuzugänge dieser Kategorie hat man kaum etwas bezahlt. Transfererlöse wären topp, sind aber nicht unbedingt notwendig.

Ergänzung in die Breite

Man konnte im Sommer vortrefflich debattieren, ob der FCA einen neuen Keeper braucht. Als Außenstehendem war einem nicht so klar, wie lange Finn Dahmen verletzt sein würde. Mit Tomas Koubek wäre ich ungern als Vertretung in die Saison gestartet, gerade nach den Partien im Saisonabschluss. Nedi Labrovic war damit vornehmlich ein Luxustransfer, eine Investition in die Breite des Kaders. Aber wie sehr hat sich dieser Transfer jetzt schon ausgezahlt? Labrovic hat sich zum sicheren Rückhalt der Mannschaft gemausert und Finn Dahmen wird sich vorerst schwer tun, den Weg zurück in die Mannschaft zu finden.

Auch Steve Mounié packe ich erstmal in diese Kategorie. Mounié hat mit Sicherheit selbst den Anspruch erfahrene Verstärkung zu sein, und wenn die Stürmerform erstmal kickt, dann kann das noch gut passieren. Die Saison ist lang. Momentan hat Philipp Tietz auch die Nase vorne, weil er emotionaler Leader des Teams und eine Pressingmaschine ist. Aber Mounié wird weitere Chancen zweifellos bekommen.

Frank Onyeka ist seit seiner Ankunft in Augsburg im Dauereinsatz. (Photo by Daniel Kopatsch/Getty Images)

Die X-Faktoren

Was für den FCA in der sommertransferperiode unerlässlich war: offensive Unterschiedsspieler zu finden. Demirovic war an sehr vielen Toren letztes Jahr beteiligt und irgendwer musste da in die Bresche springen. Bisher zeigen zwei Offensivspieler dieses Jahr das Potential dazu, hier absolute Verstärkungen zu sein (und nein, Keven Schlotterbeck ist trotz seiner Tore und Vorlagen keiner davon).

Einerseits ist hier Samuel Essende zu nennen, der definitiv weiß, wo das Tor steht. Essende hat Thorups Vertrauen nach seinem Platzverweis gegen Mainz ein bisschen verloren, aber er hat definitiv das Zeug dazu in der Bundesliga 10+ Tore in einer Saison zu machen. Zu gut sind seine fußballerischen Fähigkeiten, seine Athletik und seine Abschlussqualitäten.

In diese Kategorie fällt definitiv auch Alexis Claude-Maurice. ACM kam ablösefrei aus Frankreich, warum weiß niemand so genau. Nach über 100+ Ligaspielen in der Ligue 1 ist die Bundesliga anscheinend die absolut richtige Bühne für ihn. Er kann einiges mit dem Ball, sich Platz verschaffen, aus der Distanz abschließen und hat den FCA eigenfüßig durch den Oktober gezogen. Wenn das kein Unterschiedsspieler ist, wer dann?

Die Talente

Trotzdem hat der FCA nicht vergessen, auch wieder Talente zu holen. Spieler des Spiels gegen Hoffenheim war nämlich Chrislain Matsima, der aus Monaco zum FCA kam. Der Junge ist halt mal einfach französischer Internationaler und dort durch die Jugendmannschaften gelaufen. Sieht man seine Qualität jetzt schon? Aber hallo. Ich glaube, da hat der FCA einen Volltreffer gelandet. Werden wir lange Spaß an ihm haben? Wahrscheinlich nicht, oder aber nur durch Weiterverkaufsbeteiligungen.

In diese Kategorie fällt auch Yusuf Kabadayi. Der Neuzugang aus der Bayern-Jugend, nach einem Abstecher zu Schalke 04, zeigt auch schon, dass die Bundesliga kein zu großer Sprung für ihn ist und konnte auch schon seinen Torriecher unter Beweis stellen. Er bekommt unter Thorup seine Einsätze – genau wie auch Mert Kömür aus dem eigenen Nachwuchs – und wird uns noch weiter positiv überraschen, wenn er das Trainer-Feedback annimmt und geduldig weiterackert. Auch in ihm sehe ich eine wertvolle Verstärkung.

Noch nicht am Ende

Hatte der FCA einen guten Transfersommer? Diese Frage kann zu diesem Zeitpunkt nur mit ja beantwortet werden. Ich hatte ursprünglich versucht, eine TOP5-Liste der Sommertransfers zu erstellen, bin aber daran gescheitert. Zu viele Verpflichtungen finde ich aus den unterschiedlichsten Gründen gut. Ich mag Matsima, ACM, Essende genau wie Schlotterbeck, Labrovic und Giannoulis. Bei Wolf und Mounié aber auch Kabadayi sehe ich noch einiges an Luft nach oben. Und auch Onyeka ist ein guter Transfer gewesen, auch wenn ich ihn jetzt schon gerne fest beim FCA gesehen hätte.

Bei dem riesigen Umbruch im Sommer war klar, dass die Mannschaft eine gewisse Anlaufzeit braucht, bis sie sich findet. Bis sie Selbstvertrauen tanken konnte. Diese Phase, auch mit hässlichen Auswärtsniederlagen, haben wir hoffentlich hinter uns. Dafür steht das Team aber schon recht solide da, ist in der Bundesliga im Mittelfeld platziert und im Pokal weiterhin dabei.

Darf man dezent Hoffnung auf mehr haben? Warum denn nicht. Einerseits muss man festhalten, dass der FCA zu Hause eine Macht ist. Ja, man hat gegen Mainz und Bremen Punkte liegen lassen, aber diese Dummheit ist Vergangenheit. Das Team hat es wohl geschafft, dass die Gegner momentan ungern nach Augsburg reisen. Es wackeln dann auch wieder Trainerstühle in der Republik. Viele Grüße nach Hoffenheim an dieser Stelle.

Mit den hergeschenkten Heimpunkten läge man momentan knapp hinter den Champions League Rängen. Hätte, wenn und aber. Das Team muss sich nun nicht unendlich verbessern, um diese Saison noch für die ein oder andere zusätzliche Überraschung zu sorgen. Thorup hat zuletzt die richtigen Hebel gefunden, in dem er die Defensive gestärkt hat. Wenn jetzt wieder ein Hauch mehr Offensive zurück in den Gameplan findet, dann ist mit dem FCA zu rechnen. Ja, zwischendurch hat der große Umbruch für dezent Sorgenfalten gesorgt. Momentan ist die Richtung für mich klar erkennbar, und wenn der FCA die Länderspielpause nun gut zu nutzen weiß, dann werden wir in den nächsten Monaten noch den ein oder anderen Gegner kalt erwischen.

Transferwünsche

Das erste Spiel der neuen Saison ist gespielt und der FCA hat sich in der Bundesliga einen Punkt zu Hause gegen den SV Werder Bremen gesichert. Neben der Arbeit auf den Trainingsplätzen an der wwk Arena gilt es in dieser Woche allerdings auch abseits des Platzes noch viel zu erledigen. Betroffen hiervon sind vor allem Marinko Jurendic und Michael Ströll, die die letzten Tage der Transferperiode noch für letzte Transfers nutzen sollten. Der Abgang von Felix Uduokhai ist zwar vom FCA noch nicht kommuniziert worden, wird allerdings wohl mit großer Sicherheit stattfinden und Uduokhai sich Besiktas Istanbul anschließen. Abseits davon haben wir euch jeweils zwei Zu- und Abgänge zusammengestellt, die wir als sinnvoll erachten.

Zugänge

(Andi) Ich wünsche mir einen neuen Flügelspieler für den FCA. Zwar ist in Thorups Spielsystem kein Platz für diese Position. Trotzdem glaube ich, dass es dem Augsburger Spiel gut täte, variabel zu sein.

Um auch im 4-2-2-2 zu funktionieren, sollte der FCA einen Flügelspieler holen, der auch auf der 10 agieren kann. Vom Spielerprofil in etwa so wie Ruben Vargas, der ja immer noch wechseln könnte. Ich denke an Jacob Bruun Larsen, der aktuell wieder in Hoffenheim spielt. Der 25-Jährige kann sowohl außen als auch zentral spielen und war zuletzt mehrmals verliehen, vergangene Saison nach Burnley (36 Spiele, 7 Tore). Ob er sich in Hoffenheim durchsetzen kann, ist fraglich. Könnte er das in Augsburg? Als Däne dürfte er sich mit Thorup gut verstehen.

Jacob Bruun Larsen im Einsatz für die TSG Hoffenheim bei der Saisoneröffnung. Hat er in Hoffenheim eine Perspektive? (Photo by Helge Prang/Getty Images)

(Andy) Ich sehe weiterhin die Gefahr, dass die Qualität ganz vorne nicht ausreicht. Ermedin Demirovic war letzte Saison in der Lage, aus dem nichts Tore zu fabrizieren. Mounié war auf seiner letzten Station nicht der Goalgetter, Samuel Essende muss auch erst einmal konstant Leistungen liefern.

Ich würde mir wünschen der FCA holt für den Sturm eine etablierte Kraft, die schon bewiesen hat, dass sie Tore schießen. Der Wunschstürmer sollte mitspielen können und offensiv variabel sein. Klar, solche Spieler will grundsätzlich erstmal jeder haben und es gibt davon nicht genug. Da muss man dann gerade so kurz vor Transferende kreativ werden und einen Namen aus dem Hut zaubern, der uns allen nicht so viel sagt. Wie wäre es denn mit Neal Maupay von Everton?

Abgänge

(Andi) Auf der Abgangsseite denke ich, dass die Zeit von Masaya Okugawa in Augsburg vorbei ist. Der Japaner konnte sich leider nie wirklich in Augsburg durchsetzen. Auch, weil er – so wie jetzt – verletzt war. Schade, ich hatte mir viel von ihm erhofft, als er vergangenes Jahr von Bielefeld nach Schwaben gewechselt war. Das immerhin ablösefrei, sodass der FCA womöglich sogar noch etwas Gewinn machen könnte.

Am Samstag war Arne Engels noch für den FCA aktiv. Bleibt das so? (Photo by Carsten Harz/Getty Images)

(Andy) An dieser Stelle mache ich mich vielleicht unbeliebt, aber ich hätte nichts dagegen, wenn der Wechsel von Arne Engels zu Celtic Glasgow für 10-15 Millionen Euro über die Bühne gehen würde. Einerseits glaube ich, dass Engels viel Potential hat. Die akute Frage ist allerdings, wie schnell er es vollständig abrufen kann. Es kann gut sein, dass er unter Jess Thorup wieder nicht so zum Zug kommt, wie er sich das vorstellt. Zudem könnte es gut sein, dass er dann nicht immer nur glänzt, gerade weil er ja immer wieder von einer Position auf die nächste geschoben wird.

Der FCA wurde immer wieder gerügt, dass er bei Spielern den richtigen Zeitpunkt verpasst hätte, sie gehen zu lassen. Wenn nun Arne Engels, den der FCA selbst für einen Apfel und ein Ei verpflichtet hat, nach Glasgow abgeben und zudem einen zweistelligen Millionengewinn mitnehmen würde, dann wäre das ein gr0ßer Erfolg und könnte fehlende Transfereinnahmen bei Ruben Vargas kompensieren, den man dann die Saison halten könnte. Sportlich wie finanziell wäre das ein Gewinn.

Ausblick

Gerade Marinko Jurendic wird nicht langweilig werden. Er hat in der kommenden Woche noch einiges zu tun. Einerseits gibt es neben Vargas, Engels und Okugawa auch noch andere Kandidaten für einen kurzfristigen Abschied. Andererseits sollte der FCA wie ein Adler nach Zugängen suchen, die sportlich sofort helfen können und die Mannschaft in der Spitze verstärken. Es wird in diesen Tagen über Florian Neuhaus gemunkelt, der die Zentrale verstärken könnte.

Insgesamt erwarte ich noch mindestens 3 Transfers, wobei es für den FCA besser wäre, vielleicht sogar 5-6 Geschäfte in der letzten Woche abzuschließen, denn auch die Uduokhai-Lücke in der Verteidigung sollte geschlossen werden, damit die 3er Kette eine ernsthafte Alternative bleibt. In Summe tippe ich somit auf Abgänge von Uduokhai, Vargas/Engels und X, als auch auf Zugänge von Neuhaus, einem IV-Ersatz und X. Neben den drei Punkten am Sonntag gegen Heidenheim braucht es dann erstmal Zeit für die Mannschaft, um sich in der Länderspielpause zu finden.

Hat sich viel verändert?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette” bei presse-augsburg.de. 

In knapp einer Woche startet der FCA in Berlin im Pokal in die neue Saison. Kommt da Vorfreude auf? Anscheinend schon. Fans besuchten zuhauf das Freundschaftsspiel gegen Leicester in Kempten, beim Familientag gibt es lange Schlangen für Autogramme. Die neuen Trikots erfahren prinzipiell positiven Zuspruch, das Römer-Trikot geht durch die Decke, und auch der Dauerkartenverkauf zeigt weniger verfügbare Tickets als noch im Vorjahr. Dazu kommt, dass der FCA mit einigen Sponsoren neu abschließen oder verlängern konnte. Es sind kaum Gründe vorhanden, Trübsal zu blasen. Wie viel Euphorie ist dennoch berechtigt?

Tore, Tore, Tore

Am Ende sind es Tore, die in allen Ligen für Punkte sorgen werden. Mit Ermedin Demirovic hat der FCA seinen besten Offensivspieler abgegeben. Ob Mounié und Essende adäquater Ersatz sind, wird sich erst noch zeigen. Wenig förderlich ist zu diesem Zeitpunkt auch die ungeklärte Zukunft von Ruben Vargas, der sich den nächsten Schritt und einen Abgang vom FCA gut vorstellen kann, wofür es aber noch ein adäquates Angebot bräuchte – und evtl. dann auch weiteren offensiven Ersatz.

Was in diesem Zusammenhang im Vergleich zur Vorsaison auch flöten geht: die Chemie zwischen Tietz, Vargas und Demirovic. Die drei konnten einfach gut miteinander, hatten sich dazu entschlossen, miteinander die Gegner vor Probleme zu stellen. Auch diese Chemie zwischen den neuen Kollegen wird Zeit benötigen, bis sie wieder vorhanden ist. Sie wird allerdings notwendig sein, um für den FCA für genüg Tore zur sorgen.

Negative Vibes

Der FCA nimmt aus der alten Saison auch eine schlechte Serie mit. Zum Ende der Saison hat er fünfmal verloren. Teilweise hat er auch sehr schlecht gespielt, obwohl es gegen Leverkusen, die schon sicher Meister waren, am letzten Spieltag nicht die befürchtete Katastrophe gab. Dies führt nun nicht dazu, dass der FCA in das neue Jahr geht und auf die eigene Stärke vertrauen kann. Das Selbstbewusstsein ist sich mühevoll neu zu erarbeiten.

Dazu kommt, dass der FCA momentan im Kader schon noch ein paar Spieler hat, die mit ihrer jetzigen Situation nicht zufrieden sind. Irvin Cardona darf sich seit kurzem leihweise für Espanyol Barcelona betätigen und so ist zumindest diese Personalie gelöst. Er war mit seinen Abwanderungsgedanken aber nicht alleine. Zudem suchen Felix Uduokhai und Ruben Vargas nach neuen Herausforderungen. Die Frage ist mal wieder, ob sie sie finden. Für den FCA wird es wichtig sein für die Abgänge den Weg zu ebnen, um einerseits Ruhe zu schaffen und Ressourcen für Zugänge zu generieren.

Auf der Suche nach dem richtigen System

Und während man dann die Testspiele verfolgt, fragt man sich, in welchem System Jess Thorup seine Elf antreten lassen will. Einerseits wirkt das nach vorne, aus den oben genannten Gründen, immer noch nicht abgestimmt. Aber auch hinten kommt zumindest für den ein oder anderen Fan immer noch zu viel Unruhe auf. Dies liegt an Jess Thorups Hartnäckigkeit immer wieder eine 3er Kette aufzubieten.

Auf der Suche nach Lösungen: Ob es wieder so gut gelingt wie in manchen Phasen der letzten Saison? (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Warum diese 3er Kette nicht funktioniert? Es mag am Personal liegen. Jess ist auch in der personellen Besetzung wieder zu Jeffrey Gouweleeuw zurückgekehrt, der in seiner Karriere ein klassischer Innenverteidiger in einer 4er Kette war. Er wird als Kapitän nun noch mehr gesetzt sein, als sowieso vermutet. Auch Felix Uduokhai hat eine Präferenz zur 4er Kette geäußert. Patric Pfeiffer, eher geeignet für die zentrale 3er Ketten Position, kam bisher nicht überzeugend zum Zug und auch bei ihn wurde von Abwanderungsgedanken geschrieben. Es wird an Jess liegen, hieraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und entweder zu zeigen, dass die 3er Kette funktioniert oder endlich komplett davon abzulassen.

Die Wahrheit liegt auf dem Platz

Und so kommt rund um den FC Augsburg momentan noch nicht die große Euphorie über die sportliche Entwicklung auf. Dies liegt dann nicht nur daran, dass weiterhin – wie zu diesem Zeitpunkt üblich – am Kader gebastelt wird. Nein, es stellt sich auch die Frage, ob sich der FCA überhaupt verstärkt hat mit Blick auf die kommende Saison und dem qualitativ großen Abgang von Ermedin Demirovic.

Dazu kommt, dass Jess Thorup für sein Personal nach dem richtigen System sucht. Und spätestens an dieser Stelle, fragt man sich, ob sich vor dieser Saison so viel geändert hat im Vergleich zu davor, außer dass es mit dem ein oder anderen Neuzugang vergleichsweise früher geklappt hat (zum gleichen Zeitpunkt suchte man letztes Jahr noch einen Rechtsverteidiger). Enno Maaßen hat auch nach den richtigen Ansätzen gesucht (und sie leider nicht gefunden).

Wer Spannung mag, kommt damit mal wieder voll auf seine Kosten. Sportlich wird der FCA zeigen müssen, dass es besser läuft als im letzten Jahr und nach 5 Spieltagen in der Bundesliga werden wir alle mehr wissen. Alleine, die Wahrscheinlichkeit, dass Jess Thorup nach diesen immer noch Trainer ist, ist in dieser Saison wohl höher.

Viel Bewegung

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Der FC Augsburg stand bis vor kurzem bei vielen Augsburger Fußballfans kurzfristig nur an zweiter Stelle, zumindest so lange wie die Deutsche Nationalmannschaft an der EM teilnahm. Nach dem Ausscheiden der Nagelsmann-Truppe aus dem Turnier geht zumindest bei mir der Fokus klar Richtung Saisonvorbereitung des FCA.

Vier Wochen war Jess Thorup nach eigener Aussage im Urlaub. Derweil war der FCA ganz und gar nicht untätig. Ich habe vor kurzem einen Zwischenstand der Transferaktivitäten veröffentlicht. Seitdem ist schon wieder einiges passiert. Der FCA war zwar in der letzten Saison erfolgreich mit der 3. besten Bundesligasaison der Vereinsgeschichte und Platz 11. Dafür gibt es sehr viele Personalbewegungen in unterschiedlichen Bereichen und die ein oder andere organisatorische Neuerung. Kurz vor Start des Trainingslagers will ich einmal grob aufzeigen, was sich getan hat:

Transfers, Transfers, Transfers

Der FCA hat schon fett auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Neben den Leihrückkehrern gehören dem Team in der kommenden Saison fest an: Kristijan Jakic, Samuel Essende, Keven Schlotterbeck, Nediljko Labrovic, Yusuf Kabadayi und Steve Mounié. Ob sich in der kommenden Saison in der ersten Elf etwas tun wird? Mit Sicherheit. Auf welchen Positionen? Wir werden sehen.

Auf der Abgangsseite stehen mittlerweile Sven Michel, Iago und Tomas Koubek neben den bisher abgeschlossenen zwei Leihen von Lasse Günther und Marcel Lubik.

Insgesamt ist das schon sehr früh in der Transferperiode sehr viel Bewegung im Kader und gerade jetzt zum Trainingsstart eine große Truppe, die sich in der kommenden Woche auf den Weg in Trainingslager machen wird.

Das Trainingslager in Südafrika

Für die Trainer steht in Südafrika der Sport im Fokus. Für Manager Michael Ströll geht es aber auch darum, sich daran zu beteiligen, die Bundesliga im Ausland zu vermarkten. Im Podcast „Viererkette“ der Augsburger Allgemeine hat er auch erklärt, dass der FCA für das Trainingslager in Südafrika keine Kosten zu tragen hat. Es geht also um mehr als nur um das Sportliche.

Für die Mannschaft und einzelne Spieler wird das Trainingslager auch zu Komplikationen führen. Sollte ein Spieler im Zeitraum des Trainingslagers den Club verlassen, so muss er dann aus Südafrika zu seiner neuen Tätigkeitsstätte reisen. Sollte ein Spieler dazu stoßen wollen, wird es komplexer als nur mit dem Auto nach Österreich zu fahren. Es ist wohl gerade deshalb verständlich, warum der FCA versucht hat, möglichst viele Transfers früh unter Dach und Fach zu bringen. Ganz vermeiden werden sich die logistischen Schwierigkeiten im Laufe des Trainingslagers aber trotzdem nicht lassen.

Mal schauen, wie lange es dauert, bis die Abläufe wieder sitzen. Vielleicht länger als uns lieb ist. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Trainerteam

Zumindest das Trainerteam für die nächste Saison sollte aber mittlerweile stehen. Und während Jess Thorup im Urlaub war, gab es auch hier viel Bewegung. Mit Jonas Scheuermann hat sich der langjährigste Co-Trainer des FCA für eine neue Herausforderung in der Premier League entschieden. Die vakante Position wird Lars Knudsen ausfüllen, den Thorup letztes Jahr als Standardtrainer dazu geholt hat. Wer nun – auf Grund des nicht gerade üppigen Erfolgs im Standardbereich – gehofft hätte, das er dieses Thema abgibt: dem ist nicht so. Um die Standards kümmert sich Knudsen weiterhin zusätzlich. Mit Scheuermann geht ein emotionaler Leader im Trainerteam und jemand, der über viele Jahre seinen Beitrag geleistet hat. Viel Glück Dir, Jones!

Dazu war ja schon länger klar, dass man mit Torwarttrainer Marco Kostmann nicht verlängert. Hier kommt Marco Langer dazu, der zwar schon bei einigen Bundesligisten gearbeitet hat, aber eben zuletzt auch nicht mehr. Er darf sich nun selbst ein Bild der Keeper machen, bei denen Finn Dahmen die einzige Konstante ist. Und gerade der wird bis Anfang August ausfallen. Die Gemengelage im Tor ist offener denn je.

Konkurrenzkampf und gewünschte Abgänge

Die Kämpfe um die Plätze in Südafrika und auch danach in der Vorbereitung könnten auch neben dem Tor hochspannend werden. Der Konkurrenzkampf auf allen Positionen ist eröffnet. Entweder weil man sich – wie im Tor – bewusst dazu entschieden hat. Oder, weil Leistungsträger den Club verlassen haben (Iago) oder noch verlassen werden (Uduokhai, Demirovic, Vargas).

Gerade bzgl. der Spieler, die den FCA noch verlassen wollen, könnte Unruhe aufkommen. Wie lange will Ermedin Demirovic warten, bis er Sicherheit über seinen neuen Arbeitgeber hat? Kommt Ruben Vargas nach der EM überhaupt zum FCA zurück? Und wie geht die Situation aus, wenn Felix Uduokhai seine Wünsche auf dem Transfermarkt erneut schwinden sieht und der FCA auf einmal sehr üppig auf der Position der Innenverteidiger aufgestellt ist? Fragen über Fragen, die Marinko Jurendic und Team möglichst zeitnah zu klären haben.

Funktioniert es gleich?

Dafür, dass er FCA eine vergleichsweise sehr gute Saison gespielt hat, geht es doch recht bunt zu. Nächste Woche macht sich der FCA mit einem neu-formierten Trainer- und Funktionsteam, auf zu einem neuen Trainingslager-Ort und nimmt viele neue Spieler mit. Kann man sich immer aussuchen, wie viel Wechsel in einem Sommer passieren? Nein. Ist das vielleicht sehr viel Bewegung? Ja.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Dinge und Abläufe beim FCA in diesem Sommer mehr Zeit brauchen, als man sich von außen wünschen würde. Ich bin gespannt, wie schnell die Abläufe funktionieren und sich auf und neben dem Feld die Teams finden und der Zusammenhalt wächst. Für den Moment bin ich zwar optimistisch, aber auch verhalten. Mal schauen, welche Überraschungen der FCA in diesem Sommer noch für uns bereithält.

Wie soll es werden?

Hätte, wenn und aber. Im Nachhinein sind immer alle schlauer. Man mag sich fragen, welche Pläne der FC Augsburg sportlich für die kommende Saison hat. Heute spielen wir „Wünsch Dir was“ basierend auf folgendem Ausgangsszenario: Der FC Augsburg hat unter Jess Thorup eine respektable Saison gespielt. Thorup hat zuvorderst Erfolg gehabt, als er mit Viererkette und Raute hat spielen lassen. Im Schlussabschnitt der Saison hat er leidlich versucht eine Dreierkette auf den Rasen zu zaubern und es ist kläglich misslungen. Defensiv ging die Stabilität mal wieder verloren und offensiv war der FCA zu harmlos. Auf Grund der erfolgreichen Saison werden Ermedin Demirovic, Ruben Vargas und Felix Uduokhai voraussichtlich den Club verlassen. Ihr seid für den sportlichen Bereich der Augsburger verantwortlich und müsst euch entscheiden: Welche sportliche Ausrichtung (3er Kette / 4er Kette / etc.) strebt ihr in der kommenden Saison an und welche 3 Spieler verpflichtet ihr hierfür?

Ich habe mir die Mühe gemacht und neben meiner eigenen Meinung auch drei ausgewiesene Experten zu diesem Thema befragt, bevor es in der kommenden Woche für den FCA in die Saisonvorbereitung geht, und die Antworten nun einmal gebündelt zusammengestellt. Viel Spaß beim Lesen!

Jakob Kort (zirbelnews):

Basierend auf den Erkenntnissen der vergangenen Saison habe ich den Entschluss gefasst, den Kader nicht ausschließlich auf die hauptsächlich verwendete Raute anzupassen. Stattdessen hat aus meiner Sicht insbesondere der Saisonendspurt offenbart, dass man sich in puncto taktischer Grundausrichtung variabler aufstellen sollte. Ich plane deshalb mit einem 4-2-3-1 mit Hängender Spitze. Die drohende Demirović-Lücke hätte ich am liebsten mit Armindo Sieb geschlossen, der jedoch leider unmittelbar vor einem Wechsel zu Mainz 05 steht. Als Alternative fände ich Meschack Elia von Young Boys Bern spannend, wenngleich dieser wohl weitaus teurer wäre.

Noch offensichtlicher ist der Bedarf an neuen Außenverteidigern – die Betonung liegt hierbei auf dem Plural. Sowohl links als auch rechts hinten muss der FCA dringend nachlegen. Meine Wahl fällt in diesem Fall auf Killian Sardella vom RSC Anderlecht. Dort ist der 22-jährige, beidseitig einsetzbare Außenverteidiger absoluter Stammspieler und besitzt noch ein Jahr Restvertrag.

Ich schließe die Liste mit einem offensiven Flügelspieler ab. Um die große Auswahl dabei zumindest etwas einzuschränken, fokussiere ich mich hierbei auf Jan-Niklas Beste von Heidenheim. Der Vertrag des 25-jährigen Standardspezialisten läuft nächstes Jahr aus, finanziell dürfte der FCA reizvoller als der FCH sein. Ein Schnäppchen wäre Beste keineswegs, vom Spielertyp passt er jedoch perfekt ins System. Wie gut das Zusammenspiel mit großen Mittelstürmern wie Tietz, Essendé (oder Mounié) funktionieren könnte, ließ sich am Beispiel von Kleindienst eindrucksvoll erkennen.

Florian (Augsburger Allgemeine):

Die Frage, ob der FC Augsburg in Vierer- oder Dreierkette antreten soll, stellt sich meines Erachtens nicht so richtig. Viererkette isses – und das nicht nur, weil es dazu einen recht passablen FCA-Podcast gibt. Tatsächlich war Rot-Grün-Weiß in der jüngeren Vergangenheit aber immer dann am besten, wenn der jeweilige Trainer auf das Modell der zwei Innen- und zwei Außenverteidiger gesetzt hatte. Eine Dreier- beziehungsweise Fünferkette geriet dann recht schnell recht destruktiv, weil aus dem geschröpften Mittelfeld dann auch nicht mehr die großen Impulse kamen.

Diese Abwehrreihe muss aber mit Leben gefüllt werden – soll heißen: mit den richtigen Spielern. Der Transfer von Keven Schlotterbeck ist der Vorgriff auf den Abgang von Felix Uduokhai gewesen und könnte ein richtiger guter Griff gewesen sein. Kollegen, die den VfL Bochum begleiten, haben mir erzählt, dass die Enttäuschung über dessen Abgang beim alten Klub ganz schön groß war. Stichwort: emotional leader.

Bleibt der Wunsch nach zwei offensivstarken Außenverteidigern. Denn eine Konstante aus FCA-Sicht seit der Bundesligazugehörigkeit lautet: Hat Augsburg gute Außen, läuft es. Das war zu Zeiten von Verhaegh so – und das war bei Baba, Max oder zuletzt bei Mbabu nicht anders. Weil mit Iago der vielleicht am häufigsten unterschätzte Spieler der vergangenen Jahre weg ist, gibt es auf beiden Seiten hohen Handlungsbedarf. Wenn ich mir was wünschen könnte, würde ich für die linke Seite Tom Rothe holen. Der war in der vergangenen Saison bei Holstein Kiel der beste Außenverteidiger der zweiten Liga, ist erst 19 Jahre alt und gehört eigentlich Dortmund. Ist also kein klassischer Geheimtipp und nicht gerade billig. Gerne auch den zuletzt ausgeliehenen Mbabu halten – auch nicht kostengünstig, ich weiß.

Aber hey, Demirovic und Vargas spülen ja Geld in die Kassen. Stichwort Demi: Dessen Abgang wiegt schwer, sportlich wie menschlich. Gerne dafür einen Glatzel vom HSV, aber auch einen Spieler mit ähnlich ausgeprägtem Sozialverhalten noch bitte holen. Aus emotionaler Sicht wünsche ich mir seit Jahren eine Rückkehr des gebürtigen Augsburgers Gabriel Vidovic. Der steht bei den Bayern unter Vertrag, wird seit Jahren nur verliehen, ist im dortigen Starensemble ohne Chance und hat es in der vergangenen Saison in Zagreb gut gemacht. Deswegen: come home, Gabriel!

WOLFSBURG, GERMANY – MAY 14: Gabriel Vidovic of Bayern Munich in action during the Bundesliga match between VfL Wolfsburg and FC Bayern München at Volkswagen Arena on May 14, 2022 in Wolfsburg, Germany. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Tom Scharnagl (a.tv):

Stabilisierung. Das war nach dem Auf- und Ab unter Enno Maaßen das Gebot der Stunde. Jess Thorup hat genau das geliefert. Mit klaren Anweisungen hat er der Mannschaft Sicherheit gegeben, Laufwege führten (endlich) zu Ergebnissen. Und es scheint, als ginge es darum immer häufiger. Die meisten Mannschaften laufen viel, die Guten laufen noch dazu effizient und perfekt abgestimmt. Die technische Qualität im Kader lässt sich für mich im Moment nicht wirklich vorhersagen, zu unsicher ist der Verbleib prägender Spieler wie Engels, Vargas oder Demirovic. Ohnehin  wird aber auch in der kommenden Saison beim FCA vieles im athletischen Bereich entschieden. Zweikämpfe, Tempo, Laufbereitschaft – daran führt in Augsburg nichts vorbei.

Die taktische Grundordnung ist für mich da eigentlich eher weniger entscheidend, aber für eine 3-er Kette braucht es dominante Schienenspieler, die athletisch, technisch und taktisch hohes Bundesliga-Niveau haben. Das sehe ich derzeit nicht, deshalb wäre die 4-er Kette mein Favorit. Schlüsselpositionen bleiben für mich die Außenverteidiger und das Sturm-Zentrum. Vorne braucht es in dieser Liga Wucht und Cleverness, auf den (defensiven) Außen ist Tempo, Zweikampfhärte und Passqualität gefragt. Kreativität und Nervenstärke hingegen braucht es auf dem Transfermarkt. Es scheint ein größerer Umbruch im Kader zu werden. Jess Thorups Stabilisierungsqualitäten könnten erneut sehr gefordert sein.

Andy (Rosenau Gazette):

Warum sollte man etwas ändern, was gut funktioniert hat? Ich habe es schon am Ende der letzten Saison nicht verstanden, warum Jess Thorup die 4er Kette eingemottet hatte und ich verstehe es auch weiterhin nicht. Eine 3er Kette hat in Augsburg nicht mehr funktioniert seit Rainer Hörgl. Und manch eine(r) wird jetzt googeln müssen, wer das war. In der Innenverteidigung ist man da schon topp aufgestellt und für die Viererkette wird es nun wichtig werden, auf beiden Außenverteidigerpositionen nachzulegen und Spieler zu verpflichten, die eindeutig Bundesligaqualität haben.

Wenn man dann nach vorne schaut, dann sollte der FCA nicht zu verkopft an die Sache heran gehen. Im Mittelfeld bin ich dann gerne bereit, Variabilität zuzugestehen. Ich glaube allerdings prinzipiell, dass der FCA mit zwei Stürmern spielen will, wovon einer mit Tietz oder Essende Zielspieler wird und Räume als auch Ablagen für einen Demirovic-Nachfolger schaffen soll. Und hier gilt es zu klotzen und nicht zu kleckern. Der FCA muss jemand verpflichten, der schon in einer großen Liga und in einem ähnlichen Setup seine Treffsicherheit unter Beweis gestellt hat.

Am Ende sorgen dann die neuen Außenverteidiger mit für die defensive Stabilität und unser neuer Topscorer schießt uns nach Europa. Der FCA spielt dabei hauptsächlich in einem 4-1-3-2 System.

Unvollendet


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Das Ende der Saison des FC Augsburg hinterlässt eine gewisse Leere. Es fällt schwer diese Saison, die im sportlichen Niemandsland der Tabelle endete, einzuordnen. Einerseits ist es sportlich die ordentlichste Saison seit dem Einzug in die Europa League, andererseits stehen im Schlussspurt 5 Niederlagen in 5 Spielen zu Buche. Für die Macher des FC Augsburg bleibt einiges zu tun. Auf der Saison kann man dennoch aufbauen und zwar in Bezug auf folgende Punkte:

Entscheidungsfindung

Der FCA hat Mut bewiesen, indem er als erster Club in der abgelaufenen Saison Enno Maaßen vor die Tür gesetzt hat. Nicht nur war dies die richtige Entscheidung, sondern auch die Profilerstellung und das Matching mit Jess Thorup ist sehr gut gelungen und hat dazu geführt, dass sportlich die Wende herbeigeführt wurde.

Die Entscheidung für Jess Thorup war dabei aus unterschiedlichen Gründen heraus sehr gut. Einerseits kann er mit seiner Seniorität und mit seiner ruhigen, zugänglichen Art besser auf die Mannschaft einwirken. Andererseits wurden auch sportlich die richtigen Schlüsse gezogen, indem wieder mehr auf Raumdeckung und Viererkette gesetzt wurde. Insgesamt sehr gelungen.

Was passiert, wenn Jess Thorup eine Sommervorbereitung mit seiner Mannschaft arbeiten kann? Potential ist noch vorhanden. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Die Augsburger Werte

Und trotzdem könnte man sich nun lange über den Saisonabschluss beschweren, mit dem ergebnisschwachen Ausklang. Auch das tut in Augsburg niemand offensiv. Ja, es war auch das ein oder andere Gurkenspiel dabei, z.B. gegen Bremen. Was aber am Ende auch mit in die Beurteilung einfließt, ist das „Wie“ der Niederlagen am Ende.

Stuttgart und Leverkusen waren schlicht zu große Brocken für den FCA. Dennoch hat man die Möglichkeiten der Mannschaft in den letzten Spielen gesehen und auch, wie sie die Augsburger Werte auf den Rasen gebracht hat. Es wurde dem Gegner kein Zentimeter freiwillig überlassen. Die Mannschaft hat sich eben nicht zum Saisonausklang abschießen lassen, wie das vor Jahren gegen Wolfsburg oder in der letzten Saison in Gladbach der Fall war. Auch hier ein Schritt nach vorne (obwohl aus den Niederlagen trotzdem die richtigen Schlüsse zu ziehen sind).

Der Nachwuchs

Lange habe ich mit dieser Saison auch deswegen gehadert, weil ich mir mehr Einbindung der eigenen Jugendspieler versprochen hatte. Enno Maaßen wurde auch deswegen geholt und auch Jess Thorup wurde ein entsprechendes Händchen unterstellt. Dennoch war in dieser Hinsicht lange nichts zu sehen.

Kömür macht die Bude: zwischendurch hätte man das diese Saison nicht mehr geglaubt. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Auch dies hat sich zum Ende der Saison gedreht. Mert Kömür hat nicht nur Minuten bekommen, sondern am letzten Spieltag auch den Vorzug vor Pep Biel und durfte erstmalig in der Startelf ran. Für den Youngster war der Saisonendspurt unendlich wertvoll und er konnte mit seinem Tor in Leverkusen zeigen, über welche Anlagen er verfügt. Dazu kommt das Debüt von Mahmut Kücüksahin, das an dieser Stelle die Kirsche auf der Sahne ist. Die Augsburger Investitionen in das Nachwuchsleistungszentrum verpuffen anscheinend nicht komplett.

Hoffnungen für die neue Saison

Und während der FCA weiterhin keine Transfers für die kommende Saison verkündet hat, gibt es somit dennoch viele Gründe, warum man als FCA-Fan schon jetzt viel Hoffnung auf einen weiteren Schritt nach vorne haben sollte. Zum ersten sind Thorup und Jurendic zum ersten Mal in einer Sommertransferperiode zusammen an Bord und können Impulse geben und zusammen mit Michael Ströll Entscheidungen treffen. Zum zweiten hat Jess Thorup dann auch mit seiner Mannschaft in der Vorbereitung die Möglichkeit an spieltaktischen Elementen zu arbeiten, die während der Saison nicht vollends zur Zufriedenheit einstudiert werden konnten. Zum dritten ist der Startpunkt besser als im Jahr davor. Da darf man sich doch wohl einmal fragen, wie hoch man die Latte für diesen FCA im kommenden Jahr realistisch legen darf?

Selbstverständlichkeiten

Es ist doch eine ungewohnte Situation für den FC Augsburg. Seit vielen Jahren wird man zum Ende einer Saison nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben. 35 Punkte nach 26 Spielen sind toll, um sich in der Länderspielpause nun auch mit der Planung für die kommende Saison zu beschäftigen. In dieser Sommerpause wird es zu unvermeidlichen Transfers kommen, mit denen ich mich nachfolgend beschäftigen werde. Bei allen Personalien gehe ich vom heutigen Stand aus, zu dem die Spieler fit und einsatzbereit sind. Alle möglichen Wechsel sind auch davon abhängig, dass keine unvorhergesehen Entwicklungen eintreten. Mögen alle Genannten fit und gesund bleiben.

Ermedin Demirovic

Es ist unausweichlich. Demirovic wird dem FCA nicht nur gegen Köln gelb-gesperrt fehlen, sondern auch in der kommenden Saison nicht mehr im FCA-Trikot auflaufen. Demirovic ist zu gut. Er wird Angebote bekommen, die sportlich einen Schritt nach vorne für ihn bedeuten und für den FCA einen neuen Rekord-Transfer.

Glaub ihr nicht? Naja, zuletzt hat man gerüchteweise von einem Interesse des FC Bayern München gelesen. Das Highlight-Reel von Demi ist so gut, dass sich jemand in seine Spielweise verlieben und ihn verpflichten wollen wird. Und das zu außerordentlichen Konditionen.

Kristijan Jakic

Bei der Frankfurter Eintracht war Jakic in der Vorrunde auf dem Abstellgleis gelandet. Beim FCA war er vom Start weg direkt Leistungsträger. Der FCA wird im Falle von Jakic die vorhandene Kaufoption ziehen und Jakic fest verpflichten, nicht nur wegen seiner zuletzt zwei Treffer gegen Wolfsburg.

Für den FCA mit Sicherheit ein No-Brainer. Jakic ist fester Baustein in Jess Thorups Rückrundenelf auf der 6er Position, der FCA hat die Entscheidung selbst in der Hand und die verhandelten Konditionen (ca. 5 Mio EUR für den Kauf) erscheinen solide bzw. immer mehr wie ein echtes Schnäppchen.

Felix Uduokhai würde der Club wahrscheinlich immer noch gerne längerfristig binden, dennoch steht wohl im Sommer sein Abgang an. (Photo by MICHAELA STACHE/AFP via Getty Images)

Felix Uduokhai

Auch bei Felix Uduokhai sind die Weichen eindeutig gestellt. Felix wollte im letzten Sommer schon gehen, hat aber nicht den richtigen Verein für sich gefunden und seinen Vertrag in Augsburg um 1 Jahr verlängert. In der Innenverteidigung ist er neben Jeffrey Gouweleeuw gesetzt und spielt eine bockstarke Runde.

Felix hat in Interviews klar gesagt, dass er selbst den Schritt ins Ausland wagen will, um für sich selbst diese Lebenserfahrung zu machen. Auch für ihn wird es Angebote im Sommer geben und er wird den Verein wohl verlassen, sollte ein passendes Angebot dabei sein, wovon ich Stand heute ausgehen würde.

Ruben Vargas

Auch Ruben Vargas stand schon kurz vor einem Wechsel. Im Winter wäre er fast nach Florenz gegangen. Dann hat er sich doch entschieden, in der Rückrunde noch in Augsburg zu bleiben. Er ist eng mit Ermedin Demirovic und die beiden haben sich mit Sicherheit für die Rückrunde einiges vorgenommen. Bisher geht die Rechnung auf.

Vargas wird zudem bei der EM spielen und kann sich dort zeigen. Sein Vertrag in Augsburg läuft noch bis 2025 und wurde bisher nicht verlängert. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch er den nächsten Schritt im Sommer gehen will und der FCA muss ihn nun im Sommer ziehen lassen, um noch eine ordentliche Ablöse zu generieren. Stand jetzt, würde ich erwarten, dass er im Sommer Augsburg verlässt.

Die Aufgabe des Vereins

Man könnte vermuten, dass Michael Ströll und Marinko Jurendic in der Sonne auf der Dachterrasse der Geschäftsstelle sitzen, und die solide sportliche Situation des FCA genießen. Für den Espresso zwischendurch mag das auch gelten. Derweil sind sie wohl schon mitten drin, die Weichen für die kommende Saison zu stellen. Nachdem auch Iago den Verein, ablösefrei nach Brasilien, verlassen wird, müssen die Verantwortlichen beim FCA mindestens 4 Stammspieler ersetzen und dabei wird es wohl nicht bleiben.

Die Situation hat nun – im Vergleich zu den Vorjahren – einen großen Vorteil. Mit Spielern anderer Vereine, deren Verträge auslaufen, darf schon verhandelt werden. Der FCA weiß jetzt schon über seine Ligazugehörigkeit in der nächsten Saison Bescheid. Er kennt auch schon sicher seinen Trainer. Und Spieler anderer Teams, deren Hoffnungen sich dort nicht erfüllt haben, sollten daran interessiert sein, sich dieser positiven Bewegung in Augsburg anzuschließen. Man kann nun seit langem mal wieder vor der Konkurrenz seine Argumente präsentieren und Spieler vom Augsburger Weg überzeugen. Möge die obige Liste um den ein oder anderen früh feststehenden Neuzugang bald ergänzt werden. Auf geht’s FCA!

Nachholbedarf bei der Kaderplanung

Im Nachhinein ist man immer schlauer. Letzten Winter hatte der FC Augsburg recht viele Neuzugänge auf der Spielerseite. Cardona, Mbuku, Beljo und Colina kamen unter anderem um für Optionen offensiv zu sorgen. Im Sommer kehrte Freddy Winther von einer Leihe zurück, dazu stießen Patric Pfeiffer und später Japhet Tanganga zum FCA. Alle drei sollten in der Abwehr helfen. Und irgendwie war keiner der oben genannten in der Hinrunde der Saison 2023/24 ein sportlicher Faktor beim FCA.

Jeder Experte, der sich mit dem FCA in der letzten Zeit beschäftigt hat, hat schnell benannt, dass der FCA zu viele Spieler im Kader hat. Um Patric Pfeiffer und Dion Beljo kamen schon Transfergerüchte auf. Irvin Cardona wurde mittlerweile zum AS St. Etienne verliehen, genau wie Aaron Zehnter zum SC Paderborn wechselte. Um in Ruhe weiterarbeiten zu können, wird es für den FCA essentiell sein, weiteren Spielern eine Perspektive an anderer Stelle zu eröffnen. Aber warum ist denn der Kader so groß?

Umbruch: nicht geglückt

Der FCA hätte so manchem Spieler im Sommer keine Steine in den Weg gelegt. Felix Uduokhai wollte zuerst wechseln bevor er seinen Vertrag verlängerte. Jeffrey Gouweleeuw wurde kommuniziert, dass sein Vertrag im Sommer 2024 nicht verlängert wird und man hätte ihm wohl keine Steine in den Weg gelegt. Und auch bei Iago stehen die Zeichen schon seit einer ganzen Weile auf Abschied. In den Hinrunde waren alle drei wieder Konstanten im Kader.

Der FCA hatte angekündigt, mit manchen Transfers einem Umbruch vorgreifen zu wollen. Dieser Umbruch fand dann nicht im gewünschten Maße statt. Und die Spieler, deren Perspektive sich durch die Abgänge verbessern sollte, sitzen nur auf der Bank und Tribüne und kommen nicht zum Zug.

Es können immer nur 11 spielen und Jess Thorup hat die Qual der Wahl (Photo by THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images)

Opfer der sportlichen Ausrichtung

Bei den Innenverteidigern kommt noch ein anderer Punkt dazu. Der Kader sieht sowohl in der Innenverteidigung als auch auf der Position der Schienenspieler eher auf eine 5er Kette in der Abwehr ausgelegt. Dieses Thema war seit der Ankunft von Jess Thorup beerdigt und die 4er Kette scheint alternativlos. So kommt jedes Spiel ein Spieler auf dieser Position weniger zum Einsatz. Pfeiffer, Bauer, Tanganga und Winther sind zwangsläufig die Leidtragenden.

Ähnliche verhält es sich auch bei anderen Spielern. Arne Maier ist hier einer, für dessen Qualifikationen auf der 10 der FCA wenig Verwendung hat. Hieran hat auch Jess Thorup nichts geändert, der auf andere Spieler sein Vertrauen setzte.

Kein Perspektive für die Jugend

Wie schon oft erwähnt führt die derzeitige Situation auch für die eigenen Jugendspieler nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Aaron Zehnter war links die Nummer 3 oder 4 und entschied sich nun seine Zukunft in Paderborn zu suchen. Mert Kömür hängt im Kader hinter vielen anderen Offensivoptionen fest. Und auch ansonsten ergibt sich bei dieser Kaderstruktur keine Lücke, damit einer aus der Jugend mal nach oben vorstoßen könnte. Der Kader ist schlicht zu dicht bestückt.

Der FCA ist damit auch wieder weit weg von seinem Idealbild, junge Spieler weiterzuentwickeln, egal ob sie aus der eigenen Jugend oder von anderen Vereinen kommen. Einziger Ausreißer: Arne Engels. Und dessen Einsatzzeiten gingen unter Jess Thorup auch zurück.

Marinko Jurendic muss nun Spielern realistisch kommunizieren, wie ihre Perspektive aussieht (Photo by Selim Sudheimer/Getty Images)

Weg vom Mittelmaß

Der Weg bzgl. der Kaderplanung ist für die nächsten Perioden somit vorgezeichnet. Gerade jetzt und im Sommer wird sich zeigen, wie gut Marinko Jurendic und Jess Thorup zusammenarbeiten können. Welche sportliche Ausrichtung soll der FCA unter ihnen beiden haben? Welche Anforderungsprofile haben die beiden?

Der Weg muss dabei weg vom Mittelmaß. Es bringt doch für einen Club wie den FCA nichts, 4er und 5er Kette beide mittelmäßig spielen zu können. Es ist Zeit sich auf eine Systemausrichtung festzulegen. Es bringt auch nichts 32 Spieler zur Verfügung zu haben, die jeweils mehrere Positionen ganz okay beherrschen. Wenn jemand seine Position nur so ganz okay beherrscht, dann will ich auf dieser Position lieber ein Top-Talent sehen, dass sich entwickeln darf. Gerade die letzten Perioden zeigen, dass es nichts nützt einfach nur Spieler zu holen. Gerade die Transferphase vor einem Jahr mit der Verpflichtung vieler Spieler wirkt hier – auch wenn man bei Arne Engels Glück hatte – verfehlt.

Nicht ausruhen auf den ersten Erfolgen

Wenn Thorup und Jurendic für sich bestimmt haben, wie die sportliche Ausrichtung des Teams aussehen soll, dann wird es in einem ersten Schritt wichtig sein, Spielern, deren Perspektive beschränkt ist, dieses mitzuteilen. Im Optimalfall führt dies im Winter zu mindestens 6 Abgängen entweder dauerhaft oder als Leihe, wovon zwei durch die Abgänge von Cardona und Zehnter schon stattgefunden haben. Auf der anderen Seite sollte sich der FCA ehrlich damit beschäftigen, an welchen Stellen der Kader stärker besetzt sein könnte. Dort sollte der FCA aber dann keine Lückenfüller holen, sondern lieber 1-2 echte Verstärkungen, so wie Finn Dahmen im Sommer eine wahr. Ich schiele hier auf die Positionen der offensiven Außen. Auch Jess Thorup hat gerade erst öffentlich Qualität gefordert.

Die Veränderungen in der Kaderstruktur können nun in der Rückrunde den Unterschied ausmachen, ob der FCA solide mit Mittelfeld spielt oder nochmal zittern muss. Nachdem für Thorup und Jurendic die erste gemeinsame Phase ein Erfolg war, hoffe ich nun, dass sie mit größter Dringlichkeit auch bzgl. der Kaderausrichtung die notwendigen Schritte tun.

Euphorisch, aber…

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

6 Spiele sind unter Jess Thorup mittlerweile gespielt. Dazu kommt eine Länderspielpause, die er Zeit hatte, um mit der Mannschaft zu arbeiten. Der bayrische Rundfunk hatte zuletzt Thorup und Jurendic als das neue Erfolgsduo beim FC Augsburg betitelt. Bei 3 Siegen und 3 Unentschieden sind das Worte, die zumindest treffend sind, wenn man nur die letzten Ergebnisse betrachtet. Für ein langfristiges Urteil ist es noch zu früh. Nach so kurzer Zeit ist es schwerlich möglich eine Aussage zu den langfristigen Aussichten von Jurendic und Thorup zu treffen, so sehr ich mir den Erfolg selbst wünsche. Und so sehr ich heute auf die Tabelle schaue und grinse.

Diese ersten Ergebnisse bringen vor allem: Ruhe. Was nun nach dieser ersten Phase auch auftaucht sind kleinere Widersprüche. Schwerpunkte, die anders gesetzt werden als vor 6 Spielen. Themen, die nun einen anderen Zungenschlag erhalten haben. Was an manchen Stellen erstmals sehr vielversprechend aussah, ist stellenweise etwas eingetrübt. Fußball ist ein Ergebnissport und ich freue mich über die Siege. Aber klar, wir wären nicht in Augsburg, wenn nicht der ein oder andere – in diesem Fall ich – den Blick direkt auf das mögliche Verbesserungspotential lenken würde.

Offensive Mindset oder Clean Sheet?

Das Erlebnis des Auswärtsspiels in Heidenheim hat sich bei mir eingebrannt. „Offensive Mindset“ war das Stichwort. In der zweiten Halbzeit nachzulegen und nicht die eigene Offensive zu vernachlässigen, obwohl man in Führung liegt. Gegen Frankfurt hat man es erneut gut gemacht und überzeugt. Hat nachgelegt und Demi hätte den FCA sogar mit 3:0 in Führung bringen können.

Gerade vor dem Spiel gegen Union Berlin sah es da schon anders aus. In seinem Eingangsstatement auf der Pressekonferenz vor dem Union-Spiel hob Jess Thorup selbst ein paar Verbesserungen hervor, die ihm mit der Mannschaft gelungen waren. Er betonte u.a. wie die Gegentore pro Spiel gesunken waren, dass die Mannschaft mehr Zweikämpfe gewinnt und, dass nun einmal zu null gespielt werden müsste. Das „Clean Sheet“, das „zu Null“-Spiel, ist die goldene Gans, der der FCA hinterherjagt. Aber warum eigentlich? Die „zu Null“-Spielen werden kommen, wenn der FCA weiterhin mit „Offensive Mindset“ attackiert.

Die verpatzte Bewährungsprobe

Im Spiel gegen Union kam es dann auch zum Schwur. Jess Thorup entschied sich, defensiv nachzurüsten als er 1:0 in Führung lag. Es ging nicht darum, die Offensive zu verstärken und das Spiel zu entscheiden. Thorup machte aus der 4er Kette eine 5er Kette. Der FCA konnte weiterhin keinen Zugriff aufs Spiel finden und Union kam kurz vor dem Ende zum Ausgleich.

Am Ende geht der Blick auf diesen späten Ausgleich. Auf seine Wechsel angesprochen, erklärte Thorup nach dem Spiel seine Entscheidung mit Blick auf die Unioner Offensivbemühungen. An sich mag ich bei der Beurteilung der Entscheidung auch nicht einfließen lassen, wie das Spiel am Ende ausging. Es ist für mich allerdings klar erkennbar, dass Thorup in dieser Situation konservativer agiert hat als noch vor ein paar Wochen und ich heiße das persönlich nicht gut. Da lobe ich mir die Spielentwicklung gegen Frankfurt. Da wünsche ich mir jetzt Konstanz in diesen Entscheidungen.

In der Systemfrage variabel?

Eine andere Frage die sich im gleichen Atemzug auftut: ist der Trainer systemflexibel, so wie er bei seiner Ankunft dargestellt wurde. Thorup hat einen Kader der deutlich auf 5er Kette ausgerichtet ist mit Mbabu und Iago oder Pedersen auf den Außen. Alleine die vielen Innenverteidiger im Kader sprechen schon für dieses System ohne im Übermaß geeignete Außenverteidiger für die 4er Kette zu haben.

Jess Thorup hat sein Team bisher zu positiven Ergebnissen getrieben. Reicht das langfristig? (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Gegen Union Berlin begann der FCA erneut mit 4er Kette. Warum? Man hätte den Gegner überraschen können nach der Länderspielpause. Derweil stellte man erst in der zweiten Halbzeit um und zeigte die eigenen Karten. Ein möglicher Überraschungseffekt ist nun verpufft. Was sich in diesem Zusammenhang zeigen wird: Ist Thorup in der Systemfrage wirklich variabel oder ist er nicht doch ein 4er-Ketten Trainer? Maaßen hat die 5er Kette jedenfalls nicht stabil aufgesetzt bekommen. Thorup schwenkte gegen die Eintracht zur 4er-Kette zurück. Bleiben wir nun dabei?

Jugend adé?

Freddy Jensen fehlte krankheitsbedingt gegen Union. Ansonsten bleibt der FCA weiterhin von schwereren Verletzungen verschont in dieser Saison. Und für die eigene Jugend ist dann kein Platz im Kader. An dieser Stelle mag man sich einmal fragen, ab wann man als Fan zumindest einzelne Minuten einzelner Spieler sehen will, um dem FCA wieder abnehmen zu können, dass er sich auf den eigenen Nachwuchs fokussiert.

Von einzelnen Minuten sind wir aber weit weg, wenn noch nicht einmal ein einziger Spieler aus dem eigenen Nachwuchs es bis in den Kader schafft. Was ist hier die Idee und wie lange soll es brauchen? Im 13. Bundesligajahr ist der FCA dann mal wieder ohne Talente aus dem eigenen Nachwuchs unterwegs. Komplett ohne. Das ist für das 13. Jahr schlichtweg zu wenig, gerade wenn man sich die Investitionen in die Infrastruktur vor Augen führt. Das ist ein Punkt an dem Jurendic und Thorup anpacken müssen. Lieber früher als später.

Identität gesucht

Es bleibt dann an dieser Stelle auch eine Wiederholung, dass man beim FCA momentan noch nicht genau weiß, wo die sportliche Reise hingeht. Die Verantwortlichen sind noch frisch beim Verein und brauchen Zeit. Auf der anderen Seite gilt es bei Fehlentwicklungen früh den Finger zu heben. Scheiß auf „zu Null“-Spiele. Geht auf den Sieg. Unsere Vereinswerte enthalten eben „Mut“ und wenn der abhanden kommt, dann werde ich meckern.

Auf der anderen Seite bin ich mit Blick auf die eigene Jugend die Hinhalterei einfach leid. Zehnter und Kömür sollen eine faire Chance erhalten. Erst war Weinzierl Schuld, der angeblich keinen Bock hatte. Maaßen kam als Jugendförderer und auf einmal fehlte der Jugend die Qualität und Maaßen der Mut. Ich will wissen, woran wir an Thorup bei diesem Thema sind.

Insgesamt ist es Zeit für den FCA, nicht weiter sportliches Chamäleon zu spielen. Welche sportliche Ausrichtung priorisieren wir und warum? Wie leben wir dabei unsere Werte. Es wird Zeit, dass wir uns festlegen. Die Ergebnisse der letzten Phase sollten uns die Sicherheit geben, jetzt direkt Entscheidungen in dieser Hinsicht zu treffen. Aus der Sicherheit heraus und nicht erst, wenn es wieder brenzlig wird.

Zum Zuschauen verdammt

Breit ist der Kader des FC Augsburg. Dazu sind fast alle Spieler fit. Außer Reece Oxford fehlt im Moment niemand langfristig. Eine seltene Situation bei einem Bundesligisten. Wenn man dazu noch aus 4 Spielen 8 Punkte holt und nicht verliert, bewegt sich wenig im Kader. Dies hat nun vor der Länderspielpause bedeutet, dass einige Spieler überhaupt nicht mehr zum Einsatz gekommen sind und sich nicht mal mehr im Kader wiederfanden. Ein Blick auf die Spieler, die man am wenigsten in dieser Situation erwartet hätte:

Patric Pfeiffer

Felix Uduokhai wollte den FCA verlassen. Jeffrey Gouweleeuw wurde mitgeteilt, dass sein Vertrag nicht mehr verlängert würde. Anfang der Saison hat man sehnlichst darauf gewartet, dass Patric Pfeiffers Rot-Sperre aus Darmstadt endlich abgesessen wäre, so dass er schnellstmöglich dem FCA sportlich helfen könnte. Einige Wochen später spielen Uduokhai und Gouweleeuw wieder in der Innenverteidigung. Selbst während einer Sperre von Uduokhai kam Maxi Bauer zum Einsatz. Pfeiffer schafft es derweil noch nicht mal in den Kader. Ich bin vor der Saison fest davon ausgegangen, dass Pfeiffer ein fixer Bestandteil des Teams sein würde. Wie man sich doch irren kann.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch Freddy Winther keine Einsatzchancen in Augsburg bekommt, durch die Fülle von Innenverteidigern.

Dion Beljo

Mergim Berisha ließ man im Sommer auch deshalb ziehen, weil man mit einem gewissen Selbstbewusstsein davon ausging, dass man auf den Abgang vorbereitet sei. Dion Beljo kam im Winter aus Kroatien zum FCA und lieferte in der Rückrunde schon einige Tore ab. Nur ist Beljo momentan nicht gefragt, denn ihm wurde von Sommer-Transfer Philip Tietz der Rang abgelaufen. Tietz ist auch körperlich präsent und stark im Festmachen von langen Bällen. Tietzi, der gerüchteweise bei Nagelsmann für die Nationalmannschaft zumindest in Betracht kam, ist in der Form seines Lebens und Beljo kommt schlicht nicht vorbei. Das Glück des einen ist das Pech des anderen. Ich glaube trotzdem, dass Beljos Zeit noch kommt.

Irvin Cardona und Nathanael Mbuku

Im Winter zusammen mit Dion Beljo gekommen, um für die Offensive mehr Optionen zu schaffen. Beide sind momentan keine Option. In Einzelgesprächen hat ihnen Jess Thorup erklärt, warum es momentan nicht reicht. Gerade die gute Form von Freddy Jensen und die offensive Variabilität von Sven Michel machen beiden einen Strich durch die Einsatzrechnung. Cardona kam in der abgelaufenen Saison in der Rückrunde zumindest zum Einsatz. Kann man bei Mbuku schon von einem Fehlgriff sprechen? Für beide keine zufriedenstellende Situation.

David Colina hängt im Kader hinter Iago und Mads Pedersen fest. Wie lange noch? (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

David Colina

Iago wollte wechseln und Mads Pedersen hat im Sommer seinen Vertrag verlängert. Nun gab es keinen Interessenten, mit dem Iago und der FCA über einen Wechsel überein gekommen wären. David Colina hat es nun erwischt, denn mit den beiden etablierten Kräften kann er nicht mithalten und so reicht es – solange die Kollegen gesund sind und Iago weiterhin beim FCA spielt – noch nicht einmal für den Kader. Talente zu kaufen, nur um sie dann doch nicht zu entwickeln, ist dann auch nicht der richtige Weg. Ob wir beim FCA noch herausfinden, welches Potential in Colina steckt? Ein Winter-Abgang von Iago könnte hier die Türe öffnen.

Arne Maier

Ja, Arne Maier ist momentan verletzt. Aber auch in seiner letzten Partie vor der Verletzung war er nicht im Kader. Ganz ehrlich: Wenn sollte man für ihn momentan nicht nominieren? Sven Michel? Es ist schwierig, weil Maier auch an Arne Engels, dem belgischen Wunderkind, nicht vorbeikommt. Engels liefert auch in begrenzter Einsatzzeit genug positive Momente und hat eines der Spiele unter Jess Thorup eigenhändig gedreht und verbreitet viel Hoffnung. Maier dahingegen hat mal wieder -auch systembedingt – seinen Platz eingebüßt. Kann er erneut überraschen und zurückkommen?

Systemfrage

Die große Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt: welche sportliche Ausrichtung präferiert Jess Thorup? Ändert sich etwas durch die Hinzunahme eines neues Co-Trainers? Bis jetzt hat sich an der taktischen Ausrichtung des Teams kaum etwas getan. Die Länderspielpause bietet sich natürlich dafür an, neue Systemvarianten einzustudieren, gerade weil beim FCA nicht übermäßig Spieler auf Länderspielreise sind.

Gerade für die verteidigende Zunft stellt sich die spannende Frage, ob Jess Thorup es in Betracht zieht, 3er Kette spielen zu lassen. Dies scheint in der Kaderplanung der Maaßensche Plan gewesen zu sein. Ansonsten wird es im Kader einen Abgang von klassischen Schienenspielern und Innenverteidigern geben müssen, für die man schlicht nicht mehr die geplante Verwendung hat (und Robert Gumny wird weiter als klassischer Rechtsverteidiger zum Einsatz kommen).

Auf die Systemfrage aufbauend wird sich auch zeigen, welche der oben genannten Spieler überhaupt eine Zukunft in Augsburg haben. Der Augsburger Kader ist zu groß und Marinko Jurendic hat mir im Gespräch gesagt, dass dieser weiter ausbalanciert werden soll. Man braucht nun kein Prophet sein, um anzunehmen, dass drei der oben genannten Spieler im Februar nicht mehr in Augsburg unter Vertrag stehen werden. Nur welche werden es sein?

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