Die neuen Ansprüche des FCA und seine Leistungsträger

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

In meiner letzten Kolumne habe ich mich gefragt, ob die Tiefstapelei beim FC Augsburg bald ein Ende hat. Seitdem ist ja doch einiges passiert. Nicht nur sind die deutschen Fußballer bei der WM vorzeitig raus geflogen, auch der FC Augsburg hat das Training auf die neue Saison hin schon wieder aufgenommen. Nach einem ersten Fitnesstest in Augsburg ging es direkt ins Trainingslager nach Mals, um in einer ersten Phase zusammen die Grundlagen für die neue Spielzeit zu legen. Julian Günther-Schmidt ist schon nicht mehr dabei, denn er wurde erneut für eine Saison an Carl Zeiss Jena ausgeliehen. Moritz Leitner ist darüber hinaus nach seiner Leihe fest von Norwich City in England verpflichtet worden. Dafür kam mit Fredrik Jensen ein 20jähriger finnischer Nationalspieler von Twente Enschede nach Augsburg, der offensiv unsere Optionen erweitern und die Gruppe der jungen Wilden um Marco Richter und Sergio Cordova ergänzen wird. Insgesamt – auch durch die immer noch laufende Weltmeisterschaft – wenige Kaderbewegungen und bisher kein Abgang eines Leistungsträgers, der nicht wie bei Marwin Hitz schon vor dem letzten Spieltag festgestanden hätte.

Bei Jeffrey Gouweleeuw und Michael Gregoritsch halte ich einen Abgang in diesem Sommer auch nicht mehr für realistisch. Gouweleeuw hat seinen Verbleib angedeutet und Gregoritsch wirkte nicht so, als ob er direkt nach einem Jahr erneut wechseln wollen würde. Finnbogason schielt wohl auf den letzten großen Vertrag seiner Karriere und Philipp Max hofft eventuell auf das Angebot eines europäischen Topvereins (wobei Manchester United ein immer wieder genannter Kandidat war). Im Fall von Finnbogason hat Stefan Reuter allerdings zuletzt betont, dass das Angebot auch für den FC Augsburg unmoralisch sein müsste. Einen günstigen Abgang, wie den von Ragnar Klavan zum FC Liverpool, wird es in diesem Fall wohl nicht geben.

Der Verbleib vieler Leistungsträger ist wichtig für die kommende Saison und die Arbeit von Stefan Reuter scheint dahingehend Früchte zu tragen. Ein Teil der Strategie ist es dabei anscheinend auch, die Ziele nach der letzten Saison etwas nach oben anzupassen. „Wir haben ehrgeizige Spieler, ein ehrgeiziges Trainerteam und einen ehrgeizigen Verein. Ich denke schon, dass es im Bereich des Möglichen liegt, dass wir mehr erreichen als zuletzt“ hatte Manuel Baum zu Beginn des Trainingslagers kommuniziert. Die Reaktionen aus der Mannschaft zeigen direkt, wie dies aufgenommen wird. „Mir gibt es einen unglaublichen Schub, wenn der Trainer vorangeht und uns etwas zutraut“, sagt Gregoritsch. Gouweleeuw brachte das Ganze auf den Punkt: „Natürlich hoffe ich, dass alle wichtigen Spieler in Augsburg bleiben. Dann haben wir einen sehr guten Kader. Viele haben das Gefühl, dass wir zusammen etwas erreichen können.“

Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, dass die Mannschaft sich wohl geschaffen hat, ist für die nächste Saison eventuell unser größter Trumpf. Es könnte dafür sorgen, dass Spieler bleiben, auch wenn anderswo eventuell etwas mehr gezahlt wird. Der einzelne mag vielleicht auch denken, dass er noch mehr zu leisten vermag und durch eine noch stärkere Saison noch besser wechseln könnte. Mir soll es Recht sein. Wenn sich die Jungs gegenseitig anfeuern und durch kleinere Leistungstäler ziehen, dann könnte dies für den FCA die Grundlage für eine richtig gute Saison sein. Es ist Anfang Juli, es ist noch mehr als einen Monat hin bis zum ersten Pflichtspiel, aber ich glaube so positiv gestimmt vor einer Saison war ich zuletzt vor dem europäischen Abenteuer. Den man darf nicht vergessen, dass der FCA mit Manuel Baum einen Trainer hat, der es versteht spielerische Konzepte weiter zu entwickeln, Automatismen zu trainieren und diese Mannschaft zu verbessern, wie er es schon letzte Saison gezeigt hat. Besserer Kader, eingespieltere Abläufe und verbesserte spielerische Konzepte? Es wird Zeit, dass es wieder losgeht. Ich kann es kaum erwarten.

Blick Richtung 2018/19

26. Spieltag in Hannover. Auswärtssieg. 35 Punkte, Platz 8.  André Breitenreiter hat es auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gesagt: der FC Augsburg ist durch.

Er hat damit Recht. Die letzten Zweifel am Klassenerhalt sollten ausgeräumt sein. Und heute kann ich es auch schreiben: Mich haben die Unkenrufe in der letzten Woche (und auch davor) genervt. Die Saison ist so entspannt, wie schon seit Jahren nicht. Die Mannschaft hat durch die Transfers von Stefan Reuter und die Anleitung von Manuel Baum in dieser Saison einen enormen Schritt nach vorne gemacht.  Es ist schon fast langweilig, denn ich habe Vertrauen in unser operatives Führungspersonal. Sportlich machen wir viel richtig. Vielleicht können wir uns darüber einfach mal ein bisschen mehr freuen, anstatt immer die Angst zu beschwören oder das Haar in der Suppe zu suchen. Die Mannschaft wird auch in den kommenden Wochen konzentriert arbeiten und es werden weitere Punkte folgen. Wohin das am Ende führt, wissen wir nicht genau. Es ist eine tolle Spannung, dass auch nach oben noch etwas möglich ist. Ich kann zu diesem Zeitpunkt feststellen, dass in dieser Saison sportlich nichts mehr passieren wird, was mir diese Saison madig machen könnte. Zeit den Blick nach vorne zu richten.

Dabei sollte nicht das Gefühl aufkommen, dass ich unser Team gerne verlieren sehe. Oh, wie ich mich ärgere, wenn wir verlieren. Allerdings gehört das Verlieren mit dazu. Wenn wir Augsburger in der Bundesliga genau so viel gewinnen wie verlieren, dann läuft es super. Niederlagen müssen wir akzeptieren, daraus lernen und weitermachen. Das machen wir gut. Auch die sportliche Konstanz wird nie komplett vorhanden sein. Zumindest nicht, wenn wir den eingeschlagenen Weg weitergehen und unseren Jugendspielern Chancen geben wollen. Wenn wir sie auf höchstem Niveau ins kalte Wasser werfen und Wettkampfluft schnuppern lassen. Manuel Baum hat richtigerweise festgestellt, dass dann auch mal schlechte Partien dabei sein werden. Da brauchen wir dann aber alle nicht sofort in Panik zu verfallen, denn unser Führungspersonal weiß, was es tut. Auch in schlechteren Phasen können wir mit diesem Personal im Club momentan entspannt nach vorne schauen.

Wohin wird uns der Weg in der Zukunft führen? Es wird ein weiteres Jahr in der Bundesliga geben, soviel scheint sicher zu sein. Wer hätte das vor 9 Jahren gedacht? Mit folgenden Fragen werde ich mich in diesem Zusammenhang in den kommenden Wochen beschäftigen, wenn es die Zeit zulässt:

  • Wie sieht unser Kader aus und auf welchen Positionen müssen wir uns fürs kommende Jahr verstärken?
  • Welche Jugendspieler klopfen oben an und bekommen vielleicht in den letzten Spielen oder in der neuen Saison mehr Einsatzmöglichkeiten?
  • Wie geht es unseren Leihspielern? Wer kommt auf Einsätze und könnte sinnvollerweise bei seiner Rückkehr durchstarten?
  • Was sollte neben dem Platz passieren? Welche Entwicklungen sind mir wichtig und was sollte strukturell passieren?

Dabei vergesse ich keineswegs, dass wir noch 8 Spiele vor uns haben. Fast ein Viertel der Saison ist noch zu spielen. Leistungsträger wie Jeffrey Gouweleeuw und Alfred Finnbogason werden fit zurückkehren. Manuel Baum wird sportlich die Mannschaft auch in diesen Spielen weiter verbessern. Wir werden in jedem Spiel um den Sieg kämpfen. Ich freue mich darauf. Ich werde alleine vor dem Fernseher zittern. Ich werde im Stadion mit lieben Menschen anstoßen. In Augsburg, auf dem Lechfeld und hoffentlich auch auswärts. Am liebsten samstags um 15:30 Uhr.  Ich würde mich freuen, wenn sich möglichst viele von uns in diesen 8 Spielen darüber freuen, was wir haben, als Angst davor zu haben, was wir verlieren könnten oder sich darüber zu ärgern, dass es noch weiter nach oben gehen könnte und wir es noch nicht ganz geschafft haben. Lasst uns auf Daniel Baier hören, der auf der Pressekonferenz vor dem Hannover-Spiel erneut betont hatte, dass nach dem 34. Spieltag abgerechnet wird. Vielleicht erwachen wir erneut in Europa. Spielt das eine Rolle? Wir werden in jedem Fall in der nächsten Saison in der Bundesliga spielen. Es hätte uns wieder kaum jemand zugetraut. So schwer es uns Augsburgern fallen mag: Es ist die Zeit gekommen, selbstbewusst und zufrieden nach vorne zu blicken. Zumindest für 8 Spiele.

 

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