Unter dem Radar

In diesen Tagen hat eine Person beim FC Augsburg betont, dass der Cheftrainer die wichtigste Personalie für einen professionellen Fußballclub sei. Die Aussage wurde rund um die Verpflichtung von Jess Thorup von Marinko Jurendic getätigt. Jurendic wollte in diesem Zusammenhang wohl hervorheben, warum es wichtig war, sich für die Entscheidung für einen neuen Trainer Zeit zu nehmen. Jurendic konnte auch schlecht sagen, dass der Cheftrainer die wichtigste Personalie ist nach dem sportlich Verantwortlichen: ihm selbst.

Der Sportdirektor im Fokus

Nach dem Wechsel auf dem Präsidentenposten, vom im Tagesgeschäft eingebundeneren Klaus Hofmann zu Max Krapf, und dem Rückzug von Stefan Reuter in eine beratende Rolle, kann die Debatte nun beginnen, wer beim FC Augsburg für die mittel- und langfristige Entwicklung des Vereins die wichtigste Rolle einnimmt. Einerseits wäre hier der alleinige Geschäftsführer Michael Ströll zu nennen, der gerade im kaufmännischen Bereich die Fäden in der Hand hält und nachhaltig Strukturen aufgebaut hat. Andererseits spricht dies momentan auch gegen Ströll. Der kaufmännische Bereich ist geordnet, die Strukturen sind aufgebaut, der FCA ist wirtschaftlich gesund und läuft.

Umso mehr ist Ströll und der FCA darauf angewiesen, dass Marinko Jurendic seinen Job macht und auch im sportlichen Bereich für Ordnung und eine langfristige Vision sorgt. Als jemand, der neu im Verein ist, muss er zudem lernen, wie der Club tickt und sich Stück um Stück dem Wertegefüge annähern. Jurendic selbst war bis dato auch noch nicht im Auge des öffentlichen Interesses, wie es seine Rolle und Bedeutung vermuten lassen würde. Dies verwundert auch nicht, war doch bei seiner Verpflichtung noch nicht kommuniziert worden, dass Stefan Reuter sich zurückziehen würde. Und es hatte ja auch niemand gedacht, dass er so schnell „die wichtigste Personalie des Vereins“ neu zu klären hätte.

Kommunikativ und offen

Als ich in Heidenheim vor Ort war und das Spiel – ganz gegen meine Gewohnheiten – von der Pressetribüne aus verfolgte, traf ich im Nachgang zum Spiel erstmals persönlich auf Jurendic. Die Stimmung war gelöst nach Jess Thorups erstem Sieg und Jurendic nahm sich reichlich Zeit für die Journalisten vor Ort. Ich kann hier nun keine konkrete Aussage hervorheben, die mir im Gedächtnis geblieben wäre. Eine gewisse Grundskepsis bei sofort nach Spielen getätigten Aussagen ist sowieso immer angebracht. Man merkt direkt nach Spielen allen Beteiligten eine gewisse Grundanspannung weiterhin an. Seine offene kommunikative Art stach allerdings schon dort hervor.

Umso mehr habe ich mich gefreut, dass „Jure“ sich die Zeit genommen hat, um mir meine Fragen zu beantworten und sich mit mir auszutauschen, so dass ich mir selbst einen Eindruck von einer Person und seiner Herangehensweise verschaffen konnte.

Der Teamplayer

Als erstes hatte mich dabei interessiert, warum Jure sich für die Herausforderung beim FCA entschieden hatte. Nach einer ersten Anfrage im Februar und einem Stadionbesuch in Augsburg im Laufe der Rückrunde, vertagte er eine konkrete Entscheidung bis nach der Saison. Mir erscheint in diesem Zusammenhang wichtig, dass es für ihn die richtige Herausforderung zur richtigen Zeit war. Nach 5 Jahren in Zürich, in denen er auch Meister wurde, stellte er nach der Anfrage fest, dass der Weg nach Augsburg kein weiter ist. „Ich musste erstmal googlen, wo Augsburg überhaupt genau liegt. Ich hatte eine grundsätzliche Vorstellung, aber detailliert hatte ich mich mit Stadt und Verein noch nicht beschäftigt. Das habe ich dann im März erstmals gemacht.“ Man denkt immer, man kennt sich im Fußballzirkus. In diesem Fall jedoch nicht. Jurendic kam zum ersten Mal mit Michael Ströll und Stefan Reuter in Kontakt, obwohl er grundsätzlich affin mit der deutschen Bundesliga war. Auf der anderen Seite war er wohl überzeugt von seinem eigenen Kompetenzprofil und traute sich den Sprung in die größere Liga zu.

Ich habe wohl gemerkt, wie er bezüglich der Entscheidungsfindung die Rolle seiner Frau und seines Sohns betont hat. Jurendic ist ein Familienmensch, der die eigene Karriere nur im Einklang mit dieser vorantreibt und das macht ihn sympathisch. Auf der anderen Seite betonte er, wie wichtig für ihn in Augsburg die Personen waren, die den Kontakt aufnahmen. Zudem musste das Umfeld passen. Mit Michael Ströll und Stefan Reuter lag er auf einer Wellenlänge und so ist die Entscheidung eine, die abseits des Potentials beim FCA vor allem davon getrieben war, sich in das bestehende Team einzubringen. „Ich habe mir das Ganze dann auch vor Ort angeschaut. Dort wurde das Gefühl, dass ich durch die Gespräche hatte, bestätigt, dass sehr viel Potential vorhanden ist und sehr gute Leute am Werk sind.“ Nach dem Saisonabschluss folgte die feste Zusage.

Das Ende der Transferperiode

Jurendic kam erst zum 01.08., weil er in Zürich noch die Vorbereitung auf die jetzige Saison abschließen wollte. Er wollte im Guten gehen und das spricht für ihn. In Augsburg waren derweil schon viele Dinge im Hinblick auf die Saison geregelt. Einerseits hatte man sich entschieden nach ausführlicher Analyse mit Enno Maaßen weiterzumachen, auch wenn der Saisonabschluss verkackt wurde. Andererseits war so manche Kaderentscheidung getroffen worden. Dass sich Stefan Reuters Rolle ändern würde, war allen Beteiligten bewusst. Wie genau, die Rollen gelebt würden, hat sich seitdem gefunden. „Für mich war klar, dass ich die operative Verantwortung im sportlichen Bereich haben würde. Ich wusste, was ein Sportdirektor in Zürich zu tun hat. In Augsburg ist für mich wichtig, dass ich seit Beginn der Gespräche mit den gleichen Menschen im Austausch stehe und wir gemeinsam an den Strukturen arbeiten.“

Einer der ersten Erfolgsmomente: Die Vertragsverlängerung mit Felix Uduokhai (Bild: FCA)

Jurendic erkannte gewisse Lücken, die man noch angehen wollte. Der FCA und in diesem Fall direkt Jurendic selbst, musste erst einmal seine Hausaufgaben auf der Abgangsseite machen, weil es hierfür eine wirtschaftliche Notwendigkeit gab und der Kader auch schon sehr groß war. Gerade nach dem Abgang von Berisha zur TSG Hoffenheim war man wieder in der Lage, Spieler zu verpflichten. „Wir wollten den Kader ausbalancieren. Wir haben Stanic, Sarenren Bazee und Malone zusätzlich zu Berisha transferiert. Zusätzlich wollten wir die Position rechts hinten doppelt besetzt wissen und eine gewisse Breite in der Innenverteidigung schaffen.“ Die Transfers von Mbabu und Tanganga waren vorher sondiert worden und konnten so auch in kurzer Zeit noch realisiert werden. Nicht das schlechteste Ende einer Transferperiode.

Keine Ruhephase

Jurendic hatte mit Sicherheit darauf gehofft, dass Ruhe einkehren würde. Sportlich war dies aber nicht der Fall. Eine blamable Pleite im Pokal, ein maues Unentschieden gegen Bochum und diverse Niederlagen, v.a. gegen nicht überzeugende Freiburger und zu Hause gegen Darmstadt, sorgten für Druck von außen, auch wenn rein tabellarisch die Situation noch nicht kritisch war.

Nun hatte der Verein entschieden, mit Maaßen in die neue Saison zu gehen und diese Entscheidung schon nach wenigen Spielen zu revidieren, hätte auf großen Wankelmut und wenig überzeugende Argumente für Maaßen hingedeutet. „Für mich war es wichtig, selbst ein Gefühl für die Situation zu entwickeln, um eine fundierte Meinung zu bilden und Entscheidungen auf einer soliden Grundlage zu treffen. “ Andererseits befand sich der FCA zu diesem Zeitpunkt in einer saisonübergreifend, sportlich schlechten Phase. Aus Jurendic‘ Sicht ergab sich das Problem, dass er Maaßen noch nicht gut genug kannte, um schnell zu einem abschließenden Urteil zu kommen.

Wechsel notwendig

Spätestens nach dem Darmstadt-Spiel war dann offensichtlich, was für viele im Umkreis des Vereins schon länger festgestanden hatte: es konnte mit Maaßen nicht weitergehen. „Man muss in solchen Situationen auch eine gewisse Geduld zeigen. In der Länderspielpause haben wir alles in Ruhe angeschaut und sind zu dem Entschluss gekommen, in Anbetracht des Gesamtbilds und unserer Ziele eine Änderung vornehmen zu müssen.“ Jurendic, Ströll und Co. stellten Maaßen frei und begaben sich auf die Suche nach einem neuen Trainer. Hierbei stand im Vordergrund, einen Trainer zu finden, der das Anforderungsprofil des Vereins erfüllte.

Jurendic war in der Formulierung des Anforderungsprofils beteiligt. „Wir sind schnell zu der Überzeugung gekommen, dass wir eine Person benötigen, die Erfahrung im erfolgreichen Führen von Mannschaften wie auch in der Entwicklung von Spielern hat.“ Mit Jess Thorup – seines Zeichens Meistertrainer in Dänemark und Entwickler einiger Toptalente – sieht es momentan so aus, als ob er einen passenden Trainer gefunden hätte, der nun hoffentlich auch mittel- und langfristig Erfolg in Augsburg hat. „Jess Thorup passt nicht nur gut zu den kurzfristigen Bedürfnissen und Anforderungen an die Mannschaft, die wir identifiziert hatten, sondern auch zur langfristigen Ausrichtung des Clubs, die schon vor meiner Zeit festgelegt wurde.“ Erneut: nicht die schlechteste Entscheidungsfindung von allen Beteiligten.

Weitere Arbeit notwendig

Und als wir dort so sitzen und uns über den FCA und seinen jetzigen Zustand nach den ersten Thorup-Spielen austauschen, ist es dann auch Jurendic selbst, der eine Baustelle beim FCA direkt anspricht: die Perspektiven der eigenen Jugendspieler. Die Jungprofis Kömür, Zehnter und Lubik sollen ihre Chance bekommen und es ist an Jurendic, den Kader so zu gestalten, dass dies auch funktioniert. Sich vermehrt – mit Heinz Moser zusammen – um die Perspektiven der Jugendspieler zu kümmern, ist bei ihm eine Priorität. „Wir müssen den Kader so planen, dass wir unserem Anspruch als Ausbildungsverein gerecht werden und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben.“ Dies sollten positive Signale für den FCA Nachwuchs sein, der in den letzten Jahren etwas zu kurz kam.

Und neben der Arbeit an den Strukturen des FCA im sportlichen Bereich, geht der Blick von Jurendic natürlich auch schon Richtung Wintertransferperiode. „Die Kaderentwicklung ist ein laufender Prozess. Unser Ziel ist es, eine klare sportliche Ausrichtung zu definieren, um die richtigen Spieler hierfür verpflichten zu können.“ Kurzfristig geht es nun darum, in Ruhe zu verstehen, welche Art von Spieler Thorup benötigt für sein präferiertes System. Dabei ist Jurendic bewusst, dass der FCA in der jüngsten Vergangenheit viele erfahrene Kräfte abgegeben hat und es wird bei der Analyse auch eine Rolle spielen, ob es hier weiteren Bedarf gibt.

In guten Händen

Nachdem ich nun zweimal die Gelegenheit hatte, Jurendic im persönlichen Austausch zu erleben, habe ich das Gefühl, dass der FCA im sportlichen Bereich in guten Händen ist. Dies liegt nicht nur daran, dass Jurendic nicht im luftleeren Raum agiert und mit Michael Ströll einen gewieften Verhandler und erfahrenen Geschäftsführer an seiner Seite hat. Dies liegt vor allem daran, dass Jurendic einen klaren Blick auf die Situation beim FCA hat, Prioritäten benennen und Entscheidungen begründen kann. Seine offene Art der Kommunikation ist hier ein großes Plus.

Jurendic ist dabei mit Sicherheit – gerade in der Zusammenarbeit mit Thorup – gerade erst dabei, sich einzugroven. Beide brauchen anhaltenden sportlichen Erfolg, damit Ruhe einkehrt. Beiden schadet es wahrscheinlich auch nicht, gewisse Grundprinzipien festzulegen. Was meine ich damit? Ich könnte mir vorstellen, dass man immer mind. einen Bankplatz für einen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs reserviert, damit dieser zum Zuge kommen kann, wenn man – wie gegen Heidenheim in der zweiten Halbzeit – sich in einer eindeutigen Spielsituation befindet. Jurendic wird zudem, mit längerer Vereinszugehörigkeit, schneller in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen. Er weiß dann mehr, was der Verein braucht und wie der FCA basierend auf seinem Wertegerüst handeln sollte. Man mag ihm an dieser Stelle zurufen: Nur Mut, Jure. Viel schwieriger als zuletzt wird es nicht mehr werden und das lief doch bisher schon recht gut.

Auf der Suche nach der sportlichen Identität

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette bei presse-augsburg.de. 

Kaum ein Verein in der Bundesliga (ja, die Hertha ist abgestiegen), hat in den letzten 18 Monaten so viel Bewegung auf den Positionen seiner Entscheider gesehen, wie der FC Augsburg. Erst verkündete Präsident Klaus Hofmann kurz vor dem Saisonabschluss 21/22 seinen Rückzug. Kurz danach erklärte Markus Weinzierl nach dem letzten Spiel, das er nicht für ein weiteres Engagement zur Verfügung steht. Der FCA war schlagartig auf der Suche nach zwei führenden Köpfen.

Erste Unruhewelle

Zuerst besetzte man – nach langem Suchprozess und bei ansteigender Ungeduld im Umfeld – die Trainerposition. Enno Maaßen kam von der Dortmunder U23 und sorgte für Aufbruchsstimmung. Er stand für den Wunsch, dass junge Spieler entwickelt werden sollten. Er stand zudem dafür, seinen Teams Ballbesitzfußball näher zu bringen. Und sein Spielansatz sollte sichtbar intensiv sein.

Im Herbst desselben Jahres fand der FCA einen neuen Präsidenten. Kneipenwirt Max Krapf übernahm die Position. Kommunikativ und stark in der Stadt vernetzt ging er nach seiner Ernennung unmittelbar dazu über, Gespräche mit den unterschiedlichsten Beteiligten zu führen, und sorgte in der Folge dafür, dass sich der ein oder andere mehr mitgenommen fühlte. Sportlich waren zudem unter Maaßen erste Erfolge zu verzeichnen. Es hätte Ruhe einkehren können.

Zweite Unruhewelle

Die weitere Entwicklung wurde dann davon getrieben, dass der FCA sich sportlich breiter aufstellen wollte. Es sollte ein Sportdirektor zur Unterstützung von Stefan Reuter kommen, nachdem Krapf im Tagesgeschäft nicht aktiv eingriff gerade im Vergleich zu Klaus Hofmann. Mit Marinko Jurendic fand man zum 01.08. einen neuen Mann für die Aufgabe. Allerdings kristallisierte sich im Prozess heraus, dass Reuter den Moment nutzen wollte, um selbst in den Hintergrund zu treten. Recht bizarr, wenn man bedenkt, dass ihm beim Abgang von Hofmann noch vorgeworfen worden war, in diesem Zuge seine eigene Macht stärken zu wollen.

In Freiburg war noch alles gut zwischen Maaßen und Jurendic, auch wenn am Ende wieder Christian Streich lachte. (Photo by Neil Baynes/Getty Images)

Der nächste Wechsel wurde unumgänglich, weil Enno Maaßens Team sich selbst immer wieder Beine stellte und Maaßen keine Lösungen mehr fand. Der FCA sah sich gezwungen in der Saison 2023/24, den Wunsch nach Konstanz auf der Trainerposition kurzfristig wieder zu begraben. In der zweiten Länderspielpause im Oktober wurde Maaßen freigestellt und Jess Thorup als neuer Cheftrainer an den Lech geholt.

Gesammelte Abgänge und Visionen

Und wer hätte zu Beginn des Jahres 2022 gedacht, dass nicht einmal 2 Jahre später, weder Stefan Reuter, noch Klaus Hofmann, noch zwei Cheftrainer, die beide den Klassenerhalt gesichert hatten, nicht mehr beim FCA tätig wären. Zusammen mit den gesammelten Abgängen verließen auch viele Ideen und Visionen den Club. Daneben – und das ist ein Thema, welches in Zukunft noch näher betrachten werde – haben auch viele erfahrene Spieler den Club verlassen.

Klaus Hofmann wollte aus dem FCA ein Club formen, der auch international mit Spielern wie Ricardo Pepi für Furore sorgt. Stefan Reuter war ein Verantwortlicher mit ruhiger Hand, der vor allem für Konstanz stand. Die Trainer standen beide für einen aktiven Ansatz in der Spielanlage. Von Enno Maaßen erhoffte man sich, dass er Spieler entwickeln könne, was Weinzierl lieber bleiben ließ.

Wohin geht die Reise?

Gerade sportlich entstand durch die Wechsel kurzfristig ein Vakuum. Sowohl Michael Ströll, der letzte Verantwortliche aus der alten Garde, als auch Max Krapf sind nicht die Fußball-Experten. Krapf hat zu seinen Podcast-Zeiten bei taktischen Analysen immer gerne an die Kollegen übergeben, Ströll hat zwar selbst gespielt, seine Expertise liegt aber v.a. im kaufmännischen Bereich. Mit Jurendic und Heinz Moser hat man zwei dazu geholt, dazu kommt nun mit Jess Thorup ein neuer Trainer. Mit Timon Pauls hat zudem der Chefscout den Club verlassen und wechselte (Trommelwirbel) zur Hertha. Anscheinend steht er auf Unruhe im Umfeld.

Sportlich ist nun die Frage, wie das große Ganze aussehen soll. Krapf hatte in seinen ersten Monaten schon erwähnt, dass er gerne sehen will, dass Spieler auch mit Gewinn verkauft werden. Wirtschaftlich ist der FCA hierauf wohl auch angewiesen, um mit vergleichbaren Clubs auf Augenhöhe zu bleiben. Bei Berisha hat dies auch gleich im Sommer gut funktioniert. Auch bei Ricardo Pepi konnte man den Schaden kurzfristig minimieren und langfristig sogar noch ein bisschen Potential über eine Beteiligung am Weiterverkauf sichern.

Pro „Heimatverein“

Ist aber „Ausbildungsverein“ der richtige Begriff, für das Zielbild beim FCA? Sollen Spieler kommen, um auch wieder zu gehen? Es ist schön, wenn das klappt, aber es sollte nicht das Zielbild sein. Die Spieler sollten gerne in Augsburg ihre „beste“ Zeit haben. Sie sollten sich wohlfühlen und Topleistungen abliefern. Für manchen wird es zu mehr reichen. Andere werden hoffentlich bleiben und sesshaft werden. Es muss auch wieder Fälle wie den von Daniel Baier geben und nicht nur wild der nächste Baba gesucht werden.

Spieler sollten, wenn fit, gerne ihre Karrieren in Augsburg beenden können. Mir ist das zu viel Familien-Marketing und zu wenig Familiengefühl, wenn man sich das im Moment anschaut. Gerade aber das ruhige Umfeld und die Stadt mit ihrer hohen Lebensqualität sollten Spieler anlocken, die nicht den ganz großen Trubel wollen. Wenn ihnen der Club dann eine gewisse Wertschätzung entgegenbringt, die in der Vergangenheit auch immer mal wieder vermisst wurde (Stichwort: Verabschiedungen), dann werden wir auch wieder große Abgänge sehen, aber auch konstante Leistungsträger, die nicht nach mehr suchen. Dann wird auch für den ein oder anderen Spieler der FCA wieder zur Heimat. Und der FCA ist nicht nur für die Menschen auf den Rängen der „Heimatverein“.

Jures große Aufgabe


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de, noch bevor Enno Maaßen freigestellt wurde. Jures Aufgabe bleibt herausfordernd.

Der FC Augsburg hat am Samstag gegen Aufsteiger Darmstadt 98 verloren. Zu Hause. Verdient. Mehr mag man zu diesem Spiel gar nicht schreiben. Erwähnenswert bleibt trotzdem, dass es mal wieder individuelle Fehler waren, die es dem Gegner leicht machten. Und die erste Halbzeit möchte man erneut komplett vergessen. In Folge der Niederlage diskutiert der Verein darüber, ob Enno Maaßen noch der richtige Trainer ist. Eine Entscheidung ist bis dahin nicht gefallen (Hut ab vor Ennos Aussagen in der Pressekonferenz nach dem Darmstadt-Spiel).

Die Fragestellungen, die sich sportlich stellen, gehen allerdings deutlich über die Trainerposition hinaus (zu der ich eine deutliche Meinung und diese schon vor dem Darmstadt-Spiel kundgetan habe). Zwei Monate nach seiner Ankunft ist Marinko Jurendic in der Pflicht, sportlich Ruhe reinzubringen. Ruhe, die es in Augsburg sonst recht lange hat, die dem Verein aber momentan abhandengekommen ist. Folgende Themen sollten hierfür auf der Agenda stehen:

Vision und Grobkonzept

Im sportlichen Bereich des FCA braucht es eine Vision. Was will der FCA sein? Es taugt eben nicht mehr nur zu sagen: wir spielen gegen den Abstieg und basta. Will man Ausbildungsverein sein? Was bedeutet das? Sieht man sich als mehr als nur eine Durchgangsstation?

Und nachdem so mancher Trainer auch versucht hat dem FCA eine semi-moderne Kick & Rush Version beizubringen: wie stellt man sich sportlich den FCA grundsätzlich vor? Intensiv und gallig? Gefällig im Ballbesitz oder konterorientiert? Wie sieht die grundsätzliche sportliche Identität der Mannschaft aus, die sich auch auf die Paul Renz Akademie erstreckt?

Kaderplan und -umsetzung

Ein Trainer kann nun nur mit dem Spielermaterial arbeiten, das verfügbar ist. Enno Maaßen wollte zudem nur auf Spieler zurückgreifen, die sich auch mit dem Verein identifizieren und für Augsburg spielen wollen. Nun ist der Kader sehr groß und der Club hat kaum Verletzungssorgen. Unzufriedene Spieler scharren mit den Hufen. Dennoch gehen dem Trainer erfahrene Kräfte ab, die Stützpfeiler des Teams sein sollten.

Jeder Trainer braucht hier in der Kommunikation mit den Spielern, Rückendeckung durch das Management. Einerseits kann Führungsspielern Vertrauen geschenkt und der Rücken gestärkt werden. Andererseits kann regulierend eingegriffen werden, sollte der ein oder andere ausscheren. Hier müssen im sportlichen Bereich Trainer und Management zusammen agieren.

Immer einen Schritt weg vom Geschehen. (Photo by Jan Hetfleisch/Getty Images)

Zudem braucht es einen klaren Plan, wie am Kader in den nächsten Transferperioden weiter gearbeitet werden soll. Welche Art von Spieler muss kommen? Welche Altersstruktur braucht man? Welche Charaktere fehlen? Auch hier gibt es viel zu tun.

Korrigierend eingreifen

Wenn dann hoffentlich alle verstanden haben, was erwartet wird und wie ihre Rolle aussehen sollte, gilt es dann korrigierend einzugreifen, wenn jemand grob ausschert. Hier denke ich aktuell zuallererst an Jeffrey Gouweleeuw, der sich jede Woche in den Interviews wieder denkt, er hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Jeffs Frust ist dabei nachvollziehbar. Im wurde im Sommer mitgeteilt, dass sein Vertrag im kommenden Sommer nicht verlängert wird und er hat daraufhin das Kapitänsamt niedergelegt.

Jetzt spielt er zwar wieder, aber es entsteht der Eindruck, dass er sich mit dem FCA nicht mehr zu 100% identifiziert. Erst deutet er in einem Interview an, irgendwann seine Version der Geschichte zu erzählen. Nach dem Darmstadt-Spiel hat er nun – trainerunabhängig – die sportliche Führung des FCA in Frage gestellt. Bevor wir nun über den Trainer reden: das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Maaßen und Jurendic zusammen oder Jurendic ohne Maaßen, sollte er entlassen werden, müssen hier nun einen klaren Cut machen. Und ganz ehrlich: So wie die Mannschaft momentan spielt, braucht es Jeff auch nur bedingt. Es müssen jetzt alle verstehen, um was es geht: erfolgreich Fußball zu spielen. Und Kritik darf intern gerne adressiert werden, aber dieser Zirkus in der Öffentlichkeit, dazu von einem medienerfahrenen Profi, ist absolut unnötig.

Zusammenhalt und Fokus

„Augsburg hält zusammen“ war etwas, das lange über vielem stand. Pfiffe während des Spiels, wie gegen Mainz, stehen dem genauso entgegen wie die angesprochenen Äußerungen in der Öffentlichkeit. Aber auch die Verantwortlichen im Verein sind nun aufgefordert, diesen Zusammenhalt wieder zu bestärken, indem sie klar kommunizieren und entscheiden. Dafür braucht es von Ströll und Jurendic mehr mediale Präsenz und eine klare Kommunikation. Dafür braucht es einen Trainer, der spürbar den Rückhalt der Organisation hat und keine „lahme Ente“ ist, der man auf der Nase herumtanzen kann.

Dafür braucht es Identifikation, Bock und Leidenschaft. Der Reuter-Abschied während der Saison war ungünstig. Es gilt nun, den klaren Fokus auf den FCA-Fußball wiederzufinden und alle Hebel in Bewegung zu setzen, um der Saison eine erfolgreiche Wendung zu geben. Es wird Zeit, dass Marinko Jurendic das Steuerrad sichtbar in die Hände nimmt und den Kurs setzt. Auf was warten wir noch?

Stille Transformation

Im Leben rund um den Fußball geht es immer schnell. Label werden direkt an Vorgänge packt. In der letzten Woche konnte man dann doch ein paar Dinge rund um die veränderte Rolle von Stefan Reuter lesen und hören, die zumindest mich mehr verwirrt haben, als das Klarheit eingekehrt wäre. Hier der Versuch einer Einordnung:

Was wissen wir?

Stefan Reuter war in den Bundesligajahren des FCA die prägende Figur des FC Augsburg im sportlichen Bereich. Stefan Reuter ist kein Angestellter des FC Augsburg mehr, sondern für den Verein nur noch in beratender Rolle tätig. In sportlicher Hinsicht ist Marinko Jurendic nun die höchste Instanz. Einziger Geschäftsführer der Profiabteilung ist Michael Ströll.

Jurendic kam, nachdem man schon vor einiger Zeit Bestrebungen unternommen hatte, um sich im sportlichen Bereich breiter aufzustellen. Es war von vornherein klar, dass sich durch den Zugang von Jurendic Reuters Rolle ändern würde. Wohin das genau führen würde, wussten wohl nur wenige Personen. Stefan Reuter wird dem FCA auch zukünftig noch zur Verfügung stehen, aber nur noch in beratender Rolle.

Was ist das Ganze nicht?

Es ist nun zuerst einmal kein Rücktritt. Stefan Reuter ist Geschäftsführer der KGaA gewesen (zu welchem Zeitpunkt die Abbestellung erfolgt werden wir dem Handelsregister entnehmen können). Aus dieser Rolle muss er abberufen werden. Er hat auch nicht all seine Tätigkeiten niedergelegt, wie Klaus Hofmann vor einem guten Jahr. Er ist ja weiterhin verfügbar, wenn Ströll und Jurendic anrufen. Laut kicker gibt es vorerst auch einen wöchentlichen Jour Fixe, der dazu dient einen regelmäßigen Austausch sicherzustellen.

Es ist aber auch kein Rauswurf. Wenn man beim FCA hochgradig unzufrieden gewesen oder etwas konkretes vorgefallen wäre, dann hätte man Stefan Reuter rausgeschmissen. Und ihn mit Sicherheit nicht in beratender Rolle behalten. Auch das sehen wir hier nicht. Es ist auch deswegen ein interessanter Vorgang, weil die üblichen Label eben nicht passen.

Was wissen wir nicht?

Ich für meinen Teil hätte gerne erlebt, wie die Gespräche im Sommer gelaufen sind, auf die sich in der Kommunikation um die veränderte Rolle des Stefan Reuter bezogen wurde. Wie man gemeinsam die neue Struktur erarbeitet hat. Ob Reuter von den anderen Verantwortlichen im Verein genervt war? Ob der ein oder andere lieber ohne Reuter weitergemacht hätte? Ob nach den vielen Jahren auch einfach für Stefan Reuter der Zeitpunkt gekommen war, wieder mehr Zeit für andere Dinge zu haben? Diese Fragen bleiben vorerst unbeantwortet.

Was wir auch nicht wissen: wie groß Stefan Reuters beratende Rolle weiterhin sein wird. Wie viele Fragen kann weiterhin er am besten beantworten? Zu welchen Themen? Es ist gut möglich, dass die Verantwortlichen selbst hierzu noch nicht wissen, wie sich die Einbindung konkret entwickeln wird.

Was bleibt?

Internes bleibt beim FCA intern. In seinen besten Phasen hat der FCA schon immer gegen die Branchentrends agiert. Es gibt eben keinen Rosenkrieg zwischen Reuter und dem Verein. Und das ist gut so. Reuter hat für den Verein vieles geleistet, immer wieder mit die Klasse gehalten, ist mit nach Europa gereist. Selbst wenn man im Verein nun eine Veränderung angestrebt hat, ist der Rollenwechsel jetzt eine gute Lösung.

Und während so mancher Kollege die Theorie der golden Brücke offensiv vertritt, so ist es wohl auch möglich, dass Reuters eigener Impuls sich zurückzuziehen ausschlaggebend für die Entwicklung war. Die Kritik hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Derweil hatte Reuter immer wieder betont, dass sein Schicksal in seinen eigenen Händen liegt. Aussagen gegenüber dem kicker deuten nur stark darauf hin, dass er dann doch vielleicht einer der wenigen ist, die auch wissen, dass alles irgendwann ein Ende haben wird. Vielleicht war die Zeit für ihn selbst gekommen.

Die Theorie der goldenen Brücke unterschätzt mir Reuter zu sehr. Aber auch damit werden alle Beteiligten gut klarkommen. Reuters Bild in der Außendarstellung ist geprägt von den Wellenbewegungen. Nach der Präsidentschaft von Klaus Hofmann wurden viele Entscheidungen diesem zugeschoben, die größten Transfercoups hat man Reuter immer selbst zugeordnet. Derweil war Reuter in den Jahren beim FCA wohl in jede wesentliche sportliche Entscheidung eingebunden, so nun auch in die Rollenveränderung.

Wer sich nun beweisen muss?

Der Fokus auf Marinko Jurendic hat durch die Entwicklung stark zugenommen. Ob Reuters Rollenwechsel für den FCA gut war, wird vor allem davon abhängen, inwiefern Jurendic die Lücke zu schließen weiß. Mit Michael Ströll hat er einen gewieften Verhandler an seiner Seite, der gerade im kaufmännischen Bereich seine Themen souverän unter Kontrolle hat und entsprechend unterstützen kann.

Die strukturelle Änderung ist aber auch eine erste Feuerprobe für Präsident Max Krapf, der über die 50+1 Regelung die Kontrollfunktion für den e.V. übernimmt. Er muss sich an der Entwicklung in der neuen Struktur messen lassen.

Ein erster Fingerzeig in dieser Hinsicht wird sein, wie man kurzfristig mit Trainer Enno Maaßen umgeht. Jurendic war bei der Trainerauswahl im letzten Sommer nicht beteiligt. Krapf und Ströll schienen im letzten Jahr von der Person Maaßen und seinen Ansätzen überzeugt und man konnte sich eine langfristige Zukunft vorstellen. Einzig: die Ergebnisse bleiben seit einer Weile aus und die Mannschaft liefert teilweise katastrophal ab, wie erneut in der ersten Halbzeit gegen Leipzig. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich die Verantwortlichen diesbezüglich positionieren werden, gerade weil Konstanz auf dem Trainerstuhl uns eben auch schon das ein oder andere Mal geholfen hat, obwohl die Meinung von außen eine andere war. Bei aller Ruhe im Verein finden wir uns dann doch in einer der spannendsten Phasen der jüngsten Geschichte wieder.

Es ist angerichtet

Endlich ist er da. Der Rechtsverteidiger, den wir Fans uns seit Monaten, wenn nicht Jahren, sehnlichst gewünscht haben. Oder seit eben feststeht, dass Robert Gumny, der vor nunmehr drei Jahren zum FC Augsburg gestoßen ist, der Verantwortung auf der rechten Abwehrseite leider nicht gewachsen ist.

Die Wahl der FCA-Verantwortlichen ist auf Kevin Mbabu gefallen, 28 Jahre alt, (früherer) Schweizer Nationalspieler, ausgeliehen vom FC Fulham bis zum Saisonende. Als 17-Jähriger wechselte Mbabu erstmals auf die Insel zur B-Auswahl von Newcastle United. Bevor es ihn über verschiedene Leihstationen zu den BSC Young Boys in die Schweiz und von 2019 bis 2022 zum VfL Wolfsburg in die Bundesliga verschlug. An diese Zeit dürfte sich der oder die eine oder andere noch erinnern. Mbabu bestritt für die Wölfe 82 Pflichtspiele, bevor er ins hintere Glied rutschte und vorzeitig wieder nach England wechselte. Beim Fulham kam er jedoch genauso wenig zum Einsatz, weshalb er die abgelaufene Rückrunde als Leihspieler bei seinem Jugendverein Servette FC verbrachte.

Kleiner Wandervogel?

Mbabu hat also schon reichlich Erfahrung in unterschiedlichen europäischen Ligen gesammelt, kennt seine neuen Teamkollegen Ruben Vargas von der Nati, Elvis Rexhbecaj aus der VW-Stadt. Auch an seinen Landsmann Gerardo Seoane, aktuell Trainer in Gladbach, dürfte Mbabu gute Erinnerungen haben. Unter ihm wurde er mit Bern zum zweiten Mal Schweizer Meister und spielte sogar Champions League. Trotzdem konnte sich der Sohn einer Kongolesin und eines Franzosen bei seinen Vereinen – mit Ausnahme der YB vielleicht – nie so ganz etablieren, zog gegen Konkurrenz oft den Kürzeren und wegen nicht erfüllter Erwartungen auf beiden Seiten dann weiter zum nächsten Club.

Drei Jahre lang streifte sich Kevin Mbabu in der Bundesliga das Trikot des VfL Wolfsburg über. (Photo by Ronny Hartmann/Getty Images)

Hallerluja – ein Rechtsverteidiger!

In Augsburg ist dieser Aspekt allerdings zweitrangig, da der gelernte Rechtsverteidiger in dieser einen Saison für den FCA außer Konkurrenz spielt. Wenn nicht Gumny eine plötzliche Leistungsexplosion hinlegt (was sehr unwahrscheinlich ist) oder Arne Engels weiterhin positionsfremd eingesetzt wird (was ich nicht hoffe). Auch, dass der pfeilschnelle Mann u.a. sein Defensivverhalten oder seine Ausdauer ausbauen könnte, halte ich erst einmal für verschmerzbar.

Denn was in erster Linie zählt, ist doch: Hallerluja! Wir haben einen Rechtsverteidiger! Der mit dieser Position vertraut und außerdem heiß auf Spielpraxis ist, um sich (wieder) für seinen Stammverein zu empfehlen. Der FCA könnte nach Saisonende mit Fulham auch erneut Gespräche führen, diesmal über eine feste Verpflichtung, die mit 3-4 Mio. € allemal im Budget läge. Aber das ist natürlich Zukunftsmusik. Jetzt muss Mbabu erst einmal engagiert seinen neuen Job machen.

Noch ein Außenverteidiger?

Das Gleiche gilt für Japhet Tanganga, 24-jähriger Engländer von den Tottenham Hotspurs, der nun ebenfalls für ein Jahr leihweise zum FCA kommt. Zusätzlich wurde eine Kaufoption von angeblich 5,5 Mio. € vereinbart und u.a. an die absolvierten Einsätze geknüpft. Für Tanganga ist Augsburg die erste fußballerische Auslandserfahrung. Denn seit er zehn Jahre alte ist, hat er für keinen anderen Club gespielt als für die Spurs. Für sie gab er mit 20 auch sein Premier League-Debüt. Unter José Mourinho gegen den FC Liverpool.

Der portugiesische Trainer war es auch, der damit begann, den jungen Innenverteidiger auf die für ihn bis dahin unbekannte rechte Außenverteidigerposition zu stellen. Doch egal, auf welcher Position Tanganga auflief – Mourinho hielt immer große Stücke auf seinen Nachwuchsspieler. Zwar sah er bei ihm noch Verbesserungsbedarf, z.B. bei seinen Flanken oder beim Timing im Angriffsspiel, aber eben auch seine Stärken, wie eine sichere Ballbehandlung und dass Tanganga kaum Fehler unterlaufen:

„As you know he is not a giant, he needs to improve, his crossing needs to improve, the timings to arrive in attacking positions. […] But he is comfortable with the ball, he doesn’t make many mistakes, he is solid, reads the game well and is a player we can trust.“

José Mourinho über Japhet Tanganga in The Mirror vom 03. August 2021

Daneben zählen zu Tangangas Stärken auch aggressives Gegenpressing, gerade bei technisch hochklassigen Spielern, und die Fähigkeit, gefährliche Bälle abzufangen und zu entschärfen. Ein ausführliches, sehr interessantes Spielerprofil findet ihr hier.

Japhet Tanganga zeichnet sich u.a. durch seine Ballsicherheit aus. (Photo by Trevor Collens/AFP via Getty Images)

Verletzungsgeplagt?

Nach dem geglückten Debüt 2020 musste Tanganga aber erst einmal eine Reihe von Verletzungen wegstecken. Betroffen war der Rücken, der Oberschenkel, die Schulter. Zwei Jahre später lange Zeit das Knie. Das führte dazu, dass der Verteidiger oft pausieren musste, in mehr als dreieinhalb Jahren Premier League lediglich auf 27 Einsätze kommt. Immer wieder stand deshalb zur Debatte, ihn für mehr Spielpraxis z.B. in die Süper Lig oder in die Serie A zu verleihen. Dieses Jahr sollen u.a. auch Frankfurt oder Leverkusen an Tanganga dran gewesen sein.

Geklappt hat eine Leihe jetzt aber erstmals zum FCA. Wofür sich Michael Ströll, der die Verhandlungen führte, durchaus auf die Schulter klopfen darf. Spurs-Clubchef Daniel Levy gilt schließlich als härtester Verhandlungspartner im Weltfußball. Die Kaufoption, die an Einsätze geknüpft ist, dürfte u.a. auch vereinbart worden sein, um Tangangas Gesundheit auf den Prüfstand zu stellen und sich seine Dienste nur zu sichern, wenn sie hält. Im Testspiel gegen Fürth konnte der Neuling wegen einem Schlag, den er vor ein paar Wochen aufs Knie bekommen hatte, jedenfalls noch nicht mitmachen.

Mehrere Optionen in der Defensive

Ich schätze aber ohnehin, dass Tanganga in einer Viererkette zunächst einmal als Backup für Patric Pfeiffer in der rechten Innenverteidigung eingeplant ist, um dort mit Maxi Bauer zu konkurrieren. In einer Dreierkette könnte er aber auch etatmäßig als rechter IV eingesetzt werden. Oder, wie unter Mourinho einstudiert, in der rechten Außenverteidigung, wenn dort akuter Personalmangel herrscht. Enrico Maaßen hat in der Defensive mit Tanganga also mehrere Optionen zur Verfügung. Als Trainer, der auf Flexibilität bei Positionen und Rollenverteilungen setzt, dürfte ihm das Profil des Engländers sehr entgegenkommen.

Mit Mbabu und Tanganga wurden kurz vor Ende der Transferphase tatsächlich – ich konnte es kaum glauben – die dringendsten Kaderbaustellen bearbeitet. Auf mich als Außenstehende wirkt es so, als hätten die Verantwortlichen dabei einen wirklich guten Job gemacht. Neben Ströll ist hier auch unser neuer Sportdirektor Marinko Jurendic zu nennen. Sie beide haben dafür gesorgt, dass zusammen mit den bisherigen Zugängen personell nun alles angerichtet ist. Für eine Saison, in der wir Fans uns nicht bis zum letzten Spieltag vor dem Abstieg fürchten müssen. Für mich ist spätestens jetzt unser Trainer am Zug, um dieses Ziel nach der Länderspielpause zusammen mit dem Team in die Tat umzusetzen.

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